Finanzgericht München Urteil, 29. Apr. 2015 - 1 K 343/13
Gericht
Gründe
Finanzgericht München
Az.: 1 K 343/13
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Stichwort: Doppelte Haushaltführung
In der Streitsache
...
Klägerin
prozessbevollmächtigt: ...
gegen
...
Beklagter
wegen Einkommensteuer 2008
hat der 1. Senat des Finanzgerichts München durch die ehrenamtlichen Richter ... und ... aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.
Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Führen eines zweiten Haushalts als Werbungskosten abzugsfähig sind und ob die Kosten für den Kauf verschiedener Apothekenprodukte als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können.
1. Die Klägerin erzielte im Streitjahr 2008 im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bei der Firma F AG in N. Von 24.02. bis 30.09. des Streitjahres bezog sie Krankengeld. Sie unterhielt eine angemietete Wohnung in München, Str. Außerdem bewohnt sie Räume im Erdgeschoß eines ihrem Bruder gehörenden Hauses in X.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit als Werbungskosten die streitgegenständlichen Aufwendungen aus doppelter Haushaltführung (DHH) in Höhe von insgesamt 11.331,15 €, die sich aus folgenden Posten zusammensetzten:
- 25 Fahrten zu (einfach 200 km) x 0,30 €
- Wohnung in München (Miete incl. Nebenkostenvorauszahlung 9.295,32 €, Nebenkostenabrechnung 2007 in 2008 353,77 €, Stromkosten 182,06 €).
Das beklagte Finanzamt (FA) ließ den Betrag nicht zum Abzug zu, da es die hierfür vorgelegten Nachweise für nicht ausreichend erachtete (Einkommensteuer-[ESt-]bescheid vom
2. Im Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin über die bis dahin streitigen Aufwendungen aus DHH hinaus u. a. die Berücksichtigung eines Betrages von 867,83 €, der für den Kauf von Apothekenprodukten und Praxisgebühren angefallen war, als außergewöhnliche Belastung. In der Einspruchsentscheidung (EE) vom 20.12.2012 blieb das FA hinsichtlich der Aufwendungen aus DHH bei seiner Ablehnung. Von dem als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Betrag ließ es nur 50 € (Praxisgebühren) zum Abzug zu. Für die darüber hinaus geltend gemachten Aufwendungen erachtete es den Nachweis der Zwangsläufigkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen für nicht erbracht, da keine Verordnungen eines Arztes oder Heilpraktikers vorgelegt waren.
3. Im Klageverfahren trägt die Klägerin - teils unter Verweis auf die bereits im vorangegangenen Verfahren vor dem Finanzamt vorgelegten Belege und Darlegungen - zur DHH Folgendes vor:
Die Wohnung in X sei seit Geburt ihr Lebensmittelpunkt.
Seit Aufnahme einer Beschäftigung bei der F AG im Jahr 1987 unterhalte sie einen zweiten Wohnsitz in München. Die im Streitjahr bewohnte ca. 54 qm große Wohnung in München bestehe aus zwei Zimmern, Küche, Bad (auf den vorgelegten Grundriss und die Innenraum-aufnahmen wird verwiesen). Ihr Bruder habe gelegentlich bei ihr in München übernachtet. Der vorgelegte Mietvertrag datiert vom März 1991 und weist eine Monatsmiete von 1.000 DM zuzüglich Garage (70 DM) und Nebenkostenabschlag (140 DM) aus. In X bewohne sie im Haus ihres Bruders eine abgeschlossene Wohnung im Erdgeschoss (auf die vorgelegten Innenaufnahmen und den Grundriss wird verwiesen). Sie müsse hierfür keine Miete zahlen, sondern nur die Nebenkosten tragen. Als Beleg für die Barzahlung der Nebenkosten in Höhe von 1.300 € hat die Klägerin eine schriftliche Bestätigung des Bruders vorgelegt (Bl. 51 der ESt-Akte). Hintergrund der unentgeltlichen Überlassung sei, dass dies der Wunsch der Eltern gewesen sei, die das Haus errichtet und später an den Bruder übertragen haben. Die Mutter der Klägerin habe zwei Zimmer im ersten Stock bewohnt und die im Wohnhaus sich befindenden Sanitäreinrichtungen und die vorhandenen Küchen mitbenutzt.
