Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14

bei uns veröffentlicht am07.07.2015

Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Gründe

Finanzgericht Nürnberg

1 K 147/14

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

A GmbH, A-Straße, A-Stadt

- Klägerin -

Prozessbev.: Rechtsanwälte und Steuerberater B., B-Straße, B-Stadt

gegen

Finanzamt C., C-Straße, C.

- Beklagter -

wegen Körperschaftsteuer 1997 und 1998, gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG auf den 31.12.1997 und 31.12.1998 und gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997

hat der 1. Senat des Finanzgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht, den Richter am Finanzgericht und den Richter am Finanzgericht sowie den ehrenamtlichen Richter ... und den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund mündlicher Verhandlung in der Sitzung

vom 7. Juli 2015

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann.

Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Postanschrift des Finanzgerichts Nürnberg: Deutschherrnstr. 8, Nürnberg

Telefax-Anschluss des Finanzgerichts Nürnberg: 0911/27076-290

Postanschrift des Bundesfinanzhofs: Postfach 860240, 81629 München

Hausanschrift des Bundesfinanzhofs: Ismaninger Straße 109, München

Telefax-Anschluss des Bundesfinanzhofs: 089/9231-201

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin T 1997 ein verzinsliches Bardarlehen über 150.000 DM gewährte und dies in den Streitjahren uneinbringlich wurde.

Die Klägerin, eine GmbH, war alleinige Kommanditistin der Seniorenzentrum (KG) und erbrachte vor allem Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Führung von Pflegeheimen. Die Z GmbH (Z) war Alleingesellschafterin der Klägerin. Zivilrechtliche Alleingesellschafterin der Z war die Y AG. Sämtliche Aktien der Y AG hielt zivilrechtlich X aus 1. Formell bestellte und im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer der Klägerin waren bis 19.07.2007 W und vom 01.03.2011 bis 06.11.2014 deren Sohn V., der Ehemann von W und Vater von V, gab im Strafverfahren vor dem Landgericht 2 /10 an, faktischer Geschäftsführer der Klägerin und der Z gewesen zu sein.

E. hob vom Bankkonto der Klägerin am 10.07.1997 30.000 DM und am 14.07.1997 weitere 120.000 DM ab. Der steuerliche Berater der Klägerin verbuchte diese Geschäftsvorfälle 1997 zunächst auf das Konto „Durchlaufende Posten“.

Es existiert ein auf den 15.07.1997 datiertes, maschinenschriftlich ausgefülltes, nicht unterschriebenes Darlehensvertragsformular, in dem die Klägerin als Darlehensgeberin und T als Darlehensnehmer genannt sind und das folgende Konditionen enthält:

1. Der Darlehensnehmer bestätigt, von dem Darlehensgeber ein Darlehen in Höhe von DM 150.000,00 zweckgebunden zur Sanierung der S KG des Darlehensnehmers erhalten zu haben.

2. Das Darlehen ist in seiner jeweiligen Höhe vom 15.07.1997 an mit 5,0% jährlich zu verzinsen.

3. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt am 30.09.1999. Die Zahlungen erfolgen auf das Konto des Darlehensgebers bei der Bank I in /Filiale.

4. Zur Sicherung des Darlehens übereignet der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber:

- persönliche gesamtschuldnerische Bürgschaft des Darlehensnehmers und Abtretung seiner Geschäftsanteile an der S KG

die hiermit durch Abtretung bewirkt werden. Der Darlehensgeber ist bei Rückzahlung der Darlehenssumme zur Rückübertragung verpflichtet.

Mitte 1999 eröffnete das Amtsgericht Meiningen das Konkursverfahren über das Vermögen der S KG. Laut Schreiben des damaligen Verwalters R vom 27.08.2014 war T sowohl bei Eröffnung als auch bei Beendigung des Verfahrens offensichtlich vermögenslos.

Die Klägerin legte ein auf den 02.08.1999 datiertes Schreiben der KG mit folgendem Inhalt vor:

Konkurs S KG

Sehr geehrter Herr R,

hiermit zeigen wir Ihnen an, dass wir zur Sicherung von zwei gegebenen Darlehen, die Sie aus der Anlage in Kopie entnehmen können, auf die Geschäftsanteile des Herrn T an der S KG, insbesondere seiner KG-Anteile Anspruch erheben.

Sollte die Überprüfung des Konkursverfahrens ergeben, dass das Unternehmen Masse besitzt, so bitten wir um entsprechende Auskehr unserer Forderungen.

Gerne hören wir von Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen

W

Geschäftsleitung

Am 03.12.1999 und 19.12.1999 erstellte der steuerliche Berater die Jahresabschlüsse der Klägerin für 1997 sowie 1998. Im Abschluss 1997 buchte er die von E. 1997 abgehobenen 150.000 DM vom Konto „Durchlaufende Posten“ auf das Konto Darlehensforderung gegen T um, stellte Zinsforderungen für dieses Darlehen in Höhe von 3.458 DM (1997) und 7.673 DM (1998) in die Buchführung ein und schrieb sodann sämtliche Forderungen gegen T im Jahr der Einbuchung als uneinbringlich ab.

Das Finanzamt 3 veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Vom 11.12.2000 bis 09.03.2005 führte es bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Prüfer verneinte die betriebliche Veranlassung für das Darlehen T, erkannte die Einzelwertberichtigungen nicht an, wertete die Geldabhebungen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und rechnete dem Gewinn 1997 153.458 DM (150.000 DM Darlehen und 3.458 DM Zinsen) und dem Gewinn 1998 7.673 DM außerbilanziell hinzu.

Das zuständig gewordene beklagte Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am 17.05.2005 gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob es auf.

Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 17.06.2005 fristgemäß Einspruch ein.

Im Rahmen einer Fahndungsprüfung vom Januar bis Februar 2013 gelangten die Prüfer zu der Überzeugung, dass T von der Klägerin kein Darlehen erhalten habe. Dr. F., der wirtschaftliche Berater von E., habe den Darlehensvertrag im Oktober 1999 zum Schein erstellt und auf seinem EDV-System abgespeichert. Dies stehe aufgrund der Metadaten der gespeicherten Darlehensvertragsdatei fest, die den 09.10.1999 19:34 Uhr als Erstellungszeitpunkt ausweisen würde. Überdies habe E. T über Dr. F. kennen gelernt. Da er Dr. F. erst seit 1999 kenne, könne der Darlehensvertrag nicht früher erstellt worden sein. Zudem habe T bei seiner Vernehmung durch die Steuerfahndung am 04.02.2013 bestätigt, kein Darlehen erhalten zu haben und weder die Klägerin noch W, oder Q kenne.

