Finanzgericht München Urteil, 27. Feb. 2018 - 7 K 2457/17

bei uns veröffentlicht am27.02.2018

Gericht

Finanzgericht München

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Streitig ist, ob die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld aufheben durfte.

Die Klägerin ist die Mutter des am 15. April 1993 geborenen X. Sie erhielt laufend Kindergeld für ihren Sohn und teilte der Familienkasse am 31. Februar 2015 mit, dass X im Oktober 2015 mit dem Medizinstudium beginnen werde. Da die Klägerin der Aufforderung der Familienkasse vom 27. Januar 2017 zur Vorlage von Studiennachweisen nicht nachgekommen war, hob die Familienkasse mit Bescheid vom 27. Februar 2017 die Festsetzung des Kindergeldes gemäß § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ab März 2017 auf. Mit Verfügung vom 27. März 2017 wurde die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum August 2015 bis einschließlich Februar 2017 aufgehoben und das für diesen Zeitraum gezahlte Kindergeld in Höhe von 3.604 € zurückgefordert.

Mit Schreiben vom 29. März 2017 teilte die Klägerin der Familienkasse mit, dass ihr Sohn im Zeitraum August bis September 2015 nicht gearbeitet habe und sie für seinen Lebensunterhalt aufgekommen sei. Im Zeitraum Oktober 2015 bis Mai 2016 habe er in A studiert, von Juli 2016 bis Dezember 2016 sei er in der Klinik zur Therapie gewesen (vgl. Immatrikulationsbescheinigung für den Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016, Attest der Klinik vom 20. Januar 2017 über den stationären Aufenthalt von X im Zeitraum 13. Juli bis 19. Dezember 2016, Attest von Dipl. med. S vom 28. Juli 2017 über die Erkrankung von X im Zeitraum Juli 2016 bis September 2017).

Ab Januar 2017 sei sie allein für seinen Lebensunterhalt aufgekommen. Ab September 2017 werde ihr Sohn ein Medizinstudium in B aufnehmen. Die Familienkasse wertete das Schreiben vom 29. März 2017 als Einspruch und forderte die Klägerin zur Vorlage weiterer Nachweise auf. Daraufhin teilte die Klägerin mit, dass X nach dem zweiten Semester (im April 2016) das Studium aufgrund seiner Erkrankung abgebrochen habe und die Weiterführung des Studiums ab September 2017 plane.

Die Familienkasse hob am 25. August 2017 den Bescheid vom 27. März 2017 insoweit auf, als er die Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld für den Zeitraum August 2015 bis März 2016 betroffen hatte. Der Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016 wurde als Ausbildungszeit der Zeitraum August 2015 als Zeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (Ende der Schulausbildung im Juli 2015 und Beginn des Studiums im Oktober 2015) als Übergangszeit berücksichtigt. Außerdem wurde mit Bescheid vom 1. September 2017 Kindergeld ab Mai 2017 festgesetzt. Der Einspruch betreffend den Zeitraum April 2016 bis Februar 2017 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 11. September 2017 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage wiederholt und vertieft die Klägerin ihren Vortrag aus dem Einspruchsverfahren. Nach der stationären Behandlung bis Dezember 2016 habe X seinen Studienort wegen der Nähe zu seiner Familie nach B verlegt. Ein Studium sei jedoch erst im Wintersemester 2017 wieder möglich gewesen. Bis dahin habe er aus gesundheitlichen Gründen weder gearbeitet oder sonst eine Tätigkeit aufgenommen. Er habe seit Dezember 2016 in ihrem Haushalt gelebt. Da sie alleinerziehend sei und nur ein begrenztes Einkommen habe, sei sie auf das Kindergeld angewiesen. Die Rückzahlung des Kindergelds auch in kleinen Raten sei praktisch unmöglich, zumal sie auch noch Krankheitskosten tragen müsse. Da ihr Sohn psychisch erkrankt sei, habe er die teilweise sehr verwirrenden und schwer verständlichen Schreiben der Familienkasse nicht beantworten können.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 27. März 2017 und die Einspruchsentscheidung vom 11. September 2017 aufzuheben.