Die Klägerin führt aus, dass sich ihr Lebensmittelpunkt in X befinde. Sie habe diesen seit Geburt niemals aufgegeben. Dass nicht ab 1987 eine DHH geltend gemacht worden sei, sondern erstmals im Streitjahr, beruhe auf fehlerhafter Beratung durch den vorherigen Steuerberater.
Sie trägt weiter vor, sie habe 25 Fahrten (13.800 km) zu ihrem Lebensmittelpunkt durchgeführt - teils mit dem PKW, teils als Mitfahrer, teils mit der Bahn. Auf die vorgelegten 23 Fahrkarten werde verwiesen; ebenso auf die Bestätigung des Bruders, die Klägerin sei 7 mal im Streitjahr mit ihm gemeinsam im Privat-PKW nach München und zurück gefahren. Es sei nicht verständlich, warum das FA nur die weiteren 19 Fahrten nach München während der Krankheitszeit anerkannt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen in der ESt-Akte, dem Vorverfahren und dem Klageverfahren verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2008 vom
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es trägt unter Verweis auf die EE vor, ein Nachweis für die Führung eines eigenen Haushalts in X sei nicht erbracht. Der Einrichtungsstil der Wohnungen unterscheide sich grundlegend. Auch sei nicht nachvollziehbar, ob die Klägerin in den Haushalt der Mutter oder des Bruders eingegliedert gewesen sei. Die Zahlung der Nebenkosten an den Bruder erachte das FA nicht für nachgewiesen, da weder eine Nebenkostenabrechnung vorgelegt worden sei, noch ein Nachweis über die Zahlung - die Bestätigung des Bruders genüge nicht. Auch ein Nachweis dafür, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in X befunden habe, sei nicht erbracht. Die Zahl der durchgeführten Fahrten erscheine nach einer Verprobung mit der Gesamtfahrleistung zweifelhaft. Aus den vorgelegten Bahnkarten „Bayern-Ticket-Single“ gehe das Fahrtziel nicht hervor.
Eine Berücksichtigung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen scheide mangels ärztlicher Verordnung aus. Es handele sich überdies um frei in der Apotheke verkäufliche Artikel, zudem meist Körperpflegeprodukte. Wegen der weiteren Ausführungen im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung und die klageerwidernden Schriftsätze verwiesen.
Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzungen einer steuerlich zu berücksichtigenden doppelten Haushaltführung gegeben sind.
1. Das FA hat zu Recht die geltend gemachten Aufwendungen aus DHH nicht als Werbungskosten berücksichtigt.
a) Voraussetzung einer nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigungsfähigen doppelten Haushaltsführung ist u. a., dass sich der Lebensmittelpunkt nicht an den Beschäftigungsort verlagert hat. Die objektive Feststellungslast für die steuermindernde Tatsache eines Lebensmittelpunkts am Heimatort trägt der Steuerpflichtige (BFH-Urteil vom 28. 01.1997 IX R 23/94, BStBl II 1997, 655).
