Finanzgericht Nürnberg Urteil, 25. Apr. 2019 - 4 K 1050/17

bei uns veröffentlicht am25.04.2019

Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010 vom 04.08.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.07.2017 wird dahingehend geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf … € festgestellt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand

Streitig ist die Bildung einer Rückstellung für gewährte Bonuspunkte bzw. ausgestellte Gutscheine in der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2010 in Höhe von 1.607.212 €.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen. Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010 vom 01.07.2013 wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … € festgestellt.

Mit Prüfungsanordnung vom 10.05.2012 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2007 bis 2010 durchgeführt, die mit Bericht vom 30.04.2015 abgeschlossen wurde. Im Rahmen der Außenprüfung wurde der Betriebsausgabenabzug für gebildete Bonuspunkterückstellungen nicht anerkannt (für das Streitjahr 2010 bei der Klägerin, für die Jahre 2007 - 2009 bei den bis 2009 über ein Organschaftsverhältnis verbundenen Tochterunternehmen der Klägerin). Die Rückstellung war in der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2010 mit … € passiviert.

Wegen der Ermittlung der Rückstellung wird Bezug genommen auf den Teilbericht des Bundeszentralamts für Steuern über die Mitwirkung an der Außenprüfung bei der Klägerin vom 10.10.2013. Die Ermittlung sowie die Höhe der Rückstellung ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Im Prüfungszeitraum gaben die Klägerin, deren Tochterunternehmen und die A Partnerunternehmen gemeinsam die A Card heraus. Systembetreiber war die B GmbH. Nach den Feststellungen der Bundesbetriebsprüferin erhielten die Karteninhaber der A Card beim Einkauf in den teilnehmenden A Stores bzw. beim Einkauf im A Onlineshop Bonuspunkte auf den jeweiligen Wert ihres Einkaufs in Höhe von 3%. Ein Cent entsprach einem Punkt. Die Bonuspunkte wurden auf das Bonuskonto des Karteninhabers übertragen und fortlaufend aufaddiert. Karteninhaber, die zum Zeitpunkt der monatlichen Abrechnung innerhalb der letzten 12 vor dem jeweiligen Abrechnungszeitraum liegenden Monate einen Bonuspunktestand von 1.800 (entspricht einem Umsatz von 600 €) erreicht hatten, erhielten automatisch eine personalisierte A Card übersandt. Bei Vorlage dieser Karte erhielt der Karteninhaber einen Bonus in Höhe von 5% für einen Zeitraum von 24 Monaten seit Ausstellung der personalisierten Karte.

Bei Rückgängigmachung des Kaufvertrags (Rückgabe, Umtausch, Reklamation) wurde die entsprechende Gutschrift vom Bonuspunkteguthaben wieder abgezogen. Waren bereits Gutscheine hinsichtlich dieser Gutschriften ausgestellt oder im Rahmen eines Einkaufs im A Onlineshop eingelöst worden, wurde ein möglicher Negativsaldo mit den Umsätzen aus künftigen Abrechnungszeiträumen verrechnet.

Die auf dem Bonuspunktekonto gutgeschriebenen Punkte konnten ab einem Punktestand von 250 Punkten (entspricht einem Wert von 2,50 €) im A Onlineshop eingelöst werden. Hatte das Bonuskonto des Karteninhabers, der einem bestimmten Store zugeordnet war, zum Zeitpunkt der monatlichen Kontoabrechnung einen Bonuspunktestand von mindestens 600 Punkten (entsprach einem Wert von 6 €), erhielt er einen Gutschein in Höhe des tatsächlichen Guthabens ausgestellt. Die Gutscheinbeträge wurden auf volle Euro abgerundet. Nicht in Gutscheine umgewandelte Bonuspunkte (kleiner als 100 Punkte) verblieben auf dem Kundenkonto und wurden in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen.

Nach den Teilnahmebedingungen war relevanter Zeitraum für die Ermittlung des Bonuspunktestands zum monatlichen Abrechnungszeitraum jeweils die davorliegenden letzten 12 Monate der Mitgliedschaft des Karteninhabers. Umsätze, die älter waren als 12 Monate, verfielen. Tatsächlich verfielen die Bonuspunkte aber erst, wenn sie älter waren als 36 Monate. Die Teilnahmebedingungen sahen weiterhin vor, dass die ausgestellten Gutscheine 12 Monate gültig waren. Danach verfielen sie. Tatsächlich verfielen die Gutscheine aber erst, wenn sie älter als drei Jahre waren. Eine Barauszahlung der Bonuspunkte oder Gutscheine war in den Teilnahmebedingungen nicht vereinbart und erfolgte auch tatsächlich nicht.

Die Bundesbetriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass in der Einlösungsverpflichtung aus dem Bonuspunktesystem bei der Klägerin zum Bilanzstichtag weder eine Verbindlichkeit noch eine ungewisse Verbindlichkeit zu sehen sei, die in Form einer Rückstellung gewinn-mindernd Berücksichtigung finden könnte.

Mit geändertem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2010 vom 04.08.2015 wurde das Ergebnis der Betriebsprüfung umgesetzt. Es wurden nunmehr Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … € festgestellt.

Hiergegen legte die Klägerin, vertreten durch ihren steuerlichen Berater, mit Schreiben vom 12.08.2015 Einspruch ein und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, die Bildung einer Bonuspunkterückstellung sei zu Unrecht nicht anerkannt worden, obwohl im Rahmen des Punktesystems eine bestimmte, erzwingbare Leistungspflicht für die Klägerin begründet worden sei, die eine wirtschaftliche Belastung darstelle und daher als Verpflichtung zum Bilanzstichtag zu berücksichtigen sei, um den bestehenden Erfüllungsrückstand nach dem Verursacherprinzip periodengerecht zuzuordnen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Einspruchsbegründung wird auf das Schreiben der Klägerin vom 12.08.2015 (RB-Akte Blatt 2 ff.) verwiesen.

Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos; mit Einspruchsentscheidung vom 07.07.2017 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Der Prozessbevollmächtigte hat hiergegen Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Sachverhaltsdarstellung unter Punkt 1.3 des Teilberichts über die Mitwirkung des Bundeszentralamtes für Steuern bei der Außenprüfung der A GmbH & Co. KG vom 10.10.2013 sei zutreffend. Ergänzend zu den dortigen Ausführungen sei festzuhalten, dass das Bonusprogramm von A nicht eine prozentuale Rabattierung zukünftiger Umsätze beinhalte, sondern eine Voll-Inanspruchnahme der vorhandenen, mit Umsätzen der Vergangenheit erworbenen Bonuspunkte gegen Herausgabe von Ware ermögliche, ohne dass eine weitere Zuzahlung erforderlich sei. Für das Vorliegen einer Schuld, die ein Kaufmann periodengerecht und unabhängig von entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluss zu erfassen habe, sei eine wirtschaftliche Belastung des Bilanzierenden, eine Leitungsverpflichtung sowie deren Quantifizierbarkeit und selbständige Bewertbarkeit erforderlich. Eine wirtschaftliche Belastung werde durch den Eintritt von Ereignissen oder die Verwirklichung von Tatbeständen begründet, die zu Ansprüchen Dritter führten. Ob im Einzelfall eine Verpflichtung wirtschaftlich belaste, hänge von der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Leistungspflicht ab. Die Gewährung von Bonuspunkten stelle eine wirtschaftliche Belastung dar. Sie knüpfe dabei in der Ausgestaltung des Bonuspunkteprogramms bei A ausschließlich an Einkäufe der Vergangenheit an und stelle einen Anspruch des Kunden gegenüber der Klägerin dar. Eine Leistungspflicht liege nicht nur dann vor, wenn eine Verpflichtung rechtlich bereits entstanden sei, sondern auch dann, wenn vor dem Bilanzstichtag Tatbestände eingetreten seien, die erkennbar eine zu erwartende Belastung gegenüber Dritten begründeten bzw. wirtschaftlich veranlassten (faktischer Leistungszwang / wirtschaftliche Verursachung). Dabei komme es nicht darauf an, ob der Dritte seine Ansprüche bereits geltend gemacht habe oder ob er bereits Kenntnis davon habe. Bei den gewährten Bonuspunkten handele es sich um eine Sachleistungsverpflichtung, die mit Gewährung der Bonuspunkte beim Tätigen des Einkaufs, spätestens aber mit Erstellen eines entsprechenden Gutscheins (Inhaberschuldverschreibung) rechtlich entstanden sei. Zumindest wirtschaftlich entstehe bereits mit der Gewährung der Bonuspunkte eine faktische Verpflichtung der Klägerin, der sie sich nicht mehr entziehen könne.

Eine zentrale Rolle unter den maßgeblichen Bilanzierungsgrundsätzen spiele vorliegend das lmparitätsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 Handelsgesetzbuch (HGB). Nach diesem Prinzip sei die Vorwegnahme eines in einer späteren Rechnungsperiode eintretenden negativen Erfolgsbeitrags notwendig, der auf Dispositionen oder latenten Ereignissen der beendeten oder einer früheren Periode beruhe. Die Höhe der Verpflichtung aus den gewährten Bonuspunkten stehe am jeweiligen Abschlussstichtag nicht mit Gewissheit fest, da unsicher sei, in welchem Umfang die Kunden die gutgeschriebenen Punkte im Wert von 0,01 € je Bonuspunkt tatsächlich einlösen würden. Die Gesamtsumme der gewährten Bonuspunkte und der ausgestellten Gutscheine stehe jedoch betragsmäßig eindeutig fest und werde von einem externen Dienstleister ermittelt. Auch das Einlösungsverhalten in der Vergangenheit werde festgehalten und ausgewertet. Daher sei für die ausgegebenen Bonuspunkte und Gutscheine eine Rückstellung zu bilden. Im Rahmen der Bildung dieser Rückstellung sei die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Einlösung zu berücksichtigen.

Im Streitfall würden im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Kunden dem jeweiligen Punktekonto Bonuspunkte im Gegenwert von 3% bzw. 5% des bereits getätigten Wareneinkaufs gutgeschrieben. Insofern handele es sich nur in Höhe von 97% bzw. 95% des vereinnahmten Geldes um realisierte Umsatzerlöse. Die Verpflichtung aus den Bonuspunkten und den daraus erstellten Gutscheinen sei mit von Kunden gekauften Geschenkgutscheinen exakt vergleichbar und in gleicher Weise bilanziell zu erfassen und grundsätzlich zu passivieren. Dass gekaufte Gutscheine auch aus wirtschaftlicher Sichtweise der Kunden mit den Gutscheinen aus gesammelten Bonuspunkten vergleichbar seien, lasse sich anhand der in beiden Fällen hohen Einlösungsquoten (im Durchschnitt der in 2010 bis 2012 gekauften Gutscheine: 89,2%; Gutscheine aus in 2010 bis 2012 gesammelten Bonuspunkten: 58% im stationären Einzelhandel und 69,3% im Onlineshop) erkennen. Dass im Rahmen des Bonuspunkteprogramms von A nur eine Sachleistungsverpflichtung und keine Barauszahlungsverpflichtung der gutgeschriebenen Bonuspunkte bestehe, sei für die Rückstellungsbildung irrelevant.

Im Übrigen gehe die Finanzverwaltung selbst davon aus, dass die Ausgabe von Bonuspunkten Bestandteil der Gegenleistung des leistenden Unternehmens sei - und zwar offensichtlich im Zeitpunkt der Gewährung der Bonuspunkte beim ursprünglichen Einkauf (unter Hinweis auf BMF-Schreiben vom 19.5.2015 - IV C 6 - S. 2297-b/14/1000, Rz. 9d). Wenn es sich aber um eine Gegenleistung des Unternehmens im Zuge des der Gewährung von Bonuspunkten zugrundeliegenden Umsatzes handele, müsse diese Gegenleistung auch bilanziell berücksichtigt werden und zwar wie beantragt, im Wege einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten im Zeitpunkt der Bonuspunktegewährung.

Anders als bei beispielsweise in der Fußgängerzone verschenkten Gutscheinen, die unstreitig nur einen Rabatt auf erst zukünftig stattfindende Umsätze gewährten, hätte hier der Kunde sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nur dann einen Anspruch auf Bonuspunkte bzw. Gutscheine, soweit er in der Vergangenheit bereits Umsätze getätigt habe. Der Bezug zu vergangenen Umsätzen werde weiterhin dadurch verstärkt, dass die Einlösung von Gutscheinen aus gesammelten Bonuspunkten ohne irgendeinen Mindestumsatz möglich sei. Auch eine isolierte Einlösung der Gutscheine, ohne dass die Klägerin weitere Einnahmen erziele, sei möglich. Die Einlösungsverpflichtung stelle eine reine Sachleistungsverpflichtung dar. Der Kunde habe in Höhe der ausstehenden Bonuspunkte einen Herausgabeanspruch von Ware, dem sich die Klägerin nicht entziehen könne. Hierin liege der wesentliche Unterschied zum Urteilsfall des Bundesfinanzhofes im Verfahren IV R 45/09 vom 19.09.2012, bei dem es um die mögliche vergünstigte Inanspruchnahme von zukünftigen Dienstleistungen gegangen sei. Eine Kumulierung von Gutscheinen zur Erzielung einer weitgehend oder vollständigen entgeltfreien Leistungsinanspruchnahme im Folgejahr sei im Gegensatz zum A Bonusprogramm dort nicht zulässig gewesen. Eine weitere Zuzahlung sei zwingend erforderlich gewesen. Im Unterschied hierzu ergebe sich im A Bonusprogramm eine betragsmäßig feststehende Leistungsverpflichtung (0,01 € je Bonuspunkt) ausschließlich in Abhängigkeit von der Höhe der in der Vergangenheit getätigten Umsätze.

Deutlich werde die in der Vergangenheit liegende wirtschaftliche Verursachung der Bonuspunkte ebenfalls durch die Tatsache, dass neben dem Vorratsvermögen auch das übrige freie Vermögen belastet werde. Im Falle des Verkaufs des Unternehmens würde jeder potentielle Käufer die in den Bonuspunkten bestehende Verpflichtung mindernd bei der Kaufpreisermittlung berücksichtigen. Dies lasse sich beispielhaft an diversen Shop-Übernahmen zeigen. Dabei sei der Gegenwert der ausstehenden Verpflichtungen zur Einlösung von Bonuspunkten/ Gutscheinen kaufpreismindernd berücksichtigt worden, da der Erwerber zur künftigen Einlösung verpflichtet sei.

Im stationären Einzelhandel werde im Fall der Rückgabe von mit Bonuspunktegutscheinen gekauften Waren der volle Preis, d.h. inklusive des beim Kauf eingelösten Gutscheins, von der A-Filiale an den Endkunden ausbezahlt. Zum einen sei hierdurch mittelbar die Barauszahlung des Bonuspunkteguthabens möglich. Zum anderen werde durch diese Vorgehensweise der Vergangenheitsbezug der gesammelten Bonuspunkte deutlich. Würde es sich beim Kauf der Ware im Jahr 02 unter Einlösung der Bonuspunkte des Vorjahrs 01 um einen rabattierten Umsatz des Jahres 02 handeln, der keinen Bezug zum Jahr 01 habe, so würde der Kunde bei Rückabwicklung des Kaufvertrags auch nur den tatsächlich bezahlten Geldbetrag zurückbezahlt bekommen. Hierdurch werde deutlich, dass es sich im Jahr 02 um einen Umsatz in Höhe des vollen Warenwertes handele, der durch Zahlung eines Geldbetrags sowie der Einlösung eines zahlungsgleichen Gutscheins beglichen worden sei. Ferner trete sogar der Fall auf, dass bei der Einlösung eines Bonuspunktegutscheins ein den Warenwert übersteigender Gutscheinwert in bar ausbezahlt werde. Insofern sei sogar eine direkte Barauszahlung des Bonuspunkteguthabens möglich. Entsprechende Nachweise hierzu seien im Klageverfahren vorgelegt worden.

Das kaufmännische Kalkül im A Bonusprogramm bestehe gerade darin, getätigte Umsätze in kleinem Umfang nominell zu rabattieren (3% - 5%) und die Einlösung weitestgehend in Sachleistungen (bis hin zur 100% Sacheinlösung) vorzusehen, da das Unternehmen dann nur in Höhe der Herstellungskosten und nicht in Höhe des nominellen Rabattbetrags wirtschaftlich belastet sei. Das bereits erwähnte lmparitätsprinzip beinhalte gerade die Forderung, diese unternehmerische Disposition, nämlich Sachleistungsrabatte für Umsätze der Vergangenheit zu gewähren, deren Inanspruchnahme in der Zukunft liege und in der Zukunft einen negativen Erfolgsbeitrag beinhalte, in Form einer Rückstellungsbildung wirtschaftlich der verursachenden Periode zuzuordnen.

Dass es nur zu einer Inanspruchnahme der ggf. 100%-Sachleistungsverpflichtung komme, wenn der Kunde im Folgejahr die Herausgabe von Ware fordere, führe entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung gerade nicht dazu, dass die rechtliche Verpflichtung bzw. wirtschaftliche Verursachung in das Folgejahr verschoben werde. Die Verpflichtung sei ganz im Gegenteil bereits in der Vergangenheit rechtlich entstanden und wirtschaftlich verursacht. Die Tatsache, dass die Inanspruchnahme noch von einem auslösenden Moment im Folgejahr abhänge, sei dem Wesen einer Rückstellung mit ihrer Zukunftsgerichtetheit immanent, führe aber nicht zu einer Verschiebung der rechtlichen Entstehung oder wirtschaftlichen Verursachung der Verpflichtung als solcher.

Die Nichtanerkennung der Rückstellung werde im Streitfall u.a. auf § 5 Abs. 2a EStG gestützt, wonach für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen seien, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfielen, Rückstellungen erst anzusetzen seien, wenn die Einnahmen oder Gewinne anfielen. Der Gesetzgeber habe durch diese Regelung den Ansatz von Verbindlichkeiten oder Rückstellungen verhindern wollen, falls z. B. im Rahmen von Film- oder Explorationsgeschäften dem Schuldner von einem Dritten ein Gelddarlehen überlassen werde, das der Schuldner nur zurückzahlen müsse, wenn er künftig Einnahmen oder Gewinne erziele, die eine vertraglich bestimmte Grenze überschritten. Dies treffe jedoch auf den Streitfall nicht zu. Zum einen sei eine Erzielung von Gewinnen oder Einnahmen von unbeteiligten Dritten, wie es sich als Intention des Gesetzgebers aus der Gesetzesbegründung ergebe, nicht Voraussetzung für die Einlösung der Verpflichtung aus den Gutscheinen. Zum anderen sei auch die weitere Einnahmenerzielung von A aus der Geschäftsbeziehung mit dem Gutscheininhaber nicht Bedingung für die Einlösung des Gutscheins. Dabei sei hervorzuheben, dass die Erfüllung der bestehenden Verpflichtung selbst keine Erzielung von Einnahmen darstelle, da dem Wegfall der Verpflichtung der Abgang von Aktivvermögen gegenüberstehe.

Der Ansicht der Finanzverwaltung, dass nicht die gesamte Höhe der bisher gebildeten Bonuspunkterückstellung passivierungsfähig sei, werde zugestimmt. Neben der Eliminierung der enthaltenen Umsatzsteuer sei die Wahrscheinlichkeit des Nichterreichens der Mindestpunktzahl von 250 bzw. des Nichterreichens einer Punktzahl von 600 Punkten, die für einen Gutscheindruck erforderlich sei, zu berücksichtigen. Ferner sei die Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, dass gedruckte Gutscheine von den Kunden nicht eingelöst würden. Schließlich sei ein ggf. vorhandener Gewinnaufschlag zu eliminieren. Für das Streitjahr 2010 sei daher eine Rückstellung in Höhe von … € anzuerkennen. Dieser Betrag stimme mit dem Teilbericht über die Mitwirkung an der Außenprüfung bei der A GmbH & Co. KG durch das Bundeszentralamt für Steuern vom 10.10.2013 überein.

In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ergänzend vorgetragen, das Bonuspunktesystem sei im Jahr 2006 bei der Firma A H. GmbH als Rechtsvorgängerin der Klägerin eingeführt wurden. Zum 31.12.2009 sei die Firma A H. GmbH auf die Klägerin verschmolzen worden, die das Bonuspunktesystem seitdem fortführe. Es handele sich um ein personifiziertes Kundenbindungsprogramm, das mit Akzeptanz der Teilnahmebedingungen durch den Kunden zwischen diesem und der Klägerin entstehe. Dadurch begebe sich die Klägerin neben dem einzelnen Einkauf des Kunden in eine weitere Rechtsbeziehung, die konkrete (zivilrechtliche) Ansprüche des Kunden und Verpflichtungen der Klägerin begründe. Aus den Teilnahmebedingungen ergebe sich u.a. die Verpflichtung der Klägerin, die Bonuspunkte bzw. ausgestellten Gutscheine als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Darin sei eine Außenverpflichtung der Klägerin sowohl unter rechtlichen Aspekten (Verpflichtung aus den vereinbarten Teilnahmebedingungen) als auch unter wirtschaftlichen Aspekten (faktischer Leistungszwang gegenüber den Kunden) zu sehen. Letztendlich sei die Ware bei A mit 3% bzw. 5% rabattiert. Der am Bonuspunkteprogramm teilnehmende Kunde bekomme diesen Rabatt jedoch nicht ausbezahlt, sondern erhalte diesen in Form eines Gutscheins für künftige Einkäufe. Im Unterscheid zu anlassbezogenen Gutscheinen (z.B. anlässlich des Geburtstages, zu Weihnachten etc.), die wirtschaftlich gesehen keinen Bezug zur Vergangenheit aufwiesen und der Höhe nach u.U. vom künftigen Kaufpreis abhingen (z.B. 10%-Rabatt-Gutschein auf den nächsten Einkauf), ergebe sich die wirtschaftliche Verursachung der Höhe des von A im Rahmen des Bonuspunktesystems ausgestellten Gutscheins ausschließlich aus den in der Vergangenheit getätigten Umsätzen. Zwar sei die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes noch nicht abschließend geklärt, entscheidender Umstand sei aus Sicht der Klägerin für die wirtschaftliche Verursachung jedoch, was die Höhe des Gutscheines präge; dies seien zweifellos die in der Vergangenheit getätigten Umsätze. Darin sei auch der wesentliche Unterschied zu dem vom Bundesfinanzhof im Verfahren IV R 45/09 beurteilten Fall der Ausgabe von 10 DM-Gutscheinen als Weihnachtsgeschenke zu sehen, die keinen Bezug zu Umsätzen der Vergangenheit aufwiesen, sondern anlassbezogen zu Weihnachten ausgegeben worden seien. Der Vergangenheitsbezug im A Kundenbindungsprogramm werde auch daran deutlich, dass der Wert des Zahlungsmittels (Gutschein) in keiner Weise mit dem neuen Einkauf zusammenhänge.

Der Prozessbevollmächtigte beantragt, den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2010 vom 04.08.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.07.2017 dahin zu ändern, dass die gewerblichen Einkünfte um Aufwendungen für die Bildung einer Rückstellung für Bonuspunkte in Höhe von … € gemindert werden.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen, und führt hierzu im Wesentlichen folgen-des aus:

Die Klägerin habe wegen der gewährten Bonuspunkte bzw. der ausgegebenen Gutscheine keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden dürfen, weil die darauf beruhenden Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren, denn sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Leistungen.

Die Bildung einer Rückstellung wegen einer rechtlich bereits entstandenen, der Höhe nach aber ungewissen Verbindlichkeit komme vorliegend nicht in Betracht, da der Anspruch auf Preisermäßigung einen weiteren Umsatz der Klägerin in den Folgejahren voraussetze. Soweit die eingekaufte Ware den Wert des Gutscheins übersteige, setze der Anspruch auf Preisermäßigung auch die Entstehung eines Zahlungsanspruchs der Klägerin voraus. Diese Voraussetzungen seien im Jahr der Gutschrift der Bonuspunkte bzw. der Ausgabe der Gutscheine noch nicht erfüllt gewesen. Folglich habe die Klägerin nicht alle Tatbestandsmerkmale erfüllt, die für das rechtliche Entstehen der Einlösungsverpflichtung wesentlich seien. Es habe gerade keinen einklagbaren Anspruch der Kunden auf Auszahlung der Bonusgutschrift zum 31.12. gegeben, denn Bedingung für die Einlösung des Bonusversprechens sei ein Neukauf gewesen. Das Entstehen der entsprechenden Verbindlichkeit sei dem Grunde nach ungewiss gewesen. Die Verpflichtung sei daher im Jahr der Gutschrift der Bonuspunkte bzw. der Ausgabe der Gutscheine in dem für die Bilanzierung maßgeblichen Sinne rechtlich noch nicht entstanden (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 17.01.2010 I R 103/08).

Das handels- und steuerrechtliche Schrifttum habe bislang noch keine einheitliche Auffassung entwickelt, welche Kriterien vorliegen müssten, damit eine von der rechtlichen Entstehung abweichende wirtschaftliche Verursachung vorliege. Nach der Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesfinanzhofes sei eine vor der rechtlichen Entstehung entstandene wirtschaftliche Verursachung nur dann gegeben, wenn die Verbindlichkeit „so eng mit dem betrieblichen Geschehen des Wirtschaftsjahrs verknüpft sei, dass es geboten sei, sie wirtschaftlich als Aufwand des jeweiligen Wirtschaftsjahrs zu behandeln. Daher müssten die wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Verpflichtung erfüllt seien und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen“ (unter Hinweis auf BFH-Urteil vom 08.09.2011 IV R 5/09). Im Streitfall sei bei Ausgabe der Bonusgutscheine noch kein Aufwand entstanden. Die damit einhergehende versprochene Preisminderung bei künftigen Umsätzen der Klägerin sei nicht bereits durch das Versprechen im Ausgabezeitpunkt, sondern erst durch den Einkauf im Folgejahr wirtschaftlich verursacht, denn sie bezöge sich nur auf das Entgelt für eine künftige Leistung. Der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung falle daher mit dem Zeitpunkt der rechtlichen Entstehung zusammen. Die wirtschaftliche Verursachung könne deshalb nicht vor dem Bilanzstichtag liegen. Es handele sich um eine Verbindlichkeit, die von einem Veräußerungsvorgang in der Vergangenheit abhänge, aber erst zukünftig - im Zeitpunkt der Einlösung des Gutscheins - entstehe. Obwohl die Grundlage für das Ansammeln der Bonuspunkte und die Erstellung der Gutscheine zweifellos bei den Kundeneinkäufen in der Vergangenheit liege und die wirtschaftliche Belastung des Unternehmens im Hinblick auf die nach dem Bilanzstichtag entsprechend den Erfahrungswerten der Vergangenheit wahrscheinlich eintretenden Einlösungsverpflichtungen offensichtlich sei, sehe die Rechtsprechung die wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag nicht als gegeben an und beziehe sie auf die Zukunft, weil die rechtliche Verpflichtung zur Einlösung der Gutscheine erst beim zukünftigen Neueinkauf entstehe. Vor diesem Hintergrund gingen die Argumente der Klägerin - so einleuchtend sie auf den ersten Blick auch seien - ins Leere.

(1) Die Tatsache, dass Barauszahlungen der Bonusgutscheine an Kunden stattgefunden hätten, ändere nichts an der bisherigen Rechtsauffassung des Finanzamts. Die Möglichkeit einer Barauszahlung des Gutscheinwertes sei nach den vorliegenden Teilnahmebedingungen nicht vorgesehen, der Kunde habe keinen Rechtsanspruch darauf. Es handele sich um eine reine Kulanzleistung der Klägerin. Für die steuerliche Würdigung müsse sich die Klägerin jedenfalls an den konkreten rechtlichen Vorgaben messen lassen, die sie selbst in den schriftlichen Teilnahmebedingungen des Bonuspunkteprogramms gesetzt habe und die für alle Kunden rechtlich maßgebend seien.

(2) Soweit die Klägerin in der Klagebegründung das BMF-Schreiben vom 19.05.2015, Az: IV C 6 · S. 2297-b/14/10001, zitiere und darauf abstelle, dass bei der Teilnahme eines Kunden an einem Bonusprogramm die Ausgabe der Bonuspunkte zum Bestandteil der Gegenleistung des leistenden Unternehmers werde, könne sich daraus vorliegend keine bilanzielle Berücksichtigung ergeben. Die Klägerin lasse hierbei unberücksichtigt, dass die Ausgabe der Bonuspunkte zwar auf dem in der Vergangenheit liegenden Erwerb von Waren durch den am Bonusprogramm teilnehmenden Kunden beruhe, die Entstehung der Verbindlichkeit aus den Bonuspunkten jedoch von der Einlösung der Bonusgutscheine und damit von zukünftigen Rechtsgeschäften abhänge. Auch bei den Sachverhalten, die den Urteilen des Bundesfinanzhofes vom 19.09.2012, Az. IV R 45/09, und des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 03.06.2013, Az. 6 K 357/12, zu Grunde gelegen hätten, habe die Ausgabe der Bonuspunkte bzw. Gutscheine an Umsätze aus der Vergangenheit angeknüpft. Unabhängig davon, ob mehrere Gutscheine kumuliert werden durften oder nicht, trete bei dem vorliegenden Card System - wie auch in den Urteilsfällen - die wirtschaftliche Verursachung im Folgejahr ein und die Gutscheine seien rechtlich nicht selbständig von der Leistungsbeziehung im Folgejahr zu sehen.

(3) Aus dem von der Klägerin gezogenen Vergleich mit anderen Rückstellungen lasse sich ebenfalls nichts Abweichendes herleiten, denn im Streitfall liege die rechtliche Entstehung und wirtschaftliche Verursachung der Bonusgutscheine im Folgejahr, sodass keine Rückstellungsbildung möglich sei. Der Argumentation der Klägerin, dass im Folgejahr bei Einlösung des Bonusgutscheines infolge eines neuen Rechtsgeschäftes nur eine Inanspruchnahme aus der Verpflichtung vorliege, könne nicht gefolgt werden. Die angeführten Rückstellungsbeispiele (für Urlaubsansprüche, Auszahlung von variablen Vergütungen an Arbeitnehmer, Geschenkgutscheine, etc.) zur Unterstützung der Argumentation seien nicht vergleichbar, denn dort liege die wirtschaftliche Verursachung bzw. Verpflichtung bereits zum Bilanzstichtag vor.

(4) Schließlich seien aus Sicht des Finanzamts die beiden Gutscheinarten (Gutscheine aus Bonuspunkten und käuflich erworbene Geschenkgutscheine) nicht vergleichbar. Bei einem Geschenkgutschein erhalte der Unternehmer nämlich eine Baranzahlung von einem Kunden für eine Leistung an einen fremden Dritten. Dieser könne den Gutschein dann gegen Ware bei dem Unternehmer einlösen, so dass es nur zu einem abweichenden Zahlungszufluss komme. Falls dieser Geschenkgutschein verfalle, müsse der Unternehmer die erhaltene Anzahlung gegen Ertrag ausbuchen. Ganz anders gestalte sich jedoch der Sachverhalt hinsichtlich der Bonusgutscheine. Hier erhalte der Kunde selbst vom Unternehmer einen Bonus für seine Kundentreue. Im Rahmen der Gesamtgewinnbetrachtung wirke sich dieser Sachverhalt, abweichend von dem Geschenkgutschein, ertragsmindernd aus. Während es sich bei Geschenkgutscheinen um sonstige Wertpapiere handele, die veräußert werden könnten, handele es sich bei Bonuspunktegutscheinen nicht um handelbare Wirtschaftsgüter.

(5) Sollte man jedoch entgegen der Auffassung des Finanzamtes zu dem Schluss gelangen, dass rückstellungsfähige Aufwendungen dem Grunde nach vorlägen, würde § 5 Abs. 2a EStG die Rückstellungsbildung im Streitfall verbieten. Ungeachtet der Frage, ob § 5 Abs. 2 a EStG - wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meine - ausgehend von der Intention des Gesetzgebers nicht auf Sachverhalte wie den Streitfall anwendbar sei, treffe der bloße Gesetzeswortlaut eindeutig auf den Sachverhalt zu. Nach der Ausgestaltung des A Card Systems stehe es aus Sicht des Finanzamts außer Frage, dass mit der Ausgabe der Gutscheine ein Anreiz für Kunden geschaffen werden sollte, Neueinkäufe zu tätigen, die die Umsätze der Klägerin in der Zukunft steigern und auch zu Mehreinnahmen führen sollten. Der Sonderfall, dass mit dem Neueinkauf keine Einnahmen erzielt würden, weil der Einkaufswert unter dem Gutschriftenbetrag bleibe bzw. mit diesem identisch sei, müsse wohl eher als Ausnahme bezeichnet werden.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, den Inhalt der Akten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25.04.2019 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist weitgehend begründet.

Die Klägerin konnte ihr Begehren der Bildung einer Rückstellung für gewährte Bonuspunkte bzw. ausgestellte Gutscheine in der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2010 in Höhe von … € betragsmäßig auf … € erweitern, da hierdurch nach Ablauf der Klagefrist nicht weitere, bisher nicht zum Gegenstand der Klage gemachte Anfechtungsgegenstände an Stelle oder neben den bisher angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt wurden, sondern das Begehren sich nur betragsmäßig geändert hat (vgl. BFH-Beschluss vom 12.09.2006 I B 169/05, BFH/NV 2007, 48 und Gräber/Herbert FGO, 8. Aufl. 2015, § 65 Rz. 77).

Selbst wenn in der nachträglich geltend gemachten betragsmäßigen Erweiterung der Rückstellung für gewährte Bonuspunkte bzw. ausgestellte Gutscheine in der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2010 eine Klageänderung zu sehen wäre, wäre diese gemäß § 67 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig gewesen, weil das Finanzamt darin eingewilligt hat. Die Einwilligung wäre gemäß § 67 Abs. 2 FGO darin zu sehen, dass das Finanzamt im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2019 seinen Antrag rügelos auf Abweisung auch des ergänzten Klageantrags gestellt und sich dadurch auf die geänderte Klage eingelassen hat. Da sich die Beteiligten - einschließlich der Bundesbetriebsprüfung - einvernehmlich auf die Ermittlung und Höhe der Rückstellung von 1.607.212 € verständigt haben, hält das Gericht die betragsmäßige Erweiterung des Klageantrags auf diesen unstrittigen Betrag auch für sachdienlich.

Die Klägerin hat in der Bilanz zum 31.12.2010 eine Rückstellung für die Einlösungsverpflichtung von gewährten Bonuspunkten bzw. ausgestellten Gutscheinen als Zahlungsmittel gegenüber den am Bonussystem teilnehmenden Kunden in Höhe von … € einzustellen. Aus Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns musste die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch mit einer Inanspruchnahme aus den gewährten Bonuspunkten bzw. ausgestellten Gutscheinen in dieser Höhe rechnen. Die festgestellten Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb sind daher um … € zu mindern.

Soweit die Klägerin einen darüberhinausgehenden Betrag von … € als Rückstellung beantragt, ist die Klage als unbegründet abzuweisen, da sich aus der von der Klägerin vorgelegten Berechnung zur Rückstellung lediglich ein Betrag von … €, gerundet … €, ergibt.

Zum Bilanzstichtag 31.12.2010 bestand die Verpflichtung der Klägerin gegenüber den am Bonussystem teilnehmenden Kunden, die gewährten Bonuspunkte bzw. ausgestellten Gutscheine als Zahlungsmittel bei Tätigung eines neuen Einkaufs (= Einlösung) zu akzeptieren. Diese Verpflichtung stellt keine gewisse Verbindlichkeit dar, da sie der Höhe nach ungewiss ist.

Verbindlichkeit ist die Verpflichtung des Unternehmers zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt (vgl. BFH-Urteile vom 22.11.1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; vom 04.02.1999 IV R 54/97, BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139; und vom 06.04.2000 IV R 31/99, BFHE 192, 64, BStBl II 2001, 536).

Verbindlichkeiten hatte die Klägerin wegen der Gewährung von Bonuspunkten bzw. Ausstellung von Gutscheinen nicht auszuweisen, weil die darauf beruhenden Verpflichtungen der Klägerin im jeweiligen Ausgabejahr der Höhe nach noch ungewiss waren. Denn die Verpflichtung der Klägerin, die gewährten Bonuspunkte bzw. ausgestellten Gutscheine unter Anrechnung auf den Kaufpreis als Zahlungsmittel (Leistung an Erfüllungs-Statt) zu akzeptieren, hing davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine bzw. Bonuspunkte innerhalb des mit dem Kunden vereinbarten Gültigkeitszeitraums, spätestens jedoch bis zum Ablauf von drei Jahren nach Gutschrift der Punkte bzw. Erteilung des Gutscheins, einen weiteren Einkauf tätigten. Wie viele Kunden davon Gebrauch machen würden, war zum Bilanzstichtag 31.12.2010 noch ungewiss.

Nach den Teilnahmebedingungen am Bonussystem war eine isolierte Einlösung der Gutscheine bzw. Bonuspunkte in Form einer Barauszahlung oder eines Eintausches gegen eine Sachleistung nicht möglich. Darin unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem Urteilsfall des Bundesfinanzhofes im Verfahren mit dem Aktenzeichen VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, in dem der Bundesfinanzhof bei der Ausgabe von Gutmünzen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gewisse Verbindlichkeiten angenommen hat. Diese Annahme beruhte entscheidend darauf, dass im dortigen Urteilsfall aufgrund der Verpflichtung zur Barauszahlung eine nach den Ausgabebedingungen der Klägerin unbedingte und in ihrer Höhe feststehende Verbindlichkeit zu sehen war.

In der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2010 war dem Grunde nach eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten im Hinblick auf die zu erwartende Einlösung der gewährten Bonuspunkte bzw. ausgestellten Gutscheine zu bilden, da diese durch den Betrieb der Klägerin verursacht waren (§ 4 Abs. 4 EStG).

Wird der Gewinn - wie im Streitfall - durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, ist für den Schluss des betreffenden Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) auszuweisen ist (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 4 Abs. 1 EStG). Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kaufleute“ der §§ 238 ff. HGB. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HBG hat die Klägerin in ihrer Bilanz Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren.

Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entweder (erstens) das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder (zweitens) die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer - ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen - Verbindlichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 20.08.2008 I R 19/07, BFHE 222, 494, BStBl II 2011, 60). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688). Für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten ist des Weiteren ein wirtschaftlicher Bezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 27.06.2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; vom 30.01.2002 I R 71/00, BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279; vom 30.11.2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251; vom 13.12.2007 IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516).