In der am 02.01.2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Einspruchsentscheidung machte das beklagte Finanzamt die außerbilanzielle Hinzurechnung der abgeschriebenen Zinsen rückgängig und wies den Einspruch im Übrigen zurück. Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage zu deren Begründung die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen hat:

Der Darlehensvertrag mit T sei nicht fingiert. Er habe den Vertrag am 15.07.1997 unterschrieben und damit den Erhalt des Darlehens bestätigt. Dessen Aussage sei nicht glaubhaft. Da ihm die Steuerfahndung den von ihm unterschriebenen Darlehensvertrag nicht vorgehalten habe, hätte er keine Veranlassung gehabt, sich durch eine wahrheitsgemäße Aussage einer Rückzahlungsgefahr auszusetzen.

Aus der buchhalterischen Behandlung könne nicht gefolgert werden, dass der Darlehensvertrag fingiert sei. E. habe sämtliche Maßnahmen und Vorbereitungen für die Darlehensvergabe persönlich getroffen. Die Empfangsquittung sowie die Gesellschafterdarlehen habe er mehrere Wochen mit sich geführt. Daher seien die abgehobenen 150.000 DM zunächst behelfsmäßig auf das Konto „Durchlaufende Posten“ gebucht worden. Da manche Sachverhalte erst durch Nachfrage beim Mandanten aufgeklärt werden könnten, seien Korrekturbuchungen im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten üblich.

Die Einzelwertberichtigungen seien zu Recht erfolgt, da die Forderungen aus dem Darlehen uneinbringlich geworden seien. Sie seien vorgenommen worden, nachdem der Klägerin die Zahlungsunfähigkeit Ts bekannt geworden sei.

Der Ansatz einer vGA komme nicht in Betracht, weil E. zu keinem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar über die Z, die Y AG oder eine sonstige Gesellschaft an der Klägerin beteiligt gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt, die Bescheide über Körperschaftsteuer 1997, gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG auf den 31.12.1997 und die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12.1997, jeweils vom 17.05.2005, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.12.2013, dahingehend abzuändern, dass der Ansatz der verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 150.000 DM unterbleibt und das Darlehen an T als uneinbringlich behandelt wird. Hilfsweise hat sie beantragt 1997 keine verdeckte Gewinnausschüttung anzusetzen und die Wertminderung der Darlehensforderung über 150.000 DM im Jahr 1998 gewinnmindernd zu berücksichtigen.

Das Finanzamt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Darlehensvertrag vom 15.07.1997 sei fingiert und von Dr. F. zum Schein nachträglich erstellt worden. Dies folge aus den Metadaten, der Aussage von T und den erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten durchgeführten Umbuchungen.

Eine vGA liege vor. E. seien die Aktien an der Y AG wirtschaftlich zuzurechnen, weil X sie lediglich treuhänderisch für ihn gehalten habe.

Mit rechtskräftig gewordenen Urteil des Landgerichts 2 /10 vom 14.08.2012 wurden E. wegen Steuerhinterziehung und Dr. F. wegen Beihilfe hierzu zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht hielt es nach umfänglicher Beweisaufnahme für erwiesen, dass zwischen E. und der Y AG eine enge Verbundenheit besteht. Zur Begründung führte es u. a. an, dass E. im Besitz von Quittungen war, die Zahlungen von der Y AG an ihm nahe stehende Personen dokumentierten.

In der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, Herrn D. als Zeugen zu dem Umstand zu vernehmen, ob er Geld von E. oder einem Dritten verlangt hat, damit er nicht die Behauptung aufstellt, dass E. hinter der Y AG steckt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Q, E., Dr. F. sowie der Steuerfahnder Z1, Z2 und Z3 als Zeugen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2015 und die in diesem Termin mit Einverständnis der Beteiligten verlesene Sitzungsniederschrift vom 15.07.2014 Bezug genommen. Eine Vernehmung von T als Zeuge war nicht möglich, weil dieser verstorben war.

Mit Schriftsatz vom 21.09.2015 übermittelte die Klägerin ein Gutachten des Wirtschaftsinformatikers Prof. Dr. P vom 17.09.2015. Danach würden die Metadaten im Streitfall aus wissenschaftlicher Sicht nicht den Schluss auf eine Rückdatierung von Verträgen und sonstigen Dokumenten rechtfertigen. Hinsichtlich des weiteren Inhalts wird auf das Gutachten vom 17.09.2015 Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die dem Gericht vorgelegten Finanzamtsakten sowie die Finanzgerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Verzicht der Klägerin auf die Rückzahlung der von E. von ihrem Bankkonto abgehobenen 150.000 DM stellt eine vGA dar.

1. Das mit Schriftsatz vom 21.09.2015 eingereichten Gutachten des Wirtschaftsinformatikers Prof. Dr. P gebietet nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 93 Abs. 3 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO). Sie wäre dann angezeigt, wenn neue erhebliche Gesichtspunkte vorgebracht werden, auf die das Gericht seine Entscheidung stützen will. Eine Wiedereröffnung wäre weiterhin erforderlich, wenn das rechtliche Gehör verletzt würde oder es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung bedürfte (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 93 FGO Tz. 9).

Die Ausführungen der Klägerin sind nicht entscheidungserheblich. Es kann dahinstehen, ob der Beweiswert der aufgefundenen Dateien mit ihren Metadaten zweifelhaft ist, da die Klägerin nicht belegt hat, dass die Datei vor dem vermeintlichen Vertragsabschluss am 15.07.1997 erstellt wurde. Zur Überzeugung des Senats ergibt sich bereits aufgrund der weiteren Umstände, dass die Klägerin T kein Darlehen gewährt hat und eine vGA vorliegt.

2. Unter einer vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat die Rechtsprechung die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 28.01.2004 I R 50/03, BStBl II 2005, 524).

Eine vGA kann auch ohne Zufluss beim Gesellschafter gegeben sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das „Nahestehen“ in diesem Sinne kann familien-, gesellschafts-, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (vgl. BFH-Urteil vom 06.12.2005 VIII R 70/04, BFH/NV 2006, 722). Der mittelbaren vGA an eine nahe stehende Person liegt nämlich die Vorstellung eines abgekürzten Zahlungswegs zugrunde (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.2010 VIII R 19/07, BFH/NV 2011, 449). Falls der Dritte eine einem Gesellschafter nahestehende Person ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. Da das „Nahestehen“ lediglich ein Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist, reicht zur Begründung des „Nahestehens“ jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1996 I R 139/94, BStBl II 1997, 301). So kann auch eine vGA durch eine Kapitalgesellschaft an ihren mittelbaren Gesellschafter erfolgen (vgl. BFH-Urteil vom 14.07.2004 I R 57/03, BStBl II 2011, 285).

