Finanzgericht Köln Urteil, 16. Feb. 2016 - 1 K 927/13

ECLI:ECLI:DE:FGK:2016:0216.1K927.13.00
bei uns veröffentlicht am16.02.2016

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Klägerin bei der entgeltlichen Direktaufladung auf das Prepaid-Konto (B-Konto) im Zeitpunkt der Aufladung und bei Veräußerung von Guthabenkarten zur späteren Aufladung auf dieses Konto im Zeitpunkt des Verkaufs eine sonstige Leistung gegen Entgelt erbracht hat.

Die Revision wird zugelassen.


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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 3a Ort der sonstigen Leistung


(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstät

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 99


(1) Ist bei einer Leistungsklage oder einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt ein Anspruch nach Grund und Betrag strittig, so kann das Gericht durch Zwischenurteil über den Grund vorab entscheiden. (2) Das Gericht kann durch Zwischenurt

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Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 18. Juli 2012  14 K 702/10 aufgehoben.

Bundesfinanzhof Urteil, 15. Sept. 2011 - V R 36/09

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Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Lufttransportunternehmen zur Personenbeförderung. Fluggäste konnten nach den Vertr

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Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vertreibt u.a. sog. "Hotelschecks" und eine sog. "Goldcard" über Vertriebspartner, Anzeigen in Zeitschrifte

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(1) Ist bei einer Leistungsklage oder einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt ein Anspruch nach Grund und Betrag strittig, so kann das Gericht durch Zwischenurteil über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist und nicht der Kläger oder der Beklagte widerspricht.

(1) Eine sonstige Leistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung.

(2) Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Absätze 3 bis 8 und der §§ 3b und 3e an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend bei einer sonstigen Leistung an eine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und bei einer sonstigen Leistung an eine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist; dies gilt nicht für sonstige Leistungen, die ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt sind.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt:

1.
Eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück wird dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück sind insbesondere anzusehen:
a)
sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 bezeichneten Art,
b)
sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Veräußerung oder dem Erwerb von Grundstücken,
c)
sonstige Leistungen, die der Erschließung von Grundstücken oder der Vorbereitung, Koordinierung oder Ausführung von Bauleistungen dienen.
2.
Die kurzfristige Vermietung eines Beförderungsmittels wird an dem Ort ausgeführt, an dem dieses Beförderungsmittel dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. Als kurzfristig im Sinne des Satzes 1 gilt eine Vermietung über einen ununterbrochenen Zeitraum
a)
von nicht mehr als 90 Tagen bei Wasserfahrzeugen,
b)
von nicht mehr als 30 Tagen bei anderen Beförderungsmitteln.
Die Vermietung eines Beförderungsmittels, die nicht als kurzfristig im Sinne des Satzes 2 anzusehen ist, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der Empfänger seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Handelt es sich bei dem Beförderungsmittel um ein Sportboot, wird abweichend von Satz 3 die Vermietungsleistung an dem Ort ausgeführt, an dem das Sportboot dem Empfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird, wenn sich auch der Sitz, die Geschäftsleitung oder eine Betriebsstätte des Unternehmers, von wo aus diese Leistung tatsächlich erbracht wird, an diesem Ort befindet.
3.
Die folgenden sonstigen Leistungen werden dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden:
a)
kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen, wie Leistungen im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerlässlich sind, an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
b)
die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle (Restaurationsleistung), wenn diese Abgabe nicht an Bord eines Schiffs, in einem Luftfahrzeug oder in einer Eisenbahn während einer Beförderung innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt,
c)
Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und die Begutachtung dieser Gegenstände für einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung ausgeführt wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist.
4.
Eine Vermittlungsleistung an einen Empfänger, der weder ein Unternehmer ist, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz als ausgeführt gilt.
5.
Die Einräumung der Eintrittsberechtigung zu kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltungen, wie Messen und Ausstellungen, sowie die damit zusammenhängenden sonstigen Leistungen an einen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, wird an dem Ort erbracht, an dem die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird.

(4) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen weder ein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird, noch eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist, und hat er seinen Wohnsitz oder Sitz im Drittlandsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz oder Sitz ausgeführt. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Patenten, Urheberrechten, Markenrechten und ähnlichen Rechten;
2.
die sonstigen Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen, einschließlich der Leistungen der Werbungsmittler und der Werbeagenturen;
3.
die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung;
4.
die Datenverarbeitung;
5.
die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
6.
a)
Bank- und Finanzumsätze, insbesondere der in § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis h bezeichneten Art und die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten, sowie Versicherungsumsätze der in § 4 Nummer 10 bezeichneten Art,
b)
die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen;
7.
die Gestellung von Personal;
8.
der Verzicht auf Ausübung eines der in Nummer 1 bezeichneten Rechte;
9.
der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
10.
die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
11.
(weggefallen)
12.
(weggefallen)
13.
(weggefallen)
14.
die Gewährung des Zugangs zum Erdgasnetz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen und die Fernleitung, die Übertragung oder Verteilung über diese Netze sowie die Erbringung anderer damit unmittelbar zusammenhängender sonstiger Leistungen.

(5) Ist der Empfänger einer der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen

1.
kein Unternehmer, für dessen Unternehmen die Leistung bezogen wird,
2.
keine ausschließlich nicht unternehmerisch tätige juristische Person, der eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt worden ist,
3.
keine juristische Person, die sowohl unternehmerisch als auch nicht unternehmerisch tätig ist, bei der die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bedarf des Personals oder eines Gesellschafters bestimmt ist,
wird die sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, an dem der Leistungsempfänger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seinen Sitz hat. Sonstige Leistungen im Sinne des Satzes 1 sind:
1.
die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation;
2.
die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
3.
die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der leistende Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte oder in Ermangelung eines Sitzes, einer Geschäftsleitung oder einer Betriebsstätte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in nur einem Mitgliedstaat hat und der Gesamtbetrag der Entgelte der in Satz 2 bezeichneten sonstigen Leistungen an in Satz 1 bezeichnete Empfänger mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in anderen Mitgliedstaaten sowie der innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3 insgesamt 10 000 Euro im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr nicht überschreitet. Der leistende Unternehmer kann dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung des Satzes 3 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(6) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen von einem im Drittlandsgebiet liegenden Ort aus betreibt,

1.
eine in Absatz 3 Nr. 2 bezeichnete Leistung oder die langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels,
2.
eine in Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 10 bezeichnete sonstige Leistung an eine im Inland ansässige juristische Person des öffentlichen Rechts oder
3.
eine in Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 und 2 bezeichnete Leistung,
ist diese Leistung abweichend von Absatz 1, Absatz 3 Nummer 2, Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 als im Inland ausgeführt zu behandeln, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Wird die Leistung von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Drittlandsgebiet liegt.

(7) Vermietet ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Inland aus betreibt, kurzfristig ein Schienenfahrzeug, einen Kraftomnibus oder ein ausschließlich zur Beförderung von Gegenständen bestimmtes Straßenfahrzeug, ist diese Leistung abweichend von Absatz 3 Nr. 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung an einen im Drittlandsgebiet ansässigen Unternehmer erbracht wird, das Fahrzeug für dessen Unternehmen bestimmt ist und im Drittlandsgebiet genutzt wird. Wird die Vermietung des Fahrzeugs von einer Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, gilt Satz 1 entsprechend, wenn die Betriebsstätte im Inland liegt.

(8) Erbringt ein Unternehmer eine Güterbeförderungsleistung, ein Beladen, Entladen, Umschlagen oder ähnliche mit der Beförderung eines Gegenstandes im Zusammenhang stehende Leistungen im Sinne des § 3b Absatz 2, eine Arbeit an beweglichen körperlichen Gegenständen oder eine Begutachtung dieser Gegenstände, eine Reisevorleistung im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 5 oder eine Veranstaltungsleistung im Zusammenhang mit Messen und Ausstellungen, ist diese Leistung abweichend von Absatz 2 als im Drittlandsgebiet ausgeführt zu behandeln, wenn die Leistung dort genutzt oder ausgewertet wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die dort genannten Leistungen in einem der in § 1 Absatz 3 genannten Gebiete tatsächlich ausgeführt werden.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 18. Juli 2012  14 K 702/10 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) mit dem Verkauf von Pelzmänteln über eine Internet-Handelsplattform ("eBay") als Unternehmerin im Rahmen ihres Unternehmens tätig geworden ist.