Eine Verbindlichkeit besteht wahrscheinlich, wenn nach den am Bilanzstichtag objektiv gegebenen und bis zur Aufstellung der Bilanz subjektiv erkennbaren Verhältnissen mehr Gründe für als gegen das Bestehen der Verbindlichkeit sprechen. Eine Verbindlichkeit, auch eine ungewisse Verbindlichkeit, muss bereits eine wirtschaftliche Belastung darstellen.

Darüber hinaus muss auch die Inanspruchnahme wahrscheinlich sein. Der Steuerpflichtige darf dabei nicht die pessimistischste Alternative wählen; auch für die Inanspruchnahme müssen mehr Gründe als dagegensprechen. Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 30.01.2002 I R 68/00, BStBl II 2002, 688).

Nach diesen Grundsätzen durfte die Klägerin im Hinblick auf die zu erwartende Einlösung der gewährten Bonuspunkte bzw. ausgestellten Gutscheine vorliegend eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden.

Die mit der Ausstellung von Gutscheinen bzw. der Gewährung von Bonuspunkten begründete Verpflichtung der Klägerin, diese unter Anrechnung auf den Kaufpreis als Zahlungsmittel (Leistung an Erfüllungs-Statt) zu akzeptieren, bestand dem Grunde nach am Bilanzstichtag. Die Einlösung hing jedoch vom Abschluss eines neuen Kaufvertrages mit der Klägerin ab, weshalb die Verpflichtung im Ausgabejahr der Punkte bzw. Gutscheine der Höhe nach noch ungewiss war.

Grundlage der vom Senat im Streitfall angenommenen Verpflichtung der Klägerin ist das zwischen der Klägerin und dem am Bonussystem teilnehmenden Kunden bestehende eigenständige Vertragsverhältnis zum Sammeln und Einlösen der Punkte. Gemäß den für das Streitjahr 2010 geltenden „Allgemeinen Bedingungen des A Card-Systems“ verpflichtete sich die Klägerin, den Bonuscard-Inhabern beim Einkauf in den teilnehmenden A Stores bzw. beim Einkauf im A Onlineshop Bonuspunkte auf den jeweiligen Wert ihres Einkaufs in Höhe von 3% mit einem Gegenwert von einem Cent pro Punkt gutzuschreiben. Weiterhin verpflichtete sich die Klägerin, die auf dem Bonuskonto gutgeschriebenen Punkte ab einem Punktestand von 250 Punkten (entspricht einem Wert von 2,50 €) im A Onlineshop bzw. die ausgestellten Gutscheinbeträge für Karteninhaber, deren Bonuskonto einem bestimmten Store zugeordnet war, bei einem (weiteren) Einkauf des Karteninhabers unter Anrechnung auf den Kaufpreis einzulösen (vgl. unter 3. der Teilnahmebedingungen). Hinsichtlich der bis zum Bilanzstichtag ausgegebenen und noch einlösbaren Gutscheine bzw. Bonuspunkte bestand daher aus den vertraglichen Regelungen (allgemeine Bedingungen des A Card-Systems) mit dem teilnehmenden Kunden die zivilrechtliche Verpflichtung der Klägerin, diese unter Anrechnung auf den Kaufpreis einzulösen. Der Tatbestand, an den die Leistungspflicht, die Annahme des im Gutschein ausgewiesenen Betrags bzw. der auf dem Bonuskonto gutgeschriebenen Punkte zum Gegenwert von 1 Cent pro Punkt (ab 250 Punkten) als Zahlungsmittel (Leistung an Erfüllungs-Statt) unter Anrechnung auf den Kaufpreis, geknüpft war, war damit für die zum 31.12.2010 bereits ausgegebenen und noch einlösbaren Gutscheine bzw. Bonuspunkte der Höhe nach noch ungewiss, da der neue Einkauf als Einlösungsbedingung noch nicht verwirklicht war.

Selbst wenn man der Ansicht des Finanzamtes folgend den Tatbestand der Leistungspflicht vorliegend weit auslegt und den Abschluss eines weiteren Kaufvertrages nach Erteilung der Gutscheine bzw. Gutschrift der Punkte zum Tatbestand hinzurechnet, wäre der für die Passivierung erforderliche wirtschaftliche Bezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem Bilanzstichtag nach Ansicht des Senats gegeben.

(1) Der Vergangenheitsbezug setzt voraus, dass die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale für das Entstehen der Verbindlichkeit bereits am Bilanzstichtag erfüllt sind und das rechtliche Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12.12.1991 IV R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600; vom 30.01.2002 I R 71/00, BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279; vom 30.11.2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251; vom 27.01.2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614). Maßgeblich ist dabei die wirtschaftliche Wertung des Einzelfalles vor dem Hintergrund der rechtlichen Struktur des Tatbestands, mit dessen Erfüllung die Verbindlichkeit entsteht (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251).

(2) Im Streitfall ist der Senat bei der vorzunehmenden umfassenden Wertung des Einzelfalls der Überzeugung, dass die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale für das Entstehen der Verbindlichkeit vorliegend bereits am Bilanzstichtag erfüllt waren. Die Ansprüche der an einem personifizierten Bonuspunktesystem - wie dem vorliegenden - teilnehmenden Kunden auf Akzeptanz des Gutscheinbetrags bzw. der gutgeschriebenen Punkte als Zahlungsmittel im Rahmen eines abgeschlossenen (neuen) Kaufvertrags weisen ein wirtschaftlich wesentliches Merkmal auf, welches an die Zeit vor dem Bilanzstichtag anknüpft. Das wirtschaftliche Kalkül im A Bonusprogramm besteht gerade darin, getätigte Umsätze in kleinem Umfang nominell zu rabattieren (3% - 5%) und die Einlösung weitestgehend in Sachleistungen (bis hin zur 100% Sacheinlösung) vorzusehen, da das Unternehmen dann nur in Höhe der Herstellungskosten und nicht in Höhe des nominellen Rabattbetrags wirtschaftlich belastet wird. Sowohl die Erteilung der Gutscheine als auch deren Höhe hängen laut den vorliegenden allgemeinen Teilnahmebedingungen am A Card-System ausschließlich von den innerhalb der letzten 12 Monate vor dem jeweiligen monatlichen Abrechnungszeitpunkt getätigten Einkäufen ab und weisen daher wirtschaftlich gesehen einen starken Bezug zu den Umsätzen der Vergangenheit auf. Die Verpflichtung zu Einlösung ist wirtschaftlich gesehen durch die Umsätze der Vergangenheit veranlasst. Hiervon unterscheidet sich nach Ansicht des Senats der vorliegende Streitfall von dem Urteilsfall des Bundesfinanzhofes im Verfahren mit dem Aktenzeichen IV R 45/09 (Frisör-Gutschein-Fall, BFHE 239, 66, BStBl II 2013, 123), in dem der 10-DM-Gutschein als Weihnachtsgeschenk - und damit anlassbezogen - ausgegeben wurde und dem Grunde und der Höhe nach keinen Bezug zu Umsätzen der Vergangenheit aufwies. Vorliegend wurden die Gutscheine nicht nur im Zeitraum vor dem 31.12.2010 an die teilnehmenden Kunden ausgegeben bzw. die Bonuspunkte zur Einlösung auf dem Kundenkonto gutgeschrieben, sondern der wirtschaftliche Grund - die Rabattierung der in der Vergangenheit getätigten Umsätze - liegt ausschließlich in den im Zeitraum vor dem 31.12.2010 getätigten Umsätzen. Der Wert des durch die Gutscheine und Bonuspunkte von der Klägerin ausgegebenen Zahlungsmittels weist keinen Bezug zum neuen Einkauf aus. Die wirtschaftliche Verursachung der Höhe des Zahlungsmittels (Gutscheinwert bzw. Anzahl der Bonuspunkte) liegt ausschließlich in der Rabattierung der in der Vergangenheit getätigten Umsätze. Deshalb bezieht sich die wirtschaftliche Ursache für die Gewährung von Bonuspunkten auf Zeiträume vor dem Bilanzstichtag.

Zwar soll durch die Möglichkeit der Einlösung von Gutscheinen bzw. Punkten (lediglich) im Rahmen von neuen Einkäufen auch eine Kundebindung für die Zukunft erlangt werden, dieser Aspekt steht nach Ansicht des Senats dem Vergangenheitsbezug aber nicht entgegen, da laut den vorliegenden allgemeinen Teilnahmebedingungen bei Abschluss des neuen Kaufvertrages kein Mindestumsatz für die Einlösung von Gutscheinen aus gesammelten Bonuspunkten bzw. der Bonuspunkte selbst Voraussetzung ist. Auch eine isolierte Einlösung der Gutscheine, ohne dass die Klägerin weitere Einnahmen erzielte, war möglich. Wirtschaftlich gesehen hat der am Bonussystem teilnehmende Kunde in Höhe der ausstehenden Bonuspunkte einen Herausgabeanspruch von Ware (Sachleistungsverpflichtung), dem sich die Klägerin nicht entziehen konnte. Hierin liegt ebenfalls ein weiterer Unterschied zum Urteilsfall des Bundesfinanzhofes im Verfahren IV R 45/09 (Frisör-Gutscheine-Fall), bei dem es um die mögliche vergünstigte Inanspruchnahme von zukünftigen Dienstleistungen ging. Das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB normierte lmparitätsprinzip beinhaltet gerade die Forderung, die unternehmerische Disposition, nämlich Sachleistungsrabatte für Umsätze der Vergangenheit zu gewähren, deren Inanspruchnahme in der Zukunft liegt und in der Zukunft einen negativen Erfolgsbeitrag beinhaltet, in Form einer Rückstellungsbildung wirtschaftlich der verursachenden Periode zuzuordnen.

Die für die Erteilung der Bonuspunkte und damit für die Ausgabe eines Zahlungsmittels für künftige Einkäufe wirtschaftlich maßgeblichen Umstände bestehen in der Rabattierung von Umsätzen der Vergangenheit und sind daher vorrangig mit dem betrieblichen Geschehen der Vergangenheit verbunden. Nach den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung musste die A-Card vor Abschluss des Kaufvertrages an der Kasse vom Kunden vorgelegt werden, um den Rabatt für diesen Einkauf in Form von Punkten zu erhalten. Eine nachträgliche Gutschrift von Punkten war nicht möglich. Rechtlich ergibt sich die Verpflichtung der Klägerin zur Gewährung von Bonuspunkten und Gutscheinen und deren Akzeptanz als Zahlungsmittel - im Rahmen eines erst noch abzuschließenden neuen Kaufvertrages - aus den Vereinbarungen mit dem einzelnen Kunden über das Bonussystem (bindender Vertrag) und unterscheidet sich in der rechtlichen Ausgestaltung damit deutlich von anlassbezogenen Gutscheinen wie im Frisör-Gutschein-Fall (IV R 45/09, BFHE 239, 66, BStBl II 2013, 123), in dem der Kunde ohne Rechtsanspruch einen Gutschein anlässlich des Weihnachtsfestes überreicht bekam. Die entsprechende Leistungspflicht der Klägerin knüpft laut den allgemeinen Teilnahmebedingungen an die Umsätze der Vergangenheit an und deckt mit der Rabattierung deren mithin Vergangenes ab. Die Klägerin hat sich zu diesem Vergangenheitsbezug zudem vertraglich gegenüber dem jeweiligen Kunden im Rahmen der allgemeinen Teilnahmebedingungen auch verpflichtet.

(3) Auch die weiteren Umstände des Einzelfalls sprechen für einen Vergangenheitsbezug. So wurde beispielsweise bei Rückgabe von mit Bonusgutscheinen im stationären Einzelhandel gekauften Waren der volle Preis, d.h. inklusive des beim Kauf eingelösten Gutscheins von der Klägerin an den Endkunden ausbezahlt (vgl. FG-Akte Blätter 110 und 111). Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, dass es sich bei einer Rückerstattung des vollen Kaufpreises einschließlich des eingelösten Gutscheinwertes wirtschaftlich um keine Rabattierung des aktuellen Einkaufs handelt, denn sonst dürfte der Kunde bei Rückabwicklung des Kaufvertrags auch nur den tatsächlich bezahlten Geldbetrag zurückbezahlt bekommen, sondern der vergangenen Einkäufe. Für die in der Vergangenheit liegende wirtschaftliche Verursachung der Bonuspunkte spricht weiterhin die Tatsache, dass im Falle der Übernahme von Stores durch die Klägerin die in den Bonuspunkten bestehende Verpflichtung dem bisherigen Shop-Inhaber in Rechnung gestellt wurde (vgl. FG-Akte Blätter 107 - 109), da der Erwerber zur künftigen Einlösung verpflichtet war. Im Ergebnis wurde die Verpflichtung zur Einlösung der Bonuspunkte bzw. Gutscheine damit kaufpreismindernd berücksichtigt. Sie stellt zur Überzeugung des Senats eine „echte“ wirtschaftliche Belastung für das Unternehmen dar, die unter fremden Dritten bei Übernahme der Verpflichtung entsprechend finanziell abgelöst werden musste.

Die aus den im Rahmen des Kundenbindungsprogramms gewährten Bonuspunkten bzw. erteilten Gutscheinen resultierende Verpflichtung zu deren Akzeptanz als Zahlungsmittel war damit so eng mit diesem betrieblichen Geschehen verknüpft, dass es aus wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist, sie als am Bilanzstichtag bestehende Verbindlichkeit zu behandeln.

Zum Bilanzstichtag war auch eine Inanspruchnahme der Klägerin hinreichend wahrscheinlich.

Wahrscheinlich ist die Inanspruchnahme, wenn mehr Gründe dafür als dagegensprechen. Diese Voraussetzung ist nicht nach den subjektiven Erwartungen des Steuerpflichtigen zu prüfen, sondern auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.1997 IV R 95/96, BFHE 185, 160, BStBl II 1998, 375).

Mit Ausgabe der Gutscheine bzw. Gutschrift der Bonuspunkte auf dem Kundenkonto war die Klägerin verpflichtet, diese bei einem neuen Einkauf als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Die Einlösung war nicht von einem Mindestumsatz abhängig. Nach den Erfahrungswerten der Jahre 2006 bis 2009 verfielen im stationären Handel durchschnittlich rund 40% der ausgestellten Gutscheine, d.h. die Klägerin musste mit einer Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme von 60% rechnen. Im Online-Shop war die Einlösungswahrscheinlichkeit mit Streitjahr 2010 mit über 80% sogar noch deutlich höher (vgl. FG-Akte Blatt 105). Aus Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns musste die Klägerin daher mit einer Inanspruchnahme der ausgestellten Gutscheine und erteilten Bonuspunkte bei künftigen Neueinkäufen rechnen; das Entstehen der Verbindlichkeit war damit aufgrund dieser Erfahrungswerte hinreichend wahrscheinlich.

Die Rückstellung in der Bilanz der Klägerin zum 31.12.2010 ist in Höhe von … € zu bilden, da die Klägerin zum Bilanzstichtag mit einer Inanspruchnahme in dieser Höhe zu rechnen hatte.

Gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist die Rückstellung in Höhe des Betrags anzusetzen, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist (vgl. Schmidt/Weber-Grellet EStG, 38. Aufl. 2019, § 5 Rz. 421). Vernünftige kaufmännische Beurteilung gebietet eine Rückstellung in der Höhe, in der am Bilanzstichtag mit einer Inanspruchnahme der Klägerin aus den erteilten Gutscheinen bzw. gutgeschriebenen Bonuspunkten zu rechnen war.

Nach den unstreitigen Feststellungen der Bundesbetriebsprüferin belief sich der Wert der zum Bilanzstichtag 31.12.2010 ausgegebenen Punkte, die noch nicht älter als drei Jahre waren, auf … €. Zwar war die Klägerin nach den allgemeinen Teilnahmebedingungen nur zur Einlösung der Punkte und Gutscheine innerhalb eines Jahres nach Erteilung bzw. Gutschrift verpflichtet, gleichwohl hat die Klägerin - unter Beachtung zivilrechtlicher Verjährungsvorschriften - eine Einlösung innerhalb von drei Jahren akzeptiert. In diesem Umfang bestand daher jedenfalls eine faktische Leistungspflicht der Klägerin. Da es sich bei den aufaddierten Bonuspunkten um einen Bruttobetrag handelt, eine Belastung der Klägerin jedoch lediglich in Höhe des Nettobetrages gegeben ist, wurde aus dem Betrag zutreffend die Umsatzsteuer (… €) herausgerechnet. Weiterhin wurde zwischen den Beteiligten übereinstimmend die Höhe der Rückstellung um Gewinnanteile der Klägerin aus den künftigen Einkäufen in Höhe von … € (= 8% aus … €) gemindert. Aus dem so errechneten (bereinigten) Wert der ausgegebenen Bonuspunkte von … € wurde ein Anteil von 25% (… €), der auf Kunden mit einem Punktekonto unterhalb der Mindestpunktzahl von 600 Punkten entfiel, ebenfalls herausgerechnet, da zum Bilanzstichtag insoweit nicht überwiegend wahrscheinlich war, dass jene Kunden die Mindestpunktzahl noch erreichten. Dieser von den Beteiligten unter Mitwirkung der Bundesbetriebsprüfung ermittelte Wert ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Er beruht auf den ermittelten Erfahrungswerten und berücksichtigt eine wirtschaftlich realistische Belastung der Klägerin zum Bilanzstichtag 31.12.2010 durch das Bonussystem. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung geht der Senat davon aus, dass nicht alle am Bonussystem teilnehmenden Kunden auch tatsächlich die vereinbarte Mindestpunktzahl für die Gutscheinerteilung erreichen werden.

Aufgrund der Erfahrungswerten der Jahre 2006 bis 2009 im stationären Handel konnte die Klägerin zum Bilanzstichtag schließlich damit rechnen, dass durchschnittlich 39,99% der ausgegebenen Gutscheine nicht eingelöst werden. Aus dem bereinigten Wert der ausgegebenen Punkte von … € wurde von den Beteiligten zutreffend ein Betrag von … € (= 39,99% aus … €) abgezogen, da die Klägerin in dieser Höhe nicht mit einer Inanspruchnahme rechnen musste. Unter mindernder Berücksichtigung von Konten mit noch nicht erreichten Mindestpunktzahl sowie der wahrscheinlich verfallenden Gutscheine konnte die Klägerin bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung mit einer Inanspruchnahme aus den erteilten Gutscheinen bzw. gutgeschriebenen Bonuspunkten in Höhe von … € (gerundet: … €) rechnen. Wegen der Einzelheiten wird auf das mit Telefax vom 24.04.2019 übermittelte Berechnungsblatt der Bundesbetriebsprüferin verwiesen.

Soweit die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung und im Teilabschlussbericht über die Mitwirkung des Bundeszentralamtes für Steuern an der Außenprüfung bei der A GmbH & Co. KG vom 10.10.2013 von einem unstreitigen Wert von … € ausgegangen sind, statt von einem rechnerischen Wert von … €, liegt nach Auffassung des Senats ein unbewusster „Zahlendreher“ vor.

Da der Klageantrag gleichwohl auf Minderung der gewerblichen Einkünfte der Klägerin um Aufwendungen für die Bildung einer Rückstellung für Bonuspunkte in Höhe von … € lautet, war die Klage im Übrigen abzuweisen.

Die Bildung einer Rückstellung wird im Streitfall nicht durch das steuerliche Passivierungsverbot für gewinn- und einnahmenabhängige Verbindlichkeiten (§ 5 Abs. 2a EStG) ausgeschlossen.

Nach § 5 Abs. 2a EStG sind für Verbindlichkeiten, die nur aus künftigen Einnahmen/Gewinnen zu tilgen sind, Rückstellungen erst zu passivieren, wenn solche Gewinne/Einnahmen entstanden sind, da zuvor noch keine gegenwärtige wirtschaftliche Belastung vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.2011 I R 100/10, BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332; Schmidt/Weber-Grellet EStG, 38. Aufl. 2019, § 5 Rz. 315).

§ 5 Abs. 2a EStG wurde mit dem Steuerbereinigungsgesetz 1999 eingeführt. Das Passivierungsverbot für bedingt rückzahlbare Vermögenszuwendungen sollte der Gesetzesbegründung zufolge (vgl. BT-Drucks 14/2070) im Sinne der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung mit Einführung von Abs. 2a gesetzlich verankert werden und „der Verhinderung künftiger Steuerausfälle bei allgemeiner Anwendung der Grundsätze der Bundesfinanzhof-Rechtsprechung“ dienen. Die Finanzverwaltung hielt - z.B. im Zusammenhang mit Film- und Explorationsprojekten - über das Ansatzverbot für gewinnabhängige Verbindlichkeiten hinaus die Bildung eines Passivpostens auch für Vermögenszuwendungen, die nur in Abhängigkeit von künftigen Einnahmen zurückzuzahlen waren, im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Zuwendung für unzulässig.

Mit der gesetzlichen Regelung in § 5 Abs. 2a EStG wollte der Gesetzgeber laut Gesetzesbegründung die Fälle erfassen, in denen der Gläubiger nur auf künftige Einnahmen oder Gewinne des Schuldners Anspruch hat. Sein Rückforderungsanspruch beschränke sich dabei nur auf diese künftigen Vermögenswerte, das (übrige) Vermögen des Schuldners am Bilanzstichtag sei hiervon unberührt. Die Passivierung einer Rückzahlungsverpflichtung, d. h. die Dokumentation, ausgewiesenes Vermögen sei durch diese Verpflichtung belastet, scheide aus. Durch eine Passivierung würde der Umfang des am Bilanzstichtag vorhandenen Vermögens und damit die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen unzutreffend, d. h. zu niedrig, ausgewiesen.

Da es für das einstweilige Passivierungsverbot nach dem Gesetzeswortlaut nicht darauf ankommt, ob zuvor eine Vermögenszuwendung erfolgt ist, reicht die Regelung insoweit über die in den Gesetzesmaterialien aufgeführten Sachverhalte hinaus. Vielmehr werden alle ausschließlich aus zuordenbaren künftigen Einnahmen oder Gewinnen zu erfüllende Verpflichtungen erfasst und zwar unabhängig vom Grund ihrer Entstehung (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Richter EStG, § 5 Anm. 1905). Der Bundesfinanzhof hat eine Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs der Norm auf den in der Entwurfsbegründung angeführten Fall einer vorherigen Vermögenszuwendung durch den Gläubiger (bedingt rückzahlbare Vermögenszuwendung) als rechtlich nicht zulässig angesehen (vgl. BFH-Urteil vom 06.02.2013 I R 62/11, BFHE 240, 314, BStBl II 2013, 954). Für die Fälle der konkret formulierten reinen Gewinn- und Einnahmenabhängigkeit ist die Passivierung von Verpflichtungen verneint worden. Eine extensive Gesetzesauslegung hat die Rechtsprechung Großteils jedoch abgelehnt (vgl. hierzu die Nachweise bei Herrmann/Heuer/Raupach, Richter EStG, § 5 Anm. 1905).

Nach seinem Wortlaut ist Tatbestandsvoraussetzung für Abs. 2a, dass die Verpflichtung ausschließlich im Falle künftiger Einnahmen oder Gewinne zu erfüllen sein muss. Die Erfüllung muss durch den Anfall der Einnahmen oder Gewinne veranlasst sein, sie muss den entsprechenden Einnahmen oder Gewinnen konkret folgen, da diese hierzu zu dienen bestimmt sind. Der Veranlassungszusammenhang ist mithin wesentlich (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Richter EStG, § 5 Anm. 1916). Hängt die Erfüllung der Verpflichtung nicht ausschließlich vom Anfall künftiger Einnahmen oder Gewinne ab und ist damit wohl auch aus gesetzgeberischer Sicht angesichts der Verpflichtungserfüllung das gegenwärtige Vermögen des Schuldners als belastet anzusehen, tritt die Rechtsfolge des Passivierungsaufschubs in Abs. 2a nicht ein.

Davon ausgehend liegen die Voraussetzungen für ein steuerliches Passivierungsverbot für einnahmen- und gewinnabhängige Verbindlichkeiten gemäß § 5 Abs. 2a EStG nicht vor. Zwar hat die Klägerin sich nicht zur Barauszahlung des Gutscheinbetrags oder der Bonuspunkte verpflichtet, sondern diese nur im Rahmen eines neu abzuschließenden Kaufvertrages mit der Klägerin akzeptiert, allerdings war hierzu kein Mindestumsatz erforderlich, so dass der Kunde stets einen - den Gutscheinwert - übersteigenden Kaufpreis zu entrichten hat, der zu Einnahmen der Klägerin geführt hätte. Vielmehr hat es für die Einlösung des Gutscheins bei der Klägerin ausgereicht, dass es - unabhängig vom Warenwert - überhaupt zum neuen Kaufvertragsschluss mit dem am Bonussystem teilnehmenden Kunden gekommen ist. Wie sich den Akten entnehmen lässt, war eine Bezahlung ausschließlich mit dem Bonuspunktegutschein möglich (vgl. FG-Akte Blatt 114). Somit fehlt es nach Ansicht des Senats im Streitfall an dem von § 5 Abs. 2a EStG vorausgesetzten Veranlassungszusammenhang, da die Erfüllung der Verpflichtung der Klägerin (Akzeptanz des Gutscheins als Zahlungsmittel) nicht durch den Anfall von Einnahmen oder Gewinnen veranlasst ist, d.h., dass durch den Kauf Einnahmen der Klägerin generiert wurden, die zur Erfüllung der Verpflichtung zu dienen bestimmt sind. Die Verpflichtung der Klägerin ist vielmehr auch dann zu erfüllen, soweit künftig keine Einnahmen anfallen. Hängt, wie im Streitfall, die Erfüllung der Verpflichtung nicht ausschließlich von künftigen Einnahmen ab, tritt die Rechtsfolge des Passivierungsaufschubs in Abs. 2a nicht ein; auch aus gesetzgeberischer Sicht ist angesichts der Verpflichtungserfüllung das gegenwärtige Vermögen des Schuldners als belastet anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 06.02.2013 I R 62/11, BFHE 240, 314, BStBl II 2013, 954). Das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG setzt nach Ansicht des Bundesfinanzhofes voraus, dass sich der Anspruch des Gläubigers nur auf künftiges Vermögen (nicht: auf am Bilanzstichtag vorhandenes Vermögen) des Schuldners bezieht. Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. In Höhe des eingelösten Gutscheinwertes erhält die Klägerin gerade keine Einnahmen im Sinne des Zuflusses eines künftigen Vermögens, sondern „entledigt“ sich insoweit ihrer Verpflichtung. Allein im Wegfall der Verpflichtung durch Akzeptanz des Gutscheins kann nach Auffassung des Senats jedoch keine künftige Einnahme im Sinne des § 5 Abs. 2a EStG gesehen werden. Vielmehr ist eine „weitere“ Einnahme im Sinne des Zuflusses künftigen Vermögens notwendig, das zur Erfüllung der Verpflichtung zu dienen bestimmt ist. Vorrangiger Zweck des vorliegend zu beurteilenden Bonusprogramms ist die Kundenbindung und nicht die Überlassung von Kapital und dessen Tilgung mit künftigen Einnahmen. Die Klägerin erhält im Rahmen des vorliegenden Bonussytems über die personifizierte Bonuskarte den Namen, die Adresse und das Geburtsdatum des jeweiligen Kunden. Diese Daten kann sie zur Analyse des Kaufverhaltens sowie zur Erstellung von Kundenprofilen und diese wiederum zur gezielten Werbung oder zu anderen Marketingmaßnahmen nutzen. Außerdem gibt die Klägerin mit den gutgeschriebenen Boni Anreize für wiederholte Geschäftsbeziehungen.

Nach Auffassung des Senats liegen damit die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG nicht vor.

Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache wegen der Anforderungen an die wirtschaftliche Verursachung von Gutscheinen aus personifizierten Kundenbindungsprogrammen grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat und daneben auch eine Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Einspruchsverfahren wird wegen der Schwierigkeit der zu klärenden Rechtsfrage für notwendig erklärt (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Auch soweit das Finanzamt hinsichtlich der Nichtanerkennung der Rückstellung (in Höhe von 90 €) obsiegt hat, ist die Klägerin nur zu einem geringen Teil im Sinn von § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO unterlegen.

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(1) Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen nach den Absätzen 3 bis 5, anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernün

Handelsgesetzbuch - HGB | § 252 Allgemeine Bewertungsgrundsätze


(1) Bei der Bewertung der im Jahresabschluß ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden gilt insbesondere folgendes: 1. Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs müssen mit denen der Schlußbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 67


(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält; § 68 bleibt unberührt. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er si

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Finanzgericht Nürnberg Urteil, 25. Apr. 2019 - 4 K 1050/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 25. Apr. 2019 - 4 K 1050/17 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 06. Feb. 2013 - I R 62/11

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Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob für sog. Kostenüberdeckungen, die im Rahmen der öffentlichen Wasserversorgung innerhalb einer Preiskalkulationsperiode (Streitjahre: 200

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Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als GmbH & Co. KG Organträgerin einer GmbH, die Frisörsalons betreibt.

Bundesfinanzhof Urteil, 30. Nov. 2011 - I R 100/10

bei uns veröffentlicht am 30.11.2011

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19. Juli 1995 gegründet. Das Stammkapital betrug 100.000 DM

Bundesfinanzhof Urteil, 08. Sept. 2011 - IV R 5/09

bei uns veröffentlicht am 08.09.2011

Tatbestand 1 I. Streitig ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen Zulassungskosten für Pflanzenschutzmittel in den Jahren 1999 und 2000.

Referenzen

(1) Bei der Bewertung der im Jahresabschluß ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden gilt insbesondere folgendes:

1.
Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs müssen mit denen der Schlußbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen.
2.
Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.
3.
Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlußstichtag einzeln zu bewerten.
4.
Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlußstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlußstichtag realisiert sind.
5.
Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß zu berücksichtigen.
6.
Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden sind beizubehalten.

(2) Von den Grundsätzen des Absatzes 1 darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als GmbH & Co. KG Organträgerin einer GmbH, die Frisörsalons betreibt.

2

Von Mitte November bis Ende Dezember der Jahre 1995 bis 1997 (Streitjahre) gaben die Frisörsalons an ihre Kunden als Weihnachtsgeschenke jeweils einen bzw. ab 1996 zwei Gutscheine aus. Die Kunden erhielten die Gutscheine bei der Bezahlung einer Dienstleistung von dem Mitarbeiter, der sie betreut hatte. Dabei hatte der Mitarbeiter dem Kunden für seine Treue zu danken und ihn über die Modalitäten der Gutscheineinlösung zu informieren. Die Gutscheine enthielten u.a. den Aufdruck "... Dankeschön, daß Sie uns auch in diesem Jahr die Treue gehalten haben" sowie "Gutschein DM 10,- für jede Dienstleistung in allen FRISÖR ... Salons". Sie waren im Januar bzw. Februar des Folgejahres gültig und mit einem Stempel des ausgebenden Frisörsalons versehen. Der Name des Kunden wurde nicht festgehalten. Die Gutscheine konnten weder bar eingelöst noch kumuliert werden und verfielen nach Ablauf des Aktionszeitraums entschädigungslos.

3

Für die zu erwartenden Erlösminderungen wies die GmbH in der Bilanz des Ausgabejahres Rückstellungen aus, die jeweils in der Bilanz des Folgejahres wieder aufgelöst wurden. Die Höhe der Rückstellungen schätzte sie in Anlehnung an die Zahl der gedruckten Gutscheine.

4

Für das Jahr 1995 hatte die GmbH 350 000 Gutscheine drucken lassen, von denen 187 477 verteilt worden waren. Da lediglich aus einer Region Aufzeichnungen über die eingelösten Gutscheine vorlagen (82,8 %), schätzte die GmbH die Gesamtzahl der Rückläufer auf dieser Grundlage. Die GmbH errechnete eine Zahl von (82,8 % von 187 477 = ca.) 155 230 eingelösten Gutscheinen à 10 DM und nahm einen Rückstellungsbetrag von 1,5 Mio. DM an.

5

Da das Gutscheinsystem von den Stammkunden ab dem zweiten Jahr verstärkt akzeptiert worden sei, nahm die GmbH an, dass die Ende 1996 ausgegebenen Gutscheine sämtlich eingelöst worden seien. Bei 400 000 ausgegebenen Gutscheinen à 10 DM schätzte sie den Rückstellungsbetrag 1996 auf 4 Mio. DM.

6

Für 1997 bildete die GmbH eine Rückstellung von 6,185 Mio. DM.

7

Im Anschluss an Betriebsprüfungen bei der Klägerin und der GmbH ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass keine Rückstellungen zu bilden seien, weil die mit der Ausgabe der Gutscheine verbundenen Erlösminderungen wirtschaftlich nicht dem Jahr der Ausgabe, sondern dem der Einlösung zuzurechnen seien. Das FA erhöhte die Gewinne der GmbH und damit auch der Klägerin entsprechend.

8

Dagegen erhob die Klägerin am 5. Mai 2000 nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Die Begründung reichte sie mit Schriftsatz vom 18. September 2000 ein. Mit Beschluss vom 15. Februar 2005 setzte das Finanzgericht (FG) den Rechtsstreit im Hinblick auf zwei vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren aus. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens nahm die Klägerin am 24. Februar 2006 schriftsätzlich Stellung. Mit Verfügung vom 4. Februar 2009 bat der Berichterstatter um eine "ergänzende Stellungnahme" der Klägerin und um Klarstellung, "aufgrund welcher Erwägungen (bei dem vorgenannten Streitgegenstand) jeweils auch das Streitjahr 1997 angefochten wird" und um Mitteilung, "wann und wie die Höhe der für die Streitjahre angesetzten Rückstellungen jeweils ermittelt wurde". Die Verfügung verband er mit dem Hinweis "Für die Erledigung der vorstehenden Punkte wird gemäß § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist bis zum 5. 3. 2009 gesetzt."

9

           

Nachdem die Klägerin am 9. Februar 2009 die Ausschlussfrist gerügt und hilfsweise deren Verlängerung beantragt hatte, verlängerte der Berichterstatter die Frist zunächst bis zum 5. April 2009. Am 1. April 2009 nahm die Klägerin ergänzend Stellung und trug u.a. erstmals vor, dass die GmbH aufgrund der Ausgabe der Gutscheine einen Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht befürchtet und die Rückstellung 1997 aus diesem Grund um einen zusätzlichen Betrag von 600.000 DM erhöht habe. Sie fügte die Kopie einer Notiz bei, die folgende Berechnung des zuständigen Mitarbeiters der Steuerberatung der GmbH zur Rückstellungshöhe enthielt:

"Gutscheine

5.585.000

Risiko aus Wettbewerbsverstoß
(10 % der ausgegebenen Gutscheine) rd.


  600.000

        

6.185.000"

10

Das FG wies die Klage ab. Die Dienstleistungsrabattzusagen seien vor der Einlösung durch Kunden im jeweiligen Folgejahr weder als Verbindlichkeiten noch als Rückstellungen zu passivieren. Die Verpflichtung, Kunden im Folgejahr gegen Vorlage der Gutscheine einen Preisabschlag von 10 DM zu gewähren, könne im Ausgabejahr noch nicht als gewisse Verbindlichkeit ausgewiesen werden, da sie am Bilanzstichtag rechtlich noch nicht voll wirksam entstanden und ungewiss sei, ob und in welcher Höhe sie in Zukunft entstehen werde. Sie sei auch wirtschaftlich noch nicht im Ausgabejahr verursacht. Der Preisabschlag mindere allein die Erlöse des Folgejahres und sei damit wirtschaftlich so eng mit künftigen Dienstleistungen verknüpft, dass er als Belastung des Betriebsvermögens im jeweiligen Folgejahr anzusehen sei. Dem entsprechend seien auch keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Auch wegen angeblicher Risiken aus Wettbewerbsverstößen habe die GmbH keinen Passivposten von 600.000 DM bilden dürfen. Die Klägerin habe nicht ausreichend dargetan, geschweige denn belegt, dass die für die Bildung einer Rückstellung notwendigen Gründe vorlägen. Das Urteil erging "aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. August 2009". Es wurde nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), sondern den Beteiligten am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Satz 1 FGO). Der zuständigen Geschäftsstelle des FG wurde das Urteil am 15. Oktober 2009 übermittelt. Es ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2010, 649 veröffentlicht.

11

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verstöße gegen Verfahrensvorschriften (§ 76 Abs. 1, § 79b, § 104 Abs. 2 FGO) und gegen materielles Recht (§§ 242, 247, 249, 266 des Handelsgesetzbuchs --HGB--, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 7 des Gewerbesteuergesetzes, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes) geltend macht.

12

Das FG habe gegen § 104 Abs. 2 FGO verstoßen, weil das Urteil nach der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 nicht verkündet, sondern am 22. Oktober 2009 zugestellt, die Urteilsformel jedoch nicht binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle übermittelt worden sei. Den Prozessbevollmächtigten sei von der zuständigen Geschäftsstelle am 14. und 23. September 2009 telefonisch die Auskunft erteilt worden, dass noch keine Entscheidungsformel eingegangen sei. Auf weitere telefonische Anfrage vom 26. Oktober 2009 habe die Geschäftsstelle mitgeteilt, dass die Urteilsgründe am 15. Oktober 2009 bei ihr eingegangen seien; der Tenor sei zuvor nicht isoliert übermittelt worden. Dabei handele es sich um einen erheblichen Verfahrensverstoß, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in ständiger Rechtsprechung zu § 116 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entschieden habe; diesen Grundsätzen habe sich der BFH angeschlossen (BFH-Beschlüsse vom 28. April 1999 V R 49/98, BFH/NV 1999, 1364; vom 25. April 2000 VII R 51/99, BFH/NV 2000, 1232).

13

Der Berichterstatter habe eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 FGO gesetzt, ohne die als aufklärungs- oder beweisbedürftig erachteten Punkte so genau zu bezeichnen, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, die Anordnung ohne weiteres zu befolgen. Nicht nur das Setzen der Frist, sondern auch die darauf beruhende Zurückweisung des Sachvortrags der Klägerin bzw. die Ablehnung des Vertagungsantrags in der mündlichen Verhandlung seien deshalb rechtsfehlerhaft.

14

Das FG habe außerdem die richterliche Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt. Denn es habe die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 1. April 2009 vorgetragenen Umstände der Rückstellungsbildung 1997, die u.a. auf einem befürchteten Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht beruht habe, nicht näher aufgeklärt. Jedenfalls aber hätte die Klägerin die Umstände des befürchteten Wettbewerbsverstoßes nach damaligem Recht, der auf dem Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens beruht habe, dargelegt und unter Beweis gestellt. Das gelte auch für die Ermittlung des betragsmäßigen Risikos in Höhe von 600.000 DM.