Die Familienkasse beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Einspruchsentscheidung.

Mit gerichtlicher Anordnung vom 23. November 2017 wurde die Klägerin aufgefordert, für den Zeitraum April, Mai und Juni 2016 anhand geeigneter Unterlagen darzulegen, dass X entweder studiert bzw. sonstige Ausbildungsmaßnahmen unternommen hat bzw. aufgrund seiner Erkrankung zu einem Studium nicht in der Lage gewesen ist. Auf das Schreiben der Klägerin vom 20. Dezember 2017 wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Absatz 2 der FinanzgerichtsordnungFGO -).

II.

Die Klage ist unbegründet. Die Familienkasse hat die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum April 2016 bis Februar 2017 zu Recht aufgehoben, da kein Anspruch auf Kindergeld bestand.

1. Ein Kind wie X wird für Zwecke des Kindergeldes über das 18. Lebensjahr hinaus nach den §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1, 32 Abs. 4 EStG berücksichtigt, wenn einer der in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG genannten Tatbestände vorliegt. Danach wird ein Kind beim Kindergeld unter anderem dann berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG), sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet (Nr. 2 b), eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG), wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG) oder nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei der Agentur für Arbeit als Arbeitssuchender gemeldet ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG). Die objektive Beweislast dafür trägt der Kindergeldberechtigte.

2. Zu Recht ist die Familienkasse davon ausgegangen, dass sich X ab April 2016 nicht in einer Berufsausbildung befunden hat.

In Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (ständige Rechtsprechung, etwa BFH-Urteile vom 10. Mai 2012 VI R 72/11, BFHE 237, 499, BStBl. II 2012, 895, m.w.N.; vom 17. Juni 2010 III R 49/09, BFH/NV 2010, 2244), und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungsordnung oder Studienordnung vorgeschrieben sind (BFH-Urteile vom 18. März 2009 III R 26/06, BFHE 225, 331, BStBl. II 2010, 296; vom 9. Juni 1999 VI R 33/98, BFHE 189, 88, BStBl. II 1999, 701). Bei dem Begriff der Berufsausbildung handelt es sich um einen eigenständigen Begriff, der grundsätzlich weit auszulegen ist (BFH-Urteil vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl. II 2010, 298). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist unter Berufsausbildung die Ausbildung zu einem zukünftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet.

Eine Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung oder Mutterschaft ist grundsätzlich unschädlich. Hat ein Kind einen Ausbildungsplatz und ist ausbildungswillig, aus objektiven Gründen aber zeitweise nicht in der Lage, die Ausbildung fortzusetzen, ist es ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil vom 20. Juli 2006 III R 69/04, Rn. 14, BFH/NV 2006, 2067). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Kind in solchen Fällen den Willen hat, sich der Ausbildung zu unterziehen, aber aus objektiven Gründen -wegen Erkrankungdaran gehindert ist, weil ihm die Durchführung der Ausbildungsmaßnahme nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Im Streitfall hat X entsprechend der vorgelegten Immatrikulationsbescheinigung der Universität A im Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016 studiert. Nach Ende des Wintersemesters 2015/2016 hat er sich ab April 2016 jedoch keinen weiteren Ausbildungsmaßnahmen unterzogen. Insbesondere hat er sich weder an der Universität A für das Sommersemester rückgemeldet noch sich an einer anderen Universität für einen Studienplatz beworben. Trotz entsprechender Aufforderung hat die Klägerin, die insoweit beweispflichtig ist, keine Nachweise vorgelegt. Die Klägerin hat auch nicht nachgewiesen, dass X bereits im April 2016 zwar ausbildungswillig, aus objektiven Gründen aber nicht in der Lage gewesen ist, sein Studium fortzusetzen oder sich ausbilden zu lassen. Denn durch das Attest der Klinik vom 20. Januar 2017 ist nur der stationäre Aufenthalt von X im Zeitraum 13. Juli bis 19. Dezember 2016 bzw. durch das Attest von Dipl. med. S vom 28. Juli 2017 die Erkrankung von X im Zeitraum Juli 2016 bis September 2017 belegt.