2

Die Klägerin betrieb in den Streitjahren (2004 und 2005) ein Unternehmen "Finanzdienstleistungen". Sie reichte Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ein und erklärte darin sowohl steuerpflichtige als auch nach § 4 Nr. 11 des Umsatzsteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (UStG) steuerfreie Umsätze.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) änderte am 1. August 2005 die Steueranmeldung für das Jahr 2004 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) aus hier nicht streitigen Gründen. Zum Jahr 2005 erging aus nicht streitigen Gründen am 11. Januar 2007 ein Umsatzsteuer-Änderungsbescheid. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb jeweils bestehen.

4

Am 8. Februar 2006 ging beim FA eine anonyme Anzeige eines "ehrlichen Bürgers" ein, der angab, ihm sei aufgefallen, dass die Klägerin und ihr Ehemann über die Internet-Handelsplattform "eBay" unter verschiedenen Namen (sog. Nicknames) "mehrere Hundert Pelzware" verkauft hätten. Der Erstatter der Anzeige gab außerdem ein Konto der Klägerin an.

5

Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin und ihrem Ehemann wurde Folgendes ermittelt:

•   

In den Jahren 2005 und 2006 wurden über das eBay-Konto "A" Umsätze in Höhe von 54.166,06 € erzielt (2005: 21.862,06 € und 2006: 32.304 €);

•   

in den Jahren 2003 bis 2006 über ein weiteres eBay-Konto ("B") Umsätze in Höhe von 8.148,40 € (2003: 188,50 €, 2004: 3.311,02 €, 2005: 4.433,38 € und 2006: 215,50 €);

•   

in den Jahren 2005 und 2006 über das eBay-Konto "C" Umsätze in Höhe von 15.568,72 € (2005: 3.653,25 € und 2006: 11.915,47 €);

•   

in den Jahren 2004 und 2005 über das eBay-Konto "D" Umsätze in Höhe von 87.383,57 € (2004: 33.032,41 € und 2005: 54.351,16 €) und

•   

im Jahr 2005 über das eBay-Konto "E" Umsätze in Höhe von 2.716,52 €.

6

Die Konten "D" und "E" lauteten auf die Klägerin. Verkauft wurden über diese Konten "im Wesentlichen" insgesamt 140 Pelzmäntel und -jacken. Über die eBay-Konten des Ehemannes der Klägerin ("A", "B" und "C") wurden (neben anderen Haushaltsgegenständen wie Vasen, Teegläsern, Kerzenständern, Kleidung, Modellautos, Parfum und Spielzeug) 79 Pelzmäntel verkauft. In den Streitjahren unterhielt die Klägerin bei der X-Bank (Bank) u.a. zwei Bankkonten mit den Nummern ... und ..., die in allen eBay-Konten, auch denen des Ehemannes der Klägerin, als Bankverbindung gespeichert waren.

7

Aufgrund dieser Ermittlungen erließ das FA am 4. Juli 2007 auf § 164 Abs. 2 AO gestützte Umsatzsteuer-Änderungsbescheide für die Streitjahre, in denen es der Klägerin die Umsätze der eBay-Konten "D" und "E" zurechnete.

8

Mit ihren Einsprüchen trug die Klägerin vor, die vom FA ihr zugerechneten Umsätze seien ihrem Ehemann zuzurechnen. Im Zuge der Auflösung des umfangreichen Junggesellenhaushalts ihres Ehemannes sowie des Haushalts ihrer verstorbenen Schwiegermutter sei eine große Anzahl privat gebrauchter Haushaltsgegenstände über eBay verkauft worden. Die veräußerten Pelze hätten ihrer Schwiegermutter gehört und seien zwischen 1960 und 1985 angeschafft worden. Anlässlich des Umzugs ihrer Schwiegermutter in ein Altenheim im Jahr 1991 seien diese an ihren Ehemann übergeben worden. Auf Grund der lange vergangenen Zeit und dreier weiterer Umzüge habe sie, die Klägerin, hierüber keine Unterlagen mehr.

9

Im Rahmen des Einspruchsverfahrens reichte die Klägerin eine Bestätigung ihres Ehemannes vom 29. Juli 2007 ein: "zur Vorlage bei Behörden und Ämtern bestätige ich hiermit, dass ich Frau ..." (die Klägerin) "damit beauftragt hatte, den Großteil der Gegenstände meines privaten Haushaltes für mich bei ebay zu verkaufen und bei der Verkaufsabwicklung behilflich zu sein". Ebenso versicherte der Ehemann der Klägerin am 17. Februar 2008, dass er die Klägerin "damit beauftragt hatte, den Großteil der Gegenstände meines privaten Haushaltes für mich über ebay zu verkaufen und bei der Verkaufsabwicklung behilflich zu sein".

10

Im Laufe des Einspruchsverfahrens half das FA den Einsprüchen insoweit teilweise ab, als es im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr 2004 vom 29. Januar 2010 der Klägerin nicht mehr sämtliche Verkäufe über eBay, sondern nur noch die Verkäufe der Pelze zurechnete. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

11

Durch Einspruchsentscheidungen vom 1. Februar 2010 wies das FA die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, es sei nicht glaubhaft, dass die veräußerten Pelzmäntel aus dem Besitz der Schwiegermutter der Klägerin stammten. U.a. lasse der Umstand, dass Pelze in unterschiedlichen Größen veräußert worden seien, den Schluss zu, dass es sich nicht um den privaten Besitz der Schwiegermutter gehandelt habe. Das Gleiche gelte für die Anzahl von insgesamt über 200 veräußerten Pelzen. Die Umsätze seien auch der Klägerin zuzurechnen. Die Bestätigung des Ehemannes der Klägerin überzeuge nicht.

12

Mit ihrer Klage ließ die Klägerin vorbringen, die veräußerten Gegenstände seien auf sie, die Klägerin, und ihren Ehemann aufgeteilt worden, um sie schneller veräußern zu können. Sie, die Klägerin, sei lediglich als Erfüllungsgehilfin ihres Ehemannes tätig gewesen. Die Verkaufstätigkeit sei im Übrigen nicht nachhaltig gewesen. Beim Verkauf der Haushaltsgegenstände ihrer Schwiegermutter habe es sich um eine einmalige und unwiederholbare Angelegenheit gehandelt. Die Pelze seien im Zeitraum Mai 2004 bis Oktober 2005 verkauft worden. Auch habe nicht sie am wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen, sondern ihr Ehemann. Sie, die Klägerin, habe nach außen erkennbar im Auftrag ihres Mannes gehandelt. Die unterschiedliche Größe der Pelze resultiere aus der unterschiedlichen Kleidergröße ihrer Schwiegermutter, die sich in einem Zeitraum von 1960 bis 1985 "schon mal ändern" könne.

13

Zudem reichte die Klägerin eine Bestätigung des Bruders ihres Ehemannes ein, der angab, seine Mutter habe eine Vorliebe für Pelzmäntel und -jacken gehabt und davon "eine stattliche Sammlung" besessen.

14

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage --nach Vernehmung des Ehemannes der Klägerin als Zeugen-- statt. Sein Urteil ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst (DStRE) 2013, 1249 veröffentlicht.

15

Es führte zur Begründung aus, zwar habe die Klägerin nach der Überzeugung des Gerichts in den Streitjahren die Pelzmäntel und -jacken über die eBay-Konten "D" und "E" verkauft und nicht ihr Ehemann. Dass sie, die Klägerin, "im Auftrag" ihres Ehemannes gehandelt habe, habe sie nicht nachweisen können.

16

Allerdings sei diese Tätigkeit nicht der unternehmerischen Sphäre der Klägerin zuzurechnen: Weder falle der Verkauf von Pelzmänteln und -jacken in den Rahmen ihres Einzelunternehmens "Finanzdienstleistungen" noch sei die Klägerin mit dieser Tätigkeit für sich genommen nachhaltig tätig geworden. Es liege keine nachhaltige Tätigkeit vor, weil die Klägerin Teile einer Privatsammlung von über 200 Pelzmänteln verschiedener Größen verkauft habe.

17

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 2 Abs. 1 UStG. Nach der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) spiele es bei der Beurteilung der "eBay"-Umsätze der Klägerin eine Rolle, dass die Klägerin mit ihrem Unternehmen Finanzdienstleistungen unternehmerisch tätig sei. Die Klägerin übe damit ohnehin bereits eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG-- (jetzt: Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--) aus. Gemäß Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL) gelte als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübe. Dies sei bei der Klägerin bereits mit den Finanzdienstleistungen der Fall.

18

Unabhängig davon sei aber auch die Auffassung des FG unzutreffend, der Verkauf von 140 Pelzen in 13 Monaten mit einem Gesamtumsatz von 77.419 € über eine Handelsplattform sei nicht "nachhaltig" i.S. des § 2 Abs. 1 UStG. Die Tätigkeit der Klägerin sei auf Wiederholung angelegt, planmäßig und längerfristig gewesen. Dies gelte selbst dann, wenn man mit dem FG --unzutreffenderweise-- annehme, dass diese aus dem Privatvermögen des Ehemannes der Klägerin stammten.