Die Kapitalgesellschaft hat grundsätzlich die Feststellungslast für die betriebliche Veranlassung geltend gemachter Aufwendungen. Ist die betriebliche Veranlassung nicht glaubhaft gemacht und kommt hinzu, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter gegenüber Dritten nicht so gehandelt hätte, ist es regelmäßig Sache der Kapitalgesellschaft, die Vermutung zu beseitigen (BFH-Beschluss vom 04.04.2002 I B 140/01, BFH/NV 2002, 1179).

3. Nach diesen Grundsätzen liegt eine vGA in Höhe von 150.000 DM vor, die den Gewinn nicht mindert.

3.1. Die gewinnmindernde Ausbuchung ist zu Unrecht erfolgt. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin T kein Darlehen gewährte und ein solches mithin auch nicht uneinbringlich geworden ist. Die Klägerin hat durch diese buchhalterische Behandlung vielmehr ihren nicht betrieblich veranlassten Verzicht verschleiert, von E. die Rückzahlung der 150.000 DM zu verlangen, die dieser von ihrem Bankkonto abhob. Aufgrund folgender Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die in Rede stehende Darlehensgewährung vorgetäuscht ist:

3.1.1. Im Gegensatz zur angeblich am selben Tag erfolgten Ausreichung eines Bardarlehens über ebenfalls 150.000 DM von der ehemaligen KG an T, existiert kein von der Klägerin und T unterschriebener Darlehensvertrag. Dahinstehen kann, ob es einen solchen, wie von den Zeugen E., Q und Dr. F. bekundet, jemals gab. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist der Senat davon überzeugt, dass er nachträglich zum Schein erstellt wurde. Für den von T unterschriebenen Darlehensvertrag mit der KG steht dies aufgrund der Vorlage für diesen Vertrag fest. Denn Dr. F. hat diese durch handschriftliches Ausfüllen eines Darlehensvordruckformulars erstellt und in dem in seinen Büroräumen aufgefundenen Mandantenordner E. abgeheftet. Da diese handschriftlich ausgefüllte Vorlage auf Papier ausgedruckt wurde, dessen durchgestrichene Rückseite ein Angebot enthielt, das die Analyse des Thüringer Innovationspreises im Zeitraum 1994 bis 1999 zum Gegenstand hat. Da niemand vor Verleihung des Thüringer Innovationspreises im Jahr 1999 ein solches Angebot erstellt und ausdruckt, kann die auf Schmierpapier ausgedruckte Vorlage und folglich auch der Vertrag nicht vor Ablauf des Jahres 1998 entstanden sein. Für den nicht unterschriebenen Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und T gilt nichts anderes. Das Gericht ist davon überzeugt, dass auch dieses Schriftstück aufgrund dieser Vorlage in Maschinenschrift erstellt und somit nicht vor Ablauf des Jahres 1998 entstand.

Da es zum Zeitpunkt der behaupteten Darlehensgewährung keinen unterschriebenen Darlehensvertrag gab und nach den Angaben des Zeugen E. seine Frau ohne einen solchen namens der Klägerin kein Darlehen gewährt hätte, steht zudem fest, dass T von der Klägerin kein Darlehen erhalten hat.

Die im Widerspruch hierzu stehenden Aussagen der Zeugen Dr. F. und E., wonach am 15.07.1997 ein von der Klägerin und T unterschriebener Darlehensvertrag vorgelegen habe und das Darlehen ausgereicht worden sei, sowie die Aussage von Q, Streitigkeiten zwischen seinem Vater und Dr. F. wegen der Rückzahlung des Darlehens wahrgenommen zu haben, rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Denn vor dem Hintergrund der erst nach 1998 erstellten Vorlage für die Darlehensverträge sind diese Aussagen nicht glaubhaft.

3.1.2. Gegen eine Darlehensgewährung sprechen zudem die sich widersprechenden Aussagen der Zeugen Dr. F. und E. zur Anbahnung der Darlehensvergabe. Während der Zeuge E. angab, sich im Vorfeld der Darlehensgewährung zusammen mit seiner Frau, T und Dr. F. in 3 in einem Restaurant getroffen zu haben, verneinte der Zeuge Dr. F. ein gemeinsames Treffen. Wenn es dem angeblichen Darlehensvermittler und dem faktischen Geschäftsführer der Klägerin jedoch nicht einmal möglich ist, übereinstimmend anzugeben, ob es vor der angeblichen Darlehensgewährung ein gemeinsames Treffen gab oder nicht, steht fest, dass jedenfalls einer der Zeugen falsch aussagte. Das Gericht hält die von den Zeugen E., Q und Dr. F. bekundete Darlehensgewährung auch deshalb für nicht glaubhaft.

3.1.3. Gegen eine Darlehensgewährung spricht ferner, dass es erstmals knapp 2 ½ Jahre nach seiner angeblichen Ausreichung in der Buchhaltung der Klägerin erschien. Der Senat ist davon überzeugt, dass es zeitnah im Jahr 1997 in der Buchhaltung erfasst und nicht erst im Dezember 1999 durch eine Umbuchung vom Konto „Durchlaufende Posten“ buchhalterisch abgebildet worden wäre, wenn die Klägerin T im Juli 1997 tatsächlich ein Darlehen gewährt hätte. Denn der Zeuge E. gab selbst an, dass Quittungen und Darlehensverträge üblicherweise jeweils im Folgemonat an den Steuerberater übergeben wurden und dieser monatlich fehlende Belege schriftlich anmahnte.

3.1.4. Gegen eine Darlehensgewährung spricht überdies, dass T vor seinem Tod aussagte, niemals ein Darlehen von der Klägerin erhalten zu haben. Soweit die Klägerin diese Aussage für nicht glaubhaft hält, weil er nicht mit dem von ihm unterschriebenen Vertrag konfrontiert wurde, kann ihr nicht gefolgt werden. Ihm konnte bereits deshalb kein von ihm unterschriebener Darlehensvertrag vorgehalten werden, weil ein solcher weder von der Steuerfahndung aufgefunden noch von der Klägerin beigebracht werden konnte. Für T bestand überdies kein Anlass zur Vermeidung von Rückforderungsansprüchen falsch auszusagen. Denn solche wären zum Zeitpunkt seiner Vernehmung längst verjährt gewesen. Denn die Klägerin hat gegenüber T weder Rückzahlungsansprüche geltend gemacht noch solche titulieren lassen. Insbesondere hat die Klägerin auch keine Forderungsanmeldung in einem Konkursverfahren über das Vermögen des T nachgewiesen. Im Schreiben vom 02.08.1999 kann eine solche nicht gesehen werden, weil damit lediglich Geschäftsanteilsabtretungen im Konkursverfahren über das Vermögen des S KG angezeigt wurden und es im Übrigen nicht im Namen der Klägerin sondern der KG erstellt wurde. Folglich kann dahinstehen, wann dieses Schreiben tatsächlich entstand und ob es jemals versendet worden ist. Gegen dessen Versendung spricht jedenfalls, dass die Klägerin keine Antwort des Verwalters auf dieses Schreiben vorlegen konnte und den Zeugen eine solche nicht bekannt war.

