Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

Streitig ist, ob Kindergeld für ein volljähriges Kind unter 21 Jahren, welches mangels Fremdbetreuungsmöglichkeit ein eigenes Kind unter drei Jahren betreut, zu gewähren ist.

Nach dem Tod der Kindsmutter bezog der ledige Kläger seit April 2013 laufend Kindergeld für seine am ...1996 geborene Tochter A. Die Tochter absolvierte ab 01.09.2013 eine dreijährige Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten. Mit Bescheid über Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) vom 06.07.2016 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2016 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf.

Durch Mitteilung des Klägers vom 01.08.2016 erlangte die Familienkasse Kenntnis davon, dass sich die Tochter bis 14.12.2015 in Elternzeit befunden hatte, ihr zum 17.12.2015 gekündigt worden war und sie ab 22.12.2015 bei der Agentur für Arbeit ausbildungsplatzsuchend gemeldet sei. Die Tochter werde vom Arbeitsamt seit der Kündigung betreut, von diesem sei sie darauf hingewiesen worden, dass ohne Kindertagesplatz eine Bewerbung für eine Ausbildung keinen Sinn mache. Es seien vier Anträge auf einen Kindertagesplatz gestellt worden. Die Tochter lebe seit Dezember 2014 nicht mehr in seinem Haushalt und unterhalte einen eigenen Hausstand.

Die Abfrage der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Daten ergab den Bezug von Landeserziehungsgeld im Zeitraum von 16.12.2015 bis 15.06.2016, Arbeitslosigkeit (02.06.2016 bis 17.06.2016), Ortsabwesenheit (03.06.2016 bis 17.06.2016) sowie eine Fortsetzung der Elternzeit von 18.06.2016 bis 13.12.2017. Im September 2016 meldete sich die Tochter erneut bei der Agentur für Arbeit im Bereich Arbeitsvermittlung als ausbildungssuchend und teilte mit, sie habe ab Oktober 2016 einen Kinderbetreuungsplatz.

Mit Bescheid über Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) vom 27.09.2016 setzte die Familienkasse Kindergeld fest. Mit weiterem Bescheid vom 27.09.2016 hob die Familienkasse die Festsetzung des Kindergeldes für den Zeitraum von Januar 2016 bis Mai 2016 gemäß § 70 Abs. 2 EStG auf mit der Begründung, die Tochter sei nur vom 02.06.2016 bis 17.06.2016 als arbeitsuchendes Kind geführt worden, eine Ausbildung von ihm nach Aktenlage im genannten Zeitraum nicht angestrebt worden. Es stellte eine Überzahlung von Kindergeld in Höhe von 950 € fest und rechnete mit dem Kindergeld für August und September 2016 in Höhe von 380 € sowie die Restforderung von 570 € ab Oktober 2016 gemäß § 75 Abs. 1 EStG in monatlichen Raten von 50% des zustehenden Kindergeldanspruches auf.

Der Kläger legte Einspruch ein und einen Vermerk der Bundesagentur für Arbeit (Typ: „Empfang/EZ-Vermerk“ und Betreff: „111e/EZ/fristlose AG-Kündigung – Verfügbarkeit aufgr. fehl. KiBetr. noch nicht gegeben“) über die Vorsprache der Tochter vom 22.12.2015 vor. Dieser lautet im Textteil:

„… KD teilt mit, dass die Elternzeit geendet hat. Leider hat sie noch keinen Kitaplatz gefunden. Deshalb kann sie nicht arbeiten. Voraussichtlich im September 2016 wird sie ihre Tochter in die Kita bringen. KD auf Krankenversicherung hingewiesen. KD will im Sept. nächsten Jahres entweder ihre Ausbildung fortsetzen oder eine neue beginnen. KD wird erneut pers. vorsprechen, wenn die Kinderbetreuung sichergestellt ist.“

Die Prozessbevollmächtigte legte Bescheinigungen über vergebliche Anmeldungen durch die Tochter des Klägers bei vier verschiedenen Kindertagesstätten vom Januar 2015, April 2015, Dezember 2015 und Februar 2016 vor. Von dem zuständigen Sachbearbeiter der Agentur für Arbeit habe die Tochter die Auskunft erhalten, aufgrund ihres kleinen Kindes sei sie nicht vermittelbar und werde deshalb nicht als arbeitsuchend aufgenommen. Wenn sie einen Betreuungsplatz habe, könne sie sich wieder melden. Der Tochter sei erst zum 01.10.2016 ein Betreuungsplatz angeboten worden, obgleich sie einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz nach Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes gehabt habe. Sie sei arbeits- und ausbildungswillig gewesen. Eine behördliche Unterstützung für eine vorrangige Berücksichtigung bei den Kindertagesstätten wäre erforderlich gewesen, um einen Betreuungsplatz zu erhalten. Die Tochter habe ihre Ausbildung erst im September 2016 fortsetzen können. Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 01.03.2017).

Für den Kläger wurde Klage erhoben und beantragt,

– den Bescheid vom 27.09.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.03.2017 aufzuheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:

Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG seien erfüllt. Seine Tochter habe sich umgehend nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsamt gemeldet. Der zuständige Sachbearbeiter bei der Agentur für Arbeit hätte die Anzeige der Arbeitslosigkeit durch die Tochter am 22.12.2015 aufnehmen müssen. Verfügbarkeit am Arbeitsmarkt sei keine Voraussetzung mehr für eine Arbeitslosmeldung, lediglich Beschäftigungslosigkeit werde vorausgesetzt (§ 122 SGB III). Auch der arbeitsunfähig Erkrankte habe sich beim Arbeitsamt als arbeitssuchend zu melden, auch wenn er derzeit nicht vermittelbar sei (BFH-Urteil vom 07.07.2016 III R 19/15). Die Meldung als arbeitssuchend wirke für drei Monate fort (BFH-Urteil vom 19.06.2008 III R 68/05, BFH/NV 2008, 1610). Das Ausbildungsverhältnis sei vom Arbeitgeber beendet worden, nicht aufgrund freien Entschlusses der Tochter zur Kinderbetreuung. Eine Unterbrechung der Ausbildung wegen Elternzeit – diese sei zum 16.12.2015 beendet gewesen – liege nicht vor, maßgeblicher Grund sei allein die Kündigung des Arbeitgebers. Der Träger der Jugendhilfe hätte unterstützend auf die Vermittlung eines Kinderkrippenplatzes hinwirken müssen (§ 10 SGB III), da mit Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes im Dezember 2015 ein Anspruch auf einen Betreuungsplatz bestanden habe (§ 24 Abs. 2 SGB VIII).

Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2c EStG seien erfüllt, da die Tochter des Klägers ihre Ausbildung als zahnmedizinische Fachassistentin habe fortsetzen wollen, ihr jedoch ein Ausbildungsplatz gefehlt habe. Die Fortsetzung sei erst zum September 2016 möglich gewesen, so dass sie auf einen Ausbildungsplatz gewartet habe (R 32.7 EStR). Auch habe erst im September 2016 das neue Schuljahr begonnen und ein Eintritt im laufenden Schuljahr sei nicht möglich gewesen (FG München vom 27.01.2016 7 K 713/15).

Eine Aufhebung habe nicht erfolgen dürfen, da gemäß § 70 Abs. 2 EStG keine Änderung der Verhältnisse, die zur Zahlung des Kindergeldes erheblich sind, eingetreten seien. Auch in den Monaten Januar 2016 bis Mai 2016 sei dieselbe Sachlage gegeben, so dass keine andere Beurteilung der Kindergeldberechtigung möglich sei. Ab Juni 2016 sei wieder Kindergeld gezahlt worden.

In der mündlichen Verhandlung verweist die Prozessbevollmächtigte außerdem auf die Rechtsprechung des BFH hinsichtlich der Anforderungen an die Meldung als arbeitsuchend (BFH-Urteil vom 18.02.2016 V R 22/15, BFH/NV 2016, 914; BFH-Urteil vom 07.07.2016 III R 19/15, BStBl. II 2017, 124).

Die Familienkasse beantragt,

– die Klage abzuweisen, und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung. Eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG sei nicht möglich, weil das Kind im Streitzeitraum nicht bei der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit bzw. des Leistungsträgers nach dem SGB II (Jobcenter) arbeitsuchend gemeldet gewesen sei. Darüber hinaus sei die Tochter bei der Vorsprache am 22.12.2015 mangels Kita-Platzes für das eigene Kind nicht vermittelbar gewesen. Wäre ihr ein Stellenangebot unterbreitet worden, hätte sie es nicht annehmen können. Die Tochter A habe somit auch nicht als Arbeitsuchende geführt werden können. Eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. c) EStG könne nicht erfolgen, wenn sich das Kind wegen eigener Kindesbetreuung nicht um einen Ausbildungsplatz bemüht habe. Im Streitfall habe der Kläger lediglich die Bemühungen um einen Betreuungsplatz durch die Tochter nachgewiesen, nicht jedoch die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz.

Gründe

Die Klage wird abgewiesen.

Die Tochter des Klägers, A, war im Zeitraum von Januar 2016 bis Mai 2016 nicht arbeitsuchend bzw. nicht als arbeitsuchend gemeldet. Ihre (bereits begonnene) Berufsausbildung konnte sie nicht mangels Ausbildungsplatzes nicht fortsetzen.

1. Die Tochter A des Klägers war im Zeitraum von Januar 2016 bis Mai 2016 nicht arbeitsuchend bzw. nicht als arbeitsuchend gemeldet und aus diesem Grund nicht gemäß §§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 32 Abs. 4 Nr. 1 EStG als Kind zu berücksichtigen.

1. a. Als Kinder werden berücksichtigt Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Nach Vollendung des 18. Lebensjahres werden Kinder gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt, wenn sie noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet sind. Arbeitsuchende sind Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer suchen (§ 15 Satz 2 SGB III). Erforderlich ist die Bekundung des Willens, in der Zukunft auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung aufzunehmen (BFH-Urteil vom 07.07.2016 III R 19/15, BStBl. II 2017, 124). Die Einschränkung oder vorübergehende Aufhebung des Leistungsvermögens steht einem Arbeitsgesuch nicht entgegen (BFH-Urteil vom 07.07.2016 III R 19/15, BStBl. II 2017, 124). Als Arbeitsuchender gemeldet ist auch, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit oder der Arbeitsgemeinschaft für die Grundsicherung Arbeitsuchender persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt (BFH-Urteil vom 18. Februar 2016 V R 22/15, BFH/NV 2016, 914). Der Nachweis, dass tatsächlich eine Arbeit gesucht wird und Verfügbarkeit besteht, ist nicht erforderlich, sondern wird vom Gesetz in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG typisierend unterstellt. Die Registrierung bei der Agentur für Arbeit hat keine Tatbestandswirkung (BFH-Urteil vom 07.07.2016 III R 19/15, BStBl. II 2017, 124; Selder, jurisPR-SteuerR 51/2016 Anm. 5). Entscheidend ist, dass sich das Kind bei der Arbeitsvermittlung als arbeitsuchend gemeldet hat. Die Arbeitssuche ist auf eine Beschäftigung als Arbeitnehmer gerichtet (Janda in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 15 SGB III, Rn. 13), Zweck der (frühzeitigen) Meldung als arbeitsuchend ist die Förderung des „Wechsels von Beschäftigung in Beschäftigung“ (BT-Drs. 16/109, S. 6 f.).

1. b. Ausbildungssuchende sind Personen, die eine Berufsausbildung suchen (§ 15 Satz 1 SGB III). Diese streben ein Berufsausbildungsverhältnis an, welches der beruflichen Bildung dient (Janda in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 15 SGB III, Rn. 18 ff.).

1. c. Im Streitfall stellt die persönliche Vorsprache der Tochter des Klägers bei der Agentur für Arbeit am 22.12.2015 keine Meldung als arbeitsuchend dar. Nicht jede Vorsprache bei der Agentur für Arbeit beinhaltet eine solche Meldung.

Zum einen betraf die Vorsprache nicht die Suche nach Arbeit, sondern die Suche nach einem Ausbildungsplatz. Die Tochter A legte dort die Kündigung des Auszubildendenvertrages vom 17.12.2015 vor und teilte mit, im September des nächsten Jahres ihre Ausbildung fortsetzen oder eine neue beginnen zu wollen; mangels Kinderbetreuungsplatz könne sie derzeit nicht arbeiten. Bei der Familienkasse teilte der Kläger mit Antwortschreiben vom 06.09.2016 mit, das Amt habe darauf hingewiesen, dass ohne Kindertagesplatz eine Bewerbung für eine Ausbildung keinen Sinn mache. Der von der Bundesagentur für Arbeit erstellte Vorsprachevermerk vom 12.09.2016 beschreibt eine Suche der Tochter A nach einem Ausbildungsplatz zur „MFA“ oder „ZMFA“. Auch aus dem Vorbringen im Klageverfahren ergibt sich keine Suche der Tochter A nach einem Arbeitsplatz gleich welcher Art bzw. Arbeitszeit oder auch geringfügiger Beschäftigung, sondern deren Wille zur Fortsetzung und Beendigung der von ihr bereits begonnenen Berufsausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten. Auch in der Klageschrift ist ausgeführt, die Tochter A wolle ihr Kind in eine Kinderkrippe geben, um ihre Ausbildung fortzusetzen (S. 2 Mitte), sie habe im Dezember 2015 ihre Elternzeit beendet und daher ihre Ausbildung wiederaufnehmen wollen (S. 4 oben und Mitte). In der mündlichen Verhandlung führt der Kläger ebenfalls aus, aufgrund des Alters und bisherigen Bildungsweges der Tochter sei Ziel der Bemühungen in erster Linie eine Berufsausbildung mit Erwerb eines Berufsabschlusses gewesen. Dagegen ist nicht ersichtlich, dass von der Tochter A eine anderweitige versicherungspflichtige Beschäftigung zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts angestrebt worden war. Nachweise darüber, dass sich die Tochter A auch in der Zeit bis zum Juni 2016 „mehrfach“ um einen Arbeitsplatz bemüht habe, hat der Kläger trotz Ankündigung in seinem Schreiben vom 14.12.2016 nicht vorgelegt.