Damit liegt im Streitfall nicht die Konstellation einer Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung vor. Erforderlich ist ein tatsächlich im Klagezeitraum ab April 2016 bestehendes Ausbildungsverhältnis, bei dem dann gegebenenfalls wegen Erkrankung keine aktive Studientätigkeit stattfindet.

2. Auch die Voraussetzungen der übrigen in § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG genannten Tatbestände liegen nicht vor, insbesondere ist auch die Voraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht erfüllt.

Nach dieser Vorschrift wird ein Kind berücksichtigt, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahrs eingetreten ist. Im Streitfall ergibt sich zwar aus dem Vortrag der Klägerin und dem Schreiben der Klinik vom 20. Januar 2017, dass X bereits vor seinem stationären Aufenthalt ab Juli 2016 an einer rezidivierenden depressiven Störung und Alkoholabhängigkeit gelitten hatte. Der Nachweis einer Behinderung gemäß der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX), nach der Menschen behindert sind, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist, wird dadurch jedoch nicht erbracht.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Finanzgericht München Urteil, 27. Feb. 2018 - 7 K 2457/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht München Urteil, 27. Feb. 2018 - 7 K 2457/17

Referenzen - Gesetze

Finanzgericht München Urteil, 27. Feb. 2018 - 7 K 2457/17 zitiert 7 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Einkommensteuergesetz - EStG | § 32 Kinder, Freibeträge für Kinder


(1) Kinder sind1.im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,2.Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken i

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 90


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Ger

Einkommensteuergesetz - EStG | § 62 Anspruchsberechtigte


(1) 1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer 1. im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder2. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland a) nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt ei

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Finanzgericht München Urteil, 27. Feb. 2018 - 7 K 2457/17 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Finanzgericht München Urteil, 27. Feb. 2018 - 7 K 2457/17 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesfinanzhof Urteil, 10. Mai 2012 - VI R 72/11

bei uns veröffentlicht am 10.05.2012

Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob die dienstliche Vorbereitung eines Soldaten auf Zeit für seine anschließende Verwendung im Mannschaftsdienstgrad eine Berufsausbildung s

Bundesfinanzhof Urteil, 17. Juni 2010 - III R 49/09

bei uns veröffentlicht am 17.06.2010

Tatbestand 1 I. Der im Februar 1986 geborene Sohn S des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) befand sich bis zum 29. Juni 2006 in einer Ausbildung zum Kaufmann im Gro

Referenzen

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1)1Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer

1.
im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
2.
ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
a)
nach § 1 Absatz 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
b)
nach § 1 Absatz 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.
2Voraussetzung für den Anspruch nach Satz 1 ist, dass der Berechtigte durch die an ihn vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) identifiziert wird.3Die nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen.

(1a)1Begründet ein Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, so hat er für die ersten drei Monate ab Begründung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts keinen Anspruch auf Kindergeld.2Dies gilt nicht, wenn er nachweist, dass er inländische Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 mit Ausnahme von Einkünften nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erzielt.3Nach Ablauf des in Satz 1 genannten Zeitraums hat er Anspruch auf Kindergeld, es sei denn, die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 oder Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU liegen nicht vor oder es sind nur die Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 Nummer 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU erfüllt, ohne dass vorher eine andere der in § 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU genannten Voraussetzungen erfüllt war.4Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld gemäß Satz 2 vorliegen oder gemäß Satz 3 nicht gegeben sind, führt die Familienkasse in eigener Zuständigkeit durch.5Lehnt die Familienkasse eine Kindergeldfestsetzung in diesem Fall ab, hat sie ihre Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen.6Wurde das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente oder durch Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht, hat die Familienkasse die zuständige Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er

