Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 28. Okt. 2015 - 11 Ta 296/15


Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird unter Zurückweisung im Übrigen der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 02.06.2015 – 2 Ca 2524/14 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die mit Beschluss vom 24.07.2013 bewilligte Prozesskostenhilfe wird auf den Klageerweiterungsantrag vom 05.08.2013 zu Ziffer 7. (Kündigung vom 23.07.2013), den Klageerweiterungsantrag vom 01.10.2013 zu Ziffer 8. (Kündigung vom 09.09.2013) und den Klagerweiterungsantrag vom 18.03.2014 zu Ziffer 5. (Kündigung vom 28.02.2014) erstreckt.
1
G r ü n d e :
2Die nach § 127 ZPO statthafte und form- sowie fristgerecht eingelegte Beschwerde ist teilweise begründet.
31. Die Klage hatte hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO, soweit die Klägerin sich gegen die Folgekündigungen vom 23.07.2013, 09.09.2013 und 28.02.2014 zur Wehr gesetzt hat. Der Prozesskostenhilfeerstreckung steht entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht entgegen, dass die Klägerin hinsichtlich der Klageerweiterungen vom 05.08.2013 und 18.03.2014 nicht ausdrücklich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt hat.
4a) Liegt ein ausdrücklicher Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht vor, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob eine konkludente Antragstellung gegeben ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Prozesshandlungen ebenso wie private Willenserklärungen der Auslegung zugänglich sind, wobei der Wortlaut hinter dem Parteiwillen zurücktritt. Bei der Auslegung ist gerade im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein großzügiger Maßstab anzulegen. Dies gilt auch dann, wenn die Partei anwaltlich vertreten ist. In der Regel kann nicht angenommen werden, dass ein Antragsteller und sein Prozessbevollmächtigter nur für einen Antrag, nicht aber für im selben Verfahren verfolgte weitere Anträge Prozesskostenhilfe beantragen will. Vor diesem Hintergrund kann von einer nur teilweisen Antragstellung nur ausnahmsweise ausgegangen werden. Wenn das Gericht insoweit Zweifel hegt, ist es zur rechtzeitigen Aufklärung nach § 139 ZPO verpflichtet (LAG Köln, Beschl. v. 08.03.2012 – 5 Ta 129/11 – m.w.N.).
5b) Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend von einer konkludenten Antragstellung auch hinsichtlich der Klageerweiterungen vom 05.08.2013 und 18.03.2014 auszugehen. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Klägervertreter für die Klägerin keine Prozesskostenhilfe für die genannten Klageerweiterungen beantragen wollte. Vielmehr zeigt die Gesamtschau des Verfahrens unter Berücksichtigung der mit den Schriftsätzen vom 08.04.2013, 01.06.2013 und 01.10.2013 gestellten Anträgen auf Prozesskostenhilfe, dass der Parteiwille die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das gesamte Verfahren beinhaltete. Anhaltspunkte für eine differenzierte Antragstellung, wie etwa eine vorübergehende wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der jeweiligen Klageerweiterung, sind nicht ansatzweise erkennbar.
62. Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zahlungsanträge aus dem Schriftsatz vom 05.08.2013 (Annahmeverzugslohnansprüche für den Zeitraum Juni 2013 und Juli 2013) im Ergebnis zutreffend wegen Mutwilligkeit im Sinne des § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Werden – wie vorliegend – ohne dargelegte oder sonst wie ersichtliche sachliche Gründe Zahlungsanträge wegen Annahmeverzugs, die von der Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses abhängen, als Hauptanträge statt kostenschonend als unechte Hilfsanträge gestellt, so ist dieses als mutwillig zu werten. Eine Rechtsverfolgung ist in der Regel mutwillig, wenn eine wirtschaftlich leistungsfähige, also nicht bedürftige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage von ihr Abstand nehmen oder ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, weil ihr ein kostengünstigere Weg offensteht und dieser Weg ebenso erfolgversprechend ist (vgl.: LAG Köln, Beschl. v. 30.07.2015 – 4 Ta 82/15 – m.w.N.).
73. Gegen diesen Beschluss ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach den §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

moreResultsText

Annotations
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Hinsichtlich der Beschwerde gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte oder ihrer Vorsitzenden gelten die für die Beschwerde gegen Entscheidungen der Amtsgerichte maßgebenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gilt § 72 Abs. 2 entsprechend. Über die sofortige Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter, über die Rechtsbeschwerde das Bundesarbeitsgericht.