Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 06. Dez. 2013 - 11 Ta 321/13
Tenor
Unter Zurückweisung im Übrigen wird auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 24.09.2013 wie folgt abgeändert:
Der Verfahrensstreitwert wird auf 10.441,84 € und der Streitwert für den Vergleich vom 24.09.2013 auf 13.052,30 € festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Die nach § 68 Abs. 1 GKG statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat überwiegend Erfolg.
31. Der Streitwert für das Verfahren ist auf vier Monatsverdienste, mithin auf 10.441,84 €, festzusetzen. Neben dem Kündigungsschutzantrag, der vom Arbeitsgericht zutreffend mit drei Gehältern bewertet wurde, ist für den Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses eine weitere Monatsvergütung anzusetzen.
4Der Streitwert für ein Zwischenzeugnis ist in der Regel mit einem halben Monatsgehalt festzusetzen, da es für den Arbeitnehmer nur von vorübergehender Bedeutung ist. Wird der Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses im Rahmen einer Kündigungsschutzklage geltend gemacht, so kann es angemessen sein, ein Bruttomonatsgehalt in Ansatz zu bringen (LAG Köln, Beschl. v. 23.11.2011 – 11 Ta 265/11 – m. w. N.). Dies ist vorliegend der Fall, denn der mit der Kündigungsschutzklage geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses war für die Klägerin von herausgehobener Bedeutung, da die Klägerin das Zeugnis angesichts der fristlosen Kündigung der Beklagten alsbald zu Bewerbungszwecken benötigte.
52. Der Streitwert für den Vergleich vom 24.09.2013 beträgt 13.052,30 €. Der Mehrwert des Vergleichs von einem Bruttogehalt lässt sich zwar nicht allein damit rechtfertigen, dass die Parteien die ordentliche Kündigungsfrist im Falle der Klägerin um einen Monat verlängert haben (vgl.: LAG Köln, Beschl. v. 28.02.2011 – 10 Ta 22/11 – m. w. N.). Jedoch haben die Parteien in Ziffer 2) des Vergleichs eine Reihe weiterer Streitpunkte erledigt. So verzichtet die Klägerin im Gegenzug zur Verlängerung der Kündigungsfrist auf Urlaubsansprüche, etwaige Überstundenvergütung und Gratifikations-ansprüche. Zudem haben die Parteien die bereits vor Ausspruch der Kündigung streitige Freistellungsfrage endgültig bereinigt. Vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, den Mehrwert des Vergleichs – wie vom Beschwerdeführer beantragt – auf einen Monatsverdienst festzusetzen.
63. Soweit der Beschwerdeführer meint, die Herausgabe von Arbeitspapieren sei mit weiteren 500,-- € anzusetzen, kann dem nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer hat nicht ansatzweise vorgetragen, dass die Herausgabe von Arbeitspapieren überhaupt umstritten war. Regelungen über einzelne Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis sind nicht streitwerterhöhend, wenn sie nur der vergleichsweisen Beilegung des Kündigungsrechtsstreites dienen und nicht einen davon unabhängigen Streit zwischen den Parteien erledigen (vgl. LAG Köln, Beschl. v. 23.04.2010 – 11 Ta 76/10 – m. w. N.).
74. Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 23.11.2011 abgeändert. Die Klägerin hat bei einem einzusetzenden monatlichen Einkommen von 162,65 € eine monatliche Rate von 60,-- € zu zahlen.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin bezieht derzeit Krankengeld i.H.v. € 1244,65 monatlich. Ihre Mietverpflichtungen belaufen sich auf monatlich € 340,00.
- 2
Die Klägerin hat Abzahlungsverpflichtungen i.H.v. € 100,00 monatlich schon erstinstanzlich nachgewiesen. Des Weiteren hatte sie erstinstanzlich vorgetragen, noch 10 Monate € 60 monatlich und abschließend eine letzte Rate von € 52,74 an die X. GmbH & Co KG zahlen zu müssen.
- 3
Nach Klageerhebung hat die Klägerin sich bei der Studiengemeinschaft C-Stadt angemeldet, die nun eine Kursgebühr von € 133,00 monatlich erhebt.
- 4
Das Arbeitsgericht Mainz hat der Klägerin mit Beschluss vom 23.11.2011, der Klägerin zugestellt am 28.11.2011, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten bewilligt. Die Bewilligung erfolgte mit der Maßgabe, dass die Klägerin monatliche Raten von € 135,00 an die Landeskasse zu zahlen hat.
- 5
Berechnet wurde die Ratenhöhe wie folgt:
- 6
Einkünfte
Bruttoeinkommen
1244,65
abzusetzende Beträge:
Freibeträge
Freibetrag der Partei nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr.