1.
eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU besitzt,
2.
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
a)
nach § 16e des Aufenthaltsgesetzes zu Ausbildungszwecken, nach § 19c Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Beschäftigung als Au-Pair oder zum Zweck der Saisonbeschäftigung, nach § 19e des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck der Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst oder nach § 20 Absatz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt,
b)
nach § 16b des Aufenthaltsgesetzes zum Zweck eines Studiums, nach § 16d des Aufenthaltsgesetzes für Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen oder nach § 20 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes zur Arbeitsplatzsuche erteilt und er ist weder erwerbstätig noch nimmt er Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch,
c)
nach § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a oder § 25 Absatz 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
3.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist oder Elternzeit nach § 15 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes oder laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch in Anspruch nimmt,
4.
eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält oder
5.
eine Beschäftigungsduldung gemäß § 60d in Verbindung mit § 60a Absatz 2 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes besitzt.

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die dienstliche Vorbereitung eines Soldaten auf Zeit für seine anschließende Verwendung im Mannschaftsdienstgrad eine Berufsausbildung sein kann.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) bezog von der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) für ihren Sohn Kindergeld.

3

Der Sohn beendete seine Schulausbildung im Juli 2009. In der Folgezeit war er nicht als arbeitslos gemeldet. Im Januar 2010 nahm er am Einstellungsverfahren der Bundeswehr teil. Daraufhin wurde er ab April 2010 als Soldat auf Zeit im Mannschaftsdienstgrad Schütze für die Dauer von vier Jahren eingestellt. Bereits zu diesem Zeitpunkt war seine Verwendung als Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE vorgesehen. Für eine solche Verwendung sind eine abgeschlossene allgemeine Grundausbildung sowie eine sich daran anschließende Kraftfahrgrundausbildung bei der Bundeswehr mit erfolgreich bestandener Fahrerlaubnis-Prüfung für Kraftfahrzeuge der Klasse CE erforderlich. Der Sohn der Klägerin durchlief die allgemeine Grundausbildung und die Dienstpostenausbildung. Er erwarb im Oktober/November 2010 eine LKW-Fahrerlaubnis bzw. die Kraftfahrerlaubnis CE. Im Anschluss daran erfolgte seine Verwendung als Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE.

4

Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung für die Monate August 2009 bis Mai 2010 mangels Vorliegens einer Ausbildung auf und forderte die geleisteten Zahlungen zurück. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg.

5

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 415 veröffentlichten Gründen ab.

6

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts.

7

Sie beantragt,
das Urteil des FG vom 12. August 2011  14 K 4025/10 Kg und den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse vom 28. Juni 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2010 aufzuheben.

8

Die Familienkasse beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

10

Entgegen der Auffassung des FG kann die dienstliche Vorbereitung eines Soldaten auf Zeit für seine Verwendung im Mannschaftsdienstgrad eine Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) sein.

11

1. Für ein über 18 Jahre altes Kind, das in den Streitjahren 2009 und 2010 das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG u.a. dann Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG) und seine zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmten oder geeigneten Einkünfte und Bezüge den maßgeblichen Jahresgrenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) nicht übersteigen.

12

a) In Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind (ständige Rechtsprechung, etwa Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Juni 2010 III R 49/09, BFH/NV 2010, 2244, m.w.N.), und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungsordnung oder Studienordnung vorgeschrieben sind (BFH-Urteile vom 18. März 2009 III R 26/06, BFHE 225, 331, BStBl II 2010, 296; vom 9. Juni 1999 VI R 33/98, BFHE 189, 88, BStBl II 1999, 701). Bei dem Begriff der Berufsausbildung handelt es sich um einen eigenständigen Begriff, der grundsätzlich weit auszulegen ist (BFH-Urteil vom 2. April 2009 III R 85/08, BFHE 224, 546, BStBl II 2010, 298).