15

Das angefochtene Urteil verstoße auch gegen materielles Recht, weil für die aus der Ausgabe der Gutscheine resultierenden rechtlichen und wirtschaftlichen Belastungen Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden seien. Durch die Ausgabe der Gutscheine, bei denen es sich zivilrechtlich um Inhaberpapiere handele, habe die GmbH eine Außenverpflichtung gegenüber ihren Kunden begründet. Diese sei durch die Begebung der Gutscheine entgegen der Auffassung des FG zivilrechtlich bereits voll wirksam entstanden; eine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit liege nicht vor. Um den Preisnachlass verrechnen zu können, habe es nicht, wie das FG zu Unrecht ausführe, des Abschlusses eines neuen Dienstleistungsvertrages bedurft; die Verrechnung des Nachlasses knüpfe daran zwar unselbstständig an, habe ihre Grundlage jedoch nicht in dem "neu" abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag, sondern in der bis zum 31. Dezember des Altjahres begründeten Verpflichtung der GmbH. Insoweit habe es sich um eine bloße Fälligkeitsabrede gehandelt, die an keinerlei Bedingungen im Rechtssinne geknüpft gewesen sei.

16

Hinzu komme, dass die Verbindlichkeiten, die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierten, wirtschaftlich dem Ausgabejahr zuzuordnen seien. Denn diese zielten nicht nur --wie jedes unternehmerische Handeln-- auf zukünftige Ertragssteigerungen ab, sondern dienten auch als Anreiz für die Kunden, die Frisörsalons noch im alten Jahr und somit vor dem Bilanzstichtag zu besuchen. Entsprechend würde ein gedachter Erwerber die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierenden Verpflichtungen erwerbspreismindernd berücksichtigen.

17

Hilfsweise seien jedenfalls Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden. Ungewiss seien Verbindlichkeiten auch dann, wenn sie aufschiebend oder auflösend bedingt seien und ungewiss sei, ob die Bedingung eintrete. Das gelte auch hinsichtlich der Erhöhung um 600.000 DM für das Streitjahr 1997. Aufgrund der damaligen Rechtslage sei zu befürchten gewesen, dass es durch die Gutscheinaktion zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen sei; jedenfalls habe ein Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens vorgelegen.

18

Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995 bis 1997, die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 bis 1997 und die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 vom 18. Mai 1999 bzw. 8. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. April 2000 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen für 1995 in Höhe von 1.500.000 DM, für 1996 in Höhe von 4.000.000 DM und für 1997 in Höhe von 6.185.000 DM angesetzt werden.

19

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

20

Die Klägerin habe erstmals mit Schriftsatz vom 1. April 2009 offengelegt, dass in der gebildeten Rückstellung für 1997 auch ein Betrag von 600.000 DM "für das Risiko aus einem befürchteten Wettbewerbsverstoß" enthalten sei, und insoweit angekündigt, weitere Unterlagen zu beschaffen und dem FG kurzfristig vorzulegen. Das FA habe den Sachverhalt als geklärt angesehen, da insbesondere für den erstmals geltend gemachten Wettbewerbsverstoß die für die Bildung von Rückstellungen notwendigen Voraussetzungen ohne die Vorlage weiterer, von der Klägerin in Aussicht gestellter Unterlagen nicht erfüllt gewesen seien. Die Revision sei auch in der Sache unbegründet. Der Ausweis von Passivposten wegen der Gutscheine und der behaupteten, jedoch nicht belegten Risiken aus Wettbewerbsverstößen scheide schon dem Grunde nach aus.

21

Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage, wann das Urteil des FG gefällt worden ist, durch Vernehmung der an dem Urteil beteiligten Berufsrichter und ehrenamtlichen Richter.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich der Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Ist die Revision teilweise unzulässig und teilweise unbegründet, kann der BFH darüber einheitlich durch Urteil entscheiden (u.a. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 IV R 30/09, BFH/NV 2011, 2054, unter II.A. der Gründe, m.w.N.).

23

A. Soweit die Revision gegen die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 gerichtet ist, ist sie unzulässig. Die Klägerin hat die Revision insoweit nicht begründet (§ 120 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO). Die Frage, ob die streitigen Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen zu bilden waren, kann im Verfahren gegen diese Bescheide nicht geprüft werden.

24

B. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

25

1. Die Verfahrensrügen der Klägerin greifen nicht durch.

26

a) Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung der Frist des § 104 Abs. 2 FGO.

27

aa) Nach dieser Vorschrift ist statt der Verkündung die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Zweck der Regelung ist es nicht nur, den Beteiligten alsbald Gewissheit über die getroffene Entscheidung zu verschaffen; sie dient vornehmlich dazu, den notwendigen Zusammenhang zwischen mündlicher Verhandlung und Urteil zu wahren und sicherzustellen, dass der Inhalt des Urteils dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung der beteiligten Richter entspricht (BVerwG-Beschluss vom 6. Mai 1998  7 B 437/97, BVerwGE 106, 366, zu der gleich lautenden Vorschrift in § 116 Abs. 2 VwGO; BFH-Beschluss vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a dd der Gründe).

28

Dieser zeitliche Zusammenhang ist in der Regel nicht gewahrt, wenn das Urteil erst nach Ablauf von zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung gefällt wird (BVerwG-Beschlüsse vom 7. Juli 1998  9 B 931/97, juris; in BVerwGE 106, 366; BVerwG-Urteil vom 11. November 1971 I C 64.67, BVerwGE 39, 51; gleicher Ansicht BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114). Das BVerwG hat deshalb ein Urteil wegen eines Verstoßes gegen § 116 Abs. 2 VwGO in einem Fall aufgehoben, in dem die Urteilsformel erst dreieinhalb Monate nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen worden war (BVerwG-Beschluss in BVerwGE 106, 366).

29

bb) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt zwar ein Verfahrensmangel vor, wenn der Urteilstenor entgegen der Vorschrift in § 104 Abs. 2 FGO nicht binnen zwei Wochen der Geschäftsstelle übergeben wird. Ein solcher Verfahrensmangel gehört jedoch nicht zu den in § 119 FGO abschließend aufgeführten absoluten Revisionsgründen, für die unwiderleglich vermutet wird, dass das betroffene Urteil darauf beruht (BFH-Urteil vom 22. Februar 1980 VI R 132/79, BFHE 130, 126, BStBl II 1980, 398).

30

Der BFH hat wiederholt entschieden, dass der Verstoß gegen § 104 Abs. 2 FGO eine Revision nicht begründen kann, solange nicht dargetan oder sonst erkennbar ist, dass der Urteilstenor bei fristgemäßer Niederlegung anders als im zugestellten Urteil gelautet hätte (u.a. BFH-Beschlüsse vom 12. August 2005 VIII B 280/04, BFH/NV 2005, 2234; vom 21. Dezember 2004 IX B 42/04, BFHE/NV 2005, 1311; vom 23. August 2002 IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177). Wurde ein fristgerecht gefälltes Urteil lediglich verspätet der Geschäftsstelle übergeben, beruht es in der Regel nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf diesem Mangel, sofern die Frist von fünf Monaten für die Übergabe des vollständig abgefassten Urteils mit Tatbestand, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung an die Geschäftsstelle (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 2603, betreffend § 105 Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO) eingehalten ist. Die Frist von fünf Monaten beginnt mit Ablauf desjenigen Tages, an dem die Entscheidungsformel spätestens der Geschäftsstelle hätte übergeben werden müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a der Gründe, m.w.N.).

31

cc) Die Tatsachen, die zur Beurteilung der Frage erforderlich sind, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, sind vom BFH als Revisionsgericht festzustellen (u.a. BFH-Urteil vom 16. März 1983 IV R 147/80, BFHE 138, 143, BStBl II 1983, 476). Der BFH kann sie im Wege des Freibeweises ermitteln und frei würdigen (BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2008 IX B 2/08, juris; vom 1. März 1995 III B 84/93, BFH/NV 1995, 990; vom 30. April 1987 V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502).

32

dd) Ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 wurde das Urteil im Streitfall nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das Urteil wurde der Geschäftsstelle am 15. Oktober 2009 übermittelt und der Klägerin am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Halbsatz 1 FGO). Die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO wurde daher verletzt; dies war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dieser Zeit gängige Praxis des FG-Senats.

33

ee) Das angefochtene Urteil beruht jedoch nicht auf diesem Mangel, weil es bereits am Tag der mündlichen Verhandlung (24. August 2009) gefällt wurde. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats aus den in diesem Punkt übereinstimmenden und glaubhaften Zeugenaussagen der beteiligten Richter und wird durch die vorgelegten Aufzeichnungen der Vorsitzenden Richterin sowie indirekt der ehrenamtlichen Richterin X bestätigt. Auch die Klägerin geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass am Tag der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung ergangen ist. Soweit sie jedoch meint, bei dieser Entscheidung habe es sich nicht um das Urteil, sondern (möglicherweise) um einen Beweisbeschluss gehandelt, folgt ihr der erkennende Senat nicht. Denn für einen solchen, nicht nur den Aussagen aller Zeugen widersprechenden Geschehensablauf finden sich keine Anhaltspunkte; er ließe sich darüber hinaus auch nicht mit dem Inhalt des angefochtenen Urteils vereinbaren. Im Hinblick auf den Tenor (Klageabweisung) ist im Streitfall nicht zu besorgen, dass die Fristüberschreitung zu Abweichungen zwischen dem gefällten und dem später abgesetzten Urteil geführt haben könnte.

34

b) Die Verfahrensrüge, das FG habe gegen die §§ 76 Abs. 1, 79, 119 Nr. 3 FGO verstoßen, indem es das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Rückstellung wegen des Wettbewerbsverstoßes zurückgewiesen und die Sachaufklärungspflicht bzw. das rechtliche Gehör verletzt habe, greift schon deshalb nicht durch, weil das FG das Vorbringen der Klägerin der angefochtenen Entscheidung ausweislich der Urteilsgründe zu Grunde gelegt, es allerdings als unzureichend gewürdigt hat (Seite 11 der Urteilsreinschrift, unter 2.). Die Klägerin hat auch keine (weiteren) Tatsachen dargelegt, die sie im Falle einer Vertagung der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätte oder die das FG ihrer Auffassung nach hätte ermitteln können und sollen. Der Hinweis der Klägerin auf den Zeitablauf bis zum Ergehen des angefochtenen Urteils rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, weil die Klägerin selbst erstmals mit Schreiben vom 1. April 2009 zu erkennen gegeben hat, dass in der für das Streitjahr 1997 gebildeten Rückstellung ein Betrag von 600.000 DM für ein Risiko aus Wettbewerbsverstößen enthalten war.

35

2. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die GmbH in den Streitjahren Verbindlichkeiten oder Rückstellungen weder für die im jeweiligen Folgejahr einzulösenden Gutscheine noch wegen des Risikos von Wettbewerbsverstößen bilden durfte.

36

a) Verbindlichkeiten hatte die GmbH wegen der Ausgabe der Gutscheine nicht auszuweisen, weil die darauf beruhenden Verpflichtungen der GmbH im jeweiligen Ausgabejahr dem Grunde nach ungewiss waren (vgl. BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, unter II.1.a der Gründe; vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116, unter 2. der Gründe). Denn die Belastung der GmbH hing davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine innerhalb des begünstigten Zeitraums des Folgejahres eine Dienstleistung zu dem durch einen Gutschein ermäßigten Entgelt in Anspruch nahmen. Eine isolierte Einlösung der Gutscheine war nicht möglich, weder durch Barauszahlung noch durch Eintausch gegen eine Sachleistung. Darin unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem Urteilsfall in BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, in dem der BFH bei der Ausgabe von Gutmünzen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gewisse Verbindlichkeiten angenommen hat.

37

Vorliegend war im Ausgabejahr noch ungewiss, ob und ggf. welche Dienstleistung der jeweilige Kunde im Folgejahr in Anspruch nehmen würde. Nichts anderes kann für die versprochene Preisermäßigung einer solchen Dienstleistung gelten. Diese war daher ebenfalls ungewiss, wie das FG zutreffend entschieden hat. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsnatur der Gutscheine ändert an diesem Zusammenhang nichts, ebenso wenig der Umstand, dass eine Weitergabe der Gutscheine an Dritte nicht ausdrücklich ausgeschlossen war. Das Vorbringen der Klägerin, es habe sich um Inhaberpapiere gehandelt, ist deshalb unerheblich.

38

b) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten waren weder wegen der Gutscheine noch wegen möglicher Wettbewerbsverstöße zu bilden.

39

aa) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann (u.a. BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe). Der Schuldner muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116).

40

bb) Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, wobei in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt ist, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten gilt (BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe).

41

cc) Die GmbH durfte wegen der Gutscheine keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, weil die darauf beruhenden Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren. Denn sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen.

42

(1) Der Anspruch auf Preisermäßigung war rechtlich unselbstständig. Denn er knüpfte zwingend an die Inanspruchnahme einer Dienstleistung im begünstigten Zeitraum des Folgejahres an und setzte die Entstehung eines Zahlungsanspruchs der GmbH im Folgejahr voraus. Diese Voraussetzungen waren im Jahr der Ausgabe der Gutscheine noch nicht erfüllt. Das Entstehen der entsprechenden Verbindlichkeit war dem Grunde nach ungewiss (s. oben unter II.B.2.a). Der Tatbestand, an den die Leistungspflicht --die Verrechnung des im Gutschein ausgewiesenen Betrages-- geknüpft war, war damit im Ausgabejahr noch nicht verwirklicht; die Verpflichtung war daher in dem für die Bilanzierung maßgeblichen Sinne rechtlich noch nicht entstanden (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614, unter II.2.c aa der Gründe). Die Bildung einer Rückstellung wegen einer rechtlich bereits entstandenen, der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit kam daher nicht in Betracht.

43

(2) Die mit den Gutscheinen versprochene Preisminderung für künftige, im Begünstigungszeitraum in Anspruch zu nehmende Dienstleistungen wurde nicht bereits durch das Versprechen im Ausgabejahr, sondern erst durch die Dienstleistung im Folgejahr, für die die Preisminderung gewährt wurde, wirtschaftlich verursacht. Denn sie bezog sich (nur) auf das Entgelt für die künftige Dienstleistung. Der Anspruch auf Preisermäßigung kann wirtschaftlich aber nicht schon früher verursacht sein als das Geschäft, auf das er sich bezieht. Insofern unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 4. Dezember 1959 III 317/59 S (BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80) zu Grunde liegt. Denn die Ausgabe der Rabattmarken im damaligen Urteilsfall betraf die Gewährung eines Nachlasses auf schon getätigte Einkäufe (vgl. BFH-Urteil in BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80, unter I. der Gründe); dem entsprechend war der Rabattbetrag mit dem Erreichen des Mindesteinkaufs auszuzahlen. Ein solcher Anspruch wurde den Kunden im Streitfall nicht eingeräumt.

44

(3) Der Umstand, dass die GmbH Gutscheine nur an solche Kunden ausgab, die zuvor eine Dienstleistung in Anspruch genommen hatten, rechtfertigt es nicht, die erst für eine künftige Dienstleistung versprochene Preisminderung wirtschaftlich schon der früheren, voll bezahlten Dienstleistung zuzuordnen. Denn die im Folgejahr entstehende Verpflichtung zur Bezahlung eines (Dienstleistungs-)Entgelts und --daran anknüpfend-- die Preisminderung setzte voraus, dass eine weitere Dienstleistung im Begünstigungszeitraum in Anspruch genommen und der Gutschein vorgelegt wurde. Insofern verhält es sich ähnlich wie in dem vom BFH mit Urteil vom 6. Dezember 1978 I R 35/78 (BFHE 126, 549, BStBl II 1979, 262) entschiedenen Fall, wonach der Anspruch auf verbilligten Nachbezug von Rohstoffen nicht wirtschaftlich verursacht ist, solange die Berechtigung und der Abschluss eines neuen Vertrages nicht nachgewiesen waren.

45

dd) Die Bildung einer Rückstellung wegen eines möglichen Wettbewerbsverstoßes durch die Gutscheinausgabe kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin hat bereits weder vorgetragen noch ist erkennbar, woraus sich in diesem Zusammenhang eine ungewisse Verbindlichkeit ergeben soll. Dem entsprechend fehlt es an Gründen, warum die Klägerin mit einer Inanspruchnahme ernsthaft hätte rechnen müssen und warum die Geltendmachung einer solchen Verpflichtung am Bilanzstichtag wahrscheinlich gewesen sein soll. Der mit der Revisionsbegründung vorgebrachte bloße Hinweis auf das Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens genügt insoweit nicht.

46

c) Eine Berücksichtigung der streitigen Beträge als passive Rechnungsabgrenzungsposten kommt ebenfalls nicht in Betracht (anderer Ansicht Krüger, Deutsches Steuerrecht 2011, 1095). Nach § 250 Abs. 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind auf der Passivseite als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Diese Voraussetzungen sind im Jahr der Gutscheinausgabe nicht erfüllt. Die Kunden haben den "normalen" Preis für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen bezahlt. Sie erhielten die Gutscheine von der GmbH als Zugabe. Das entsprach auch dem Verständnis der GmbH, die die Gutscheine ausdrücklich als Weihnachtsgeschenk und Dankeschön für die Treue der Kunden ausgegeben hat. Damit lässt sich nicht vereinbaren, einen Teil des Entgelts für die im Ausgabejahr bezogene Dienstleistung dem Gutschein bzw. einer im begünstigten Zeitraum des Folgejahres in Anspruch genommenen Dienstleistung zuzuordnen.

47

3. Das angefochtene Urteil ist danach im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Revision der Klägerin hat daher keinen Erfolg.

48

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Nichterhebung der Kosten für die Beweisaufnahme beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes. Zu den Gerichtskosten, auf deren Erhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung verzichtet werden kann, zählen auch die Auslagen (Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Rz 50), nicht jedoch außergerichtliche Kosten der Beteiligten (u.a. BFH-Beschluss vom 24. Januar 2008 XI R 63/06, BFH/NV 2008, 606, unter II.5. der Gründe). Die Kosten einer nicht erforderlichen Beweisaufnahme gehören zu den Kosten, auf deren Erhebung verzichtet werden kann (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235, unter 4. der Gründe). Im Streitfall sind die Kosten der Beweisaufnahme durch den BFH nur deshalb entstanden, weil sich das FG --wie die Beweisaufnahme ergeben hat-- über die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO hinweggesetzt hat (s. oben unter II.B.1.a dd). Sie beruhen deshalb auf der offensichtlich unrichtigen Sachbehandlung durch das FG.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als GmbH & Co. KG Organträgerin einer GmbH, die Frisörsalons betreibt.

2

Von Mitte November bis Ende Dezember der Jahre 1995 bis 1997 (Streitjahre) gaben die Frisörsalons an ihre Kunden als Weihnachtsgeschenke jeweils einen bzw. ab 1996 zwei Gutscheine aus. Die Kunden erhielten die Gutscheine bei der Bezahlung einer Dienstleistung von dem Mitarbeiter, der sie betreut hatte. Dabei hatte der Mitarbeiter dem Kunden für seine Treue zu danken und ihn über die Modalitäten der Gutscheineinlösung zu informieren. Die Gutscheine enthielten u.a. den Aufdruck "... Dankeschön, daß Sie uns auch in diesem Jahr die Treue gehalten haben" sowie "Gutschein DM 10,- für jede Dienstleistung in allen FRISÖR ... Salons". Sie waren im Januar bzw. Februar des Folgejahres gültig und mit einem Stempel des ausgebenden Frisörsalons versehen. Der Name des Kunden wurde nicht festgehalten. Die Gutscheine konnten weder bar eingelöst noch kumuliert werden und verfielen nach Ablauf des Aktionszeitraums entschädigungslos.

3

Für die zu erwartenden Erlösminderungen wies die GmbH in der Bilanz des Ausgabejahres Rückstellungen aus, die jeweils in der Bilanz des Folgejahres wieder aufgelöst wurden. Die Höhe der Rückstellungen schätzte sie in Anlehnung an die Zahl der gedruckten Gutscheine.

4

Für das Jahr 1995 hatte die GmbH 350 000 Gutscheine drucken lassen, von denen 187 477 verteilt worden waren. Da lediglich aus einer Region Aufzeichnungen über die eingelösten Gutscheine vorlagen (82,8 %), schätzte die GmbH die Gesamtzahl der Rückläufer auf dieser Grundlage. Die GmbH errechnete eine Zahl von (82,8 % von 187 477 = ca.) 155 230 eingelösten Gutscheinen à 10 DM und nahm einen Rückstellungsbetrag von 1,5 Mio. DM an.

5

Da das Gutscheinsystem von den Stammkunden ab dem zweiten Jahr verstärkt akzeptiert worden sei, nahm die GmbH an, dass die Ende 1996 ausgegebenen Gutscheine sämtlich eingelöst worden seien. Bei 400 000 ausgegebenen Gutscheinen à 10 DM schätzte sie den Rückstellungsbetrag 1996 auf 4 Mio. DM.

6

Für 1997 bildete die GmbH eine Rückstellung von 6,185 Mio. DM.

7

Im Anschluss an Betriebsprüfungen bei der Klägerin und der GmbH ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass keine Rückstellungen zu bilden seien, weil die mit der Ausgabe der Gutscheine verbundenen Erlösminderungen wirtschaftlich nicht dem Jahr der Ausgabe, sondern dem der Einlösung zuzurechnen seien. Das FA erhöhte die Gewinne der GmbH und damit auch der Klägerin entsprechend.

8

Dagegen erhob die Klägerin am 5. Mai 2000 nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Die Begründung reichte sie mit Schriftsatz vom 18. September 2000 ein. Mit Beschluss vom 15. Februar 2005 setzte das Finanzgericht (FG) den Rechtsstreit im Hinblick auf zwei vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren aus. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens nahm die Klägerin am 24. Februar 2006 schriftsätzlich Stellung. Mit Verfügung vom 4. Februar 2009 bat der Berichterstatter um eine "ergänzende Stellungnahme" der Klägerin und um Klarstellung, "aufgrund welcher Erwägungen (bei dem vorgenannten Streitgegenstand) jeweils auch das Streitjahr 1997 angefochten wird" und um Mitteilung, "wann und wie die Höhe der für die Streitjahre angesetzten Rückstellungen jeweils ermittelt wurde". Die Verfügung verband er mit dem Hinweis "Für die Erledigung der vorstehenden Punkte wird gemäß § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist bis zum 5. 3. 2009 gesetzt."

9

           

Nachdem die Klägerin am 9. Februar 2009 die Ausschlussfrist gerügt und hilfsweise deren Verlängerung beantragt hatte, verlängerte der Berichterstatter die Frist zunächst bis zum 5. April 2009. Am 1. April 2009 nahm die Klägerin ergänzend Stellung und trug u.a. erstmals vor, dass die GmbH aufgrund der Ausgabe der Gutscheine einen Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht befürchtet und die Rückstellung 1997 aus diesem Grund um einen zusätzlichen Betrag von 600.000 DM erhöht habe. Sie fügte die Kopie einer Notiz bei, die folgende Berechnung des zuständigen Mitarbeiters der Steuerberatung der GmbH zur Rückstellungshöhe enthielt:

"Gutscheine

5.585.000

Risiko aus Wettbewerbsverstoß
(10 % der ausgegebenen Gutscheine) rd.


  600.000

        

6.185.000"

10

Das FG wies die Klage ab. Die Dienstleistungsrabattzusagen seien vor der Einlösung durch Kunden im jeweiligen Folgejahr weder als Verbindlichkeiten noch als Rückstellungen zu passivieren. Die Verpflichtung, Kunden im Folgejahr gegen Vorlage der Gutscheine einen Preisabschlag von 10 DM zu gewähren, könne im Ausgabejahr noch nicht als gewisse Verbindlichkeit ausgewiesen werden, da sie am Bilanzstichtag rechtlich noch nicht voll wirksam entstanden und ungewiss sei, ob und in welcher Höhe sie in Zukunft entstehen werde. Sie sei auch wirtschaftlich noch nicht im Ausgabejahr verursacht. Der Preisabschlag mindere allein die Erlöse des Folgejahres und sei damit wirtschaftlich so eng mit künftigen Dienstleistungen verknüpft, dass er als Belastung des Betriebsvermögens im jeweiligen Folgejahr anzusehen sei. Dem entsprechend seien auch keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Auch wegen angeblicher Risiken aus Wettbewerbsverstößen habe die GmbH keinen Passivposten von 600.000 DM bilden dürfen. Die Klägerin habe nicht ausreichend dargetan, geschweige denn belegt, dass die für die Bildung einer Rückstellung notwendigen Gründe vorlägen. Das Urteil erging "aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. August 2009". Es wurde nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), sondern den Beteiligten am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Satz 1 FGO). Der zuständigen Geschäftsstelle des FG wurde das Urteil am 15. Oktober 2009 übermittelt. Es ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2010, 649 veröffentlicht.

11

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verstöße gegen Verfahrensvorschriften (§ 76 Abs. 1, § 79b, § 104 Abs. 2 FGO) und gegen materielles Recht (§§ 242, 247, 249, 266 des Handelsgesetzbuchs --HGB--, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 7 des Gewerbesteuergesetzes, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes) geltend macht.

12

Das FG habe gegen § 104 Abs. 2 FGO verstoßen, weil das Urteil nach der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 nicht verkündet, sondern am 22. Oktober 2009 zugestellt, die Urteilsformel jedoch nicht binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle übermittelt worden sei. Den Prozessbevollmächtigten sei von der zuständigen Geschäftsstelle am 14. und 23. September 2009 telefonisch die Auskunft erteilt worden, dass noch keine Entscheidungsformel eingegangen sei. Auf weitere telefonische Anfrage vom 26. Oktober 2009 habe die Geschäftsstelle mitgeteilt, dass die Urteilsgründe am 15. Oktober 2009 bei ihr eingegangen seien; der Tenor sei zuvor nicht isoliert übermittelt worden. Dabei handele es sich um einen erheblichen Verfahrensverstoß, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in ständiger Rechtsprechung zu § 116 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entschieden habe; diesen Grundsätzen habe sich der BFH angeschlossen (BFH-Beschlüsse vom 28. April 1999 V R 49/98, BFH/NV 1999, 1364; vom 25. April 2000 VII R 51/99, BFH/NV 2000, 1232).

13

Der Berichterstatter habe eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 FGO gesetzt, ohne die als aufklärungs- oder beweisbedürftig erachteten Punkte so genau zu bezeichnen, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, die Anordnung ohne weiteres zu befolgen. Nicht nur das Setzen der Frist, sondern auch die darauf beruhende Zurückweisung des Sachvortrags der Klägerin bzw. die Ablehnung des Vertagungsantrags in der mündlichen Verhandlung seien deshalb rechtsfehlerhaft.

14

Das FG habe außerdem die richterliche Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt. Denn es habe die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 1. April 2009 vorgetragenen Umstände der Rückstellungsbildung 1997, die u.a. auf einem befürchteten Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht beruht habe, nicht näher aufgeklärt. Jedenfalls aber hätte die Klägerin die Umstände des befürchteten Wettbewerbsverstoßes nach damaligem Recht, der auf dem Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens beruht habe, dargelegt und unter Beweis gestellt. Das gelte auch für die Ermittlung des betragsmäßigen Risikos in Höhe von 600.000 DM.

15

Das angefochtene Urteil verstoße auch gegen materielles Recht, weil für die aus der Ausgabe der Gutscheine resultierenden rechtlichen und wirtschaftlichen Belastungen Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden seien. Durch die Ausgabe der Gutscheine, bei denen es sich zivilrechtlich um Inhaberpapiere handele, habe die GmbH eine Außenverpflichtung gegenüber ihren Kunden begründet. Diese sei durch die Begebung der Gutscheine entgegen der Auffassung des FG zivilrechtlich bereits voll wirksam entstanden; eine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit liege nicht vor. Um den Preisnachlass verrechnen zu können, habe es nicht, wie das FG zu Unrecht ausführe, des Abschlusses eines neuen Dienstleistungsvertrages bedurft; die Verrechnung des Nachlasses knüpfe daran zwar unselbstständig an, habe ihre Grundlage jedoch nicht in dem "neu" abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag, sondern in der bis zum 31. Dezember des Altjahres begründeten Verpflichtung der GmbH. Insoweit habe es sich um eine bloße Fälligkeitsabrede gehandelt, die an keinerlei Bedingungen im Rechtssinne geknüpft gewesen sei.

16

Hinzu komme, dass die Verbindlichkeiten, die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierten, wirtschaftlich dem Ausgabejahr zuzuordnen seien. Denn diese zielten nicht nur --wie jedes unternehmerische Handeln-- auf zukünftige Ertragssteigerungen ab, sondern dienten auch als Anreiz für die Kunden, die Frisörsalons noch im alten Jahr und somit vor dem Bilanzstichtag zu besuchen. Entsprechend würde ein gedachter Erwerber die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierenden Verpflichtungen erwerbspreismindernd berücksichtigen.

17

Hilfsweise seien jedenfalls Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden. Ungewiss seien Verbindlichkeiten auch dann, wenn sie aufschiebend oder auflösend bedingt seien und ungewiss sei, ob die Bedingung eintrete. Das gelte auch hinsichtlich der Erhöhung um 600.000 DM für das Streitjahr 1997. Aufgrund der damaligen Rechtslage sei zu befürchten gewesen, dass es durch die Gutscheinaktion zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen sei; jedenfalls habe ein Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens vorgelegen.

18

Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995 bis 1997, die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 bis 1997 und die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 vom 18. Mai 1999 bzw. 8. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. April 2000 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen für 1995 in Höhe von 1.500.000 DM, für 1996 in Höhe von 4.000.000 DM und für 1997 in Höhe von 6.185.000 DM angesetzt werden.

19

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

20

Die Klägerin habe erstmals mit Schriftsatz vom 1. April 2009 offengelegt, dass in der gebildeten Rückstellung für 1997 auch ein Betrag von 600.000 DM "für das Risiko aus einem befürchteten Wettbewerbsverstoß" enthalten sei, und insoweit angekündigt, weitere Unterlagen zu beschaffen und dem FG kurzfristig vorzulegen. Das FA habe den Sachverhalt als geklärt angesehen, da insbesondere für den erstmals geltend gemachten Wettbewerbsverstoß die für die Bildung von Rückstellungen notwendigen Voraussetzungen ohne die Vorlage weiterer, von der Klägerin in Aussicht gestellter Unterlagen nicht erfüllt gewesen seien. Die Revision sei auch in der Sache unbegründet. Der Ausweis von Passivposten wegen der Gutscheine und der behaupteten, jedoch nicht belegten Risiken aus Wettbewerbsverstößen scheide schon dem Grunde nach aus.

21

Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage, wann das Urteil des FG gefällt worden ist, durch Vernehmung der an dem Urteil beteiligten Berufsrichter und ehrenamtlichen Richter.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich der Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Ist die Revision teilweise unzulässig und teilweise unbegründet, kann der BFH darüber einheitlich durch Urteil entscheiden (u.a. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 IV R 30/09, BFH/NV 2011, 2054, unter II.A. der Gründe, m.w.N.).

23

A. Soweit die Revision gegen die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 gerichtet ist, ist sie unzulässig. Die Klägerin hat die Revision insoweit nicht begründet (§ 120 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO). Die Frage, ob die streitigen Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen zu bilden waren, kann im Verfahren gegen diese Bescheide nicht geprüft werden.

24

B. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

25

1. Die Verfahrensrügen der Klägerin greifen nicht durch.

26

a) Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung der Frist des § 104 Abs. 2 FGO.

27

aa) Nach dieser Vorschrift ist statt der Verkündung die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Zweck der Regelung ist es nicht nur, den Beteiligten alsbald Gewissheit über die getroffene Entscheidung zu verschaffen; sie dient vornehmlich dazu, den notwendigen Zusammenhang zwischen mündlicher Verhandlung und Urteil zu wahren und sicherzustellen, dass der Inhalt des Urteils dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung der beteiligten Richter entspricht (BVerwG-Beschluss vom 6. Mai 1998  7 B 437/97, BVerwGE 106, 366, zu der gleich lautenden Vorschrift in § 116 Abs. 2 VwGO; BFH-Beschluss vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a dd der Gründe).

28

Dieser zeitliche Zusammenhang ist in der Regel nicht gewahrt, wenn das Urteil erst nach Ablauf von zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung gefällt wird (BVerwG-Beschlüsse vom 7. Juli 1998  9 B 931/97, juris; in BVerwGE 106, 366; BVerwG-Urteil vom 11. November 1971 I C 64.67, BVerwGE 39, 51; gleicher Ansicht BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114). Das BVerwG hat deshalb ein Urteil wegen eines Verstoßes gegen § 116 Abs. 2 VwGO in einem Fall aufgehoben, in dem die Urteilsformel erst dreieinhalb Monate nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen worden war (BVerwG-Beschluss in BVerwGE 106, 366).

29

bb) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt zwar ein Verfahrensmangel vor, wenn der Urteilstenor entgegen der Vorschrift in § 104 Abs. 2 FGO nicht binnen zwei Wochen der Geschäftsstelle übergeben wird. Ein solcher Verfahrensmangel gehört jedoch nicht zu den in § 119 FGO abschließend aufgeführten absoluten Revisionsgründen, für die unwiderleglich vermutet wird, dass das betroffene Urteil darauf beruht (BFH-Urteil vom 22. Februar 1980 VI R 132/79, BFHE 130, 126, BStBl II 1980, 398).

30

Der BFH hat wiederholt entschieden, dass der Verstoß gegen § 104 Abs. 2 FGO eine Revision nicht begründen kann, solange nicht dargetan oder sonst erkennbar ist, dass der Urteilstenor bei fristgemäßer Niederlegung anders als im zugestellten Urteil gelautet hätte (u.a. BFH-Beschlüsse vom 12. August 2005 VIII B 280/04, BFH/NV 2005, 2234; vom 21. Dezember 2004 IX B 42/04, BFHE/NV 2005, 1311; vom 23. August 2002 IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177). Wurde ein fristgerecht gefälltes Urteil lediglich verspätet der Geschäftsstelle übergeben, beruht es in der Regel nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf diesem Mangel, sofern die Frist von fünf Monaten für die Übergabe des vollständig abgefassten Urteils mit Tatbestand, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung an die Geschäftsstelle (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 2603, betreffend § 105 Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO) eingehalten ist. Die Frist von fünf Monaten beginnt mit Ablauf desjenigen Tages, an dem die Entscheidungsformel spätestens der Geschäftsstelle hätte übergeben werden müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a der Gründe, m.w.N.).

31

cc) Die Tatsachen, die zur Beurteilung der Frage erforderlich sind, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, sind vom BFH als Revisionsgericht festzustellen (u.a. BFH-Urteil vom 16. März 1983 IV R 147/80, BFHE 138, 143, BStBl II 1983, 476). Der BFH kann sie im Wege des Freibeweises ermitteln und frei würdigen (BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2008 IX B 2/08, juris; vom 1. März 1995 III B 84/93, BFH/NV 1995, 990; vom 30. April 1987 V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502).

32

dd) Ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 wurde das Urteil im Streitfall nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das Urteil wurde der Geschäftsstelle am 15. Oktober 2009 übermittelt und der Klägerin am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Halbsatz 1 FGO). Die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO wurde daher verletzt; dies war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dieser Zeit gängige Praxis des FG-Senats.

33

ee) Das angefochtene Urteil beruht jedoch nicht auf diesem Mangel, weil es bereits am Tag der mündlichen Verhandlung (24. August 2009) gefällt wurde. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats aus den in diesem Punkt übereinstimmenden und glaubhaften Zeugenaussagen der beteiligten Richter und wird durch die vorgelegten Aufzeichnungen der Vorsitzenden Richterin sowie indirekt der ehrenamtlichen Richterin X bestätigt. Auch die Klägerin geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass am Tag der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung ergangen ist. Soweit sie jedoch meint, bei dieser Entscheidung habe es sich nicht um das Urteil, sondern (möglicherweise) um einen Beweisbeschluss gehandelt, folgt ihr der erkennende Senat nicht. Denn für einen solchen, nicht nur den Aussagen aller Zeugen widersprechenden Geschehensablauf finden sich keine Anhaltspunkte; er ließe sich darüber hinaus auch nicht mit dem Inhalt des angefochtenen Urteils vereinbaren. Im Hinblick auf den Tenor (Klageabweisung) ist im Streitfall nicht zu besorgen, dass die Fristüberschreitung zu Abweichungen zwischen dem gefällten und dem später abgesetzten Urteil geführt haben könnte.

34

b) Die Verfahrensrüge, das FG habe gegen die §§ 76 Abs. 1, 79, 119 Nr. 3 FGO verstoßen, indem es das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Rückstellung wegen des Wettbewerbsverstoßes zurückgewiesen und die Sachaufklärungspflicht bzw. das rechtliche Gehör verletzt habe, greift schon deshalb nicht durch, weil das FG das Vorbringen der Klägerin der angefochtenen Entscheidung ausweislich der Urteilsgründe zu Grunde gelegt, es allerdings als unzureichend gewürdigt hat (Seite 11 der Urteilsreinschrift, unter 2.). Die Klägerin hat auch keine (weiteren) Tatsachen dargelegt, die sie im Falle einer Vertagung der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätte oder die das FG ihrer Auffassung nach hätte ermitteln können und sollen. Der Hinweis der Klägerin auf den Zeitablauf bis zum Ergehen des angefochtenen Urteils rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, weil die Klägerin selbst erstmals mit Schreiben vom 1. April 2009 zu erkennen gegeben hat, dass in der für das Streitjahr 1997 gebildeten Rückstellung ein Betrag von 600.000 DM für ein Risiko aus Wettbewerbsverstößen enthalten war.

35

2. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die GmbH in den Streitjahren Verbindlichkeiten oder Rückstellungen weder für die im jeweiligen Folgejahr einzulösenden Gutscheine noch wegen des Risikos von Wettbewerbsverstößen bilden durfte.

36

a) Verbindlichkeiten hatte die GmbH wegen der Ausgabe der Gutscheine nicht auszuweisen, weil die darauf beruhenden Verpflichtungen der GmbH im jeweiligen Ausgabejahr dem Grunde nach ungewiss waren (vgl. BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, unter II.1.a der Gründe; vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116, unter 2. der Gründe). Denn die Belastung der GmbH hing davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine innerhalb des begünstigten Zeitraums des Folgejahres eine Dienstleistung zu dem durch einen Gutschein ermäßigten Entgelt in Anspruch nahmen. Eine isolierte Einlösung der Gutscheine war nicht möglich, weder durch Barauszahlung noch durch Eintausch gegen eine Sachleistung. Darin unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem Urteilsfall in BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, in dem der BFH bei der Ausgabe von Gutmünzen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gewisse Verbindlichkeiten angenommen hat.