3.1.5. Auch die Vertragskonditionen sprechen gegen ein Aushandeln von Rechtspositionen durch zwei Vertragspartner und für einen zum Schein erstellten Vertrag. Es ist wirtschaftlich unsinnig, dass der Darlehensnehmer sich selbst als Bürge zur Sicherung des Darlehens anbietet. Auch die Abtretung der Anteile an der S KG konnte nicht an zwei Darlehensgeber erfolgen, da der Abtretende mit dem ersten Vertragsschluss seine Inhaberschaft verloren hätte. Ein Zinssatz von 5% ist für ein zur Sanierung eines Unternehmens gewährtes Darlehen ungewöhnlich niedrig. Überdies sind keine Umstände erkennbar, die nachvollziehen lassen, dass die Rückzahlung nach 26,5 Monaten erfolgen sollte. In dieser Zeit wird ein Unternehmen nicht zu sanieren sein; jedoch liegen dieser Rückzahlungstermin und die Eröffnung des Konkursverfahrens zeitlich ungewöhnlich nahe beieinander. Zudem konnte über diese Ungereimtheiten hinaus, der Zeuge E. dem Gericht nicht plausibel erklären, warum er sich weder am Anfang dafür interessierte, was mit der vermeintlich ausgezahlten Summe geschehen sollte und wie sie tatsächlich verwendet wurde noch ob sich T in der Folgezeit wirtschaftlich erholte.

Das Gericht ist aufgrund dieser Umstände davon überzeugt, dass E. das Geld aus den beiden Abhebungen behalten und für sich verwendet hat.

3.2. Der Verzicht der Klägerin auf eine Rückzahlung gegenüber E. ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

Durch den Verzicht auf die Rückzahlung hat E. Nutzen gezogen.

Das Gericht sieht Anhaltspunkte dafür, dass E. steuerrechtlich als Anteilseigner der Y AG zu beurteilen ist. Dies kann für diese Verfahren letztendlich jedoch dahinstehen, da er jedenfalls als nahestehende Person zur Z einzuordnen ist. Ausreichend hierfür ist bereits ein tatsächliches Näheverhältnis.

Ein solches ergibt sich insbesondere aus folgenden Feststellungen:

E. war nach seiner eigenen Aussage im Strafverfahren faktischer Geschäftsführer der Z. Die formellen Geschäftsführer waren seine Frau und später sein Sohn.

Die Aktivitäten der Y AG, der zivilrechtlichen Anteilseignerin der Z, steuerte E. unter Mithilfe von Dr. F. Dies ist belegt durch die Aussage des Zeugen Z2, der u. a. dargestellt hat, dass bei der Familie E. Blanko-Briefpapier der Y AG und zahlreiche einschlägige Schriftstücke bei Dr. F. aufgefunden wurden. Danach steht fest, dass die Entscheidungen der Y AG nicht von Dr. No in der Schweiz, sondern von E. getroffen wurden. Überdies hat der frühere Steuerberater in einem Schreiben vom 12.05.2002 E. die steuerlichen Folgen eines Verkaufs der Anteile der Y AG an seine Söhne erläutert. Zu diesen überzeugend begründeten Feststellungen kam auch das Landgericht 2, denen die Klägerin nicht substantiiert entgegen getreten ist und die sich der Senat zu Eigen macht.

Da die Y AG zivilrechtlich die Anteile der Z hält, ist E. als nahestehende Person zur Z anzusehen.

Nur durch die besondere Nähe zwischen E. und der Z als Anteilseignerin der Klägerin ist zu erklären, dass die Klägerin auf die Rückzahlung der von ihrem Bankkonto abgehobenen 150.000 DM verzichtete. Denn weder hat die Steuerfahndung einen von der Klägerin und T unterschriebenen Darlehensvertrag aufgefunden, noch war es der Klägerin möglich einen solchen vorzulegen. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. Bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters hätte die Klägerin gegenüber einem fremden Dritten nicht auf die Rückzahlung von 150.000 DM verzichtet, wenn - wie im Streitfall - für die behauptete Darlehensgewährung kein unterschriebener Vertrag vorliegt.

Das Einkommen der Klägerin war daher um die vGA von 150.000 DM zu erhöhen.

4. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen, weil sie unterlegen ist (vgl. § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14 zitiert 8 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Körperschaftsteuergesetz - KStG 1977 | § 8 Ermittlung des Einkommens


(1) 1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes. 2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Be

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 93


(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern. (2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14

bei uns veröffentlicht am 07.07.2015

Gründe Finanzgericht Nürnberg 1 K 147/14 Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit A GmbH, A-Straße, A-Stadt - Klägerin - Prozessbev.: Rechtsanwälte und Steuerberater B., B-Straße, B-Stadt gegen

Bundesfinanzhof Urteil, 30. Nov. 2010 - VIII R 19/07

bei uns veröffentlicht am 30.11.2010

Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr 1996 Gesellschafterin der X GmbH (im Folgenden: GmbH) und bei der GmbH angestellt. Allein
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14.

Finanzgericht Nürnberg Urteil, 07. Juli 2015 - 1 K 147/14

bei uns veröffentlicht am 07.07.2015

Gründe Finanzgericht Nürnberg 1 K 147/14 Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit A GmbH, A-Straße, A-Stadt - Klägerin - Prozessbev.: Rechtsanwälte und Steuerberater B., B-Straße, B-Stadt gegen

Referenzen

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1)1Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes.2Bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 sind die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht erforderlich.3Bei den inländischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beträgt das Einkommen aus dem Geschäft der Veranstaltung von Werbesendungen 16 Prozent der Entgelte (§ 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes) aus Werbesendungen.4Bei Körperschaften im Sinne des § 1 Absatz 1 mit Sitz im Ausland, deren Ort der Geschäftsleitung im Inland belegen ist und die nach inländischem Gesellschaftsrecht mangels Rechtsfähigkeit nicht als juristische Person zu behandeln sind, sind Leistungen und Leistungsversprechen zwischen der Körperschaft und Personen, die aus dieser Körperschaft Einkünfte im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 und 9 des Einkommensteuergesetzes erzielen, für Zwecke der Durchführung der Besteuerung mit Ertragsteuern wie Leistungen und Leistungsversprechen zwischen einer rechtsfähigen Körperschaft und deren Anteilseignern zu behandeln.

(2) Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 sind alle Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln.