aa) Eine doppelte Haushaltsführung ist nicht gegeben, wenn der Beschäftigungsort der Lebensmittelpunkt ist. Ob ein Wohnort gegenüber der Wohnung am Beschäftigungsort der Lebensmittelpunkt ist, erfordert eine Abwägung und Bewertung aller Umstände des Einzelfalls. Indizien können sich aus einem Vergleich von Größe und Ausstattung der Wohnungen sowie aus Dauer und Häufigkeit der Aufenthalte in den Wohnungen ergeben (BFH-Urteil vom 04.11.2003 VI R 170/99, BFHE 203, 386, BStBl II 2004, 16, m. w. N.). Dort, wo sich der Arbeitnehmer - abgesehen von den Zeiten der Arbeitstätigkeit und ggf. Urlaubsfahrten - regelmäßig aufhält, ist auch der Lebensmittelpunkt und, wenn ein Arbeitnehmer mehrere Hausstände unterhält, sein Haupthausstand anzunehmen, den er fortwährend nutzt und von dem aus er sein Privatleben führt. Das Vorhalten einer Wohnung außerhalb des Beschäftigungsortes für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist nicht als Unterhalten eines Haupthausstandes zu werten (BFH-Urteil vom 05.10.1994 VI R 62/90, BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180). Von Bedeutung sind auch die Dauer des Aufenthalts am Beschäftigungsort, die Entfernung beider Wohnungen sowie die Zahl der Heimfahrten. Erhebliches Gewicht hat ferner der Umstand, zu welchem Wohnort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen (BFH-Urteile vom 22.02.2001 VI R 192/97, BFH/NV 2001, 1111). Wieviele Heimfahrten zur Hauptwohnung erforderlich sind, hängt von den Gesamtumständen ab, insbesondere auch von der Entfernung zum Beschäftigungsort und ob das Arbeitsverhältnis und damit der Aufenthalt am Beschäftigungsort befristet ist (BFH-Urteil vom 10.02.2000 VI R 60/98, BFH/NV 2000, 949).
bb) Auch ein alleinstehender Arbeitnehmer kann einen doppelten Haushalt führen (BFH-Urteile vom 05.10.1994 VI R 62/90, BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180; vom 14.10.2004 VI R 82/02
cc) Nach der jüngeren Rspr. des BFH (BFH-Urteil vom 05.06.2014 VI R 76/13, BFH/NV 2014, 1884) ist bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer entscheidend, dass er sich in dem Haushalt - dem Erst- oder Haupthaushalt -, im Wesentlichen nur unterbrochen durch die arbeits- und urlaubsbedingte Abwesenheit, aufhält; denn allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist noch nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten. Ebenfalls wird ein eigener Hausstand nicht unterhalten, wenn der nicht verheiratete Arbeitnehmer als nicht die Haushaltsführung wesentlich bestimmender bzw. mitbestimmender Teil in einen Hausstand eingegliedert ist, wie es regelmäßig bei jungen Arbeitnehmern der Fall ist, die nach Beendigung der Ausbildung weiterhin -wenn auch gegen Kostenbeteiligung- im elterlichen Haushalt ihr Zimmer bewohnen. Die elterliche Wohnung kann in einem dieser häufigen Fälle zwar, auch wenn das Kind am Beschäftigungsort eine Unterkunft bezogen hat, wie bisher der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen sein, sie ist aber nicht ein von dem Kind unterhaltener eigener Hausstand. Bei älteren, wirtschaftlich selbstständigen, berufstätigen Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt leben, ist hingegen davon auszugehen, dass sie die Führung des Haushalts maßgeblich mitbestimmen, so dass ihnen dieser Hausstand als „eigener“ zugerechnet werden kann. Diese Regelvermutung gilt insbesondere, wenn die Wohnung am Beschäftigungsort dem Arbeitnehmer im Wesentlichen nur als Schlafstätte dient. Denn dort ist regelmäßig weder der Haupthausstand noch der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen zu verorten. Entspricht die Wohnsituation am Heimatort der Wohnung am Beschäftigungsort in Größe und Ausstattung oder übertrifft sie diese, ist dies vielmehr ein wesentliches Indiz dafür, dass der Mittelpunkt der Lebensführung nicht an den Beschäftigungsort verlegt worden ist, sondern der Haupthausstand dort fortgeführt wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Steuerpflichtige dort sein Privatleben führt, weil zum Heimatort die engeren persönlichen Beziehungen bestehen, beispielsweise wegen der -mit steigender Lebenserwartung immer häufiger- alten, betreuungs- oder sogar pflegebedürftigen Eltern.