37

Vorliegend war im Ausgabejahr noch ungewiss, ob und ggf. welche Dienstleistung der jeweilige Kunde im Folgejahr in Anspruch nehmen würde. Nichts anderes kann für die versprochene Preisermäßigung einer solchen Dienstleistung gelten. Diese war daher ebenfalls ungewiss, wie das FG zutreffend entschieden hat. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsnatur der Gutscheine ändert an diesem Zusammenhang nichts, ebenso wenig der Umstand, dass eine Weitergabe der Gutscheine an Dritte nicht ausdrücklich ausgeschlossen war. Das Vorbringen der Klägerin, es habe sich um Inhaberpapiere gehandelt, ist deshalb unerheblich.

38

b) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten waren weder wegen der Gutscheine noch wegen möglicher Wettbewerbsverstöße zu bilden.

39

aa) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann (u.a. BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe). Der Schuldner muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116).

40

bb) Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, wobei in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt ist, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten gilt (BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe).

41

cc) Die GmbH durfte wegen der Gutscheine keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, weil die darauf beruhenden Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren. Denn sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen.

42

(1) Der Anspruch auf Preisermäßigung war rechtlich unselbstständig. Denn er knüpfte zwingend an die Inanspruchnahme einer Dienstleistung im begünstigten Zeitraum des Folgejahres an und setzte die Entstehung eines Zahlungsanspruchs der GmbH im Folgejahr voraus. Diese Voraussetzungen waren im Jahr der Ausgabe der Gutscheine noch nicht erfüllt. Das Entstehen der entsprechenden Verbindlichkeit war dem Grunde nach ungewiss (s. oben unter II.B.2.a). Der Tatbestand, an den die Leistungspflicht --die Verrechnung des im Gutschein ausgewiesenen Betrages-- geknüpft war, war damit im Ausgabejahr noch nicht verwirklicht; die Verpflichtung war daher in dem für die Bilanzierung maßgeblichen Sinne rechtlich noch nicht entstanden (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614, unter II.2.c aa der Gründe). Die Bildung einer Rückstellung wegen einer rechtlich bereits entstandenen, der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit kam daher nicht in Betracht.

43

(2) Die mit den Gutscheinen versprochene Preisminderung für künftige, im Begünstigungszeitraum in Anspruch zu nehmende Dienstleistungen wurde nicht bereits durch das Versprechen im Ausgabejahr, sondern erst durch die Dienstleistung im Folgejahr, für die die Preisminderung gewährt wurde, wirtschaftlich verursacht. Denn sie bezog sich (nur) auf das Entgelt für die künftige Dienstleistung. Der Anspruch auf Preisermäßigung kann wirtschaftlich aber nicht schon früher verursacht sein als das Geschäft, auf das er sich bezieht. Insofern unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 4. Dezember 1959 III 317/59 S (BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80) zu Grunde liegt. Denn die Ausgabe der Rabattmarken im damaligen Urteilsfall betraf die Gewährung eines Nachlasses auf schon getätigte Einkäufe (vgl. BFH-Urteil in BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80, unter I. der Gründe); dem entsprechend war der Rabattbetrag mit dem Erreichen des Mindesteinkaufs auszuzahlen. Ein solcher Anspruch wurde den Kunden im Streitfall nicht eingeräumt.

44

(3) Der Umstand, dass die GmbH Gutscheine nur an solche Kunden ausgab, die zuvor eine Dienstleistung in Anspruch genommen hatten, rechtfertigt es nicht, die erst für eine künftige Dienstleistung versprochene Preisminderung wirtschaftlich schon der früheren, voll bezahlten Dienstleistung zuzuordnen. Denn die im Folgejahr entstehende Verpflichtung zur Bezahlung eines (Dienstleistungs-)Entgelts und --daran anknüpfend-- die Preisminderung setzte voraus, dass eine weitere Dienstleistung im Begünstigungszeitraum in Anspruch genommen und der Gutschein vorgelegt wurde. Insofern verhält es sich ähnlich wie in dem vom BFH mit Urteil vom 6. Dezember 1978 I R 35/78 (BFHE 126, 549, BStBl II 1979, 262) entschiedenen Fall, wonach der Anspruch auf verbilligten Nachbezug von Rohstoffen nicht wirtschaftlich verursacht ist, solange die Berechtigung und der Abschluss eines neuen Vertrages nicht nachgewiesen waren.

45

dd) Die Bildung einer Rückstellung wegen eines möglichen Wettbewerbsverstoßes durch die Gutscheinausgabe kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin hat bereits weder vorgetragen noch ist erkennbar, woraus sich in diesem Zusammenhang eine ungewisse Verbindlichkeit ergeben soll. Dem entsprechend fehlt es an Gründen, warum die Klägerin mit einer Inanspruchnahme ernsthaft hätte rechnen müssen und warum die Geltendmachung einer solchen Verpflichtung am Bilanzstichtag wahrscheinlich gewesen sein soll. Der mit der Revisionsbegründung vorgebrachte bloße Hinweis auf das Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens genügt insoweit nicht.

46

c) Eine Berücksichtigung der streitigen Beträge als passive Rechnungsabgrenzungsposten kommt ebenfalls nicht in Betracht (anderer Ansicht Krüger, Deutsches Steuerrecht 2011, 1095). Nach § 250 Abs. 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind auf der Passivseite als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Diese Voraussetzungen sind im Jahr der Gutscheinausgabe nicht erfüllt. Die Kunden haben den "normalen" Preis für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen bezahlt. Sie erhielten die Gutscheine von der GmbH als Zugabe. Das entsprach auch dem Verständnis der GmbH, die die Gutscheine ausdrücklich als Weihnachtsgeschenk und Dankeschön für die Treue der Kunden ausgegeben hat. Damit lässt sich nicht vereinbaren, einen Teil des Entgelts für die im Ausgabejahr bezogene Dienstleistung dem Gutschein bzw. einer im begünstigten Zeitraum des Folgejahres in Anspruch genommenen Dienstleistung zuzuordnen.

47

3. Das angefochtene Urteil ist danach im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Revision der Klägerin hat daher keinen Erfolg.

48

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Nichterhebung der Kosten für die Beweisaufnahme beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes. Zu den Gerichtskosten, auf deren Erhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung verzichtet werden kann, zählen auch die Auslagen (Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Rz 50), nicht jedoch außergerichtliche Kosten der Beteiligten (u.a. BFH-Beschluss vom 24. Januar 2008 XI R 63/06, BFH/NV 2008, 606, unter II.5. der Gründe). Die Kosten einer nicht erforderlichen Beweisaufnahme gehören zu den Kosten, auf deren Erhebung verzichtet werden kann (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235, unter 4. der Gründe). Im Streitfall sind die Kosten der Beweisaufnahme durch den BFH nur deshalb entstanden, weil sich das FG --wie die Beweisaufnahme ergeben hat-- über die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO hinweggesetzt hat (s. oben unter II.B.1.a dd). Sie beruhen deshalb auf der offensichtlich unrichtigen Sachbehandlung durch das FG.

Tatbestand

1

I. Streitig ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten wegen Zulassungskosten für Pflanzenschutzmittel in den Jahren 1999 und 2000.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform der GmbH & Co. KG ein Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln. Für zwei Wirkstoffe, deren Zulassungen im Jahr 2002 ausliefen, und für die Erstzulassung eines von ihr neu entwickelten Wirkstoffs beantragte die Klägerin im Jahr 1999 die Zulassung nach dem Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) bei der zuständigen Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA). Die Kosten für die Zulassung durch die BBA schätzte sie nach dem Gebührenverzeichnis, das als Anlage der Pflanzenschutzmittel-Gebührenverordnung (PflSchMGebV) ergangen ist, und stellte diese in eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten in den Streitjahren ein. Zum 31. Dezember 1999 betrug die Rückstellung für Zulassungskosten 180.000 DM, zum 31. Dezember 2000 erhöhte die Klägerin die Rückstellung auf 221.160 DM.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Rückstellung nicht an und verneinte die wirtschaftliche Verursachung der Zulassungskosten in den Streitjahren, da diese erst mit zukünftigen Erträgen im Zusammenhang stünden. Die Bildung einer Rückstellung setze die konkrete Zugehörigkeit künftiger Ausgaben zu bereits realisierten Erträgen voraus.

4

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Gemäß § 11 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) entstünden Kostenschulden, soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der zuständigen Behörde. Daher sei mit dem Zulassungsantrag eine Verbindlichkeit der Klägerin gegenüber der BBA aus der auf Gesetz beruhenden Gebührenregelung in der Weise entstanden, dass die Klägerin einer rechtlichen Bindung hinsichtlich der Gebühreninanspruchnahme durch die BBA unterliege. Die Zulassungskosten seien jedoch in den Streitjahren nicht wirtschaftlich verursacht. Die Pflicht zur Zulassung der Pflanzenschutzmittel sei nicht daran geknüpft, dass die Klägerin in der Vergangenheit mit Pflanzenschutzmitteln habe handeln wollen, sondern daran, dass sie dies auch in Zukunft weiter beabsichtige. Die Bildung einer Rückstellung setze jedoch Aufwendungen voraus, die mit dem Gewinnermittlungszeitraum verknüpft sind. Hierfür reiche die rechtliche Verursachung einer ungewissen Verbindlichkeit im Gewinnermittlungszeitraum nicht aus, was sich aus dem Verbot der Bilanzierung der Verpflichtungen aus schwebenden Geschäften ergebe. Dem für den Ausweis von Aktiva maßgeblichen Realisationsprinzip stehe auf der Passivseite ein Belastungsprinzip gegenüber, das die Verknüpfung zwischen einer zukünftigen, ihrer Höhe nach ungewissen Ausgabe und dem laufenden Geschäftsjahr herstelle. Daher müssten entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ungewisse Verbindlichkeiten nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten. Einem hiervon abweichenden Urteil des I. Senats des BFH (Urteil vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121), wonach die Bildung einer Rückstellung unabhängig von der wirtschaftlichen Verursachung dann zulässig ist, wenn die Verbindlichkeit dem Grunde nach rechtlich entstanden und lediglich in ihrer Höhe ungewiss ist, schloss sich das FG nicht an. Es ließ die Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu.

5

Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts. Da ihre Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühren mit der Antragstellung entstanden und lediglich deren Höhe ungewiss sei, komme es auf die wirtschaftliche Verursachung der Zulassungskosten vor dem Bilanzstichtag nicht an.

6

Die Klägerin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

8

Für die Zulassungskosten könne keine Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten anerkannt werden, da die Verpflichtung zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit der Fortführung des Handels mit diesen Produkten verknüpft sei, eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten aber Vergangenes abgelten müsse.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

10

Das FG hat die wirtschaftliche Verursachung im Jahr 1999 zu Unrecht verneint, soweit dies die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Zulassungskosten für das von ihr neu entwickelte Pflanzenschutzmittel betrifft.

11

1. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung sind in der Handelsbilanz u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus folgende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in den für die Streitjahre maßgeblichen Fassungen auch für die Steuerbilanz (ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Urteile in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.1. der Gründe; vom 19. August 2002 VIII R 30/01, BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.1. der Gründe, und vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644, unter I. vor 1. der Gründe).

12

a) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann. Der Schuldner muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116, unter 3. der Gründe). Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, wobei in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt ist, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten gilt. Nach Auffassung des I. Senats des BFH ist die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr ein Merkmal, das nur bei der Passivierung künftig entstehender Verbindlichkeiten, nicht hingegen bei dem Grunde nach bereits bestehenden --lediglich dem Betrage nach ungewissen-- Verpflichtungen gilt (BFH-Urteile in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.3.a der Gründe, und vom 5. Juni 2002 I R 96/00, BFHE 199, 309, BStBl II 2005, 736, unter II.3. der Gründe). Urteilen anderer Senate ist möglicherweise zu entnehmen, dass auch eine dem Grunde nach rechtlich entstandene Verbindlichkeit in der Zeit vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht sein muss (BFH-Urteile vom 25. August 1989 III R 95/87, BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3. der Gründe; vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, unter 1.a der Gründe; vom 18. Januar 2011 X R 14/09, BFHE 232, 449, BStBl II 2011, 496, unter II.1.b der Gründe).

13

b) Auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts innerhalb eines bestimmten Zeitraums gerichtet sind, sind Rückstellungen zu bilden, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.2. der Gründe, und in BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644, unter I.2. der Gründe).

14

2. Die Klägerin war im Gewinnermittlungszeitraum 1999 verpflichtet, im Hinblick auf ihre Verpflichtung zur Zahlung der Zulassungskosten für das von ihr neu entwickelte Pflanzenschutzmittel eine Rückstellung zu bilden. Dabei kann der erkennende Senat offenlassen, ob er sich der vom I. Senat des BFH vertretenen Auffassung zur wirtschaftlichen Verursachung anschließen könnte. Denn die genannte Zahlungsverpflichtung der Klägerin war im Jahr 1999 sowohl rechtlich (II.2.b) als auch wirtschaftlich (II.2.d) verursacht.

15

a) Die Passivierung der Verpflichtung zur Zahlung der Zulassungskosten ist nicht gemäß § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ausgeschlossen. Die Zulassungskosten sind nach Auffassung des erkennenden Senats zwar Bestandteil der Herstellungskosten für die Rezeptur des Pflanzenschutzmittels, die von der Klägerin selbst entwickelt wurde. Wegen des Aktivierungsverbots des § 5 Abs. 2 EStG für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens führen Aufwendungen für die Zulassung jedoch zu steuerlich sofort abziehbaren Betriebsausgaben.

16

aa) Die Zulassungskosten sind Teil der Herstellungskosten der Rezeptur, die ein eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens ist.

17

(1) Bei der Rezeptur eines Pflanzenschutzmittels handelt es sich um eine selbständige immaterielle Rechtsposition, die eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre erbringt, einer besonderen Bewertung zugänglich ist, mindestens zusammen mit dem Unternehmen veräußert werden kann und für die der Erwerber eines Betriebs etwas aufwenden würde. Die Rezeptur erfüllt damit die Voraussetzungen, um als eigenständiges Wirtschaftsgut angesehen zu werden (vgl. BFH-Urteile vom 19. Juni 1997 IV R 16/95, BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808, unter II.1. der Gründe, und vom 14. April 2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696, unter II.1.a, m.w.N.). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob an der Rezeptur ein Patent oder andere gewerbliche Schutzrechte bestehen. Auch eine ungeschützte Erfindung kann ein Wirtschaftsgut sein (BFH-Urteil vom 2. Juni 1976 I R 20/74, BFHE 119, 410, BStBl II 1976, 666, unter 1. der Gründe). Da sich die Rezeptur eines Pflanzenschutzmittels nicht in einem einmaligen Akt verbraucht, sondern grundsätzlich dazu bestimmt ist, dem Geschäftsbetrieb dauernd zu dienen, ist sie dem Anlagevermögen zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 225/93, BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320, unter 1.c der Gründe).

18

(2) Die Kosten für die Zulassung eines neu entwickelten Pflanzenschutzmittels sind Teil der Herstellungskosten, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Schaffung der Rezeptur aufgebracht werden müssen. Herstellungskosten sind alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Wirtschaftsguts, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen (§ 255 Abs. 2 Satz 1 HGB). Hierzu gehören neben den Kosten, die unmittelbar der Herstellung dienen, auch alle Aufwendungen, die zwangsläufig im Zusammenhang mit der Herstellung des Wirtschaftsguts anfallen oder mit der Herstellung in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Die Herstellung endet regelmäßig, wenn das Wirtschaftsgut fertiggestellt ist, d.h. wenn es einen Zustand erreicht hat, der seine bestimmungsgemäße Nutzung ermöglicht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101, unter A.1. der Gründe, und vom 24. März 1987 IX R 17/84, BFHE 149, 548, BStBl II 1987, 694, unter 1. der Gründe, jeweils m.w.N.).

19

Die Zulassungskosten dienen dazu, die Rezeptur eines Pflanzenschutzmittels bestimmungsgemäß dafür zu nutzen, das Pflanzenschutzmittel am Markt anzubieten. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 PflSchG in der in den Streitjahren gültigen Fassung dürfen Pflanzenschutzmittel grundsätzlich nur eingeführt oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie über eine Zulassung durch die BBA verfügen. Wer ein Pflanzenschutzmittel erstmals in den Verkehr bringen oder einführen will, muss gemäß § 12 i.V.m. § 11 PflSchG hierfür eine Zulassung der BBA beantragen. Durch §§ 11 f. PflSchG ist das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels unter ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt gestellt (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. November 2009 I ZR 186/07, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungsreport Zivilrecht 2010, 767, unter II.3.b der Gründe).

20

bb) Die Zuordnung der Zulassungskosten zu den Herstellungskosten der Rezeptur eines Pflanzenschutzmittels schließt im Streitfall die Bildung einer Rückstellung nicht aus. Nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, die insoweit in der Regelung des § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ihren Niederschlag gefunden haben, sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zulässig, wenn die künftigen Aufwendungen zur Erfüllung der Verpflichtung steuerrechtlich sofort abziehbare Ausgaben darstellen, also nicht als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert werden müssen (BFH-Urteile vom 19. August 1998 XI R 8/96, BFHE 186, 417, BStBl II 1999, 18, unter II.1. der Gründe, und vom 6. Oktober 2009 I R 36/07, BFHE 226, 342, BStBl II 2010, 232, unter II.2.a der Gründe). Aus § 5 Abs. 2 EStG folgt, dass für selbstgeschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens keine Aktivposten angesetzt werden dürfen. Ist deshalb der Herstellungsaufwand nicht zu aktivieren, muss hierfür eine Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten gebildet werden, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen.

21

b) Im Gewinnermittlungszeitraum 1999 war die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Zulassungskosten für das von ihr neu entwickelte Pflanzenschutzmittel unmittelbar kraft Gesetzes dem Grunde nach rechtlich entstanden.

22

aa) Die Klägerin hatte im Jahr 1999 einen Antrag auf Zulassung des von ihr neu entwickelten Pflanzenschutzmittels bei der sachlich zuständigen BBA gestellt. Die Beantragung der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels ist gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG i.V.m. § 1 Nr. 1 PflSchMGebV ein gebührenpflichtiger Tatbestand, für den die BBA Gebühren und Auslagen erhebt. An einen solchen Tatbestand knüpft § 11 Abs. 1 VwKostG an und regelt, dass die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Einreichung des Antrags entsteht (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 24. März 1999  8 C 27/97, BVerwGE 108, 364, unter 1.b der Gründe). In diesem Zeitpunkt wird der Anspruch der jeweiligen Behörde auf Zahlung der Kosten begründet (BVerwG-Urteil vom 24. Februar 2005  3 C 38/04, BVerwGE 123, 92, unter 2. der Gründe).

23

Bereits aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 VwKostG ergibt sich, dass eine Gebührenschuld, soweit ein Antrag notwendig ist, mit dessen Eingang bei der zuständigen Behörde rechtlich entsteht, auch wenn zu diesem Zeitpunkt der genaue Kostenbetrag noch ungewiss ist. Davon ging auch der historische Gesetzgeber aus, als er im VwKostG das Entstehen der Kostenschuld (§ 11 VwKostG) zu einem früheren Zeitpunkt als dem Eintritt der Fälligkeit (§ 17 VwKostG) geregelt hat. Nur eine bereits entstandene Gebühren- und Auslagenschuld kann fällig werden (vgl. Gesetzesbegründung für den Entwurf eines Verwaltungskostengesetzes, BTDrucks VI/330, Einzelbegründung zu § 11 VwKostG, S. 15; Schlabach, Gebührenrecht der Verwaltung in Baden-Württemberg, Vorschriftensammlung und Kommentar zum Landesgebührenrecht und zum Gebührenrecht des Bundes, § 11 VwKostG Rz 1). In systematischer Auslegung ergibt sich die rechtliche Entstehung der Kostenschuld im Zeitpunkt der Antragstellung auch aus § 20 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwKostG, wonach der Anspruch auf Zahlung von Kosten spätestens mit dem Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung verjährt. Dies gilt trotz der Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 VwKostG ohne Rücksicht darauf, zu welchem Zeitpunkt die Kostenschuld durch Bekanntgabe einer Kostenentscheidung im Einzelfall fällig wird (BVerwG-Urteil in BVerwGE 123, 92, unter 2. der Gründe).

24

bb) Die rechtliche Entstehung der Kostenschuld dem Grunde nach wird nicht davon berührt, dass bei Antragstellung noch ungewiss war, ob das Verwaltungsverfahren mit der Erteilung einer Zulassung an die Klägerin oder damit endet, dass ihr Antrag abgewiesen wird. Der Gebührentatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG i.V.m. § 1 Nr. 1 PflSchMGebV bezieht sich bereits seinem Wortlaut nach auf Sachentscheidungen über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels und damit auf den Erlass eines positiven oder negativen Bescheids, mit dem das Zulassungsverfahren abschließt (vgl. BVerwG-Urteil in BVerwGE 108, 364, unter 1.a der Gründe). Auch aus dem Verweis von § 3 Abs. 1 PflSchMGebV auf § 15 Abs. 2 VwKostG folgt, dass die Ablehnung einer Pflanzenschutzmittelzulassung grundsätzlich eine kostenpflichtige Amtshandlung ist (vgl. Schlabach, a.a.O., § 15 VwKostG Rz 4).

25

c) Die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Gebühren und Auslagen für die von ihr beantragte Zulassung des neu entwickelten Pflanzenschutzmittels war am Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 hinreichend konkretisiert.

26

aa) Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist hinreichend konkretisiert, wenn am Bilanzstichtag sicher voraussehbar ist, ob und ggf. in welchem Zeitpunkt die Verpflichtung entsteht. Die Verpflichtung muss auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums zielen. Bei einer kraft Gesetzes bestehenden Verpflichtung muss hierfür ein entsprechend konkreter Gesetzesbefehl bestehen und die Verletzung der Verpflichtung sanktionsbewehrt sein, so dass sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht mehr entziehen kann (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteile in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.2.b aa der Gründe; in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121, unter II.2. der Gründe; in BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.1.b der Gründe, und in BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644, unter I.2. der Gründe).

27

bb) Mit der rechtlichen Entstehung der Kostenschuld war für die Klägerin vorhersehbar, dass sie wegen der im Zulassungsverfahren entstehenden Kosten in Anspruch genommen werden würde. Die BBA ist im Zeitpunkt der rechtlichen Entstehung der Kostenschuld verpflichtet, ihren Kostenanspruch wegen der im Zulassungsverfahren entstehenden Kosten gegenüber der Klägerin geltend zu machen, indem sie eine Kostenentscheidung erlässt. Sie verfügt über keinen Ermessensspielraum, hierauf zu verzichten. Auch die Klägerin konnte nach Einreichung ihres Antrags im Jahr 1999 das Entstehen der Kostenschuld dem Grunde nach nicht mehr durch Rücknahme des Antrags rückgängig machen. Eine Rücknahme des Zulassungsantrags nach Beginn der sachlichen Bearbeitung, aber vor Erteilung der Zulassung, bewirkt gemäß § 3 Abs. 1 PflSchMGebV i.V.m. § 15 Abs. 2 Halbsatz 1 VwKostG lediglich eine Ermäßigung der Kostenschuld um ein Viertel. Auch eine im Ermessen stehende Billigkeitsentscheidung der BBA kann gemäß § 3 Abs. 1 PflSchMGebV i.V.m. § 15 Abs. 2 Halbsatz 2 VwKostG allein zu einer weiteren Ermäßigung der vorgesehenen Gebühr oder zum Absehen von der Erhebung der geschuldeten Gebühren, nicht aber zur Aufhebung oder zum Erlöschen der dem Grunde nach vollwirksam entstandenen Kostenschuld führen.

28

Die Begleichung der Kostenschuld durch die Klägerin ist weiterhin sanktionsbewehrt und seitens der BBA rechtlich durchsetzbar, so dass sich die Klägerin am Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 der Erfüllung ihrer Verpflichtung im Ergebnis nicht mehr entziehen konnte. Gemäß § 18 Abs. 1 VwKostG in der im Streitfall anzuwendenden Fassung konnten bei Nichtzahlung einer fälligen Kostenschuld Säumniszuschläge in Höhe eines Prozents des rückständigen Betrags pro angefangenem Monat erhoben werden, wenn dieser Betrag 100 DM übersteigt. Bei Säumniszuschlägen handelt es sich um ein Druck- und Zwangsmittel eigener Art, um die rechtzeitige Kostenzahlung sicherzustellen (von Dreising, Verwaltungskostengesetz, § 18 Rz 1.2.). Für die rechtliche Durchsetzung ihres Kostenanspruchs stehen der BBA die Vollstreckungsmöglichkeiten nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG) zur Verfügung, da es sich bei der Kostenschuld um eine öffentlich-rechtliche Geldforderung i.S. des § 1 VwVG handelt.

29

d) Die Kostenschuld der Klägerin für die beantragte Zulassung des neu entwickelten Mittels ist im Gewinnermittlungszeitraum 1999 auch wirtschaftlich verursacht.

30

aa) Eine ungewisse Verbindlichkeit aufgrund öffentlichen Rechts ist wirtschaftlich verursacht, wenn sie so eng mit dem betrieblichen Geschehen des Wirtschaftsjahres verknüpft ist, dass es geboten ist, sie wirtschaftlich als Aufwand des jeweiligen Wirtschaftsjahres zu behandeln. Dafür müssen --ungeachtet der rechtlichen Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale einer Verbindlichkeit-- die wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Verpflichtung erfüllt sein und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen. Weiterhin muss der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung in der Vergangenheit liegen, so dass die Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt (BFH-Urteile vom 20. März 1980 IV R 89/79, BFHE 130, 165 , BStBl II 1980, 297, unter 5. der Gründe; in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3.a der Gründe; vom 25. März 1992 I R 69/91, BFHE 168, 527, BStBl II 1992, 1010, unter II.4.a der Gründe).

31

bb) Nach diesen Maßstäben ist die dem Grunde nach rechtlich entstandene Kostenschuld der Klägerin auch wirtschaftlich im Jahr 1999 verursacht.

32

(1) Entgegen dem FG-Urteil ist hierbei nicht darauf abzustellen, ob die Klägerin zur Zulassung des Pflanzenschutzmittels verpflichtet war und diese Verpflichtung in den Streitjahren wirtschaftlich verursacht ist. Maßgeblich für den Streitfall ist insoweit allein die wirtschaftliche Verursachung der Kostenschuld, um deren Passivierbarkeit die Beteiligten streiten. Diese ist unabhängig davon zu beurteilen, ob die Klägerin aufgrund des PflSchG verpflichtet war, für das von ihr neu entwickelte Mittel die Zulassung zu beantragen.

33

(2) Mit Einreichung ihres Zulassungsantrags für das neu entwickelte Mittel hat die Klägerin alle Tatbestandsmerkmale erfüllt, die für das Entstehen der Kostenschuld wesentlich sind. Der Antrag der Klägerin begründet zugleich den wirtschaftlichen Bezugspunkt der Kostenschuld zum Gewinnermittlungszeitraum 1999. Damit hat die Klägerin ein Verwaltungsverfahren initiiert, für dessen Kosten sie in Zukunft aufkommen muss. Im Hinblick auf die in der Kostenschuld enthaltenen Gebühren zahlt sie ein Entgelt für die Inanspruchnahme der Verwaltung, während die daneben zu begleichenden Auslagen auf die Erstattung der im Zulassungsverfahren entstandenen Aufwendungen gerichtet sind (vgl. Schlabach, a.a.O., § 1 VwKostG Rz 1).

34

Der Vergangenheitsbezug der Kostenschuld ergibt sich weiterhin daraus, dass die Kostenschuld unabhängig vom Ausgang des Zulassungsverfahrens besteht. Die Klägerin muss --wie dargestellt-- die Zulassungskosten sowohl bei Erlass eines positiven wie auch bei Erlass eines negativen Bescheids begleichen. Demgegenüber ist es unerheblich, ob sie im Falle eines positiven Bescheids das von ihr neu entwickelte Mittel zukünftig tatsächlich am Markt anbietet, also von der erteilten Zulassung auch Gebrauch macht, oder ob sie ihre unternehmerische Tätigkeit zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 vollständig beendet oder jedenfalls davon absieht, das neu entwickelte Pflanzenschutzmittel zukünftig in den Verkehr zu bringen. Eine Verbindlichkeit erweist sich im Wesentlichen als vergangenheitsorientiert, wenn die Pflicht unabhängig davon zu erfüllen ist, ob der Unternehmer seine Tätigkeit in Zukunft fortführt oder den Betrieb zum jeweiligen Bilanzstichtag beendet (BFH-Urteile vom 23. Juli 1980 I R 28/77, BFHE 131, 463, BStBl II 1981, 62, unter 1. der Gründe; in BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.2.a der Gründe).

35

(3) Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin im Falle der Erteilung der von ihr beantragten Zulassung und ihrer unterstellten Verwertung am Markt erst in Zukunft mit dem Pflanzenschutzmittel handeln wird und daraus künftige Erträge resultieren werden.

36

(a) Dies ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin ihre Kostenschuld --wie ausgeführt-- auch im Falle eines Ablehnungsbescheids begleichen muss. Darüber hinaus kann der Vergangenheitsbezug einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nicht allein damit verneint werden, dass die Verpflichtung in unternehmerischer Perspektive der Erzielung künftiger Einnahmen dient. In diesem Sinne kann bei allen Verbindlichkeiten, die ein Unternehmer in Fortführung seines Unternehmens eingeht, ein Bezug zu künftigen Einnahmen bejaht werden. So wie es für den zukunftsorientierten Charakter einer Verbindlichkeit vor allem darauf ankommt, ob diese dem künftigen Betrieb zugeordnet werden kann und diese Frage nicht zwingend identisch ist mit der Alimentierung künftiger Erträge (Clemm, Bilanzrecht und Kapitalmarkt, Festschrift für Adolf Moxter, 167, 177), ergibt sich umgekehrt der Vergangenheitsbezug einer Verbindlichkeit nicht allein daraus, dass die Verpflichtung konkrete Erträge in der Vergangenheit ermöglicht hat. Insbesondere bei öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen kann der künftige Aufwand nicht eindeutig künftigen oder bereits realisierten Erträgen unmittelbar zugeordnet werden. Diese Verbindlichkeiten bestehen wegen ihres besonderen öffentlichen Rechtsgrunds unabhängig von konkreten Erträgen in der Vergangenheit oder in der Zukunft.

37

Auch im Falle der Klägerin ließen sich zukünftige Erträge aus einem künftigen Handel mit dem neu entwickelten Pflanzenschutzmittel nicht unmittelbar auf die Pflanzenschutzmittelzulassung bzw. den dafür entstandenen Zulassungsaufwand zurückführen. Die zukünftigen Erträge würden vielmehr aus den von der Klägerin eingegangenen Geschäften folgen, die sie auf Grundlage der Pflanzenschutzmittelzulassung tätigen kann.

38

(b) Mit dieser Betrachtung setzt sich der erkennende Senat nicht in Widerspruch zu der BFH-Rechtsprechung, die zu Rückstellungen für den Aufwand aus einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Nachanalyse und Zulassung von Arzneimitteln ergangen ist. Nach dieser Rechtsprechung hat eine Verpflichtung zukunftsorientierten Charakter, wenn ihre Entstehung im Wesentlichen von den zukünftigen Gewinnchancen des Unternehmens abhängt bzw. der Aufwand künftige Gewinnchancen ermöglicht (BFH-Urteile in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3.b der Gründe; vom 28. Mai 1997 VIII R 59/95, BFH/NV 1998, 22, unter 2.b der Gründe; vgl. BFH-Beschluss vom 24. Januar 1990 I B 112/88, BFH/NV 1991, 434, unter II.3.c der Gründe). Maßgeblicher Rechtsgrund für die in jenen Entscheidungen verneinte Passivierbarkeit von Kosten für die Nachanalyse und Zulassung von Arzneimitteln ist nach Ansicht des erkennenden Senats, dass die Verpflichtung zur Nachanalyse und Zulassung der bislang zulassungsfreien Arzneimittel jeweils erst in zukünftigen Wirtschaftsjahren bestand und die Arzneimittel in den Streitjahren ohne Einschränkung vertrieben werden konnten (BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 22, am Ende der Gründe; in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3.b der Gründe, und BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 434, unter II.3.c der Gründe). Bei der Pflicht zur Nachanalyse und Zulassung der Arzneimittel handelte es sich somit jeweils um eine Verbindlichkeit, die erst in Zukunft bei Fortführung des Betriebs über den Bilanzstichtag hinaus zum Tragen kam. Daran zeigte sich der zukunftsorientierte Charakter der Verpflichtung und ihre fehlende Zugehörigkeit zu bereits realisierten Erträgen (BFH-Urteile in BFHE 158, 58, BStBl II 1989, 893, unter II.3.b der Gründe; in BFH/NV 1998, 22, unter 2.b der Gründe; BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 434, unter II.3.c der Gründe). Auch in diesen Entscheidungen wurde für die wirtschaftliche Verursachung somit maßgeblich darauf abgestellt, ob die Verpflichtung an den Betrieb des Unternehmens in der Vergangenheit anknüpft und daher auch dann fortbesteht, wenn es am Bilanzstichtag zur Einstellung des Betriebs kommt, oder ob es sich um eine Verpflichtung handelt, die erst bei Fortführung des Betriebs über den Bilanzstichtag hinaus zum Tragen kommt.

39

e) Bei der Verpflichtung zur Zahlung der Zulassungskosten handelt es sich nicht um Aufwand, der im überwiegenden Eigeninteresse der Klägerin liegt und bei der Erfüllung einer nicht passivierbaren "Verpflichtung gegen sich selbst" entsteht (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 2000 I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570, unter II.3. und II.4. der Gründe; in BFHE 199, 561, BStBl II 2003, 131, unter II.2.b ee der Gründe). Die Zulassungskosten sind der Sache nach Herstellungskosten der Rezeptur des Pflanzenschutzmittels (siehe oben unter II.2.a der Gründe) und schon aus diesem Grund kein eigenbetrieblicher Aufwand im Sinne der bisherigen BFH-Rechtsprechung. Zudem besteht die Verpflichtung auf Zahlung der Kosten als echte Außenverpflichtung der Klägerin gegenüber der BBA. Aufwand, der aufgrund einer echten Außenverpflichtung gegenüber einem Dritten entsteht, ist kein Betriebserhaltungsaufwand aufgrund einer überwiegenden "Verpflichtung gegen sich selbst".

40

3. Das Urteil beruht auf der rechtsfehlerhaften Entscheidung des FG, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Zulassungskosten für das von der Klägerin neu entwickelte Pflanzenschutzmittel im Jahr 1999 nicht vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich verursacht worden sei. Es war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif und an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

41

a) Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, auf welche Höhe sich die Kosten für die Zulassung des von der Klägerin neu entwickelten Mittels voraussichtlich belaufen. Weiterhin fehlen Feststellungen dazu, ob sich die im Jahr 2000 vorgenommene Erhöhung der Rückstellung auf die Zulassungskosten bezieht, die für das neu entwickelte Pflanzenschutzmittel voraussichtlich anfallen, und ob diese Erhöhung sachlich gerechtfertigt ist.

42

b) Im Hinblick auf die Zulassungskosten für die zwei Pflanzenschutzmittel, deren Zulassungen im Jahr 2002 ausliefen, fehlen Feststellungen des FG dazu, ob die Rezepturen für diese beiden Mittel von der Klägerin selbst entwickelt wurden oder ob die Klägerin die Rezepturen für diese Mittel entgeltlich am Markt erworben hat. Im Falle von Eigenentwicklungen handelt es sich bei den Zulassungskosten um nachträgliche Herstellungskosten der Rezepturen, die die Klägerin gemäß § 5 Abs. 2 EStG nicht aktivieren darf. Dann sind die Zulassungskosten in eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten einzustellen. Hat die Klägerin dagegen die Rezepturen dieser Mittel entgeltlich am Markt erworben, stellen die Zulassungskosten aktivierungspflichtige nachträgliche Anschaffungskosten dar. In diesem Fall darf die Klägerin wegen dieser Zulassungskosten keine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten bilden (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als GmbH & Co. KG Organträgerin einer GmbH, die Frisörsalons betreibt.

2

Von Mitte November bis Ende Dezember der Jahre 1995 bis 1997 (Streitjahre) gaben die Frisörsalons an ihre Kunden als Weihnachtsgeschenke jeweils einen bzw. ab 1996 zwei Gutscheine aus. Die Kunden erhielten die Gutscheine bei der Bezahlung einer Dienstleistung von dem Mitarbeiter, der sie betreut hatte. Dabei hatte der Mitarbeiter dem Kunden für seine Treue zu danken und ihn über die Modalitäten der Gutscheineinlösung zu informieren. Die Gutscheine enthielten u.a. den Aufdruck "... Dankeschön, daß Sie uns auch in diesem Jahr die Treue gehalten haben" sowie "Gutschein DM 10,- für jede Dienstleistung in allen FRISÖR ... Salons". Sie waren im Januar bzw. Februar des Folgejahres gültig und mit einem Stempel des ausgebenden Frisörsalons versehen. Der Name des Kunden wurde nicht festgehalten. Die Gutscheine konnten weder bar eingelöst noch kumuliert werden und verfielen nach Ablauf des Aktionszeitraums entschädigungslos.

3

Für die zu erwartenden Erlösminderungen wies die GmbH in der Bilanz des Ausgabejahres Rückstellungen aus, die jeweils in der Bilanz des Folgejahres wieder aufgelöst wurden. Die Höhe der Rückstellungen schätzte sie in Anlehnung an die Zahl der gedruckten Gutscheine.

4

Für das Jahr 1995 hatte die GmbH 350 000 Gutscheine drucken lassen, von denen 187 477 verteilt worden waren. Da lediglich aus einer Region Aufzeichnungen über die eingelösten Gutscheine vorlagen (82,8 %), schätzte die GmbH die Gesamtzahl der Rückläufer auf dieser Grundlage. Die GmbH errechnete eine Zahl von (82,8 % von 187 477 = ca.) 155 230 eingelösten Gutscheinen à 10 DM und nahm einen Rückstellungsbetrag von 1,5 Mio. DM an.

5

Da das Gutscheinsystem von den Stammkunden ab dem zweiten Jahr verstärkt akzeptiert worden sei, nahm die GmbH an, dass die Ende 1996 ausgegebenen Gutscheine sämtlich eingelöst worden seien. Bei 400 000 ausgegebenen Gutscheinen à 10 DM schätzte sie den Rückstellungsbetrag 1996 auf 4 Mio. DM.

6

Für 1997 bildete die GmbH eine Rückstellung von 6,185 Mio. DM.