19

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

20

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

21

Die Auffassung des FA, die Verkaufstätigkeit sei unabhängig vom Kriterium der Nachhaltigkeit als unternehmerisch zu qualifizieren, weil sie, die Klägerin, bereits als Finanzdienstleisterin Unternehmerin gewesen sei, treffe nicht zu. Sie habe diese Tätigkeit im Übrigen zum 31. Mai 2005 eingestellt und am 29. November 2006 das Gewerbe abgemeldet. Das zum 1. April 2006 angemeldete Gewerbe "Handel mit Textilien" sei ebenfalls zum 29. November 2006 abgemeldet worden, ohne dass die beabsichtigte Tätigkeit jemals aufgenommen worden sei. Auch sei sie auf der Handelsplattform "eBay" nicht als "Händlerin" tätig geworden.

22

Nach der Sichtweise des FA wäre jeder Verkauf von Privatvermögen eines Unternehmers umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig. Das sei vom EuGH ersichtlich nicht beabsichtigt gewesen. Der bloße Erwerb und Verkauf eines Gegenstands sei keine wirtschaftliche Tätigkeit. Erst wenn der Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb der Ware unternehme, indem er sich wie eine in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG genannte Person verhalte, könne von einer wirtschaftlichen Tätigkeit gesprochen werden. Dies habe das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Der vom FA angeführte technische Wandel habe lediglich Einfluss auf die Art des Verkaufs. Auch ein Händler im Internet müsse Ware einkaufen, bevor er sie verkauft. Die Würdigung des FG binde deshalb den Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidungsgründe

23

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit dem Verkauf der Pelzmäntel nicht unternehmerisch tätig geworden sei.

24

1. Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den Streitfall dahingehend gewürdigt, dass die Klägerin und nicht ihr Ehemann die 140 Pelzmäntel geliefert hat.

25

a) Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27. November 2008 V R 8/07, BFHE 223, 520, BStBl II 2009, 397, unter II.1.; vom 30. Juni 2010 XI R 22/08, BFHE 231, 248, BStBl II 2010, 1084, Rz 11 f.; vom 14. März 2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667, Rz 52).

26

b) Leistender ist grundsätzlich derjenige, der im eigenen Namen Lieferungen oder sonstige Leistungen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt (vgl. BFH-Urteil vom 4. Februar 2015 XI R 14/14, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2015, 1212, Rz 19). Dies kann regelmäßig den zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen entnommen werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. April 2013 XI R 7/11, BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 22; vgl. dazu auch EuGH-Urteil Newey vom 20. Juni 2013 C-653/11, EU:C:2013:409, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2013, 851). Tritt der Leistende unter fremdem Namen auf, sind ihm die Leistungen zuzurechnen (vgl. BFH-Urteil vom 21. April 1994 V R 105/91, BFHE 174, 469, BStBl II 1994, 671, unter II.1.).

27

c) Für die Frage, ob bei Eheleuten der Ehemann, die Ehefrau oder eine aus den Eheleuten bestehende Gemeinschaft als Unternehmer die Leistung ausführt, gilt nichts anderes; auch insoweit kommt es darauf an, wer nach außen auftritt (z.B. BFH-Urteil vom 26. April 2012 V R 2/11, BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634, Rz 45; BFH-Beschluss vom 27. Juni 1994 V B 190/93, BFH/NV 1995, 654).

28

d) Die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen, d.h. die Ermittlung dessen, was die Vertragsparteien erklärt und was sie gewollt haben, gehört grundsätzlich zu den "tatsächlichen Feststellungen" i.S. des § 118 Abs. 2 FGO, deren Vornahme dem FG obliegt; die Würdigung des FG ist für den BFH bindend, wenn sie möglich ist und nicht gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder die Grundsätze der Vertragsauslegung verstößt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 241, 459, BStBl II 2013, 648, Rz 34 f., m.w.N.).

29

e) Gemessen daran ist das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin die hier zu beurteilenden Lieferungen von Pelzmänteln ausgeführt hat.

30

Es hat festgestellt, dass die Klägerin Inhaberin der eBay-Konten "D" und "E" war, und daraus mangels abweichender Anhaltspunkte zu Recht den Schluss gezogen, dass die Klägerin unter diesen Pseudonymen (vgl. dazu auch BFH-Urteil in BFHE 174, 469, BStBl II 1994, 671, unter II.1.) die Pelzmäntel veräußert hat (vgl. allgemein auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 19. Dezember 2013  1 K 1939/12, Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 790, unter 2.c). Dass die Klägerin, wie sie vorgetragen hat, im Rahmen der Verkäufe den Käufern gegenüber angegeben habe, sie sei "im Auftrag" für ihren Ehemann tätig geworden, hat das FG nicht für nachgewiesen gehalten. Im Übrigen führte die Angabe "im Auftrag" zu keiner anderen Beurteilung, solange die Klägerin gegenüber den Käufern nicht als Vertreterin ihres Ehemanns, sondern in eigenem Namen aufgetreten wäre (vgl. BFH-Urteil vom 28. November 1990 V R 31/85, BFHE 164, 134, BStBl II 1991, 381, unter II.2.b; BFH-Beschluss vom 9. Oktober 2003 V B 12/02, BFH/NV 2004, 97, unter II.1.c). Ein Auftreten der Klägerin als Vertreterin ihres Ehemannes hat das FG ebenso wenig festgestellt wie das Auftreten einer Gemeinschaft der Ehegatten.

31

2. Es bleibt offen, ob die hier zu beurteilenden Umsätze schon deshalb steuerbar und steuerpflichtig sind, weil die Klägerin in den Streitjahren ohnehin als Finanzdienstleisterin Unternehmerin war.

32

a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.

33

b) Bei richtlinienkonformer Anwendung muss dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeübt werden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. Dezember 2008 V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.1.; vom 11. April 2008 V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.1.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG der Mehrwertsteuer einen sehr breiten Anwendungsbereich zuweist (EuGH-Urteile Van Tiem vom 4. Dezember 1990 C-186/89, EU:C:1990:429, Der Betrieb 1992, 121, Rz 17; EDM vom 29. April 2004 C-77/01, EU:C:2004:243, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2004, 292, Rz 47).

34

c) Diese Voraussetzungen liegen --wie das FG zutreffend erkannt hat-- in der Person der Klägerin unabhängig von den hier zu beurteilenden Umsätzen vor; denn die Klägerin hat in den Streitjahren Finanzdienstleistungen erbracht.

35

d) Soweit Lieferungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG von einem Unternehmer "im Rahmen seines Unternehmens" ausgeführt werden müssen, umfasst das Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG "die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers". Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL) bestimmt diesbezüglich, dass "alle" Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden als wirtschaftliche Tätigkeit gelten; der Steuerpflichtige muss u.a. Lieferungen "als solcher" ausführen (Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG; Art. 2 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL).

36

aa) Der EuGH (vgl. EuGH-Urteil Kostov vom 13. Juni 2013 C-62/12, EU:C:2013:391, HFR 2013, 757, Rz 28 ff., zu Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL) geht davon aus, dass eine natürliche Person, die bereits mit ihrer Haupttätigkeit ein Steuerpflichtiger ist, für jede weitere, gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit als "Steuerpflichtiger" anzusehen sei, sofern diese Tätigkeit eine Tätigkeit i.S. von Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL darstelle. Art. 12 Abs. 1 MwStSystRL beziehe sich nur auf Personen, die nicht bereits für ihre wirtschaftliche Haupttätigkeit mehrwertsteuerpflichtig seien. Dagegen stünde es insbesondere mit dem Ziel einer einfachen und möglichst allgemeinen Erhebung der Mehrwertsteuer nicht in Einklang, Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL dahin auszulegen, dass der Begriff "wirtschaftliche Tätigkeit" eine Tätigkeit nicht umfasse, die zwar nur gelegentlich ausgeübt werde, aber unter die allgemeine Definition dieses Begriffs falle und von einem Steuerpflichtigen ausgeübt werde, der noch eine weitere wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der MwStSystRL ausübe.

37

bb) Ausgehend davon ist fraglich geworden, ob an der bisherigen Rechtsprechung des BFH, wonach Leistungen, die sich als Nebenfolge einer nichtunternehmerischen Betätigung (früher auch sog. Eigenleben) ergeben --wie z.B. der Verkauf gebrauchter Gegenstände aus dem Privatbereich-- grundsätzlich zum nichtunternehmerischen Bereich gehören und nur dann zu unternehmerischen Umsätzen werden, wenn sie einen "geschäftlichen" Rahmen i.S. des § 2 Abs. 1 UStG erreichen (vgl. BFH-Urteile vom 21. Mai 1987 V R 109/77, BFHE 150, 368, BStBl II 1987, 735, unter II.2.b; in BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.2.b cc; s. dazu auch Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 33 Rz 101 ff.; Husmann in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 1 Rz 189 ff.; Abschn. 2.7 Abs. 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses), in vollem Umfang unverändert festgehalten werden kann.