13

Ein Soldat auf Zeit befindet sich in einer Berufsausbildung, wenn dieser nicht lediglich im Mannschaftsdienstgrad Dienst leistet, sondern tatsächlich eine Ausbildung erhält (vgl. zur Ausbildung eines Soldaten auf Zeit zum Unteroffizier: BFH-Urteile vom 30. Juli 2009 III R 77/06, BFH/NV 2010, 28; vom 15. Juli 2003 VIII R 19/02, BFHE 203, 417, BStBl II 2007, 247; vgl. zur Ausbildung eines Soldaten auf Zeit zum Offizier: BFH-Urteil vom 16. April 2002 VIII R 58/01, BFHE 199, 111, BStBl II 2002, 523). Mithin ist auch bei einem Soldaten auf Zeit nach allgemeinen Grundsätzen entscheidend darauf abzustellen, ob der Ausbildungscharakter im Vordergrund der Tätigkeit steht (BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 28). Dabei steht die Verpflichtung als Soldat auf Zeit der Annahme eines Ausbildungsverhältnisses jedenfalls zu Beginn der Verpflichtungszeit nicht entgegen (BFH-Urteil in BFHE 203, 417, BStBl II 2007, 247).

14

b) Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die Berücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG, dass sich dieses ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht (vgl. etwa BFH-Urteil vom 22. September 2011 III R 35/08, BFH/NV 2012, 232, m.w.N.).

15

Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Die Ausbildungsbereitschaft des Kindes muss sich durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben (BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 III R 66/05, BFHE 222, 343, BStBl II 2009, 1005, m.w.N.). Die Nachweise für die Ausbildungswilligkeit des Kindes und für sein Bemühen, einen Ausbildungsplatz zu finden, hat der Kindergeldberechtigte beizubringen (BFH-Urteil in BFHE 222, 343, BStBl II 2009, 1005, m.w.N.). Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz kann z.B. außer durch eine Meldung bei der Arbeitsvermittlung auch glaubhaft gemacht werden durch Suchanzeigen in der Zeitung, durch direkte schriftliche Bewerbungen an Ausbildungsstätten und ggf. darauf erhaltene Zwischennachrichten oder Absagen. Bewerbungen und Absagen durch E-Mails können ebenfalls zu berücksichtigen sein. Telefonische Anfragen können im Einzelfall als Nachweis ausreichen, wenn detailliert und glaubhaft dargelegt wird, mit welchen Firmen, Behörden usw. zu welchen Zeitpunkten (erfolglose) Gespräche geführt worden sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 232, m.w.N.).

16

Auch wenn das Kindergeld monatlich entsteht und deshalb die Anspruchsvoraussetzungen --wie das Bemühen um einen Ausbildungsplatz-- in jedem Monat gegeben sein müssen, braucht nicht zwingend für jeden Monat ein erneuter Nachweis vorgelegt zu werden, der das Bemühen um einen Ausbildungsplatz dokumentiert. Es ist daher nicht erforderlich, dass sich das Kind jeden Monat erneut um eine Ausbildungsstelle bewirbt, solange über die bisherigen Bewerbungen noch nicht entschieden ist; allerdings ist spätestens nach Ablauf von drei Monaten eine Parallelbewerbung erforderlich, wenn das Kind innerhalb dieses Zeitraums keine Absage erhalten hat (BFH-Urteil in BFHE 222, 343, BStBl II 2009, 1005).

17

2. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Aufgrund der Feststellungen des FG kann der Senat nicht beurteilen, ob der Klägerin ein Anspruch auf Kindergeld zusteht.

18

a) Seit April 2010 befand sich der Sohn der Klägerin in einer Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Nach den mit zulässigen Revisionsrügen nicht angegriffenen und daher den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hat er seit dem Beginn seiner Verpflichtungszeit tatsächlich eine Ausbildung erhalten. Er durchlief solche Ausbildungsabschnitte, die für seine Verwendung bei der Bundeswehr als Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE notwendig waren. Denn sowohl die allgemeine Grundausbildung als auch die sich daran anschließende Dienstpostenausbildung waren Voraussetzungen für seine spätere dienstliche Verwendung.