Zum anderen ist die Vorsprache der Tochter des Klägers bei der Agentur für Arbeit vom 22.12.2015 nicht als Meldung als „arbeitsuchend“ einzustufen. Neben den Daten der Elternzeit und der Kündigung vom 17.12.2015 hatte die Tochter dort mitgeteilt, wegen fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeit nicht arbeiten zu können. Die Zusage eines Kinderbetreuungsplatzes ab einem bestimmten Termin lag ihr zum damaligen Zeitpunkt nicht vor. Entscheidet ein Kind, sich zugunsten der Betreuung des eigenen unter drei Jahre alten Kindes vorerst nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, ist es – selbst bei ungekürztem Bezug von ALG II – nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 27.12.2011 III B 187/10, BFH/NV 2012, 1104; vgl. BT-Drs. 15/1749, S. 31). Erst dann, wenn sich das Kind für die Aufnahme von Arbeit entscheidet und sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt, erfolgt eine Berücksichtigung (BFH-Urteil vom 22.09.2011 III R 78/08, BFH/NV 2012, 204).

2. Die Tochter A ist auch nicht als Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 (insb. lit. c)) EStG zu berücksichtigen.

2. a. Die Anerkennung von Kindern wegen Berufsausbildung wird von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. a) – c) EStG geregelt. Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG sind Kinder nach Vollendung des 18. Lebensjahres und vor Vollendung des 25. Lebensjahres zu berücksichtigen, die für einen Beruf ausgebildet werden (lit. a), sich in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befinden (lit. b) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen können (lit. c).

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 26.04.2013 III S 34/12 (PKH), BFH/NV 2013, 1231 m.w.N.; BFH-Urteil vom 13.06.2013 III R 58/12, BStBl. II 2014, 834) befindet sich ein volljähriges Kind, das seine Berufsausbildung zur Betreuung des eigenen Kindes im Rahmen der Elternzeit unterbricht, in dieser Zeit nicht in Berufsausbildung. Ein Kind, welches ein eigenes Kind betreut, kann auch dann nicht berücksichtigt werden, wenn es durch den Mangel an Betreuungsplätzen zur Eigenbetreuung des Kindeskindes „gezwungen“ und hierdurch eine Unterbrechung der Ausbildung bedingt ist (BFH-Beschluss vom 26.04.2013 III S 34/12 (PKH), BFH/NV 2013, 1231). Der Mangel an Krippenplätzen bzw. Fremdbetreuungsmöglichkeiten reicht nicht aus, in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. c) EStG ist der objektive Mangel an Ausbildungsplätzen gesetzlich gefordert.

2. b. Im Streitfall hatte die Tochter A in den streitgegenständlichen Monaten keine Ausbildungsstelle. Die Fortsetzung der Berufsausbildung der Tochter zur zahnmedizinischen Fachangestellten scheiterte jedoch nicht an einem fehlenden Ausbildungsverhältnis. Denn die Auffassung des Klägers, die Ausbildung könne nur zum Beginn des Berufsschuljahres bzw. jeweils im September fortgesetzt werden, ist unzutreffend. Die Ausbildung zur (zahn-) medizinischen Fachangestellten kann zu jedem Zeitpunkt eines Jahres begonnen werden. So hatte die Tochter A bereits zum 01.12.2012 eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten begonnen. Auch listet die Agentur für Arbeit mit Stand 08.06.2018 mindestens 50 freie Ausbildungsplätze zur zahnmedizinischen Fachangestellten mit Eintrittstermin „ab sofort“ auf. Darüber hinaus wird von einem Zahnarzt bei Kenntnis der Schwangerschaft einer seiner Mitarbeiterinnen aus Haftungsgründen i.d.R. sofort ein generelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen mit der Folge, dass eine Auszubildende ab diesem Zeitpunkt bis zum Beginn des Mutterschutzes lediglich zum Besuch der Berufsschule verpflichtet ist. Nicht ersichtlich ist, dass einer sofortigen Fortsetzung der Ausbildung durch die Tochter des Klägers im Dezember 2015 insoweit Hindernisse entgegengestanden haben.

Soweit für den Kläger die zunächst vergebliche Suche der Tochter A nach einem Betreuungsplatz für deren Kind – das Enkelkind des Klägers – dargelegt und nachgewiesen wurde, ist dies für die Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 lit. c) EStG nicht entscheidungserheblich. Denn dies betrifft nicht einen Mangel an Ausbildungsplätzen.

Ergänzend fließt in die Beurteilung ein, dass dem Kläger grundsätzlich während der Ausbildungszeit der Tochter A bis zu deren Vollendung des 25. Lebensjahres Kindergeld gewährt wird. Die Betreuung bzw. Erziehung eines eigenen Kindes durch das Kind verlängert nicht den Ausbildungszeitraum des Kindes bzw. erfüllt nicht die Merkmale einer Ausbildung.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 143 Abs. 1 FGO.

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(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn 1. diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Per

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(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

(1) Mit Ansprüchen auf Erstattung von Kindergeld kann die Familienkasse gegen Ansprüche auf Kindergeld bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder im Sinne der Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wird.

(2) Absatz 1 gilt für die Aufrechnung eines Anspruchs auf Erstattung von Kindergeld gegen einen späteren Kindergeldanspruch eines mit dem Erstattungspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Berechtigten entsprechend, soweit es sich um laufendes Kindergeld für ein Kind handelt, das bei beiden berücksichtigt werden kann oder konnte.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Ausbildungsgeld während

1.
einer Berufsausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme einschließlich einer Grundausbildung,
2.
einer individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches und
3.
einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches,
wenn Übergangsgeld nicht gezahlt werden kann.

(2) Für das Ausbildungsgeld gelten die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 6. November 2014 14 K 1085/13 Kg wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter des im Juli 1987 geborenen Sohnes R, für den sie fortlaufend Kindergeld bezog.

2

R wurde aufgrund eines zweiten Meldeversäumnisses zum ... September 2007 aus der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit abgemeldet. Ab dem ... November 2007 war R bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Bei einem Arbeitsunfall am ... November 2007 erlitt er eine Quetschung der linken Hand sowie eine Mehrfragmentfraktur des linken Zeigefingers. R war infolge des Unfalls bis zum ... September 2008 arbeitsunfähig und bezog Verletztengeld. Die Zeitarbeitsfirma kündigte das Arbeitsverhältnis mit R zum ... Dezember 2007. Im Oktober 2008 meldete sich R arbeitsuchend.

3

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob mit Bescheid vom 31. März 2009 die Kindergeldfestsetzung für R ab Oktober 2007 auf und forderte das für Oktober 2007 bis Juli 2008 gezahlte Kindergeld zurück, da R sich nicht mehr in Berufsausbildung befinde, die anschließende Arbeitslosigkeit nur bis September 2007 nachgewiesen habe und die erneute Arbeitslosmeldung erst im Oktober 2008 erfolgt sei. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 6. März 2013 als unbegründet zurück.

4

Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung für den Zeitraum Dezember 2007 bis Juli 2008. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf wies die Klage mit Urteil vom 6. November 2014  14 K 1085/13 Kg als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung des R im Streitzeitraum scheide aus, da er nach der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet gewesen sei. Eine entsprechende Meldung sei erst im Oktober 2008 erfolgt. Das Gesetz lasse auch nicht ausnahmsweise die Berücksichtigung beschäftigungsloser Kinder ohne entsprechende Meldung zu. Zudem sei R tatsächlich nicht daran gehindert gewesen, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden. Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht die nach der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG) vorgesehenen Nachweiserfordernisse erfüllt.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

6

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 6. November 2014 14 K 1085/13 Kg, den Bescheid vom 31. März 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 6. März 2013 aufzuheben.

7

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen; das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

9

1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des R nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 2007 und 2008 gültigen Fassung (EStG) im Streitzeitraum nicht vorliegen, da R nicht bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet war.

10

a) Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, kindergeldrechtlich berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

11

b) Zur Erfüllung des letztgenannten Tatbestandsmerkmals genügt die Meldung als Arbeitsuchender; die übrigen Merkmale der Arbeitslosigkeit i.S. des § 119 Abs. 1 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung (SGB III) wie Eigenbemühungen und Verfügbarkeit brauchen nicht nachgewiesen zu werden. Das Gesetz unterstellt typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III vorliegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Juni 2015 VI R 10/14, BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz 18, m.w.N.).

12

Als Arbeitsuchender gemeldet ist, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt (vgl. BFH-Urteile vom 26. Juli 2012 VI R 98/10, BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 13, m.w.N., und in BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz 21, m.w.N.). Der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes und der daran anknüpfenden Bescheinigung kommt keine (echte) Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch zu. Entscheidend ist, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat (BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10, m.w.N.).

13

c) Unter Heranziehung dieser Grundsätze hat das FG einen Kindergeldanspruch der Klägerin für den Streitzeitraum zu Recht verneint. R ist nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigungsfähig, da er sich --nach den Feststellungen des FG-- im Streitzeitraum nicht bei einer inländischen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet hat.

14

Der Senat ist mangels durchgreifender Verfahrensrügen an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das FG habe seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, indem es von der Vernehmung des R von Amts wegen als Zeuge zu der Frage seiner Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit abgesehen hat, ist unbegründet. Wer als fachkundig Beteiligter keinen Antrag auf Beweiserhebung stellt und die Unterlassung einer nach seiner Auffassung gebotenen Beweiserhebung von Amts wegen nicht in der mündlichen Verhandlung rügt, verzichtet auf diese Rüge (z.B. Senatsurteil vom 13. Mai 2015 III R 39/14, BFH/NV 2015, 1587, Rz 11, m.w.N.). Anders als die Revision vorträgt, ist nicht ersichtlich, dass die im finanzgerichtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Klägerin einen Beweisantrag zur Vernehmung des R als Zeuge zu der Frage seiner Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit gestellt oder auf einen solchen hingewirkt hat. Auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG vom 6. November 2014 ergibt sich kein Hinweis auf einen entsprechenden Beweisantrag, obwohl spätestens mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung erkennbar war, dass das FG nicht beabsichtigte, eine Zeugenvernehmung durchzuführen. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Juli 2013 angebotene Zeugeneinvernahme des R bezog sich dagegen auf die Frage nach dessen Arbeitsunfähigkeit und betraf damit ein anderes Beweisthema. Dem FG musste sich auch nicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung aufdrängen, da die Klägerin vor dem FG vorgetragen hat, eine Arbeitslosmeldung des R sei im Oktober 2008 erfolgt. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat die Klägerin die unterbliebene Beweisaufnahme auch nicht gerügt. Sie hat zudem nicht dargelegt, warum sie entschuldbar an einer entsprechenden Rüge gehindert war. Die Klägerin hat somit ihr dahingehendes Rügerecht verloren.

15

2. Anders als die Revision meint, ist R einem als arbeitsuchend gemeldeten Kind auch nicht deshalb gleichzustellen, weil er infolge seines Arbeitsunfalls bis zum 30. September 2008 arbeitsunfähig erkrankt war.

16

a) Gegen eine solche Gleichstellung spricht zunächst der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ("gemeldet ist"), wonach es entscheidend darauf ankommt, dass sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender meldet (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10).

17

b) Die durch den Arbeitsunfall verursachte Arbeitsunfähigkeit des R stand einer Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit nicht entgegen, weil diese keine Verfügbarkeit voraussetzt.

18

aa) Für den Begriff des "Arbeitsuchenden" ist für das Kindergeld auf die Vorschriften des Sozialrechts, hier auf § 15 Satz 2 SGB III, zurückzugreifen, da der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG gebrauchte Begriff des "Arbeitsuchenden" im Steuerrecht nicht geregelt ist (Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 24/08, BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 19).

19

bb) Gemäß § 15 Satz 2 SGB III sind Arbeitsuchende Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen.

20

Im Rahmen der Arbeitsvermittlung ist jede Person als Arbeitsuchender anzusehen, die --ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe sie bisher beschäftigt gewesen ist-- gegenüber dem Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) den Willen bekundet, in der Zukunft auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung aufzunehmen (Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 24. September 1974  7 RAr 51/72, BSGE 38, 138, unter II.). Die Art der bisherigen sowie der zukünftig angestrebten Beschäftigung sind für die Eigenschaft als Arbeitsuchender ohne Bedeutung (vgl. z.B. Becker in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 15 Rz 36, 39, und Rademacher in Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsrecht --GK-SGB III--, § 15 Rz 19, 22 f.). Es genügt die Fähigkeit, irgendeine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt ausüben zu können (vgl. BSG-Urteil vom 15. März 1967  7 RAr 19/65, BSGE 26, 155, unter II., und vom 23. März 1971  7 RAr 4/68, Sozialrecht Nr 4 zu § 39 AVAVG, unter II., m.w.N.). Der Annahme und Führung eines Arbeitsgesuches steht es nicht entgegen, wenn das Leistungsvermögen des Arbeitsuchenden eingeschränkt oder vorübergehend aufgehoben ist (BSG-Urteil in BSGE 38, 138, unter II., m.w.N.; Becker in Eicher/Schlegel, a.a.O., § 15 Rz 37, m.w.N.; Timme in Hauck/Noftz, SGB III Arbeitsförderung, K § 15 Rz 7, m.w.N., und Gutzler in Mutschler/ Schmidt-De Caluwe/Coseriu, Sozialgesetzbuch III Arbeitsförderung, Großkommentar, 5. Aufl., § 15 Rz 18, m.w.N.). Der Arbeitsuchende muss als solcher grundsätzlich vermittlungsfähig sein, nicht erforderlich ist jedoch, dass er verfügbar i.S. des § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 20, m.w.N.).

