Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 30. Aug. 2013 - 10 Sa 221/13
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.01.2013 – 11 Ca 613/12 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Zahlung eines Übergangsgeldes und um die Höhe der monatlichen betrieblichen Altersversorgung.
3Die am .1951 geborene Klägerin war seit dem 01.10.1973 zunächst bei der Firma S AG beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war vom 10.08.1980 bis 31.10.1984 wegen der Betreuung der beiden Kinder der Klägerin unterbrochen. Zum 01.11.1984 schloss die Klägerin mit der Firma S AG erneut einen Arbeitsvertrag, für den gemäß dem Schreiben der Firma S AG vom 02.10.1984 anfangs eine dreimonatige Probezeit galt.
4Zudem erhielt die Klägerin von der Firma S AG die Mitteilung über ihre Dienstzeitfestsetzung vom 04.12.1985, in der der letzte tatsächliche Eintritt zum 01.11.1984 festgehalten wurde, als Stichtag für das S -Jubiläum der 22.12.1977 angegeben wurde, für die betriebliche Altersversorgung (nicht die gesetzliche Unverfallbarkeit) als Stichtag für die pensionsfähige Dienstzeit der 22.12.1977 angegeben wurde, wobei hinsichtlich der gesetzlichen Unverfallbarkeit ausdrücklich in Ziffer 6 der Mitteilung erklärt wurde, dass die Unverfallbarkeit nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) sich hinsichtlich des Beginns der Betriebszugehörigkeit (ggf. Eintritt in den Konzern) am 01.11.1984 orientiere.
5In der Folgezeit erfolgte ein Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Firma V GmbH. Über deren Vermögen wurde im Jahr 2005 gemäß Beschluss des Amtsgerichts Bochum (Az: 80 IN 698/05) das Insolvenzverfahren eröffnet.
6Nach Vollendung ihres 60. Lebensjahres bezieht die Klägerin ab dem 01.12.2011 vorzeitige Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
7Der Beklagte als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung zahlt der Klägerin eine Altersversorgungsleistung ab dem 01.12.2011 gemäߧ 6 BetrAVG in Höhe von 102,49 € monatlich entsprechend dem Leistungsbescheid des Beklagten vom 29.01.2011 (Bl. 6 f. d. A.).
8Die hinsichtlich der Altersversorgungsleistungen gegenüber der Klägerin anzuwendenden „Richtlinien der S Altersfürsorge GmbH“ vom 01.10.1983 enthalten unter anderem folgende Regelungen:
9„§ 3 Pensionsfähige Dienstzeit
101) als pensionsfähig gelten unterbrochene, anerkannte Dienstzeiten bei der S AG bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, ausgenommen Ausbildungszeiten.
112) Andere Dienstzeiten werden insoweit berücksichtigt, als sie von der S AG als pensionsfähig anerkannt werden.
12…
13§ 7 Höhe des Ruhegeldes
141) Die Höhe des Ruhegeldes richtet sich nach den Tabellenbeträgen, die von der Pensionsstufe (Anlage 1) und der pensionsfähigen Dienstzeit (§ 3) abhängig sind.
15…
163) Ist die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kürzer oder länger als die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten, wird das Ruhegeld für diesen Zeitraum vermindert bzw. erhöht.
17Die Minderung errechnet sich aus dem Verhältnis, das sich aus der verkürzten individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit ergibt. Unter die Anfangsbeträge von Grund- und Zusatzbetrag (Anlage 2 und 3) wird das Ruhegeld nicht gekürzt. Soweit sich ein Kürzungsbetrag von weniger als 10,00 DM ergibt, bleibt er unberücksichtigt.
18II. Vorzeitiges Ausscheiden ohne Pensionierung
19§ 11
201) Scheiden Mitarbeiter vorzeitig aus, ohne unmittelbar anschließend pensioniert zu werden, erhalten sie bei Eintritt des Versorgungsfalles Leistungen (§§ 4 bis 10) nach Maßgabe der Richtlinien nur dann, wenn die Voraussetzungen gemäß § 1 des „Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung“ von Dezember 1974 vorliegen. Entsprechendes gilt für Leistungen an Hinterbliebene.
212) In diesen Fällen errechnet sich die Höhe des Ruhegeldes nach § 2 des Gesetzes.
22III. Beihilfe
23§ 12
241) In Fällen von Not kann SAF nach Prüfung der persönlichen und sozialen Umstände einmalige, befristete und/oder laufende Beihilfe gewähren.
252) Als Empfänger für Beihilfe kommen in Betracht:
26a) Mitarbeiter, die im unmittelbaren Anschluss an ihre Beschäftigung bei der S AG in den Ruhestand treten; auch dann, wenn sie keine Leistungen gemäß § 4 erhalten;
27b) sowie deren Angehörige.“
28Die internen Ausführungsbestimmungen zu den Richtlinien enthalten unter der Überschrift „Anmerkung zu § 12“ folgende Regelungen:
29„3. Übergangszuschuss für sechs Monate bei Pensionierung
30Der Übergangszuschuss ist Leistung der Firma.
31Der Übergangszuschuss wird nicht gezahlt an…
32Vorruheständler mit pensionsfähiger Dienstzeit unter zehn Jahren; bei der Berechnung der pensionsfähigen Dienstzeit müssen die zehn Jahre voll erfüllt sein (keine Rundung),
33Mitarbeiter, die auf Grund der Zusage auf spätere Einbeziehung Ruhegeld erhalten,
34Mitarbeiter, die Ruhegeld auf Grund einer unverfallbaren Anwartschaft erhalten,
35Mitarbeiter, die nach dem 30.09.1983 in die Firma eintraten, sofern nicht der IVIP-Platz 2602 mit 30.09.1983 belegt ist.“
36Unter dem 22.12.1981 vereinbarte die S AG mit dem Gesamtbetriebsrat eine Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis. In dieser heißt es wörtlich:
37„Mitarbeiter des Tarifkreises erhalten nach ihrer Pensionierung einen Übergangszuschuss. Damit soll den Mitarbeitern der Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich erleichtert werden.
38Im Einzelnen gilt folgendes:
391) Die S AG räumt ihren Mitarbeitern einen Rechtsanspruch auf den Übergangszuschuss ein.
402) Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter
41- mindestens zehn Dienstjahre (ohne Ausbildungszeiten) nach Vollendung des18. Lebensjahres bei der S AG abgeleistet hat
42und
43- im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert wird.“
44Diese Vereinbarung wurde zum 30.09.1983 gekündigt. Unter dem 29.07.1983 vereinbarte die S AG mit dem Gesamtbetriebsrat zum Übergangszuschuss folgendes:
45„Die Vereinbarung zum Übergangszuschuss bei Pensionierung im Tarifkreis vom 22.12.1981 wurde firmenseits zum 30.09.1983 gekündigt. Dazu wird an dem 01.10.1993 folgendes vereinbart:
461) Mitarbeiter, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis mit der S AG nach dem 30.09.1983 beginnt, erwerben keinen – Anspruch mehr auf Zahlung eines Übergangszuschusses bei – Pensionierung. Dies gilt auch bei einem Wiedereintritt, ausgenommen sind Fälle, in denen
47- das letzte Ausscheiden auf Grund betriebsbedingter Kündigung nach mehr als fünf unterbrochenen Dienstjahren erfolgte und
48- der Mitarbeiter vor dem 01.10.1988 bei der S AG wieder eintritt.
492. Für Mitarbeiter, deren Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis bis zum 30.09.1983 begonnen hat, bleibt es bei der bisherigen Regelung.
50…“
51Die Klägerin hat erstinstanzlich die Rechtsauffassung vertreten, ihr stehe ein Anspruch auf die Zahlung eines Übergangszuschusses für sechs Monate in Höhe von 17.923,02 € gegen den Beklagten zu. Zudem könne sie eine monatliche Rentenzahlung gegenüber dem Beklagten in Höhe von 142,83 € geltend machen. Hinsichtlich des Zeitwertfaktors sei vom Beginn ihrer Betriebszugehörigkeit mit dem 22.12.1977 auszugehen, so dass der zutreffende Zeitwertfaktor 0,70726 betrage. Zudem sei der Teilzeitgrad von 73,37 % fehlerhaft bestimmt. Die Klägerin sei nämlich im Zeitraum vom 01.08.1997 bis zum 30.06.2005 als Vollzeitmitarbeiterin tätig gewesen. Auf Grund der mehr als fünfjährigen Vollzeitbeschäftigung sei gemäß den Versorgungsbestimmungen die Berücksichtigung einer anspruchsmindernden Teilzeitbeschäftigung unzulässig. Zudem sei von Vollzeit für den Zeitraum vom 22.12.1977 bis zu ihrem Wiedereintritt am 01.11.1984 auszugehen.
52Die Klägerin hat beantragt,
53- 54
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 17.923,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2011 zu zahlen;
- 56
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie für den Monat Dezember 2011 142,83 € brutto abzüglich erhaltenen netto 89,91 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2012 zu zahlen;
- 58
3. den Beklagten zu verurteilen, an sie für den Monat Januar bis November 2012 jeweils 142,83 € brutto abzüglich jeweils erhaltene 101,95 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.03.2012 zu zahlen;
- 60
4. den Beklagten zu verurteilen, an sie künftig ein Ruhegehalt in Höhe von 142,83 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz fällig zum 30. des Kalendermonats zu zahlen.