19

aa) Für den Sohn der Klägerin waren die allgemeine Grundausbildung und die Dienstpostenausbildung zwei Abschnitte einer einheitlichen Berufsausbildung. Denn nach den Feststellungen des FG wurden beide Ausbildungsabschnitte von Beginn an für ihn festgelegt. Überdies war für die Dienstpostenausbildung das Durchlaufen der allgemeinen Grundausbildung Voraussetzung. Auch inhaltlich wies die allgemeine Grundausbildung Bezüge zur späteren Tätigkeit als Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE bei der Bundeswehr auf. Denn in der dreimonatigen allgemeinen Grundausbildung werden sowohl allgemeine militärische als auch militärfachliche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt. Dazu gehören insbesondere eine Gefechts- und Schießausbildung, die Sanitätsausbildung sowie die Vermittlung theoretischer Kenntnisse, etwa auf dem Gebiet des Wehrrechts (vgl. Brockhaus, Die Enzyklopädie in 30 Bänden, 21. Aufl., Stichwort "Grundausbildung"). Auch die Vermittlung dieser Grundlagen gehört zu den Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlage für die Ausübung eines bei der Bundeswehr angestrebten Berufs geeignet sind. Dies gilt im Streitfall umso mehr, als dass nach den Feststellungen des FG für einen bei der Bundeswehr tätigen Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE auch die taktisch richtige Fahrweise in jeder Gefechtslage vonnöten ist, was wiederum die in der allgemeinen Grundausbildung geschulte Gefechtsausbildung voraussetzt.

20

bb) Es widerspricht auch nicht der Annahme einer Berufsausbildung, dass sich die Unterweisungszeit des Sohnes der Klägerin zum Kraftfahrer der Fahrerlaubnisklasse CE von sieben bis acht Monaten nicht mit der dreijährigen Ausbildungsdauer eines Berufskraftfahrers deckt (vgl. § 2 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer/zur Berufskraftfahrerin). Denn trotz der kürzeren Ausbildungszeit hat der Sohn der Klägerin dieselbe --nicht auf den Bereich der Bundeswehr beschränkte-- berufliche Qualifikation als Berufskraftfahrer erworben.

21

b) Jedenfalls in den Monaten Januar bis März 2010 konnte der Sohn der Klägerin i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen. Denn spätestens durch die Teilnahme am Einstellungsverfahren der Bundeswehr im Januar 2010 hat er sich ernsthaft um den Ausbildungsplatz bemüht. Das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- bislang noch keine Feststellungen dazu getroffen, ab wann sich der Sohn der Klägerin darüber hinaus durch weitere einen Anspruch auf Kindergeld begründende Maßnahmen ernsthaft um seinen Ausbildungsplatz bei der Bundeswehr bemüht hat. Diese Feststellungen wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

22

c) Ferner fehlen Feststellungen des FG, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG maßgeblichen (ggf. anteiligen) Grenzbetrag überschritten haben. Dem FG wird Gelegenheit gegeben, auch diese Feststellungen nachzuholen.

Tatbestand

1

I. Der im Februar 1986 geborene Sohn S des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) befand sich bis zum 29. Juni 2006 in einer Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Einzelhandel bei einer GmbH & Co. KG. Seit August 2006 besuchte er ein Abendgymnasium in Teilzeitunterricht mit wöchentlich 22 Stunden. Außerdem nahm er bei der GmbH & Co. KG eine Vollzeiterwerbstätigkeit auf. In dem Zeitraum von Januar bis Juni 2006 bezog er eine Ausbildungsvergütung, die unterhalb des anteiligen Jahresgrenzbetrags lag. Die Einkünfte und Bezüge des gesamten Jahres 2006 überschritten hingegen den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr 2006 maßgeblichen Fassung (EStG).

2

Mit Bescheid vom 11. März 2008 hob die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) die Festsetzung von Kindergeld für S ab Januar 2006 auf und forderte bereits ausgezahltes Kindergeld für die Monate Januar bis Juni 2006 zurück, da das "Einkommen" des S im Jahr 2006 den maßgeblichen Grenzbetrag von 7.680 € überschritten habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies sie mit Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2008 als unbegründet zurück. Sie entschied, S sei nicht nur in den Monaten Januar bis Juni 2006, sondern auch in den Monaten August bis Dezember 2006 als Kind in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) und im Monat Juli 2006 als Kind in einer Übergangszeit i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG zu berücksichtigen. Seine demnach im gesamten Jahr 2006 anzusetzenden Einkünfte und Bezüge ermittelte sie mit insgesamt 10.069,88 €.