21

cc) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war R auch tatsächlich nicht daran gehindert, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden.

22

c) Eine abweichende Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass R im Streitzeitraum Verletztengeld bezog, da das Verletztengeld nicht dem Arbeitslosengeld gleichzustellen ist.

23

Nach der Rechtsprechung des BFH dient zwar neben der Bescheinigung der Meldung als Arbeitsuchender durch die Agentur für Arbeit auch der Nachweis der Arbeitslosigkeit oder des Bezugs von Arbeitslosengeld nach dem SGB III als Nachweis der Meldung als Arbeitsuchender (Senatsurteil vom 22. September 2011 III R 78/08, BFH/NV 2012, 204, Rz 17, m.w.N., und BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 11). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt jedoch u.a. voraus, dass sich der Arbeitslose bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, jetzt § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) und sich somit der Arbeitsvermittlung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung stellt. Eine solche Meldung ist für den Bezug von Verletztengeld --jedenfalls, wenn die Arbeitsunfähigkeit während der Ausübung einer Arbeitstätigkeit eintritt-- grundsächlich nicht erforderlich.

24

3. Da sich nach den bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) R im Streitzeitraum nicht bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet hat, kommt es im Streitfall entgegen der Auffassung der Revision auch nicht darauf an, ob eine etwaige Verweigerung der Registrierung eines sich als arbeitsuchend meldenden Kindes durch die Agentur für Arbeit einer Berücksichtigung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG entgegensteht. Denn Anknüpfungspunkt für eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung ist der verwirklichte und nicht ein hypothetischer, vom FG nicht festgestellter Sachverhalt.

25

4. Der Hinweis der Revision auf Abschn. A 13 Abs. 3 Satz 1 der DA-KG (Stand: 2014), wonach eine Berücksichtigung möglich ist, wenn das Kind wegen Erkrankung nicht bei einer Agentur für Arbeit im Inland arbeitsuchend gemeldet ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die DA-KG eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung ist, welche die Gerichte nicht bindet (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2013 XI R 7/12, BFHE 242, 399, BStBl II 2014, 37, Rz 20, m.w.N.).

26

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tenor

1. Der Bescheid vom 11. November 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2015 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe

I.

Streitig ist, ob die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für die Tochter der Klägerin (D), geboren am 2. November 1990, ab November 2009 zu Recht aufgehoben und den für den Zeitraum Januar 2010 bis September 2010 ausgezahlten Betrag von 1.656 € zurückgefordert hat.

Die Klägerin bezog für ihre Tochter laufend Kindergeld. D besuchte vom 16. September 2008 bis 17. September 2009 eine Berufsschule und Berufsfachschule für Kinderpflege in Starnberg. Am 8. August 2009 wurde sie Mutter eines Sohnes. Die Mutterschutzfrist begann am 27. Juni 2009 und endete am 3. Oktober 2009. D bezog ab Februar 2009 eine Waisenrente sowie nach der Geburt ihres Sohnes Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf Anfrage der Familienkasse teilte die Klägerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2010 mit, dass sich D im Zeitraum August 2009 bis August 2010 in Elternzeit befinde und ihre Ausbildung voraussichtlich im September 2011 wieder aufnehmen werde. Laut Bestätigung des staatlichen beruflichen Zentrums … habe D die 10. Jahrgangstufe im Jahr 2009 erfolgreich abgeschlossen und könne in die 11. Klasse übertreten.

Mit Bescheid vom 11. November 2014 hob die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld ab November 2009 auf und forderte das für den Zeitraum Januar 2010 bis September 2010 gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.656 € zurück. Im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass D ihre Ausbildung wegen der Geburt ihres Kindes und der infolge des gewaltsamen Todes ihres Vaters erlittenen seelischen Belastungen unterbrochen habe. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2015 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der dagegen erhobenen Klage wiederholt die Klägerin das Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und wendet sich gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung. Ihre Tochter sei aus rein objektiven Gründen an der Fortsetzung ihrer begonnenen Ausbildung gehindert gewesen. Die Ausbildung sei nicht aus eigenem Entschluss unterbrochen worden. Aufgrund der Geburt ihres Sohnes habe die Tochter der Klägerin aufgrund des bis einschließlich 3. Oktober 2009 geltenden Beschäftigungsverbotes i.S.d. § 3 Abs. 22 Mutterschutzgesetz (MuSchG) die begonnene Ausbildung im September 2009 nicht fortsetzen können, eine unterjährige Fortsetzung der Ausbildung sei nicht vorgesehen, wie sich auch aus der Bestätigung der Berufsfachschule vom 16. September 2015 ergebe. Nach den allgemeinen Bestimmungen der ausbildenden Einrichtung habe sie deswegen von der Ausbildung abgemeldet werden müssen, dies habe jedoch nicht die endgültige Aufgabe der Ausbildung bedeutet. Ein Bemühen um einen Ausbildungsplatz ab November 2009 sei nicht erforderlich gewesen, da bereits ein Ausbildungsplatz vorhanden war, der zum September 2010 wieder angetreten werden konnte. Auch für das Schuljahr 2011/2012 habe die Möglichkeit der Fortsetzung ihrer Schulausbildung an der Berufsfachschule bestanden (Schreiben der Berufsschule vom 30. März 2011).

Ihre Tochter sei außerdem im streitigen Zeitraum wegen einer erheblichen seelischen Behinderung nicht in der Lage gewesen, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und die Ausbildung fortzusetzen. Als sie von ihrer Schwangerschaft erfahren habe, sei sie erst 18 Jahre alt gewesen und von der neuen Situation völlig überfordert gewesen. Zudem sei es zu heftigen Streitereien mit dem Kindsvater gekommen. Erschwerend sei hinzugekommen, dass der Vater von D im Januar 2009 ermordet worden sei. Der zusätzlich zu verarbeitende Verlust des Vaters in der psychisch hoch vulnerablen Phase der Schwangerschaft habe ihre Tochter nicht nur aufgrund der möglichen Stigmatisierung im sozialen Umfeld, sondern auch durch das Fehlen wichtiger stabilisierender familiärer Strukturen vor weitere Anforderungen gestellt, wie sich auch aus dem Bericht ihres behandelnden Psychotherapeuten Dr. H ergebe. Über den Tod ihres Vaters sei in der Presse detailliert berichtet worden. In der Folge habe bei D eine nahezu obsessive mentale Beschäftigung mit den furchtbaren Bildern des Gewaltverbrechens begonnen, die eine massive Grübelneigung mit starken Schlafstörungen und dysphorischer Verstimmung auslöste. Zudem habe sie unter massivem kreisrunden Haarausfall an mehreren Stellen des Kopfes gelitten, was sie als junge Frau zusätzlich sehr belastet habe. Der Enkelsohn der Klägerin zeige verschiedene Entwicklungsauffälligkeiten, insbesondere seine motorischen Fähigkeiten hätten sich erst deutlich verzögert entwickelt. D sei aufgrund der seelischen Belastung im streitigen Zeitraum nicht in der Lage gewesen, einer Beschäftigung oder Ausbildung nach zu kommen. Die seelische Behinderung sei mitursächlich für die Unterbrechung ihrer Ausbildung gewesen (vgl. ärztliches Attest von Dr. H. vom 8. Oktober 2015). Der gesundheitliche Zustand habe es nicht zugelassen, die Ausbildung im September 2010 wieder aufzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 11. November 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2015 aufzuheben.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend trägt sie vor, dass in der Schulbestätigung vom 23. Januar 2015 ausgeführt worden ist, dass D ihre Schulausbildung aufgrund seelischer Probleme nicht mehr besuchen konnte und sich deshalb von der Berufsfachschule für das Schuljahr 2009/2010 abgemeldet habe. Obwohl laut Bescheinigung vom 10. März 2015 nach einem erfolgreichem Abschluss der 10. Jahrgangsstufe im Jahr 2009 ein Übertritt in die 11. Klasse erfolgen hätte können, sei die Schulausbildung bislang nicht wieder aufgenommen worden. Somit sei keine Unterbrechung der Schulausbildung erfolgt, vielmehr sei der Abbruch der Schulausbildung auf die Inanspruchnahme von Elternzeit oder die seelische Erkrankung des Kindes zurückzuführen, nicht hingegen auf das Beschäftigungsverbot während des Mutterschutzes bis 3. Oktober 2009.

Außerdem habe D in der Zeit vom 8. August 2009 bis 8. Juli 2010 Elterngeld bezogen und Elternzeit in Anspruch genommen. Eine Berücksichtigung gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG sei daher nicht möglich. Im Übrigen sei zwar das Vorliegen eines Beschäftigungsverbots nach §§ 3, 6 MuSchG für den Anspruch auf Kindergeld unschädlich, jedoch seien Unterbrechungszeiten wegen Kindesbetreuung wegen der Inanspruchnahme für Elternzeit gemäß §§ 15 bis 21 BEEG nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848).

Wegen des weiteren Sachverhalts und hinsichtlich des rechtlichen Vortrags wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die vorgelegten Unterlagen und Akten verwiesen.

II.

Die Klage ist begründet.

1. Zu Unrecht hat die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum November 2009 bis September 2010 gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf gehoben und das für den Zeitraum Januar 2010 bis August 2010 gezahlte Kindergeld nach § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zurückgefordert.

Für D, die ihr 18. Lebensjahr vollendet hat, besteht im streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Kindergeld.

Nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist ein Kind zu berücksichtigen, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH befindet sich in Berufsausbildung, zu der nach einhelliger Rechtsprechung auch die Schulausbildung rechnet, wer auf den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen gerichtete Maßnahmen ergreift, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (BFH-Urteil vom 19. Februar 2002 VIII R 83/00, BStBl II 2002, 469, m.w.N.). Wird eine solche Ausbildung unterbrochen, hat dies grundsätzlich zur Folge, dass das Kind während der Zeit der Unterbrechung nicht i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet wird. Ein volljähriges Kind, dass seine Berufsausbildung zwecks Betreuung des eigenen Kindes unterbricht, befindet sich während dieser Zeit grundsätzlich nicht in Berufsausbildung (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848). Dagegen ist eine Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung und während der Schutzfristen nach §§ 3 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG jedoch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und der von der Verwaltung vertretenen Auffassung grundsätzlich unschädlich (BFH-Urteile vom 13. Juni 2013 III R 58/12, BStBl II 2014, 834, vom 20. Juli 2006 - III R 69/04, BFH/NV 2006, 2067 und vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02 BStBl II 2003, 848, DA-FamEStG A 14.11). In solchen Fällen hat ein Kind den Willen, sich der Ausbildung zu unterziehen, ist aber aus objektiven Gründen wegen Erkrankung oder wegen des Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG daran gehindert, weil ihm die Durchführung der Ausbildungsmaßnahmen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Bei dieser Sachlage ist es geboten, ein solches Kind, das einen Ausbildungsplatz hat und ausbildungswillig ist, aus objektiven Gründen aber zeitweise nicht in der Lage ist, sich der Ausbildung zu unterziehen, nicht anders zu behandeln, als ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und das deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigt wird.

Unter Zugrundelegung der genannten Grundsätze ist davon auszugehen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kindergeld im Zeitraum November 2009 bis August 2010 vorliegen. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen steht fest, dass D wegen des bis zum 3. Oktober 2009 bestehenden Mutterschutzes ihre Ausbildung an der Berufsschule und Berufsfachschule für Kinderpflege zu Beginn des Schuljahres 2009/2010 nicht fortsetzen konnte. Ein Eintritt in das laufende Schuljahr war nicht möglich, wie sich aus der Bescheinigung der Berufsfachschule vom 16. September 2015 ergibt. Vielmehr musste der Beginn des neuen Schuljahres 2010/2011 im September 2010 abgewartet werden. D war daher aus objektiven Gründen daran gehindert, ihre Ausbildung im Zeitraum Januar 2010 bis August 2010, für den das Kindergeld zurückgefordert worden ist, fortzusetzen, obwohl sie ausbildungswillig war. Sie ist daher ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG zu berücksichtigen ist.

Für den streitigen Zeitraum September 2010 war D ebenfalls aus objektiven Gründen gehindert, ihre Ausbildung fortzusetzen. Der Umstand, dass ihr auch für das Schuljahr 2011/2012 wiederum ein Schulplatz zugesagt worden ist (Schreiben der Berufsfachschule vom 30. März 2011), zeigt, dass D nach wie vor ausbildungswillig gewesen ist, da eine (Wieder-)Anmeldung für die 11. Klasse sonst nicht stattgefunden hätte. Sie konnte ihren Schulbesuch an der Berufsfachschule jedoch aufgrund ihrer seelischen Behinderung, die ihr im ärztlichen Attest von Dr. H vom 8. Oktober 2015 bescheinigt worden ist, nicht wieder aufnehmen. Wegen ihrer Erkrankung war sie aus objektiven Gründen an der Fortsetzung ihrer Ausbildung gehindert, weil ihr die Durchführung der Ausbildungsmaßnahmen nicht zumutbar gewesen ist. Ihre Erkrankung steht einer Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG daher nicht entgegen (vgl. BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848 und vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614).

2. Es erscheint als sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a Finanzgerichtsordnung - FGO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und des Vollstreckungsschutzes folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

(1)1Das Kindergeld nach § 62 wird von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt.2Die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld erfolgt rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist.3Der Anspruch auf Kindergeld nach § 62 bleibt von dieser Auszahlungsbeschränkung unberührt.

(2)1Soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern.2Ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung nur wegen einer Anhebung der in § 66 Absatz 1 genannten Kindergeldbeträge erforderlich, kann von der Erteilung eines schriftlichen Änderungsbescheides abgesehen werden.