Die Beklagte hat den Antrag zu 4) in Höhe von 102,49 € anerkannt und im Übrigen beantragt,
62die Klage abzuweisen.
63Der Beklagte hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, ein Anspruch gemäß § 12 der Versorgungsrichtlinien bei der Firma S AG stehe der Klägerin auf Zahlung eines Übergangsgeldes nicht zu. Gemäß § 12 Abs. 2 der Richtlinien sei Voraussetzung, dass der betroffene Mitarbeiter in unmittelbaren Anschluss an die Beschäftigung bei der Firma in Ruhestand trete. Dies sei bei der Klägerin nicht gegeben, da die Klägerin bei Firma V Elektronik bereits im Jahr 2005 ausgeschieden sei und die vorzeitige Altersrente ebenso wie ihre betriebliche Altersversorgung erst ab Dezember 2011 beziehe. Zudem werde gemäß Ziffer 3 der Anmerkungen zu § 3 der Richtlinien ein Übergangsgeld nicht an Mitarbeiter gezahlt, die einen Ruhegeldanspruch auf Grund unverfallbarer Anwartschaft erworben hätten. Zudem seien Mitarbeiter von dem Übergangsgeldanspruch ausgeschlossen, die erst nach dem 30.09.1983 in die Firma eingetreten seien. Im Zeitpunkt des Sicherungsfalls sei die Klägerin bereits Inhaberin einer unverfallbaren Anwartschaft hinsichtlich ihrer betrieblichen Altersversorgung gewesen. Zudem sei die Klägerin erst zum 01.11.1984 in den Betrieb eingetreten, da das Arbeitsverhältnis zum 10.08.1980 zunächst beendet und erst zum 01.11.1984 ein neues Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Hinsichtlich der Berechnung der monatlichen Rentenzahlung sei beim Zeitwertfaktor auf das letzte tatsächliche Eintrittsdatum zum 01.11.1984 für die gesetzliche Unverfallbarkeit abzustellen. Auch der Teilzeitgrad sei richtig berechnet worden, da aus den Versorgungsbestimmungen keine Regelung dahingehend abgeleitet werden könne, dass nach einer mehr als fünfjährigen Vollzeittätigkeit Zeiträume der Teilzeitbeschäftigung unberücksichtigt zu bleiben hätten. Vielmehr sei der gesamte Zeitraum des Arbeitsverhältnisses gemäß § 7 der Versorgungsrichtlinien – und damit bei der Klägerin der gesamte Zeitraum seit Wiederanstellung zum 01.11.1984 bis zum Arbeitsvertragsende zum 30.06.2005 – zu Grunde zu legen.
64Das Arbeitsgericht Köln hat durch Urteil vom 10.01.2013 – 11 Ca 613/12 – die Klage hinsichtlich des über den anerkannten Betrag von 102,49 € brutto monatlich nebst Zinsen hinausgehenden Teils und damit in berufungsrelevanten Umfang für unbegründet gehalten.
65Im Wesentlichen hat das Arbeitsgericht hierzu ausgeführt, dem Übergangsgeldanspruch der Klägerin stehe entgegen, dass diese nicht unmittelbar im Anschluss an ihre Beschäftigung bei der Firma S AG bzw. zuletzt bei der Firma V Elektronik in Ruhestand getreten sei. Zudem habe die Klägerin die weiteren Voraussetzungen des Übergangsgeldanspruchs nicht erfüllt, da sie Inhaberin einer unverfallbaren Anwartschaft und erst nach dem maßgeblichen Stichtag – dem 30.09.1983 – wieder bei der Firma S AG eingestellt worden sei. Aus der Vereinbarung vom 29.07.1983 folge ebenfalls kein Anspruch auf Zahlung eines Übergansgeldes, da auch hier die Voraussetzung sei, dass die Pensionierung im unmittelbaren Anschluss an den aktiven Dienst erfolge. Die Klägerin erfülle auch die weitere Voraussetzung aus der Vereinbarung vom 29.07.1983 nicht, wonach bei einem Wiedereintritt in ein Arbeitsverhältnis nach dem 30.09.1983 nur dann ein Übergangszuschuss geschuldet sei, wenn das vorangegangene Ausscheiden auf Grund einer betriebsbedingten Kündigung erfolgt sei. Einen über dem Betrag von 102,49 € brutto monatlich hinaus gehenden Anspruch auf betriebliche Altersversorgung könne die Klägerin nicht herleiten. Ihr Wiedereintritt bei der Firma S AG zum 01.11.1984 sei vom Beklagten zutreffend als maßgeblich für die ratierliche Berechnung und dem Teilzeitfaktor angesehen worden.
66Gegen das ihr am 07.03.2013 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 19.03.2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 07.06.2013 am 07.06.2013 beim Landesarbeitsgericht schriftlich begründet.
67Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihren Anspruch auf Zahlung eines Übergangsgeldes gegenüber dem Beklagten weiter. Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne einen solchen Anspruch aus der Betriebsvereinbarung vom 23.12.1981 herleiten. Ziffer 2 dieser Betriebsvereinbarung, wonach Anspruchsvoraussetzung sei, dass der betreffende Mitarbeiter im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der S AG pensioniert werde, meine, dass ein Anspruchsausschluss nur gegenüber solchen Mitarbeitern gelten solle, die in Vorruhestand gegangen seien, da diese nahezu 100 % der zuletzt verdienten Bezüge erhalten hätten. Ein vom damaligen Personalleiter der Firma V Elektronik, Herr D , zum Stichtag 30.09.2004 in Auftrag gegebenes versicherungsmathematisches Gutachten zur Bewertung von Übergangszahlungen sei sowohl für den Kreis der sogenannten „übertariflichen Mitarbeiter“ als auch für den Kreis der tariflich beschäftigten Mitarbeiter den Tarifkreis West erstellt worden. Zum letzteren habe die Klägerin gehört. Der ehemalige Personalleiter, Herr D , habe selber Übergangsgeld erhalten, obwohl er wie die Klägerin nicht unmittelbar nach Ausscheiden aus den Diensten der Firma V Elektronik in den Ruhestand gegangen sei. Der Übergangsgeldanspruch sei auch nicht durch die Betriebsvereinbarung vom 29.07.1983 untergegangen, da diese in unzulässiger Weise rückwirkend in den Besitzstand der Klägerin eingegriffen habe. Die Klägerin habe eine sogenannte „Wiedereinstellungszusage“ nach der Geburt ihres ersten Kindes im Jahr 1980 erhalten. Diese Zusage sei Bedingung für die Unterbrechung ihres Arbeitsverhältnisses gewesen. Die Betriebsvereinbarung vom 29.07.1983 verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, da sie keinen ausreichenden Regelungsmechanismus für sogenannte „Besitzstandsfälle“ enthalten habe. Wegen damals vor Inkrafttreten des Erziehungsgeldgesetzes im Jahr 1986 fehlender Rechtsansprüche auf Ruhendstellung des Arbeitsverhältnisses durch Beantragung von Erziehungszeit bzw. Elternzeit habe damals keine andere Möglichkeit bestanden, als das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Kindererziehung unter gleichzeitiger Wiedereinstellungszusage zunächst zu beenden. Dieses Vorgehen sei im Unternehmen der Firma S AG damals absolut regelüblich bis zum Jahre 1986 und dem Inkrafttreten des Bundeserziehungsgeldgesetzes gewesen. Überdies werde die Klägerin auf Grund ihres Geschlechtes wegen der Geburt und der Betreuung ihrer Kinder durch die Nichtgewährung von Übergangsgeld benachteiligt, sodass ein Verstoß gegen die Regeln des AGG vorliege. Auch bei den Berechnungen der der Klägerin zustehenden monatlichen Betriebsrente seien die Dienstzeiten vor Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der Kindererziehung zu berücksichtigen. Insoweit dürfe die Berechnung des sogenannten Unverfallbarkeitsfaktors keine diskriminierende Wirkung im Sinne des AGG entfalten.
68Die Klägerin beantragt,
69das Urteil erster Instanz abzuändern und nach den Anträgen erster Instanz zu entscheiden.
70Der Beklagte beantragt,
71die Berufung zurückzuweisen.
72Er vertritt die Ansicht, die Berufung sei bereits unzulässig. Hinsichtlich der Geltendmachung des Übergangsgeldes setze sich die Klägerin im Rahmen ihrer Berufungsbegründung nicht vollständig mit den Argumenten des erstinstanzlichen Urteils auseinander, da sie zu der im erstinstanzlichen Urteil genannten Anspruchsvoraussetzung, dass keine gesetzliche unverfallbare Rentenanwartschaft vorliege, keine Stellung nehme. Hinsichtlich der weiteren Anträge bezüglich der geltend gemachten Rentenhöhe liege hinsichtlich des Teilzeitfaktors keine Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung vor, bezüglich des Zeitwertfaktors nur eine unzureichende, weil nur ein lediglich stichwortartiger Verweis auf das AGG vorliege.