Der Umstand, dass der Arbeitnehmer dabei am Heimatort nicht über eine abgeschlossene Wohnung verfügt, steht dieser Vermutung nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können die durch das Leben am Beschäftigungsort zusätzlich entstehenden notwendigen Aufwendungen grundsätzlich auch dann zu Werbungskosten führen, wenn die Wohnverhältnisse des Steuerpflichtigen am Ort seines Lebensmittelpunktes vergleichsweise einfach oder beengt sein sollten. Insbesondere müssen die dem Arbeitnehmer zur ausschließlichen Nutzung überlassenen Räumlichkeiten nicht den bewertungsrechtlichen Anforderungen an eine Wohnung gerecht werden. Vielmehr kann ein eigener Hausstand auch dann unterhalten werden, wenn der Erst- oder Haupthausstand gemeinsam mit den Eltern oder einem Elternteil geführt wird.
Auch bedarf es der Übernahme einer besonderen finanziellen Verantwortung für den (gemeinsamen) Hausstand durch die gleichmäßige Beteiligung an den laufenden Haushalts und Lebenshaltungskosten durch den Steuerpflichtigen nicht. Denn eine finanzielle Beteiligung, aus der auf eine gemeinsame Haushaltsführung von Eltern und Kindern geschlossen werden kann, kann auch vorliegen, wenn etwa eine Aufteilung nach laufenden und einmaligen Kosten oder nach gewöhnlichem und außergewöhnlichem Aufwand vorgenommen wird. Im Übrigen ist dem Merkmal der Entgeltlichkeit lediglich -eine gewichtige- Indizfunktion beizumessen. Denn die Entgeltlichkeit ist keine unerlässliche Voraussetzung (conditio sine qua non) einer steuererheblichen doppelten Haushaltsführung. Dies gilt sowohl für die Überlassung der Wohnung selbst als auch für die Kostentragung im Übrigen. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass ein alleinstehender Steuerpflichtiger auch dann einen eigenen Haushalt unterhält, wenn nicht er selbst, sondern Dritte für diese Kosten aufkommen. Denn eine eigene Haushaltsführung des auswärts Beschäftigten ist nicht zwingend ausgeschlossen, wenn sich dessen finanzielle Beteiligung am Haushalt nicht feststellen lässt, wie auch umgekehrt aus einem finanziellen Beitrag allein nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen ist (BFH-Urteil vom 16.01.2013 VI R 46/12, BStBl II 2013, 627; s. auch BFH-Urteile vom 28.03.2012 VI R 87/10, BStBl II 2012, 800; vom 26.07.2012 VI R 10/12
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen konnte sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens insbesondere aus den nachfolgenden Gründen nicht davon überzeugen, dass sich der Lebensmittelpunkt der Klägerin im Streitjahr in X befunden hat. Bei seiner Beurteilung legt das Gericht grundsätzlich die Lebensumstände zugrunde, die die Klägerin vorgetragen hat.
Die vorgetragene Beteiligung der Klägerin an den Nebenkosten konnte der Senat nicht als wesentliches Indiz für oder gegen das Unterhalten eines eigenen Hausstandes würdigen. Nach der Rspr. des BFH kann ein Alleinstehender auch dann einen eigenen Haushalt führen, wenn Dritte für die Kosten aufkommen. Das gilt auch umgekehrt. Mit der Unerheblichkeit einer finanziellen Beteiligung kann letztlich der Beweiswert der nachträglichen Bescheinigungen über vorgebliche Barzahlungen, bei der der genaue Zahlungsweg offen geblieben ist, dahinstehen.
Nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände - bei der für sich genommen keiner der Umstände im Sinne einer Bedingung gewürdigt wurde - sprechen die objektiven Gesichtspunkte nicht für einen Lebensmittelpunkt in X.