38

3. Allerdings bedarf dies im Streitfall keiner Entscheidung; denn die tatsächliche Würdigung des FG, es liege keine unternehmerische (wirtschaftliche) Tätigkeit der Klägerin vor, hält unabhängig von der neueren EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache Kostov (Urteil, EU:C:2013:391, HFR 2013, 757) einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand, so dass die Vorentscheidung jedenfalls aus diesem Grund aufzuheben ist.

39

a) Unionsrechtlich wird nach ständiger Rechtsprechung des EuGH, der der BFH folgt (s. zu Verkaufsumsätzen über eine elektronische Handelsplattform BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634, Rz 33 ff.), der Begriff des Steuerpflichtigen unter Bezugnahme auf den der wirtschaftlichen Tätigkeit definiert, die nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden sowie Umsätze, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten, umfasst (vgl. EuGH-Urteile Słaby u.a. vom 15. September 2011 C-180/10 und C-181/10, EU:C:2011:589, HFR 2011, 1253, Rz 43 und 44; Trgovina Prizma vom 9. Juli 2015 C-331/14, EU:C:2015:456, UR 2015, 621, Rz 19).

40

aa) Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit erstreckt sich auf einen weiten Bereich; die Tätigkeit an sich wird unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis betrachtet (vgl. EuGH-Urteil Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr vom 20. Juni 2013 C-219/12, EU:C:2013:413, HFR 2013, 752, Rz 17). Der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen der Betreffende einen Gegenstand tatsächlich nutzt, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird, kann eine der Methoden darstellen, mit denen geprüft werden kann, ob eine Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird (vgl. EuGH-Urteil Redlihs vom 19. Juli 2012 C-263/11, EU:C:2012:497, HFR 2012, 1020, Rz 35 f.).

41

bb) Die bloße Ausübung des Eigentumsrechts durch seinen Inhaber ist als solche nicht als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen (vgl. EuGH-Urteil Słaby u.a., EU:C:2011:589, HFR 2011, 1253, Rz 36). Ein Steuerpflichtiger handelt beim Verkauf eines Gegenstands, von dem er einen Teil nicht seinem Unternehmensvermögen zugeordnet hatte, hinsichtlich dieses Teils grundsätzlich nicht als Steuerpflichtiger (vgl. EuGH-Urteil Armbrecht vom 4. Oktober 1995 C-291/92, EU:C:1995:304, BStBl II 1996, 392, Rz 24).

42

cc) Aus der oben angeführten Rechtsprechung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass der von einem Steuerpflichtigen vorgenommene Verkauf eines Gegenstands, den er seinem Privatvermögen zugeordnet hatte, allein aus diesem Grund nicht der Mehrwertsteuer unterliegt. Denn entgeltliche Umsätze eines Steuerpflichtigen unterliegen zwar grundsätzlich der Mehrwertsteuer, wenn er als solcher gehandelt hat, doch ist für die fehlende Steuerbarkeit eines solchen Umsatzes neben der Zuordnung zum Privatvermögen auch erforderlich, dass der Steuerpflichtige einen solchen Verkauf nicht im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit vornimmt, sondern im Rahmen der Verwaltung seines Privatvermögens (vgl. EuGH-Urteil Trgovina Prizma, EU:C:2015:456, UR 2015, 621, Rz 22). Dass eine Person einen Gegenstand für ihren persönlichen Bedarf erworben hat, schließt nicht aus, dass der Gegenstand im Anschluss zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit genutzt wird (vgl. EuGH-Urteil Redlihs, EU:C:2012:497, HFR 2012, 1020, Rz 39).

43

dd) Ein maßgebliches Beurteilungskriterium dafür, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, besteht darin, dass der Eigentümer aktive Schritte zur Vermarktung unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, z.B. bewährte Vermarktungsmaßnahmen durchführt (vgl. EuGH-Urteile Redlihs, EU:C:2012:497, HFR 2012, 1020, Rz 36; Trgovina Prizma, EU:C:2015:456, UR 2015, 621, Rz 24). Derartige Maßnahmen erfolgen normalerweise nicht im Rahmen der Verwaltung von Privatvermögen, so dass der Verkauf in einem solchen Fall nicht als bloße Ausübung des Eigentumsrechts durch seinen Inhaber angesehen werden kann (vgl. EuGH-Urteil Słaby u.a., EU:C:2011:589, HFR 2011, 1253, Rz 41). Auch die Dauer des Zeitraums, währenddessen Lieferungen erfolgen, die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen sind Gesichtspunkte, die zur Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls gehören und neben anderen Gesichtspunkten bei dieser Prüfung berücksichtigt werden können (vgl. EuGH-Urteil Redlihs, EU:C:2012:497, HFR 2012, 1020, Rz 38).

44

b) Dem entspricht es, dass nach der Rechtsprechung des BFH im Einzelfall aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen ist, ob die Voraussetzungen einer nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG erfüllt sind. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können (z.B. BFH-Urteile vom 27. Januar 2011 V R 21/09, BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, Rz 22 ff.; in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634, Rz 35; s. auch BFH-Beschluss vom 9. April 2014 XI B 6/14, BFH/NV 2014, 1230 bei 40 Verkaufsangeboten und 16 Anzeigen für Uhren und Schmuck, sowie zur Problematik der "eBay-Verkäufe" allgemein auch Roth/Loose, UR 2014, 169, 172 ff.; Hundt-Eßwein, Deutsches Steuerrecht 2012, 1371; Meurer, Der Umsatz-Steuer-Berater 2012, 164; Pinkernell, Steuerrecht kurzgefasst 2012, 309; Reiß in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 2 Rz 38.17 ff.; Renner, Steuer- und Wirtschaftskartei 19/2012, 897; Roth, Neue Wirtschafts-Briefe 2012, 1966; Schießl, Steuern und Bilanzen 2012, 471; Martin, BFH/PR 2012, 280; Grube, juris-PraxisReport Steuerrecht 27/2012, Anm. 5). Dass bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat, ist nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634, Rz 36).

45

c) Das FG hat seine Würdigung, die Klägerin sei mit dem Verkauf der Pelzmäntel nicht unternehmerisch tätig gewesen, auf die Rechtsprechung zu Münz- und Briefmarkensammlern gestützt. Solche Sammler seien nach den BFH-Urteilen vom 29. Juni 1987 X R 23/82 (BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744) und vom 16. Juli 1987 X R 48/82 (BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752) keine Unternehmer. Die Klägerin sei vergleichbar einem Sammler, der eine vorhandene Sammlung (hier: von Pelzmänteln der Schwiegermutter der Klägerin, die diese ihrem Sohn geschenkt habe) auflöse, nicht wie ein Händler am Markt aufgetreten. Die Feststellungslast für das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit liege beim FA.

46

d) Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand; denn das FG hat bei seiner Beurteilung nicht alle bedeutsamen Begleitumstände zutreffend berücksichtigt. Seine Würdigung ist deshalb für den Senat nicht bindend (vgl. dazu z.B. BFH-Urteile vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, Rz 33; vom 14. Mai 2014 XI R 13/11, BFHE 245, 424, BStBl II 2014, 734, Rz 27, m.w.N.).

47

aa) Bei seiner Würdigung hat das FG unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin nicht eigene, sondern fremde Pelzmäntel (eine fremde "Sammlung") verkauft haben will. Der Streitfall ist insoweit mit den vom FG herangezogenen Urteilsfällen nicht vergleichbar; denn die Klägerin hat es nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt übernommen, 140 fremde Pelzmäntel in eigenem Namen auf einer Internet-Handelsplattform zu veräußern. Diese Tätigkeit, die der Ehemann der Klägerin als "Verkaufsabwicklung" bezeichnet hat, ist --jedenfalls in dem vom FG festgestellten Umfang-- eine typisch unternehmerische Tätigkeit und für einen vom FG im Rahmen seiner Würdigung als Vergleich herangezogenen Sammler vollkommen untypisch.

48

bb) Ebenfalls nicht berücksichtigt hat das FG, dass die verkauften Gegenstände (Pelzmäntel) --anders als z.B. Briefmarken (BFH-Urteil in BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744), Münzen (BFH-Urteil in BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752) oder historische Fahrzeuge (BFH-Urteil in BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524)-- keine Sammlerstücke, sondern Gebrauchsgegenstände sind.

