Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 29. Okt. 2014 - 5 Ta 366/14


Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 13.10.2014– 2 Ca 1885/14 – wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e:
2Der Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung angenommen, dass die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
3I. Bei der Entscheidung über die Erfolgsaussicht einer Klage ist das verfassungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit zu beachten, so dass die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden dürfen (BVerfG 14. Oktober 2003 – 1 BvR 901/03 – NVwZ 2004, 334).
4Die nach verfassungsrechtlichen Maßstäben grundsätzlich unbedenkliche Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Der weniger bemittelten Partei darf im Vergleich zur Bemittelten die Rechtsverfolgung nicht unverhältnismäßig erschwert werden. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern nur zugänglich machen. Dem genügt das Gesetz in § 114 ZPO, in dem es die Gewährung von Prozesskostenhilfe bereits dann vorsieht, wenn nur hinreichende Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung bestehen, ohne dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss(BVerfG 24. Juli 2002– 2 BvR 2256/99 – NJW 2003, 576).
5Danach besteht hinreichende Erfolgsaussicht, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei auf Grund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen mindestens für vertretbar hält. Es muss also bei einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (BGH 14. Dezember 1993 – VI ZR 235/92 – NJW 1994, 1161).
6II. Nach diesen Grundsätzen besteht für die Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht. Die Befristung gilt gemäß § 17 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG als von Anfang an wirksam, weil sie der Kläger nicht rechtzeitig gerichtlich angegriffen hat.
71. Die Klagefrist lief am 22. Juli 2014 ab. Diese Frist hat die am 30. Juli 2014 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage nicht gewahrt.
82. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass Gründe für eine nachträgliche Zulassung der Klage nach §§ 17 Satz 2 TzBfG, 5 KSchG nicht vorliegen.
9Der tragische Tod seiner Ehefrau hat nicht dazu geführt, dass der Kläger nicht in der Lage war, selbst oder durch einen Bevollmächtigten rechtzeitig eine Klage beim Arbeitsgericht einzureichen. Dies wird von ihm auch nicht behauptet.
10Seine Arbeitsunfähigkeit und der Umstand, dass er sich im Ausland aufgehalten hat, sind ebenfalls nicht geeignet, die nachträgliche Zulassung der Entfristungsklage zu begründen. Ihn hat nicht etwa eine Kündigung während eines Aufenthalts erreicht, mit der er nicht gerechnet hat. Ihm musste vielmehr aufgrund des Vertrages klar sein, dass das Arbeitsverhältnis ohne neue Vereinbarung am 1. Juli 2014 (nicht: am 30. Juni 2014) zu Ende sein würde.
11Die bloße Unkenntnis der dreiwöchigen Klagefrist rechtfertigt keine nachträgliche Zulassung der Entfristungsklage. § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG verlangt, dass die Versäumung der Klagefrist trotz Anwendung aller nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt eintrat. Es gehört - anerkanntermaßen - zu den an jeden Arbeitnehmer zu stellenden Sorgfaltsanforderungen, dass er sich zumindest nach Ausspruch einer Kündigung unverzüglich darum kümmert, ob und wie er hiergegen vorgehen kann. Ihm wird insofern zugemutet, dass er die Grundzüge des Kündigungsschutzrechts kennt oder sich zumindest aktiv hierüber informiert (BAG 26.08.1993 - 2 AZR 376/93 - NZA 1994, 281; LAG Rheinland-Pfalz 10. Juli 2012 – 6 Ta 68/12 – juris; LAG Schleswig-Holstein 28.4.2005 - 2 Ta 105/05 - juris). Für das Befristungsrecht gelten keine weniger strengen Maßstäbe. Dies ist nicht angezeigt, weil sich der Arbeitnehmer bei einer Befristung auf das vom Arbeitgeber gewünschte Ende des Arbeitsverhältnisses besser einstellen kann als bei einer Kündigung.
12Die Annahme des Klägers, dass das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden würde, rechtfertigt ebenfalls nicht die nachträgliche Zulassung der Klage. Ohne verbindliche Erklärung der Beklagten konnte er sich nicht darauf verlassen, dass die Beklagte bereit sein würde, mit ihm einen neuen Vertrag zu schließen. Die Erweckung eines Vertrauenstatbestandes durch die Beklagte wird von ihm nicht behauptet. Auf mögliche Äußerungen des Geschäftsführers der Firma K GmbH, die sein Verhältnis zur Beklagten betrafen, durfte er nicht vertrauen.
13R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:
14Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.
Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.
Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung eines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Die §§ 5 bis 7 des Kündigungsschutzgesetzes gelten entsprechend. Wird das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, so beginnt die Frist nach Satz 1 mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung beendet sei.
(1) War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 Kenntnis erlangt hat.
(2) Mit dem Antrag ist die Klageerhebung zu verbinden; ist die Klage bereits eingereicht, so ist auf sie im Antrag Bezug zu nehmen. Der Antrag muß ferner die Angabe der die nachträgliche Zulassung begründenden Tatsachen und der Mittel für deren Glaubhaftmachung enthalten.
(3) Der Antrag ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig. Nach Ablauf von sechs Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann der Antrag nicht mehr gestellt werden.
(4) Das Verfahren über den Antrag auf nachträgliche Zulassung ist mit dem Verfahren über die Klage zu verbinden. Das Arbeitsgericht kann das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. In diesem Fall ergeht die Entscheidung durch Zwischenurteil, das wie ein Endurteil angefochten werden kann.
(5) Hat das Arbeitsgericht über einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung nicht entschieden oder wird ein solcher Antrag erstmals vor dem Landesarbeitsgericht gestellt, entscheidet hierüber die Kammer des Landesarbeitsgerichts. Absatz 4 gilt entsprechend.