Dabei hat der Senat zunächst die vorgetragenen Wohnumstände betrachtet. Die Wohnung in München ist als kleine Zwei-Zimmer-Wohnung in Anbetracht der Mietpreise in München eine durchaus angemessene Hauptwohnung für eine alleinstehende Person. Demgegenüber mag die Wohnung in X eine Mitbenutzung des Gartens ermöglichen. Abgeschlossen (wie die Münchner Wohnung) ist sie indessen - anders als vorgetragen - nicht. Vielmehr ergibt sich aus den Grundrissen, dass der Bruder nur über den Flur und das offene Treppenhaus in seine (abgeschlossene) Wohnung kommt. Das große Bad (das wohl auch die Mutter benutzt) und das Schlafzimmer der Klägerin ist ebenfalls nur über den offenen gemeinsamen Flur erreichbar. Geht man von einer Mitbenutzung der Wohnküche und damit des angrenzenden Wohnzimmers durch die Mutter der Klägerin aus, so reduziert sich der wirklich abgeschlossene Wohnbereich der Klägerin auf ihr Schlafzimmer. Im Vergleich hierzu stellt sich die Wohnsituation der Klägerin in München daher nach Auffassung des Senats letztlich als höherwertig dar.
Dabei konnte der Senat dahingestellt sein lassen, ob es zutrifft, dass sich - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - in beiden Wohnungen kein Fernseh-/Radiogerät befand, oder ob diese Aussage auf einem Missverständnis beruht, weil schriftsätzlich vorgetragen worden ist, dass in München, nicht aber in X ein solches Gerät stand (Bl. 73 der ESt-Akte; hierfür spräche auch die Abbuchung am 02.04.2008 im vorgelegten Kontoauszug Bl. 143 der ESt-Akte). Auch dass die Klägerin ihren Hauptwohnsitz in München und nicht in X gemeldet hatte, ist für die Frage der Bestimmung des Lebensmittelpunkts unerheblich. Schließlich bemisst der Senat im Rahmen der Gesamtwürdigung der vorgetragenen Tatsache, dass sich in München keine Waschmaschine befunden habe und die Klägerin daher ihre Wäsche in Lindenberg gewaschen habe, keine wesentliche Bedeutung zu.
Im Ergebnis spricht die Wohnsituation der Klägerin somit eher für einen Lebensmittelpunkt in München und gegen einen solchen in X. Nur zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass der Senat die fehlende Abgeschlossenheit der Wohnung in X nicht als unerlässliche Voraussetzung für eine etwaige Annahme eines Hausstandes dort ansieht. Wohl aber hat der Senat diese Eigenheit der Wohnung bei der Gesamtwürdigung der Umstände als eine von mehreren objektiven Tatsachen in die Beurteilung einbezogen.
Dem Vortrag der Klägerin im Übrigen konnte das Gericht auch keine besondere Verbundenheit zu X entnehmen, der über die gewöhnliche Heimatverbundenheit hinausgeht. Das gilt sowohl für die Pflege der Freundschaften am Heimatort, wie die Integration in dortige soziale Gruppen. Arztbesuche erfolgten sowohl in München wie heimatnah. Nachweise für eine besonders tiefe Verbundenheit und Verwurzelung in Lindenberg hat die Klägerin nicht vorgelegt. Die bereits 20 Jahre andauernde Arbeitstätigkeit in München spricht nach der Lebenserfahrung dafür, dass die Verbundenheit zur Heimat entsprechend loser geworden ist. Dies umso mehr, als eine nach Vortrag enge Bezugsperson der Klägerin - der Bruder - über einen langen Zeitraum ebenfalls in München gelebt hat. Auch befand sich die Klägerin über lange Zeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in München. Versuche, eine Beschäftigung in der Nähe des vorgetragenen Lebensmittelpunkts X zu erhalten, sind nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar. Diese Merkmale sprechen im Rahmen der Gesamtwürdigung ebenfalls für eine erfolgte Verlagerung des Lebensmittelpunkts nach München.