7

Im Anschluss an Betriebsprüfungen bei der Klägerin und der GmbH ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass keine Rückstellungen zu bilden seien, weil die mit der Ausgabe der Gutscheine verbundenen Erlösminderungen wirtschaftlich nicht dem Jahr der Ausgabe, sondern dem der Einlösung zuzurechnen seien. Das FA erhöhte die Gewinne der GmbH und damit auch der Klägerin entsprechend.

8

Dagegen erhob die Klägerin am 5. Mai 2000 nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Die Begründung reichte sie mit Schriftsatz vom 18. September 2000 ein. Mit Beschluss vom 15. Februar 2005 setzte das Finanzgericht (FG) den Rechtsstreit im Hinblick auf zwei vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren aus. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens nahm die Klägerin am 24. Februar 2006 schriftsätzlich Stellung. Mit Verfügung vom 4. Februar 2009 bat der Berichterstatter um eine "ergänzende Stellungnahme" der Klägerin und um Klarstellung, "aufgrund welcher Erwägungen (bei dem vorgenannten Streitgegenstand) jeweils auch das Streitjahr 1997 angefochten wird" und um Mitteilung, "wann und wie die Höhe der für die Streitjahre angesetzten Rückstellungen jeweils ermittelt wurde". Die Verfügung verband er mit dem Hinweis "Für die Erledigung der vorstehenden Punkte wird gemäß § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist bis zum 5. 3. 2009 gesetzt."

9

           

Nachdem die Klägerin am 9. Februar 2009 die Ausschlussfrist gerügt und hilfsweise deren Verlängerung beantragt hatte, verlängerte der Berichterstatter die Frist zunächst bis zum 5. April 2009. Am 1. April 2009 nahm die Klägerin ergänzend Stellung und trug u.a. erstmals vor, dass die GmbH aufgrund der Ausgabe der Gutscheine einen Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht befürchtet und die Rückstellung 1997 aus diesem Grund um einen zusätzlichen Betrag von 600.000 DM erhöht habe. Sie fügte die Kopie einer Notiz bei, die folgende Berechnung des zuständigen Mitarbeiters der Steuerberatung der GmbH zur Rückstellungshöhe enthielt:

"Gutscheine

5.585.000

Risiko aus Wettbewerbsverstoß
(10 % der ausgegebenen Gutscheine) rd.


  600.000

        

6.185.000"

10

Das FG wies die Klage ab. Die Dienstleistungsrabattzusagen seien vor der Einlösung durch Kunden im jeweiligen Folgejahr weder als Verbindlichkeiten noch als Rückstellungen zu passivieren. Die Verpflichtung, Kunden im Folgejahr gegen Vorlage der Gutscheine einen Preisabschlag von 10 DM zu gewähren, könne im Ausgabejahr noch nicht als gewisse Verbindlichkeit ausgewiesen werden, da sie am Bilanzstichtag rechtlich noch nicht voll wirksam entstanden und ungewiss sei, ob und in welcher Höhe sie in Zukunft entstehen werde. Sie sei auch wirtschaftlich noch nicht im Ausgabejahr verursacht. Der Preisabschlag mindere allein die Erlöse des Folgejahres und sei damit wirtschaftlich so eng mit künftigen Dienstleistungen verknüpft, dass er als Belastung des Betriebsvermögens im jeweiligen Folgejahr anzusehen sei. Dem entsprechend seien auch keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Auch wegen angeblicher Risiken aus Wettbewerbsverstößen habe die GmbH keinen Passivposten von 600.000 DM bilden dürfen. Die Klägerin habe nicht ausreichend dargetan, geschweige denn belegt, dass die für die Bildung einer Rückstellung notwendigen Gründe vorlägen. Das Urteil erging "aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. August 2009". Es wurde nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), sondern den Beteiligten am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Satz 1 FGO). Der zuständigen Geschäftsstelle des FG wurde das Urteil am 15. Oktober 2009 übermittelt. Es ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2010, 649 veröffentlicht.

11

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verstöße gegen Verfahrensvorschriften (§ 76 Abs. 1, § 79b, § 104 Abs. 2 FGO) und gegen materielles Recht (§§ 242, 247, 249, 266 des Handelsgesetzbuchs --HGB--, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 7 des Gewerbesteuergesetzes, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes) geltend macht.

12

Das FG habe gegen § 104 Abs. 2 FGO verstoßen, weil das Urteil nach der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 nicht verkündet, sondern am 22. Oktober 2009 zugestellt, die Urteilsformel jedoch nicht binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle übermittelt worden sei. Den Prozessbevollmächtigten sei von der zuständigen Geschäftsstelle am 14. und 23. September 2009 telefonisch die Auskunft erteilt worden, dass noch keine Entscheidungsformel eingegangen sei. Auf weitere telefonische Anfrage vom 26. Oktober 2009 habe die Geschäftsstelle mitgeteilt, dass die Urteilsgründe am 15. Oktober 2009 bei ihr eingegangen seien; der Tenor sei zuvor nicht isoliert übermittelt worden. Dabei handele es sich um einen erheblichen Verfahrensverstoß, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in ständiger Rechtsprechung zu § 116 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entschieden habe; diesen Grundsätzen habe sich der BFH angeschlossen (BFH-Beschlüsse vom 28. April 1999 V R 49/98, BFH/NV 1999, 1364; vom 25. April 2000 VII R 51/99, BFH/NV 2000, 1232).

13

Der Berichterstatter habe eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 FGO gesetzt, ohne die als aufklärungs- oder beweisbedürftig erachteten Punkte so genau zu bezeichnen, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, die Anordnung ohne weiteres zu befolgen. Nicht nur das Setzen der Frist, sondern auch die darauf beruhende Zurückweisung des Sachvortrags der Klägerin bzw. die Ablehnung des Vertagungsantrags in der mündlichen Verhandlung seien deshalb rechtsfehlerhaft.

14

Das FG habe außerdem die richterliche Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt. Denn es habe die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 1. April 2009 vorgetragenen Umstände der Rückstellungsbildung 1997, die u.a. auf einem befürchteten Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht beruht habe, nicht näher aufgeklärt. Jedenfalls aber hätte die Klägerin die Umstände des befürchteten Wettbewerbsverstoßes nach damaligem Recht, der auf dem Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens beruht habe, dargelegt und unter Beweis gestellt. Das gelte auch für die Ermittlung des betragsmäßigen Risikos in Höhe von 600.000 DM.

15

Das angefochtene Urteil verstoße auch gegen materielles Recht, weil für die aus der Ausgabe der Gutscheine resultierenden rechtlichen und wirtschaftlichen Belastungen Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden seien. Durch die Ausgabe der Gutscheine, bei denen es sich zivilrechtlich um Inhaberpapiere handele, habe die GmbH eine Außenverpflichtung gegenüber ihren Kunden begründet. Diese sei durch die Begebung der Gutscheine entgegen der Auffassung des FG zivilrechtlich bereits voll wirksam entstanden; eine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit liege nicht vor. Um den Preisnachlass verrechnen zu können, habe es nicht, wie das FG zu Unrecht ausführe, des Abschlusses eines neuen Dienstleistungsvertrages bedurft; die Verrechnung des Nachlasses knüpfe daran zwar unselbstständig an, habe ihre Grundlage jedoch nicht in dem "neu" abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag, sondern in der bis zum 31. Dezember des Altjahres begründeten Verpflichtung der GmbH. Insoweit habe es sich um eine bloße Fälligkeitsabrede gehandelt, die an keinerlei Bedingungen im Rechtssinne geknüpft gewesen sei.

16

Hinzu komme, dass die Verbindlichkeiten, die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierten, wirtschaftlich dem Ausgabejahr zuzuordnen seien. Denn diese zielten nicht nur --wie jedes unternehmerische Handeln-- auf zukünftige Ertragssteigerungen ab, sondern dienten auch als Anreiz für die Kunden, die Frisörsalons noch im alten Jahr und somit vor dem Bilanzstichtag zu besuchen. Entsprechend würde ein gedachter Erwerber die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierenden Verpflichtungen erwerbspreismindernd berücksichtigen.

17

Hilfsweise seien jedenfalls Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden. Ungewiss seien Verbindlichkeiten auch dann, wenn sie aufschiebend oder auflösend bedingt seien und ungewiss sei, ob die Bedingung eintrete. Das gelte auch hinsichtlich der Erhöhung um 600.000 DM für das Streitjahr 1997. Aufgrund der damaligen Rechtslage sei zu befürchten gewesen, dass es durch die Gutscheinaktion zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen sei; jedenfalls habe ein Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens vorgelegen.

18

Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995 bis 1997, die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 bis 1997 und die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 vom 18. Mai 1999 bzw. 8. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. April 2000 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen für 1995 in Höhe von 1.500.000 DM, für 1996 in Höhe von 4.000.000 DM und für 1997 in Höhe von 6.185.000 DM angesetzt werden.

19

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

20

Die Klägerin habe erstmals mit Schriftsatz vom 1. April 2009 offengelegt, dass in der gebildeten Rückstellung für 1997 auch ein Betrag von 600.000 DM "für das Risiko aus einem befürchteten Wettbewerbsverstoß" enthalten sei, und insoweit angekündigt, weitere Unterlagen zu beschaffen und dem FG kurzfristig vorzulegen. Das FA habe den Sachverhalt als geklärt angesehen, da insbesondere für den erstmals geltend gemachten Wettbewerbsverstoß die für die Bildung von Rückstellungen notwendigen Voraussetzungen ohne die Vorlage weiterer, von der Klägerin in Aussicht gestellter Unterlagen nicht erfüllt gewesen seien. Die Revision sei auch in der Sache unbegründet. Der Ausweis von Passivposten wegen der Gutscheine und der behaupteten, jedoch nicht belegten Risiken aus Wettbewerbsverstößen scheide schon dem Grunde nach aus.

21

Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage, wann das Urteil des FG gefällt worden ist, durch Vernehmung der an dem Urteil beteiligten Berufsrichter und ehrenamtlichen Richter.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich der Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Ist die Revision teilweise unzulässig und teilweise unbegründet, kann der BFH darüber einheitlich durch Urteil entscheiden (u.a. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 IV R 30/09, BFH/NV 2011, 2054, unter II.A. der Gründe, m.w.N.).

23

A. Soweit die Revision gegen die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 gerichtet ist, ist sie unzulässig. Die Klägerin hat die Revision insoweit nicht begründet (§ 120 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO). Die Frage, ob die streitigen Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen zu bilden waren, kann im Verfahren gegen diese Bescheide nicht geprüft werden.

24

B. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

25

1. Die Verfahrensrügen der Klägerin greifen nicht durch.

26

a) Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung der Frist des § 104 Abs. 2 FGO.

27

aa) Nach dieser Vorschrift ist statt der Verkündung die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Zweck der Regelung ist es nicht nur, den Beteiligten alsbald Gewissheit über die getroffene Entscheidung zu verschaffen; sie dient vornehmlich dazu, den notwendigen Zusammenhang zwischen mündlicher Verhandlung und Urteil zu wahren und sicherzustellen, dass der Inhalt des Urteils dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung der beteiligten Richter entspricht (BVerwG-Beschluss vom 6. Mai 1998  7 B 437/97, BVerwGE 106, 366, zu der gleich lautenden Vorschrift in § 116 Abs. 2 VwGO; BFH-Beschluss vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a dd der Gründe).

28

Dieser zeitliche Zusammenhang ist in der Regel nicht gewahrt, wenn das Urteil erst nach Ablauf von zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung gefällt wird (BVerwG-Beschlüsse vom 7. Juli 1998  9 B 931/97, juris; in BVerwGE 106, 366; BVerwG-Urteil vom 11. November 1971 I C 64.67, BVerwGE 39, 51; gleicher Ansicht BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114). Das BVerwG hat deshalb ein Urteil wegen eines Verstoßes gegen § 116 Abs. 2 VwGO in einem Fall aufgehoben, in dem die Urteilsformel erst dreieinhalb Monate nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen worden war (BVerwG-Beschluss in BVerwGE 106, 366).

29

bb) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt zwar ein Verfahrensmangel vor, wenn der Urteilstenor entgegen der Vorschrift in § 104 Abs. 2 FGO nicht binnen zwei Wochen der Geschäftsstelle übergeben wird. Ein solcher Verfahrensmangel gehört jedoch nicht zu den in § 119 FGO abschließend aufgeführten absoluten Revisionsgründen, für die unwiderleglich vermutet wird, dass das betroffene Urteil darauf beruht (BFH-Urteil vom 22. Februar 1980 VI R 132/79, BFHE 130, 126, BStBl II 1980, 398).

30

Der BFH hat wiederholt entschieden, dass der Verstoß gegen § 104 Abs. 2 FGO eine Revision nicht begründen kann, solange nicht dargetan oder sonst erkennbar ist, dass der Urteilstenor bei fristgemäßer Niederlegung anders als im zugestellten Urteil gelautet hätte (u.a. BFH-Beschlüsse vom 12. August 2005 VIII B 280/04, BFH/NV 2005, 2234; vom 21. Dezember 2004 IX B 42/04, BFHE/NV 2005, 1311; vom 23. August 2002 IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177). Wurde ein fristgerecht gefälltes Urteil lediglich verspätet der Geschäftsstelle übergeben, beruht es in der Regel nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf diesem Mangel, sofern die Frist von fünf Monaten für die Übergabe des vollständig abgefassten Urteils mit Tatbestand, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung an die Geschäftsstelle (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 2603, betreffend § 105 Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO) eingehalten ist. Die Frist von fünf Monaten beginnt mit Ablauf desjenigen Tages, an dem die Entscheidungsformel spätestens der Geschäftsstelle hätte übergeben werden müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a der Gründe, m.w.N.).

31

cc) Die Tatsachen, die zur Beurteilung der Frage erforderlich sind, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, sind vom BFH als Revisionsgericht festzustellen (u.a. BFH-Urteil vom 16. März 1983 IV R 147/80, BFHE 138, 143, BStBl II 1983, 476). Der BFH kann sie im Wege des Freibeweises ermitteln und frei würdigen (BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2008 IX B 2/08, juris; vom 1. März 1995 III B 84/93, BFH/NV 1995, 990; vom 30. April 1987 V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502).

32

dd) Ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 wurde das Urteil im Streitfall nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das Urteil wurde der Geschäftsstelle am 15. Oktober 2009 übermittelt und der Klägerin am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Halbsatz 1 FGO). Die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO wurde daher verletzt; dies war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dieser Zeit gängige Praxis des FG-Senats.

33

ee) Das angefochtene Urteil beruht jedoch nicht auf diesem Mangel, weil es bereits am Tag der mündlichen Verhandlung (24. August 2009) gefällt wurde. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats aus den in diesem Punkt übereinstimmenden und glaubhaften Zeugenaussagen der beteiligten Richter und wird durch die vorgelegten Aufzeichnungen der Vorsitzenden Richterin sowie indirekt der ehrenamtlichen Richterin X bestätigt. Auch die Klägerin geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass am Tag der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung ergangen ist. Soweit sie jedoch meint, bei dieser Entscheidung habe es sich nicht um das Urteil, sondern (möglicherweise) um einen Beweisbeschluss gehandelt, folgt ihr der erkennende Senat nicht. Denn für einen solchen, nicht nur den Aussagen aller Zeugen widersprechenden Geschehensablauf finden sich keine Anhaltspunkte; er ließe sich darüber hinaus auch nicht mit dem Inhalt des angefochtenen Urteils vereinbaren. Im Hinblick auf den Tenor (Klageabweisung) ist im Streitfall nicht zu besorgen, dass die Fristüberschreitung zu Abweichungen zwischen dem gefällten und dem später abgesetzten Urteil geführt haben könnte.

34

b) Die Verfahrensrüge, das FG habe gegen die §§ 76 Abs. 1, 79, 119 Nr. 3 FGO verstoßen, indem es das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Rückstellung wegen des Wettbewerbsverstoßes zurückgewiesen und die Sachaufklärungspflicht bzw. das rechtliche Gehör verletzt habe, greift schon deshalb nicht durch, weil das FG das Vorbringen der Klägerin der angefochtenen Entscheidung ausweislich der Urteilsgründe zu Grunde gelegt, es allerdings als unzureichend gewürdigt hat (Seite 11 der Urteilsreinschrift, unter 2.). Die Klägerin hat auch keine (weiteren) Tatsachen dargelegt, die sie im Falle einer Vertagung der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätte oder die das FG ihrer Auffassung nach hätte ermitteln können und sollen. Der Hinweis der Klägerin auf den Zeitablauf bis zum Ergehen des angefochtenen Urteils rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, weil die Klägerin selbst erstmals mit Schreiben vom 1. April 2009 zu erkennen gegeben hat, dass in der für das Streitjahr 1997 gebildeten Rückstellung ein Betrag von 600.000 DM für ein Risiko aus Wettbewerbsverstößen enthalten war.

35

2. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die GmbH in den Streitjahren Verbindlichkeiten oder Rückstellungen weder für die im jeweiligen Folgejahr einzulösenden Gutscheine noch wegen des Risikos von Wettbewerbsverstößen bilden durfte.

36

a) Verbindlichkeiten hatte die GmbH wegen der Ausgabe der Gutscheine nicht auszuweisen, weil die darauf beruhenden Verpflichtungen der GmbH im jeweiligen Ausgabejahr dem Grunde nach ungewiss waren (vgl. BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, unter II.1.a der Gründe; vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116, unter 2. der Gründe). Denn die Belastung der GmbH hing davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine innerhalb des begünstigten Zeitraums des Folgejahres eine Dienstleistung zu dem durch einen Gutschein ermäßigten Entgelt in Anspruch nahmen. Eine isolierte Einlösung der Gutscheine war nicht möglich, weder durch Barauszahlung noch durch Eintausch gegen eine Sachleistung. Darin unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem Urteilsfall in BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, in dem der BFH bei der Ausgabe von Gutmünzen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gewisse Verbindlichkeiten angenommen hat.

37

Vorliegend war im Ausgabejahr noch ungewiss, ob und ggf. welche Dienstleistung der jeweilige Kunde im Folgejahr in Anspruch nehmen würde. Nichts anderes kann für die versprochene Preisermäßigung einer solchen Dienstleistung gelten. Diese war daher ebenfalls ungewiss, wie das FG zutreffend entschieden hat. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsnatur der Gutscheine ändert an diesem Zusammenhang nichts, ebenso wenig der Umstand, dass eine Weitergabe der Gutscheine an Dritte nicht ausdrücklich ausgeschlossen war. Das Vorbringen der Klägerin, es habe sich um Inhaberpapiere gehandelt, ist deshalb unerheblich.

38

b) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten waren weder wegen der Gutscheine noch wegen möglicher Wettbewerbsverstöße zu bilden.

39

aa) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann (u.a. BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe). Der Schuldner muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116).

40

bb) Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, wobei in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt ist, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten gilt (BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe).

41

cc) Die GmbH durfte wegen der Gutscheine keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, weil die darauf beruhenden Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren. Denn sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen.

42

(1) Der Anspruch auf Preisermäßigung war rechtlich unselbstständig. Denn er knüpfte zwingend an die Inanspruchnahme einer Dienstleistung im begünstigten Zeitraum des Folgejahres an und setzte die Entstehung eines Zahlungsanspruchs der GmbH im Folgejahr voraus. Diese Voraussetzungen waren im Jahr der Ausgabe der Gutscheine noch nicht erfüllt. Das Entstehen der entsprechenden Verbindlichkeit war dem Grunde nach ungewiss (s. oben unter II.B.2.a). Der Tatbestand, an den die Leistungspflicht --die Verrechnung des im Gutschein ausgewiesenen Betrages-- geknüpft war, war damit im Ausgabejahr noch nicht verwirklicht; die Verpflichtung war daher in dem für die Bilanzierung maßgeblichen Sinne rechtlich noch nicht entstanden (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614, unter II.2.c aa der Gründe). Die Bildung einer Rückstellung wegen einer rechtlich bereits entstandenen, der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit kam daher nicht in Betracht.

43

(2) Die mit den Gutscheinen versprochene Preisminderung für künftige, im Begünstigungszeitraum in Anspruch zu nehmende Dienstleistungen wurde nicht bereits durch das Versprechen im Ausgabejahr, sondern erst durch die Dienstleistung im Folgejahr, für die die Preisminderung gewährt wurde, wirtschaftlich verursacht. Denn sie bezog sich (nur) auf das Entgelt für die künftige Dienstleistung. Der Anspruch auf Preisermäßigung kann wirtschaftlich aber nicht schon früher verursacht sein als das Geschäft, auf das er sich bezieht. Insofern unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 4. Dezember 1959 III 317/59 S (BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80) zu Grunde liegt. Denn die Ausgabe der Rabattmarken im damaligen Urteilsfall betraf die Gewährung eines Nachlasses auf schon getätigte Einkäufe (vgl. BFH-Urteil in BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80, unter I. der Gründe); dem entsprechend war der Rabattbetrag mit dem Erreichen des Mindesteinkaufs auszuzahlen. Ein solcher Anspruch wurde den Kunden im Streitfall nicht eingeräumt.

44

(3) Der Umstand, dass die GmbH Gutscheine nur an solche Kunden ausgab, die zuvor eine Dienstleistung in Anspruch genommen hatten, rechtfertigt es nicht, die erst für eine künftige Dienstleistung versprochene Preisminderung wirtschaftlich schon der früheren, voll bezahlten Dienstleistung zuzuordnen. Denn die im Folgejahr entstehende Verpflichtung zur Bezahlung eines (Dienstleistungs-)Entgelts und --daran anknüpfend-- die Preisminderung setzte voraus, dass eine weitere Dienstleistung im Begünstigungszeitraum in Anspruch genommen und der Gutschein vorgelegt wurde. Insofern verhält es sich ähnlich wie in dem vom BFH mit Urteil vom 6. Dezember 1978 I R 35/78 (BFHE 126, 549, BStBl II 1979, 262) entschiedenen Fall, wonach der Anspruch auf verbilligten Nachbezug von Rohstoffen nicht wirtschaftlich verursacht ist, solange die Berechtigung und der Abschluss eines neuen Vertrages nicht nachgewiesen waren.

45

dd) Die Bildung einer Rückstellung wegen eines möglichen Wettbewerbsverstoßes durch die Gutscheinausgabe kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin hat bereits weder vorgetragen noch ist erkennbar, woraus sich in diesem Zusammenhang eine ungewisse Verbindlichkeit ergeben soll. Dem entsprechend fehlt es an Gründen, warum die Klägerin mit einer Inanspruchnahme ernsthaft hätte rechnen müssen und warum die Geltendmachung einer solchen Verpflichtung am Bilanzstichtag wahrscheinlich gewesen sein soll. Der mit der Revisionsbegründung vorgebrachte bloße Hinweis auf das Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens genügt insoweit nicht.

46

c) Eine Berücksichtigung der streitigen Beträge als passive Rechnungsabgrenzungsposten kommt ebenfalls nicht in Betracht (anderer Ansicht Krüger, Deutsches Steuerrecht 2011, 1095). Nach § 250 Abs. 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind auf der Passivseite als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Diese Voraussetzungen sind im Jahr der Gutscheinausgabe nicht erfüllt. Die Kunden haben den "normalen" Preis für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen bezahlt. Sie erhielten die Gutscheine von der GmbH als Zugabe. Das entsprach auch dem Verständnis der GmbH, die die Gutscheine ausdrücklich als Weihnachtsgeschenk und Dankeschön für die Treue der Kunden ausgegeben hat. Damit lässt sich nicht vereinbaren, einen Teil des Entgelts für die im Ausgabejahr bezogene Dienstleistung dem Gutschein bzw. einer im begünstigten Zeitraum des Folgejahres in Anspruch genommenen Dienstleistung zuzuordnen.

47

3. Das angefochtene Urteil ist danach im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Revision der Klägerin hat daher keinen Erfolg.

48

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Nichterhebung der Kosten für die Beweisaufnahme beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes. Zu den Gerichtskosten, auf deren Erhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung verzichtet werden kann, zählen auch die Auslagen (Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Rz 50), nicht jedoch außergerichtliche Kosten der Beteiligten (u.a. BFH-Beschluss vom 24. Januar 2008 XI R 63/06, BFH/NV 2008, 606, unter II.5. der Gründe). Die Kosten einer nicht erforderlichen Beweisaufnahme gehören zu den Kosten, auf deren Erhebung verzichtet werden kann (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235, unter 4. der Gründe). Im Streitfall sind die Kosten der Beweisaufnahme durch den BFH nur deshalb entstanden, weil sich das FG --wie die Beweisaufnahme ergeben hat-- über die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO hinweggesetzt hat (s. oben unter II.B.1.a dd). Sie beruhen deshalb auf der offensichtlich unrichtigen Sachbehandlung durch das FG.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält; § 68 bleibt unberührt.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat*

(3) Die Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen ist, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1)1Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.2Entnahmen sind alle Wirtschaftsgüter (Barentnahmen, Waren, Erzeugnisse, Nutzungen und Leistungen), die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat.3Einer Entnahme für betriebsfremde Zwecke steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung eines Wirtschaftsguts gleich; dies gilt auf Antrag auch in den Fällen, in denen die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entfällt und in einem anderen Staat eine Besteuerung auf Grund des Ausschlusses oder der Beschränkung des Besteuerungsrechts dieses Staates hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts erfolgt.4Ein Ausschluss oder eine Beschränkung des Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts liegt insbesondere vor, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zuzuordnendes Wirtschaftsgut einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist.5Satz 3 gilt nicht für Anteile an einer Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft in den Fällen

1.
einer Sitzverlegung der Europäischen Gesellschaft nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. EG Nr. L 294 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 885/2004 des Rates vom 26. April 2004 (ABl. EU Nr. L 168 S. 1), und
2.
einer Sitzverlegung der Europäischen Genossenschaft nach Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. EU Nr. L 207 S. 1).
6Ein Wirtschaftsgut wird nicht dadurch entnommen, dass der Steuerpflichtige zur Gewinnermittlung nach § 13a übergeht.7Eine Änderung der Nutzung eines Wirtschaftsguts, die bei Gewinnermittlung nach Satz 1 keine Entnahme ist, ist auch bei Gewinnermittlung nach § 13a keine Entnahme.8Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter (Bareinzahlungen und sonstige Wirtschaftsgüter), die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat; einer Einlage steht die Begründung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts gleich.9In den Fällen des Satzes 3 zweiter Halbsatz gilt das Wirtschaftsgut als unmittelbar nach der Entnahme wieder eingelegt.10Bei der Ermittlung des Gewinns sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen.

(2)1Der Steuerpflichtige darf die Vermögensübersicht (Bilanz) auch nach ihrer Einreichung beim Finanzamt ändern, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften dieses Gesetzes nicht entspricht; diese Änderung ist nicht zulässig, wenn die Vermögensübersicht (Bilanz) einer Steuerfestsetzung zugrunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann.2Darüber hinaus ist eine Änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) nur zulässig, wenn sie in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Änderung nach Satz 1 steht und soweit die Auswirkung der Änderung nach Satz 1 auf den Gewinn reicht.

(3)1Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.2Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).3Die Vorschriften über die Bewertungsfreiheit für geringwertige Wirtschaftsgüter (§ 6 Absatz 2), die Bildung eines Sammelpostens (§ 6 Absatz 2a) und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.4Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens sind erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.5Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens im Sinne des Satzes 4 sind unter Angabe des Tages der Anschaffung oder Herstellung und der Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder des an deren Stelle getretenen Werts in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen.

(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

(4a)1Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind.2Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.3Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 Prozent der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen.4Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2 050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen.5Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt.6Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen.

(5)1Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

1.
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind.2Satz 1 gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 Euro nicht übersteigen;
2.
Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit sie 70 Prozent der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind.2Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen.3Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen;
3.
Aufwendungen für Einrichtungen des Steuerpflichtigen, soweit sie der Bewirtung, Beherbergung oder Unterhaltung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dienen (Gästehäuser) und sich außerhalb des Orts eines Betriebs des Steuerpflichtigen befinden;
4.
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen;
5.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen.2Wird der Steuerpflichtige vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig, sind die Mehraufwendungen für Verpflegung nach Maßgabe des § 9 Absatz 4a abziehbar;
6.
Aufwendungen für die Wege des Steuerpflichtigen zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten, soweit in den folgenden Sätzen nichts anderes bestimmt ist.2Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 und Nummer 5 Satz 5 bis 7 und Absatz 2 entsprechend anzuwenden.3Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs dürfen die Aufwendungen in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,03 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung je Kalendermonat für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 2 bis 6 oder Absatz 2 ergebenden Betrag sowie Aufwendungen für Familienheimfahrten in Höhe des positiven Unterschiedsbetrags zwischen 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 für jeden Entfernungskilometer und dem sich nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 bis 7 oder Absatz 2 ergebenden Betrag den Gewinn nicht mindern; ermittelt der Steuerpflichtige die private Nutzung des Kraftfahrzeugs nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 1 oder Satz 3, treten an die Stelle des mit 0,03 oder 0,002 Prozent des inländischen Listenpreises ermittelten Betrags für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten die auf diese Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen; § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 3 zweiter Halbsatz gilt sinngemäß.4§ 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4 Satz 8 und Nummer 5 Satz 9 gilt entsprechend;
6a.
die Mehraufwendungen für eine betrieblich veranlasste doppelte Haushaltsführung, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 bis 4 abziehbaren Beträge und die Mehraufwendungen für betrieblich veranlasste Übernachtungen, soweit sie die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5a abziehbaren Beträge übersteigen;
6b.
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.2Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.3Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1 260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.4Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;
6c.
für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1 260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.2Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.3Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der Nummer 6a oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach Nummer 6b vorgenommen wird;
7.
andere als die in den Nummern 1 bis 6 und 6b bezeichneten Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind;
8.
Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder von einem Mitgliedstaat oder von Organen der Europäischen Union festgesetzt wurden sowie damit zusammenhängende Aufwendungen.2Dasselbe gilt für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.3Die Rückzahlung von Ausgaben im Sinne der Sätze 1 und 2 darf den Gewinn nicht erhöhen.4Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt nicht, soweit der wirtschaftliche Vorteil, der durch den Gesetzesverstoß erlangt wurde, abgeschöpft worden ist, wenn die Steuern vom Einkommen und Ertrag, die auf den wirtschaftlichen Vorteil entfallen, nicht abgezogen worden sind; Satz 3 ist insoweit nicht anzuwenden;
8a.
Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 der Abgabenordnung und Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung, soweit diese nach § 235 Absatz 4 der Abgabenordnung auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden;
9.
Ausgleichszahlungen, die in den Fällen der §§ 14 und 17 des Körperschaftsteuergesetzes an außenstehende Anteilseigner geleistet werden;
10.
die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.2Gerichte, Staatsanwaltschaften oder Verwaltungsbehörden haben Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Tat im Sinne des Satzes 1 begründen, der Finanzbehörde für Zwecke des Besteuerungsverfahrens und zur Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten mitzuteilen.3Die Finanzbehörde teilt Tatsachen, die den Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des Satzes 1 begründen, der Staatsanwaltschaft oder der Verwaltungsbehörde mit.4Diese unterrichten die Finanzbehörde von dem Ausgang des Verfahrens und den zugrundeliegenden Tatsachen;
11.
Aufwendungen, die mit unmittelbaren oder mittelbaren Zuwendungen von nicht einlagefähigen Vorteilen an natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaften zur Verwendung in Betrieben in tatsächlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, deren Gewinn nach § 5a Absatz 1 ermittelt wird;
12.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 der Abgabenordnung;
13.
Jahresbeiträge nach § 12 Absatz 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes.
2Das Abzugsverbot gilt nicht, soweit die in den Nummern 2 bis 4 bezeichneten Zwecke Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind.3§ 12 Nummer 1 bleibt unberührt.

(5a) (weggefallen)

(5b) Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben.

(6) Aufwendungen zur Förderung staatspolitischer Zwecke (§ 10b Absatz 2) sind keine Betriebsausgaben.

(7)1Aufwendungen im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 1 bis 4, 6b und 7 sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.2Soweit diese Aufwendungen nicht bereits nach Absatz 5 vom Abzug ausgeschlossen sind, dürfen sie bei der Gewinnermittlung nur berücksichtigt werden, wenn sie nach Satz 1 besonders aufgezeichnet sind.

(8) Für Erhaltungsaufwand bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen gelten die §§ 11a und 11b entsprechend.

(9)1Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat.2§ 9 Absatz 6 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend.

(10) § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5b ist entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als GmbH & Co. KG Organträgerin einer GmbH, die Frisörsalons betreibt.

2

Von Mitte November bis Ende Dezember der Jahre 1995 bis 1997 (Streitjahre) gaben die Frisörsalons an ihre Kunden als Weihnachtsgeschenke jeweils einen bzw. ab 1996 zwei Gutscheine aus. Die Kunden erhielten die Gutscheine bei der Bezahlung einer Dienstleistung von dem Mitarbeiter, der sie betreut hatte. Dabei hatte der Mitarbeiter dem Kunden für seine Treue zu danken und ihn über die Modalitäten der Gutscheineinlösung zu informieren. Die Gutscheine enthielten u.a. den Aufdruck "... Dankeschön, daß Sie uns auch in diesem Jahr die Treue gehalten haben" sowie "Gutschein DM 10,- für jede Dienstleistung in allen FRISÖR ... Salons". Sie waren im Januar bzw. Februar des Folgejahres gültig und mit einem Stempel des ausgebenden Frisörsalons versehen. Der Name des Kunden wurde nicht festgehalten. Die Gutscheine konnten weder bar eingelöst noch kumuliert werden und verfielen nach Ablauf des Aktionszeitraums entschädigungslos.

3

Für die zu erwartenden Erlösminderungen wies die GmbH in der Bilanz des Ausgabejahres Rückstellungen aus, die jeweils in der Bilanz des Folgejahres wieder aufgelöst wurden. Die Höhe der Rückstellungen schätzte sie in Anlehnung an die Zahl der gedruckten Gutscheine.

4

Für das Jahr 1995 hatte die GmbH 350 000 Gutscheine drucken lassen, von denen 187 477 verteilt worden waren. Da lediglich aus einer Region Aufzeichnungen über die eingelösten Gutscheine vorlagen (82,8 %), schätzte die GmbH die Gesamtzahl der Rückläufer auf dieser Grundlage. Die GmbH errechnete eine Zahl von (82,8 % von 187 477 = ca.) 155 230 eingelösten Gutscheinen à 10 DM und nahm einen Rückstellungsbetrag von 1,5 Mio. DM an.

5

Da das Gutscheinsystem von den Stammkunden ab dem zweiten Jahr verstärkt akzeptiert worden sei, nahm die GmbH an, dass die Ende 1996 ausgegebenen Gutscheine sämtlich eingelöst worden seien. Bei 400 000 ausgegebenen Gutscheinen à 10 DM schätzte sie den Rückstellungsbetrag 1996 auf 4 Mio. DM.

6

Für 1997 bildete die GmbH eine Rückstellung von 6,185 Mio. DM.

7

Im Anschluss an Betriebsprüfungen bei der Klägerin und der GmbH ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass keine Rückstellungen zu bilden seien, weil die mit der Ausgabe der Gutscheine verbundenen Erlösminderungen wirtschaftlich nicht dem Jahr der Ausgabe, sondern dem der Einlösung zuzurechnen seien. Das FA erhöhte die Gewinne der GmbH und damit auch der Klägerin entsprechend.

8

Dagegen erhob die Klägerin am 5. Mai 2000 nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Die Begründung reichte sie mit Schriftsatz vom 18. September 2000 ein. Mit Beschluss vom 15. Februar 2005 setzte das Finanzgericht (FG) den Rechtsstreit im Hinblick auf zwei vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren aus. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens nahm die Klägerin am 24. Februar 2006 schriftsätzlich Stellung. Mit Verfügung vom 4. Februar 2009 bat der Berichterstatter um eine "ergänzende Stellungnahme" der Klägerin und um Klarstellung, "aufgrund welcher Erwägungen (bei dem vorgenannten Streitgegenstand) jeweils auch das Streitjahr 1997 angefochten wird" und um Mitteilung, "wann und wie die Höhe der für die Streitjahre angesetzten Rückstellungen jeweils ermittelt wurde". Die Verfügung verband er mit dem Hinweis "Für die Erledigung der vorstehenden Punkte wird gemäß § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist bis zum 5. 3. 2009 gesetzt."

9

           

Nachdem die Klägerin am 9. Februar 2009 die Ausschlussfrist gerügt und hilfsweise deren Verlängerung beantragt hatte, verlängerte der Berichterstatter die Frist zunächst bis zum 5. April 2009. Am 1. April 2009 nahm die Klägerin ergänzend Stellung und trug u.a. erstmals vor, dass die GmbH aufgrund der Ausgabe der Gutscheine einen Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht befürchtet und die Rückstellung 1997 aus diesem Grund um einen zusätzlichen Betrag von 600.000 DM erhöht habe. Sie fügte die Kopie einer Notiz bei, die folgende Berechnung des zuständigen Mitarbeiters der Steuerberatung der GmbH zur Rückstellungshöhe enthielt:

"Gutscheine

5.585.000

Risiko aus Wettbewerbsverstoß
(10 % der ausgegebenen Gutscheine) rd.


  600.000

        

6.185.000"

10

Das FG wies die Klage ab. Die Dienstleistungsrabattzusagen seien vor der Einlösung durch Kunden im jeweiligen Folgejahr weder als Verbindlichkeiten noch als Rückstellungen zu passivieren. Die Verpflichtung, Kunden im Folgejahr gegen Vorlage der Gutscheine einen Preisabschlag von 10 DM zu gewähren, könne im Ausgabejahr noch nicht als gewisse Verbindlichkeit ausgewiesen werden, da sie am Bilanzstichtag rechtlich noch nicht voll wirksam entstanden und ungewiss sei, ob und in welcher Höhe sie in Zukunft entstehen werde. Sie sei auch wirtschaftlich noch nicht im Ausgabejahr verursacht. Der Preisabschlag mindere allein die Erlöse des Folgejahres und sei damit wirtschaftlich so eng mit künftigen Dienstleistungen verknüpft, dass er als Belastung des Betriebsvermögens im jeweiligen Folgejahr anzusehen sei. Dem entsprechend seien auch keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Auch wegen angeblicher Risiken aus Wettbewerbsverstößen habe die GmbH keinen Passivposten von 600.000 DM bilden dürfen. Die Klägerin habe nicht ausreichend dargetan, geschweige denn belegt, dass die für die Bildung einer Rückstellung notwendigen Gründe vorlägen. Das Urteil erging "aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. August 2009". Es wurde nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), sondern den Beteiligten am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Satz 1 FGO). Der zuständigen Geschäftsstelle des FG wurde das Urteil am 15. Oktober 2009 übermittelt. Es ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2010, 649 veröffentlicht.