49

In Rz 12 des BFH-Urteils in BFHE 150, 224, BStBl II 1987, 752 hat der X. Senat des BFH ausgeführt: "So wird für Briefmarken, Münzen und andere Sammlungsstücke, die im wesentlichen nur einen Liebhaberwert haben (anders als bei Gebrauchsgegenständen wie z.B. Teppichen), regelmäßig anzunehmen sein, dass sie aus privaten Neigungen zusammengetragen werden."

50

Unter II.2. der Gründe des BFH-Urteils in BFHE 150, 218, BStBl II 1987, 744 hat der X. Senat des BFH die fehlende wirtschaftliche Tätigkeit eines Briefmarkensammlers wie folgt begründet: "Das Sammeln von Briefmarken ist eine weit verbreitete Freizeitbeschäftigung, die aus der Sicht des Sammlers ihre Sinnerfüllung darin findet, dass ein umfassender oder gar vollständiger Bestand an Serien, Motiven, Marken eines bestimmten Landes usw. geschaffen wird. ... Der Kauf von Einzelstücken und Kollektionen und die Veräußerung oder das Wegtauschen von Einzelstücken sind unumgänglich, um die angestrebte Vollständigkeit der Sammlung zu erreichen. Die auf Vervollständigung und Bestandsvermehrung abzielenden An- und Verkaufs- oder Tauschvorgänge sind trotz ständiger Wiederholung keine Umsatzakte."

51

Mit dieser Tätigkeit eines privaten Sammlers hat die Tätigkeit der Klägerin bzw. ihres Ehemanns bzw. ihrer Schwiegermutter nichts zu tun. Außerdem ist vorliegend --wie sich aus den Anzeigen ergibt, auf die das FG auf Seite 4 des Urteils Bezug genommen hat und die deshalb vom Senat berücksichtigt werden dürfen-- angesichts der unterschiedlichen Pelzarten, -marken, Konfektionsgrößen und der um bis zu 10 cm voneinander abweichenden Ärmellängen der Pelzmäntel nicht ersichtlich, welches "Sammelthema" verfolgt worden sein sollte.

52

cc) Weiter hat das FG nicht die "Vervielfachung" der Verkäuferkonten als aktive Maßnahme zum Vertrieb der Pelzmäntel in seine Würdigung einbezogen. Die Klägerin selbst (und übrigens auch ihr Ehemann) verfügten jeweils über mindestens zwei Verkäuferkonten. Dies geht über die schlichte Veräußerung nicht mehr benötigter privater Gegenstände durch eine Privatperson über ein Verkäuferkonto erheblich hinaus. Auch dieses händlertypische Verhalten ist mit den vom X. Senat des BFH entschiedenen Fällen eines Münz- bzw. Briefmarkensammlers, der seine Sammlung en bloc aufgibt und versteigern lässt, nicht vergleichbar (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 237, 286, BStBl II 2012, 634, Rz 39). Weiter wurden von der Klägerin zwei Bankkonten zur Abwicklung genutzt.

53

dd) Der im Einspruchs-- und Klageverfahren erhobene Einwand der Klägerin, der Verkauf sei auf fremde Rechnung erfolgt, rechtfertigt schon deshalb keine andere Beurteilung, weil das FG tatsächlich festgestellt hat, dass die Kaufpreise auf Bankkonten der Klägerin gezahlt worden sind.

54

ee) Dass die Klägerin mit den Verkäufen keinen Gewinn erzielt haben will, spielt für die Umsatzsteuer keine Rolle (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG und EuGH-Urteil Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr, EU:C:2013:413, HFR 2013, 752, Rz 25).

55

ff) Nicht gegen die Einstufung der Verkäufe als wirtschaftliche Tätigkeit spricht, dass das FG keinen Wareneinkauf der Klägerin mit dem für eine richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Grad an Gewissheit feststellen konnte; denn ein Wareneinkauf durch den Unternehmer in Veräußerungsabsicht ist gemäß den Ausführungen unter II.3.a und b nicht erforderlich und findet überdies bei der Veräußerung fremder Gegenstände naturgemäß nicht statt.

56

gg) Auch der Hinweis der Klägerin auf die begrenzte Dauer ihrer Tätigkeit führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar spricht die kurze Dauer einer Tätigkeit gegen deren Nachhaltigkeit; trotz kurzer Dauer ist jedoch von einer nachhaltigen Tätigkeit auszugehen, wenn eine Person innerhalb der kurz bemessenen Zeit planmäßig, wiederholt und intensiv am Marktgeschehen teilgenommen hat (vgl. BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 XI R 86/90, BFHE 172, 549, BStBl II 1994, 274, unter 1. zu einem Karnevalsprinzen). Dies ist hier der Fall; denn das FG hat auf Seite 14 und 15 des Urteils festgestellt, die Klägerin sei planmäßig tätig gewesen und ihre Tätigkeit habe einen erheblichen Organisationsaufwand erfordert. Außerdem wurden mindestens 140 Pelzmäntel geliefert, wie das FG auf Seite 4 des Urteils festgestellt hat.

57

e) Soweit das FG im Rahmen seiner Beurteilung auf die Feststellungslast des FA hingewiesen hat, ist die Anwendung der Regeln über die Feststellungslast lediglich "ultima ratio"; vorher ist zunächst u.a. der --auch im Streitfall bedeutsame (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 16. September 2010 16 K 315/09, juris, Rz 29 f.)-- Grundsatz der Beweisnähe zu berücksichtigen (vgl. grundlegend BFH-Urteile vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462; vom 23. März 2011 X R 44/09, BFHE 233, 297, BStBl II 2011, 884).

58

4. Die Sache ist spruchreif.

59

a) Die Tätigkeit der Klägerin ist aus den unter II.3. genannten Gründen als unternehmerische Tätigkeit anzusehen, so dass sie die Lieferungen der Pelzmäntel im Rahmen ihres Unternehmens ausgeführt hat. Der Senat darf diese Würdigung trotz § 118 Abs. 2 FGO selbst vornehmen, weil das FG die dafür maßgeblichen Tatsachen festgestellt hat (vgl. dazu allgemein BFH-Urteil vom 16. Juni 2015 XI R 1/14, www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen, Rz 38, m.w.N.).

60

b) Sonstige Rechtsfehler des FA im Rahmen der Festsetzung der Umsatzsteuer sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist bei der Klägerin nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt kein Vorsteuerabzug aus einem Wareneinkauf zu berücksichtigen, da die Pelzmäntel nach den tatsächlichen Feststellungen des FG von der Schwiegermutter der Klägerin lange vor den Streitjahren zu privaten Zwecken erworben wurden. Die Anwendung des § 25a UStG scheidet schon deshalb aus, weil die Klägerin angegeben hat, dass über die Anschaffungen in den Jahren 1960 bis 1985 keine Unterlagen mehr existieren, so dass nicht festgestellt werden kann, ob die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG vorliegen. Angesichts der Größenordnung der Umsätze findet die Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) keine Anwendung.

61

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vertreibt u.a. sog. "Hotelschecks" und eine sog. "Goldcard" über Vertriebspartner, Anzeigen in Zeitschriften und über ihr Internetportal.

2

Der Geschäftsablauf war wie folgt: Der Kunde erwarb für einen Betrag von 49,90 € einen "Hotelscheck" bei der Klägerin sowie einen Hotelkatalog, in dem über 2 500 Hotels im In- und Ausland aufgeführt waren, die bereit waren, das Hotelzimmer nicht gesondert in Rechnung zu stellen, sofern der Kunde pro Kopf und Tag einen je nach Qualität des Hotels unterschiedlichen Betrag für Frühstück und Abendessen (zuzüglich Getränke) entrichtet. Den im Katalog für das betreffende Hotel angegebenen Betrag für die Mahlzeiten musste der Gast auch entrichten, wenn er die Mahlzeiten nicht einnahm.

3

Das Hotelzimmer hatte der Kunde beim Vertragshotel selbständig zu buchen. Nach erfolgreicher Buchung musste er das Original des um den Namen des Hotels ergänzten "Hotelschecks" als "Buchungsbestätigung" an die Klägerin zurücksenden, die den Scheck dann gemäß Ziff. 9 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) "als Vermittlerin" im Namen des Kunden dem Hotel übersandte. Für mangelhafte Leistungen des Hotels schloss die Klägerin die Haftung aus. Ausgeschlossen war auch die Rückvergütung bei Nichtgebrauch des "Hotelschecks" oder in den Fällen, in denen weniger als drei Übernachtungen vom Kunden in Anspruch genommen werden. Nach Angaben der Klägerin kam es nur in 14,22 % der bei ihr erworbenen "Hotelschecks" tatsächlich zu Hotelübernachtungen.

4

Neben den "Hotelschecks" für drei Übernachtungen vertrieb die Klägerin auch eine Clubmitgliedschaft für 25 €, durch die die "Hotelschecks" verbilligt erworben werden konnten, sowie eine sog. "Goldcard" für 119 €, mit der Hotelbuchungen nicht nur für drei Tage, sondern bis zu einem Jahr abgeschlossen werden konnten. Die "Hotelschecks" waren als Geschenk frei übertragbar.

5

Die Klägerin ging ab November 2007 davon aus, dass sie im Zeitpunkt der Hotelschecküberlassung noch keine konkreten und bestimmbaren Leistungen erbracht habe und es daher an einem Leistungsaustausch fehle. Sie erklärte in den Umsatzsteuervoranmeldungen seit November 2007 nur noch die Entgelte der Kunden für die Clubmitgliedschaften als umsatzsteuerbar, während sie die Entgelte für die "Goldcard" als teilweise --angelehnt an den Preis für die von ihr selbst der Umsatzsteuer unterworfene Clubmitgliedschaft-- steuerpflichtig behandelte.

6

Dagegen unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) in den Vorauszahlungsbescheiden für November und Dezember 2007 sämtliche Entgelte der Umsatzsteuer mit der Begründung, beim Nachweis des Kataloghotels handele es sich um eine steuerbare Vermittlungsleistung. Nach Erhebung der Klage und Abgabe der Jahreserklärung für 2007 erließ das FA den streitigen Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 18. März 2009, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 486 veröffentlichten Gründen ab. Der Verkauf der "Hotelschecks" sei unabhängig davon, ob das von den Kunden gewählte Hotel im In- oder Ausland lag, im Inland steuerbar. Entgegen der Auffassung der Klägerin lägen steuerbare Umsätze vor, denn zwischen der Leistung der Klägerin und dem vereinbarten Entgelt bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang, weil sich die Klägerin durch die Aushändigung des "Hotelschecks" gegenüber dem Kunden für ein Jahr verpflichtet habe, am Zustandekommen eines Hotelvertrages nach den angegebenen Konditionen mitzuwirken.

8

Leistungsort sei nach § 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) der Sitz der Klägerin im Inland. Es handele sich nicht um Vermittlungsleistungen gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG, sondern um eine sonstige Leistung eigener Art, die in der ständigen Leistungsbereitschaft während eines Jahres zu sehen und deren prägender Teil die ständige Pflege, Erweiterung und Aktualisierung des Hotelbestandes sei. Unerheblich sei, dass die Klägerin ihre Leistungen in ihren AGB als "Vermittlungsleistung" bezeichne. Gegen die Beurteilung als Vermittlungsleistung spreche, dass die Tätigkeit der Klägerin keinen Bezug zu den später tatsächlich abgeschlossenen Beherbergungsverträgen aufweise. Insbesondere sei die Weiterleitung der von den Kunden mit dem Namen der gebuchten Hotels ergänzten Schecks nur von untergeordneter Bedeutung, da diese lediglich den Zweck hätten, im Interesse der Klägerin die Kontrolle der "Hotelschecks" auf fortbestehende Gültigkeit zu gewährleisten. Aus denselben Gründen seien auch die Ausgabe der "Goldcard" sowie die Einräumung der Clubmitgliedschaft als sonstige Leistungen zu beurteilen. Im Übrigen habe die Klägerin für ihre Umsätze aus den Clubmitgliedschaften vollständig bzw. für Umsätze aus den "Goldcards" teilweise Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis erstellt, so dass sie hierfür die Umsatzsteuer unabhängig von der rechtlichen Beurteilung der Leistungen jedenfalls nach § 14c UStG schulde.

9

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, zwischen ihr und ihren Kunden komme es zu keinem Leistungsaustausch. Die Übernachtungsleistungen selbst würden nur vom jeweiligen Hotel erbracht. Sie, die Klägerin, führe mit der Ausgabe des "Hotelschecks" keine zusätzlichen Leistungen an ihre Kunden aus, da der "Hotelscheck" lediglich die Übernachtungsleistungen verkörpere. Durch die Zusammenstellung der Hotels in einem Katalog erbringe sie keine entgeltliche Leistung, weil der Katalog auch im Internet unentgeltlich einsehbar sei. Schließlich erbringe sie, die Klägerin, auch keine sonstige Leistung in Form einer Leistungsbereitschaft, weil mit einer erfolgreichen Hotelbuchung die weitere Leistungsbereitschaft entfalle. Die Bereitschaft als solche, innerhalb eines vorher festgelegten Zeitraums einen Vertrag zu erfüllen, sei keine Leistungsbereitschaft mit wirtschaftlich selbständiger Bedeutung. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Steuerbarkeit des Handels mit Eintrittskarten (Urteil vom 3. Juni 2009 XI R 34/08, BFHE 226, 369, BStBl II 2010, 857) betreffe einen anderen Fall, weil der "Hotelscheck" keinen Anspruch auf eine bestimmte Übernachtung verbriefe.

10

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 6. Oktober 2010  5 K 1818/08 U aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 18. März 2009 auf ... € herabzusetzen.

11

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

12

Mit dem Verkauf der "Hotelschecks" sei ein Leistungsaustausch bewirkt worden, weil der Kunde mit dem Erwerb das Recht erworben habe, die Hotelzimmer im Rahmen der Verfügbarkeit zu begünstigten Konditionen in Anspruch zu nehmen. Dass ein großer Teil der Hotelscheckerwerber diese verfallen lasse, sei unerheblich, da es lediglich auf die Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit ankomme.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision führt aus anderen als den geltend gemachten Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das von den Kunden bei Ausgabe der "Hotelschecks" sowie der "Goldcard" an die Klägerin bezahlte Entgelt unterliegt als Anzahlung für die vereinbarte Vermittlungsleistung der Klägerin im Inland der Umsatzsteuer. Führt die Vermittlungsleistung zu einer Hotelbuchung im Ausland und damit gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG zu einer im Inland nicht steuerbaren Leistung, ist im entsprechenden Besteuerungszeitraum die Bemessungsgrundlage zu berichtigen. Feststellungen zum Umfang und Zeitpunkt der Auslandsbuchungen im Streitjahr sind nachzuholen.

14

1. Das FG geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Klägerin mit der entgeltlichen Ausgabe der "Hotelschecks" und der "Goldcard" entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an ihre Kunden erbracht hat. Zu Recht hat das FG einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Anzahlung und der in dem "Hotelscheck" bzw. der "Goldcard" verbrieften Leistung der Klägerin bejaht.

15

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH sind entgeltliche Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (Urteile des EuGH vom 18. Juli 2007 C-277/05, Societé thermale d` Eugenie-les-Bains, Slg. 2007, I-6415 Rdnr. 19; vom 21. März 2002 C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Slg. 2002, I-3293, BFH/NV Beilage 2002, 95, Rdnr. 39; vom 3. März 1994 C-16/93, Tolsma, Slg. 1994, 743; z.B. BFH-Urteile vom 3. März 2011 V R 24/10, BFHE 233, 282, BFH/NV 2011, 1092; vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, jeweils m.w.N.).

16

b) Nach den Feststellungen des FG hat sich die Klägerin gegenüber den Erwerbern der "Hotelschecks" zu der in ihren AGB beschriebenen Leistung verpflichtet, ihnen die Buchung von drei kostenlosen Übernachtungen in einem der im Hotelkatalog der Klägerin genannten Hotels unter den dort genannten Bedingungen zu ermöglichen; die Erwerber der "Hotelschecks" haben hierfür den vereinbarten Betrag von 49,90 € bezahlt. Aufgrund der rechtsgeschäftlichen Verknüpfung zwischen der von der Klägerin versprochenen Leistung und der Zahlung des jeweiligen Vertragspartners hat das FG zu Recht einen unmittelbaren Zusammenhang bejaht. Nichts anderes gilt für die Ausgabe der "Goldcard", die zur wiederholten Inanspruchnahme der genannten Leistung berechtigte und für die die Erwerber das vereinbarte Entgelt bezahlt haben.