Ein wesentliches Indiz für den Lebensmittelpunkt ist die Aufenthaltsdauer, die sich üblicherweise in der Zahl der Heimfahrten bzw. der sich daraus ergebenden Heimataufenthalte ausdrückt. Im Streitfall ist es indes umgekehrt. Angesichts der längeren Krankheit der Klägerin spricht es eher für ihre Verwurzelung auch in München, wenn sie während ihrer Krankheit (immerhin von Februar bis September) so viele Fahrten nach München unternimmt. Wobei letztlich wegen fehlender eindeutiger Nachweise nicht festgestellt werden konnte, wie viele Fahrten die Klägerin tatsächlich nach X bzw. nach München unternommen hat. Einige der vorgetragenen „Mitfahrten“ sind nur durch eine vage nachträgliche Bestätigung belegt. Hinweise auf Mitfahrten bei „einem Freund“ bleiben ebenso vage und teils widersprüchlich, wenn in einem früheren Schriftsatz von einem Lebensgefährten gesprochen wird, der später wieder negiert wird. Die vorgelegten Bahnkarten enthalten keine Angaben über die Fahrtstrecke.
Angesichts dieses Zwischenergebnisses vermochte der Senat auch die durch die Geldautomatenabhebungen belegten Aufenthalte in Zwiesel, die es als Heimataufenthalte würdigt, nicht in ein Gesamtbild einzuordnen. Ein belastbares Bewegungsbild, aus dem sich Aufenthaltszeiträume in München bzw. am Heimatort ergeben, konnte der Senat auch unter Berücksichtigung dieser Zeitpunkte nicht erstellen. Es fehlen zum einen über längere Zeiträume die Kontoauszüge, so dass unklar ist, ob in diesen etwa Abhebungen in München belegt sind. Zum anderen lässt sich aus den vorgelegten Bahnfahrkarten meist nicht erschließen, ob sie Fahrten von München nach Zwiesel oder umgekehrt betreffen, so dass sich die belegten Aufenthaltszeitpunkte in der Heimat nicht zu Aufenthaltsdauern verdichten lassen. Anders als aus den Geldautomatenabhebungen, wo die Lebenserfahrung gegen die Überlassung der Karte an Dritte spricht, können Einkaufdaten in der Apotheken-Sammelrechnung nicht einfach als Aufenthaltstage in Zwiesel zugrunde gelegt werden. Der Senat hält es nämlich durchaus für möglich, dass auch Einkäufe auf Rechnung oder im Auftrag der Klägerin durch Familienangehörige oder Freunde durchgeführt worden sind. Der Senat hat versucht, sich gleichwohl ein Gesamtbild über die wahrscheinliche Aufenthaltsdauer bzw. die Fahrten nach X zu machen. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Klägerin sich mit teilweise etwa monatlichen Unterbrechungen und 3maligen Aufenthalten im Wochenabstand - im Schnitt jedoch eher deutlich seltener als zweiwöchentlich in X aufgehalten hat. Darüber hinaus lassen sich häufigere Besuche Lindenbergs im Streitjahr möglicherweise auch dadurch erklären, dass die Mutter der Klägerin in dieser Zeit verstorben ist und daher nach der Lebenserfahrung zur Sterbebegleitung oder zur Regelung des Nachlasses solche Aufenthalte notwendig wurden. Insgesamt konnte der Senat in Würdigung aller vorgetragenen Umstände und auch nach Anwendung von Plausibilitätskriterien sich keine Überzeugung dahingehend bilden, dass sich die Klägerin in einem zeitlichen Umfang in Lindenberg aufgehalten hat, dass von einem dortigen Lebensmittelpunkt auszugehen ist.