(3)1Materielle Fehler der letzten Festsetzung können durch Aufhebung oder Änderung der Festsetzung mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung folgenden Monat beseitigt werden.2Bei der Aufhebung oder Änderung der Festsetzung nach Satz 1 ist § 176 der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden; dies gilt nicht für Monate, die nach der Verkündung der maßgeblichen Entscheidung eines obersten Bundesgerichts beginnen.

(4) (weggefallen)

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. August 2014  10 K 10159/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Mutter der im April 1990 geborenen Tochter B. B befand sich seit Sommer 2006 in einer Berufsausbildung, die sie im Januar 2010 erfolgreich abschloss. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits eine Zusage für eine Arbeitsstelle ab 1. April 2010. Nach den von den Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) meldete sich B spätestens Anfang Februar 2010 und nochmals am 15. März 2010 zum Zweck des Erhalts des Kindergeldanspruchs für die Zeit bis 1. April 2010 bei der zuständigen Arbeitsagentur arbeitslos. Auf dem Vordruck der Arbeitsagentur hatte B in der Rubrik
"Ich suche einen ...    Arbeitsplatz    ...     Ausbildungsplatz  ... nur Beratung, keine Stellensuche"
keine der aufgeführten Möglichkeiten angekreuzt. Angegeben ist jedoch, dass Arbeitslosigkeit vom 1. Februar bis 31. März 2010 besteht. Die Arbeitsagentur verweigerte die Registrierung als arbeitsuchend, weil sich B der Arbeitsvermittlung wegen ihres am 1. April 2010 beginnenden Beschäftigungsverhältnisses nicht zur Verfügung stellte.

2

Die Beklagte und Revisionsklägerin (die Familienkasse) hob mit Bescheid vom 14. Dezember 2009 die Festsetzung von Kindergeld mit Ablauf des Monats Januar 2010 wegen der künftigen Beendigung der Schulausbildung von B auf und lehnte mit Bescheid vom 15. April 2010 die erneute Festsetzung von Kindergeld für B mit der Begründung ab, B werde bei der zuständigen Arbeitsvermittlung nicht als arbeitsuchendes Kind geführt.

3

Die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, dass die Familienkasse sie darauf hingewiesen habe, dass sie wegen der bereits bestehenden Zusage zum 1. April 2010 ohnehin keine sinnvollen Bewerbungstermine wahrnehmen könne, hatte nach erfolglosem Einspruchsverfahren Erfolg. Zur Begründung seines Urteils führte das FG aus, als arbeitsuchend bei einer Agentur für Arbeit sei gemeldet, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeige. Dabei genüge, dass die Tatsache der Arbeitslosigkeit nicht ausdrücklich, aber sinngemäß zum Ausdruck gebracht werde. Nicht erheblich sei, ob die Agentur für Arbeit die Arbeitslosmeldung zutreffend erfasst und umgesetzt habe.

4

Hiergegen richtet sich die Revision der Familienkasse, mit der sie Verletzung materiellen Rechts (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) geltend macht. Mit der ab 1. Januar 2003 geltenden Neuregelung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG habe der Gesetzgeber nicht auf das Merkmal der Beschäftigungssuche, sondern nur auf die Prüfung der Eigenbemühungen und der Verfügbarkeit verzichten wollen. Die bloße Anzeige der Beschäftigungslosigkeit reiche zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht aus, wenn in der Anzeige nicht auch zum Ausdruck komme, dass die Bemühungen um eine Arbeitsvermittlung gewollt seien.

5

Die Familienkasse beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Als arbeitsuchend i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG sei gemeldet, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeige. Diese Voraussetzung sei erfüllt. Weitergehende Anforderungen stelle § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1. Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der im Streitjahr (2010) geltenden Fassung, wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

10

a) Seit der Neufassung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG durch Art. 8 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, 4621, BStBl I 2003, 3) genügt die Meldung als Arbeitsuchender bei einer Agentur für Arbeit.

11

b) Gemäß § 32 Abs. 4 EStG in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung wurde ein Kind, das das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es arbeitslos i.S. des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) war. Gemäß § 119 SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung vom 23. Dezember 2003 war ein Arbeitnehmer arbeitslos, der

  •

nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),

  •

sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und

  •

den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Diese Voraussetzungen waren vom Kindergeldberechtigten nachzuweisen.

12

c) Nach der ab 1. Januar 2003 geltenden Neuregelung müssen die sozialrechtlichen Merkmale der Arbeitslosigkeit i.S. des § 119 Abs. 1 SGB III, wie Eigenbemühungen und Verfügbarkeit, nicht mehr nachgewiesen werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Juli 2012 VI R 98/10, BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10; vom 19. Juni 2008 III R 68/05, BFHE 222, 349, BStBl II 2009, 1008). Vielmehr unterstellt das Gesetz typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III vorliegen. Dabei kommt der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes bzw. der daran anknüpfenden Bescheinigung keine echte Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch zu. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als arbeitsuchend gemeldet hat (BFH-Urteile in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10; vom 25. September 2008 III R 91/07, BFHE 223, 354, BStBl II 2010, 47, Rz 16).

13

d) Das ist vorliegend der Fall. Als Arbeitsuchender gemeldet ist, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit oder der Arbeitsgemeinschaft für die Grundsicherung Arbeitsuchender persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt (BFH-Urteile vom 18. Juni 2015 VI R 10/14, BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, und in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443). Die im Streitjahr geltende typisierende Unterstellung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III durch das Gesetz umfasst auch das Zurverfügungstehen für Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur. Der Nachweis, dass tatsächlich eine Arbeit gesucht wird, ist danach nicht erforderlich. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat B ihre Arbeitslosigkeit vom 1. Februar bis 31. März 2010 der Agentur für Arbeit mitgeteilt. Das genügt für eine Meldung als arbeitsuchend i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG.

14

2. Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.

15

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 6. November 2014 14 K 1085/13 Kg wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter des im Juli 1987 geborenen Sohnes R, für den sie fortlaufend Kindergeld bezog.

2

R wurde aufgrund eines zweiten Meldeversäumnisses zum ... September 2007 aus der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit abgemeldet. Ab dem ... November 2007 war R bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Bei einem Arbeitsunfall am ... November 2007 erlitt er eine Quetschung der linken Hand sowie eine Mehrfragmentfraktur des linken Zeigefingers. R war infolge des Unfalls bis zum ... September 2008 arbeitsunfähig und bezog Verletztengeld. Die Zeitarbeitsfirma kündigte das Arbeitsverhältnis mit R zum ... Dezember 2007. Im Oktober 2008 meldete sich R arbeitsuchend.

3

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob mit Bescheid vom 31. März 2009 die Kindergeldfestsetzung für R ab Oktober 2007 auf und forderte das für Oktober 2007 bis Juli 2008 gezahlte Kindergeld zurück, da R sich nicht mehr in Berufsausbildung befinde, die anschließende Arbeitslosigkeit nur bis September 2007 nachgewiesen habe und die erneute Arbeitslosmeldung erst im Oktober 2008 erfolgt sei. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 6. März 2013 als unbegründet zurück.

4

Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung für den Zeitraum Dezember 2007 bis Juli 2008. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf wies die Klage mit Urteil vom 6. November 2014  14 K 1085/13 Kg als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung des R im Streitzeitraum scheide aus, da er nach der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet gewesen sei. Eine entsprechende Meldung sei erst im Oktober 2008 erfolgt. Das Gesetz lasse auch nicht ausnahmsweise die Berücksichtigung beschäftigungsloser Kinder ohne entsprechende Meldung zu. Zudem sei R tatsächlich nicht daran gehindert gewesen, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden. Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht die nach der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG) vorgesehenen Nachweiserfordernisse erfüllt.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

6

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 6. November 2014 14 K 1085/13 Kg, den Bescheid vom 31. März 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 6. März 2013 aufzuheben.

7

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen; das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

9

1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des R nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 2007 und 2008 gültigen Fassung (EStG) im Streitzeitraum nicht vorliegen, da R nicht bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet war.

10

a) Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, kindergeldrechtlich berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

11

b) Zur Erfüllung des letztgenannten Tatbestandsmerkmals genügt die Meldung als Arbeitsuchender; die übrigen Merkmale der Arbeitslosigkeit i.S. des § 119 Abs. 1 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung (SGB III) wie Eigenbemühungen und Verfügbarkeit brauchen nicht nachgewiesen zu werden. Das Gesetz unterstellt typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III vorliegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Juni 2015 VI R 10/14, BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz 18, m.w.N.).

12

Als Arbeitsuchender gemeldet ist, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt (vgl. BFH-Urteile vom 26. Juli 2012 VI R 98/10, BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 13, m.w.N., und in BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz 21, m.w.N.). Der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes und der daran anknüpfenden Bescheinigung kommt keine (echte) Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch zu. Entscheidend ist, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat (BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10, m.w.N.).

13

c) Unter Heranziehung dieser Grundsätze hat das FG einen Kindergeldanspruch der Klägerin für den Streitzeitraum zu Recht verneint. R ist nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigungsfähig, da er sich --nach den Feststellungen des FG-- im Streitzeitraum nicht bei einer inländischen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet hat.

14

Der Senat ist mangels durchgreifender Verfahrensrügen an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das FG habe seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, indem es von der Vernehmung des R von Amts wegen als Zeuge zu der Frage seiner Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit abgesehen hat, ist unbegründet. Wer als fachkundig Beteiligter keinen Antrag auf Beweiserhebung stellt und die Unterlassung einer nach seiner Auffassung gebotenen Beweiserhebung von Amts wegen nicht in der mündlichen Verhandlung rügt, verzichtet auf diese Rüge (z.B. Senatsurteil vom 13. Mai 2015 III R 39/14, BFH/NV 2015, 1587, Rz 11, m.w.N.). Anders als die Revision vorträgt, ist nicht ersichtlich, dass die im finanzgerichtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Klägerin einen Beweisantrag zur Vernehmung des R als Zeuge zu der Frage seiner Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit gestellt oder auf einen solchen hingewirkt hat. Auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG vom 6. November 2014 ergibt sich kein Hinweis auf einen entsprechenden Beweisantrag, obwohl spätestens mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung erkennbar war, dass das FG nicht beabsichtigte, eine Zeugenvernehmung durchzuführen. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Juli 2013 angebotene Zeugeneinvernahme des R bezog sich dagegen auf die Frage nach dessen Arbeitsunfähigkeit und betraf damit ein anderes Beweisthema. Dem FG musste sich auch nicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung aufdrängen, da die Klägerin vor dem FG vorgetragen hat, eine Arbeitslosmeldung des R sei im Oktober 2008 erfolgt. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat die Klägerin die unterbliebene Beweisaufnahme auch nicht gerügt. Sie hat zudem nicht dargelegt, warum sie entschuldbar an einer entsprechenden Rüge gehindert war. Die Klägerin hat somit ihr dahingehendes Rügerecht verloren.

15

2. Anders als die Revision meint, ist R einem als arbeitsuchend gemeldeten Kind auch nicht deshalb gleichzustellen, weil er infolge seines Arbeitsunfalls bis zum 30. September 2008 arbeitsunfähig erkrankt war.

16

a) Gegen eine solche Gleichstellung spricht zunächst der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ("gemeldet ist"), wonach es entscheidend darauf ankommt, dass sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender meldet (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10).

17

b) Die durch den Arbeitsunfall verursachte Arbeitsunfähigkeit des R stand einer Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit nicht entgegen, weil diese keine Verfügbarkeit voraussetzt.

18

aa) Für den Begriff des "Arbeitsuchenden" ist für das Kindergeld auf die Vorschriften des Sozialrechts, hier auf § 15 Satz 2 SGB III, zurückzugreifen, da der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG gebrauchte Begriff des "Arbeitsuchenden" im Steuerrecht nicht geregelt ist (Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 24/08, BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 19).

19

bb) Gemäß § 15 Satz 2 SGB III sind Arbeitsuchende Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen.

20

Im Rahmen der Arbeitsvermittlung ist jede Person als Arbeitsuchender anzusehen, die --ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe sie bisher beschäftigt gewesen ist-- gegenüber dem Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) den Willen bekundet, in der Zukunft auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung aufzunehmen (Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 24. September 1974  7 RAr 51/72, BSGE 38, 138, unter II.). Die Art der bisherigen sowie der zukünftig angestrebten Beschäftigung sind für die Eigenschaft als Arbeitsuchender ohne Bedeutung (vgl. z.B. Becker in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 15 Rz 36, 39, und Rademacher in Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsrecht --GK-SGB III--, § 15 Rz 19, 22 f.). Es genügt die Fähigkeit, irgendeine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt ausüben zu können (vgl. BSG-Urteil vom 15. März 1967  7 RAr 19/65, BSGE 26, 155, unter II., und vom 23. März 1971  7 RAr 4/68, Sozialrecht Nr 4 zu § 39 AVAVG, unter II., m.w.N.). Der Annahme und Führung eines Arbeitsgesuches steht es nicht entgegen, wenn das Leistungsvermögen des Arbeitsuchenden eingeschränkt oder vorübergehend aufgehoben ist (BSG-Urteil in BSGE 38, 138, unter II., m.w.N.; Becker in Eicher/Schlegel, a.a.O., § 15 Rz 37, m.w.N.; Timme in Hauck/Noftz, SGB III Arbeitsförderung, K § 15 Rz 7, m.w.N., und Gutzler in Mutschler/ Schmidt-De Caluwe/Coseriu, Sozialgesetzbuch III Arbeitsförderung, Großkommentar, 5. Aufl., § 15 Rz 18, m.w.N.). Der Arbeitsuchende muss als solcher grundsätzlich vermittlungsfähig sein, nicht erforderlich ist jedoch, dass er verfügbar i.S. des § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 20, m.w.N.).

21

cc) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war R auch tatsächlich nicht daran gehindert, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden.