(3)1Für die Ermittlung des Einkommens ist es ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird.2Auch verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, mindern das Einkommen nicht.3Verdeckte Einlagen erhöhen das Einkommen nicht.4Das Einkommen erhöht sich, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Gesellschafters gemindert hat.5Satz 4 gilt auch für eine verdeckte Einlage, die auf einer verdeckten Gewinnausschüttung einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde, es sei denn, die verdeckte Gewinnausschüttung hat bei der leistenden Körperschaft das Einkommen nicht gemindert.6In den Fällen des Satzes 5 erhöht die verdeckte Einlage nicht die Anschaffungskosten der Beteiligung.

(4) (weggefallen)

(5) Bei Personenvereinigungen bleiben für die Ermittlung des Einkommens Beiträge, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz.

(6) Besteht das Einkommen nur aus Einkünften, von denen lediglich ein Steuerabzug vorzunehmen ist, so ist ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht zulässig.

(7)1Die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des Absatzes 3 Satz 2 sind

1.
bei Betrieben gewerblicher Art im Sinne des § 4 nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben;
2.
bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.2Satz 1 gilt nur bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen.
2Ein Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

(8)1Werden Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst, ist § 10d des Einkommensteuergesetzes auf den Betrieb gewerblicher Art anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt.2Nicht ausgeglichene negative Einkünfte der einzelnen Betriebe gewerblicher Art aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten Betrieb gewerblicher Art abgezogen werden.3Ein Rücktrag von Verlusten des zusammengefassten Betriebs gewerblicher Art auf die einzelnen Betriebe gewerblicher Art vor Zusammenfassung ist unzulässig.4Ein bei einem Betrieb gewerblicher Art vor der Zusammenfassung festgestellter Verlustvortrag kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, den dieser Betrieb gewerblicher Art nach Beendigung der Zusammenfassung erzielt.5Die Einschränkungen der Sätze 2 bis 4 gelten nicht, wenn gleichartige Betriebe gewerblicher Art zusammengefasst oder getrennt werden.6Kommt es bei einem Betrieb gewerblicher Art, der sich durch eine Zusammenfassung ergeben hat, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Zusammenfassung zur Anwendung des § 3a des Einkommensteuergesetzes, ist § 3a Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes entsprechend auf die in Satz 4 genannten Verlustvorträge anzuwenden.

(9)1Wenn für Kapitalgesellschaften Absatz 7 Satz 1 Nr. 2 zur Anwendung kommt, sind die einzelnen Tätigkeiten der Gesellschaft nach folgender Maßgabe Sparten zuzuordnen:

1.
Tätigkeiten, die als Dauerverlustgeschäfte Ausfluss einer Tätigkeit sind, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehören, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen;
2.
Tätigkeiten, die nach § 4 Abs. 6 Satz 1 zusammenfassbar sind oder aus den übrigen, nicht in Nummer 1 bezeichneten Dauerverlustgeschäften stammen, sind jeweils gesonderten Sparten zuzuordnen, wobei zusammenfassbare Tätigkeiten jeweils eine einheitliche Sparte bilden;
3.
alle übrigen Tätigkeiten sind einer einheitlichen Sparte zuzuordnen.
2Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln.3Die Aufnahme einer weiteren, nicht gleichartigen Tätigkeit führt zu einer neuen, gesonderten Sparte; Entsprechendes gilt für die Aufgabe einer solchen Tätigkeit.4Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte ausgeglichen oder nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden.5Er mindert jedoch nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes die positiven Gesamtbeträge der Einkünfte, die sich in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Veranlagungszeiträumen für dieselbe Sparte ergeben.6Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 ab einem Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht mehr vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr anzuwenden; hiernach nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Beträge sowie verbleibende Verlustvorträge aus den Sparten, in denen Dauerverlusttätigkeiten ausgeübt werden, entfallen.7Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 erst ab einem bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Veranlagungszeitraums vor, sind die Sätze 1 bis 5 ab diesem Zeitpunkt anzuwenden; ein bis zum Eintritt der Voraussetzungen entstandener Verlust kann nach Maßgabe des § 10d des Einkommensteuergesetzes abgezogen werden; ein danach verbleibender Verlust ist der Sparte zuzuordnen, in denen keine Dauerverlustgeschäfte ausgeübt werden.8Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende negative Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte ist gesondert festzustellen; § 10d Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes gilt entsprechend.9Die §§ 3a und 3c Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes sind entsprechend anzuwenden; § 3a Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes ist für die Kapitalgesellschaft anzuwenden.

(10)1Bei Einkünften aus Kapitalvermögen ist § 2 Absatz 5b des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.2§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 3 Satz 1 und Satz 3 bis 6 des Einkommensteuergesetzes ist entsprechend anzuwenden; in diesen Fällen ist § 20 Abs. 6 und 9 des Einkommensteuergesetzes nicht anzuwenden.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr 1996 Gesellschafterin der X GmbH (im Folgenden: GmbH) und bei der GmbH angestellt. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH und Lebensgefährte der Klägerin war Y. Dessen Ehefrau Z war seit Mai 1996 ebenfalls bei der GmbH als Bürovorsteherin angestellt.

2

Die Klägerin bezog im Streitjahr von der GmbH Lohn in Höhe von 116.211 DM; im Vorjahr hatte sie 55.000 DM erhalten. Y bezog im Streitjahr von der GmbH laufende Geschäftsführervergütungen von 488.656 DM. Ihm standen außerdem Tantiemen von 200.216 DM zu. Die GmbH zahlte die Tantiemen im Streitjahr nicht an Y aus, sondern bildete in gleicher Höhe eine Rückstellung. Die gesamten Bezüge des Y aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH hatten im Vorjahr 353.377 DM betragen. Z bezog von der GmbH im Streitjahr Lohnzahlungen von 76.536 DM.

3

Eine bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung beanstandete u.a. die Höhe der Gehälter und rechnete die unangemessenen Beträge dem Einkommen der GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu:

4

                         

Klägerin

Y

Z

Gehalt

116.211

688.872

76.536

angemessen

55.000

400.000

41.250

vGA

61.211

288.872

35.286

5

Private Notar- und Rechtsberatungskosten der Klägerin in Höhe von 4.245 DM wurden ebenfalls als vGA behandelt.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) übernahm die Prüfungsfeststellungen, erhöhte die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen um 389.614 DM und änderte den Einkommensteuerbescheid für 1996 entsprechend.