73Zudem sei die Berufung auch unbegründet. Hinsichtlich des Übergangsgeldanspruchs sei es unzutreffend, dass die Klausel in Ziffer 2 der Betriebsvereinbarung vom 22.12.1981 lediglich auf Vorruheständler bezogen sei. Anspruchsvoraussetzung sei der nahtlose Übergang in den Ruhestand, was bei der Klägerin nicht vorliege. Eine womöglich versehentliche Übergangsgeldzahlung an den ehemaligen Personalleiter, Herr D , könne nicht zu einem Anspruch der Klägerin führen. Zudem handle es sich um einen Mitarbeiter mit individuellen Zusagen. Die Betriebsvereinbarung vom 29.07.1983 habe auf Grund des Ablösungsprinzips die vorangegangene Betriebsvereinbarung vom 22.12.1981 abgelöst. Ein Eingriff in eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft liege bei der Klägerin nicht vor, da diese im Jahr 1983 eine solche noch nicht erworben habe. Die von der Klägerin behauptete Wiedereinstellungszusage im Jahr 1980 werde mit Nichtwissen bestritten. Eine Übergangsleistung sei bei unverfallbarer Anwartschaft ausgeschlossen. Zudem gehöre die Klägerin nicht zu den Anspruchsinhabern, da sie erst nach dem maßgeblichen Stichtag – dem 30.09.1983 – in den Betrieb wieder eingetreten sei. Ein Verstoß gegen das AGG sei nicht gegeben. Die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses bei der Klägerin, die über vier Jahre angedauert habe, überschreite den gesetzlichen Rahmen, der später für Kindererziehungszeiten anerkannt worden sei. Eine Diskriminierung gemäß dem AGG sei demnach auch bei der Rentenberechnung im Rahmen des Zeitwertfaktors nicht anzunehmen.
74Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst den zu den Akten gereichten Anlagen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend verwiesen.
75E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
76- 77
A. Die Berufung erweist sich bereits teilweise als unzulässig, insgesamt jedenfalls als unbegründet.
- 79
I. Hinsichtlich der Geltendmachung des Übergangsgeldes ist die Berufung bereits als unzulässig anzusehen, da in der Berufungsbegründung keine Auseinandersetzung der Klägerin mit der ablehnenden Begründung des Arbeitsgerichts, dass ein Anspruch bei Bestehen einer unverfallbaren Anwartschaft nicht bestehe, erfolgt ist. Die Berufung ist insoweit unzulässig, da die Berufungsbegründung sich nicht mit allen Erwägungen der Vorinstanz auseinander gesetzt hat (vgl. BAG, Urteil vom 16.04.1997 – 4 AZR 653/95, zitiert nach juris; Urteil vom 28.05.2010 – 2 AZR 223/08, zitiert nach juris).
- 81
II. Hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Differenz im Rahmen ihrer monatlichen Altersversorgung liegt jedenfalls hinsichtlich des Zeitwertfaktors eine hinreichende Berufungsbegründung vor, da die Klägerin unter Berufung auf ihre Vordienstzeit vor dem 01.11.1984 einen Verstoß gegen das AGG wegen Geschlechtsdiskriminierung rügt.
- 83
B. Die Berufung erweist sich jedoch insgesamt als unbegründet.
- 85
I. Hinsichtlich des Übergangsgeldes fehlt es jedenfalls an der Voraussetzung, dass die Klägerin unmittelbar nach ihrem Arbeitsverhältnis bei der Firma V Elektronik, also unmittelbar nach ihrem aktiven Dienst in den Ruhestand getreten ist.
- 87
1. Diese Anspruchsvoraussetzung gilt auch gemäß dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung vom 23.12.1981, da in Ziffer 2 2. Spiegelstrich als Voraussetzung genannt ist, dass der betreffende Mitarbeiter im unmittelbaren Anschluss an die aktive Dienstzeit bei der Firma S AG pensioniert wird. Dieser Wortlaut ist hinreichend eindeutig. Eine Auslegung gemäß §§ 133,145 BGB dahingehend, dass damit lediglich solche Mitarbeiter gemeint sein sollten, die auf Grund einer Vorruhestandsregelung bereits nahezu 100% ihrer vorherigen Bezüge erhielten, ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Es ist nicht erkennbar, inwiefern der Regelungszusammenhang und der Sinn und Zweck der Regelung eine entsprechende korrigierende Auslegung geboten erscheinen lassen würden. Mit Rücksicht darauf kann auch die Frage der Ablösung durch die Betriebsvereinbarung vom 29.07.1983 dahinstehen.
- 89
2. Die Frage des Eintrittsdatums und damit der Maßgeblichkeit der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses wegen Kindererziehungszeiten kann mit Rücksicht auf das vorher gesagte ebenfalls dahinstehen.
- 91
II. Die Klägerin kann gegenüber dem Beklagten ebenfalls nicht die Erhöhung ihrer monatlichen Altersversorgung auf 142,83 € geltend machen. Der Beklagte hat im Leistungsbescheid vom 29.11.2011 die der Klägerin gemäß § 6 BetrAVG zu leistende betriebliche Altersversorgung sowohl hinsichtlich des Teilzeit- als auch des Zeitwertfaktors zutreffend berechnet.
- 93
1. Für den Teilzeitfaktor ist auf § 7 Abs. 3 der Richtlinien der Si Altersfürsorge GmbH vom 01.10.1983 abzustellen. Danach wird das Ruhegeld für den betreffenden Zeitraum vermindert bzw. erhöht, in dem die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kürzer oder länger als die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten ist. Daher ist der gesamte Zeitraum des Arbeitsverhältnisses der Klägerin ab dem 01.11.1984 und damit auch Zeiten ihrer Teilzeitbeschäftigung zu berücksichtigen.
- 95
2. Hinsichtlich des Zeitwertfaktors hat die Beklagte diesen in ihrem Leistungsbescheid vom 29.11.2011 mit 0,644323 zu treffend ermittelt.
Für den Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit und für die Berechnung der Betriebszugehörigkeit kommt es auf das letzte Arbeitsverhältnis bei der Gemeinschuldnerin an. Vorangegangene Arbeitsverhältnisse bleiben grundsätzlich unberücksichtigt unabhängig davon, ob sie von einer Versorgungszusage begleitet waren, und unabhängig davon, ob sie bei der Gemeinschuldnerin oder einem anderen Arbeitgeber bestanden. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt die Versorgungsanwartschaft. Eine Anrechnung von früheren Zusage- und Beschäftigungszeiten kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Es genügt nicht, dass der später insolvente Arbeitgeber die Anrechnung dieser Zeiten zugesagt hat. Außerdem ist erforderlich, dass die angerechnete Vordienstzeit von einer Versorgungszusage begleitet war und an das Arbeitsverhältnis heranreicht, das eine neue Versorgungsanwartschaft begründet. In diesen Fällen lässt sich eine den§ 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG vergleichbare Sach- und Interessenlage bejahen. Auf den Grund und die Dauer der Unterbrechung kommt es nicht an, sodass unerheblich ist, ob zwischen den Beschäftigungen ein sogenannter innerer Zusammenhang besteht. Ebenso ist es unerheblich, ob durch eine andere Vertragsgestaltung eine rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses und die sich daraus ergebenen Nachteile beim Insolvenzschutz hätten vermieden werden können (vgl. BAG, Urteil vom 22.02.2000 – 3 AZR 4/99, zitiert nach juris, Randzeichen 24 ff.).
97Zudem hat die Klägerin entgegen der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast die vom Beklagten bestrittene Wiedereinstellungszusage im Jahr 1980 nicht hinreichend dargelegt; nähere Umstände und die beteiligten Personen auf Arbeitgeberseite hat die Klägerin nicht genannt.
98Eine Korrektur dieses Ergebnisses ist wegen eines etwaigen Verstoßes gegen das AGG wegen Geschlechtsdiskriminierung und dem besonderen Schutz von Müttern bzw. der Familien gemäß Artikel 6 GG nicht geboten. Die Betriebsparteien waren nicht gehalten, über damals bestehende gesetzliche Bestimmungen hinaus zu gehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass – wie die Klägerin selber vorträgt – gesetzliche Bestimmungen hinsichtlich der Ruhendstellung von Arbeitsverhältnissen wegen Kindererziehung erst mit Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes im Jahr 1986 geschaffen wurden. Aus Artikel 6 GG ergeben sich keine Handlungspflichten für den Gesetzgeber, die es den Tarifvertrags- bzw. hier Betriebsparteien verbieten würden, an die bestehenden gesetzlichen Regelungen anzuknüpfen. Die Betriebspartner waren nicht gehalten von sich aus weitere Leistungen vorzusehen (vgl. zum Tarifvertrag BAG, Urteil vom 20.04.2010 – 3 AZR 370/08, zitiert nach juris, Randziffer 41).
99- 100
C. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin als unterlegene Partei gemäß § 97 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Entscheidung unter Berücksichtigung höchstrichterlicher Rechtsprechung auf den Umständen des Einzelfalls beruht.