17

c) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin für ihre Auffassung, eine entgeltliche Leistung liege nicht vor, weil im Zeitpunkt der Ausgabe der "Hotelschecks" oder der "Goldcard" noch nicht feststehe, ob der Erwerber von dem Angebot Gebrauch mache und welches Hotel er wähle, auf die Entscheidung des EuGH vom 16. Dezember 2010 C-270/09, Macdonald Resorts Ltd. (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 462). Diese Entscheidung betrifft die Veräußerung sog. "Punkte-Rechte", die eine Vereinbarung einer künftigen Leistung repräsentieren, z.B. die Überlassung einer Wohnung in einer Wohnanlage oder andere während eines bestimmten Jahres verfügbare Dienstleistungen. Die Erwerber hatten in diesem Fall weder eine genaue Kenntnis von Art und Inhalt noch vom Wert der mit den "Punkte-Rechten" eintauschbaren Leistungen. Darüber hinaus legte der Unternehmer, der die "Punkte-Rechte" vergab, selbst die Einstufung der verfügbaren Wohnungen und Dienstleistungen nach Punkten fest und der Erwerber erhielt die vereinbarte Leistung erst zu einem Zeitpunkt, zu dem die Umwandlung der "Punkte-Rechte" in eine Vermietungs- oder eine andere Leistung bereits abgeschlossen war (EuGH-Urteil Macdonald Resorts Ltd. in UR 2011, 462 Rdnr. 25). Damit ist der vorliegende Sachverhalt, in dem mit Ausnahme der Entscheidung des Kunden für ein im Katalog der Klägerin aufgeführtes Hotel und dessen Verfügbarkeit im Zeitpunkt der Entscheidung des Kunden der Inhalt der Leistung der Klägerin bereits feststand, nicht vergleichbar. Allein der Umstand, dass dem Leistungsempfänger gegen Entgelt ein durch einen Gutschein verkörpertes zukünftiges und seinem Gegenstand nach unbestimmtes Recht an Gegenständen oder Dienstleistungen eingeräumt wird, schließt die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen Entgelt und Leistung im Übrigen nicht aus (vgl. EuGH-Urteil vom 29. Juli 2010 C-40/09, Astra Zeneca, BFH/NV 2010, 1762).

18

2. Entgegen der Auffassung des FG handelt es sich allerdings bei den zwischen der Klägerin und den Kunden vereinbarten Leistungen, die die Klägerin in "Hotelschecks" und der "Goldcard" verbrieft hat, um Vermittlungsleistungen.

19

a) Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet, das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln (EuGH-Urteile vom 13. Dezember 2001 C-235/00, CSC Financial Services, Slg. 2001, I-10237, BFH/NV Beilage 2002, 35 Rdnr. 39, und vom 21. Juni 2007 C-453/05, Ludwig, Slg. 2007, I-5083 Rdnrn. 23 und 28; BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07, BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554). Unerheblich für die Beurteilung als Vermittlungstätigkeit ist, dass der Kunde des Vermittlers, wenn er sich für einen der nachgewiesenen Vertragspartner entscheidet, den Vertragsabschluss selbst bewirken muss.

20

b) Das FG ist insoweit von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben.

21

Nach dem Inhalt der zwischen der Klägerin und den Erwerbern von "Hotelscheck" oder "Goldcard" getroffenen Vereinbarungen hat die Klägerin diesen Kunden in ihren Katalogen Hotels nachgewiesen, denen gegenüber die Erwerber berechtigt waren, Verträge über drei Übernachtungen zu den im Voraus von der Klägerin mit den Hotels ausgehandelten Konditionen abzuschließen. Zu Unrecht stützt das FG seine Auffassung, es liege keine Vermittlungsleistung vor, maßgeblich darauf, dass ein Erwerber des "Hotelschecks" oder der "Goldcard" sich selbst um die Verfügbarkeit des betreffenden Hotels zur gewählten Zeit kümmern und den Beherbergungsvertrag mit diesem abschließen musste. Das FG stellt insoweit zu Unrecht darauf ab, der wesentliche Teil der Tätigkeit der Klägerin sei mit dem Nachweis der Vertragshotels abgeschlossen, während sie sich am Vertragsschluss selbst nur noch dadurch beteilige, dass sie im eigenen Interesse den "Hotelscheck" weiterleite. Denn spezifisch und wesentlich für eine Vermittlungsleistung ist es, die am Abschluss des Vertrages interessierten Personen zusammenzuführen, wobei die Vermittlungstätigkeit in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen kann (BFH-Urteile vom 28. Mai 2009 V R 7/08, BFHE 226, 172, BStBl II 2010, 80; in BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554, jeweils m.w.N.). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang weiter der vom FG betonte Umstand, dass die Klägerin bei online-Buchungen den Kunden nach Nr. 8 der AGB eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr berechnet hat.

22

3. Das mit den Erwerbern der "Hotelschecks" bzw. der "Goldcard" vereinbarte und von diesen bereits bei deren Erwerb bezahlte Entgelt unterlag als Anzahlung im Streitjahr im Inland der Umsatzsteuer.

23

a) Wird das Entgelt für Leistungen (Lieferungen oder sonstige Leistungen) i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ganz oder teilweise vereinnahmt, bevor die Leistung oder Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht die Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt worden ist. Die Regelung beruht auf Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wonach der Steueranspruch im Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag entsteht, wenn Anzahlungen geleistet werden, bevor die Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen bewirkt ist.

24

b) Steht im Zeitpunkt der Anzahlung zwar die Art der Leistung fest --hier die Vermittlung einer Beherbergungsleistung in einem Hotel--, aber nicht, ob die vermittelte Leistung in einem Hotel im Inland oder in einem anderen Land erbracht wird, unterliegen die Vermittlungsleistungen nach § 3a Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 UStG an dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, der Umsatzsteuer.

25

aa) Sonstige Leistungen werden gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt - im Streitfall im Inland. Abweichend davon wird nach § 3a Abs. 2 UStG eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück sind nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a UStG sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 UStG bezeichneten Art anzusehen. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG betrifft u.a. die Vermietung von Grundstücken sowie die Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten. Nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG wird eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

26

Diese Regelungen beruhen auf Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. a und Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG:

27

Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG bestimmen:

"(1) Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

(2) Es gilt jedoch

a) als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, einschließlich der Dienstleistung von Grundstücksmaklern und -sachverständigen, und als Ort einer Dienstleistung zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen, wie z. B. die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros, der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist.

..."

28

Nach Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ist abweichend von Art. 9 Abs. 1 der Ort der Dienstleistungen von Vermittlern, die im Namen und für Rechnung Dritter handeln, wenn sie an anderen Umsätzen als den hier nicht vorliegenden Umsätzen der Abs. 1 und 2 und in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e genannten Umsätzen beteiligt sind, der Ort, an dem die Umsätze erbracht werden.

29

bb) Vermittlungsleistungen i.S. des Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG werden an dem Ort ausgeführt, an dem die zugrunde liegenden Umsätze ausgeführt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 27. Mai 2004 C-68/03, Lipjes, Slg. 2004, I-5879, BFH/NV Beilage 2004, 364). Bezieht sich, wie im vorliegenden Fall, die vermittelte Leistung (Beherbergung in einem Hotel) auf Grundstücke, wird auch die Vermittlungsleistung an dem Belegenheitsort des Grundstückes ausgeführt. Das gilt auch für Anzahlungen, wenn im Zeitpunkt der Zahlung bereits feststeht, an welchem Ort der vermittelte Umsatz erbracht wird.

30

Steht dagegen nach dem Inhalt der Vereinbarungen nicht fest, ob der vermittelte Umsatz im Inland oder an einem anderen Ort stattfindet und ist vor Ausführung der Leistung eine Anzahlung zu leisten, unterliegt, weil ein anderer Anknüpfungspunkt fehlt, die Anzahlung am Sitz des Unternehmens --hier im Inland-- der Umsatzsteuer. Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH. Im Urteil vom 3. September 2009 C-37/08, RCI, Slg. 2009, I-7533, BFH/NV 2009, 1762) hat der EuGH entschieden, dass zwischen der Dienstleistung und dem fraglichen Grundstück ein hinreichend enger Zusammenhang bestehen muss, weil es der Systematik dieser Bestimmung widerspräche, wenn jede Dienstleistung schon allein deshalb in den Anwendungsbereich dieser Sonderregelung falle, weil sie einen, wenn auch sehr schwachen, Zusammenhang mit einem Grundstück aufweise, da viele Leistungen auf die eine oder andere Weise mit einem Grundstück verbunden seien (Rdnr. 36). Steht --anders als in dem vom EuGH entschiedenen Sachverhalt-- im Zeitpunkt der Anzahlung jedoch nicht fest, ob sich die Anzahlung für eine Vermittlungsleistung auf Hotelleistungen im Inland oder Ausland bezieht, gibt es im Zeitpunkt der Anzahlung keinen hinreichend engen Zusammenhang mit einem bestimmten Grundstück, so dass als Anknüpfungspunkt für die Besteuerung der Anzahlung der Ort der vermittelten grundstücksbezogenen Leistung ausscheidet und nach Maßgabe des § 3a Abs. 1 UStG nur der Ort in Betracht kommt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.

