Finanzgericht München Urteil, 20. Jan. 2015 - 2 K 1518/12

published on 20/01/2015 00:00
Finanzgericht München Urteil, 20. Jan. 2015 - 2 K 1518/12
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Gericht

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

I. Streitig ist, ob der bestandskräftige -unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung ergangene- Änderungsbescheid über Einkommensteuer für 2009 vom 4. Januar 2012 aufgrund der am 17. Februar 2012 beim Beklagten (dem Finanzamt -FA-) eingereichten Steuererklärung für 2009 noch geändert werden konnte oder ob ein grobes Verschulden der Kläger dem entgegenstand.

Die Kläger sind Ehegatten und werden beim FA zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist ehemaliger Berufsschullehrer und bezog Versorgungsbezüge. Daneben erzielten die Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Da die Kläger trotz Aufforderung des FA keine Einkommensteuererklärung für 2009 einreichten, wurden die Besteuerungsgrundlagen geschätzt. Der Schätzungsbescheid vom 15. März 2011 stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung -AO-).

Im Rahmen der Schätzung für das Jahr 2010 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung mit dem o.g. Änderungsbescheid über Einkommensteuer für 2009 vom 4. Januar 2012 gem. § 164 Abs. 3 AO aufgehoben. Der Bescheid ging am selben Tag mit einfachem Brief zur Post.

Am 17. Februar 2012 ging die Einkommensteuererklärung der Kläger für das Jahr 2009 beim FA ein. Dies wertete das FA als Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2009 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Mit Bescheid vom 1. März 2012 lehnte es den Antrag auf Änderung ab, weil ein grobes Verschulden der Kläger i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu bejahen sei. Ein grobes Verschulden sei im Allgemeinen anzunehmen, wenn -wie im Streitfall- ein Steuerpflichtiger trotz mehrfacher Aufforderung keine Steuererklärung abgegeben habe.

Mit Schreiben vom 5. März 2012 wendeten sich die Kläger gegen diesen Ablehnungsbescheid. In ihrem Fall habe eine menschliche Ausnahmesituation vorgelegen. Als ihr einziger Bruder/Schwager im Jahr 2007 verstorben sei, hätten sie sich um die Beerdigung gekümmert und die übrigen damit zusammenhängenden Arbeiten erledigt. In der Folgezeit hätten sich auch Krankheitsfälle und Klinikaufenthalte ihrer Eltern/Schwiegereltern, die in X wohnten, gehäuft. Deswegen sei ihre gesamte Freizeit aufgebraucht worden, so dass auch die Arbeiten an ihrem denkmalgeschützten Haus hintangestellt worden seien. Aufschiebbares sei unerledigt geblieben. Im Frühjahr 2009 sei ihr Vater/Schwiegervater seinem Herzleiden erlegen, so dass sie ihre bettlägerige Mutter/Schwiegermutter in ihr Haus bis zu deren Tod im August 2009 aufgenommen hätten. Die damit in Zusammenhang stehende Wohnungsauflösung, die Regelung der Erbschaftsangelegenheiten sowie insbesondere der psychische Aspekt hätte bis in die jüngste Zeit angedauert. Die noch nicht erstellten Steuererklärungen für 2009 und 2010 wären Ende 2011 fast abgabereif vorbereitet gewesen, leider habe ein hartnäckiger Grippevirus dies verhindert.

Das Finanzamt wertete bereits dieses Schreiben der Kläger als Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid. Dies teilte es den Klägern mit und wies u.a. die Kläger darauf hin, dass die Einkommensteuerfestsetzung für 2009 seit 9. Februar 2012 bestandskräftig sei. Am 26. März 2012 legten die Kläger ausdrücklich Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein und trugen unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 5. März 2012 vor, dass nach ihrer Auffassung kein grobes Verschulden vorliege. Mit Einspruchsentscheidung vom 10. April 2012 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.

Dagegen richtet sich die Klage der Kläger. Sie tragen im Wesentlichen vor, dass sie kein grobes Verschulden i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO treffe. Das FA habe ihre menschliche Ausnahmesituation nicht gewürdigt. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag weisen sie darauf hin, dass hauptsächlich die psychischen Folgen für sie sehr belastend gewesen seien. Die gehäuften familiären Trauerfälle hätten auch zu länger anhaltenden Phasen von Antriebslosigkeit und eingeschränkter Leistungsfähigkeit geführt und dabei den Fokus auf das existenziell Notwendige eingeengt. Im Übrigen wären sie ihrer Steuererklärungspflicht in chronologischer Weise nachgekommen, jedoch im Streitjahr verspätet. Die Aufarbeitung ihrer Gesamtsituation, die Wohnungsauflösung, die rechtlichen Angelegenheiten, die Erbschaftsregelungen etc. und insbesondere der psychische Aspekt, habe bis Ende 2011 angedauert. Auch seien viele Arbeiten für den Erhalt und Betrieb ihres denkmalgeschützten Hauses zurückgestellt worden. In die Beurteilung des FA, ob grobe Fahrlässigkeit vorläge, seien ihre Anstrengungen zum Erhalt ihres denkmalgeschützten Hauses nicht eingeflossen, obwohl der  Erhalt des denkmalgeschützten Hauses hohe Priorität genieße. Ihre Steuererklärungen für 2009 und 2010 hätten sie -wegen einer Grippeerkrankung um einen Monat später als geplant und ohne um eine Fristverlängerung nachzusuchen hinsichtlich der Steuererklärung 2009 um ganze acht Tage zu spät- erst im Februar 2012 abgegeben.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das FA zu verpflichten, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 1. März 2012 und der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2012 die Einkommensteuer für 2009 entsprechend ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend trägt es vor, dass es weiterhin der Auffassung sei, dass eine Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2009 nicht möglich sei. Insbesondere scheitere eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO am groben Verschulden der Kläger. Das grobe Verschulden liege in der verspäteten Abgabe der Steuererklärung für 2009. Trotz aller Widrigkeiten wäre es den Klägern zuzumuten gewesen, rechtzeitig die Steuererklärung abzugeben. Auch der Erhalt eines denkmalgeschützten Wohnhauses stelle keine Entschuldigung für die Verspätung dar, ebenso wenig die Grippeerkrankung.

Die Beteiligten erklärten ihren Verzicht auf mündliche Verhandlung auch für den Fall, dass der Senat -wie geschehen- den Rechtsstreit auf die Einzelrichterin überträgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Einkommensteuerakte Bezug genommen.

Gründe

II. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 1. März 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 10. April 2012 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das FA hat zu Recht den Antrag der Kläger, den Änderungsbescheid vom 4. Januar 2012 über Einkommensteuer für 2009 unter Berücksichtigung von deren Einkommensteuerklärung für 2009 zu ändern, abgelehnt. Es war nicht verpflichtet, diesen Bescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern.

1. Der Änderungsbescheid vom 4. Januar 2012 ist bestandskräftig.

Gem. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt der Bescheid am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Da der 7. Januar 2012 ein Sonnabend war, gilt der Bescheid am nächstfolgenden Werktag als bekannt gegeben (§ 108 Abs. 3 AO), also am 9. Januar 2012. Die Einspruchsfrist beträgt gemäß § 355 Abs. 1 Satz 1 AO einen Monat. Folglich ist der Änderungsbescheid am 9. Februar 2012 bestandskräftig geworden. Wiedereinsetzungsgründe i.S.v. § 110 AO sind weder (fristgerecht schlüssig) vorgetragen noch ersichtlich. Die Grippeerkrankung der Kläger Ende 2011 stellt jedenfalls keinen Verhinderungsgrund dar, da sie nicht plötzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Einspruchsfrist am 8. Februar 2012 aufgetreten ist und die Kläger auch noch rechtzeitig einen Dritten mit der Wahrung ihrer steuerlichen Interessen hätten beauftragen können. Auch die familiären Todesfälle und damit in Zusammenhang stehende psychische Belastungen der Kläger können kein Wiedereinsetzungsgrund -da sie bereits mehr als zwei Jahre zurückliegen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 110 AO Tz. 14 Stichwort „Krankheit“)- mehr sein, ebenso wenig wie die Anstrengungen der Kläger zum Erhalt ihres denkmalgeschützten Hauses.

2. Die Einkommensteuerfestsetzung für 2009 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheidet aufgrund des groben Verschuldens der Kläger aus. Trotz der Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung haben sie ihre Mitwirkungspflicht verletzt, entscheidungserhebliche Tatsachen -hier die in ihrer Steuererklärung angegebenen Beträge- dem FA rechtzeitig mitzuteilen.