Damit kommen der Tatsache, dass ein Arbeitnehmer am Arbeitsort üblicherweise - und so auch im Streitfall - die weitaus meiste Zeit verbringt, und dem Erfahrungssatz, dass menschliche Kontakte regelmäßig dort gepflegt werden, wo man sich ganz überwiegend aufhält bzw. lebt, die letztlich überwiegende Bedeutung zu. Das Gericht verkennt nicht die Beweisschwierigkeiten, die ein so undifferenziertes Tatbestandsmerkmal wie der „Lebensmittelpunkt“ bereitet. Auf der anderen Seite wird der Lebensmittelpunkt durch Umstände indiziert, die weitgehend der innersten Privatsphäre des Steuerpflichtigen entstammen und daher nach der Sphärentheorie durch den Steuerpflichtigen zur Überzeugung des Gerichts an objektiven Tatsachen nachzuweisen sind.
2. Das FA hat rechtlich zutreffend die Aufwendungen aus der Apotheken-Sammelrechnung (Bl. 80 der ESt-Akte) nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zugelassen.
Außergewöhnliche Belastungen sind nach der gesetzlichen Normierung in § 33 EStG zwangsläufig entstandene Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen erwachsen und die über die Aufwendungen hinausgehen, die der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen.
Dienen Aufwendungen der Heilung oder Linderung einer Krankheit, so sind sie nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 13.02.1987 III R 208/81, BStBl II 1987, 427; vom 20.11.1987 III R 296/84
Im Übrigen hat der Steuerpflichtige selbst bei unmittelbaren Krankheitskosten die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in einer Reihe von Fällen formalisiert nachzuweisen. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch [SGB V]) ist dieser Nachweis nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) i. d. F. des StVereinfG 2011 durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen. Diesem formalisier-ten Nachweisverlangen ist auch im Streitjahr Rechnung zu tragen. Denn nach § 84 Abs. 3f EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 ist § 64 Abs. 1 EStDV i. d. F. des StVereinfG 2011 in allen Fällen, in denen -wie vorliegend- die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist, anzuwenden (BFH-Urteil vom 19.04.2012 VI R 74/10, BStBl II 2012, 577).
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall reicht der vorgelegte AllergiePass (Bl. 83 der ESt-Akte) nicht aus, um die gekauften Apothekenprodukte als außergewöhnliche Belastungen zu klassifizieren. Soweit es sich um Hautpflegeprodukte (Cremes, Shampoos) oder Nahrungsergänzungsmittel handelt, können diese als mittelbare Folgekosten der Allergie - unterstellt, diese habe Krankheitscharakter - ohnehin nicht abgezogen werden. Soweit Arzneimittel betroffen sind, fehlt es an der erforderlichen Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers. Ein Allergiepass vermag eine konkrete ärztliche Verordnung nicht zu ersetzen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
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Annotations
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:
- 1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“, - 2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
(3)1Die zumutbare Belastung beträgt
bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte | bis 15 340 EUR | über 15 340 EUR bis 51 130 EUR | über 51 130 EUR | |
---|---|---|---|---|
1. | bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer | |||
a) nach § 32a Absatz 1, | 5 | 6 | 7 | |
b) nach § 32a Absatz 5 oder 6 (Splitting-Verfahren) zu berechnen ist; | 4 | 5 | 6 | |
2. | bei Steuerpflichtigen mit | |||
a) einem Kind oder zwei Kindern, | 2 | 3 | 4 | |
b) drei oder mehr Kindern | 1 | 1 | 2 | |
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte. |
2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.
(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.
(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.
(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.
(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.
(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.
(1) Versicherte haben Anspruch auf ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, wenn diese notwendig sind,
- 1.
eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen, - 2.
einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken, - 3.
Krankheiten zu verhüten oder deren Verschlimmerung zu vermeiden oder - 4.
Pflegebedürftigkeit zu vermeiden.
(2) Reichen bei Versicherten die Leistungen nach Absatz 1 nicht aus oder können sie wegen besonderer beruflicher oder familiärer Umstände nicht durchgeführt werden, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten. Die Satzung der Krankenkasse kann zu den übrigen Kosten die Versicherten im Zusammenhang mit dieser Leistung entstehen, einen Zuschuß von bis zu 16 Euro täglich vorsehen. Bei ambulanten Vorsorgeleistungen für versicherte chronisch kranke Kleinkinder kann der Zuschuss nach Satz 2 auf bis zu 25 Euro erhöht werden.