11

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verstöße gegen Verfahrensvorschriften (§ 76 Abs. 1, § 79b, § 104 Abs. 2 FGO) und gegen materielles Recht (§§ 242, 247, 249, 266 des Handelsgesetzbuchs --HGB--, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 7 des Gewerbesteuergesetzes, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes) geltend macht.

12

Das FG habe gegen § 104 Abs. 2 FGO verstoßen, weil das Urteil nach der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 nicht verkündet, sondern am 22. Oktober 2009 zugestellt, die Urteilsformel jedoch nicht binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle übermittelt worden sei. Den Prozessbevollmächtigten sei von der zuständigen Geschäftsstelle am 14. und 23. September 2009 telefonisch die Auskunft erteilt worden, dass noch keine Entscheidungsformel eingegangen sei. Auf weitere telefonische Anfrage vom 26. Oktober 2009 habe die Geschäftsstelle mitgeteilt, dass die Urteilsgründe am 15. Oktober 2009 bei ihr eingegangen seien; der Tenor sei zuvor nicht isoliert übermittelt worden. Dabei handele es sich um einen erheblichen Verfahrensverstoß, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in ständiger Rechtsprechung zu § 116 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entschieden habe; diesen Grundsätzen habe sich der BFH angeschlossen (BFH-Beschlüsse vom 28. April 1999 V R 49/98, BFH/NV 1999, 1364; vom 25. April 2000 VII R 51/99, BFH/NV 2000, 1232).

13

Der Berichterstatter habe eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 FGO gesetzt, ohne die als aufklärungs- oder beweisbedürftig erachteten Punkte so genau zu bezeichnen, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, die Anordnung ohne weiteres zu befolgen. Nicht nur das Setzen der Frist, sondern auch die darauf beruhende Zurückweisung des Sachvortrags der Klägerin bzw. die Ablehnung des Vertagungsantrags in der mündlichen Verhandlung seien deshalb rechtsfehlerhaft.

14

Das FG habe außerdem die richterliche Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt. Denn es habe die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 1. April 2009 vorgetragenen Umstände der Rückstellungsbildung 1997, die u.a. auf einem befürchteten Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht beruht habe, nicht näher aufgeklärt. Jedenfalls aber hätte die Klägerin die Umstände des befürchteten Wettbewerbsverstoßes nach damaligem Recht, der auf dem Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens beruht habe, dargelegt und unter Beweis gestellt. Das gelte auch für die Ermittlung des betragsmäßigen Risikos in Höhe von 600.000 DM.

15

Das angefochtene Urteil verstoße auch gegen materielles Recht, weil für die aus der Ausgabe der Gutscheine resultierenden rechtlichen und wirtschaftlichen Belastungen Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden seien. Durch die Ausgabe der Gutscheine, bei denen es sich zivilrechtlich um Inhaberpapiere handele, habe die GmbH eine Außenverpflichtung gegenüber ihren Kunden begründet. Diese sei durch die Begebung der Gutscheine entgegen der Auffassung des FG zivilrechtlich bereits voll wirksam entstanden; eine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit liege nicht vor. Um den Preisnachlass verrechnen zu können, habe es nicht, wie das FG zu Unrecht ausführe, des Abschlusses eines neuen Dienstleistungsvertrages bedurft; die Verrechnung des Nachlasses knüpfe daran zwar unselbstständig an, habe ihre Grundlage jedoch nicht in dem "neu" abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag, sondern in der bis zum 31. Dezember des Altjahres begründeten Verpflichtung der GmbH. Insoweit habe es sich um eine bloße Fälligkeitsabrede gehandelt, die an keinerlei Bedingungen im Rechtssinne geknüpft gewesen sei.

16

Hinzu komme, dass die Verbindlichkeiten, die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierten, wirtschaftlich dem Ausgabejahr zuzuordnen seien. Denn diese zielten nicht nur --wie jedes unternehmerische Handeln-- auf zukünftige Ertragssteigerungen ab, sondern dienten auch als Anreiz für die Kunden, die Frisörsalons noch im alten Jahr und somit vor dem Bilanzstichtag zu besuchen. Entsprechend würde ein gedachter Erwerber die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierenden Verpflichtungen erwerbspreismindernd berücksichtigen.

17

Hilfsweise seien jedenfalls Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden. Ungewiss seien Verbindlichkeiten auch dann, wenn sie aufschiebend oder auflösend bedingt seien und ungewiss sei, ob die Bedingung eintrete. Das gelte auch hinsichtlich der Erhöhung um 600.000 DM für das Streitjahr 1997. Aufgrund der damaligen Rechtslage sei zu befürchten gewesen, dass es durch die Gutscheinaktion zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen sei; jedenfalls habe ein Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens vorgelegen.

18

Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995 bis 1997, die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 bis 1997 und die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 vom 18. Mai 1999 bzw. 8. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. April 2000 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen für 1995 in Höhe von 1.500.000 DM, für 1996 in Höhe von 4.000.000 DM und für 1997 in Höhe von 6.185.000 DM angesetzt werden.

19

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

20

Die Klägerin habe erstmals mit Schriftsatz vom 1. April 2009 offengelegt, dass in der gebildeten Rückstellung für 1997 auch ein Betrag von 600.000 DM "für das Risiko aus einem befürchteten Wettbewerbsverstoß" enthalten sei, und insoweit angekündigt, weitere Unterlagen zu beschaffen und dem FG kurzfristig vorzulegen. Das FA habe den Sachverhalt als geklärt angesehen, da insbesondere für den erstmals geltend gemachten Wettbewerbsverstoß die für die Bildung von Rückstellungen notwendigen Voraussetzungen ohne die Vorlage weiterer, von der Klägerin in Aussicht gestellter Unterlagen nicht erfüllt gewesen seien. Die Revision sei auch in der Sache unbegründet. Der Ausweis von Passivposten wegen der Gutscheine und der behaupteten, jedoch nicht belegten Risiken aus Wettbewerbsverstößen scheide schon dem Grunde nach aus.

21

Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage, wann das Urteil des FG gefällt worden ist, durch Vernehmung der an dem Urteil beteiligten Berufsrichter und ehrenamtlichen Richter.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich der Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Ist die Revision teilweise unzulässig und teilweise unbegründet, kann der BFH darüber einheitlich durch Urteil entscheiden (u.a. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 IV R 30/09, BFH/NV 2011, 2054, unter II.A. der Gründe, m.w.N.).

23

A. Soweit die Revision gegen die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 gerichtet ist, ist sie unzulässig. Die Klägerin hat die Revision insoweit nicht begründet (§ 120 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO). Die Frage, ob die streitigen Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen zu bilden waren, kann im Verfahren gegen diese Bescheide nicht geprüft werden.

24

B. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

25

1. Die Verfahrensrügen der Klägerin greifen nicht durch.

26

a) Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung der Frist des § 104 Abs. 2 FGO.

27

aa) Nach dieser Vorschrift ist statt der Verkündung die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Zweck der Regelung ist es nicht nur, den Beteiligten alsbald Gewissheit über die getroffene Entscheidung zu verschaffen; sie dient vornehmlich dazu, den notwendigen Zusammenhang zwischen mündlicher Verhandlung und Urteil zu wahren und sicherzustellen, dass der Inhalt des Urteils dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung der beteiligten Richter entspricht (BVerwG-Beschluss vom 6. Mai 1998  7 B 437/97, BVerwGE 106, 366, zu der gleich lautenden Vorschrift in § 116 Abs. 2 VwGO; BFH-Beschluss vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a dd der Gründe).

28

Dieser zeitliche Zusammenhang ist in der Regel nicht gewahrt, wenn das Urteil erst nach Ablauf von zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung gefällt wird (BVerwG-Beschlüsse vom 7. Juli 1998  9 B 931/97, juris; in BVerwGE 106, 366; BVerwG-Urteil vom 11. November 1971 I C 64.67, BVerwGE 39, 51; gleicher Ansicht BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114). Das BVerwG hat deshalb ein Urteil wegen eines Verstoßes gegen § 116 Abs. 2 VwGO in einem Fall aufgehoben, in dem die Urteilsformel erst dreieinhalb Monate nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen worden war (BVerwG-Beschluss in BVerwGE 106, 366).

29

bb) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt zwar ein Verfahrensmangel vor, wenn der Urteilstenor entgegen der Vorschrift in § 104 Abs. 2 FGO nicht binnen zwei Wochen der Geschäftsstelle übergeben wird. Ein solcher Verfahrensmangel gehört jedoch nicht zu den in § 119 FGO abschließend aufgeführten absoluten Revisionsgründen, für die unwiderleglich vermutet wird, dass das betroffene Urteil darauf beruht (BFH-Urteil vom 22. Februar 1980 VI R 132/79, BFHE 130, 126, BStBl II 1980, 398).

30

Der BFH hat wiederholt entschieden, dass der Verstoß gegen § 104 Abs. 2 FGO eine Revision nicht begründen kann, solange nicht dargetan oder sonst erkennbar ist, dass der Urteilstenor bei fristgemäßer Niederlegung anders als im zugestellten Urteil gelautet hätte (u.a. BFH-Beschlüsse vom 12. August 2005 VIII B 280/04, BFH/NV 2005, 2234; vom 21. Dezember 2004 IX B 42/04, BFHE/NV 2005, 1311; vom 23. August 2002 IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177). Wurde ein fristgerecht gefälltes Urteil lediglich verspätet der Geschäftsstelle übergeben, beruht es in der Regel nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf diesem Mangel, sofern die Frist von fünf Monaten für die Übergabe des vollständig abgefassten Urteils mit Tatbestand, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung an die Geschäftsstelle (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 2603, betreffend § 105 Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO) eingehalten ist. Die Frist von fünf Monaten beginnt mit Ablauf desjenigen Tages, an dem die Entscheidungsformel spätestens der Geschäftsstelle hätte übergeben werden müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a der Gründe, m.w.N.).

31

cc) Die Tatsachen, die zur Beurteilung der Frage erforderlich sind, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, sind vom BFH als Revisionsgericht festzustellen (u.a. BFH-Urteil vom 16. März 1983 IV R 147/80, BFHE 138, 143, BStBl II 1983, 476). Der BFH kann sie im Wege des Freibeweises ermitteln und frei würdigen (BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2008 IX B 2/08, juris; vom 1. März 1995 III B 84/93, BFH/NV 1995, 990; vom 30. April 1987 V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502).

32

dd) Ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 wurde das Urteil im Streitfall nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das Urteil wurde der Geschäftsstelle am 15. Oktober 2009 übermittelt und der Klägerin am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Halbsatz 1 FGO). Die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO wurde daher verletzt; dies war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dieser Zeit gängige Praxis des FG-Senats.

33

ee) Das angefochtene Urteil beruht jedoch nicht auf diesem Mangel, weil es bereits am Tag der mündlichen Verhandlung (24. August 2009) gefällt wurde. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats aus den in diesem Punkt übereinstimmenden und glaubhaften Zeugenaussagen der beteiligten Richter und wird durch die vorgelegten Aufzeichnungen der Vorsitzenden Richterin sowie indirekt der ehrenamtlichen Richterin X bestätigt. Auch die Klägerin geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass am Tag der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung ergangen ist. Soweit sie jedoch meint, bei dieser Entscheidung habe es sich nicht um das Urteil, sondern (möglicherweise) um einen Beweisbeschluss gehandelt, folgt ihr der erkennende Senat nicht. Denn für einen solchen, nicht nur den Aussagen aller Zeugen widersprechenden Geschehensablauf finden sich keine Anhaltspunkte; er ließe sich darüber hinaus auch nicht mit dem Inhalt des angefochtenen Urteils vereinbaren. Im Hinblick auf den Tenor (Klageabweisung) ist im Streitfall nicht zu besorgen, dass die Fristüberschreitung zu Abweichungen zwischen dem gefällten und dem später abgesetzten Urteil geführt haben könnte.

34

b) Die Verfahrensrüge, das FG habe gegen die §§ 76 Abs. 1, 79, 119 Nr. 3 FGO verstoßen, indem es das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Rückstellung wegen des Wettbewerbsverstoßes zurückgewiesen und die Sachaufklärungspflicht bzw. das rechtliche Gehör verletzt habe, greift schon deshalb nicht durch, weil das FG das Vorbringen der Klägerin der angefochtenen Entscheidung ausweislich der Urteilsgründe zu Grunde gelegt, es allerdings als unzureichend gewürdigt hat (Seite 11 der Urteilsreinschrift, unter 2.). Die Klägerin hat auch keine (weiteren) Tatsachen dargelegt, die sie im Falle einer Vertagung der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätte oder die das FG ihrer Auffassung nach hätte ermitteln können und sollen. Der Hinweis der Klägerin auf den Zeitablauf bis zum Ergehen des angefochtenen Urteils rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, weil die Klägerin selbst erstmals mit Schreiben vom 1. April 2009 zu erkennen gegeben hat, dass in der für das Streitjahr 1997 gebildeten Rückstellung ein Betrag von 600.000 DM für ein Risiko aus Wettbewerbsverstößen enthalten war.

35

2. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die GmbH in den Streitjahren Verbindlichkeiten oder Rückstellungen weder für die im jeweiligen Folgejahr einzulösenden Gutscheine noch wegen des Risikos von Wettbewerbsverstößen bilden durfte.

36

a) Verbindlichkeiten hatte die GmbH wegen der Ausgabe der Gutscheine nicht auszuweisen, weil die darauf beruhenden Verpflichtungen der GmbH im jeweiligen Ausgabejahr dem Grunde nach ungewiss waren (vgl. BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, unter II.1.a der Gründe; vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116, unter 2. der Gründe). Denn die Belastung der GmbH hing davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine innerhalb des begünstigten Zeitraums des Folgejahres eine Dienstleistung zu dem durch einen Gutschein ermäßigten Entgelt in Anspruch nahmen. Eine isolierte Einlösung der Gutscheine war nicht möglich, weder durch Barauszahlung noch durch Eintausch gegen eine Sachleistung. Darin unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem Urteilsfall in BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, in dem der BFH bei der Ausgabe von Gutmünzen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gewisse Verbindlichkeiten angenommen hat.

37

Vorliegend war im Ausgabejahr noch ungewiss, ob und ggf. welche Dienstleistung der jeweilige Kunde im Folgejahr in Anspruch nehmen würde. Nichts anderes kann für die versprochene Preisermäßigung einer solchen Dienstleistung gelten. Diese war daher ebenfalls ungewiss, wie das FG zutreffend entschieden hat. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsnatur der Gutscheine ändert an diesem Zusammenhang nichts, ebenso wenig der Umstand, dass eine Weitergabe der Gutscheine an Dritte nicht ausdrücklich ausgeschlossen war. Das Vorbringen der Klägerin, es habe sich um Inhaberpapiere gehandelt, ist deshalb unerheblich.

38

b) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten waren weder wegen der Gutscheine noch wegen möglicher Wettbewerbsverstöße zu bilden.

39

aa) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann (u.a. BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe). Der Schuldner muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116).

40

bb) Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, wobei in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt ist, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten gilt (BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe).

41

cc) Die GmbH durfte wegen der Gutscheine keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, weil die darauf beruhenden Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren. Denn sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen.

42

(1) Der Anspruch auf Preisermäßigung war rechtlich unselbstständig. Denn er knüpfte zwingend an die Inanspruchnahme einer Dienstleistung im begünstigten Zeitraum des Folgejahres an und setzte die Entstehung eines Zahlungsanspruchs der GmbH im Folgejahr voraus. Diese Voraussetzungen waren im Jahr der Ausgabe der Gutscheine noch nicht erfüllt. Das Entstehen der entsprechenden Verbindlichkeit war dem Grunde nach ungewiss (s. oben unter II.B.2.a). Der Tatbestand, an den die Leistungspflicht --die Verrechnung des im Gutschein ausgewiesenen Betrages-- geknüpft war, war damit im Ausgabejahr noch nicht verwirklicht; die Verpflichtung war daher in dem für die Bilanzierung maßgeblichen Sinne rechtlich noch nicht entstanden (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614, unter II.2.c aa der Gründe). Die Bildung einer Rückstellung wegen einer rechtlich bereits entstandenen, der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit kam daher nicht in Betracht.

43

(2) Die mit den Gutscheinen versprochene Preisminderung für künftige, im Begünstigungszeitraum in Anspruch zu nehmende Dienstleistungen wurde nicht bereits durch das Versprechen im Ausgabejahr, sondern erst durch die Dienstleistung im Folgejahr, für die die Preisminderung gewährt wurde, wirtschaftlich verursacht. Denn sie bezog sich (nur) auf das Entgelt für die künftige Dienstleistung. Der Anspruch auf Preisermäßigung kann wirtschaftlich aber nicht schon früher verursacht sein als das Geschäft, auf das er sich bezieht. Insofern unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 4. Dezember 1959 III 317/59 S (BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80) zu Grunde liegt. Denn die Ausgabe der Rabattmarken im damaligen Urteilsfall betraf die Gewährung eines Nachlasses auf schon getätigte Einkäufe (vgl. BFH-Urteil in BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80, unter I. der Gründe); dem entsprechend war der Rabattbetrag mit dem Erreichen des Mindesteinkaufs auszuzahlen. Ein solcher Anspruch wurde den Kunden im Streitfall nicht eingeräumt.

44

(3) Der Umstand, dass die GmbH Gutscheine nur an solche Kunden ausgab, die zuvor eine Dienstleistung in Anspruch genommen hatten, rechtfertigt es nicht, die erst für eine künftige Dienstleistung versprochene Preisminderung wirtschaftlich schon der früheren, voll bezahlten Dienstleistung zuzuordnen. Denn die im Folgejahr entstehende Verpflichtung zur Bezahlung eines (Dienstleistungs-)Entgelts und --daran anknüpfend-- die Preisminderung setzte voraus, dass eine weitere Dienstleistung im Begünstigungszeitraum in Anspruch genommen und der Gutschein vorgelegt wurde. Insofern verhält es sich ähnlich wie in dem vom BFH mit Urteil vom 6. Dezember 1978 I R 35/78 (BFHE 126, 549, BStBl II 1979, 262) entschiedenen Fall, wonach der Anspruch auf verbilligten Nachbezug von Rohstoffen nicht wirtschaftlich verursacht ist, solange die Berechtigung und der Abschluss eines neuen Vertrages nicht nachgewiesen waren.

45

dd) Die Bildung einer Rückstellung wegen eines möglichen Wettbewerbsverstoßes durch die Gutscheinausgabe kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin hat bereits weder vorgetragen noch ist erkennbar, woraus sich in diesem Zusammenhang eine ungewisse Verbindlichkeit ergeben soll. Dem entsprechend fehlt es an Gründen, warum die Klägerin mit einer Inanspruchnahme ernsthaft hätte rechnen müssen und warum die Geltendmachung einer solchen Verpflichtung am Bilanzstichtag wahrscheinlich gewesen sein soll. Der mit der Revisionsbegründung vorgebrachte bloße Hinweis auf das Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens genügt insoweit nicht.

46

c) Eine Berücksichtigung der streitigen Beträge als passive Rechnungsabgrenzungsposten kommt ebenfalls nicht in Betracht (anderer Ansicht Krüger, Deutsches Steuerrecht 2011, 1095). Nach § 250 Abs. 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind auf der Passivseite als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Diese Voraussetzungen sind im Jahr der Gutscheinausgabe nicht erfüllt. Die Kunden haben den "normalen" Preis für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen bezahlt. Sie erhielten die Gutscheine von der GmbH als Zugabe. Das entsprach auch dem Verständnis der GmbH, die die Gutscheine ausdrücklich als Weihnachtsgeschenk und Dankeschön für die Treue der Kunden ausgegeben hat. Damit lässt sich nicht vereinbaren, einen Teil des Entgelts für die im Ausgabejahr bezogene Dienstleistung dem Gutschein bzw. einer im begünstigten Zeitraum des Folgejahres in Anspruch genommenen Dienstleistung zuzuordnen.

47

3. Das angefochtene Urteil ist danach im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Revision der Klägerin hat daher keinen Erfolg.

48

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Nichterhebung der Kosten für die Beweisaufnahme beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes. Zu den Gerichtskosten, auf deren Erhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung verzichtet werden kann, zählen auch die Auslagen (Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Rz 50), nicht jedoch außergerichtliche Kosten der Beteiligten (u.a. BFH-Beschluss vom 24. Januar 2008 XI R 63/06, BFH/NV 2008, 606, unter II.5. der Gründe). Die Kosten einer nicht erforderlichen Beweisaufnahme gehören zu den Kosten, auf deren Erhebung verzichtet werden kann (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235, unter 4. der Gründe). Im Streitfall sind die Kosten der Beweisaufnahme durch den BFH nur deshalb entstanden, weil sich das FG --wie die Beweisaufnahme ergeben hat-- über die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO hinweggesetzt hat (s. oben unter II.B.1.a dd). Sie beruhen deshalb auf der offensichtlich unrichtigen Sachbehandlung durch das FG.

(1) Bei der Bewertung der im Jahresabschluß ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden gilt insbesondere folgendes:

1.
Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahrs müssen mit denen der Schlußbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahrs übereinstimmen.
2.
Bei der Bewertung ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen.
3.
Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlußstichtag einzeln zu bewerten.
4.
Es ist vorsichtig zu bewerten, namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlußstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind; Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlußstichtag realisiert sind.
5.
Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahrs sind unabhängig von den Zeitpunkten der entsprechenden Zahlungen im Jahresabschluß zu berücksichtigen.
6.
Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden sind beizubehalten.

(2) Von den Grundsätzen des Absatzes 1 darf nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist als GmbH & Co. KG Organträgerin einer GmbH, die Frisörsalons betreibt.

2

Von Mitte November bis Ende Dezember der Jahre 1995 bis 1997 (Streitjahre) gaben die Frisörsalons an ihre Kunden als Weihnachtsgeschenke jeweils einen bzw. ab 1996 zwei Gutscheine aus. Die Kunden erhielten die Gutscheine bei der Bezahlung einer Dienstleistung von dem Mitarbeiter, der sie betreut hatte. Dabei hatte der Mitarbeiter dem Kunden für seine Treue zu danken und ihn über die Modalitäten der Gutscheineinlösung zu informieren. Die Gutscheine enthielten u.a. den Aufdruck "... Dankeschön, daß Sie uns auch in diesem Jahr die Treue gehalten haben" sowie "Gutschein DM 10,- für jede Dienstleistung in allen FRISÖR ... Salons". Sie waren im Januar bzw. Februar des Folgejahres gültig und mit einem Stempel des ausgebenden Frisörsalons versehen. Der Name des Kunden wurde nicht festgehalten. Die Gutscheine konnten weder bar eingelöst noch kumuliert werden und verfielen nach Ablauf des Aktionszeitraums entschädigungslos.

3

Für die zu erwartenden Erlösminderungen wies die GmbH in der Bilanz des Ausgabejahres Rückstellungen aus, die jeweils in der Bilanz des Folgejahres wieder aufgelöst wurden. Die Höhe der Rückstellungen schätzte sie in Anlehnung an die Zahl der gedruckten Gutscheine.

4

Für das Jahr 1995 hatte die GmbH 350 000 Gutscheine drucken lassen, von denen 187 477 verteilt worden waren. Da lediglich aus einer Region Aufzeichnungen über die eingelösten Gutscheine vorlagen (82,8 %), schätzte die GmbH die Gesamtzahl der Rückläufer auf dieser Grundlage. Die GmbH errechnete eine Zahl von (82,8 % von 187 477 = ca.) 155 230 eingelösten Gutscheinen à 10 DM und nahm einen Rückstellungsbetrag von 1,5 Mio. DM an.

5

Da das Gutscheinsystem von den Stammkunden ab dem zweiten Jahr verstärkt akzeptiert worden sei, nahm die GmbH an, dass die Ende 1996 ausgegebenen Gutscheine sämtlich eingelöst worden seien. Bei 400 000 ausgegebenen Gutscheinen à 10 DM schätzte sie den Rückstellungsbetrag 1996 auf 4 Mio. DM.

6

Für 1997 bildete die GmbH eine Rückstellung von 6,185 Mio. DM.

7

Im Anschluss an Betriebsprüfungen bei der Klägerin und der GmbH ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) davon aus, dass keine Rückstellungen zu bilden seien, weil die mit der Ausgabe der Gutscheine verbundenen Erlösminderungen wirtschaftlich nicht dem Jahr der Ausgabe, sondern dem der Einlösung zuzurechnen seien. Das FA erhöhte die Gewinne der GmbH und damit auch der Klägerin entsprechend.

8

Dagegen erhob die Klägerin am 5. Mai 2000 nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage. Die Begründung reichte sie mit Schriftsatz vom 18. September 2000 ein. Mit Beschluss vom 15. Februar 2005 setzte das Finanzgericht (FG) den Rechtsstreit im Hinblick auf zwei vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängige Verfahren aus. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens nahm die Klägerin am 24. Februar 2006 schriftsätzlich Stellung. Mit Verfügung vom 4. Februar 2009 bat der Berichterstatter um eine "ergänzende Stellungnahme" der Klägerin und um Klarstellung, "aufgrund welcher Erwägungen (bei dem vorgenannten Streitgegenstand) jeweils auch das Streitjahr 1997 angefochten wird" und um Mitteilung, "wann und wie die Höhe der für die Streitjahre angesetzten Rückstellungen jeweils ermittelt wurde". Die Verfügung verband er mit dem Hinweis "Für die Erledigung der vorstehenden Punkte wird gemäß § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist bis zum 5. 3. 2009 gesetzt."

9

           

Nachdem die Klägerin am 9. Februar 2009 die Ausschlussfrist gerügt und hilfsweise deren Verlängerung beantragt hatte, verlängerte der Berichterstatter die Frist zunächst bis zum 5. April 2009. Am 1. April 2009 nahm die Klägerin ergänzend Stellung und trug u.a. erstmals vor, dass die GmbH aufgrund der Ausgabe der Gutscheine einen Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht befürchtet und die Rückstellung 1997 aus diesem Grund um einen zusätzlichen Betrag von 600.000 DM erhöht habe. Sie fügte die Kopie einer Notiz bei, die folgende Berechnung des zuständigen Mitarbeiters der Steuerberatung der GmbH zur Rückstellungshöhe enthielt:

"Gutscheine

5.585.000

Risiko aus Wettbewerbsverstoß
(10 % der ausgegebenen Gutscheine) rd.


  600.000

        

6.185.000"

10

Das FG wies die Klage ab. Die Dienstleistungsrabattzusagen seien vor der Einlösung durch Kunden im jeweiligen Folgejahr weder als Verbindlichkeiten noch als Rückstellungen zu passivieren. Die Verpflichtung, Kunden im Folgejahr gegen Vorlage der Gutscheine einen Preisabschlag von 10 DM zu gewähren, könne im Ausgabejahr noch nicht als gewisse Verbindlichkeit ausgewiesen werden, da sie am Bilanzstichtag rechtlich noch nicht voll wirksam entstanden und ungewiss sei, ob und in welcher Höhe sie in Zukunft entstehen werde. Sie sei auch wirtschaftlich noch nicht im Ausgabejahr verursacht. Der Preisabschlag mindere allein die Erlöse des Folgejahres und sei damit wirtschaftlich so eng mit künftigen Dienstleistungen verknüpft, dass er als Belastung des Betriebsvermögens im jeweiligen Folgejahr anzusehen sei. Dem entsprechend seien auch keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Auch wegen angeblicher Risiken aus Wettbewerbsverstößen habe die GmbH keinen Passivposten von 600.000 DM bilden dürfen. Die Klägerin habe nicht ausreichend dargetan, geschweige denn belegt, dass die für die Bildung einer Rückstellung notwendigen Gründe vorlägen. Das Urteil erging "aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24. August 2009". Es wurde nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), sondern den Beteiligten am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Satz 1 FGO). Der zuständigen Geschäftsstelle des FG wurde das Urteil am 15. Oktober 2009 übermittelt. Es ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2010, 649 veröffentlicht.

11

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verstöße gegen Verfahrensvorschriften (§ 76 Abs. 1, § 79b, § 104 Abs. 2 FGO) und gegen materielles Recht (§§ 242, 247, 249, 266 des Handelsgesetzbuchs --HGB--, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 7 des Gewerbesteuergesetzes, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes) geltend macht.

12

Das FG habe gegen § 104 Abs. 2 FGO verstoßen, weil das Urteil nach der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 nicht verkündet, sondern am 22. Oktober 2009 zugestellt, die Urteilsformel jedoch nicht binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle übermittelt worden sei. Den Prozessbevollmächtigten sei von der zuständigen Geschäftsstelle am 14. und 23. September 2009 telefonisch die Auskunft erteilt worden, dass noch keine Entscheidungsformel eingegangen sei. Auf weitere telefonische Anfrage vom 26. Oktober 2009 habe die Geschäftsstelle mitgeteilt, dass die Urteilsgründe am 15. Oktober 2009 bei ihr eingegangen seien; der Tenor sei zuvor nicht isoliert übermittelt worden. Dabei handele es sich um einen erheblichen Verfahrensverstoß, wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in ständiger Rechtsprechung zu § 116 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entschieden habe; diesen Grundsätzen habe sich der BFH angeschlossen (BFH-Beschlüsse vom 28. April 1999 V R 49/98, BFH/NV 1999, 1364; vom 25. April 2000 VII R 51/99, BFH/NV 2000, 1232).

13

Der Berichterstatter habe eine Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 2 FGO gesetzt, ohne die als aufklärungs- oder beweisbedürftig erachteten Punkte so genau zu bezeichnen, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, die Anordnung ohne weiteres zu befolgen. Nicht nur das Setzen der Frist, sondern auch die darauf beruhende Zurückweisung des Sachvortrags der Klägerin bzw. die Ablehnung des Vertagungsantrags in der mündlichen Verhandlung seien deshalb rechtsfehlerhaft.

14

Das FG habe außerdem die richterliche Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt. Denn es habe die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 1. April 2009 vorgetragenen Umstände der Rückstellungsbildung 1997, die u.a. auf einem befürchteten Wettbewerbsverstoß nach damaligem Recht beruht habe, nicht näher aufgeklärt. Jedenfalls aber hätte die Klägerin die Umstände des befürchteten Wettbewerbsverstoßes nach damaligem Recht, der auf dem Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens beruht habe, dargelegt und unter Beweis gestellt. Das gelte auch für die Ermittlung des betragsmäßigen Risikos in Höhe von 600.000 DM.

15

Das angefochtene Urteil verstoße auch gegen materielles Recht, weil für die aus der Ausgabe der Gutscheine resultierenden rechtlichen und wirtschaftlichen Belastungen Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden seien. Durch die Ausgabe der Gutscheine, bei denen es sich zivilrechtlich um Inhaberpapiere handele, habe die GmbH eine Außenverpflichtung gegenüber ihren Kunden begründet. Diese sei durch die Begebung der Gutscheine entgegen der Auffassung des FG zivilrechtlich bereits voll wirksam entstanden; eine aufschiebend bedingte Verbindlichkeit liege nicht vor. Um den Preisnachlass verrechnen zu können, habe es nicht, wie das FG zu Unrecht ausführe, des Abschlusses eines neuen Dienstleistungsvertrages bedurft; die Verrechnung des Nachlasses knüpfe daran zwar unselbstständig an, habe ihre Grundlage jedoch nicht in dem "neu" abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag, sondern in der bis zum 31. Dezember des Altjahres begründeten Verpflichtung der GmbH. Insoweit habe es sich um eine bloße Fälligkeitsabrede gehandelt, die an keinerlei Bedingungen im Rechtssinne geknüpft gewesen sei.

16

Hinzu komme, dass die Verbindlichkeiten, die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierten, wirtschaftlich dem Ausgabejahr zuzuordnen seien. Denn diese zielten nicht nur --wie jedes unternehmerische Handeln-- auf zukünftige Ertragssteigerungen ab, sondern dienten auch als Anreiz für die Kunden, die Frisörsalons noch im alten Jahr und somit vor dem Bilanzstichtag zu besuchen. Entsprechend würde ein gedachter Erwerber die aus den ausgegebenen Gutscheinen resultierenden Verpflichtungen erwerbspreismindernd berücksichtigen.

17

Hilfsweise seien jedenfalls Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe zu bilden. Ungewiss seien Verbindlichkeiten auch dann, wenn sie aufschiebend oder auflösend bedingt seien und ungewiss sei, ob die Bedingung eintrete. Das gelte auch hinsichtlich der Erhöhung um 600.000 DM für das Streitjahr 1997. Aufgrund der damaligen Rechtslage sei zu befürchten gewesen, dass es durch die Gutscheinaktion zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen sei; jedenfalls habe ein Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens vorgelegen.

18

Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995 bis 1997, die Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag 1995 bis 1997 und die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 vom 18. Mai 1999 bzw. 8. Dezember 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. April 2000 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen für 1995 in Höhe von 1.500.000 DM, für 1996 in Höhe von 4.000.000 DM und für 1997 in Höhe von 6.185.000 DM angesetzt werden.

19

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

20

Die Klägerin habe erstmals mit Schriftsatz vom 1. April 2009 offengelegt, dass in der gebildeten Rückstellung für 1997 auch ein Betrag von 600.000 DM "für das Risiko aus einem befürchteten Wettbewerbsverstoß" enthalten sei, und insoweit angekündigt, weitere Unterlagen zu beschaffen und dem FG kurzfristig vorzulegen. Das FA habe den Sachverhalt als geklärt angesehen, da insbesondere für den erstmals geltend gemachten Wettbewerbsverstoß die für die Bildung von Rückstellungen notwendigen Voraussetzungen ohne die Vorlage weiterer, von der Klägerin in Aussicht gestellter Unterlagen nicht erfüllt gewesen seien. Die Revision sei auch in der Sache unbegründet. Der Ausweis von Passivposten wegen der Gutscheine und der behaupteten, jedoch nicht belegten Risiken aus Wettbewerbsverstößen scheide schon dem Grunde nach aus.

21

Der Senat hat Beweis erhoben über die Frage, wann das Urteil des FG gefällt worden ist, durch Vernehmung der an dem Urteil beteiligten Berufsrichter und ehrenamtlichen Richter.

Entscheidungsgründe

22

II. Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich der Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Ist die Revision teilweise unzulässig und teilweise unbegründet, kann der BFH darüber einheitlich durch Urteil entscheiden (u.a. BFH-Urteil vom 30. Juni 2011 IV R 30/09, BFH/NV 2011, 2054, unter II.A. der Gründe, m.w.N.).

23

A. Soweit die Revision gegen die Bescheide über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 1995 und 1996 gerichtet ist, ist sie unzulässig. Die Klägerin hat die Revision insoweit nicht begründet (§ 120 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO). Die Frage, ob die streitigen Verbindlichkeiten bzw. Rückstellungen zu bilden waren, kann im Verfahren gegen diese Bescheide nicht geprüft werden.

24

B. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

25

1. Die Verfahrensrügen der Klägerin greifen nicht durch.

26

a) Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung der Frist des § 104 Abs. 2 FGO.

27

aa) Nach dieser Vorschrift ist statt der Verkündung die Zustellung des Urteils zulässig; dann ist das Urteil binnen zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung der Geschäftsstelle zu übermitteln. Zweck der Regelung ist es nicht nur, den Beteiligten alsbald Gewissheit über die getroffene Entscheidung zu verschaffen; sie dient vornehmlich dazu, den notwendigen Zusammenhang zwischen mündlicher Verhandlung und Urteil zu wahren und sicherzustellen, dass der Inhalt des Urteils dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung der beteiligten Richter entspricht (BVerwG-Beschluss vom 6. Mai 1998  7 B 437/97, BVerwGE 106, 366, zu der gleich lautenden Vorschrift in § 116 Abs. 2 VwGO; BFH-Beschluss vom 12. März 2004 VII B 239/02, BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a dd der Gründe).

28

Dieser zeitliche Zusammenhang ist in der Regel nicht gewahrt, wenn das Urteil erst nach Ablauf von zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung gefällt wird (BVerwG-Beschlüsse vom 7. Juli 1998  9 B 931/97, juris; in BVerwGE 106, 366; BVerwG-Urteil vom 11. November 1971 I C 64.67, BVerwGE 39, 51; gleicher Ansicht BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114). Das BVerwG hat deshalb ein Urteil wegen eines Verstoßes gegen § 116 Abs. 2 VwGO in einem Fall aufgehoben, in dem die Urteilsformel erst dreieinhalb Monate nach Schluss der mündlichen Verhandlung beschlossen worden war (BVerwG-Beschluss in BVerwGE 106, 366).

29

bb) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt zwar ein Verfahrensmangel vor, wenn der Urteilstenor entgegen der Vorschrift in § 104 Abs. 2 FGO nicht binnen zwei Wochen der Geschäftsstelle übergeben wird. Ein solcher Verfahrensmangel gehört jedoch nicht zu den in § 119 FGO abschließend aufgeführten absoluten Revisionsgründen, für die unwiderleglich vermutet wird, dass das betroffene Urteil darauf beruht (BFH-Urteil vom 22. Februar 1980 VI R 132/79, BFHE 130, 126, BStBl II 1980, 398).

30

Der BFH hat wiederholt entschieden, dass der Verstoß gegen § 104 Abs. 2 FGO eine Revision nicht begründen kann, solange nicht dargetan oder sonst erkennbar ist, dass der Urteilstenor bei fristgemäßer Niederlegung anders als im zugestellten Urteil gelautet hätte (u.a. BFH-Beschlüsse vom 12. August 2005 VIII B 280/04, BFH/NV 2005, 2234; vom 21. Dezember 2004 IX B 42/04, BFHE/NV 2005, 1311; vom 23. August 2002 IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177). Wurde ein fristgerecht gefälltes Urteil lediglich verspätet der Geschäftsstelle übergeben, beruht es in der Regel nicht i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auf diesem Mangel, sofern die Frist von fünf Monaten für die Übergabe des vollständig abgefassten Urteils mit Tatbestand, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung an die Geschäftsstelle (vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 GmS-OGB 1/92, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 2603, betreffend § 105 Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO) eingehalten ist. Die Frist von fünf Monaten beginnt mit Ablauf desjenigen Tages, an dem die Entscheidungsformel spätestens der Geschäftsstelle hätte übergeben werden müssen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 1114, unter II.B.1.a der Gründe, m.w.N.).

31

cc) Die Tatsachen, die zur Beurteilung der Frage erforderlich sind, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, sind vom BFH als Revisionsgericht festzustellen (u.a. BFH-Urteil vom 16. März 1983 IV R 147/80, BFHE 138, 143, BStBl II 1983, 476). Der BFH kann sie im Wege des Freibeweises ermitteln und frei würdigen (BFH-Beschlüsse vom 3. Juni 2008 IX B 2/08, juris; vom 1. März 1995 III B 84/93, BFH/NV 1995, 990; vom 30. April 1987 V B 86/86, BFHE 149, 437, BStBl II 1987, 502).