102RECHTSMITTELBELEHRUNG
103Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
104Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf§ 72a ArbGG verwiesen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 30. Aug. 2013 - 10 Sa 221/13
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Köln Urteil, 30. Aug. 2013 - 10 Sa 221/13 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
Einem Arbeitnehmer, der die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente in Anspruch nimmt, sind auf sein Verlangen nach Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren. Wird die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf einen Teilbetrag beschränkt, können die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eingestellt werden. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer ist verpflichtet, eine Beschränkung der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung dem Arbeitgeber oder sonstigen Versorgungsträger unverzüglich anzuzeigen.
(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.
(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn
- 1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage), - 2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung), - 2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage), - 3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder - 4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.
Tenor
-
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 25. März 2008 - 2 Sa 469/07 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob bei der Berechnung eines tariflichen Besitzstandsbetrags auch Erziehungsurlaubszeiten der Klägerin über den 23. Dezember 1991 hinaus wie Umlagemonate iSd. Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost(im Folgenden: VAP-Satzung) zu behandeln sind.
- 2
-
Die 1967 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 19. Oktober 1987 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der Deutschen Bundespost, beschäftigt. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug zunächst 13 Stunden, ab 1991 16 Stunden und ab 1996 durchschnittlich 19,5 Stunden. Das erste Kind der Klägerin wurde am 23. Juni 1991 geboren. Die Klägerin nahm vom 19. August 1991 bis zum 22. Dezember 1992 sowie - nach der Geburt ihres zweiten Kindes - vom 7. April 1994 bis zum 31. Januar 1996 Erziehungsurlaub.
- 3
-
Die betriebliche Altersversorgung für die Arbeitnehmer der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin wurde zunächst auf der Grundlage des mehrfach geänderten Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost vom 16. Oktober 1969(im Folgenden: Versorgungstarifvertrag) über die Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (im Folgenden: VAP), eine rechtlich selbstständige Unterstützungskasse in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts durchgeführt.
- 4
-
§ 2 Versorgungstarifvertrag sieht eine nach der gesamtversorgungsfähigen Zeit und dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt zu bemessende Gesamtversorgung vor. Da nach § 3 Versorgungstarifvertrag(in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung bzw. in der vom 1. Januar 1988 bis zum 31. März 1991 geltenden Fassung) eine Versicherung nur zu erfolgen hatte, wenn die arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche Wochenarbeitszeit mindestens die Hälfte der jeweils geltenden regelmäßigen Wochenarbeitszeit eines entsprechenden vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers bzw. mindestens 18 Stunden betrug, wurde die Klägerin erst ab dem 1. April 1991 bei der VAP angemeldet.
-
Nach § 24 Abs. 7 der VAP-Satzung in der bis zum 30. Juni 1992 geltenden Fassung mussten Umlagen auch für Zeiten des Erziehungsurlaubs bis zu dem Tag, an dem das Kind sechs Monate alt wurde, an die VAP gemeldet, dh. entrichtet werden. § 24 in der seit dem 1. Juli 1992 geltenden Fassung bestimmt in inhaltlicher Übereinstimmung mit § 6 Abs. 1, 3 und 4 Versorgungstarifvertrag auszugsweise:
-
„(1) Der Arbeitgeber hat eine monatliche Umlage in Höhe des nach § 75 festgesetzten Satzes zu zahlen.
…
(6) Das für die Bemessung der Umlage maßgebliche Arbeitsentgelt ist, soweit in Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Anweisungen nichts anderes bestimmt ist, das steuerpflichtige Arbeitsentgelt. …
(7) Werden im Falle von Krankheit Vergütung oder Lohn vom Arbeitgeber weitergezahlt, sind Umlagen zur Pflichtversicherung zu entrichten. Solange der Arbeitnehmer Anspruch auf Krankengeldzuschuss (§ 35 TV Ang, § 20 TV Arb) oder Krankenbeihilfe (§ 35a TV Ang) hat, sind Umlagen in der Höhe weiter zu entrichten, wie sie zu entrichten wären, wenn er wie seither gegen Entgelt arbeiten würde. Umlagen sind auch für die Zeiten des Mutterschutzes (§§ 3 und 6 MuSchG) in der nach Satz 2 vorgeschriebenen Höhe zu entrichten.
…“
-
Im Übrigen enthält die VAP-Satzung - soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung - die folgenden Regelungen:
-
(1) Tritt bei dem Versicherten, der die Wartezeit (§ 35) erfüllt hat, der Versicherungsfall (§ 36 Abs. 1) ein und ist er in diesem Zeitpunkt
a)
pflichtversichert, hat er Anspruch auf Versorgungsrente für Versicherte (§§ 37 bis 40a) - Versorgungsrentenberechtigter -,
…
(1) Die Wartezeit ist nach einer Versicherungszeit von mindestens fünf Jahren erfüllt. Versicherungszeit sind Umlagemonate und die Zeit der freiwilligen Versicherung.
…
(1) Als monatliche Versorgungsrente wird der Betrag gewährt, um den die Summe der in Absatz 2 genannten Bezüge hinter der nach §§ 38 bis 40a errechneten Gesamtversorgung zurückbleibt.
(2) Bezüge im Sinne des Absatzes 1 sind
a)
die Rente wegen Alters (§ 33 Abs. 2 SGB VI) oder wegen voller Erwerbsminderung (§ 33 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI) aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Höhe, in der sie für den Monat des Beginns der Versorgungsrente (§ 61 Abs. 1) geleistet wird oder zu leisten wäre, wenn …
unberücksichtigt bleiben Rententeile, die ausschließlich auf Kindererziehungszeiten (§§ 56, 249, 249a SGB VI) - ohne Rententeile für sonstige Beitragszeiten im Sinne des § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI - beruhen; keine Bezüge im Sinne des Absatzes 1 sind Steigerungsbeträge aus Beiträgen zur Höherversicherung.
…
(1) Die Gesamtversorgung wird auf der Grundlage der gesamtversorgungsfähigen Zeit (§ 39) und des gesamtversorgungsfähigen Entgelts (§ 40) errechnet. Gesamtversorgung ist der sich aus Absatz 2 ergebende Vomhundertsatz des gesamtversorgungsfähigen Entgelts.
…
(1) Gesamtversorgungsfähige Zeit sind die bis zum Beginn der Versorgungsrente (§ 61) zurückgelegten Umlagemonate (§ 24 Abs. 9).
(2) Als gesamtversorgungsfähige Zeit gelten zur Hälfte auch die Kalendermonate, die nicht zugleich Umlagemonate nach Absatz 1 sind, die
a)
in der gesetzlichen Rentenversicherung als Beitragszeiten (einschließlich der beitragsgeminderten Zeiten) und beitragsfreie Zeiten der Ermittlung der gesetzlichen Rente zugrunde liegen; …; ausgenommen hiervon sind Zeiten, die ausschließlich auf Kindererziehungszeiten (§§ 56, 249, 249a SGB VI) beruhen, sowie …
(1) Ist mit dem Pflichtversicherten nach dem 31. Dezember 1983 arbeitsvertraglich eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit vereinbart gewesen, die weniger als die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten betragen hat, ist die Gesamtversorgung mit den sich aus den Absätzen 2 bis 4 ergebenden Maßgaben zu errechnen.
…“
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Im Zusammenhang mit der Geburt des ersten Kindes der Klägerin wurden Umlagen(nur) bis zum 18. August 1991 (Ende der Mutterschutzfrist) gemeldet. Während der Erziehungsurlaubszeiten der Klägerin führte die Beklagte keine Umlagen ab.
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Die VAP-Versorgung wurde bei der Beklagten später abgelöst. Durch den Tarifvertrag über die Betriebliche Altersversorgung der Deutschen Post AG(Betriebsrente Post) - Tarifvertrag Nr. 15 vom 29. Oktober 1996 (im Folgenden: TV Betriebsrente Post) wurden die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten mit Wirkung zum 1. Januar 1997 umgestellt und die sog. Betriebsrente Post eingeführt. Der Anspruch auf die Betriebsrente Post hängt von dem Erreichen einer Wartezeit (§ 4) und dem Erhalt einer Altersrente als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 9) bzw. dem Erhalt einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer Unfallvollrente (§ 10) ab. Die Rentenhöhe ergibt sich grundsätzlich aus der Multiplikation der Beschäftigungsjahre bei der Beklagten und dem Euro-Betrag der jeweiligen Versorgungsgruppe im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 5). Zur Erfüllung der Wartezeit werden Zeiten der gesetzlichen Elternzeit bis zu einer Dauer von drei Jahren berücksichtigt (§ 4 Abs. 1 Satz 3). Als anrechenbare Beschäftigungsmonate gelten die Monate, in denen der Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Entgelt zur Beklagten stand, sowie Zeiten, in denen der Arbeitnehmer Krankenentgelt oder Krankengeldzuschuss bezog (§ 6 Abs. 1).
