Finanzgericht München Urteil, 02. Dez. 2015 - 3 K 701/13

bei uns veröffentlicht am02.12.2015

Gericht

Finanzgericht München

Gründe

Finanzgericht München

Az.: 3 K 701/13

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Stichwort:

1. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsansprüche bleiben als selbstständige Ansprüche auch dann bestehen, wenn der Jahressteuerbescheid ergeht. Für die Beurteilung eines Haftungsanspruchs wegen einer bestimmten Steuer ist genau auf den Besteuerungszeitraum abzustellen, für den der Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll.

2. Im Tenor eines Haftungsbescheides muss deshalb der Besteuerungszeitraum genannt werden, auf den sich die dem Haftungsschuldner vorgeworfene Pflichtverletzung bezieht.

In der Streitsache

...

Klägerin

prozessbevollmächtigt: ... Rechtsanwälte

gegen

Finanzamt ... vertreten durch den Amtsleiter

Beklagter

wegen Haftungsbescheid vom 24.4.2012 betreffend Umsatzsteuerrückstände der Fa. A GmbH

hat der 3. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht, den Richter am Finanzgericht und den Richter am Finanzgericht sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung

vom 2. Dezember 2015

für Recht erkannt:

1. Der Haftungsbescheid vom 24. April 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.

Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides gegenüber der Klägerin für Steuerschulden einer Firma A GmbH.

Die Klägerin war seit dem 6. März 2007 bis zum 23. September 2008 alleinige Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der mit Gesellschaftsvertrag vom 6. März 2007 gegründeten A GmbH mit dem damaligen Sitz in B.

In ihrer am 11. Februar 2008 eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 errechnete die A GmbH eine negative Umsatzsteuer von 9.848,58 €. Das beklagte Finanzamt (im Folgenden: FA) stimmte dieser Voranmeldung zu und zahlte den Erstattungsbetrag aus.

Mit geschätztem Steuerbescheid vom 12. August 2009 setzte das FA die Umsatzsteuer für 2007 auf 37.646,69 € fest; dies ergab eine Nachzahlung von 18.745,94 €. In ihrer am 8. Dezember 2009 (Frühleerung) eingereichten Umsatzsteuererklärung für 2007 errechnete die A GmbH eine Umsatzsteuer von 48.965,34 €. Mit Umsatzsteuerbescheid vom 4. Januar 2010 setzte das FA die Umsatzsteuer der A GmbH für 2007 auf den Betrag von 48.965,34 € fest; daraus errechnete sich eine weitere Nachzahlung von 11.318,65 €. Insgesamt ergab sich daraus, gegenüber den eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen der A GmbH für das Jahr 2007 mit einer zu zahlenden Umsatzsteuer von 18.900,75 €, eine Nachzahlung von 30.064,59 €.

Mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 19. April 2010 wurde über das Vermögen der A GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.

Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2011 wandte sich das FA an die Klägerin zur Prüfung der persönlichen Haftungsinanspruchnahme wegen der Abgabe unzutreffender UmsatzsteuerVoranmeldungen für den Zeitraum März bis Dezember 2007.

Mit Schreiben vom 29. September 2011 teilte die Klägerin dem FA mit, dass in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 nicht alle Umsätze dieses Besteuerungszeitraums erfasst worden seien. Diese Umsätze seien dann zeitnah im Februar 2008 vom damaligen Steuerberater eingebucht worden, woraus sich für den Dezember 2007 eine Umsatzsteuer von 18.786,89 € errechnet habe, was zu einer Nachzahlung von 28.635,47 € geführt habe. Dieser Betrag decke sich in etwa mit der endgültigen Abschlusszahlung für 2007. Eine entsprechend berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung sei allerdings nicht beim FA angekommen und eine Zahlung in dieser Höhe sei auch nicht geleistet worden. Die Übermittlung sei wohl aus technischen Gründen gescheitert und für den Steuerberater nicht erkennbar gewesen.

Mit Haftungsbescheid vom 24. April 2012 nahm das FA die Klägerin als Geschäftsführerin der A GmbH für deren Umsatzsteuerschulden aus dem Veranlagungszeitraum 2007 in Höhe von insgesamt 21.588,67 € in Haftung. Dieser Betrag setzte sich nach dem Haftungsbescheid aus den am 17. September 2009 fällig gewordenen Beträgen von 6.594,32 € und 3.675,70 € sowie dem am 8. Februar 2010 fällig gewordenen Betrag von 11.318,65 € zusammen. Die Pflichtverletzung der Klägerin sah das FA in der nicht rechtzeitigen Abgabe einer zutreffenden Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007. Das FA ging weiter von einer hundertprozentigen Tilgungsquote im Haftungszeitraum aus und nahm die Haftungsinanspruchnahme teilweise gesamtschuldnerisch mit dem Nachfolgegeschäftsführer der Klägerin - dem D - vor. Dieser wurde mit Haftungsbescheid vom 13. September 2011 für Steuerschulden der A GmbH in Höhe von insgesamt 3.200,96 € gleichfalls als deren Geschäftsführer in Haftung genommen. Zu den Einzelheiten wird auf den Haftungsbescheid vom 13. September 2011 gegen D verwiesen.