7

Die GmbH und das für ihre Besteuerung zuständige Finanzamt einigten sich auf eine Herabsetzung der vGA bezüglich der von Y bezogenen Vergütung um 40.000 DM für 1996 und 45.000 DM für 1997. Das für die Besteuerung der GmbH zuständige Finanzamt teilte dem FA mit, die vGA sei bei der GmbH zusammenfassend in 1996 korrigiert worden. Danach ergebe sich für 1996 eine vGA von 304.614 DM. Das FA folgte auch dieser Mitteilung, setzte die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen entsprechend niedriger fest und änderte den Einkommensteuerbescheid für 1996 erneut. Nachdem die GmbH 2003 eine entsprechende Steuerbescheinigung erteilt hatte, änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 1996 erneut unter Anrechnung der auf die vGA entfallenden Körperschaftsteuer und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

8

Mit der Klage machte die Klägerin u.a. geltend, die Tantieme sei Y erst 1997 zugeflossen und könne ihr deshalb nicht 1996 zugerechnet werden. Das FA räumte dies grundsätzlich ein. Indes sei die Angemessenheit des Gehalts unter Einbeziehung aller Zahlungen für 1996 zu beurteilen. Dementsprechend sei sowohl ein Teil des laufenden Gehalts als auch ein Teil der Tantieme als unangemessen anzusehen. In Höhe von 203.872 DM resultiere die vGA (insgesamt 304.614 DM) aus unangemessen hohen Gehaltszahlungen an Y. Entsprechend seien auch 29,6 % (203.872 DM: 688.872 DM) der Tantieme unangemessen. Die vGA sei deshalb nur um den im Streitjahr nicht zugeflossenen unangemessenen Teilbetrag der Tantieme von 59.264 DM zu vermindern. Die anrechenbare Körperschaftsteuer verringere sich im selben Umfang. Das FA erließ einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid.

9

Das Finanzgericht (FG) hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 17. August 2005 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

10

Das FG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin müsse sich so behandeln lassen, als ob sie die als überhöht beanstandeten Gehaltsanteile des Y und der Z entnommen und den Empfängern zugewendet habe, da es sich um ihr nahe stehende Personen handele. Die Berechnungen des FA seien nicht zu beanstanden. Das FA habe ohne Rechtsverstoß den Betrag der vGA lediglich um den unangemessenen Teil der Tantieme, der erst im Jahr 1997 zugeflossen sei, also um 59.264 DM gemindert.

11

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§§ 8, 11 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Sie meint, im Umfang der als unangemessen behandelten Gehaltszahlungen an Y und Z liege schon keine vGA vor, da ihre Leistungsfähigkeit hierdurch nicht erhöht worden sei. Hilfsweise wendet sie sich gegen die Höhe der vGA. Die anteilige Aufteilung der vGA auf einzelne Gehaltsbestandteile sei nicht gerechtfertigt.

12

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 9. August 2005 mit der Maßgabe zu ändern, dass eine vGA hinsichtlich der als unangemessen behandelten Gehälter von Y und Z unberücksichtigt bleibt und die Einnahmen aus Kapitalvermögen entsprechend niedriger angesetzt werden,

hilfsweise,

die vGA um den Betrag niedriger anzusetzen, der sich ergibt, wenn die vGA hinsichtlich des Gehalts von Y in der Weise berechnet wird, dass die im Streitjahr von der GmbH an Y ausgezahlten Beträge dem für Y angemessenen Gehalt von 440.000 DM gegenübergestellt werden.

13

Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

14

Die vGA sei der Klägerin in vollem Umfang zurechenbar. Als  Gesellschafterin der GmbH habe sie die überhöhten Bezüge des Geschäftsführers Y und der Büroleiterin Z veranlasst. Die Verträge habe sie zwar nicht selbst geschlossen. Sie habe sie aber aufgrund ihrer privaten Beziehungen zu den genannten Personen bestehen lassen und damit über entsprechende Einnahmen verfügt. Die Revision sei auch im Hilfsantrag unbegründet. Das FG sei zu Recht davon ausgegangen, dass unangemessene Gehaltsanteile in allen Bestandteilen des Gehalts von Y gleichermaßen enthalten seien. Bei der laufenden Vergütung sei deshalb 1996 ein unangemessener Anteil von 29,6 % quasi tröpfchenweise zugeflossen. Der Auffassung der Klägerin, die von einem Hineinwachsen der einzelnen Gehaltszahlungen in die vGA ausgehe, könne nicht gefolgt werden. Diese Auffassung sei sach- und lebensfremd.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie des Beschlusses zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter. Die Sache ist an den Vollsenat des FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

16

1. Das Urteil ist schon deshalb aufzuheben, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass Y im Streitjahr (noch) Gesellschafter der GmbH war. Zwar ist das FG ausweislich des Tatbestands davon ausgegangen, dass die Klägerin im Streitjahr alleinige Gesellschafterin der GmbH gewesen sei. Diese Annahme steht jedoch in Widerspruch zum feststehenden Akteninhalt. Eigene Feststellungen zu den Beteiligungsverhältnissen hat das FG offenbar nicht getroffen.

17

a) Der insoweit eindeutige Akteninhalt spricht dafür, dass die Klägerin im Streitjahr nur zu 45 %, nämlich mit einem Geschäftsanteil von 22.500 DM am Stammkapital der GmbH von 50.000 DM beteiligt war. Zwar hat das FG Brandenburg bereits in einem Beschluss vom 12. Mai 2004 (1 V 522/04 wegen einstweiliger Anordnung auf Vollstreckungsaufschub) die Klägerin als alleinige Gesellschafterin (und --insoweit offensichtlich unzutreffend-- als alleinige Geschäftsführerin) der GmbH bezeichnet. Dem haben sich offenbar das FA in der Einspruchsentscheidung --und ihm folgend das FG im angefochtenen Urteil-- angeschlossen, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hat. Auch diese Annahmen beruhen jedoch ersichtlich nicht auf eigenen tatsächlichen Feststellungen der entscheidenden Stellen.

18

Gegen die Richtigkeit der Annahme spricht, dass die bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung die Beteiligung der Klägerin an der GmbH mit 45 % im Streitjahr und mit 90 % ab 1997 festgestellt und dem FA so mitgeteilt hat. Dafür spricht weiter, dass die Klägerin an der von der GmbH am 3. Dezember 1996 beschlossenen und durchgeführten Vorabgewinnausschüttung über 400.000 DM lediglich in Höhe von 180.000 DM (entsprechend 45 %) beteiligt war.