22

c) Eine abweichende Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass R im Streitzeitraum Verletztengeld bezog, da das Verletztengeld nicht dem Arbeitslosengeld gleichzustellen ist.

23

Nach der Rechtsprechung des BFH dient zwar neben der Bescheinigung der Meldung als Arbeitsuchender durch die Agentur für Arbeit auch der Nachweis der Arbeitslosigkeit oder des Bezugs von Arbeitslosengeld nach dem SGB III als Nachweis der Meldung als Arbeitsuchender (Senatsurteil vom 22. September 2011 III R 78/08, BFH/NV 2012, 204, Rz 17, m.w.N., und BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 11). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt jedoch u.a. voraus, dass sich der Arbeitslose bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, jetzt § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) und sich somit der Arbeitsvermittlung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung stellt. Eine solche Meldung ist für den Bezug von Verletztengeld --jedenfalls, wenn die Arbeitsunfähigkeit während der Ausübung einer Arbeitstätigkeit eintritt-- grundsächlich nicht erforderlich.

24

3. Da sich nach den bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) R im Streitzeitraum nicht bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet hat, kommt es im Streitfall entgegen der Auffassung der Revision auch nicht darauf an, ob eine etwaige Verweigerung der Registrierung eines sich als arbeitsuchend meldenden Kindes durch die Agentur für Arbeit einer Berücksichtigung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG entgegensteht. Denn Anknüpfungspunkt für eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung ist der verwirklichte und nicht ein hypothetischer, vom FG nicht festgestellter Sachverhalt.

25

4. Der Hinweis der Revision auf Abschn. A 13 Abs. 3 Satz 1 der DA-KG (Stand: 2014), wonach eine Berücksichtigung möglich ist, wenn das Kind wegen Erkrankung nicht bei einer Agentur für Arbeit im Inland arbeitsuchend gemeldet ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die DA-KG eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung ist, welche die Gerichte nicht bindet (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2013 XI R 7/12, BFHE 242, 399, BStBl II 2014, 37, Rz 20, m.w.N.).

26

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1)1Als Kinder werden berücksichtigt

1.
Kinder im Sinne des § 32 Absatz 1,
2.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Kinder seines Ehegatten,
3.
vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.
2§ 32 Absatz 3 bis 5 gilt entsprechend.3Voraussetzung für die Berücksichtigung ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).4Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.5Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen.6Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, haben, werden nicht berücksichtigt, es sei denn, sie leben im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a.7Kinder im Sinne von § 2 Absatz 4 Satz 2 des Bundeskindergeldgesetzes werden nicht berücksichtigt.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der im Inland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 1 Satz 3 erster Halbsatz bezeichneten Kinder Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnsitzstaat und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Ausbildungsuchende sind Personen, die eine Berufsausbildung suchen. Arbeitsuchende sind Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer suchen. Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ausüben.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 6. November 2014 14 K 1085/13 Kg wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter des im Juli 1987 geborenen Sohnes R, für den sie fortlaufend Kindergeld bezog.

2

R wurde aufgrund eines zweiten Meldeversäumnisses zum ... September 2007 aus der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit abgemeldet. Ab dem ... November 2007 war R bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Bei einem Arbeitsunfall am ... November 2007 erlitt er eine Quetschung der linken Hand sowie eine Mehrfragmentfraktur des linken Zeigefingers. R war infolge des Unfalls bis zum ... September 2008 arbeitsunfähig und bezog Verletztengeld. Die Zeitarbeitsfirma kündigte das Arbeitsverhältnis mit R zum ... Dezember 2007. Im Oktober 2008 meldete sich R arbeitsuchend.

3

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob mit Bescheid vom 31. März 2009 die Kindergeldfestsetzung für R ab Oktober 2007 auf und forderte das für Oktober 2007 bis Juli 2008 gezahlte Kindergeld zurück, da R sich nicht mehr in Berufsausbildung befinde, die anschließende Arbeitslosigkeit nur bis September 2007 nachgewiesen habe und die erneute Arbeitslosmeldung erst im Oktober 2008 erfolgt sei. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 6. März 2013 als unbegründet zurück.

4

Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung für den Zeitraum Dezember 2007 bis Juli 2008. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf wies die Klage mit Urteil vom 6. November 2014  14 K 1085/13 Kg als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung des R im Streitzeitraum scheide aus, da er nach der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet gewesen sei. Eine entsprechende Meldung sei erst im Oktober 2008 erfolgt. Das Gesetz lasse auch nicht ausnahmsweise die Berücksichtigung beschäftigungsloser Kinder ohne entsprechende Meldung zu. Zudem sei R tatsächlich nicht daran gehindert gewesen, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden. Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht die nach der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG) vorgesehenen Nachweiserfordernisse erfüllt.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

6

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 6. November 2014 14 K 1085/13 Kg, den Bescheid vom 31. März 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 6. März 2013 aufzuheben.

7

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen; das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

9

1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des R nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 2007 und 2008 gültigen Fassung (EStG) im Streitzeitraum nicht vorliegen, da R nicht bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet war.

10

a) Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, kindergeldrechtlich berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

11

b) Zur Erfüllung des letztgenannten Tatbestandsmerkmals genügt die Meldung als Arbeitsuchender; die übrigen Merkmale der Arbeitslosigkeit i.S. des § 119 Abs. 1 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung (SGB III) wie Eigenbemühungen und Verfügbarkeit brauchen nicht nachgewiesen zu werden. Das Gesetz unterstellt typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III vorliegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Juni 2015 VI R 10/14, BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz 18, m.w.N.).

12

Als Arbeitsuchender gemeldet ist, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt (vgl. BFH-Urteile vom 26. Juli 2012 VI R 98/10, BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 13, m.w.N., und in BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz 21, m.w.N.). Der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes und der daran anknüpfenden Bescheinigung kommt keine (echte) Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch zu. Entscheidend ist, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat (BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10, m.w.N.).

13

c) Unter Heranziehung dieser Grundsätze hat das FG einen Kindergeldanspruch der Klägerin für den Streitzeitraum zu Recht verneint. R ist nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigungsfähig, da er sich --nach den Feststellungen des FG-- im Streitzeitraum nicht bei einer inländischen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet hat.

14

Der Senat ist mangels durchgreifender Verfahrensrügen an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das FG habe seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, indem es von der Vernehmung des R von Amts wegen als Zeuge zu der Frage seiner Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit abgesehen hat, ist unbegründet. Wer als fachkundig Beteiligter keinen Antrag auf Beweiserhebung stellt und die Unterlassung einer nach seiner Auffassung gebotenen Beweiserhebung von Amts wegen nicht in der mündlichen Verhandlung rügt, verzichtet auf diese Rüge (z.B. Senatsurteil vom 13. Mai 2015 III R 39/14, BFH/NV 2015, 1587, Rz 11, m.w.N.). Anders als die Revision vorträgt, ist nicht ersichtlich, dass die im finanzgerichtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Klägerin einen Beweisantrag zur Vernehmung des R als Zeuge zu der Frage seiner Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit gestellt oder auf einen solchen hingewirkt hat. Auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG vom 6. November 2014 ergibt sich kein Hinweis auf einen entsprechenden Beweisantrag, obwohl spätestens mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung erkennbar war, dass das FG nicht beabsichtigte, eine Zeugenvernehmung durchzuführen. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Juli 2013 angebotene Zeugeneinvernahme des R bezog sich dagegen auf die Frage nach dessen Arbeitsunfähigkeit und betraf damit ein anderes Beweisthema. Dem FG musste sich auch nicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung aufdrängen, da die Klägerin vor dem FG vorgetragen hat, eine Arbeitslosmeldung des R sei im Oktober 2008 erfolgt. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat die Klägerin die unterbliebene Beweisaufnahme auch nicht gerügt. Sie hat zudem nicht dargelegt, warum sie entschuldbar an einer entsprechenden Rüge gehindert war. Die Klägerin hat somit ihr dahingehendes Rügerecht verloren.

15

2. Anders als die Revision meint, ist R einem als arbeitsuchend gemeldeten Kind auch nicht deshalb gleichzustellen, weil er infolge seines Arbeitsunfalls bis zum 30. September 2008 arbeitsunfähig erkrankt war.

16

a) Gegen eine solche Gleichstellung spricht zunächst der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ("gemeldet ist"), wonach es entscheidend darauf ankommt, dass sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender meldet (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10).

17

b) Die durch den Arbeitsunfall verursachte Arbeitsunfähigkeit des R stand einer Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit nicht entgegen, weil diese keine Verfügbarkeit voraussetzt.

18

aa) Für den Begriff des "Arbeitsuchenden" ist für das Kindergeld auf die Vorschriften des Sozialrechts, hier auf § 15 Satz 2 SGB III, zurückzugreifen, da der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG gebrauchte Begriff des "Arbeitsuchenden" im Steuerrecht nicht geregelt ist (Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 24/08, BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 19).

19

bb) Gemäß § 15 Satz 2 SGB III sind Arbeitsuchende Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen.

20

Im Rahmen der Arbeitsvermittlung ist jede Person als Arbeitsuchender anzusehen, die --ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe sie bisher beschäftigt gewesen ist-- gegenüber dem Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) den Willen bekundet, in der Zukunft auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung aufzunehmen (Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 24. September 1974  7 RAr 51/72, BSGE 38, 138, unter II.). Die Art der bisherigen sowie der zukünftig angestrebten Beschäftigung sind für die Eigenschaft als Arbeitsuchender ohne Bedeutung (vgl. z.B. Becker in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 15 Rz 36, 39, und Rademacher in Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsrecht --GK-SGB III--, § 15 Rz 19, 22 f.). Es genügt die Fähigkeit, irgendeine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt ausüben zu können (vgl. BSG-Urteil vom 15. März 1967  7 RAr 19/65, BSGE 26, 155, unter II., und vom 23. März 1971  7 RAr 4/68, Sozialrecht Nr 4 zu § 39 AVAVG, unter II., m.w.N.). Der Annahme und Führung eines Arbeitsgesuches steht es nicht entgegen, wenn das Leistungsvermögen des Arbeitsuchenden eingeschränkt oder vorübergehend aufgehoben ist (BSG-Urteil in BSGE 38, 138, unter II., m.w.N.; Becker in Eicher/Schlegel, a.a.O., § 15 Rz 37, m.w.N.; Timme in Hauck/Noftz, SGB III Arbeitsförderung, K § 15 Rz 7, m.w.N., und Gutzler in Mutschler/ Schmidt-De Caluwe/Coseriu, Sozialgesetzbuch III Arbeitsförderung, Großkommentar, 5. Aufl., § 15 Rz 18, m.w.N.). Der Arbeitsuchende muss als solcher grundsätzlich vermittlungsfähig sein, nicht erforderlich ist jedoch, dass er verfügbar i.S. des § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 20, m.w.N.).

21

cc) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war R auch tatsächlich nicht daran gehindert, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden.

22

c) Eine abweichende Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass R im Streitzeitraum Verletztengeld bezog, da das Verletztengeld nicht dem Arbeitslosengeld gleichzustellen ist.

23

Nach der Rechtsprechung des BFH dient zwar neben der Bescheinigung der Meldung als Arbeitsuchender durch die Agentur für Arbeit auch der Nachweis der Arbeitslosigkeit oder des Bezugs von Arbeitslosengeld nach dem SGB III als Nachweis der Meldung als Arbeitsuchender (Senatsurteil vom 22. September 2011 III R 78/08, BFH/NV 2012, 204, Rz 17, m.w.N., und BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 11). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt jedoch u.a. voraus, dass sich der Arbeitslose bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, jetzt § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) und sich somit der Arbeitsvermittlung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung stellt. Eine solche Meldung ist für den Bezug von Verletztengeld --jedenfalls, wenn die Arbeitsunfähigkeit während der Ausübung einer Arbeitstätigkeit eintritt-- grundsächlich nicht erforderlich.

24

3. Da sich nach den bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) R im Streitzeitraum nicht bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet hat, kommt es im Streitfall entgegen der Auffassung der Revision auch nicht darauf an, ob eine etwaige Verweigerung der Registrierung eines sich als arbeitsuchend meldenden Kindes durch die Agentur für Arbeit einer Berücksichtigung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG entgegensteht. Denn Anknüpfungspunkt für eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung ist der verwirklichte und nicht ein hypothetischer, vom FG nicht festgestellter Sachverhalt.

25

4. Der Hinweis der Revision auf Abschn. A 13 Abs. 3 Satz 1 der DA-KG (Stand: 2014), wonach eine Berücksichtigung möglich ist, wenn das Kind wegen Erkrankung nicht bei einer Agentur für Arbeit im Inland arbeitsuchend gemeldet ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die DA-KG eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung ist, welche die Gerichte nicht bindet (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2013 XI R 7/12, BFHE 242, 399, BStBl II 2014, 37, Rz 20, m.w.N.).

26

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. August 2014  10 K 10159/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Mutter der im April 1990 geborenen Tochter B. B befand sich seit Sommer 2006 in einer Berufsausbildung, die sie im Januar 2010 erfolgreich abschloss. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits eine Zusage für eine Arbeitsstelle ab 1. April 2010. Nach den von den Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) meldete sich B spätestens Anfang Februar 2010 und nochmals am 15. März 2010 zum Zweck des Erhalts des Kindergeldanspruchs für die Zeit bis 1. April 2010 bei der zuständigen Arbeitsagentur arbeitslos. Auf dem Vordruck der Arbeitsagentur hatte B in der Rubrik
"Ich suche einen ...    Arbeitsplatz    ...     Ausbildungsplatz  ... nur Beratung, keine Stellensuche"
keine der aufgeführten Möglichkeiten angekreuzt. Angegeben ist jedoch, dass Arbeitslosigkeit vom 1. Februar bis 31. März 2010 besteht. Die Arbeitsagentur verweigerte die Registrierung als arbeitsuchend, weil sich B der Arbeitsvermittlung wegen ihres am 1. April 2010 beginnenden Beschäftigungsverhältnisses nicht zur Verfügung stellte.

2

Die Beklagte und Revisionsklägerin (die Familienkasse) hob mit Bescheid vom 14. Dezember 2009 die Festsetzung von Kindergeld mit Ablauf des Monats Januar 2010 wegen der künftigen Beendigung der Schulausbildung von B auf und lehnte mit Bescheid vom 15. April 2010 die erneute Festsetzung von Kindergeld für B mit der Begründung ab, B werde bei der zuständigen Arbeitsvermittlung nicht als arbeitsuchendes Kind geführt.

3

Die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, dass die Familienkasse sie darauf hingewiesen habe, dass sie wegen der bereits bestehenden Zusage zum 1. April 2010 ohnehin keine sinnvollen Bewerbungstermine wahrnehmen könne, hatte nach erfolglosem Einspruchsverfahren Erfolg. Zur Begründung seines Urteils führte das FG aus, als arbeitsuchend bei einer Agentur für Arbeit sei gemeldet, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeige. Dabei genüge, dass die Tatsache der Arbeitslosigkeit nicht ausdrücklich, aber sinngemäß zum Ausdruck gebracht werde. Nicht erheblich sei, ob die Agentur für Arbeit die Arbeitslosmeldung zutreffend erfasst und umgesetzt habe.

4

Hiergegen richtet sich die Revision der Familienkasse, mit der sie Verletzung materiellen Rechts (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) geltend macht. Mit der ab 1. Januar 2003 geltenden Neuregelung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG habe der Gesetzgeber nicht auf das Merkmal der Beschäftigungssuche, sondern nur auf die Prüfung der Eigenbemühungen und der Verfügbarkeit verzichten wollen. Die bloße Anzeige der Beschäftigungslosigkeit reiche zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht aus, wenn in der Anzeige nicht auch zum Ausdruck komme, dass die Bemühungen um eine Arbeitsvermittlung gewollt seien.

5

Die Familienkasse beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Als arbeitsuchend i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG sei gemeldet, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeige. Diese Voraussetzung sei erfüllt. Weitergehende Anforderungen stelle § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

9

1. Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG in der im Streitjahr (2010) geltenden Fassung, wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

10

a) Seit der Neufassung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG durch Art. 8 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 2002, 4621, BStBl I 2003, 3) genügt die Meldung als Arbeitsuchender bei einer Agentur für Arbeit.

11

b) Gemäß § 32 Abs. 4 EStG in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung wurde ein Kind, das das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es arbeitslos i.S. des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) war. Gemäß § 119 SGB III in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung vom 23. Dezember 2003 war ein Arbeitnehmer arbeitslos, der

  •

nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit),

  •

sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und

  •

den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Diese Voraussetzungen waren vom Kindergeldberechtigten nachzuweisen.

12

c) Nach der ab 1. Januar 2003 geltenden Neuregelung müssen die sozialrechtlichen Merkmale der Arbeitslosigkeit i.S. des § 119 Abs. 1 SGB III, wie Eigenbemühungen und Verfügbarkeit, nicht mehr nachgewiesen werden (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Juli 2012 VI R 98/10, BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10; vom 19. Juni 2008 III R 68/05, BFHE 222, 349, BStBl II 2009, 1008). Vielmehr unterstellt das Gesetz typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III vorliegen. Dabei kommt der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes bzw. der daran anknüpfenden Bescheinigung keine echte Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch zu. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als arbeitsuchend gemeldet hat (BFH-Urteile in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10; vom 25. September 2008 III R 91/07, BFHE 223, 354, BStBl II 2010, 47, Rz 16).

13

d) Das ist vorliegend der Fall. Als Arbeitsuchender gemeldet ist, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit oder der Arbeitsgemeinschaft für die Grundsicherung Arbeitsuchender persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt (BFH-Urteile vom 18. Juni 2015 VI R 10/14, BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, und in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443). Die im Streitjahr geltende typisierende Unterstellung des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III durch das Gesetz umfasst auch das Zurverfügungstehen für Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur. Der Nachweis, dass tatsächlich eine Arbeit gesucht wird, ist danach nicht erforderlich. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat B ihre Arbeitslosigkeit vom 1. Februar bis 31. März 2010 der Agentur für Arbeit mitgeteilt. Das genügt für eine Meldung als arbeitsuchend i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG.

14

2. Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.

15

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 6. November 2014 14 K 1085/13 Kg wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die Mutter des im Juli 1987 geborenen Sohnes R, für den sie fortlaufend Kindergeld bezog.

2

R wurde aufgrund eines zweiten Meldeversäumnisses zum ... September 2007 aus der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit abgemeldet. Ab dem ... November 2007 war R bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt. Bei einem Arbeitsunfall am ... November 2007 erlitt er eine Quetschung der linken Hand sowie eine Mehrfragmentfraktur des linken Zeigefingers. R war infolge des Unfalls bis zum ... September 2008 arbeitsunfähig und bezog Verletztengeld. Die Zeitarbeitsfirma kündigte das Arbeitsverhältnis mit R zum ... Dezember 2007. Im Oktober 2008 meldete sich R arbeitsuchend.

3

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob mit Bescheid vom 31. März 2009 die Kindergeldfestsetzung für R ab Oktober 2007 auf und forderte das für Oktober 2007 bis Juli 2008 gezahlte Kindergeld zurück, da R sich nicht mehr in Berufsausbildung befinde, die anschließende Arbeitslosigkeit nur bis September 2007 nachgewiesen habe und die erneute Arbeitslosmeldung erst im Oktober 2008 erfolgt sei. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 6. März 2013 als unbegründet zurück.

4

Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids in Gestalt der Einspruchsentscheidung für den Zeitraum Dezember 2007 bis Juli 2008. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf wies die Klage mit Urteil vom 6. November 2014  14 K 1085/13 Kg als unbegründet ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung des R im Streitzeitraum scheide aus, da er nach der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet gewesen sei. Eine entsprechende Meldung sei erst im Oktober 2008 erfolgt. Das Gesetz lasse auch nicht ausnahmsweise die Berücksichtigung beschäftigungsloser Kinder ohne entsprechende Meldung zu. Zudem sei R tatsächlich nicht daran gehindert gewesen, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden. Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht die nach der Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG) vorgesehenen Nachweiserfordernisse erfüllt.

5

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

6

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Düsseldorf vom 6. November 2014 14 K 1085/13 Kg, den Bescheid vom 31. März 2009 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 6. März 2013 aufzuheben.

7

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen; das Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).

9

1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des R nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 2007 und 2008 gültigen Fassung (EStG) im Streitzeitraum nicht vorliegen, da R nicht bei einer Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet war.

10

a) Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, kindergeldrechtlich berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

11

b) Zur Erfüllung des letztgenannten Tatbestandsmerkmals genügt die Meldung als Arbeitsuchender; die übrigen Merkmale der Arbeitslosigkeit i.S. des § 119 Abs. 1 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in der bis 31. März 2012 geltenden Fassung (SGB III) wie Eigenbemühungen und Verfügbarkeit brauchen nicht nachgewiesen zu werden. Das Gesetz unterstellt typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III vorliegen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. Juni 2015 VI R 10/14, BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz 18, m.w.N.).

12

Als Arbeitsuchender gemeldet ist, wer gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit persönlich die Tatsache einer künftigen oder gegenwärtigen Arbeitslosigkeit anzeigt (vgl. BFH-Urteile vom 26. Juli 2012 VI R 98/10, BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 13, m.w.N., und in BFHE 250, 145, BStBl II 2015, 940, Rz 21, m.w.N.). Der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes und der daran anknüpfenden Bescheinigung kommt keine (echte) Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch zu. Entscheidend ist, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat (BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10, m.w.N.).

13

c) Unter Heranziehung dieser Grundsätze hat das FG einen Kindergeldanspruch der Klägerin für den Streitzeitraum zu Recht verneint. R ist nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigungsfähig, da er sich --nach den Feststellungen des FG-- im Streitzeitraum nicht bei einer inländischen Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet hat.

14

Der Senat ist mangels durchgreifender Verfahrensrügen an die tatsächlichen Feststellungen des FG gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge, das FG habe seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verletzt, indem es von der Vernehmung des R von Amts wegen als Zeuge zu der Frage seiner Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit abgesehen hat, ist unbegründet. Wer als fachkundig Beteiligter keinen Antrag auf Beweiserhebung stellt und die Unterlassung einer nach seiner Auffassung gebotenen Beweiserhebung von Amts wegen nicht in der mündlichen Verhandlung rügt, verzichtet auf diese Rüge (z.B. Senatsurteil vom 13. Mai 2015 III R 39/14, BFH/NV 2015, 1587, Rz 11, m.w.N.). Anders als die Revision vorträgt, ist nicht ersichtlich, dass die im finanzgerichtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Klägerin einen Beweisantrag zur Vernehmung des R als Zeuge zu der Frage seiner Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit gestellt oder auf einen solchen hingewirkt hat. Auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG vom 6. November 2014 ergibt sich kein Hinweis auf einen entsprechenden Beweisantrag, obwohl spätestens mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung erkennbar war, dass das FG nicht beabsichtigte, eine Zeugenvernehmung durchzuführen. Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Juli 2013 angebotene Zeugeneinvernahme des R bezog sich dagegen auf die Frage nach dessen Arbeitsunfähigkeit und betraf damit ein anderes Beweisthema. Dem FG musste sich auch nicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung aufdrängen, da die Klägerin vor dem FG vorgetragen hat, eine Arbeitslosmeldung des R sei im Oktober 2008 erfolgt. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat die Klägerin die unterbliebene Beweisaufnahme auch nicht gerügt. Sie hat zudem nicht dargelegt, warum sie entschuldbar an einer entsprechenden Rüge gehindert war. Die Klägerin hat somit ihr dahingehendes Rügerecht verloren.

15

2. Anders als die Revision meint, ist R einem als arbeitsuchend gemeldeten Kind auch nicht deshalb gleichzustellen, weil er infolge seines Arbeitsunfalls bis zum 30. September 2008 arbeitsunfähig erkrankt war.

16

a) Gegen eine solche Gleichstellung spricht zunächst der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ("gemeldet ist"), wonach es entscheidend darauf ankommt, dass sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender meldet (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 10).

17

b) Die durch den Arbeitsunfall verursachte Arbeitsunfähigkeit des R stand einer Meldung als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit nicht entgegen, weil diese keine Verfügbarkeit voraussetzt.

18

aa) Für den Begriff des "Arbeitsuchenden" ist für das Kindergeld auf die Vorschriften des Sozialrechts, hier auf § 15 Satz 2 SGB III, zurückzugreifen, da der in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG gebrauchte Begriff des "Arbeitsuchenden" im Steuerrecht nicht geregelt ist (Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 24/08, BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 19).

19

bb) Gemäß § 15 Satz 2 SGB III sind Arbeitsuchende Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen.

20

Im Rahmen der Arbeitsvermittlung ist jede Person als Arbeitsuchender anzusehen, die --ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Höhe sie bisher beschäftigt gewesen ist-- gegenüber dem Arbeitsamt (jetzt Agentur für Arbeit) den Willen bekundet, in der Zukunft auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung aufzunehmen (Urteil des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 24. September 1974  7 RAr 51/72, BSGE 38, 138, unter II.). Die Art der bisherigen sowie der zukünftig angestrebten Beschäftigung sind für die Eigenschaft als Arbeitsuchender ohne Bedeutung (vgl. z.B. Becker in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 15 Rz 36, 39, und Rademacher in Gemeinschaftskommentar zum Arbeitsförderungsrecht --GK-SGB III--, § 15 Rz 19, 22 f.). Es genügt die Fähigkeit, irgendeine Arbeit auf dem Arbeitsmarkt ausüben zu können (vgl. BSG-Urteil vom 15. März 1967  7 RAr 19/65, BSGE 26, 155, unter II., und vom 23. März 1971  7 RAr 4/68, Sozialrecht Nr 4 zu § 39 AVAVG, unter II., m.w.N.). Der Annahme und Führung eines Arbeitsgesuches steht es nicht entgegen, wenn das Leistungsvermögen des Arbeitsuchenden eingeschränkt oder vorübergehend aufgehoben ist (BSG-Urteil in BSGE 38, 138, unter II., m.w.N.; Becker in Eicher/Schlegel, a.a.O., § 15 Rz 37, m.w.N.; Timme in Hauck/Noftz, SGB III Arbeitsförderung, K § 15 Rz 7, m.w.N., und Gutzler in Mutschler/ Schmidt-De Caluwe/Coseriu, Sozialgesetzbuch III Arbeitsförderung, Großkommentar, 5. Aufl., § 15 Rz 18, m.w.N.). Der Arbeitsuchende muss als solcher grundsätzlich vermittlungsfähig sein, nicht erforderlich ist jedoch, dass er verfügbar i.S. des § 119 Abs. 1 Nr. 3 SGB III ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210, Rz 20, m.w.N.).

21

cc) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war R auch tatsächlich nicht daran gehindert, sich bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender zu melden.

22

c) Eine abweichende Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass R im Streitzeitraum Verletztengeld bezog, da das Verletztengeld nicht dem Arbeitslosengeld gleichzustellen ist.

23

Nach der Rechtsprechung des BFH dient zwar neben der Bescheinigung der Meldung als Arbeitsuchender durch die Agentur für Arbeit auch der Nachweis der Arbeitslosigkeit oder des Bezugs von Arbeitslosengeld nach dem SGB III als Nachweis der Meldung als Arbeitsuchender (Senatsurteil vom 22. September 2011 III R 78/08, BFH/NV 2012, 204, Rz 17, m.w.N., und BFH-Urteil in BFHE 238, 126, BStBl II 2013, 443, Rz 11). Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt jedoch u.a. voraus, dass sich der Arbeitslose bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III, jetzt § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) und sich somit der Arbeitsvermittlung durch die Agentur für Arbeit zur Verfügung stellt. Eine solche Meldung ist für den Bezug von Verletztengeld --jedenfalls, wenn die Arbeitsunfähigkeit während der Ausübung einer Arbeitstätigkeit eintritt-- grundsächlich nicht erforderlich.