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Durch Abschnitt III des Tarifvertrages Nr. 18 vom 28. Februar 1997 ist mit Ablauf des 30. April 1997 für die Arbeitnehmer und Auszubildenden der Beklagten der Versorgungstarifvertrag außer Kraft gesetzt worden. Gleichzeitig ist als Abschnitt IV der Tarifvertrag zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung (im Folgenden: TV BZV) zum 1. Mai 1997 in Kraft getreten. Hier heißt es ua. wie folgt:
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Die Deutsche Post AG gewährt ihren Arbeitnehmern eine Betriebsrente nach dem Tarifvertrag über die Betriebliche Altersversorgung der Deutschen Post AG (Betriebsrente Post). Zur Wahrung des Besitzstandes von bisher VAP-Versicherten gelten jedoch die folgenden Bestimmungen.
…
(1) Der Tarifvertrag über die Betriebliche Altersversorgung der Deutschen Post AG (Betriebsrente Post) wird unter Berücksichtigung der Modifikationen in § 4 dieses Tarifvertrages angewendet. Die sich daraus ergebende Betriebsrente Post wird bei Vorliegen der Voraussetzungen durch eine Besitzstandswahrungskomponente, die den nach dem bis zum 30.04.1997 geltenden VTV erworbenen Besitzstand abbildet, ergänzt.
…
(4) Die Besitzstandswahrungskomponente errechnet sich durch Multiplikation von individuellem Besitzstandsfaktor und Bezugsgröße. Sie wird nur gewährt, wenn der Arbeitnehmer am Tag vor Inkrafttreten dieses Tarifvertrages die Wartezeit nach § 35 der VAP-Satzung in der am 30.04.1997 geltenden Fassung erfüllt hat.
…
…
(2) Als anrechenbarer Beschäftigungsmonat wird für die Zeit vor dem 01.05.1997 jeder Kalendermonat anerkannt, der für den Arbeitnehmer als Umlagemonat nach der VAP-Satzung anerkannt worden ist, sowie Zeiten der Pflichtversicherung (gem. § 95c VAP-Satzung nach der am 30.04.1997 geltenden Fassung).
…
Der individuelle Besitzstandsfaktor ist der Quotient aus dem Bruttoversorgungssatz, den der Arbeitnehmer am 30.04.1997 erreicht hat, und dem Bruttoversorgungssatz, den der Arbeitnehmer bei Eintritt des Leistungsfalls nach der am 30.04.1997 gültigen Satzung der VAP erreicht hat. …
Die Berechnung der Bezugsgröße erfolgt bei Eintritt des Leistungsfalls durch fiktive Berechnung der VAP-Rente auf der Basis der zum Eintritt des Leistungsfalls gültigen VAP-Satzung unter Berücksichtigung der Modifikationen, wie sie in §§ 8 bis 10 vorgesehen sind, abzüglich der Betriebsrente Post nach § 2 Absatz 1, Satz 1 dieses Tarifvertrages.
…“
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Die Klägerin hatte zum Stichtag 30. April 1997 ohne Berücksichtigung der von der Beklagten auf entsprechenden Antrag hin zusätzlich anerkannten sog. unterhälftigen Beschäftigungszeiten vom 19. Oktober 1987 bis zum 31. März 1991 sowie ohne die Zeiten des Erziehungsurlaubs ab dem 24. Dezember 1991 lediglich 41 Umlagemonate erreicht, unter Hinzuziehung der unterhälftigen Beschäftigungszeiten 83 Umlagemonate.
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Mit Schreiben vom 13. Mai 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Besitzstandsbetrag betrage zum 31. Dezember 2002 91,22 Euro. Hierbei wurde die Zeit des Mutterschutzes vom 1. Juni 1991 bis zum 18. August 1991 als Umlagezeiten berücksichtigt. In der Anlage zu diesem Schreiben heißt es auszugsweise:
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Besitzstandsbetrag (§ 2 TV BZV) zum 31.12.2002 Berücksichtigung der zusätzlich anerkannten unterhälftigen Beschäftigungszeiten
Besitzstandsbetrag (§ 2 TV BZV) zum 31.12.2002 Berücksichtigung der zusätzlich anerkannten unterhälftigen Beschäftigungszeiten
Als Folge der Berücksichtigung der unterhälftigen Beschäftigungszeiten hat sich die Deutsche Post AG darauf verständigt, den höheren Betrag als maßgebenden Besitzstandsbetrag gemäß TV BZV festzusetzen.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Besitzstandsbetrag aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung zum 31. Dezember 2002 iHv. 102,17 Euro zu. Zumindest seien sämtliche Erziehungsurlaubszeiten bei der Berechnung des Besitzstandsbetrags zu berücksichtigen. Ihre Außerachtlassung verstoße gegen Art. 3 iVm. Art. 6 GG sowie europäisches Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungsrecht, da Frauen hiervon stärker betroffen seien als Männer. Es sei noch immer gesellschaftliche Realität, dass Frauen die Erziehung der Kinder übernähmen und zu diesem Zweck die Erwerbstätigkeit aufgäben. Der Arbeitgeber sei im Rahmen der tatsächlichen Gleichbehandlung der Geschlechter verpflichtet, wertneutrale Faktoren für den Ausschluss von Beitragszeiten zu wählen. Daher sei nicht jeder Anlass, der zum Ruhen des Arbeitsverhältnisses führe, als Rechtfertigungsgrund geeignet. So würden zB auch Wehr- und Zivildienstzeiten bei der Umlage berücksichtigt. Zudem berücksichtige die Beklagte bei der Bemessung der Wartezeit nach § 4 Abs. 1 TV Betriebsrente Post die Erziehungszeiten bis zu drei Jahren; bis zur 40. Änderung der VAP-Satzung hätten Erziehungsurlaubszeiten immerhin bis zu sechs Monaten Berücksichtigung gefunden.
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
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1.
festzustellen, dass der Besitzstandsbetrag aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung der Beklagten zum 31. Dezember 2002 102,17 Euro beträgt,
2.
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kindererziehungszeiten der Klägerin bei der Berechnung des Besitzstandsbetrags aus der VAP-Zusatzversorgung zum 31. Dezember 2002 zu berücksichtigen.
- 14
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, der errechnete Besitzstandsbetrag ergebe sich infolge der Berücksichtigung der unterhälftigen Beschäftigungszeiten aus der Absenkung des Gesamtbeschäftigungsquotienten von 0,49 auf 0,46. Soweit Erziehungsurlaubszeiten nicht mehr umlagepflichtig gewesen seien, liege darin weder nach Gemeinschafts- noch nach nationalem Recht eine unzulässige Ungleichbehandlung.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage insofern teilweise stattgegeben, als es unter Hinweis auf § 24 Abs. 7 der VAP-Satzung in der bis zum 30. Juni 1992 gültigen Fassung die Verpflichtung der Beklagten festgestellt hat, die „Kindererziehungszeiten“ der Klägerin vom 19. August 1991 bis 23. Dezember 1991 bei der Berechnung des Besitzstandsbetrags aus der VAP-Zusatzversorgung zum Berechnungszeitpunkt 31. Dezember 2002 zu berücksichtigen. Im Übrigen hat es die Klage als unbegründet abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin nur noch ihr Klagebegehren mit dem Hilfsantrag mit der Maßgabe weiter, dass die Kindererziehungszeiten über den 23. Dezember 1991 hinaus zu berücksichtigen seien. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist unbegründet. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sämtliche Erziehungsurlaubszeiten der Klägerin bei der Berechnung des Besitzstandsbetrags aus der VAP-Zusatzversorgung zu berücksichtigen. Hierin liegt keine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts. Der Unterschied zwischen einem ruhenden und einem nicht ruhenden Arbeitsverhältnis ist so gewichtig, dass er eine unterschiedliche Behandlung nicht nur beim Arbeitsentgelt im engen Sinne, sondern auch bei der Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung rechtfertigt. Es bedeutet auch keine mittelbare Diskriminierung von Frauen, wenn Zeiten des Wehr- oder Ersatzdienstes als umlagepflichtig behandelt werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der besonderen Wertentscheidungen des Art. 6 GG.
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A. Die Klage ist zulässig.
- 18
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I. Der in der Revisionsinstanz allein weiterverfolgte Hilfsantrag ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Aus der Klagebegründung ist erkennbar, dass mit der den §§ 3, 56, 249, 249a SGB VI entlehnten Formulierung „Kindererziehungszeiten“ die Zeiten des Ruhens des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Erziehungsurlaube der Klägerin nach § 15 BErzGG gemeint sind. Aus der Klagebegründung wird auch deutlich, dass mit „Berücksichtigung“ der Erziehungsurlaubszeiten bei der Berechnung des Besitzstandsbetrags deren Behandlung wie Umlagemonate iSd. VAP-Satzung verlangt wird.
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II. Der Klageantrag erfüllt auch die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO.
- 20
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1. Mit der Klage soll der Inhalt des Versorgungsverhältnisses und damit eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO geklärt werden. Feststellungsklagen müssen sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern können sich auch auf einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen begrenzen(vgl. nur BAG 24. April 2001 - 3 AZR 210/00 - zu I 2 a der Gründe, EzA BetrAVG § 1 Nr. 75; 21. November 2006 - 3 AZR 309/05 - Rn. 17, AP BetrAVG § 1b Nr. 7; 27. März 2007 - 3 AZR 299/06 - Rn. 20, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 68).
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2. Ebenso besteht das erforderliche Feststellungsinteresse. Ein Klärungsbedürfnis ergibt sich - bereits im Anwartschaftsstadium(vgl. nur BAG 9. November 1999 - 3 AZR 361/98 - zu A 3 der Gründe, AP BetrAVG § 7 Nr. 96 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 62) - aus den zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheiten über die Behandlung der Erziehungsurlaubszeiten. Der Feststellungsantrag führt zu einer prozesswirtschaftlich sinnvollen Erledigung des Rechtsstreits. Er ist geeignet, den einzigen Streitpunkt zwischen den Parteien abschließend zu klären (vgl. nur BAG 27. März 2007 - 3 AZR 299/06 - Rn. 20 f., AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 68).
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3. Der Klägerin fehlt auch nicht das Rechtsschutzinteresse. Sie begehrt allein die Berücksichtigung weiterer Umlagemonate ohne Anrechnung der durch Kindererziehungszeiten begründeten gesetzlichen Rentenansprüche auf die Gesamtversorgung. Damit geht es ihr ausschließlich um eine Verbesserung ihrer Position.
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B. Die Klage ist - soweit sie noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Erziehungsurlaubszeiten der Klägerin nach dem 23. Dezember 1991 bei der Berechnung des Besitzstandsbetrags aus der VAP-Zusatzversorgung wie Umlagemonate zu behandeln.
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I. Für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von Bedeutung ist, ob die Kindererziehungsurlaubszeiten bei der Berechnung der ua. an Umlagemonate anknüpfenden Wartezeit nach § 35 VAP-Satzung in Ansatz gebracht werden müssen; die Klägerin erfüllte die Wartezeit des § 35 VAP-Satzung bereits infolge der Berücksichtigung der „zusätzlich“ anerkannten unterhälftigen Beschäftigungszeiten.
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II. Ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung auch der nach dem 23. Dezember 1991 liegenden Erziehungsurlaubszeiten folgt weder aus tarifvertraglichen Regelungen noch aus der VAP-Satzung. Bereits das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass Erziehungsurlaubszeiten nach den über §§ 5, 7 TV BZV letztlich maßgeblichen §§ 24, 39 VAP-Satzung in den seit der 40. Änderung geltenden Fassungen nicht mehr als Umlage- oder sonstige gesamtversorgungsfähige Zeiten gelten.
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III. Ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung der Erziehungsurlaubszeiten bei der Berechnung des Besitzstandsbetrags aus der VAP-Zusatzversorgung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts. Der Ausschluss von Erziehungsurlaubszeiten von der Anwartschaftssteigerung stellt weder nach primärem europäischem Gemeinschaftsrecht noch nach deutschem Verfassungsrecht eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts dar. Er verstößt weder gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit nach Art. 141 EG(vormals Art. 119 EWG-Vertrag, nunmehr Art. 157 AEUV) noch gegen das - ebenfalls absolute - Differenzierungsverbot des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG.
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1. Sowohl Art. 141 EG als auch Art. 3 Abs. 2 und 3 GG erstrecken sich auch auf mittelbare Diskriminierungen. Das sind Regelungen, die - wie die vorliegende - geschlechtsneutral formuliert und deshalb auf Frauen und Männer gleichermaßen anzuwenden sind, jedoch tatsächlich erheblich mehr Frauen als Männer nachteilig betreffen(vgl. dazu für die Elternzeit jüngst BSG 25. Juni 2009 - B 10 EG 8/08 R - Rn. 47, BSGE 103, 291). Auch sind Betriebsrenten als ein auf dem Arbeitsverhältnis beruhendes Entgelt iSd. Art. 141 EG anzusehen(vgl. EuGH 13. Mai 1986 - 170/84 - [Bilka] Slg. 1986, 1607; BAG 15. Februar 1994 - 3 AZR 708/93 - zu III 2 b (3) der Gründe, BAGE 76, 1). Ebenso ist das gemeinschaftsrechtliche Verbot der diskriminierenden Ungleichbehandlung von männlichen und weiblichen Arbeitnehmern nicht nur für staatliche Stellen - wie den nationalen Gesetzgeber, aber auch Anstalten des öffentlichen Rechts (vgl. BGH 14. November 2007 - IV ZR 74/06 - Rn. 33, BGHZ 174, 127) - verbindlich, sondern erstreckt sich auch auf Tarifverträge, die abhängige Erwerbstätigkeit kollektiv regeln (EuGH 8. April 1976 - 43/75 - [Defrenne] Slg. 1976, 455; 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Slg. 1999, I-7243; BAG 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 24, BAGE 126, 375; vgl. zur Berücksichtigung der Tarifautonomie in diesem Zusammenhang BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 20/07 - Rn. 43 ff., AP GG Art. 3 Nr. 315 = EzA AGG § 2 Nr. 3). Zudem kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sowohl Tarifverträge als auch eine sie ausgestaltende Satzung einer Anstalt des öffentlichen Rechts einer unmittelbaren und - trotz der durch Art. 9 Abs. 3 GG verbürgten Tarifautonomie(vgl. dazu nur BGH 14. November 2007 - IV ZR 74/06 - Rn. 34, BGHZ 174, 127) - uneingeschränkten Grundrechtsbindung unterliegen.
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2. Eine unzulässige mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist jedoch sowohl nach Art. 141 EG als auch dem nicht weitergehenden Art. 3 Abs. 2 und 3 GG(vgl. BFH 5. Dezember 2000 - VII R 18/00 - zu II 3 der Gründe, BFHE 193, 234) nicht gegeben, wenn die streitige Maßnahme durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, und der vom Arbeitgeber für die Ungleichbehandlung angeführte Grund einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entspricht und für die Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist (vgl. EuGH 26. Juni 2001 - C-381/99 - [Brunnhofer] Slg. 2001, I-4961).
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Diese Bedingungen erfüllen Regelungen, die - wie die vorliegende - an die tatsächliche Arbeitsleistung anknüpfen.
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a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und auch des Europäischen Gerichtshofs, dass das beim Erziehungsurlaub kraft Gesetzes eintretende Ruhen des Arbeitsverhältnisses objektiv eine Anspruchsminderung rechtfertigt (EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Slg. 1999, I-7243 [Weihnachtsgratifikation]; BAG 10. November 1994 - 6 AZR 486/94 - zu II 3 der Gründe, BAGE 78, 264 [Übergangsgeld]; 24. Mai 1995 - 10 AZR 619/94 - zu II 4 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 175 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 124 [tarifliche Sonderzahlung]; 18. Juni 1997 - 4 AZR 647/95 - zu II 2 d der Gründe, AP BAT § 23b Nr. 3 = EzA EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 49 [Bewährungszeit]; 12. Januar 2000 - 10 AZR 840/98 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 223 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 158 [Weihnachtsgratifikation]; 4. Dezember 2002 - 10 AZR 138/02 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 245 = EzA BGB 2002 § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 3; 15. April 2003 - 9 AZR 137/02 - zu I 4 der Gründe, BAGE 106, 22 [tarifliches Urlaubsgeld]; 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 21 ff., BAGE 126, 375 [tarifliche Betriebszugehörigkeitszulage]). Ist der Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitsentgelts befreit, weil das Arbeitsverhältnis ruht, ist er auch nicht gehalten, direkt oder indirekt zusätzliche Leistungen zu erbringen (BAG 18. Juni 1997 - 4 AZR 647/95 - zu II 2 d der Gründe, AP BAT § 23b Nr. 3 = EzA EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 49). Der Unterschied zwischen einem ruhenden und einem nicht ruhenden Arbeitsverhältnis ist so gewichtig, dass er eine unterschiedliche Behandlung nicht nur beim eigentlichen Arbeitsentgelt, sondern auch bei der Gewährung zusätzlicher Leistungen zum Arbeitsentgelt rechtfertigt (BAG 10. November 1994 - 6 AZR 486/94 - zu II 3 c der Gründe, BAGE 78, 264 und ständig).
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b) Für die Betriebsrente hat der Senat dementsprechend bereits mit Urteil vom 15. Februar 1994(- 3 AZR 708/93 - zu III der Gründe, BAGE 76, 1) ausgeführt, der Arbeitgeber, der Zeiten des Erziehungsurlaubs nicht als leistungssteigernd anerkenne, könne sich zur Rechtfertigung seiner Leistungsgestaltung auf ein wirkliches Bedürfnis berufen. Der Arbeitgeber dürfe die Höhe seiner Zuwendungen davon abhängig machen, dass der Arbeitnehmer ihm die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung erbringe, also tatsächlich arbeite. So, wie das Arbeitsverhältnis im Ganzen ruhe, dürfe der Arbeitgeber seine Aufwendungen für zusätzliche Entgeltleistungen ebenfalls „ruhen“ lassen. Dies belege auch ein Vergleich mit der Teilzeitarbeit. Auch ein Arbeitnehmer, der Teilzeitarbeit leiste, könne nicht die gleiche Vergütung verlangen wie ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Würden Zeiten des Erziehungsurlaubs in vollem Umfang für die betriebliche Altersversorgung leistungssteigernd berücksichtigt, so wären solche Arbeitnehmer gleichheitswidrig benachteiligt, die zwar nur Teilzeitarbeit leisten, diese aber tatsächlich erbringen. Anderenfalls würde das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung für tatsächlich erbrachte Dienste in unerträglicher Weise erschüttert.
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c) Der Hinweis der Revision auf die Rechtslage bei Sozialplanabfindungen gibt keinen Anlass, von dieser ständigen Rechtsprechung abzuweichen.
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Zwar verstößt es gegen die Grundsätze von Recht und Billigkeit iSd. § 75 Abs. 1 BetrVG, wenn die Betriebsparteien zur Bemessung der Abfindungshöhe in Sozialplänen auch auf die Dauer der Beschäftigung abstellen, dabei aber Erziehungsurlaubszeiten ausnehmen(vgl. BAG 12. November 2002 - 1 AZR 58/02 - zu III der Gründe, BAGE 103, 321). Jedoch verbietet der sowohl auf nationaler als auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene seit langem anerkannte Charakter der betrieblichen Altersversorgung als Vergütung für erbrachte Betriebszugehörigkeit eine Gleichbehandlung mit einer Sozialplanabfindung. Die Sozialplanabfindung dient nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dem Ausgleich und der Milderung künftiger Nachteile auf dem Arbeitsmarkt und nicht der nachträglichen Vergütung bereits geleisteter Dienste.
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d) Es bedeutet auch keine mittelbare Diskriminierung von Frauen, wenn Zeiten des Grundwehr- oder Ersatzdienstes(sowie von Wehrübungen) aufgrund § 14a Abs. 1 bis 3 ArbPlSchG(ggf. iVm. § 78 ZDG) als umlagepflichtige Zeiten zu einer Steigerung des Besitzstandsbetrags führen, obgleich das Arbeitsverhältnis während dieser Zeiten ebenfalls ruht, § 1 Abs. 1 ArbPlSchG(ggf. iVm. § 78 ZDG). Die Unterscheidung von Erziehungsurlaubszeiten und Zeiten des Grundwehr- bzw. Ersatzdienstes ist sachgerecht und durfte von den Tarifvertragsparteien bzw. dem Satzungsgeber übernommen werden. Zwischen den Zeiten des Grundwehr- bzw. Ersatzdienstes und den Erziehungsurlaubszeiten bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen.
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aa) Es kann dahinstehen, ob ein entscheidender Unterschied bereits darin liegt, dass der Grundwehr- und Zivildienst auf gesetzlichem Zwang beruht, während die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub in Bezug auf das „Ob“ und das „Wie“(bzw. „Wer“) von der Entscheidung und den persönlichen Umständen der betreffenden Eltern abhängt.
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bb) Der maßgebliche Unterschied zwischen den Zeiten des Grundwehr- bzw. Ersatzdienstes und den Erziehungsurlaubszeiten besteht jedenfalls darin, dass der - private - Arbeitgeber nach § 14a Abs. 2 Satz 2 ArbPlSchG auf die Zeit des Wehr- oder Zivildienstes entfallende Beiträge beim Bundesministerium der Verteidigung oder der von ihm bestimmten Stelle bzw. beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend oder der von ihm bestimmten Stelle zur Erstattung anmelden kann. Dies erlaubt eine Differenzierung auch im Arbeitsverhältnis.
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(1) § 14a Abs. 2 Satz 2 ArbPlSchG ist trotz seiner unzureichenden Formulierung eine Anspruchsnorm(vgl. Sahmer/Busemann ArbPlSchG Stand Oktober 2007 § 14a Erl. 15). Im wirtschaftlichen Ergebnis muss also der Bund und nicht der Arbeitgeber die während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses aufzuwendenden Beiträge leisten (vgl. auch BVerwG 9. Dezember 1971 - VIII C 24.68 - AP ArbPlatzSchutzG § 5 Nr. 2 dazu, dass die während des Wehrdienstes eines Arbeitnehmers vom Arbeitgeber an eine Einrichtung der betrieblichen oder überbetrieblichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung weiter entrichteten Beiträge Ausgaben sind, die der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Verpflichtung leistet und die deshalb nicht zum lohn- und kirchensteuerpflichtigen Lohn gehören).
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(2) Diese Bestimmung steht mit dem vom Senat in der wiedergegebenen Entscheidung vom 15. Februar 1994(- 3 AZR 708/93 - BAGE 76, 1) herangezogenen Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ sowie der „Akzessorietät“ von Beiträgen zur betrieblichen Altersversorgung in Einklang: Das Arbeitsverhältnis eines wehr- oder zivildienstleistenden Mannes ruht zwar ebenso wie dasjenige eines Elternteils während des Erziehungsurlaubs oder der Elternzeit. Der wehr- bzw. zivildienstleistende Mann erbringt jedoch eine Leistung für den Staat, für die er auch ein Entgelt erhält. Im Verhältnis zum Arbeitgeber trägt der Staat sodann konsequenterweise auch die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung als „Entgeltnebenleistung“.
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(3) Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass auch in der Kindererziehung unbestreitbar ein Wert für die Allgemeinheit liegt. Die Kindererziehung ist jedoch keine gegen Entgelt zu erbringende „Leistung für den Staat“. Ihr Wert für die Allgemeinheit ist ein mittelbarer. Für das System der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Kindererziehung unter Geltung eines vom so genannten Generationenvertrag getragenen Umlageverfahrens Garantiefunktion. Die gesetzliche Rentenversicherung lässt sich ohne die nachrückende Generation nicht aufrechterhalten. Diese bringt die Mittel für die Alterssicherung der jetzt erwerbstätigen Generation auf. Kindererziehung ist - neben der Beitragszahlung - daher eine „der beiden Leistungen für das Rentensystem“(vgl. BVerfG 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 - zu C II 2 b der Gründe, BVerfGE 87, 1; 12. März 1996 - 1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90 - zu C IV 3 b der Gründe, BVerfGE 94, 241).
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Diesem anderen Wert der Kindererziehung für die Allgemeinheit entspricht es zum einen, dass für sie kein „Entgelt“, sondern - sei es vormals in Gestalt eines pauschalierten Erziehungsgeldes, sei es nunmehr in Gestalt eines einkommensabhängigen und einkommensersetzenden Elterngeldes - eine Art „Erziehungsbeihilfe“ zur Honorierung der Betreuungsleistungen gewährt wird. Zum anderen und vor allem wird der sich insbesondere im System der gesetzlichen Rentenversicherung auswirkende Wert der Kindererziehung für die Allgemeinheit durch die Anerkennung von Kindererziehungszeiten als rentenbegründendem und rentensteigerndem Tatbestand in §§ 3, 56, 249, 249a SGB VI widergespiegelt.
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e) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Gesetzgeber bei einer Differenzierung zum Nachteil von Müttern bzw. der Familie den besonderen Schutz zu beachten hat, den der Staat nach Art. 6 GG schuldet(vgl. BVerfG 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 - zu C II 1 und 2 a der Gründe, BVerfGE 87, 1; 12. März 1996 - 1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90 - zu C III der Gründe, BVerfGE 94, 241). Aus dieser Bestimmung ergeben sich keine Handlungspflichten für den Gesetzgeber, die es den Tarifvertragsparteien verbieten würden, an die bestehenden gesetzlichen Regelungen anzuknüpfen. Die Tarifpartner waren auch nicht gehalten, von sich aus weitere Leistungen vorzusehen.
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aa) Zutreffend hebt die Klägerin nicht auf einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 GG ab, wonach jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat. Art. 6 Abs. 4 GG verlangt nämlich eine Situation, in der die Mutter den belastenden Auswirkungen der biologischen Mutterschaft ausgesetzt ist und deshalb besonderer Fürsorge bedarf. Eine solche liegt zwar während der Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit bzw. der für die Erholung notwendigen Zeit nach der Geburt vor, kann aber auch in späteren Lebensphasen entstehen, wenn die Mutter wirtschaftliche oder berufliche Nachteile erleidet, die auf die biologische Mutterschaft, insbesondere die Inanspruchnahme von Mutterschutzzeiten zurückzuführen sind(vgl. Jarass/Pieroth GG 10. Aufl. Art. 6 Rn. 53). Allerdings können aus Art. 6 Abs. 4 GG keine besonderen Rechte für Sachverhalte - wie den vorliegenden - hergeleitet werden, die nicht allein Mütter betreffen. Selbst wenn die Nichtberücksichtigung von Erziehungsurlaubs- oder Elternzeiten bei der Anwartschaftssteigerung sich tatsächlich vor allem zu Lasten der Mütter auswirkt, weil diese auch heute noch überwiegend die Kindererziehung übernehmen und deshalb ihre Berufstätigkeit einschränken, unterbrechen oder ganz aufgeben, berühren diese Folgen nicht den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG(vgl. BVerfG 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 - zu C II 3 der Gründe, BVerfGE 87, 1; 12. März 1996 - 1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90 - zu C III der Gründe, BVerfGE 94, 241).