(3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 sind die §§ 31 bis 34 anzuwenden.
(4) Reichen bei Versicherten die Leistungen nach Absatz 1 und 2 nicht aus, erbringt die Krankenkasse Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung in einer Vorsorgeeinrichtung, mit der ein Vertrag nach § 111 besteht; für pflegende Angehörige kann die Krankenkasse unter denselben Voraussetzungen Behandlung mit Unterkunft und Verpflegung auch in einer Vorsorgeeinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111a besteht. Die Krankenkasse führt statistische Erhebungen über Anträge auf Leistungen nach Satz 1 und Absatz 2 sowie deren Erledigung durch.
(5) Die Krankenkasse bestimmt nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalls unter entsprechender Anwendung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten nach § 8 des Neunten Buches Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen nach Absatz 4 sowie die Vorsorgeeinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen; die Krankenkasse berücksichtigt bei ihrer Entscheidung die besonderen Belange pflegender Angehöriger. Leistungen nach Absatz 4 sollen für längstens drei Wochen erbracht werden, es sei denn, eine Verlängerung der Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Satz 2 gilt nicht, soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach Anhörung der für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Vorsorgeeinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen in Leitlinien Indikationen festgelegt und diesen jeweils eine Regeldauer zugeordnet hat; von dieser Regeldauer kann nur abgewichen werden, wenn dies aus dringenden medizinischen Gründen im Einzelfall erforderlich ist. Leistungen nach Absatz 2 können nicht vor Ablauf von drei, Leistungen nach Absatz 4 können nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich.
(6) Versicherte, die eine Leistung nach Absatz 4 in Anspruch nehmen und das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen je Kalendertag den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag an die Einrichtung. Die Zahlung ist an die Krankenkasse weiterzuleiten.
(7) Medizinisch notwendige stationäre Vorsorgemaßnahmen für versicherte Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen in der Regel für vier bis sechs Wochen erbracht werden.
(8) (weggefallen)
(9) (weggefallen)
(1) Den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall hat der Steuerpflichtige zu erbringen:
- 1.
durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); - 2.
durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) für - a)
eine Bade- oder Heilkur; bei einer Vorsorgekur ist auch die Gefahr einer durch die Kur abzuwendenden Krankheit, bei einer Klimakur der medizinisch angezeigte Kurort und die voraussichtliche Kurdauer zu bescheinigen, - b)
eine psychotherapeutische Behandlung; die Fortführung einer Behandlung nach Ablauf der Bezuschussung durch die Krankenversicherung steht einem Behandlungsbeginn gleich, - c)
eine medizinisch erforderliche auswärtige Unterbringung eines an Legasthenie oder einer anderen Behinderung leidenden Kindes des Steuerpflichtigen, - d)
die Notwendigkeit der Betreuung des Steuerpflichtigen durch eine Begleitperson, sofern sich diese nicht bereits aus dem Nachweis der Behinderung nach § 65 Absatz 1 Nummer 1 ergibt, - e)
medizinische Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens im Sinne von § 33 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anzusehen sind, - f)
wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie z. B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie.
- 3.
durch eine Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes für Besuchsfahrten zu einem für längere Zeit in einem Krankenhaus liegenden Ehegatten oder Kind des Steuerpflichtigen, in dem bestätigt wird, dass der Besuch des Steuerpflichtigen zur Heilung oder Linderung einer Krankheit entscheidend beitragen kann.
(2) Die zuständigen Gesundheitsbehörden haben auf Verlangen des Steuerpflichtigen die für steuerliche Zwecke erforderlichen Gesundheitszeugnisse, Gutachten oder Bescheinigungen auszustellen.
(3) Für den Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen zur behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale sind die Vorschriften des § 65 anzuwenden.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.