32

dd) Ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 24. August 2009 wurde das Urteil im Streitfall nicht verkündet (§ 104 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das Urteil wurde der Geschäftsstelle am 15. Oktober 2009 übermittelt und der Klägerin am 22. Oktober 2009 zugestellt (§ 104 Abs. 2 Halbsatz 1 FGO). Die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO wurde daher verletzt; dies war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu dieser Zeit gängige Praxis des FG-Senats.

33

ee) Das angefochtene Urteil beruht jedoch nicht auf diesem Mangel, weil es bereits am Tag der mündlichen Verhandlung (24. August 2009) gefällt wurde. Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats aus den in diesem Punkt übereinstimmenden und glaubhaften Zeugenaussagen der beteiligten Richter und wird durch die vorgelegten Aufzeichnungen der Vorsitzenden Richterin sowie indirekt der ehrenamtlichen Richterin X bestätigt. Auch die Klägerin geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass am Tag der mündlichen Verhandlung eine Entscheidung ergangen ist. Soweit sie jedoch meint, bei dieser Entscheidung habe es sich nicht um das Urteil, sondern (möglicherweise) um einen Beweisbeschluss gehandelt, folgt ihr der erkennende Senat nicht. Denn für einen solchen, nicht nur den Aussagen aller Zeugen widersprechenden Geschehensablauf finden sich keine Anhaltspunkte; er ließe sich darüber hinaus auch nicht mit dem Inhalt des angefochtenen Urteils vereinbaren. Im Hinblick auf den Tenor (Klageabweisung) ist im Streitfall nicht zu besorgen, dass die Fristüberschreitung zu Abweichungen zwischen dem gefällten und dem später abgesetzten Urteil geführt haben könnte.

34

b) Die Verfahrensrüge, das FG habe gegen die §§ 76 Abs. 1, 79, 119 Nr. 3 FGO verstoßen, indem es das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Rückstellung wegen des Wettbewerbsverstoßes zurückgewiesen und die Sachaufklärungspflicht bzw. das rechtliche Gehör verletzt habe, greift schon deshalb nicht durch, weil das FG das Vorbringen der Klägerin der angefochtenen Entscheidung ausweislich der Urteilsgründe zu Grunde gelegt, es allerdings als unzureichend gewürdigt hat (Seite 11 der Urteilsreinschrift, unter 2.). Die Klägerin hat auch keine (weiteren) Tatsachen dargelegt, die sie im Falle einer Vertagung der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen hätte oder die das FG ihrer Auffassung nach hätte ermitteln können und sollen. Der Hinweis der Klägerin auf den Zeitablauf bis zum Ergehen des angefochtenen Urteils rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, weil die Klägerin selbst erstmals mit Schreiben vom 1. April 2009 zu erkennen gegeben hat, dass in der für das Streitjahr 1997 gebildeten Rückstellung ein Betrag von 600.000 DM für ein Risiko aus Wettbewerbsverstößen enthalten war.

35

2. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die GmbH in den Streitjahren Verbindlichkeiten oder Rückstellungen weder für die im jeweiligen Folgejahr einzulösenden Gutscheine noch wegen des Risikos von Wettbewerbsverstößen bilden durfte.

36

a) Verbindlichkeiten hatte die GmbH wegen der Ausgabe der Gutscheine nicht auszuweisen, weil die darauf beruhenden Verpflichtungen der GmbH im jeweiligen Ausgabejahr dem Grunde nach ungewiss waren (vgl. BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, unter II.1.a der Gründe; vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116, unter 2. der Gründe). Denn die Belastung der GmbH hing davon ab, ob die Inhaber der Gutscheine innerhalb des begünstigten Zeitraums des Folgejahres eine Dienstleistung zu dem durch einen Gutschein ermäßigten Entgelt in Anspruch nahmen. Eine isolierte Einlösung der Gutscheine war nicht möglich, weder durch Barauszahlung noch durch Eintausch gegen eine Sachleistung. Darin unterscheidet sich der vorliegende Streitfall von dem Urteilsfall in BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359, in dem der BFH bei der Ausgabe von Gutmünzen sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach gewisse Verbindlichkeiten angenommen hat.

37

Vorliegend war im Ausgabejahr noch ungewiss, ob und ggf. welche Dienstleistung der jeweilige Kunde im Folgejahr in Anspruch nehmen würde. Nichts anderes kann für die versprochene Preisermäßigung einer solchen Dienstleistung gelten. Diese war daher ebenfalls ungewiss, wie das FG zutreffend entschieden hat. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsnatur der Gutscheine ändert an diesem Zusammenhang nichts, ebenso wenig der Umstand, dass eine Weitergabe der Gutscheine an Dritte nicht ausdrücklich ausgeschlossen war. Das Vorbringen der Klägerin, es habe sich um Inhaberpapiere gehandelt, ist deshalb unerheblich.

38

b) Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten waren weder wegen der Gutscheine noch wegen möglicher Wettbewerbsverstöße zu bilden.

39

aa) Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach, deren Höhe zudem ungewiss sein kann (u.a. BFH-Urteil vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe). Der Schuldner muss ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen, und die Geltendmachung der Verpflichtung muss nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116).

40

bb) Schließlich muss die ungewisse Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht sein, wobei in der Rechtsprechung des BFH nicht abschließend geklärt ist, ob das Erfordernis der wirtschaftlichen Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag auch für rechtlich entstandene und nur der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeiten gilt (BFH-Urteil in BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, unter II.1.a der Gründe).

41

cc) Die GmbH durfte wegen der Gutscheine keine Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden, weil die darauf beruhenden Verbindlichkeiten im Ausgabejahr weder rechtlich entstanden und nur der Höhe nach ungewiss noch wirtschaftlich verursacht waren. Denn sie beinhalteten einen Preisnachlass nicht für bereits bezogene, sondern für künftige Dienstleistungen.

42

(1) Der Anspruch auf Preisermäßigung war rechtlich unselbstständig. Denn er knüpfte zwingend an die Inanspruchnahme einer Dienstleistung im begünstigten Zeitraum des Folgejahres an und setzte die Entstehung eines Zahlungsanspruchs der GmbH im Folgejahr voraus. Diese Voraussetzungen waren im Jahr der Ausgabe der Gutscheine noch nicht erfüllt. Das Entstehen der entsprechenden Verbindlichkeit war dem Grunde nach ungewiss (s. oben unter II.B.2.a). Der Tatbestand, an den die Leistungspflicht --die Verrechnung des im Gutschein ausgewiesenen Betrages-- geknüpft war, war damit im Ausgabejahr noch nicht verwirklicht; die Verpflichtung war daher in dem für die Bilanzierung maßgeblichen Sinne rechtlich noch nicht entstanden (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614, unter II.2.c aa der Gründe). Die Bildung einer Rückstellung wegen einer rechtlich bereits entstandenen, der Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit kam daher nicht in Betracht.

43

(2) Die mit den Gutscheinen versprochene Preisminderung für künftige, im Begünstigungszeitraum in Anspruch zu nehmende Dienstleistungen wurde nicht bereits durch das Versprechen im Ausgabejahr, sondern erst durch die Dienstleistung im Folgejahr, für die die Preisminderung gewährt wurde, wirtschaftlich verursacht. Denn sie bezog sich (nur) auf das Entgelt für die künftige Dienstleistung. Der Anspruch auf Preisermäßigung kann wirtschaftlich aber nicht schon früher verursacht sein als das Geschäft, auf das er sich bezieht. Insofern unterscheidet sich der Streitfall auch von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 4. Dezember 1959 III 317/59 S (BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80) zu Grunde liegt. Denn die Ausgabe der Rabattmarken im damaligen Urteilsfall betraf die Gewährung eines Nachlasses auf schon getätigte Einkäufe (vgl. BFH-Urteil in BFHE 70, 212, BStBl III 1960, 80, unter I. der Gründe); dem entsprechend war der Rabattbetrag mit dem Erreichen des Mindesteinkaufs auszuzahlen. Ein solcher Anspruch wurde den Kunden im Streitfall nicht eingeräumt.

44

(3) Der Umstand, dass die GmbH Gutscheine nur an solche Kunden ausgab, die zuvor eine Dienstleistung in Anspruch genommen hatten, rechtfertigt es nicht, die erst für eine künftige Dienstleistung versprochene Preisminderung wirtschaftlich schon der früheren, voll bezahlten Dienstleistung zuzuordnen. Denn die im Folgejahr entstehende Verpflichtung zur Bezahlung eines (Dienstleistungs-)Entgelts und --daran anknüpfend-- die Preisminderung setzte voraus, dass eine weitere Dienstleistung im Begünstigungszeitraum in Anspruch genommen und der Gutschein vorgelegt wurde. Insofern verhält es sich ähnlich wie in dem vom BFH mit Urteil vom 6. Dezember 1978 I R 35/78 (BFHE 126, 549, BStBl II 1979, 262) entschiedenen Fall, wonach der Anspruch auf verbilligten Nachbezug von Rohstoffen nicht wirtschaftlich verursacht ist, solange die Berechtigung und der Abschluss eines neuen Vertrages nicht nachgewiesen waren.

45

dd) Die Bildung einer Rückstellung wegen eines möglichen Wettbewerbsverstoßes durch die Gutscheinausgabe kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Klägerin hat bereits weder vorgetragen noch ist erkennbar, woraus sich in diesem Zusammenhang eine ungewisse Verbindlichkeit ergeben soll. Dem entsprechend fehlt es an Gründen, warum die Klägerin mit einer Inanspruchnahme ernsthaft hätte rechnen müssen und warum die Geltendmachung einer solchen Verpflichtung am Bilanzstichtag wahrscheinlich gewesen sein soll. Der mit der Revisionsbegründung vorgebrachte bloße Hinweis auf das Unterlassungsbegehren eines Konkurrenzunternehmens genügt insoweit nicht.

46

c) Eine Berücksichtigung der streitigen Beträge als passive Rechnungsabgrenzungsposten kommt ebenfalls nicht in Betracht (anderer Ansicht Krüger, Deutsches Steuerrecht 2011, 1095). Nach § 250 Abs. 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG sind auf der Passivseite als Rechnungsabgrenzungsposten Einnahmen vor dem Abschlussstichtag auszuweisen, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Diese Voraussetzungen sind im Jahr der Gutscheinausgabe nicht erfüllt. Die Kunden haben den "normalen" Preis für die in Anspruch genommenen Dienstleistungen bezahlt. Sie erhielten die Gutscheine von der GmbH als Zugabe. Das entsprach auch dem Verständnis der GmbH, die die Gutscheine ausdrücklich als Weihnachtsgeschenk und Dankeschön für die Treue der Kunden ausgegeben hat. Damit lässt sich nicht vereinbaren, einen Teil des Entgelts für die im Ausgabejahr bezogene Dienstleistung dem Gutschein bzw. einer im begünstigten Zeitraum des Folgejahres in Anspruch genommenen Dienstleistung zuzuordnen.

47

3. Das angefochtene Urteil ist danach im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Revision der Klägerin hat daher keinen Erfolg.

48

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Nichterhebung der Kosten für die Beweisaufnahme beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes. Zu den Gerichtskosten, auf deren Erhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung verzichtet werden kann, zählen auch die Auslagen (Gräber/ Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 135 Rz 50), nicht jedoch außergerichtliche Kosten der Beteiligten (u.a. BFH-Beschluss vom 24. Januar 2008 XI R 63/06, BFH/NV 2008, 606, unter II.5. der Gründe). Die Kosten einer nicht erforderlichen Beweisaufnahme gehören zu den Kosten, auf deren Erhebung verzichtet werden kann (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235, unter 4. der Gründe). Im Streitfall sind die Kosten der Beweisaufnahme durch den BFH nur deshalb entstanden, weil sich das FG --wie die Beweisaufnahme ergeben hat-- über die Vorschrift des § 104 Abs. 2 Halbsatz 2 FGO hinweggesetzt hat (s. oben unter II.B.1.a dd). Sie beruhen deshalb auf der offensichtlich unrichtigen Sachbehandlung durch das FG.

(1) Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Abschreibungen nach den Absätzen 3 bis 5, anzusetzen. Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen. Soweit sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren im Sinn des § 266 Abs. 2 A. III. 5 bestimmt, sind Rückstellungen hierfür zum beizulegenden Zeitwert dieser Wertpapiere anzusetzen, soweit er einen garantierten Mindestbetrag übersteigt. Nach § 246 Abs. 2 Satz 2 zu verrechnende Vermögensgegenstände sind mit ihrem beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Kleinstkapitalgesellschaften (§ 267a) dürfen eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert nur vornehmen, wenn sie von keiner der in § 264 Absatz 1 Satz 5, § 266 Absatz 1 Satz 4, § 275 Absatz 5 und § 326 Absatz 2 vorgesehenen Erleichterungen Gebrauch machen. Macht eine Kleinstkapitalgesellschaft von mindestens einer der in Satz 5 genannten Erleichterungen Gebrauch, erfolgt die Bewertung der Vermögensgegenstände nach Satz 1, auch soweit eine Verrechnung nach § 246 Absatz 2 Satz 2 vorgesehen ist.

(2) Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind abzuzinsen mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz, der sich im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und im Falle sonstiger Rückstellungen aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren ergibt. Abweichend von Satz 1 dürfen Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für auf Rentenverpflichtungen beruhende Verbindlichkeiten, für die eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Der nach den Sätzen 1 und 2 anzuwendende Abzinsungszinssatz wird von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ermittelt und monatlich bekannt gegeben. In der Rechtsverordnung nach Satz 4, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt das Bundesministerium der Justiz im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank das Nähere zur Ermittlung der Abzinsungszinssätze, insbesondere die Ermittlungsmethodik und deren Grundlagen, sowie die Form der Bekanntgabe.

(3) Bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind die Anschaffungs- oder die Herstellungskosten um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Kann in Ausnahmefällen die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen. Satz 3 findet auf einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert entsprechende Anwendung. Ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, sind bei Vermögensgegenständen des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist. Bei Finanzanlagen können außerplanmäßige Abschreibungen auch bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung vorgenommen werden.

(4) Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen und übersteigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Wert, der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist, so ist auf diesen Wert abzuschreiben.

(5) Ein niedrigerer Wertansatz nach Absatz 3 Satz 5 oder 6 und Absatz 4 darf nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Ein niedrigerer Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes ist beizubehalten.

(6) Im Falle von Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren und dem Ansatz der Rückstellungen nach Maßgabe des entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatzes aus den vergangenen sieben Geschäftsjahren in jedem Geschäftsjahr zu ermitteln. Gewinne dürfen nur ausgeschüttet werden, wenn die nach der Ausschüttung verbleibenden frei verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinnvortrags und abzüglich eines Verlustvortrags mindestens dem Unterschiedsbetrag nach Satz 1 entsprechen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist in jedem Geschäftsjahr im Anhang oder unter der Bilanz darzustellen.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 19. Juli 1995 gegründet. Das Stammkapital betrug 100.000 DM und wurde im Streitjahr 1999 durch ihre Alleingesellschafterin, die B-GmbH gehalten. Die finanzielle Ausstattung der Klägerin war unzureichend. Die B-GmbH schloss mit der Klägerin am 18. September 1995 einen Darlehens- und Rangrücktrittsvertrag, worin sie sich verpflichtete, der Klägerin zur Ingangsetzung ihres Geschäftsbetriebs ein entsprechend dem finanziellen Bedarf abrufbares verzinsliches Darlehen mit einem Kreditrahmen von bis zu 15 Mio. DM zu gewähren. Sicherheiten wurden keine gestellt. Das Darlehen war von jeder der Parteien jederzeit kündbar.

2

§ 3 der Vereinbarung lautet: "Im Falle des Eintritts einer Überschuldung der Schuldnerin tritt die sich aus dem jeweiligen Saldo des Darlehens-Verrechnungskontos ergebende Forderung der Gläubigerin automatisch in Höhe des Betrags der Überschuldung im Rang hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurück."

3

§ 4 lautet:

"Solange die Schuldnerin überschuldet ist, ist der Gläubigerin untersagt, über ihre Darlehensforderung zu verfügen, insbesondere sie abzutreten oder zu verwenden. Das Abtretungsverbot gilt nicht für den Fall der Veräußerung der von der Gläubigerin gehaltenen Geschäftsanteile an der Schuldnerin. Die Gläubigerin kann die Befriedigung ihrer Gesamtforderung nur aus künftigen Jahresüberschüssen, soweit sie bestehende Verlustvorträge übersteigen, oder ggf. aus einem Liquidationsüberschuss verlangen."

4

Mit Vertrag vom 1. Juni 1996 räumte die B-GmbH der Klägerin ein weiteres Darlehen mit einem Kreditrahmen von 4 Mio. DM ein. Die zitierten Vereinbarungen sind wortgleich im Vertrag enthalten.

5

Zum 31. Dezember 1995 und zum 31. Dezember 1996 war die Klägerin bilanziell überschuldet. Dies änderte sich auch in den folgenden Jahren nicht.

6

Nach einer Außenprüfung kam der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18. August 2004 (BStBl I 2004, 850) zu der Auffassung, dass die in der Bilanz zum 31. Dezember 1999 enthaltene Verbindlichkeit gegenüber der B-GmbH in Höhe von 16.370.933,08 DM zum 31. Dezember 1999 gewinnwirksam aufzulösen sei. Aufgrund § 5 Abs. 2a des Einkommensteuergesetzes 1997 i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 --StBereinG 1999-- (EStG 1997) sei eine Passivierung dieser Verbindlichkeit in der Steuerbilanz nicht möglich.

7

Der gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide 1999 erhobenen Klage gab das Finanzgericht München mit Urteil vom 22. Oktober 2010  7 K 1396/08, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 554, statt.

8

Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FA hat zu Recht die streitgegenständlichen Verbindlichkeiten aufgelöst, weil die Klägerin hierdurch gegenwärtig noch nicht belastet ist.

11

1. Nach § 247 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind handelsrechtlich und damit nach § 5 Abs. 1 EStG 1997 auch steuerrechtlich Verbindlichkeiten zu passivieren. Gleiches gilt gemäß § 249 Abs. 1 HGB für die Bilanzierung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Dezember 1991 IV R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600). Eine Verbindlichkeit ist zu bilanzieren, wenn der Unternehmer zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten verpflichtet ist, die vom Gläubiger erzwungen werden kann und eine wirtschaftliche Belastung darstellt (BFH-Urteil vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; Senatsurteile vom 12. Dezember 1990 I R 153/86, BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479; vom 11. April 1990 I R 63/86, BFHE 160, 323; vom 20. Januar 1993 I R 115/91, BFHE 170, 234, BStBl II 1993, 373).

12

2. An dieser wirtschaftlichen Belastung fehlt es im Streitfall. Die Darlehen müssen nur aus künftigen Überschüssen, soweit sie bestehende Verlustvorträge übersteigen, oder aus einem Liquidationsüberschuss zurückbezahlt werden.

13

a) Soweit die Befriedigung der Verbindlichkeit auf künftige Überschüsse beschränkt ist, kann für das Fehlen einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung auf den § 5 Abs. 2a EStG 1997 zugrunde liegenden Gedanken zurückgegriffen werden.

14

aa) Gemäß § 5 Abs. 2a EStG 1997 sind für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Soweit entsprechende Verpflichtungen passiviert sind, müssen diese zum Schluss des ersten nach dem 31. Dezember 1998 beginnenden Wirtschaftsjahrs aufgelöst werden (§ 52 Abs. 12a EStG 1997).

15

bb) Schon vor Einführung des § 5 Abs. 2a EStG 1997 ging die Rechtsprechung im Einklang mit dem Handelsrecht davon aus, dass bestimmte gewinnabhängige Verpflichtungen vor Erzielung des Gewinns, aus dem sie zu bedienen sind, noch keine wirtschaftliche Last darstellen und demgemäß nicht zu passivieren sind, weil sie nicht aus dem zum Stichtag vorhandenen Vermögen bedient werden müssen (BFH-Urteile vom 20. September 1995 X R 225/93, BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320, unter 2.c; vom 18. Juni 1980 I R 72/76, BFHE 131, 303, BStBl II 1980, 741; vom 19. Februar 1981 IV R 112/78, BFHE 133, 368, BStBl II 1981, 654).

16

cc) Anlass für die Einführung des § 5 Abs. 2a EStG 1997 waren BFH-Urteile, nach denen der Grundsatz, dass gewinn- oder erlösabhängige Verbindlichkeiten nicht zu passivieren sind, nur greifen soll, wenn die Pflicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit von der Gesamtgewinnsituation des Unternehmens abhängt, nicht dagegen, wenn die Abhängigkeit nur von einzelnen Geschäften besteht (BFH-Urteile in BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320; vom 3. Juli 1997 IV R 49/96, BFHE 183, 513, BStBl II 1998, 244; vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97, BFHE 187, 552, BStBl II 2000, 116; vom 4. Februar 1999 IV R 54/97, BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139). Ziel des § 5 Abs. 2a EStG 1997 ist es, auch für diese Verbindlichkeiten ein Passivierungsverbot festzuschreiben (BTDrucks 14/2070, S. 17).

17

dd) Eine Verbindlichkeit unter Vereinbarung eines Rangrücktritts dergestalt, dass die Forderung des Gläubigers hinter die Forderungen aller übrigen Gläubiger zurücktritt und nur aus künftigen Jahresüberschüssen zu erfüllen ist, ist gemäß § 5 Abs. 2a EStG 1997 nicht auszuweisen (gl.A. Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 920 "Rangrücktritt" a.E.; Neumann, Der GmbH-Steuer-Berater --GmbH-StB-- 2009, 192, 194; Lang, Deutsche Steuer-Zeitung 2006, 789; BMF-Schreiben vom 8. September 2006, BStBl I 2006, 497; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 30. Aufl., § 5 Rz 315; ders., Betriebs-Berater --BB-- 2007, 30, 37; Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 485 "Besserungsvereinbarung"). Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, § 5 Abs. 2a EStG 1997 sei für den Fall des Rangrücktritts generell nicht einschlägig, weil bei einem Rangrücktritt die Forderung rechtlich bereits entstanden sei (Hölzle, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 2005, 852, 858; Suchanek/Hagedorn, Finanz-Rundschau --FR-- 2004, 455; Watermeyer, GmbH-StB 2004, 369, 372), ist dem nicht zu folgen. Zum einen lässt sich diese Einschränkung dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen; dieser umfasst vielmehr unterschiedslos alle Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Gewinne anfallen. Zum andern wäre ein Ausweis der Verbindlichkeit auch nicht gerechtfertigt. Denn der Schuldner ist, solange die Gewinne noch nicht erzielt sind, in seinem gegenwärtigen Vermögen zum Bilanzstichtag noch nicht belastet. Seine Situation gleicht wirtschaftlich der eines Schuldners, dem eine Verbindlichkeit gegen Besserungsschein erlassen wurde (vgl. hierzu Senatsurteil vom 29. Januar 2003 I R 50/02, BFHE 202, 74, BStBl II 2003, 768): Beide müssen die Verbindlichkeit nur aus künftigen Gewinnen erfüllen.

18

b) Die Darlehen sind im Streitfall auch nicht deshalb zu passivieren, weil sie nicht nur aus künftigen Gewinnen, sondern auch aus einem eventuellen Liquidationsüberschuss zu bedienen sind. Denn auch insoweit fehlt es an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung.

19

aa) Erlässt ein Gläubiger eine Verbindlichkeit mit der Maßgabe, dass die Forderung wieder aufleben soll, wenn künftige Jahresüberschüsse oder ein Liquidationsüberschuss erzielt werden, ist die durch einen solchen Besserungsschein begründete Leistungspflicht beim Schuldner zunächst nicht als Verbindlichkeit zu passivieren. Die Verpflichtung stellt noch keine wirtschaftliche Last dar. Dies gilt nicht nur insoweit, als die Verbindlichkeit aus künftigen Gewinnen bedient werden muss, sondern auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung aus einem Liquidationsüberschuss. Ein Liquidationsüberschuss ist das Vermögen, das im Fall der Liquidation nach Veräußerung der Wirtschaftsgüter und Begleichung aller (übrigen) Verbindlichkeiten verbleibt (vgl. §§ 70 ff. des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Zwar betreffen Zahlungspflichten aus einem Liquidationsüberschuss damit bereits auch das gegenwärtige Vermögen; sie belasten das gegenwärtige Vermögen aber noch nicht, da nach dem Grundsatz der Unternehmensfortführung (vgl. hierzu Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 252 HGB Rz 24) der Liquidationsfall noch nicht berücksichtigt zu werden braucht und die Rücklagen bis zu diesem Zeitpunkt noch in vollem Umfang zur Verlustdeckung und zur Befriedigung der anderen Gläubiger zur Verfügung stehen (Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., § 246 HGB Rz 150, 152; Senatsurteil in BFHE 202, 74, BStBl II 2003, 768, m.w.N.; Schulze-Osterloh, Die Wirtschaftsprüfung --WPg-- 1996, 97; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., § 4 V S. 109 f.; Gahlen, BB 2009, 2079; Groh, BB 1993, 1882).

20

bb) Im Streitfall sind der Klägerin die von ihrer Alleingesellschafterin gewährten Darlehen zwar nicht erlassen worden; es wurde vielmehr nur ein Rangrücktritt vereinbart. Eine Rangrücktrittsvereinbarung, nach der eine Verbindlichkeit nur aus künftigen Gewinnen oder einem eventuellen Liquidationsüberschuss zu bedienen ist, belastet den Schuldner aber nicht stärker, als wäre die Verbindlichkeit gegen entsprechende Besserungsabrede erlassen worden (insoweit anders als Rangrücktrittsvereinbarungen, die auch aus sonstigem Vermögen zu bedienen sind, vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 2004 I R 11/03, BFHE 207, 295, BStBl II 2005, 581; vom 16. Mai 2007 I R 36/06, BFH/NV 2007, 2252; BFH-Urteile vom 30. März 1993 IV R 57/91, BFHE 170, 449, BStBl II 1993, 502; vom 10. November 2005 IV R 13/04, BFHE 211, 294, BStBl II 2006, 618; vom 14. Januar 2010 IV R 13/06, BFH/NV 2010, 1483). Es ist daher gerechtfertigt, diese Verbindlichkeit wie einen Erlass mit Besserungsabrede zu behandeln und die Verbindlichkeit nicht auszuweisen (Schulze-Osterloh, WPg 1996, 97; Knobbe-Keuk, a.a.O., § 4 V S. 108 und Fn 257; dies. Steuer und Wirtschaft 1991, 306; Hofbauer/Kupsch, Bonner Handbuch Rechnungslegung, § 246 Rz 61; Siegel, FR 1981, 134, 137; Priester, Der Betrieb --DB-- 1977, 2429; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 2. Aufl., § 266 HGB Rz 758; Lang in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, § 8 Abs. 3 KStG nF, Rz 1126; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 315; ders. BB 2007, 30, 37; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 920 "Rangrücktritt" und 761a; BMF-Schreiben vom 8. September 2006, BStBl I 2006, 497; Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., § 246 HGB Rz 142: Ausweis vertretbar; a.A. z.B. Kozikowski/Schubert, in Beck Bil-Komm., 8. Aufl., § 247 Rz 232; s. aber Rz 238 a.E.; Uhländer, BB 2005, 70; Schildknecht, Deutsches Steuerrecht --DStR--, 2005, 181; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/ UmwStG, Freiburg 2011, § 8 KStG Rz 149e, m.w.N.; Watermeyer, GmbHR 2006, 240; Groh, DB 2006, 1286). Unter dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteht trotz abweichender zivilrechtlicher Gestaltung kein Unterschied zwischen einem Erlass mit Besserungsabrede und der Vereinbarung, dass eine Verbindlichkeit nur aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss bedient werden muss (ähnlich bereits Senatsurteil in BFHE 202, 74, BStBl II 2003, 768).

21

cc) Unter welchen Voraussetzungen eine Verpflichtung, die nur im Liquidationsfall zu erfüllen ist, in der Steuerbilanz auszuweisen ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denkbar ist, dass die Verbindlichkeit erst dann passiviert werden muss, wenn nach Beginn der Liquidation ohne Berücksichtigung dieser Verpflichtung verteilbares Eigenkapital ausgewiesen werden müsste (Adler/Düring/Schmaltz, a.a.O., § 246 HGB Rz 150, zum Erlass mit Besserungsabrede). Möglich ist auch, eine Verpflichtung zum Ausweis bereits dann anzunehmen, wenn zum Zeitpunkt des Bilanzstichtags eine Liquidation droht und im Fall der Liquidation mit einem Überschuss zu rechnen ist. Diese Frage kann offenbleiben, weil zum streitigen Bilanzstichtag nicht von der Liquidation der Klägerin auszugehen war, sondern davon, dass die Klägerin ihre unternehmerische Tätigkeit fortführt. Dies war gerade das Ziel, das ihre Gesellschafterin mit der Hingabe der kapitalersetzenden Darlehen verfolgte. Solange aber eine Liquidation nach den am Bilanzstichtag objektiv erkennbaren Umständen nicht unmittelbar droht und überdies für diesen Fall mit einem Liquidationsüberschuss zu rechnen ist, kommt eine Passivierung nicht in Betracht.

22

3. Die Darlehen sind nicht als Einlagen zu beurteilen.

23

Unterliegt die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen denselben Voraussetzungen wie die Rückzahlung von Eigenkapital, dann entsteht für den Schuldner Eigenkapital und die Verbindlichkeit ist auszubuchen (gl.A. Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 920 "Rangrücktritt" a.E., Rz 1122). Ob die Darlehen dann als Eigenkapital auszuweisen wären, wenn sie nur aus einem künftigen Liquidationsüberschuss zurückzuzahlen wären, kann offenbleiben (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 8. Januar 2001 II ZR 88/99, BGHZ 146, 264; Goette, DStR 2001, 179; vgl. auch BGH-Urteil vom 21. März 1988 II ZR 238/87, BGHZ 104, 33, 40; Berg/Schmich, GmbHR-Kommentar zum Senatsurteil in BFHE 207, 295, BStBl II 2005, 581, juris). Denn es ist jedenfalls deshalb nicht von Einlagen auszugehen, weil die Darlehen auch aus künftigen Gewinnen zu tilgen sind und ihnen daher nicht die Funktion von zusätzlichem Eigenkapital zukommt (a.A. Knobbe-Keuk, a.a.O., § 4 V S. 109).

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für sog. Kostenüberdeckungen, die im Rahmen der öffentlichen Wasserversorgung innerhalb einer Preiskalkulationsperiode (Streitjahre: 2003 bis 2006) beim Wasserversorger entstanden und in der nächsten Kalkulationsperiode preismindernd zu berücksichtigen sind, einkommensmindernd Rückstellungen gebildet werden dürfen.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein Zweckverband verschiedener Städte und Gemeinden in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz im Freistaat Sachsen. Er hat in seinem Verbandsgebiet die Aufgabe der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 der Verbandssatzung). Nach § 4 Abs. 7 der Verbandssatzung erfüllt er seine Aufgaben nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, ohne einen Gewinn anzustreben. § 10 Abs. 2 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes vom 19. Juni 1993/26. August 2004 (SächsKAG) sieht vor, dass die Kosten bei der Gebührenbemessung in einem mehrjährigen Zeitraum berücksichtigt werden können, der jedoch höchstens fünf Jahre umfassen soll (Satz 1). Kostenüberdeckungen, die sich am Ende des Bemessungszeitraums ergeben, sind innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen (Satz 2 Halbsatz 1).

3

Der Beschluss der Verbandsversammlung zur Preiskalkulation im Zeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 datiert vom 18. Dezember 2002. Im Geschäftsverlauf erzielte der Kläger ausweislich von Nachkalkulationen in den Streitjahren jeweils Kostenüberdeckungen. Diese wurden im Beschluss der Preiskalkulation für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2011 "vollständig in die Preiskalkulation eingestellt" und wirkten somit in der Folgeperiode preismindernd (Nr. 8 des Beschlusses der Preiskalkulation).

4

Der Kläger wies in seinen Bilanzen der Streitjahre folgende Zuführungen zu Rückstellungen für Kostenüberdeckungen aus:

5
        

31. Dezember 2003:

1.002.800 €

31. Dezember 2004:

  479.300 €

31. Dezember 2005:

1.165.100 €

31. Dezember 2006:

1.172.050 €

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete die Rückstellungen einkommenserhöhend hinzu und setzte die Körperschaftsteuer der Streitjahre entsprechend fest. Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Sächsisches Finanzgericht --FG--, Urteil vom 10. August 2011  1 K 1487/07, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 820).

7

Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Körperschaftsteuer für die Streitjahre unter Abänderung der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide in einer Höhe herabzusetzen, die sich ergibt, wenn die Zuführungen zur Rückstellung für Kostenüberdeckung (inkl. Verzinsung) in 2003 in Höhe von 1.002.800 €, in 2004 in Höhe von 479.300 €, in 2005 in Höhe von 1.165.100 € und in 2006 in Höhe von 1.172.050 € einkommensmindernd angesetzt werden.

8

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für eine (einkommensmindernde) Berücksichtigung der Kostenüberdeckung nicht erfüllt sind. Allerdings bedarf es zur zeitlichen Zuordnung und zur Höhe des Ansatzes in den Streitjahren weiterer Feststellungen des FG.

10

1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) hat der Kläger in seinen Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB).

11

Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entweder --erstens-- das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder --zweitens-- die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer --ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen-- Verbindlichkeit (vgl. Senatsurteile vom 20. August 2008 I R 19/07, BFHE 222, 494, BStBl II 2011, 60; vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688). Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, m.w.N.). Für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten ist des Weiteren ein wirtschaftlicher Bezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; vom 30. Januar 2002 I R 71/00, BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279; vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251; BFH-Urteil vom 13. Dezember 2007 IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516; Senatsurteil in BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614).

12

2. Nach diesen Maßgaben hat der Kläger dem Grunde nach zu Recht eine Kostenüberdeckung einkommensmindernd angesetzt.

13

a) Der Kläger unterfällt nach den vom FG festgestellten und in seiner Auslegung nicht streitigen landesrechtlichen Vorgaben mit seiner Preiskalkulation der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG. Damit ist er gehalten, auf der Grundlage des sog. Kostendeckungsprinzips zu kalkulieren und eine sog. Kostenüberdeckung auszugleichen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG). Die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG, die für wirtschaftliche Unternehmen i.S. von § 97 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen vom 18. März 2003 (SächsGemO) das Erwirtschaften angemessener Gewinne ermöglicht und insoweit eine Ausgleichspflicht einschränkt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SächsKAG), ist nicht anwendbar. Denn wirtschaftliche Unternehmen in diesem Sinne sind nicht Unternehmen, zu deren Betrieb die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist (s. § 97 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO), was wiederum bei der Wasserversorgung zutrifft (§ 57 Abs. 1 Satz 1 des Sächsischen Wassergesetzes vom 18. Oktober 2004).

14

b) § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG begründet allerdings keine Verpflichtung des Klägers gegenüber den Kunden der jeweiligen Kalkulationsperiode auf Herausgabe des der Kostenüberdeckung entsprechenden anteiligen Entgelts. Insoweit ist der Vorinstanz beizupflichten.

15

aa) Die Revision kann dazu nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass der Bundesgerichtshof (BGH) zur Erzielung von sog. Mehrerlösen an Netzentgelten bei einer kostenbasierten Entgeltregulierung in der Beziehung zwischen Netzbetreibern und Netznutzern zwischen erstmaligem Genehmigungsantrag und Genehmigung nach Maßgabe des § 23a Abs. 5 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz) entschieden hat, dass ein Mehrerlös vom Netzbetreiber nicht behalten werden darf, weil dieser Erlös "rechtsgrundlos" erzielt worden ist (BGH-Beschlüsse vom 14. August 2008 KVR 39/07, Versorgungswirtschaft --VersorgW-- 2009, 87 [die Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos, s. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Dezember 2009  1 BvR 2738/08, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2010, 373]; sowie vom 14. August 2008 KVR 27/07, Recht der Energiewirtschaft --RdE-- 2008, 334; s.a. Hageböke, Der Betrieb --DB-- 2011, 1480, 1543, 1544). Zwar hat der BGH in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass insoweit eine Verpflichtung des Netzbetreibers besteht, den Mehrerlös (jedenfalls) periodenübergreifend auszugleichen (BGH-Beschlüsse in VersorgW 2009, 87; vom 21. Juli 2009 EnVR 12/08, RdE 2010, 29). Daraus lässt sich aber im Streitfall eine (Außen-)Verpflichtung des Klägers gegenüber den Kunden der jeweiligen Abrechnungsperiode nicht ableiten. Denn ungeachtet der spezifischen Sachumstände der jeweiligen Regelungslage hat der BGH im Zusammenhang mit der Verpflichtung auf Ausgleichung des Mehrerlöses zugleich darauf verwiesen, dass eine (Einzel-)Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Netzbetreiber und Netznutzer ausgeschlossen ist (Hinweisbeschlüsse des BGH vom 30. März 2011 KZR 69/10, RdE 2011, 260, und KZR 70/10, juris).

16

bb) Eine (Außen-)Verpflichtung des Klägers gegenüber den Kunden der jeweiligen Kalkulationsperiode folgt auch nicht auf gebührenrechtlicher Grundlage aus dem Umstand, dass in der jeweiligen Kalkulationsperiode tatsächlich eine Kostenüberdeckung erzielt wurde. Das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG), das ein Kostenüberdeckungsverbot für solche Unternehmen statuiert, die nicht als wirtschaftliches Unternehmen i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG qualifiziert sind (s.a. § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SächsKAG), ist dann nicht verletzt, wenn die Kostenüberdeckung auf einer Abweichung des tatsächlichen Geschäftsablaufs von der der Preisfindung zugrunde liegenden Prognose beruht (z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG--vom 8. Dezember 1961 VII C 2.61, BVerwGE 13, 214; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof --VGH-- München, Urteil vom 3. März 1993  4 B 92.1878, NVwZ-Rechtsprechungsreport --NVwZ-RR-- 1994, 290; s.a. Schulte/Wiesemann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Teil III/§ 6 Rz 25, 104, 254; Kaufmann in Henneke/Pünder/ Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 15 Rz 42; Quaas, Kommunales Abgabenrecht, 1997, Rz 57; Kronawitter, Kommunaljurist --KommJur-- 2008, 370, 371). Denn Kostenüberdeckungen entstehen, wenn im tatsächlichen Betriebsverlauf die Kosten geringer und/oder die prognostizierten Erlöse (z.B. infolge erhöhter Absatzmengen) höher sind als die in der Prognosekalkulation dafür angesetzten Beträge (Giebler, Kommunale Steuer-Zeitschrift --KStZ-- 2007, 167, 169). Die Kostenüberdeckung "als solche" ist daher, was mittelbar auch aus § 10 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SächsKAG folgt, kein ausreichender Grund, den Beschluss der Preiskalkulation (insoweit) als rechtswidrig anzusehen.