19

b) Wer im Streitjahr außer der Klägerin Gesellschafter der GmbH war, ergibt sich nicht sicher aus den Akten. Unstreitig war Y Gründungsgesellschafter der GmbH. Das FG Berlin hat im Verfahren 8 B 8088/00 (betreffend Aussetzung der Vollziehung bei der GmbH) im Tatbestand des Beschlusses vom 18. März 2002 ausgeführt, Y habe im Juni 1995 von seinem Geschäftsanteil in Höhe von 50.000 DM einen Teilanteil in Höhe von 22.500 DM an die Klägerin und einen Teilanteil von 5.000 DM an A abgetreten. Ab 1997 und nach weiteren Abtretungen seien die Klägerin zu 90 % und B zu 10 % an der GmbH beteiligt gewesen. Wer in der Zwischenzeit an der GmbH beteiligt war und ob die Feststellungen des FG den Sachverhalt vollständig wiedergeben, ist nicht ersichtlich.

20

c) Nach allem kann nicht ausgeschlossen werden, dass Y im Streitjahr noch an der GmbH beteiligt war. Ohne eindeutige tatsächliche Feststellungen in diesem Punkt kann die im Streitfall aufgeworfene Frage der zutreffenden persönlichen Zurechnung von vGA nicht beurteilt werden, weil die streitigen vGA offenbar vorrangig Y zuzurechnen wären, wenn er im Streitjahr noch Gesellschafter der GmbH war.

21

2. Das Urteil kann auch deshalb keinen Bestand haben, weil es für die Zurechnung einer vGA bei der Klägerin insofern an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehlt, als es um die überhöhten Gehaltszahlungen der GmbH an Z, die Ehefrau des Y, geht.

22

a) Zu Recht hat das FG allerdings angenommen, dass eine vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann vorliegen kann, wenn ein Vermögensvorteil nicht dem Gesellschafter, sondern einer ihm nahe stehenden Person zugewendet wird. Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein. Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahe stehende Person ist unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, BFHE 207, 103; vom 22. Februar 2005 VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266). Allerdings gilt dies uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Nur in diesem Fall spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die nahe stehende Person den Vorteil ohne ihre Beziehung zum Gesellschafter nicht erhalten hätte (BFH-Urteile vom 6. Dezember 2005 VIII R 70/04, BFH/NV 2006, 722; vom 19. Juni 2007 VIII R 54/05, BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Zuwendung zu Lasten der GmbH so zu beurteilen, als hätte der Gesellschafter den Vorteil erhalten und diesen an die nahe stehende Person weitergegeben (BFH-Urteile in BFHE 207, 103; in BFH/NV 2005, 1266, jeweils m.w.N.).

23

b) Nach der Rechtsprechung des BFH sind die Umstände des Einzelfalls vom FG als Tatsacheninstanz indiziell dahingehend zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine gesellschaftliche Veranlassung zulassen (BFH-Urteil vom 19. Dezember 2007 VIII R 13/05, BFHE 220, 187, BStBl II 2008, 568, m.w.N.). Die Tatsachenwürdigung durch das FG unterliegt nur eingeschränkter Überprüfung durch das Revisionsgericht.

24

c) Hinsichtlich der überhöhten Gehaltszahlungen an Z hat das FG nicht etwa bestimmte Tatsachen in grundsätzlich nicht revisibler Weise gewürdigt, sondern es fehlt an tatsächlichen Feststellungen, welche die Schlussfolgerung des FG hinreichend abstützen. Das FG hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob zwischen der Klägerin und Z eine persönliche Nähebeziehung bestand. Die vom FG allein festgestellte Lebenspartnerschaft zwischen der Klägerin und Y, dem Ehemann der Z, spricht nach der Lebenserfahrung für sich betrachtet eher gegen als für eine persönliche Nähebeziehung zwischen der Klägerin und Z. Damit entfällt zugleich der Grund für die Annahme einer Zuwendung im Verhältnis zwischen der Klägerin und Z, die nach der Rechtsprechung des BFH Voraussetzung für eine vGA im Dreiecksverhältnis ist. Der Beweis des ersten Anscheins (für eine Zuwendung) greift nicht ein. Ob die Klägerin, wie das FA offenbar meint, das überhöhte Gehalt gar nicht Z, sondern in Wahrheit ihrem Lebenspartner Y (zur Weiterleitung an Z) zuwenden wollte, könnte allenfalls aufgrund weiterer tatsächlicher Feststellungen angenommen werden, die bislang nicht getroffen worden sind.

25

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Aufgrund der lückenhaften tatsächlichen Feststellungen des FG kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden. Er verweist die Sache deshalb an das FG zurück.

26

4. Angesichts der Offenheit des Streitfalls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verneint der Senat derzeit die Voraussetzungen für eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 FGO). Er macht deshalb von der Möglichkeit Gebrauch, den Einzelrichterbeschluss aufzuheben und den Rechtsstreit an den Vollsenat des FG zurückzuverweisen (vgl. BFH-Urteil vom 15. April 1996 VI R 98/95, BFHE 180, 509, BStBl II 1996, 478).

27

5. Hinsichtlich der weiteren Sachbehandlung weist der Senat außerhalb der Bindungswirkung auf Folgendes hin:

28

a) Das FG wird zunächst aufklären müssen, wer im Streitjahr an der GmbH beteiligt war. Sollte sich dabei bestätigen, dass die Klägerin nicht alleinige Gesellschafterin der GmbH war, kommt es darauf an, ob mehreren Gesellschaftern eine vGA zugerechnet werden könnte und ggf. welchem Gesellschafter welche vGA zuzurechnen ist (vgl. dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2005, 1266; in BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830, m.w.N.). Sollte Y im Streitjahr noch an der GmbH beteiligt gewesen sein, wären ihm bei unveränderter Sachlage die streitigen vGA vorrangig zurechenbar. Für den Fall, dass Y im Streitjahr nicht mehr an der GmbH beteiligt war, wird die Klägerin auch Gelegenheit haben, zu den Gründen ihrer Beteiligung an der GmbH vorzutragen. Die bekannten Umstände des Falls könnten dafür sprechen, dass die Klägerin die Geschäftsanteile an der GmbH aufgrund einer verdeckten Treuhandabrede nur vorübergehend und treuhänderisch für Y übernehmen sollte (zur Zurechnung der vGA bei verdeckter Treuhand vgl. BFH-Urteil in BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830, unter II.1.a der Entscheidungsgründe, m.w.N.).

29

aa) Wenn sich herausstellt, dass Y nicht Gesellschafter der GmbH war, dass die Klägerin die Anteile an der GmbH auch nicht treuhänderisch für Y halten sollte und dass (z.B. mangels Näheverhältnisses) auch kein anderer Gesellschafter für die Zurechnung einer vGA in Betracht kommt, verbleibt es im Ausgangspunkt bei der nicht zu beanstandenden Würdigung durch das FG, wonach der Klägerin insofern eine mittelbare vGA grundsätzlich zurechenbar ist.