Steuerbescheide sind nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.

a) Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO ist, was Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder immaterieller Art. Die in der Steuererklärung der Kläger für 2009 angegebenen Beträge, insbesondere zu einem Verlust aus Vermietung und Verpachtung sowie zu abzugsfähigen Spenden, sind neue Tatsachen, die erstmals nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung bekannt geworden sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 10. Dezember 2013 VIII R 10/11, BFH/NV 2014, 820, m.w.N.).

b) Grobes Verschulden i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt. Es gilt ein subjektiver Verschuldensbegriff, d.h. es wird auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Steuerpflichtigen im konkreten Einzelfall abgestellt (vgl. BFH in BFH/NV 2014, 820, m.w.N.).

aa) Ein grobes Verschulden liegt insbesondere dann vor, wenn -wie hier- die Kläger die Steuererklärung trotz Aufforderung oder gesetzlicher Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig abgeben und deshalb die Steuer geschätzt werden musste (vgl. BFH-Urteil vom 4. Februar 1998 XI R 47/97, BFH/NV 1998, 682). Gemäß § 25 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) hat für die Kläger die Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung bestanden. Zudem hatte das FA die Kläger auch aufgefordert, die Steuererklärung abzugeben. Diese Aufforderung wiederholte das FA im Schätzungsbescheid vom 15. März 2011. Die Kläger haben grob fahrlässig gehandelt, weil sie ihre Steuererklärung für 2009 trotz ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe der Steuererklärung und der ausdrücklichen mehrfachen Aufforderung zur Abgabe nicht rechtzeitig abgegeben haben.

Hinzu kommt, dass den Klägern die Bedeutung steuerlicher Fristen, die Möglichkeit Fristverlängerungsanträge zu stellen und die Konsequenzen versäumter Fristen bekannt gewesen ist, da sie seit Jahren ihre Steuerklärungen selbst fertigen und sie die Steuererklärungen der Vorjahre trotz Aufforderung zur Abgabe regelmäßig verspätet oder sogar erst nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen eingereicht haben. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2009 am 17. Februar 2012 war verspätet.

bb) Zwar liegt ein grobes Verschulden dann nicht vor, wenn sich Steuerpflichtige in einer ganz besonderen Krisensituation persönlicher oder beruflicher Art befinden. Familiäre Schicksalsschläge können der Bejahung eines groben Verschuldens entgegenstehen. Jedoch lag im Streitfall der letzte Todesfall bereits über zwei Jahre zurück. Trotz der durch die familiären Todesfälle erhöhten Belastungen konnte den Klägern zugemutet werden, in einem angemessenen Zeitraum die Steuererklärung abzugeben. Wenn die Kläger ihrer steuerlichen Erklärungspflicht aufgrund der bereits jahrelang andauernden (psychischen) Belastungen nicht nachkommen haben können, hätten sie zur Wahrung ihrer Sorgfaltspflichten rechtzeitig einen steuerlichen Vertreter bestellen und diese Aufgabe an diesen delegieren müssen. Des Weiteren hätten die Kläger mit dem FA ihre schwere Lage früher kommunizieren müssen, indem sie z.B. rechtzeitig Fristverlängerung beantragen. Dies geschah aber wissentlich nicht, da die Kläger von einem Fristverlängerungsantrag sogar abgesehen haben.

Auch die Grippeerkrankung der Kläger Ende 2011 und der Umstand, dass die Kläger dem Erhalt ihres denkmalgeschützten Gebäudes eine höhere Priorität als der Abgabe ihrer Steuererklärung eingeräumt haben, steht einem groben Verschulden nicht entgegen, da die Kläger einen steuerlichen Vertreter mit der Wahrung ihrer Interessen hätten beauftragen können. Hinzu kommt, dass sie ihre steuerliche Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Abgabe der Steuererklärung zudem schon längst verletzt hatten (vgl. BFH in BFH/NV 2014, 820, m.w.N.).

cc) Das grobe Verschulden war auch ursächlich für das nachträgliche Bekanntwerden der steuermindernden Tatsachen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Einzelrichterin entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

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published on 10/05/2016 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Streitig ist, ob die bestandskräftigen Bescheide 2010 und 2011 über Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewer
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Annotations

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn der betroffenen Person etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat, soweit nicht nach § 43 Absatz 5 und § 46 eine Veranlagung unterbleibt.

(2) (weggefallen)

(3)1Die steuerpflichtige Person hat für den Veranlagungszeitraum eine eigenhändig unterschriebene Einkommensteuererklärung abzugeben.2Wählen Ehegatten die Zusammenveranlagung (§ 26b), haben sie eine gemeinsame Steuererklärung abzugeben, die von beiden eigenhändig zu unterschreiben ist.

(4)1Die Erklärung nach Absatz 3 ist nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, wenn Einkünfte nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 erzielt werden und es sich nicht um einen der Veranlagungsfälle gemäß § 46 Absatz 2 Nummer 2 bis 8 handelt.2Auf Antrag kann die Finanzbehörde zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung durch Datenfernübertragung verzichten.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.