17

c) Es bestand aber eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung des Klägers kraft öffentlichen Rechts aus der verbindlichen Anweisung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG, die Kostenüberdeckung "auszugleichen".

18

aa) Nach der BFH-Rechtsprechung setzt die Bildung einer Rückstellung für eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen begründete Verpflichtung voraus, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist (z.B. Senatsurteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; BFH-Urteile vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644; vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, jeweils m.w.N.). Die Verpflichtung muss auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten oder zumindest bestimmbaren Zeitraums abzielen (z.B. Senatsurteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 793c). Diese Voraussetzungen werden im Regelfall bei Erlass einer behördlichen Verfügung oder bei Abschluss einer entsprechenden verwaltungsrechtlichen Vereinbarung vorliegen. Einer solchen Umsetzung bedarf es allerdings nicht, wenn ein entsprechend konkreter Gesetzesbefehl vorliegt (Senatsurteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121). Zudem ist nach der Rechtsprechung für die Rückstellbarkeit einer sich aus öffentlichem Recht ergebenden Verpflichtung erforderlich, dass an ihre Verletzung Sanktionen geknüpft sind, so dass sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen kann (Senatsurteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121).

19

bb) Im Streitfall war die Verbindlichkeit des Klägers nach diesen Maßgaben hinreichend konkretisiert und zugleich mit einer auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzielenden Verpflichtung verbunden.

20

§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG verpflichtet den Kläger, Kostenüberdeckungen, die sich am Ende einer Kalkulationsperiode ergeben haben, innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen. Insoweit ergibt sich je nach dem tatsächlich erzielten wirtschaftlichen Ergebnis der jeweiligen Abrechnungsjahre eine durch dieses Ergebnis veranlasste Ausgleichspflicht (im Streitfall: zum 31. Dezember 2006), der sich der Kläger als Körperschaft öffentlichen Rechts mit einem entsprechenden Beschluss fügen muss. Da ein Beschluss für die Folgeperiode, der die Rückgabe der Überdeckungen nicht vorsieht, rechtswidrig wäre (z.B. BVerwG-Urteil in BVerwGE 13, 214; Urteil des VGH München in NVwZ-RR 1994, 290), kann sich der Kläger dieser Verpflichtung nicht entziehen (so im Ergebnis auch Kronawitter, KommJur 2008, 370, 373; Giebler, KStZ 2007, 167, 169; Pfützenreuter, EFG 2012, 821, 822). Es liegt damit entgegen der Ansicht des FA nicht nur eine bloß kalkulatorische Anweisung vor, die Kostenüberdeckung auszugleichen. Vielmehr ist mit der Revision insbesondere auf Klagemöglichkeiten einzelner Abnehmer gegen eine der Vorgabe des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG nicht entsprechende Kalkulation der Folgeperiode hinzuweisen, darüber hinaus auf die aufsichtsbehördliche Kontrolle der (Folge-)Kalkulation und die bei einem Verstoß in Aussicht stehenden Sanktionen der Aufsichtsbehörde, nicht zuletzt auch eine (subsidiäre) Amtshaftung der für die Mitglieder des Klägers handelnden Amtsträger (s.a. Kronawitter, ebenda; Giebler, ebenda). Diese Sachumstände belegen zugleich, dass der Kläger nicht damit rechnen kann, aus seiner Ausgleichsverpflichtung nicht in Anspruch genommen zu werden.

21

d) Der Rückstellungsbildung steht nicht entgegen, dass infolge einer Verrechnung der Kostenüberdeckung in der Preiskalkulation der nachfolgenden Periode in jener nicht der Aufwand des Klägers erhöht, sondern seine Einnahmen vermindert werden. Denn die Verbindlichkeitsrückstellung soll, wie der Senat in seinem Urteil vom 29. November 2000 I R 87/99 (BFHE 194, 57, BStBl II 2002, 655) entschieden hat, im Interesse eines periodengerechten Gewinnausweises gewährleisten, dass am Bilanzstichtag verursachte potentiell gewinnmindernde Faktoren in der Bilanz berücksichtigt werden. Dabei kann es für die Rückstellungsfähigkeit keinen Unterschied machen, ob die spätere Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit zu einer Erhöhung des Aufwands oder zu einer Verminderung der Einnahmen führt. In beiden Fällen ist am Bilanzstichtag von einer Minderung des Ergebnisses auszugehen, so dass es im Hinblick auf dieses Tatbestandsmerkmal sachgerecht ist, in beiden Fällen die Frage nach der Zulässigkeit einer Rückstellung übereinstimmend zu beantworten. Daran ist festzuhalten (s.a. Hageböke, DB 2011, 1543, 1547; a.A. Lüdenbach, Unternehmensteuern und Bilanzen 2011, 106).

22

e) Die Ausgleichsverpflichtung des Klägers ist entgegen der Ansicht des FA nicht als Gegenstand einer Verrechnungsverpflichtung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses (als sog. schwebendes Geschäft i.S. des § 5 Abs. 4a EStG 2002, s. Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 28. November 2011, BStBl I 2011, 1111) zu qualifizieren und damit wegen fehlenden Erfüllungsrückstands ausgeschlossen (a.A. wohl Finanzministerium Schleswig-Holstein, Erlass vom 7. Mai 2012 VI 304-S 2137-230, juris). Auch wenn, wie das FA vorträgt, die Verrechnung voraussichtlich überwiegend "Alt-Kunden" zugutekommt, ist die Ausgleichsverpflichtung nicht in das konkrete Schuldverhältnis, das der Wasserversorgung mit dem einzelnen Kunden zugrunde liegt, einbezogen. Der Ausgleich im Rahmen der Preiskalkulation der Folgeperiode erfolgt unabhängig von einem Fortbestand des Schuldverhältnisses und begünstigt alle Abnehmer der Folgeperiode, unabhängig davon, inwieweit sie durch Entgeltzahlungen der Vorperiode zu der Kostenüberdeckung wirtschaftlich beigetragen haben. Im Übrigen begründet die Ausgleichsverpflichtung kein eigenständiges schwebendes Geschäft (s. insoweit Hruby, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 127, 130).

23

f) Dem einkommensmindernden Ansatz der Kostenüberdeckung steht § 5 Abs. 2a EStG 2002 nicht entgegen. Zwar sind nach dieser Regelung für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist aber der Normzweck der einschränkenden Regelung im Streitfall nicht erfüllt, da der Kläger infolge der Kostenüberdeckung einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung seines Vermögens ausgesetzt ist.

24

aa) Schon vor der Einführung des Abs. 2a in § 5 EStG 1997 durch das Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) ging die Rechtsprechung im Einklang mit dem Handelsrecht davon aus, dass bestimmte gewinnabhängige Verpflichtungen vor Erzielung des Gewinns, aus dem sie zu bedienen sind, noch keine wirtschaftliche Last darstellen und demgemäß nicht zu passivieren sind, weil sie nicht aus dem zum Stichtag vorhandenen Vermögen bedient werden müssen (s. die Nachweise im Senatsurteil vom 30. November 2011 I R 100/10, BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332). Anlass für die gesetzliche Regelung waren dabei BFH-Urteile, nach denen der Grundsatz, dass gewinn- oder erlösabhängige Verbindlichkeiten nicht zu passivieren sind, nur greifen sollte, wenn die Pflicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit von der Gesamtgewinnsituation des Unternehmens abhänge, nicht dagegen, wenn die Abhängigkeit nur von einzelnen Geschäften bestehe (s. die Nachweise im Senatsurteil in BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332). § 5 Abs. 2a EStG sollte auch für diese Verbindlichkeiten ein Passivierungsverbot festschreiben (BTDrucks 14/2070, S. 17). Ein Passivierungsverbot kommt seitdem allgemein in Betracht, wenn sich der Rückforderungsanspruch des Gläubigers nur auf künftiges, nicht aber auf vorhandenes Vermögen des Schuldners am Bilanzstichtag erstreckt (BTDrucks 14/2070, S. 18).

25

bb) Die aus § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG abzuleitende Pflicht, eine Kostenüberdeckung innerhalb der folgenden fünf Jahre durch eine zukünftig wirkende Gebührenermäßigung auszugleichen, wird vom Regelungswortlaut des § 5 Abs. 2a EStG 2002 erfasst. Der Wortlaut belässt nicht die Möglichkeit, den sachlichen Anwendungsbereich der Norm auf den in der Entwurfsbegründung angeführten Fall einer vorherigen Vermögenszuwendung durch den Gläubiger (bedingt rückzahlbare Vermögenszuwendung, s. BTDrucks 14/2070, S. 18) zu beschränken (gl.A. H. Richter in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 1770; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 758b; a.A. wohl Lambrecht in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rz Ca 17).

26

Jedoch liegt nach den konkreten Umständen des Streitfalls gleichwohl eine die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG 2002 ausschließende Belastung des gegenwärtigen Vermögens vor. Die (für den Kläger) unausweichliche Pflicht zur Gebührenermäßigung in der folgenden Kalkulationsperiode ist ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach eine bloße Modalität der Erfüllung der unbedingt und uneingeschränkt bestehenden Schuld (so im Ergebnis M. Kr., VersorgW 2012, 22, 23 f.; Hruby, DStR 2010, 127, 130; Pfützenreuter, EFG 2012, 821). Denn der Betrieb, der die zukünftigen Einnahmen/Gewinne erwirtschaftet (hier: die Tätigkeit als Unternehmen der Wasserversorgung), wird aus der Sicht des Bilanzstichtags mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für die Dauer der Ausgleichsperiode aufrechterhalten (s. insoweit auch BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 225/93, BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320, zu 2.c der Gründe), wodurch die Erfüllung der Ausgleichsverpflichtung realisiert wird. Somit bestehen an einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung des Vermögens des Klägers als Schuldner, die auch ein gedachter Erwerber bei einer Kaufpreisbemessung berücksichtigt hätte (s. insoweit allgemein BFH-Urteil vom 4. Februar 1999 IV R 54/97, BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139), keine begründeten Zweifel.

27

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Es fehlen entscheidungserhebliche Feststellungen, die im zweiten Rechtszug vom FG nachzuholen sind.

28

a) Ob die Verpflichtung des Klägers nur zum Abschluss der Preiskalkulationsperiode (im Streitfall: zum 31. Dezember 2006) zu berücksichtigen ist, oder --wie es der Kläger begehrt-- auf der Grundlage der Nachkalkulationen mit den entsprechenden Teilbeträgen in den einzelnen Streitjahren, kann im hier anhängigen Revisionsverfahren nicht entschieden werden. Denn die Auslegung des dem Landesrecht entnommenen Begriffs der "Kostenüberdeckung" ist dem erkennenden Senat verwehrt. Insoweit handelt es sich um nichtrevisibles (s. § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO) Landesrecht. Vom FG ist insoweit aufzuklären und festzustellen, ob eine Kostenüberdeckung i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG erst mit dem Ablauf der betreffenden Kalkulationsperiode (hier: zum 31. Dezember 2006) und auf der Grundlage einer entsprechenden Gesamtabrechnung (unter Ausgleich von jahresbezogenen Überschüssen und Fehlbeträgen) festgestellt werden kann (s.a. Kronawitter, KommJur 2008, 370, 373), oder ob die in den jeweiligen Abrechnungsperioden (Streitjahre 2003 bis 2006) als Folge der konkreten Geschäftstätigkeit des Klägers in diesen Jahren tatsächlich erzielten Überdeckungen als Teilbeträge der mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit später entstehenden Verpflichtung (und damit als Rückstellungen) bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen sind (so im Ergebnis M. Kr., VersorgW 2012, 22 f.).

29

b) Darüber hinaus kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden, ob der Ansatz der Rückstellung der Höhe nach mit den dem Revisionsantrag zugrunde liegenden Werten ("inkl. Verzinsung") zu erfolgen hat. Denn das FG hat --von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht-- keine Ermittlungen zur Höhe der in den einzelnen Streitjahren erwirtschafteten Teilkostenüberdeckungen bzw. der (Gesamt-) Kostenüberdeckung getroffen; es hat auch nicht ermittelt, ob die Kostenüberdeckung nach dem einschlägigen landesspezifischen Gebührenrecht verzinslich ist (so Kronawitter, KommJur 2008, 370, 375; M. Kr., VersorgW 2012, 22, 24), was mit Blick auf eine etwaige Abzinsung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Satz 1 Buchst. e i.V.m. Nr. 3 Satz 2 EStG 2002) entscheidungserheblich ist.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob für sog. Kostenüberdeckungen, die im Rahmen der öffentlichen Wasserversorgung innerhalb einer Preiskalkulationsperiode (Streitjahre: 2003 bis 2006) beim Wasserversorger entstanden und in der nächsten Kalkulationsperiode preismindernd zu berücksichtigen sind, einkommensmindernd Rückstellungen gebildet werden dürfen.

2

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein Zweckverband verschiedener Städte und Gemeinden in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz im Freistaat Sachsen. Er hat in seinem Verbandsgebiet die Aufgabe der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 der Verbandssatzung). Nach § 4 Abs. 7 der Verbandssatzung erfüllt er seine Aufgaben nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, ohne einen Gewinn anzustreben. § 10 Abs. 2 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes vom 19. Juni 1993/26. August 2004 (SächsKAG) sieht vor, dass die Kosten bei der Gebührenbemessung in einem mehrjährigen Zeitraum berücksichtigt werden können, der jedoch höchstens fünf Jahre umfassen soll (Satz 1). Kostenüberdeckungen, die sich am Ende des Bemessungszeitraums ergeben, sind innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen (Satz 2 Halbsatz 1).

3

Der Beschluss der Verbandsversammlung zur Preiskalkulation im Zeitraum 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2006 datiert vom 18. Dezember 2002. Im Geschäftsverlauf erzielte der Kläger ausweislich von Nachkalkulationen in den Streitjahren jeweils Kostenüberdeckungen. Diese wurden im Beschluss der Preiskalkulation für den Zeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2011 "vollständig in die Preiskalkulation eingestellt" und wirkten somit in der Folgeperiode preismindernd (Nr. 8 des Beschlusses der Preiskalkulation).

4

Der Kläger wies in seinen Bilanzen der Streitjahre folgende Zuführungen zu Rückstellungen für Kostenüberdeckungen aus:

5
        

31. Dezember 2003:

1.002.800 €

31. Dezember 2004:

  479.300 €

31. Dezember 2005:

1.165.100 €

31. Dezember 2006:

1.172.050 €

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete die Rückstellungen einkommenserhöhend hinzu und setzte die Körperschaftsteuer der Streitjahre entsprechend fest. Die dagegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Sächsisches Finanzgericht --FG--, Urteil vom 10. August 2011  1 K 1487/07, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 820).

7

Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils die Körperschaftsteuer für die Streitjahre unter Abänderung der angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide in einer Höhe herabzusetzen, die sich ergibt, wenn die Zuführungen zur Rückstellung für Kostenüberdeckung (inkl. Verzinsung) in 2003 in Höhe von 1.002.800 €, in 2004 in Höhe von 479.300 €, in 2005 in Höhe von 1.165.100 € und in 2006 in Höhe von 1.172.050 € einkommensmindernd angesetzt werden.

8

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die Voraussetzungen für eine (einkommensmindernde) Berücksichtigung der Kostenüberdeckung nicht erfüllt sind. Allerdings bedarf es zur zeitlichen Zuordnung und zur Höhe des Ansatzes in den Streitjahren weiterer Feststellungen des FG.

10

1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) hat der Kläger in seinen Bilanzen das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die handelsrechtlichen GoB ergeben sich insbesondere aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs "Vorschriften für alle Kaufleute" der §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB).

11

Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entweder --erstens-- das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen, dem Grunde nach aber bestehenden Verbindlichkeit oder --zweitens-- die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer --ggf. zugleich auch ihrer Höhe nach noch ungewissen-- Verbindlichkeit (vgl. Senatsurteile vom 20. August 2008 I R 19/07, BFHE 222, 494, BStBl II 2011, 60; vom 27. Januar 2010 I R 103/08, BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen (Senatsurteil vom 30. Januar 2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688). Dieser muss darüber hinaus ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, m.w.N.). Für die Passivierung rechtlich noch nicht bestehender Verbindlichkeiten ist des Weiteren ein wirtschaftlicher Bezug der möglicherweise entstehenden Verbindlichkeit zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; vom 30. Januar 2002 I R 71/00, BFHE 198, 420, BStBl II 2003, 279; vom 30. November 2005 I R 110/04, BFHE 212, 83, BStBl II 2007, 251; BFH-Urteil vom 13. Dezember 2007 IV R 85/05, BFHE 220, 117, BStBl II 2008, 516; Senatsurteil in BFHE 228, 91, BStBl II 2010, 614).

12

2. Nach diesen Maßgaben hat der Kläger dem Grunde nach zu Recht eine Kostenüberdeckung einkommensmindernd angesetzt.

13

a) Der Kläger unterfällt nach den vom FG festgestellten und in seiner Auslegung nicht streitigen landesrechtlichen Vorgaben mit seiner Preiskalkulation der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG. Damit ist er gehalten, auf der Grundlage des sog. Kostendeckungsprinzips zu kalkulieren und eine sog. Kostenüberdeckung auszugleichen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG). Die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG, die für wirtschaftliche Unternehmen i.S. von § 97 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen vom 18. März 2003 (SächsGemO) das Erwirtschaften angemessener Gewinne ermöglicht und insoweit eine Ausgleichspflicht einschränkt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SächsKAG), ist nicht anwendbar. Denn wirtschaftliche Unternehmen in diesem Sinne sind nicht Unternehmen, zu deren Betrieb die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist (s. § 97 Abs. 2 Nr. 1 SächsGemO), was wiederum bei der Wasserversorgung zutrifft (§ 57 Abs. 1 Satz 1 des Sächsischen Wassergesetzes vom 18. Oktober 2004).

14

b) § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG begründet allerdings keine Verpflichtung des Klägers gegenüber den Kunden der jeweiligen Kalkulationsperiode auf Herausgabe des der Kostenüberdeckung entsprechenden anteiligen Entgelts. Insoweit ist der Vorinstanz beizupflichten.

15

aa) Die Revision kann dazu nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass der Bundesgerichtshof (BGH) zur Erzielung von sog. Mehrerlösen an Netzentgelten bei einer kostenbasierten Entgeltregulierung in der Beziehung zwischen Netzbetreibern und Netznutzern zwischen erstmaligem Genehmigungsantrag und Genehmigung nach Maßgabe des § 23a Abs. 5 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz) entschieden hat, dass ein Mehrerlös vom Netzbetreiber nicht behalten werden darf, weil dieser Erlös "rechtsgrundlos" erzielt worden ist (BGH-Beschlüsse vom 14. August 2008 KVR 39/07, Versorgungswirtschaft --VersorgW-- 2009, 87 [die Verfassungsbeschwerde blieb erfolglos, s. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Dezember 2009  1 BvR 2738/08, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2010, 373]; sowie vom 14. August 2008 KVR 27/07, Recht der Energiewirtschaft --RdE-- 2008, 334; s.a. Hageböke, Der Betrieb --DB-- 2011, 1480, 1543, 1544). Zwar hat der BGH in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass insoweit eine Verpflichtung des Netzbetreibers besteht, den Mehrerlös (jedenfalls) periodenübergreifend auszugleichen (BGH-Beschlüsse in VersorgW 2009, 87; vom 21. Juli 2009 EnVR 12/08, RdE 2010, 29). Daraus lässt sich aber im Streitfall eine (Außen-)Verpflichtung des Klägers gegenüber den Kunden der jeweiligen Abrechnungsperiode nicht ableiten. Denn ungeachtet der spezifischen Sachumstände der jeweiligen Regelungslage hat der BGH im Zusammenhang mit der Verpflichtung auf Ausgleichung des Mehrerlöses zugleich darauf verwiesen, dass eine (Einzel-)Rückabwicklung im Verhältnis zwischen Netzbetreiber und Netznutzer ausgeschlossen ist (Hinweisbeschlüsse des BGH vom 30. März 2011 KZR 69/10, RdE 2011, 260, und KZR 70/10, juris).

16

bb) Eine (Außen-)Verpflichtung des Klägers gegenüber den Kunden der jeweiligen Kalkulationsperiode folgt auch nicht auf gebührenrechtlicher Grundlage aus dem Umstand, dass in der jeweiligen Kalkulationsperiode tatsächlich eine Kostenüberdeckung erzielt wurde. Das gebührenrechtliche Kostendeckungsprinzip (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SächsKAG), das ein Kostenüberdeckungsverbot für solche Unternehmen statuiert, die nicht als wirtschaftliches Unternehmen i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 SächsKAG qualifiziert sind (s.a. § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SächsKAG), ist dann nicht verletzt, wenn die Kostenüberdeckung auf einer Abweichung des tatsächlichen Geschäftsablaufs von der der Preisfindung zugrunde liegenden Prognose beruht (z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG--vom 8. Dezember 1961 VII C 2.61, BVerwGE 13, 214; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof --VGH-- München, Urteil vom 3. März 1993  4 B 92.1878, NVwZ-Rechtsprechungsreport --NVwZ-RR-- 1994, 290; s.a. Schulte/Wiesemann in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Teil III/§ 6 Rz 25, 104, 254; Kaufmann in Henneke/Pünder/ Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 15 Rz 42; Quaas, Kommunales Abgabenrecht, 1997, Rz 57; Kronawitter, Kommunaljurist --KommJur-- 2008, 370, 371). Denn Kostenüberdeckungen entstehen, wenn im tatsächlichen Betriebsverlauf die Kosten geringer und/oder die prognostizierten Erlöse (z.B. infolge erhöhter Absatzmengen) höher sind als die in der Prognosekalkulation dafür angesetzten Beträge (Giebler, Kommunale Steuer-Zeitschrift --KStZ-- 2007, 167, 169). Die Kostenüberdeckung "als solche" ist daher, was mittelbar auch aus § 10 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SächsKAG folgt, kein ausreichender Grund, den Beschluss der Preiskalkulation (insoweit) als rechtswidrig anzusehen.

17

c) Es bestand aber eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung des Klägers kraft öffentlichen Rechts aus der verbindlichen Anweisung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG, die Kostenüberdeckung "auszugleichen".

18

aa) Nach der BFH-Rechtsprechung setzt die Bildung einer Rückstellung für eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen begründete Verpflichtung voraus, dass die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist (z.B. Senatsurteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; BFH-Urteile vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFHE 206, 25, BStBl II 2006, 644; vom 8. September 2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122, jeweils m.w.N.). Die Verpflichtung muss auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten oder zumindest bestimmbaren Zeitraums abzielen (z.B. Senatsurteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 793c). Diese Voraussetzungen werden im Regelfall bei Erlass einer behördlichen Verfügung oder bei Abschluss einer entsprechenden verwaltungsrechtlichen Vereinbarung vorliegen. Einer solchen Umsetzung bedarf es allerdings nicht, wenn ein entsprechend konkreter Gesetzesbefehl vorliegt (Senatsurteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121). Zudem ist nach der Rechtsprechung für die Rückstellbarkeit einer sich aus öffentlichem Recht ergebenden Verpflichtung erforderlich, dass an ihre Verletzung Sanktionen geknüpft sind, so dass sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen kann (Senatsurteil in BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121).

19

bb) Im Streitfall war die Verbindlichkeit des Klägers nach diesen Maßgaben hinreichend konkretisiert und zugleich mit einer auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzielenden Verpflichtung verbunden.

20

§ 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG verpflichtet den Kläger, Kostenüberdeckungen, die sich am Ende einer Kalkulationsperiode ergeben haben, innerhalb der folgenden fünf Jahre auszugleichen. Insoweit ergibt sich je nach dem tatsächlich erzielten wirtschaftlichen Ergebnis der jeweiligen Abrechnungsjahre eine durch dieses Ergebnis veranlasste Ausgleichspflicht (im Streitfall: zum 31. Dezember 2006), der sich der Kläger als Körperschaft öffentlichen Rechts mit einem entsprechenden Beschluss fügen muss. Da ein Beschluss für die Folgeperiode, der die Rückgabe der Überdeckungen nicht vorsieht, rechtswidrig wäre (z.B. BVerwG-Urteil in BVerwGE 13, 214; Urteil des VGH München in NVwZ-RR 1994, 290), kann sich der Kläger dieser Verpflichtung nicht entziehen (so im Ergebnis auch Kronawitter, KommJur 2008, 370, 373; Giebler, KStZ 2007, 167, 169; Pfützenreuter, EFG 2012, 821, 822). Es liegt damit entgegen der Ansicht des FA nicht nur eine bloß kalkulatorische Anweisung vor, die Kostenüberdeckung auszugleichen. Vielmehr ist mit der Revision insbesondere auf Klagemöglichkeiten einzelner Abnehmer gegen eine der Vorgabe des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG nicht entsprechende Kalkulation der Folgeperiode hinzuweisen, darüber hinaus auf die aufsichtsbehördliche Kontrolle der (Folge-)Kalkulation und die bei einem Verstoß in Aussicht stehenden Sanktionen der Aufsichtsbehörde, nicht zuletzt auch eine (subsidiäre) Amtshaftung der für die Mitglieder des Klägers handelnden Amtsträger (s.a. Kronawitter, ebenda; Giebler, ebenda). Diese Sachumstände belegen zugleich, dass der Kläger nicht damit rechnen kann, aus seiner Ausgleichsverpflichtung nicht in Anspruch genommen zu werden.

21

d) Der Rückstellungsbildung steht nicht entgegen, dass infolge einer Verrechnung der Kostenüberdeckung in der Preiskalkulation der nachfolgenden Periode in jener nicht der Aufwand des Klägers erhöht, sondern seine Einnahmen vermindert werden. Denn die Verbindlichkeitsrückstellung soll, wie der Senat in seinem Urteil vom 29. November 2000 I R 87/99 (BFHE 194, 57, BStBl II 2002, 655) entschieden hat, im Interesse eines periodengerechten Gewinnausweises gewährleisten, dass am Bilanzstichtag verursachte potentiell gewinnmindernde Faktoren in der Bilanz berücksichtigt werden. Dabei kann es für die Rückstellungsfähigkeit keinen Unterschied machen, ob die spätere Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit zu einer Erhöhung des Aufwands oder zu einer Verminderung der Einnahmen führt. In beiden Fällen ist am Bilanzstichtag von einer Minderung des Ergebnisses auszugehen, so dass es im Hinblick auf dieses Tatbestandsmerkmal sachgerecht ist, in beiden Fällen die Frage nach der Zulässigkeit einer Rückstellung übereinstimmend zu beantworten. Daran ist festzuhalten (s.a. Hageböke, DB 2011, 1543, 1547; a.A. Lüdenbach, Unternehmensteuern und Bilanzen 2011, 106).

22

e) Die Ausgleichsverpflichtung des Klägers ist entgegen der Ansicht des FA nicht als Gegenstand einer Verrechnungsverpflichtung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses (als sog. schwebendes Geschäft i.S. des § 5 Abs. 4a EStG 2002, s. Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 28. November 2011, BStBl I 2011, 1111) zu qualifizieren und damit wegen fehlenden Erfüllungsrückstands ausgeschlossen (a.A. wohl Finanzministerium Schleswig-Holstein, Erlass vom 7. Mai 2012 VI 304-S 2137-230, juris). Auch wenn, wie das FA vorträgt, die Verrechnung voraussichtlich überwiegend "Alt-Kunden" zugutekommt, ist die Ausgleichsverpflichtung nicht in das konkrete Schuldverhältnis, das der Wasserversorgung mit dem einzelnen Kunden zugrunde liegt, einbezogen. Der Ausgleich im Rahmen der Preiskalkulation der Folgeperiode erfolgt unabhängig von einem Fortbestand des Schuldverhältnisses und begünstigt alle Abnehmer der Folgeperiode, unabhängig davon, inwieweit sie durch Entgeltzahlungen der Vorperiode zu der Kostenüberdeckung wirtschaftlich beigetragen haben. Im Übrigen begründet die Ausgleichsverpflichtung kein eigenständiges schwebendes Geschäft (s. insoweit Hruby, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2010, 127, 130).

23

f) Dem einkommensmindernden Ansatz der Kostenüberdeckung steht § 5 Abs. 2a EStG 2002 nicht entgegen. Zwar sind nach dieser Regelung für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist aber der Normzweck der einschränkenden Regelung im Streitfall nicht erfüllt, da der Kläger infolge der Kostenüberdeckung einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung seines Vermögens ausgesetzt ist.

24

aa) Schon vor der Einführung des Abs. 2a in § 5 EStG 1997 durch das Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) ging die Rechtsprechung im Einklang mit dem Handelsrecht davon aus, dass bestimmte gewinnabhängige Verpflichtungen vor Erzielung des Gewinns, aus dem sie zu bedienen sind, noch keine wirtschaftliche Last darstellen und demgemäß nicht zu passivieren sind, weil sie nicht aus dem zum Stichtag vorhandenen Vermögen bedient werden müssen (s. die Nachweise im Senatsurteil vom 30. November 2011 I R 100/10, BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332). Anlass für die gesetzliche Regelung waren dabei BFH-Urteile, nach denen der Grundsatz, dass gewinn- oder erlösabhängige Verbindlichkeiten nicht zu passivieren sind, nur greifen sollte, wenn die Pflicht zur Erfüllung der Verbindlichkeit von der Gesamtgewinnsituation des Unternehmens abhänge, nicht dagegen, wenn die Abhängigkeit nur von einzelnen Geschäften bestehe (s. die Nachweise im Senatsurteil in BFHE 235, 476, BStBl II 2012, 332). § 5 Abs. 2a EStG sollte auch für diese Verbindlichkeiten ein Passivierungsverbot festschreiben (BTDrucks 14/2070, S. 17). Ein Passivierungsverbot kommt seitdem allgemein in Betracht, wenn sich der Rückforderungsanspruch des Gläubigers nur auf künftiges, nicht aber auf vorhandenes Vermögen des Schuldners am Bilanzstichtag erstreckt (BTDrucks 14/2070, S. 18).

25

bb) Die aus § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG abzuleitende Pflicht, eine Kostenüberdeckung innerhalb der folgenden fünf Jahre durch eine zukünftig wirkende Gebührenermäßigung auszugleichen, wird vom Regelungswortlaut des § 5 Abs. 2a EStG 2002 erfasst. Der Wortlaut belässt nicht die Möglichkeit, den sachlichen Anwendungsbereich der Norm auf den in der Entwurfsbegründung angeführten Fall einer vorherigen Vermögenszuwendung durch den Gläubiger (bedingt rückzahlbare Vermögenszuwendung, s. BTDrucks 14/2070, S. 18) zu beschränken (gl.A. H. Richter in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 1770; Blümich/Buciek, § 5 EStG Rz 758b; a.A. wohl Lambrecht in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 5 Rz Ca 17).

26

Jedoch liegt nach den konkreten Umständen des Streitfalls gleichwohl eine die Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG 2002 ausschließende Belastung des gegenwärtigen Vermögens vor. Die (für den Kläger) unausweichliche Pflicht zur Gebührenermäßigung in der folgenden Kalkulationsperiode ist ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach eine bloße Modalität der Erfüllung der unbedingt und uneingeschränkt bestehenden Schuld (so im Ergebnis M. Kr., VersorgW 2012, 22, 23 f.; Hruby, DStR 2010, 127, 130; Pfützenreuter, EFG 2012, 821). Denn der Betrieb, der die zukünftigen Einnahmen/Gewinne erwirtschaftet (hier: die Tätigkeit als Unternehmen der Wasserversorgung), wird aus der Sicht des Bilanzstichtags mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für die Dauer der Ausgleichsperiode aufrechterhalten (s. insoweit auch BFH-Urteil vom 20. September 1995 X R 225/93, BFHE 178, 434, BStBl II 1997, 320, zu 2.c der Gründe), wodurch die Erfüllung der Ausgleichsverpflichtung realisiert wird. Somit bestehen an einer aktuellen wirtschaftlichen Belastung des Vermögens des Klägers als Schuldner, die auch ein gedachter Erwerber bei einer Kaufpreisbemessung berücksichtigt hätte (s. insoweit allgemein BFH-Urteil vom 4. Februar 1999 IV R 54/97, BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139), keine begründeten Zweifel.

27

3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Es fehlen entscheidungserhebliche Feststellungen, die im zweiten Rechtszug vom FG nachzuholen sind.

28

a) Ob die Verpflichtung des Klägers nur zum Abschluss der Preiskalkulationsperiode (im Streitfall: zum 31. Dezember 2006) zu berücksichtigen ist, oder --wie es der Kläger begehrt-- auf der Grundlage der Nachkalkulationen mit den entsprechenden Teilbeträgen in den einzelnen Streitjahren, kann im hier anhängigen Revisionsverfahren nicht entschieden werden. Denn die Auslegung des dem Landesrecht entnommenen Begriffs der "Kostenüberdeckung" ist dem erkennenden Senat verwehrt. Insoweit handelt es sich um nichtrevisibles (s. § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO) Landesrecht. Vom FG ist insoweit aufzuklären und festzustellen, ob eine Kostenüberdeckung i.S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SächsKAG erst mit dem Ablauf der betreffenden Kalkulationsperiode (hier: zum 31. Dezember 2006) und auf der Grundlage einer entsprechenden Gesamtabrechnung (unter Ausgleich von jahresbezogenen Überschüssen und Fehlbeträgen) festgestellt werden kann (s.a. Kronawitter, KommJur 2008, 370, 373), oder ob die in den jeweiligen Abrechnungsperioden (Streitjahre 2003 bis 2006) als Folge der konkreten Geschäftstätigkeit des Klägers in diesen Jahren tatsächlich erzielten Überdeckungen als Teilbeträge der mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit später entstehenden Verpflichtung (und damit als Rückstellungen) bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen sind (so im Ergebnis M. Kr., VersorgW 2012, 22 f.).

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b) Darüber hinaus kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden, ob der Ansatz der Rückstellung der Höhe nach mit den dem Revisionsantrag zugrunde liegenden Werten ("inkl. Verzinsung") zu erfolgen hat. Denn das FG hat --von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht-- keine Ermittlungen zur Höhe der in den einzelnen Streitjahren erwirtschafteten Teilkostenüberdeckungen bzw. der (Gesamt-) Kostenüberdeckung getroffen; es hat auch nicht ermittelt, ob die Kostenüberdeckung nach dem einschlägigen landesspezifischen Gebührenrecht verzinslich ist (so Kronawitter, KommJur 2008, 370, 375; M. Kr., VersorgW 2012, 22, 24), was mit Blick auf eine etwaige Abzinsung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Satz 1 Buchst. e i.V.m. Nr. 3 Satz 2 EStG 2002) entscheidungserheblich ist.

(1)1Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Absatz 1 Satz 1), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist, es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt.2Voraussetzung für die Ausübung steuerlicher Wahlrechte ist, dass die Wirtschaftsgüter, die nicht mit dem handelsrechtlich maßgeblichen Wert in der steuerlichen Gewinnermittlung ausgewiesen werden, in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufgenommen werden.3In den Verzeichnissen sind der Tag der Anschaffung oder Herstellung, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen nachzuweisen.

(1a)1Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite verrechnet werden.2Die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten sind auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich.

(2) Für immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist ein Aktivposten nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden.

(2a) Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.

(3)1Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte dürfen erst gebildet werden, wenn

1.
der Rechtsinhaber Ansprüche wegen der Rechtsverletzung geltend gemacht hat oder
2.
mit einer Inanspruchnahme wegen der Rechtsverletzung ernsthaft zu rechnen ist.
2Eine nach Satz 1 Nummer 2 gebildete Rückstellung ist spätestens in der Bilanz des dritten auf ihre erstmalige Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen, wenn Ansprüche nicht geltend gemacht worden sind.

(4) Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums dürfen nur gebildet werden, wenn das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und soweit der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31. Dezember 1992 erwirbt.

(4a)1Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen nicht gebildet werden.2Das gilt nicht für Ergebnisse nach Absatz 1a Satz 2.

(4b)1Rückstellungen für Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind, dürfen nicht gebildet werden.2Rückstellungen für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe sowie ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile dürfen nicht gebildet werden, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen.

(5)1Als Rechnungsabgrenzungsposten sind nur anzusetzen

1.
auf der Aktivseite Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen;
2.
auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen.
2Der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens kann unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme im Sinne des Satzes 1 den Betrag des § 6 Absatz 2 Satz 1 nicht übersteigt; das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen im Sinne des Satzes 1 auszuüben.3Auf der Aktivseite sind ferner anzusetzen
1.
als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen,
2.
als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen.

(6) Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen.

(7)1Übernommene Verpflichtungen, die beim ursprünglich Verpflichteten Ansatzverboten, -beschränkungen oder Bewertungsvorbehalten unterlegen haben, sind zu den auf die Übernahme folgenden Abschlussstichtagen bei dem Übernehmer und dessen Rechtsnachfolger so zu bilanzieren, wie sie beim ursprünglich Verpflichteten ohne Übernahme zu bilanzieren wären.2Dies gilt in Fällen des Schuldbeitritts oder der Erfüllungsübernahme mit vollständiger oder teilweiser Schuldfreistellung für die sich aus diesem Rechtsgeschäft ergebenden Verpflichtungen sinngemäß.3Satz 1 ist für den Erwerb eines Mitunternehmeranteils entsprechend anzuwenden.4Wird eine Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten gegenüber einem Arbeitnehmer übernommen, der bisher in einem anderen Unternehmen tätig war, ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass bei der Ermittlung des Teilwertes der Verpflichtung der Jahresbetrag nach § 6a Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 so zu bemessen ist, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres der Übernahme der Barwert der Jahresbeträge zusammen mit den übernommenen Vermögenswerten gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; dabei darf sich kein negativer Jahresbetrag ergeben.5Für einen Gewinn, der sich aus der Anwendung der Sätze 1 bis 3 ergibt, kann jeweils in Höhe von vierzehn Fünfzehntel eine gewinnmindernde Rücklage gebildet werden, die in den folgenden 14 Wirtschaftsjahren jeweils mit mindestens einem Vierzehntel gewinnerhöhend aufzulösen ist (Auflösungszeitraum).6Besteht eine Verpflichtung, für die eine Rücklage gebildet wurde, bereits vor Ablauf des maßgebenden Auflösungszeitraums nicht mehr, ist die insoweit verbleibende Rücklage erhöhend aufzulösen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.

(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.

(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden.

(2) Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.