Gegen den Haftungsbescheid gegenüber der Klägerin vom 24. April 2012 war der am 29. Mai 2012 (Frühleerung) eingegangene Einspruch gerichtet.

Mit Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 setzte das FA wegen Zahlungen aus der Schlussverteilung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A GmbH den Haftungsbetrag für die Umsatzsteuer 2007 auf 17.865,04 € herab, im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen ist die Klage vom 6. März 2013 gerichtet.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass sie deshalb zu Unrecht in Haftung genommen worden sei, weil sie bei den Fälligkeitsterminen der Umsatzsteuer 2007 am 17. September 2009 und am 8. Februar 2010 nicht mehr Geschäftsführerin der A GmbH gewesen sei. Sie habe hier auch nicht deshalb eine Pflichtverletzung begangen, weil eine berichtigte Abgabe der fehlerhaften Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 unterblieben sei. So habe sie sich völlig korrekt verhalten, weil sie die offenen, umsatzsteuerlich noch nicht erfassten Rechnungen für 2007 dem Steuerberater zeitnah zur Verfügung gestellt habe, um diesen in die Lage zu versetzen, eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 zu erstellen. Somit sei von ihr alles getan worden, um die erforderliche Korrektur herbeizuführen. Auch den damaligen Steuerberater treffe hier kein Verschulden, das sie sich anrechnen lassen müsse, denn bei der komplizierten elektronischen Übermittlung von Daten könnten sich immer wieder Fehler einschleichen, die für den Anwender nicht erkennbar seien. Sie sei vom Steuerberater auch nicht darüber informiert worden, dass sich aus der verunglückten berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 eine Nachzahlung von 28.635,47 € ergeben würde.

Zu dem weiteren Vorbringen der Klägerin wird auf ihren Schriftsatz vom 6. März 2013 nebst Anlagen verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 24. April 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 aufzuheben;

hilfsweise die Haftung um 1.182,63 € herabzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt das FA im Wesentlichen vor, dass die Klägerin als Geschäftsführerin der A GmbH hafte, weil Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht rechtzeitig erfüllt worden seien. Die grob fahrlässige Pflichtverletzung der Klägerin bestehe hier in der Abgabe der falschen Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007, denn statt der zutreffenden Umsatzsteuernachzahlung von 18.786,89 € sei eine Überzahlung von 9.848,58 € angemeldet worden. Bei dieser erheblichen Abweichung hätte es der Klägerin - bei Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflichten - auffallen müssen, dass die abgegebene UmsatzsteuerVoranmeldung falsch gewesen sei. Eine Pflichtverletzung scheide auch nicht deshalb aus, weil die Klägerin die Wahrnehmung dieser steuerlichen Angelegenheiten einem Steuerberater überlassen habe, denn sie hätte sich durch laufende Überwachung dieser Person von der richtigen Erfüllung der steuerlichen Pflichten überzeugen müssen. Bei der Ermittlung einer möglichen Tilgungsquote habe die Klägerin nicht mitgewirkt, so dass das FA eine hundertprozentige Tilgungsquote annehmen habe müssen.

Zu dem weiteren Vorbringen des FA wird auf die Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 und die Stellungnahme vom 6. Juni 2013 verwiesen.

Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.

II.

Die Klage ist begründet. Der Haftungsbescheid vom 24. April 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 ist rechtswidrig, weil der im Tenor des Haftungsbescheides genannte Besteuerungszeitraum nicht im Zusammenhang mit der Begründung dieses Bescheides steht und die Klägerin zu den dort genannten Fälligkeitszeitpunkten nicht mehr Geschäftsführerin der Gesellschaft gewesen ist.

1. Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) kann derjenige, der kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.

a) Derartige gesetzlich angeordnete Haftungsansprüche finden sich insbesondere in §§ 69 und 71 AO. Nach § 69 Satz 1 AO haften die in den §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Dabei hat der Geschäftsführer als der gesetzliche Vertreter einer GmbH nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) auch deren steuerliche Pflichten wahrzunehmen. Zu diesen Pflichten gehört gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 AO insbesondere, dass die Steuern aus den vom Geschäftsführer verwalteten Mitteln entrichtet werden.

b) Nach dem Tenor des Haftungsbescheides vom 24. April 2012 ist die Klägerin als Geschäftsführerin der A GmbH für deren Umsatzsteuerschulden aus dem Veranlagungszeitraum 2007 i. H. v. insgesamt 21.588,67 € in Haftung genommen worden. Die im Haftungsbescheid angegebenen Fälligkeitszeitpunkte (17. September 2009 und 8. Februar 2010) entsprechen den im Umsatzsteuerjahresbescheid für 2007 vom 4. Januar 2010 gesetzten verschiedenen Fälligkeitszeitpunkten für die Umsatzsteuerjahresschuld 2007. In der Begründung des streitigen Haftungsbescheides und in der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 werden dagegen als „Pflichtverletzungen“ der Klägerin die Abgabe einer unzutreffenden Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 sowie die fehlende Berichtigung dieser Voranmeldung genannt.

Die Klägerin ist demnach mit dem vorliegenden Haftungsbescheid für Steuerschulden der A GmbH aus der Umsatzsteuer für 2007 in Haftung genommen worden, obwohl sich die ihr vorgeworfenen Pflichtverletzungen ausschließlich auf die zeitlich vorhergehende Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 bezieht. Im Streitfall kommt diesem Umstand deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil die Klägerin nur bis zum 23. September 2008 Geschäftsführerin der Steuerschuldnerin gewesen ist; die genannten Fälligkeitstermine der Umsatzsteuer 2007 (17. September 2009 und 8. Februar 2010) liegen aber weit nach diesem Zeitpunkt und somit außerhalb des Haftungszeitraums. Eine dahingehende Haftung der Klägerin ist nicht erkennbar. Die Klägerin hat keine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Nichtzahlung der vom FA zu den genannten Zeitpunkten fällig gestellten Beträge begangen.

c) Für eine Haftungsinanspruchnahme ist es zwar ohne Bedeutung, dass die UmsatzsteuerVoranmeldungen und eventuelle Vorauszahlungsfestsetzungen gegenüber dem Steuerschuldner - wie im Streitfall - durch den Erlass des Jahressteuerbescheids ihre Wirksamkeit verloren haben und nur mehr die sich aus Letzterem ergebende - mit Ablauf des Veranlagungszeitraums entstandene - Jahressteuer verwirklicht werden kann. Denn das Recht zur Haftungsinanspruchnahme folgt aus der Tatbestandsverwirklichung als haftungsauslösendes Element und nicht aus der Festsetzung der Steuerschuld. Entscheidend ist daher, dass der entstandene Primäranspruch - hier die materiellrechtliche Vorauszahlungsschuld gegen die GmbH - durch die Festsetzung der Jahressteuerschuld nicht erloschen oder sonst untergegangen ist (vgl. Bundesfinanzhof - BFH-Urteile vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BStBl II 2000, 486, Rz. 32 und vom 5. November 1992 I R 41/92, BStBl II 1993, 407).

Die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsansprüche bleiben demnach als selbstständige Ansprüche auch dann bestehen, wenn der Jahressteuerbescheid ergeht. Denn die Abgabe von Steuererklärungen für den Besteuerungszeitraum (= das Kalenderjahr) berührt die bereits abgegebenen Voranmeldungen bzw. die Festsetzungen von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen nicht. Diese werden weder geändert, noch ergänzt oder aufgehoben. Für die Inanspruchnahme eines für rückständige Vorauszahlungen Haftenden bedeutet dies, dass der Primäranspruch des FA auf die Entrichtung der rückständigen Vorauszahlungsschulden auch nach Festsetzung der Jahressteuerschuld weiterhin besteht und dass der Haftende bei Vorliegen der übrigen Haftungsvoraussetzungen durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden kann (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BStBl II 2000, 486, Rz. 25, 27).

Die sich aus der Rechtsnatur der Haftung ergebende Abhängigkeit der Haftungsschuld zum Entstehen und Bestehen der Steuerschuld führt demnach nicht zu einer inhaltlichen Identität ihres verfahrensrechtlichen Schicksals. Vielmehr ist die Haftung trotz der dargestellten Akzessorietät gegenüber der Steuerschuld weitgehend verselbstständigt, so dass die Betriebssteuerschuld des Steuerschuldners unterschieden werden muss von der eigenständigen Haftungsschuld des Haftenden. Auf den Haftenden geht nicht die Steuerschuld über, sondern der Anspruch des FA auf Haftung für eine bestimmte Steuerschuld tritt neben dessen Steuerforderung (BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BStBl II 2000, 486, Rz. 31).

Allgemein ist demnach zur Beurteilung eines Haftungsanspruchs wegen einer bestimmten Steuer auf den Besteuerungszeitraum abzustellen, für den der Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll (BFH-Urteil vom 25. Mai 2004 VII R 29/02, BStBl II 2005, 3, Rz. 20).

d) Dies bedeutet für den Streitfall, dass das FA im Tenor des Haftungsbescheides denjenigen Besteuerungszeitraum hätte nennen müssen, auf den sich die der Klägerin vorgeworfene Pflichtverletzung bezieht. Dies ist vorliegend der Voranmeldungszeitraum Dezember 2007, der aber lediglich in der Begründung des Bescheides genannt wird. Nur hinsichtlich dieses Besteuerungszeitraumes erscheint eine Haftungsinanspruchnahme der Klägerin wegen ihrer zeitlich begrenzten Tätigkeit als Geschäftsführerin überhaupt möglich.

Technische Vorgaben des Veranlagungsverfahrens oder kassentechnische Abwicklungen ändern nichts daran, dass einem Haftungsschuldner in dem verselbstständigten Haftungsverfahren eindeutig mitgeteilt werden muss, hinsichtlich welcher steuerlichen Pflichten für welchen konkreten Besteuerungszeitraum er einen oder mehrere Pflichtverstöße begangen haben soll. Daran fehlt es aber hier, der Tenor des Haftungsbescheides weist vielmehr ausdrücklich auf einen anderen, später fällig werdenden Besteuerungszeitraum als den Voranmeldungszeitraum Dezember 2007 hin. Dieser Mangel ist auch durch die Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 als letzte Verwaltungsentscheidung nicht beseitigt worden.

e) Die unrichtige Bezugnahme auf die Jahresumsatzsteuer für 2007 im Haftungsbescheid vom 24. April 2012 ist im Streitfall auch daraus zu ersehen, dass sich der Haftungsbetrag auf die Jahressteuer und nicht auf den Betrag der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 bezieht. So ergab die mit Bescheid vom 4. Januar 2010 festgesetzte Umsatzsteuer 2007 der A GmbH von 48.965,34 € - gegenüber der Zahllast laut den eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen in Höhe von 18.900,75 € - eine Nachzahlung von 30.064,59 €. Dieser Betrag übersteigt aber den bei Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Dezember 2007 der Klägerin als Pflichtverletzung zugrunde gelegten Betrag von 28.635,47 € um 1.429,12 €. Es kann hier dahingestellt bleiben, worauf diese Differenz beruht. Jedenfalls kann dieser weitere Betrag aber nicht mit dem vorliegenden Haftungsbescheid gegenüber der Klägerin geltend gemacht werden, solange nicht auch eine dahingehende Pflichtverletzung vorliegt. Entsprechende weitere Pflichtwidrigkeiten sind aber weder erkennbar noch vom FA vorgetragen worden, zudem ist die Klägerin bei Abgabe der Umsatzsteuererklärung für 2007 nicht mehr Geschäftsführerin der A GmbH gewesen. Insoweit geht der Haftungsbescheid von einer unrichtigen, zu hohen Bemessungsgrundlage aus und ist auch aus diesem Grunde rechtswidrig.

Die Notwendigkeit einer genauen Bezeichnung des für die Pflichtverletzung relevanten Besteuerungszeitraums wird des Weiteren bei der Verjährung von Haftungsansprüchen deutlich, was im Streitfall insbesondere beim (möglichen) Erlass eines neuen Haftungsbescheides relevant werden könnte. Gemäß § 191 Abs. 3 Satz 1 AO sind hier die Vorschriften über die Festsetzungsfrist auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Nach dem Satz 3 des § 191 Abs. 3 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Insoweit ist hier an den Zeitpunkt der Verpflichtung zur Abgabe der jeweiligen Steueranmeldung oder Steuererklärung anzuknüpfen. Bezogen auf den Streitfall kann deshalb die Festsetzungsverjährung einer Haftung für die Umsatzsteuer 2007 von der Verjährung einer Haftung für die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Dezember 2007 abweichen.

f) Der Haftungsbescheid vom 24. April 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 leidet auch insoweit an einem Begründungsmangel, als aus ihm nicht zu erkennen ist, wie die im Tenor genannten drei unterschiedliche Beträge der Umsatzsteuer für 2007 errechnet worden sind, welche zur Grundlage der Haftung geworden sind. So sind hier nach dem Vorbringen des FA Zahlungen und Umbuchungen berücksichtigt worden, die aber mangels Begründung weder aus dem Haftungsbescheid noch aus der nachfolgenden Einspruchsentscheidung heraus durch die Klägerin nachgeprüft werden konnten. Der Klägerin sind die Einzelheiten der Berechnung erst mit Schreiben vom 1. März 2013 - mithin erst nach dem Erlass der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 2013 - erläutert worden.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

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(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 35 Vertretung der Gesellschaft


(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder

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Abgabenordnung - AO 1977 | § 71 Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers


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Abgabenordnung - AO 1977 | § 35 Pflichten des Verfügungsberechtigten


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Gründe Finanzgericht München Az.: 3 K 701/13 IM NAMEN DES VOLKES Urteil Stichwort: 1. Umsatzsteuer-Vorauszahlungsansprüche bleiben als selbstständige Ansprüche auch dann bestehen, wenn der

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(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.