3

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage des Klägers, mit der er sich gegen die Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld für die Monate Januar bis Juni 2006 wandte, mit Urteil vom 3. März 2009  16 K 392/08 statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus:

4

Der Kläger habe einen Anspruch auf Kindergeld für den Zeitraum Januar bis Juni 2006. In dieser Zeit habe S sich in Berufsausbildung befunden und seine Einkünfte und Bezüge hätten den anteiligen Jahresgrenzbetrag nicht überschritten. Die Einkünfte und Bezüge aus dem Zeitraum August bis Dezember 2006 --für Juli 2006 liege kein Kindergeldtatbestand vor-- seien in die Grenzbetragsberechnung nicht einzubeziehen. Zwar habe S sich ab August 2006 wieder in einer Berufsausbildung befunden. Da er in dieser Zeit aber einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen sei, sei er für diesen Zeitraum nicht als Kind zu berücksichtigen, denn insoweit fehle es typischerweise an einer verminderten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern, die eine Entlastung durch Kindergeld rechtfertige. S habe in den Monaten August bis Dezember 2006 jeweils Einkünfte und Bezüge erzielt, die oberhalb eines Zwölftels des Jahresgrenzbetrags gelegen hätten. Damit falle dieser Zeitraum aus dem Anspruchszeitraum für den Bezug von Kindergeld heraus.

5

Mit ihrer Revision rügt die Familienkasse eine Verletzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG durch das FG.

6

Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Recht hat die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld ab Januar 2006 aufgehoben. Dem Kläger steht für das Jahr 2006 kein Kindergeld für S zu.

9

1. Für ein über 18 Jahre altes Kind, das --wie S im Streitjahr 2006-- das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, besteht nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2, § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG u.a. dann Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) oder sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) und seine zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmten oder geeigneten Einkünfte und Bezüge 7.680 € im Kalenderjahr nicht übersteigen.

10

a) In Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Die Ausbildungsmaßnahme braucht Zeit und Arbeitskraft des Kindes nicht überwiegend in Anspruch zu nehmen (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteil vom 21. Januar 2010 III R 68/08, BFH/NV 2010, 872, m.w.N.).

11

b) Danach ist die Entscheidung des FG, S habe sich nicht nur in der Zeit von Januar bis Juni 2006 während seiner Ausbildung zum Kaufmann, sondern auch ab August 2006 mit dem Besuch des Abendgymnasiums (wieder) in Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG befunden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat damit --für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO)-- zugleich festgestellt, dass S seine weitere Ausbildung an dem Abendgymnasium auch neben der Vollzeiterwerbstätigkeit ernsthaft und nachhaltig betrieben hat.

12

2. Entgegen der Auffassung des FG schließt jedoch eine Vollzeiterwerbstätigkeit neben einer ernsthaft und nachhaltig betriebenen Ausbildung die Berücksichtigung als Kind in der Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) nicht aus (z.B. Senatsurteile in BFH/NV 2010, 872, und vom 22. Oktober 2009 III R 29/08, BFH/NV 2010, 627, jeweils m.w.N.; Senatsbeschluss vom 31. Juli 2008 III B 64/07, BFHE 222, 471). Die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte sind daher bei der Prüfung, ob der --ggf. anteilige-- Jahresgrenzbetrag überschritten wurde, einzubeziehen. Danach sind hier bei der entsprechenden Prüfung nicht nur die Einkünfte und Bezüge des S in den Monaten Januar bis Juni 2006, sondern auch die der Monate August bis Dezember 2006 zu berücksichtigen.

13

3. Zu Recht hat die Familienkasse auch die von S im Monat Juli 2006 erzielten Einkünfte bei der Prüfung, ob der maßgebliche Jahresgrenzbetrag überschritten ist, berücksichtigt.

14

a) In diesem Monat befand S sich i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Denn nach den Feststellungen des FG wurde er bis einschließlich Juni 2006 und ab August 2006 wieder i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für einen Beruf ausgebildet.

15

b) Nach der geänderten Rechtsprechung des Senats wird auch der Tatbestand einer Übergangszeit (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG) durch eine Vollzeiterwerbstätigkeit nicht ausgeschlossen. Insoweit verweist der Senat auf sein Urteil vom 17. Juni 2010 III R 34/09, BFHE 230, 61. Zu Recht hat die Familienkasse daher auch die von S im Juli 2006 erzielten Einkünfte bei der Prüfung, ob der Jahresgrenzbetrag überschritten ist, angesetzt.

16

4. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben. Da S im gesamten Jahr 2006 als Kind zu berücksichtigen war und seine in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte und Bezüge nach den Feststellungen des FG den maßgeblichen Jahresgrenzbetrag von 7.680 € (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) überschritten haben, stand dem Kläger auch für die Monate Januar bis Juni 2006 für S kein Kindergeld zu.

17

5. Die Festsetzung von Kindergeld kann für zurückliegende Monate auch dann aufgehoben und bereits ausgezahltes Kindergeld zurückgefordert werden, wenn der Jahresgrenzbetrag erst durch Einkünfte und Bezüge in Folgemonaten überschritten wird. Nach dem Jahresprinzip ist es ausgeschlossen, Kindergeld für einzelne Monate zu gewähren, in denen keine oder nur geringe Einkünfte oder Bezüge zugeflossen sind (z.B. Senatsbeschluss in BFHE 222, 471; Senatsurteil in BFH/NV 2010, 627).

(1) Kinder sind

1.
im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder,
2.
Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

(2)1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.2Ist ein im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen.

(3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt.

(4)1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es

1.
noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2.
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
a)
für einen Beruf ausgebildet wird oder
b)
sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes nach § 58b des Soldatengesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c)
eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d)
einen der folgenden freiwilligen Dienste leistet:
aa)
ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
bb)
ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes,
cc)
einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
dd)
eine Freiwilligentätigkeit im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32),
ee)
einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
ff)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. Januar 2016,
gg)
einen Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne von § 2 Absatz 1a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch oder
hh)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 4. Januar 2021 (GMBl S. 77) oder
3.
wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.
2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht.3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

(5)1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das

1.
den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder
2.
sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder
3.
eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Absatz 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,
für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entsprechenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzlichen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt.2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend.3Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6)1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3 012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen.2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn

1.
der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist oder
2.
der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.
4Für ein nicht nach § 1 Absatz 1 oder 2 unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sätzen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind.5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um ein Zwölftel.6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist; die Übertragung des Kinderfreibetrags führt stets auch zur Übertragung des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf.7Eine Übertragung nach Satz 6 scheidet für Zeiträume aus, für die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gezahlt werden.8Bei minderjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Wohnung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen, wenn bei dem Elternpaar die Voraussetzungen des § 26 Absatz 1 Satz 1 nicht vorliegen.9Eine Übertragung nach Satz 8 scheidet aus, wenn der Übertragung widersprochen wird, weil der Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut.10Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 9 zustehenden Freibeträge können auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat oder dieser einer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterliegt.11Die Übertragung nach Satz 10 kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils erfolgen, die nur für künftige Kalenderjahre widerrufen werden kann.12Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes ist die Identifizierung des Kindes durch die an dieses Kind vergebene Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung).13Ist das Kind nicht nach einem Steuergesetz steuerpflichtig (§ 139a Absatz 2 der Abgabenordnung), ist es in anderer geeigneter Weise zu identifizieren.14Die nachträgliche Identifizierung oder nachträgliche Vergabe der Identifikationsnummer wirkt auf Monate zurück, in denen die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes vorliegen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.