24

3. Da sich nach den bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) R im Streitzeitraum nicht bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender gemeldet hat, kommt es im Streitfall entgegen der Auffassung der Revision auch nicht darauf an, ob eine etwaige Verweigerung der Registrierung eines sich als arbeitsuchend meldenden Kindes durch die Agentur für Arbeit einer Berücksichtigung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG entgegensteht. Denn Anknüpfungspunkt für eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung ist der verwirklichte und nicht ein hypothetischer, vom FG nicht festgestellter Sachverhalt.

25

4. Der Hinweis der Revision auf Abschn. A 13 Abs. 3 Satz 1 der DA-KG (Stand: 2014), wonach eine Berücksichtigung möglich ist, wenn das Kind wegen Erkrankung nicht bei einer Agentur für Arbeit im Inland arbeitsuchend gemeldet ist, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die DA-KG eine norminterpretierende Verwaltungsanweisung ist, welche die Gerichte nicht bindet (z.B. BFH-Urteil vom 5. September 2013 XI R 7/12, BFHE 242, 399, BStBl II 2014, 37, Rz 20, m.w.N.).

26

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Ausbildungsuchende sind Personen, die eine Berufsausbildung suchen. Arbeitsuchende sind Personen, die eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer suchen. Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit ausüben.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog unter anderem für ihre im Juni 1985 geborene Tochter T Kindergeld. T ist seit August 2003 verheiratet und Mutter eines im August 2005 geborenen Sohnes. In der Zeit vom 28. Juni 2005 bis zum 4. Oktober 2005 bestand ein Beschäftigungsverbot nach den Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes (MuSchG).

2

T beendete im Jahr 2002 ihre Schulausbildung. Im Anschluss an eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme besuchte sie bis zum 31. Juli 2004 eine Fachhochschule für Sozialpädagogik. Ab dem 24. August 2004 war sie als Arbeitsuchende, in der Zeit vom 26. Januar 2005 bis zum 28. Juni 2005 war sie arbeitslos gemeldet. Ab dem 9. März 2006 war T wieder als Arbeitsuchende, ab dem 14. März 2006 erneut arbeitslos gemeldet.

3

Am 28. Januar 2005 beantragte T bei der Arbeitsgemeinschaft für die Grundsicherung Arbeitsuchender (ARGE) in B Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch --SGB II-- (Arbeitslosengeld II --ALG II--/Sozialgeld) in der im Streitzeitraum geltenden Fassung. Am 29. März 2005 schloss sie mit der ARGE eine Eingliederungsvereinbarung, die bis zum 30. September 2005 befristet war und nicht verlängert wurde. U.a. am 8. Juli 2005, 3. Januar 2006 und 27. Februar 2006 stellte T Anträge auf Fortzahlung des ALG II.

4

Mit Bescheid vom 22. März 2006 hob die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) die Festsetzung des Kindergeldes für T für die Zeit von September 2005 bis Februar 2006 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (EStG) auf und forderte das überzahlte Kindergeld gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurück. Ab März 2006 setzte die Familienkasse weiterhin Kindergeld für T fest, das in voller Höhe an T abgezweigt wurde (§ 74 Abs. 1 Satz 3, § 76 EStG). Der gegen die Aufhebung und Rückforderung gerichtete Einspruch der Klägerin blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 20. November 2006).

5

Während des anschließenden Klageverfahrens half die Familienkasse der Klage im Hinblick auf das Beschäftigungsverbot nach dem MuSchG durch Änderungsbescheid vom 7. Februar 2007 für die Monate September und Oktober 2005 ab. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

6

Seine Entscheidung begründete das FG im Wesentlichen damit, T sei im Streitzeitraum nicht i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG bei einer Agentur für Arbeit gemeldet gewesen. Mit ihren --bei der ARGE gestellten-- Anträgen auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II habe sich T nicht arbeitsuchend gemeldet, die Stellung dieser Anträge sei einer solchen Meldung auch nach Sinn und Zweck der Regelung nicht gleichzustellen. Auch der ungekürzte Bezug von ALG II durch die T führe nicht zum Vorliegen eines Kindergeldanspruchs der Klägerin.

7

Mit der Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG durch das FG. Sie ist der Ansicht, da T auf ihren Antrag während des gesamten Streitzeitraums von der ARGE ungekürzte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten habe, sei sie einem Kind, das sich formal bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet habe, gleichzustellen.

8

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil, die Bescheide vom 22. März 2006 und vom 7. Februar 2007 sowie die Einspruchsentscheidung vom 20. November 2006 aufzuheben.

9

Die Familienkasse beantragt, die Revision zurückzuweisen.

10

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision ist unbegründet. Sie wird nach § 126 Abs. 2 FGO zurückgewiesen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin für den Streitzeitraum (November 2005 bis Februar 2006) kein Kindergeldanspruch für T zusteht.

12

1. Gemäß § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, beim Kindergeld berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist.

13

a) Seit der Neufassung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG durch Art. 8 Nr. 5 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl I 2002, 4621, BStBl I 2003, 3) genügt die Meldung als Arbeitsuchender; die übrigen Merkmale der Arbeitslosigkeit i.S. des § 119 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III), wie Eigenbemühungen und Verfügbarkeit, brauchen nicht mehr nachgewiesen zu werden. Vielmehr unterstellt das Gesetz typisierend, dass die Voraussetzungen der §§ 118 ff. SGB III vorliegen (Senatsurteil vom 19. Juni 2008 III R 68/05, BFHE 222, 349, BStBl II 2009, 1008). Die Arbeitsplatzsuche des Kindes auf eigene Initiative ohne gleichzeitige Beteiligung der Agentur für Arbeit reicht indes nicht aus (Senatsurteil vom 20. November 2008 III R 10/06, BFH/NV 2009, 567).

14

b) Die Meldung als Arbeitsuchender kann nicht nur bei einer Agentur für Arbeit im Inland, sondern auch bei einer nach dem SGB II für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Stelle --wie im Streitfall der ARGE-- erfolgen (Lange/Novak/Sander/Stahl/ Weinhold, Kindergeldrecht, §§ 32, 63 EStG Erl. C.II.1.b Rz 48). Die bis Ende 2010 als gemeinschaftliche Verwaltungseinrichtungen der Bundesagentur für Arbeit und der kommunalen Träger zum Vollzug der Grundsicherung für Arbeitsuchende zulässigen ARGEn (s. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2007  2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04, BVerfGE 119, 331, BGBl I 2008, 27) nahmen die den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 6 SGB II) obliegenden Aufgaben --wie u.a. die Erbringung von Eingliederungsleistungen des SGB III durch die Agenturen für Arbeit (§ 16 SGB II)-- im eigenen Namen und im Außenverhältnis in eigener Verantwortung wahr (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 44b Rz 45).

15

c) Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss der durch die Meldung begründete Status als arbeitsuchendes Kind durchgängig bestehen, darf also nicht wieder erloschen sein. Da § 38 Abs. 4 Satz 2 SGB III in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung klarstellt, dass ein einmal an die Agentur für Arbeit gerichtetes Vermittlungsgesuch eines Arbeitsuchenden, der keine Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts beansprucht, nicht ausreicht, den Wunsch nach Vermittlung dauerhaft zu dokumentieren (vgl. BTDrucks 11/800, S. 14), hat der Senat entschieden, dass die Meldung des Kindes als arbeitsuchend bei der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit nur drei Monate fortwirkt und nach Ablauf dieser Frist erneuert werden muss, da ansonsten der Kindergeldanspruch entfällt (Senatsurteil in BFHE 222, 349, BStBl II 2009, 1008). Verletzt das als arbeitsuchend gemeldete Kind seine Mitwirkungspflichten, kann die Agentur für Arbeit die Vermittlung gemäß § 38 Abs. 2 SGB III (jetzt § 38 Abs. 3 Satz 2 SGB III) auch schon vorher einstellen (vgl. Senatsurteil vom 17. Juli 2008 III R 106/07, BFH/NV 2009, 368 zu dem insoweit vergleichbaren Fall eines ausbildungsuchenden Kindes).

16

d) Der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes bzw. der daran anknüpfenden Bescheinigung der Agentur für Arbeit kommt keine (echte) Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch zu. Entscheidend ist vielmehr, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat (Senatsurteil vom 25. September 2008 III R 91/07, BFHE 223, 354, BStBl II 2010, 47).

17

e) Neben der Bescheinigung der Meldung als Arbeitsuchender durch die Agentur für Arbeit dient auch der Nachweis der Arbeitslosigkeit oder des Bezugs von Arbeitslosengeld nach dem SGB III als Nachweis der Meldung als Arbeitsuchender (Lange/Novak/Sander/Stahl/ Weinhold, a.a.O., §§ 32, 63 EStG Erl. C.II.1.a Rz 43 f.; Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs 63.3.1 Abs. 2 Satz 3, BStBl I 2009, 1033). Der Gesetzgeber bezweckte mit der Streichung des Merkmals "arbeitslos im Sinne des SGB III" in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG zum 1. Januar 2003 lediglich eine Vereinfachung dergestalt, dass sich Kinder ohne Beschäftigung nicht ausschließlich wegen des Anspruchs auf Kindergeld bei der Agentur für Arbeit arbeitslos melden müssen (s. Bericht des federführenden Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Arbeit, BTDrucks 15/91, S. 19, und Gesetzesbegründung, BTDrucks 15/26, S. 29). Ist das Kind arbeitslos gemeldet (§ 118 Abs. 1 Nr. 2, § 122 SGB III) oder erhält es gar Arbeitslosengeld i.S. des SGB III, erfüllt es deshalb stets die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG.

18

2. Unter Heranziehung dieser Grundsätze hat das FG den Kindergeldanspruch der Klägerin für den Streitzeitraum zu Recht verneint.

19

a) Nachdem T zunächst bis zum 28. Juni 2005 arbeitslos gemeldet war und im Anschluss daran bis zum 4. Oktober 2005 einem Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG) unterlag, hat sie sich in der Zeit danach bis Februar 2006 weder bei der Agentur für Arbeit noch bei der für sie als Bezieherin von ALG II zuständigen ARGE arbeitsuchend gemeldet. Entsprechende Meldungen erfolgten erst am 9. und 14. März 2006, woraufhin T wieder als arbeitsuchend und sodann arbeitslos geführt wurde.

20

Ob und ggf. unter welchen Umständen in der Beantragung von ALG II möglicherweise zugleich eine Meldung des Hilfeempfängers als arbeitsuchend gesehen werden kann, braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. Denn zu Recht hat das FG im Streitfall allein in der Stellung der Anträge auf Fortzahlung des ALG II im Juli 2005, Januar und Februar 2006 keine Arbeitsuchendmeldung der T gesehen. Mit diesen Anträgen brachte T allein zum Ausdruck, dass sie weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Kapitel 3, 2. Abschnitt des SGB II begehrte. Im Juli 2005 unterlag T insbesondere noch einem Beschäftigungsverbot (§ 3 Abs. 2 MuSchG), so dass zu diesem Zeitpunkt die kommentarlose Antragstellung auch bereits deshalb nicht zum Ausdruck bringen konnte, T wolle sich zugleich arbeitsuchend melden. Im Januar und Februar 2006 war T aus Sicht der Behörde die Ausübung einer Arbeit im Hinblick auf § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II nicht zumutbar, so dass auch zu diesem Zeitpunkt die kommentarlose Antragstellung nicht dahin verstanden werden konnte, T sei gleichwohl arbeitsuchend und deshalb entsprechend zu registrieren.

21

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist T einem (formal) arbeitsuchend gemeldeten Kind auch nicht allein deshalb gleichzustellen, weil sie im Streitzeitraum ungekürzte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen hat (i. Erg. ebenso Pust in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 32 EStG Rz 321; Lange/Novak/Sander/Stahl/Weinhold, a.a.O., §§ 32, 63 EStG Erl. C.II.1.a Rz 43). Wie aus den Besonderheiten des Streitfalls ersichtlich ist, besagt allein der Bezug von ALG II noch nichts darüber, ob ein erwerbsfähiger Hilfeempfänger tatsächlich bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet ist (vgl. auch Sächsisches FG, Urteil vom 23. September 2010  8 K 1712/09 (Kg), juris). Zwar besteht für einen erwerbsfähigen Hilfeempfänger nach § 2 SGB II grundsätzlich eine Obliegenheit zur Arbeitsuche (vgl. BTDrucks 15/1516, S. 50 f.). Diese beschränkt sich indes von vornherein auf die nach § 10 SGB II zumutbare Arbeit (Berlit in LPK-SGB II, a.a.O., § 2 Rz 20). Da T erst im August 2005 selbst Mutter geworden war, war ihr die Ausübung einer Arbeit im Streitzeitraum nicht ohne weiteres zumutbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II). Bei einem Kind unter drei Jahren hat der Träger keine Möglichkeit, Eltern(teile) bzw. Partner zur Arbeit anzuhalten. Vielmehr steht den Eltern(teilen), ggf. in Absprache mit ihren Partnern, die nach Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes gebotene Entscheidung zu, ob sie im Hinblick auf das Wohl eines Säuglings bzw. Kleinkindes nicht arbeiten oder dies doch tun (Brühl in LPK-SGB II, a.a.O., § 10 Rz 17). Erst wenn sich ein Erwerbsfähiger gleichwohl für die Aufnahme von Arbeit entscheidet, erhält er auch Leistungen zur Eingliederung (vgl. BTDrucks 15/1749, S. 31). Ebenso wie die Vermittlung durch die Agentur für Arbeit in den Streitjahren (spätestens) nach drei Monaten einzustellen war, wenn keine Leistungen zum Ersatz des Arbeitsentgelts beansprucht wurden (§ 38 Abs. 4 Satz 2 SGB III in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung), erbringt die für die Grundsicherung für Arbeit zuständige Stelle --wie bspw. im Streitfall die ARGE-- trotz Zahlung von ALG II keine Vermittlung als Leistung zur Eingliederung, wenn dem Hilfeempfänger eine Arbeitsaufnahme aufgrund seiner familiären Situation nicht zumutbar ist und dieser eine Vermittlung auch nicht von sich aus beansprucht. Dass dies vorliegend der Fall war, hat das FG nicht festgestellt, die Klägerin hat dies auch zu keinem Zeitpunkt behauptet.

22

c) Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung, nach der ein Kind nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a oder c EStG zu berücksichtigen ist, wenn es die Berufsausbildung zum Zwecke der Betreuung des eigenen Kindes unterbricht oder aus diesem Grund ernsthafte Bemühungen um einen Ausbildungsplatz unterbleiben (BFH-Urteil vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848; Senatsurteil vom 24. September 2009 III R 83/08, BFH/NV 2010, 619). Entscheidet das Kind, sich zugunsten der Betreuung des eigenen Kindes vorerst nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, ist es auch bei ungekürztem Bezug von ALG II nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen.

23

3. Da der Klägerin für T im Streitzeitraum kein Kindergeld zustand und sich insoweit die Verhältnisse gegenüber der ursprünglichen Festsetzung geändert haben, hat die Familienkasse die Aufhebung zutreffend mit § 70 Abs. 2 EStG als Änderungsnorm begründet.

24

4. Der Senat weist darauf hin, dass im Streitfall ggf. ein Billigkeitserlass nach § 227 AO gerechtfertigt sein könnte, weil --nach dem Vortrag der Klägerin im Verwaltungsverfahren-- das Kindergeld, auch soweit es später zurückgefordert wurde, bei der Berechnung der Höhe des ALG II als Einkommen (§ 11 SGB II) der Klägerin angesetzt worden sein soll und eine nachträgliche Korrektur der Leistungen zu ihren Gunsten jedenfalls nach der derzeitigen Rechtsprechung der Sozialgerichte nicht möglich erscheint (z.B. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25. Mai 2010 L 3 AS 64/10 B PKH, juris; Sozialgericht Detmold, Urteil vom 18. Januar 2011 S 18 AS 201/09, nicht rechtskräftig, juris; s. auch Senatsurteile vom 15. März 2007 III R 54/05, BFH/NV 2007, 1298 a.E.; vom 19. November 2008 III R 108/06, BFH/NV 2009, 357; vom 18. Dezember 2008 III R 93/06, BFH/NV 2009, 749, und vom 30. Juli 2009 III R 22/07, BFH/NV 2009, 1983).

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Vater einer im Juni 1983 geborenen Tochter, die seit Juni 2003 in einem eigenen Haushalt lebte und für die er aufgrund von Bescheiden aus dem Jahr 2004 Kindergeld bezog. Die Tochter war arbeitslos und bezog ALG II. Sie war auch als Bewerberin um eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet und hatte sich zudem selbst um einen Ausbildungsplatz bemüht. Am 11. Juni 2005 gebar die Tochter des Klägers eine Tochter. Seit dem 23. April 2005 --dem Tag des Beginns ihrer Mutterschutzfrist-- war sie mit dem Vermerk "Mutterschutz/Elternzeit" wegen "Mangelnde Verfügbarkeit/Mitwirkung" nicht mehr als Bewerberin um einen Ausbildungsplatz registriert.

2

Die Beklagte und Revisionsbeklagte (Familienkasse) hob die Festsetzung des Kindergeldes für Mai 2005 bis Mai 2006 sowie von September 2007 bis März 2008 auf. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es führte aus, die Tochter sei nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen, weil sie nicht als Bewerberin für eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet gewesen sei. Der Umstand, dass sie sich von Mai 2005 bis August 2005 im Mutterschutz befunden habe, führe nicht dazu, dass sie in diesem Zeitraum weiterhin als Ausbildungssuchende anzusehen sei. Die Familienkasse habe die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 EStG zu Recht aufgehoben; ihr Rückforderungsanspruch sei auch nicht verwirkt.

4

Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor, eine Rückforderung von Kindergeld für die Mutterschutzzeit scheide aus. Gleiches müsse aufgrund des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes auch für die anschließende Elternzeit gelten, da die Tochter wegen der Erziehung ihres Kindes nicht in der Lage gewesen sei, sich um eine Ausbildungsstelle zu bemühen. Die Rückforderung sei auch aus Vertrauensschutzgründen ausgeschlossen.

5

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil, den Aufhebungsbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

6

Die Familienkasse beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Familienkasse ... der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 1 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit ... --Familienkasse-- eingetreten (s. dazu Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

III.

8

Die Revision ist hinsichtlich der Monate Mai bis August 2005 begründet (1.); im Übrigen, d.h. hinsichtlich der Monate September 2005 bis Mai 2006 sowie September 2007 bis März 2008, wird sie als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), da der Kläger insoweit keinen Anspruch auf Kindergeld hat (2.) und die Rückforderung auch nicht ausgeschlossen war (3.).

9

1. Die Tochter des Klägers ist für den Zeitraum Mai bis August 2005 weiterhin nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG als Kind zu berücksichtigen, weil die Unterbrechung der Suche nach einem Ausbildungsplatz während der Mutterschutzfrist ebenso unschädlich ist wie die Unterbrechung einer Ausbildung während der Schutzfrist.

10

a) Die Familienkasse hat die Tochter aufgrund des Bescheids vom 6. Februar 2004 bis einschließlich April 2005 als Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz berücksichtigt und daher Kindergeld gewährt. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Berücksichtigung --ab Juli 2004 gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG-- bestehen nicht. Denn die Tochter des Klägers hat sich selbst ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2011 III R 30/08, BFHE 235, 327, BStBl II 2012, 411) und war zudem bei der Agentur für Arbeit als Bewerberin um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert.

11

b) Die Tochter ist auch während der Zeit ihres Mutterschutzes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen, der sechs Wochen vor der erwarteten Entbindung begann (§ 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mutter --MuSchG--) und mit dem der Niederkunft am 11. Juni 2005 folgenden achtwöchigen Beschäftigungsverbot (§ 6 Abs. 1 MuSchG) im August 2005 endete, obwohl sie währenddessen von der Agentur mit Hinweis auf den Mutterschutz "abgemeldet" worden war.

12

aa) Der BFH hat bereits entschieden, dass ein Kind während der Unterbrechung seiner Ausbildung aufgrund der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 1 MuSchG grundsätzlich weiter zu berücksichtigen ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 2003 VIII R 47/02, BFHE 203, 106, BStBl II 2003, 848; vom 24. September 2009 III R 79/06, BFH/NV 2010, 614); dies entspricht auch der Ansicht der Verwaltung (Dienstanweisung zur Durchführung des Familienausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --DA-FamEStG-- 63.3.2.7 Abs. 3, BStBl I 2002, 393; DA-FamEStG 63.3.2.8 Abs. 3 Satz 1, BStBl I 2012, 774). Denn das Kind hat in diesem Zeitraum den Willen, sich der Ausbildung zu unterziehen, ist aber aus objektiven Gründen wegen des Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG vorübergehend daran gehindert, weil ihm die Durchführung der Ausbildungsmaßnahmen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

13

bb) Die Unterbrechung der Suche nach einem Ausbildungsplatz während der Mutterschutzfristen ist im Hinblick auf die Berücksichtigung als Kind nicht anders zu behandeln als die mutterschutzbedingte Unterbrechung der Ausbildung.

14

(1) Die Gleichstellung von Kindern, die einen Ausbildungsplatz suchen, mit denen, die bereits einen Ausbildungsplatz gefunden haben, setzt voraus, dass der Beginn oder die Fortsetzung der Ausbildung nicht an anderen Umständen als dem Mangel eines Ausbildungsplatzes scheitern (Senatsurteil vom 7. April 2011 III R 24/08, BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210). Das einen Ausbildungsplatz suchende Kind muss diesen daher im Fall einer erfolgreichen Suche auch antreten können. Wenn dies --z.B. aus ausländerrechtlichen Gründen (Senatsurteil in BFHE 233, 44, BStBl II 2012, 210)-- ausgeschlossen ist, scheidet eine Berücksichtigung aus. Ein derartiger Hinderungsgrund besteht bei jungen Müttern indessen nicht. Sie könnten eine angebotene Ausbildung antreten und --nach Ablauf der Mutterschutzfrist-- auch durchführen.

15

(2) Die Beschäftigungsverbote nach dem MuSchG hindern Frauen nicht aus rechtlichen Gründen an der Ausbildungsplatzsuche, diese ist aber in vielen Fällen praktisch unmöglich und regelmäßig auch nicht zumutbar. Denn eine erfolgversprechende Suche nach einem Ausbildungsplatz erfordert nicht lediglich das Verfassen von Bewerbungsschreiben, wozu eine Frau meist auch kurz vor oder nach der Entbindung imstande sein wird, sondern regelmäßig auch Vorstellungsgespräche, die Teilnahme an Auswahltests, Assessment-Centern oder Betriebsbesichtigungen und gelegentlich sogar "Probearbeit". Diese Tätigkeiten können physisch und psychisch ebenso anstrengend sein wie eine --durch das MuSchG untersagte-- "normale Arbeit". Da das Kindergeldrecht als "Massenrecht" der Typisierung bedarf, kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Suche nach einem Ausbildungsplatz im Einzelfall --z.B. bei ausschließlich schriftlichen Bewerbungsverfahren-- trotz der besonderen Schutzbedürftigkeit werdender und junger Mütter auch während der Mutterschutzfrist möglich und zumutbar wäre.

16

(3) Angesichts der zeitlich beschränkten, regelmäßig lediglich etwa vierzehnwöchigen Mutterschutzfristen braucht der Senat nicht zu entscheiden, von welcher Zeitdauer an bei kranken Kindern die Unterbrechung der Suche nach einem Ausbildungsplatz oder die Unterbrechung der Ausbildung eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a oder Buchst. c EStG ausschließen würde.

17

cc) Der weiteren Berücksichtigung während der Mutterschutzfrist steht nicht entgegen, dass die Suche nach einem Ausbildungsplatz nach ihrem Ende nicht umgehend wieder aufgenommen wird. Denn ein Kind wird durch den Beginn der Mutterschutzfrist an der Fortsetzung der Suche nach einem Ausbildungsplatz objektiv gehindert, während der Entschluss, die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz zwecks Pflege und Erziehung des Kindes nicht fortzusetzen, erst nach deren Ende wirksam wird.

18

c) Da die übrigen Voraussetzungen der Berücksichtigung der Tochter nicht streitig sind, ist der Klage stattzugeben, soweit sie sich gegen die Aufhebung der Festsetzung für die Monate Mai bis August 2005 richtet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

19

2. Für die übrigen Monate, d.h. für September 2005 bis Mai 2006 und September 2007 bis März 2008, kann die Tochter nicht als Kind berücksichtigt werden. Denn ein Kind, das seine Ausbildung während der Elternzeit unterbricht, ist nicht zu berücksichtigen (Senatsurteil in BFH/NV 2010, 614). Für ein Kind, das die Suche nach einem Ausbildungsplatz während der Elternzeit unterbricht, gilt nichts anderes: In beiden Fällen ist das Kind --anders als bei einer Erkrankung oder während des Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG-- nicht aus objektiven Gründen an der Ausbildung oder der Suche nach einem Ausbildungsplatz gehindert, sondern weil es diese aufgrund eines eigenen Entschlusses zugunsten der Förderung des Eltern-Kind-Verhältnisses während dieser Zeit nicht fortsetzt.

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3. Die Rückforderung des Kindergeldes ist nicht aus Vertrauensschutzgründen ausgeschlossen.

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Die Rückforderung von Kindergeld richtet sich nur nach der Abgabenordnung (AO); der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, eine Vertrauensschutzregelung --wie z.B. § 45 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch -- in das System steuerlicher Änderungs- und Aufhebungsvorschriften aufzunehmen (Senatsbeschluss vom 30. November 2009 III B 187/08, BFH/NV 2010, 645). Der Grundsatz von Treu und Glauben steht der Rückforderung von überzahltem Kindergeld selbst dann nicht entgegen, wenn die Behörde trotz Kenntnis von Umständen, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, zunächst weiterhin Leistungen erbringt (z.B. BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123); auch das Zeitmoment ist insoweit bedeutungslos (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2011 III B 177/10, BFH/NV 2011, 1507). Erforderlich sind vielmehr besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen und dazu führen, dass sich der Rückzahlungsschuldner nach dem gesamten Verhalten der Familienkasse darauf verlassen durfte und verlassen hat, dass er nicht mehr in Anspruch genommen werden solle (Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2011 III B 72/11, BFH/NV 2012, 379). Derartige Umstände hat das FG nicht festgestellt; es hat auch zutreffend entschieden, dass die Familienkasse sich die vom Kläger behaupteten diesbezüglichen Äußerungen der bei der Agentur für Arbeit tätigen Frau Z nicht zurechnen lassen muss.

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4. Der Senat weist darauf hin, dass --soweit der Kläger unterlegen ist-- ein Billigkeitserlass nach § 227 AO gerechtfertigt sein kann, wenn das Kindergeld bei der Berechnung der Höhe von Sozialhilfeleistungen als Einkommen angesetzt wurde und eine nachträgliche Korrektur dieser Leistungen nicht möglich ist (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2011 III R 78/08, BFH/NV 2012, 204).

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.