400,00
sonstige Kosten
Miete
340,00
Abzahlungsverpflichtungen
152,74
Ergebnis:
anrechenbares Einkommen
351,91
gerundet
351,00
PKH-Rate
135,00
- 7
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin mit am 02.12.2011 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, die sie auf die festgesetzte Ratenhöhe beschränkt. Sie ist der Ansicht, bei € 1244,65 Einkommen monatlich müsse die Rate niedriger ausfallen.
- 8
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 12.05.2011 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. Es hat die Auffassung vertreten, bei Krankengeldbezug sei kein Freibetrag gem. § 115 Abs.1 S.3 Nr. 1 b ZPO anzusetzen.
- 9
Die Kammer hat der Klägerin mit Hinweis vom 12.12.2011 aufgegeben die tatsächliche Zahlung an die X. GmbH & Co KG nachzuweisen. Übersehen hat die Kammer bei Erteilung des Hinweises, dass die Beklagte in der Hauptsache mittlerweile den Bestand des Arbeitsverhältnis der Parteien außer Streit gestellt hat, die Krankengeldleistungen daher im bestehenden Arbeitsverhältnis erfolgen. Mit Schriftsatz vom 21.12.2011 hat die Klägerin den Nachweis der Zahlung von € 60,00 monatlich an die X. GmbH & Co KG geführt.
II.
- 10
1. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin ist nach § 78 Satz 1 ArbGG, §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO ist zulässig.
- 11
2. In der Sache ist die Beschwerde auch begründet.
- 12
a) Die von der Klägerin im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung aus ihrem Einkommen zu zahlenden monatlichen Raten berechnen sich wie folgt:
- 13
Einkünfte
Nettoeinkommen
1244,65
abzusetzende Beträge:
Freibeträge
Freibetrag § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1b ZPO
182,00
Freibetrag der Partei nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr.
400,00
sonstige Kosten
Miete
340,00
Abzahlungsverpflichtungen
160,00
Ergebnis:
anrechenbares Einkommen
162,65
gerundet
162,00
PKH-Rate
60,00
- 14
b) Zu Gunsten der Klägerin ist der Erwerbstätigenfreibetrag gem. § 115 Abs.1 S.3 Nr. 1 b ZPO in Ansatz zu bringen.
- 15
Krankengeldleistungen, die anstelle von Arbeitsentgelt gezahlt und der Höhe nach als Anteil vom Arbeitsentgelt berechnet werden sind als Erwerbseinkommen zu betrachten, während Krankengeld, das während der Arbeitslosigkeit gezahlt wird, nicht als Erwerbseinkommen zu berücksichtigen ist (BAG 22.04.2009 - 3 AZB 90/08 - AP Nr 9 zu § 115 ZPO; LAG Sachsen-Anhalt 25.06.2010 - 2 Ta 91/10 - zitiert nach juris). Da die Klägerin nachdem die Beklagte den Fortbestand des Arbeitsverhältnis außer Streit stellte nunmehr Krankengeld im Rahmen eines Arbeitsverhältnis bezieht, ist ihr der Freibetrag gem. § 115 Abs.1 S.3 Nr. 1 b ZPO zuzugestehen.Nach § 44 Abs. 1 SGB V steht Versicherten bei Arbeitsunfähigkeit oder stationärer Behandlung Krankengeld zu. Versichert in diesem Sinne sind im Wesentlichen Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) . Der Krankengeldanspruch knüpft deshalb prinzipiell an ein Arbeitsverhältnis und damit an eine Erwerbstätigkeit an und ist dementsprechend nach § 47 SGB V als Anteil vom regelmäßig erzielten Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen berechnet. Das Krankengeld beträgt 70% des dort genannten Brutto-, höchstens 90% des Nettoeinkommens. Die Klägerin bezieht bei einem Nettoarbeitseinkommen von ca. € 1420.- Krankengeld i.H.v. € 1244,65. Das Krankengeld ist daher nach § 47 SGB V berechnet.
- 16
Darüber hinaus war die Ratenzahlung an X. GmbH & Co KG mit 60,00 € monatlich anzusetzen. Die Klägerin hat die Zahlung in dieser Höhe im Beschwerdeverfahren nachgewiesen.
- 17
Die Kursgebühren an die Studiengemeinschaft C-Stadt bleiben unberücksichtigt, da diese Verpflichtung nach Klageerhebung von der Klägerin eingegangen wurde.
- 18
3. Da die Beschwerde erfolgreich war, fallen Kosten nicht an. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
- 19
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar.