Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil, 11. Mai 2011 - 1 K 138/09

ECLI:ECLI:DE:FGSH:2011:0511.1K138.09.0A
bei uns veröffentlicht am11.05.2011

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin (Kl) im Streitjahr 2000 erzielten Einkünfte aus der Vermietung eines Grundstücks als gewerblich zu qualifizieren sind, weil zwischen ihr und einer ihrer Mieterinnen, der ... GmbH (GmbH), eine Betriebsaufspaltung besteht.

2

Die Kl ist eine im Jahre 1995 gegründete Grundstücksverwaltungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschafter sind seit 1999 Herr A und Frau B. Der Gesellschaftszweck besteht in der gewinnbringenden Verwaltung und Vermietung des Grundstücks ..., das die Gesellschafter in die Gesellschaft zu Gesamthandseigentum eingebracht hatten. Der Gesellschaftsvertrag der Kl lautet auszugsweise wir folgt:

3

" ... 

        

§ 3 Beteiligungsverhältnisse           

        

1. Gesellschafter der Gesellschaft sind Herr A mit einer Kapitaleinlage vom DM 9.000,00 und Frau B mit einer Kapitaleinlage von DM 1.000,00.

        

2. Die Gesellschafter haben ihre Kapitaleinlagen durch Bareinlage zu erbringen.

        

3. Die Kapitaleinlagen sind fest und maßgebend für die Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen einschließlich der stillen Reserven sowie für die Ausübung der Stimmrechte. ...

        

§ 4 Geschäftsführung und Vertretung           

        

1. Zur Führung der Gesellschaft ist vorbehaltlich der Regelung in Abs. 2 der Gesellschafter A allein befugt.

        

2. Die Geschäftsführungsbefugnis für folgende Maßnahmen und Geschäfte liegt bei allen Gesellschaftern gemeinschaftlich:

        

- Abschluß und Beendigung von Mietverträgen über das Grundstück oder Teile des Grundstücks;

- Führen von Rechtsstreitigkeiten;

- Aufnahme und Vergabe von Darlehen;

- im übrigen alle Maßnahmen oder Rechtsgeschäfte (insbesondere Anschaffungen oder Reparaturen), durch die die Gesellschaft im Einzelfall mit einem Betrag von mehr als DM 50.000,00 verpflichtet wird.

        

3. Die Vertretung der Gesellschaft obliegt den geschäftsführenden Gesellschaftern. Bei Geschäften nach Abs. 1 vertritt A die Gesellschaft allein. Bei Geschäften nach Abs. 2 vertreten A und B die Gesellschaft gemeinsam. ...

        

§ 6 Gesellschafterbeschlüsse           

        

1. Die Gesellschafterbeschlüsse der Gesellschafter werden in Gesellschafterversammlungen gefaßt. ...

        

2. Gesellschafterbeschlüsse können nur einstimmig gefaßt werden. ... "

4

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag vom 14. Februar 1999 Bezug genommen.

5

Das o.g. Grundstück ist bebaut mit einem Verwaltungs- und Betriebsgebäude. Das Grundstück war im Streitjahr an drei verschiedene Mietparteien vermietet, nämlich eine Gebäudeteilfläche von 410 qm an die GmbH, eine Teilfläche von 200 qm an die ... GmbH (X GmbH), deren Geschäftsführer ebenfalls Herr A war, sowie eine Teilfläche von 90 qm an eine Firma ... (Y). Die Mietverträge waren bereits am 01. Mai 1996 mit Wirkung zum 01. August 1996 schriftlich auf die Dauer von zehn Jahren geschlossen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunden Bezug genommen.

6

Geschäftsführer der GmbH und der X GmbH war Herr A, der zugleich auch 80 % der Gesellschaftsanteile an der GmbH hielt. Die weiteren Anteile wurden zu je 10 % von zwei weiteren Gesellschaftern gehalten. An der X GmbH war Herr A zu 50 % beteiligt.

7

Im Jahre 2004 fand bei der Kl eine Betriebsprüfung statt, in deren Verlauf der Prüfer zu der Ansicht gelangte, dass zwischen der Kl und der GmbH eine Betriebsaufspaltung bestehe. Die Einkünfte der Kl aus der Vermietung des Grundstücks an die GmbH wurden aufgrund dessen als gewerblich qualifiziert. In der Folge setzte der Beklagte für das Jahr 2000 mit Bescheid vom 13. Dezember 2007, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 388,00 DM fest. Der Bescheid wurde in der Folge geändert.

8

Gegen den Bescheid erhob die Kl am 28. Dezember 2007 Einspruch. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung lägen nicht vor, weil es an einer personellen Verflechtung zwischen der Kl und der GmbH fehle.

9

Der Beklagte wies den Einspruch unter dem 09. Juni 2009 als unbegründet zurück. Neben einer sachlichen bestehe auch eine personelle Verflechtung zwischen der Kl und der GmbH. Letztere sei immer dann gegeben, wenn die hinter beiden Unternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen hätten. Daran könne es zwar insbesondere dann fehlen, wenn ein an der Besitzgesellschaft beteiligter Gesellschafter durch eine Einstimmigkeitsabrede die Möglichkeit habe, die Willensbetätigung der beherrschenden Personen zu verhindern. Das gelte aber nur dann, wenn sich die Einstimmigkeitsabrede auch auf die sog. laufenden Geschäfte des täglichen Lebens erstrecke. Sei die Führung der Geschäfte des täglichen Lebens aber einem Gesellschafter allein übertragen worden, dann beherrsche er die Besitzgesellschaft auch dann, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag eine Einstimmigkeitsabrede vorgesehen sei. Hier sei Herrn A, der über seine Anteilsmehrheit die Betriebsgesellschaft beherrsche, gem. § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages die alleinige Geschäftsführungsbefugnis betreffend die laufenden Geschäfte des täglichen Lebens der Kl übertragen worden. Aufgrund dessen beherrsche Herr A auch die Kl und damit die Besitzgesellschaft, und zwar unabhängig von der in § 6 des Gesellschaftsvertrages getroffenen Einstimmigkeitsabrede für Gesellschafterbeschlüsse (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 01.07.2003, VIII R 24/01, BFHE 202,535, BStBl II 2003, 757 und vom 30.11.2005 X R 56/04, BFHE 212, 100, BStBl II 2006, 415). Die Befugnis zur alleinigen Geschäftsführung gem. § 4 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei überdies unbefristet, sie könne Herrn A auch nicht gegen seinen Willen entzogen werden. Soweit in § 4 Abs. 2 für bestimmte Geschäfte eine gemeinschaftliche Geschäftsführung vorgesehen sei, betreffe dies gerade nicht die laufenden Geschäfte des täglichen Lebens, sondern lediglich die besonders gewichtigen sog. Grundlagengeschäfte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 09. Juni 2009 Bezug genommen.

10

Dagegen wendet sich die Kl mit ihrer Klage, die am 10. Juli 2009 bei dem Gericht eingegangen ist. Die Konsequenz der Annahme einer Betriebsaufspaltung lasse sich insbesondere auf der Grundlage des von dem Beklagten angeführten BFH-Urteils vom 01. Juli 2003 VIII R 24/01 (BFHE 202,535, BStBl II 2003, 757) nicht ziehen. Der BFH habe vielmehr klargestellt, dass auch die alleinige Geschäftsführungsbefugnis eines Gesellschafters die Beherrschung der Gesellschaft i.S.d. Rechtsprechungsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung nur dann begründen könne, wenn sie die Möglichkeit zur Verfügung über das vermietete oder verpachtete Wirtschaftsgut einschließe. Das sei hier gerade nicht der Fall. Denn gem. § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages gelte insbesondere für den Abschluss und die Beendigung von Mietverträgen die Regelung einer gemeinschaftlichen Geschäftsführung.

11

Die Kl beantragt, den geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 2000 vom 21. April 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09. Juni 2009 aufzuheben.

12

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

13

Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf seine bereits im Einspruchsverfahren vorgebrachten Argumente.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die von den Beteiligten zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen. Die Verwaltungsvorgänge waren beigezogen und Gegenstand des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Klage ist unbegründet.

16

Der angefochtene Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag ist rechtmäßig und verletzt die Kl nicht in ihren Rechten. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitjahr die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zwischen der Kl und der GmbH vorlagen. Die Qualifizierung der Einkünfte der Kl als gewerblich ist daher zutreffend.

17

Die Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen stellt keine bloße Vermögensverwaltung, sondern eine darüber hinausgehende gewerbliche Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) dar, wenn sie im Rahmen einer Betriebsaufspaltung erfolgt. Eine solche liegt vor, wenn die vermieteten oder verpachteten Vermögensgegenstände zu den wesentlichen Grundlagen der Betriebsgesellschaft gehören (sachliche Verflechtung) und eine enge personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen besteht (personelle Verflechtung), denn dann unterscheidet sich die Betätigung des Besitzunternehmens von der Tätigkeit eines gewöhnlichen Vermieters. Vorliegend war im Streitjahr (vgl. zur Maßgeblichkeit allein der Verhältnisse des Streitjahres die BFH-Urteile vom 29.10.1987 VIII R 5/87, BFHE 151, 457, BStBl II 1989, 96 und vom 21. 08.1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44) sowohl eine sachliche als auch eine personelle Verflechtung zwischen der Kl und der GmbH gegeben.

18

Das Vorliegen einer sachlichen Verflechtung ist weder streitig noch zweifelhaft. Die Kl vermietete der GmbH mit deren Produktionsstätten und Geschäftsräumen wesentliche Betriebsgrundlagen.

19

Auch die weiter erforderliche personelle Verflechtung lag im Streitjahr vor. Die Annahme einer personellen Verflechtung setzt voraus, dass eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen (Beherrschungsidentität). Dabei muss sich der Beherrschungswille insbesondere auf das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlage beziehen, dieses soll nicht gegen den Willen der Person/Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, aufgelöst werden können (vgl. BFH-Urteile vom 27.08.1992 IV R 13/91, BFHE 169, 231, BStBl II 1993, 134 und vom 21.08.1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44).

20

Für die Durchsetzung eines Beherrschungswillens ist es in der Regel erforderlich, dass eine Person oder eine durch gleichgerichtete Interessen geschlossene Personengruppe in beiden Unternehmen die Mehrheit der Anteile besitzt, auch wenn die Beteiligungsverhältnisse in beiden Unternehmen unterschiedlich sind. Welche Gesellschafter - vom hier nicht vorliegenden Ausnahmefall einer faktischen Beherrschung abgesehen - eine in der Rechtsform der GmbH geführte Betriebsgesellschaft beherrschen, richtet sich nach der Mehrheit der Anteile und damit der Stimmen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26.11.1992 IV R 15/91, BFHE 171, 490, BStBl II 1993, 876). Herr A beherrschte demnach die GmbH, weil er über 80 % der Anteile verfügte.

21

Eine Beherrschungsidentität liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Gesellschafter, der die Betriebsgesellschaft beherrscht, bei dem als GbR organisierten Besitzunternehmen ebenfalls über die Mehrheit der Stimmen verfügt, sofern bei letzterem wenigstens für die sog. "Geschäfte des täglichen Lebens" - bzw. genauer: die laufenden Geschäfte - gem. § 709 Abs. 2 BGB das Mehrheitsprinzip maßgeblich ist (vgl. das BFH-Urteil vom 21.08.1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl. II 1997, 44). Demgegenüber kommt die Annahme einer personellen Verflechtung dann nicht in Betracht, wenn - wie hier - an der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter der Besitzgesellschaft beteiligt sind und außerdem das grundsätzlich gem. § 709 Abs. 1 BGB geltende Einstimmigkeitsprinzip auch die Geschäfte des täglichen Lebens einschließt (vgl. BFH-Urteil vom 01.07.2003 VIII R 24/01, BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757).

22

Außer durch eine Stimmrechtsmehrheit kann die Beherrschung des Besitzunternehmens aber auch durch entsprechende Geschäftsführungsbefugnisse begründet werden. Der das Betriebsunternehmen beherrschende Gesellschafter beherrscht auch das Besitzunternehmen, wenn er dort über die alleinige Befugnis zur Führung der (laufenden) Geschäfte des täglichen Lebens verfügt (vgl. BFH-Urteil vom 01.07.2003 VIII R 24/01, BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757 und BFH-Beschluss vom 23.12.2003 IV B 45/02, zitiert nach juris). Auch eine reine Vermietungsgesellschaft, die wie die Kl in der Rechtsform einer GbR betrieben wird, kann laufende und außergewöhnliche Geschäfte haben; zwischen den beiden Arten von Geschäften ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der konkreten Tätigkeit des Besitzunternehmens zu differenzieren (vgl. dazu ebenfalls den BFH-Beschluss vom 23.12.2003 IV B 45/02,  zitiert nach juris).

23

Danach hat Herr A auch die Kl beherrscht. Denn gem. § 4 Ziffer 1 des Gesellschafts-vertrages der Kl oblag die Führung ihrer Geschäfte - entgegen der Grundregel des § 709 Satz 1 BGB – im Streitjahr grundsätzlich Herrn A allein. Frau B war damit gem. § 710 BGB insoweit von der Geschäftsführung ausgeschlossen, Gesellschafterbeschlüsse i.S.d. § 6 des Gesellschaftsvertrages waren insoweit nicht herbeizuführen. Zwar ist für bestimmte Geschäftsvorfälle in § 4 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages eine gemeinschaftliche Geschäftsführungsbefugnis geregelt, so dass diese Geschäfte gem. § 709 Abs. 1 BGB der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen. Dieses Einstimmigkeitserfordernis betrifft aber ausschließlich ungewöhnliche Geschäftsvorfälle und gerade nicht die Geschäfte des täglichen Lebens, also die laufende Verwaltung des Grundstücks. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesellschaftsvertrages. Ersichtlich ging es den Gesellschaftern darum, durch § 4 Ziffer 2 des Vertrages besonders bedeutsame Geschäfte größerer Tragweite - eben außergewöhnliche Geschäfte - von der alleinigen Geschäftsführungsbefugnis Herrn As auszunehmen. Demgegenüber fallen sämtliche Maßnahmen der laufenden Grundstücksverwaltung unter § 4 Ziffer 1 des Vertrages. Auch der Abschluss und die Beendigung von Mietverträgen durch eine Grundstücksgesellschaft können zu deren außergewöhnlichen Geschäften zählen (vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 05.12.2001 III 117/1999, EFG 2002, 570, und den nachfolgenden Beschluss des BFH vom 23.12.2003 IV B 45/02, zitiert nach juris). So liegt es angesichts der konkreten Tätigkeit der Kl im Streitjahr hier. Gegenstand des Unternehmens der Kl war die gewinnbringende Verwaltung und Vermietung des Grundstücks ... . Im Streitjahr bestanden Mietverträge mit drei verschiedenen Mietparteien, nämlich der GmbH, der X GmbH und der Firma Y. Die Abschlüsse der Verträge waren zum 01. August 1996 erfolgt, sie liefen auf bestimmte Zeit, nämlich bis zum 01. August 2006. Bei der Kl handelte es sich im Streitjahr folglich um eine Grundstücksgesellschaft, die lediglich über eine eng begrenzte Anzahl an Mietvertragsparteien verfügte, die zudem die jeweiligen Grundstücksteile mit langfristig laufenden Mietverträgen dauerhaft angemietet hatten. Der Abschluss bzw. die Beendigung von Mietverträgen gehörte mithin – anders als es vielleicht bei einem Besitzunternehmen der Fall wäre, das zahlreiche Wirtschaftsgüter an eine in der Zusammensetzung ständig wechselnde Vielzahl von Vertragspartnern vermietet – gerade nicht zum laufenden Tagesgeschäft der Kl.

24

Der Rechtssatz, dass zu den Geschäften des täglichen Lebens einer Grundstücks-vermietungsgesellschaft stets auch der Abschluss und die Beendigung von Mietverträgen gehöre, so dass es an einer personellen Verflechtung immer dann fehle, wenn insofern ein Einstimmigkeitserfordernis bestehe, lässt sich dem BFH-Urteil vom 01. Juli 2003 VIII R 24/01 (BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757) nicht entnehmen. Auch dort hat der BFH vielmehr maßgeblich darauf abgestellt, dass der Alleingeschäftsführer tatsächlich und rechtlich die laufende Verwaltung des dort vermieteten Grundstücks bestimmen konnte, ohne abstrakt zu definieren, welche Geschäfte zur laufenden Verwaltung gehören (vgl. BFH-Beschluss vom 23.12.2003 IV B 45/02, zitiert nach juris).

25

Hinzu kommt, dass sich das Einstimmigkeitserfordernis auf die Mietverhältnisse hier von vornherein nur für den Fall ihrer Kündigung durch die Besitzgesellschaft auswirken konnte. Im Streitjahr waren die Verträge nämlich schon längst in Vollzug gesetzt. Daher konnte insbesondere der Mietvertrag mit der Betriebsgesellschaft von der Besitzgesellschaft nicht gegen den Willen Herrn A´s gekündigt werden. Umgekehrt wäre es diesem allerdings möglich gewesen, den Vertrag von Seiten der Betriebsgesellschaft als Mieterin zu kündigen. Damit war Frau B die Möglichkeit genommen, das Mietverhältnis mit der Betriebsgesellschaft gegen den Willen Herrn A´s zu beeinflussen. Angesichts dessen erschiene es als unangemessen, für die steuerrechtliche Beurteilung darauf abzustellen, ob später irgendwann einmal ein Anwendungsfall des Einstimmigkeitserfordernisses eintreten würde (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 21.08.1996 X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44).

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

27

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO) zugelassen.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 709 Gemeinschaftliche Geschäftsführung


(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. (2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 710 Übertragung der Geschäftsführung


Ist in dem Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern übe

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(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.

(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.

Ist in dem Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern übertragen, so findet die Vorschrift des § 709 entsprechende Anwendung.

(1) Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.

(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrag die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.