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bb) Die von der Klägerin herangezogenen Absätze 1 und 2 des Art. 6 GG, wonach die Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht und die staatliche Gemeinschaft über die Pflege und Erziehung der Kinder wacht, bestimmen einzelne Schutzmaßnahmen und Leistungen nicht konkret. Vielmehr obliegt es nach der grundgesetzlichen Kompetenzordnung grundsätzlich dem Gesetzgeber zu entscheiden, wie er den Schutzauftrag des Art. 6 GG im Einzelnen erfüllt. Dabei ist der Staat nicht gehalten, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen und sie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern. Die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen steht unter dem Vorbehalt dessen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Der Gesetzgeber hat im Interesse des Gemeinwohls neben der Familienförderung auch andere Gemeinschaftsbelange bei seiner Haushaltswirtschaft zu berücksichtigen und dabei vor allem auf die Funktionsfähigkeit und das Gleichgewicht des Ganzen zu achten. Grenze der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit ist der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz, der jeder Familie zu gewährleisten ist(vgl. BVerfG 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91 - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 87, 1).
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Dem durch Art. 6 Abs. 1 und 2 GG gesicherten Mindestanspruch der Eltern - und damit auch der Mütter als einem Elternteil - wird durch zahlreiche Einzelvorschriften indes hinreichend Rechnung getragen: Vormals das Bundeserziehungsgeldgesetz und nunmehr das BEEG erhalten den Arbeitsplatz bis zu drei Jahren aufrecht, nach §§ 3, 56, 249, 249a SGB VI wird der Anspruch auf die gesetzliche Rente fortgeführt, nach § 5 BErzGG bzw. §§ 1 ff. BEEG wird eine staatliche Erziehungsbeihilfe gewährt. In der betrieblichen Altersversorgung sind Ruhenszeiten bei den Unverfallbarkeitsfristen gemäß § 1b BetrAVG und für die Dauer der Betriebszugehörigkeit iSd. § 2 BetrAVG zu berücksichtigen(vgl. BAG 15. Februar 1994 - 3 AZR 708/93 - zu III 3 der Gründe, BAGE 76, 1). Zudem sieht § 1a Abs. 4 BetrAVG bei Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung das Recht vor, die Versicherung oder Versorgung während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses mit eigenen Beiträgen fortzusetzen.
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Darüber hinaus besteht aus Gründen des verfassungsrechtlich gebotenen Mindestschutzes nicht die Notwendigkeit, Erziehungszeiten auch im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung anwartschaftssteigernd zu berücksichtigen. Zu weiteren Entgeltleistungen ist der Arbeitgeber, der während der Ruhenszeiten keine Gegenleistung erhält(vgl. BAG 20. August 2002 - 9 AZR 353/01 - zu I 3 b der Gründe, BAGE 102, 218), noch weniger verpflichtet als der Staat, der - anders als bei Wehr- und Zivildienst - in dieser Zeit ebenfalls keine unmittelbare Leistung erhält.
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IV. Die Klägerin kann einen Anspruch auf Berücksichtigung der Erziehungsurlaubszeiten bei der Anwartschaftsberechnung auch nicht auf sekundäres europäisches Gemeinschaftsrecht oder einfaches nationales Gesetzesrecht stützen.
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1. Die Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub(ABl. EG L 145 vom 19. Juni 1996 S. 4) sieht vor, dass die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war, zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben. Die Richtlinie steht damit einer Regelung - wie der vorliegenden - nicht entgegen, wonach Erziehungsurlaubszeiten bei der Bemessung einer arbeitgeberleistungsabhängigen Vergütung unberücksichtigt bleiben (vgl. BAG 15. April 2003 - 9 AZR 137/02 - zu I 4 der Gründe, BAGE 106, 22; 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 28, BAGE 126, 375).
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2. Für die Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz(zehnte Einzelrichtlinie iSd. Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG - im Folgenden: RL 92/85/EWG) - (ABl. EG L 348 vom 28. November 1992 S. 1) hat der EuGH mit Urteil vom 21. Oktober 1999 in der Rechtssache Lewen (- C-333/97 - Slg. 1999, I-7243) ausdrücklich klargestellt, dass Art. 11 Abs. 2 Buchst. b der RL 92/85/EWG den Arbeitgeber nicht hindert, Zeiten des Erziehungsurlaubs anteilig leistungsmindernd zu berücksichtigen, da die Situation der Arbeitnehmer, die sich im Erziehungsurlaub befinden, nicht derjenigen eines Mannes oder einer Frau, die arbeiten, gleichgestellt werden könne.
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3. Auch § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG(gültig ab dem 1. Januar 2007) sowie § 15 Abs. 2 Satz 6 BErzGG(letzte Fassung; vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2000: § 15 Abs. 3 BErzGG, davor: § 15 Abs. 4 BErzGG), wonach der Anspruch auf Erziehungsurlaub nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden kann, verbieten keine - tarifvertragliche oder satzungsrechtliche - Regelung, nach welcher die Zeiten des ruhenden Arbeitsverhältnisses für eine zusätzliche tarifliche Leistung nicht anspruchssteigernd berücksichtigt werden. Knüpfen die Tarifvertragsparteien oder der Satzungsgeber an die Rechtsfolge des Erziehungsurlaubs, nämlich das Ruhen des Arbeitsverhältnisses, an und bestimmen sie, dass in diesem Falle auch die Pflicht zur anwartschaftssteigernden Abführung von Umlagen nicht besteht, geht diese Regelung nicht über das hinaus, was sich ohnehin für andere Vergütungsbestandteile aus den gesetzlichen Vorschriften ergibt (vgl. BAG 24. November 1993 - 10 AZR 704/92 - zu II 3 a der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 158 = EzA BErzGG § 15 Nr. 5; 26. November 2003 - 4 AZR 693/02 - zu I 4 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 30 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 8; 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 29, BAGE 126, 375).
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4. Bei unterstellter Anwendbarkeit des AGG in zeitlicher Hinsicht(vgl. hierzu BAG 11. Dezember 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 21, BAGE 125, 133) ergäbe sich nichts anderes:
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Die Prüfungsmaßstäbe nach §§ 7, 3, 1 AGG sind die gleichen wie bei Art. 141 EG und Art. 3 Abs. 2 und 3 GG. So bestimmt § 3 Abs. 2 AGG, dass eine mittelbare Benachteiligung vorliegt, „wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.“ Dabei kann das von dem neutralen Kriterium verfolgte Ziel, das über das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung entscheidet, in jedem von der Rechtsordnung anerkannten Grund - hier: dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ - liegen (vgl. dazu im Zusammenhang mit dem Merkmal Alter BAG 18. August 2009 - 1 ABR 47/08 - Rn. 31 mwN, AP AGG § 3 Nr. 1 = EzA AGG § 17 Nr. 1).
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5. Es kann offenbleiben, ob die Regelungen in §§ 24, 39 VAP-Satzung trotz der zumindest rahmenmäßigen Vorgaben des Versorgungstarifvertrages bzw. trotz ihrer teilweisen Inhaltsgleichheit mit den tariflichen Vorschriften der AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterfallen, dh. ob die Kontrolle trotz § 307 Abs. 3 BGB auf Klauseln der vorliegenden Art zu erstrecken wäre; der Ausschluss von Erziehungsurlaubszeiten genügt jedenfalls den Anforderungen der Generalklausel des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, zu deren Ausfüllung im Rahmen der gebotenen umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen lediglich die bereits erörterten Grundrechte und objektiven Wertentscheidungen des Grundgesetzes herangezogen werden könnten(vgl. BAG 27. März 2007 - 3 AZR 299/06 - Rn. 67, AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 68).
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V. Zu der von der Klägerin mit Blick auf „Art. 2 der Richtlinie 76/207/EWG in der Fassung der Richtlinie 2002/73/EG“ angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof war der Senat nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV verpflichtet. Die Nichtberücksichtigung von Erziehungsurlaubszeiten ist durch objektive Gründe gerechtfertigt, die nichts mit der Diskriminierung aufgrund des (weiblichen) Geschlechts zu tun haben. Es besteht insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidungen des EuGH vom 26. Juni 2001 und 21. Oktober 1999 (- C-381/99 - [Brunnhofer] Slg. 2001, I-4961 und - C-333/97 - [Lewen] Slg. 1999, I-7243) auch kein Zweifel daran, wie die einschlägigen Bestimmungen des europäischen Rechts auszulegen sind (vgl. hierzu auch BAG 10. November 1994 - 6 AZR 486/94 - zu II 3 der Gründe, BAGE 78, 264; 24. Mai 1995 - 10 AZR 619/94 - zu II 5 der Gründe, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 175 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 124; 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 41, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31; BFH 5. Dezember 2000 - VII R 18/00 - zu II 4 der Gründe, BFHE 193, 234).
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Zwanziger
Schlewing
Kiel
Kaiser
Schepers
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.