30

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, deren Richtigkeit die Klägerin nicht angegriffen hat, waren Y und die Klägerin im Streitjahr Lebenspartner. Dass die Zahlungen der GmbH an Y teilweise überhöht waren und nicht im Interesse der Gesellschaft lagen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Als Gesellschafterin hatte die Klägerin zumindest auch Einfluss auf den Anstellungsvertrag, den Y mit der GmbH geschlossen hatte. Indem die Klägerin diesen Vertrag unbeanstandet ließ, nachdem sie Gesellschafterin der GmbH geworden war, verfügte sie im Streitjahr über die überhöhten Bezüge des Y zugunsten einer nahe stehenden Person. Insofern wäre die Annahme einer Zuwendung zwischen der Klägerin und Y und die Zurechnung einer vGA bei der Klägerin nicht zu beanstanden.

31

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin in diesem Zusammenhang gegen die ständige Senatsrechtsprechung. Die Formulierung, wonach die vGA unabhängig davon zu prüfen ist, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 218, 244, BStBl II 2007, 830, unter II.1.b der Entscheidungsgründe, m.w.N.), ist so zu verstehen, dass eine persönliche Nähebeziehung ausreicht, um aufgrund des ersten Anscheins von einer Zuwendung ausgehen zu können. Nicht erforderlich ist, dass der Gesellschafter mit der Zuwendung eine eigene Rechtspflicht erfüllt. Dieses Kriterium, welches der Senat in ständiger Rechtsprechung in der Weise eingeschränkt hat, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zum Gesellschafter auszuschließen sein müssen, hat nichts damit zu tun, dass beim Gesellschafter außerdem eine Einnahme i.S. von § 8 EStG vorliegen muss. Die allgemeinen Voraussetzungen des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) müssen dabei ebenso erfüllt sein wie die von Verfassungs wegen für jede Besteuerung vorausgesetzte Steigerung der individuellen Leistungsfähigkeit. Die Annahme eines abgekürzten Zahlungswegs setzt in diesem Sinne eine Einnahme beim Zuwendenden voraus, die der Besteuerung unterliegt. Unter diesen Voraussetzungen stellt sich die Zuwendung als eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar.

32

b) Hinsichtlich der (unstreitig) überhöhten Gehaltszahlungen der GmbH an Z muss geklärt werden, ob zwischen der Klägerin und Z eine persönliche Nähebeziehung bestand. Fehlt eine persönliche Nähebeziehung zwischen der Klägerin und Z, ließe sich eine vGA allenfalls mit der Erwägung rechtfertigen, dass die Klägerin ihrem Lebensgefährten Y auch den überhöhten Gehaltsanteil der Z zuwenden wollte, der danach seinerseits wiederum mit Rücksicht auf persönliche Nähebeziehungen zu Z darüber verfügen können sollte. Dazu müsste das FG entsprechende tatsächliche Feststellungen treffen. Ansonsten kommt die Zurechnung einer vGA bei der Klägerin insoweit nicht in Betracht.

33

c) Hinsichtlich der überhöhten Gehaltszahlungen der GmbH an Y kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage an, wie die vGA zu berechnen ist.

34

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend, wenn auch unausgesprochen, ist das FG davon ausgegangen, dass es für den Zufluss (§ 8, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei einer mittelbaren vGA auf den Zufluss bei der nahe stehenden Person ankommt. Der mittelbaren vGA an eine nahe stehende Person liegt --wie dargestellt-- die Vorstellung eines abgekürzten Zahlungswegs zugrunde. Für die Annahme einer zeitlich vor der (gedachten) Weiterleitung an den Zuwendungsempfänger liegenden (ebenfalls gedachten) Einnahme beim Gesellschafter fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage. Da Y die Tantiemezahlung im Streitjahr unstreitig nicht erhalten hat, wäre der Klägerin insoweit keine vGA (Einnahme) zurechenbar. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.

35

bb) Nach der Vorstellung, die dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid zugrunde liegt und der sich das FG angeschlossen hat, soll die angemessene Gesamtausstattung proportional den einzelnen Gehaltsbestandteilen (hier Festgehalt und Tantieme) fest zugeordnet werden. Dieser Ansatz hat keine Auswirkungen, solange alle Gehaltsbestandteile im maßgeblichen Zeitraum in voller Höhe ausgezahlt werden und zufließen. Andernfalls erhöht der bei einem Gehaltsbestandteil für die Auszahlung nicht in Anspruch genommene angemessene Teilbetrag die vGA bei einem anderen Gehaltsbestandteil. Es wird dann eine vGA angenommen, obwohl die zugeflossenen Gehaltsbestandteile die Grenze der angemessenen Gesamtausstattung weder erreichen noch überschreiten.

36

cc) Angesichts der tatsächlichen Offenheit des Streitfalls sieht sich der Senat derzeit nicht veranlasst, die Rechtsfrage vorab zu entscheiden. Er weist aber vorsorglich darauf hin, dass eine Mehrfachbesteuerung einzelner (unangemessener) Gehaltsbestandteile bei periodenübergreifender Betrachtung nicht gerechtfertigt wäre.

37

dd) Sollte das FG nach erneuter Prüfung der Rechtslage bei seiner Rechtsansicht bleiben, wird es schließlich auch noch die Berechnungen des FA überprüfen müssen. Das FG hat zwar die Berechnung des FA zur Minderung der vGA (wegen der im Streitjahr nicht zugeflossenen Tantieme) ausdrücklich gebilligt. Es hat dabei aber übersehen, dass die Zahlen, von denen das FA ausgegangen ist, nicht schlüssig sind. Das FA hat die gesamte auf das Streitjahr entfallende vGA mit 304.614 DM beziffert. Das FA hat dabei nicht berücksichtigt, dass dieser Betrag um 45.000 DM zu niedrig ist, weil er insoweit eine Korrektur für 1997 enthält. Im Klageverfahren der GmbH sind entsprechende Korrekturbeträge einvernehmlich festgelegt und zusammengefasst bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für 1996 korrigiert worden. Diese Handhabung hat das FA im vorliegenden Verfahren übernommen, obwohl keine Bindungswirkung der Verständigung für das vorliegende Verfahren besteht. In diesem Zusammenhang wird insbesondere zu berücksichtigen sein, dass sich die Annahme einer um 45.000 DM zu niedrigen vGA im Rahmen der vom FA vorgenommenen Verhältnisrechnung zu Lasten der Klägerin auswirkt.

38

6. Über die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge fehlerhafter Besetzung des Gerichts (§ 119 Nr. 1 FGO) infolge zu kurzer und das rechtliche Gehör abschneidender Anhörung (§ 119 Nr. 3 FGO) vor Erlass des Einzelrichterbeschlusses durch das FG ist nicht mehr zu entscheiden, nachdem die Revision aus materiell-rechtlichen Gründen zum Erfolg geführt hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 16, m.w.N.).

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.