31

Kommt es schließlich zum Abschluss eines Beherbergungsvertrages mit einem Hotel, das sich auf einem nicht im Inland belegenen Grundstück befindet, und liegt danach eine im Inland nicht steuerbare Vermittlungsleistung vor, ist die Bemessungsgrundlage in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. Nach dieser Regelung ist der geschuldete Steuerbetrag zu berichtigen, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt worden ist. Die Regelung betrifft ihrem Wortlaut nach Anzahlungen für später nicht ausgeführte Leistungen; sie gilt jedoch entsprechend, wenn die Anzahlung für eine sonstige Leistung mangels anderer Anhaltspunkte am Unternehmensort des Leistenden gemäß § 3a Abs. 1 UStG steuerbar ist und der tatsächliche Leistungsort erst später bestimmt werden kann (ebenso zur Vereinnahmung von Anzahlungen, bei denen noch nicht abzusehen ist, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Leistung erfüllt werden, Umsatzsteuer-Richtlinien Abschn. 181 Abs. 4 Satz 2; Verwaltungsregelung zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes - Umsatzsteuer-Anwendungserlass Abschn. 13.5 Abs. 4 Satz 2).

32

4. Der Senat kann in der Sache nicht entscheiden, weil das FG keine Feststellungen dazu getroffen hat, in welchem Umfang die Anzahlungen zur Vermittlung von Beherbergungsleistungen in Hotels geführt hat, die nicht im Inland belegen sind. Die Sache geht daher zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurück.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Lufttransportunternehmen zur Personenbeförderung. Fluggäste konnten nach den Vertragsbedingungen der Klägerin Flüge zu allgemeinen Konditionen mit Rücktritts- und Umbuchungsmöglichkeit oder zu preislich ermäßigten Sonderkonditionen ohne Rücktritts- und ohne Umbuchungsmöglichkeit sowie ohne Erstattung des Flugpreises buchen. Bei Buchung eines Fluges zu diesen Sonderkonditionen behielt die Flugreservierung bis 30 Minuten vor dem Abflug ihre Gültigkeit. Trat der Fluggast den Flug bis zu diesem Zeitpunkt nicht an, konnte die Klägerin den Sitzplatz anderweitig an einen ggf. vor Ort wartenden Fluggast vergeben.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ging im Anschluss an eine zur Umsatzsteuer 1996 bis 2000 durchgeführte Außenprüfung davon aus, dass auch bei den nicht in Anspruch genommenen Flügen ein Leistungsaustausch vorliege. Die von der Klägerin bis dahin als nicht steuerbarer Schadensersatz angesehenen Einnahmen (sog. unflown revenue) behandelte das FA als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen und erließ entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 1996 bis 2004. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Nach dem Urteil des Finanzgerichts (FG) erbrachte die Klägerin auch im Fall der nicht in Anspruch genommenen Flüge zu den von ihr angebotenen Sonderkonditionen dadurch eine Leistung, dass sie für den gebuchten Flug einen Sitzplatz bereitgestellt habe. Der Leistungsinhalt sei durch die Sonderkonditionen derart modifiziert worden, dass der Kunde, dem wegen des ermäßigten Preises kein Rücktrittsrecht zugestanden habe, die Zahlung letztlich dafür geleistet habe, dass ihm die Möglichkeit eingeräumt worden sei, am durchgeführten Flug teilzunehmen. Zwischen Inlands- und Auslandsflügen sei nicht zu differenzieren, da in beiden Fällen eine nach § 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) am Unternehmensort der Klägerin steuerbare und steuerpflichtige Bereitstellungsleistung vorliege. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin lehnte das FG ab.

4

Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2009, 2053 veröffentlicht.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der Reservierungsbestätigung komme ebenso wie der Leistungsbereitschaft entgegen der Auffassung des FG keine eigenständige Bedeutung zu. Das FG habe gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, da es die Grundsätze zur einheitlichen Leistung unzutreffend angewendet habe. Zumindest handele es sich um bloße Nebenleistungen. Gegenstand der Vereinbarung sei die Beförderung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Ort gewesen; diese Leistung habe sie nicht erbracht. Die spätere Nichtinanspruchnahme des Fluges sei für die Frage, was Gegenstand des vereinbarten Leistungsinhalts sei, nicht von Bedeutung. Die Zahlung sei für den Fall, dass der Kunde den Flug nicht in Anspruch nehme, ein im Voraus vereinbarter pauschaler Schadensersatz, der nicht der Umsatzsteuer unterliege. Der Sachverhalt unterscheide sich entgegen der Auffassung des FG nicht von dem Fall, in dem der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 18. Juli 2007 C-277/05, Société thermale d'Eugénie-les-Bains (Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424) ein Angeld als Schadensersatz beurteilt habe. Für die Vergleichbarkeit mit einem Angeld spreche, dass es sich um wirtschaftlich identische Vorgänge handele. Auf die nationalrechtlichen Besonderheiten der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen komme es umsatzsteuerrechtlich nicht an.

6

Ein gesonderter Steuerausweis liege nicht vor. Unabhängig davon sei jedenfalls zwischen dem "unflown revenue" bei Inlands- und Auslandsflügen zu differenzieren. Im Übrigen komme eine Steuerpflicht von Anzahlungen nur bis zum Zeitpunkt der vorgesehenen Leistungserbringung in Betracht. Die Zahlungen der Kunden seien aber z.B. bei kurzfristigen Buchungen teilweise erst im Anschluss an den nicht angetretenen Flug erfolgt. Das FG hätte dies aufklären müssen. Das Unionsrecht enthalte für Anzahlungen nur einen Steueranspruch, nicht aber auch einen Steuertatbestand, so dass insoweit nur eine Fälligkeitsregelung vorliege. Ein Ersatztatbestand für die Entstehung der Steuer sei nicht geschaffen worden. Auf die Berichtigung nach § 17 UStG komme es nicht an. § 17 Abs. 2 UStG sei darüber hinaus restriktiv auszulegen. Ein Umsatz, der nie vorgelegen habe, könne bei tatsächlicher Nichtausführung des Leistungsaustausches weder rückgängig gemacht noch berichtigt werden. Auch die geänderte Rechtsprechung, die für die Berichtigung nach Entgeltentrichtung auf eine Entgeltrückzahlung abstelle, könne nach § 176 der Abgabenordnung (AO) nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden. Sie könne auch mit zivilrechtlich nichtigen Ansprüchen aufrechnen. Die verfallenen Flugtickets seien nicht nochmals verkauft worden. In Frankreich werde der bei Nichtantritt einer Eisenbahnfahrt von der Eisenbahngesellschaft einbehaltene Geldbetrag als nicht steuerbarer pauschaler Schadensersatz behandelt. Sie habe keine Reservierungsleistung, sondern eine einheitliche Transportleistung erbracht.

7

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung Beweis über die Frage erhoben, ob der Prozessbevollmächtigte am 24. März 2011 gegen den Gerichtsbescheid, den der Senat im Streitfall gemäß §§ 90a Abs. 1, 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erlassen hat, fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt hat.

8

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Änderung der angefochtenen Bescheide.

9

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

10

Das FG habe zutreffend einen Leistungsaustausch bei den Billigflügen zu Sonderkonditionen auch hinsichtlich der nicht in Anspruch genommenen Flüge bejaht. Aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers sei zu berücksichtigen, dass Fluggesellschaften in der Regel bei Stornierungen den Flugpreis einbehalten. Es liege auch kein Angeld vor. Ein Leistungsaustausch liege vor, wie sich auch daraus ergebe, dass die Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hätten.

Entscheidungsgründe

11

II. Die zulässige Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des FG war aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

12

A) Der Senat entscheidet über die zulässige Revision der Klägerin durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung gemäß §§ 90a Abs. 4, 121 Satz 1 FGO. Zwar ist im Streitfall bereits ein Gerichtsbescheid gemäß §§ 90a Abs. 1, 121 Satz 1 FGO ergangen. Dieser gilt jedoch gemäß §§ 90a Abs. 3, 121 Satz 1 FGO als nicht ergangen. Aufgrund der vor dem Senat durchgeführten Beweiserhebung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid rechtzeitig den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat. Hierfür spricht insbesondere, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am vorletzten Tag vor dem Fristablauf zwei Schriftstücke in den Nachtbriefkasten des Bundesfinanzhofs (BFH) eingeworfen hat, von denen eines den Antrag auf mündliche Verhandlung enthielt. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher mangels Fristversäumnis nicht zu entscheiden.

13

B) Die Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet und führt zur Zurückverweisung an das FG. Die Klägerin hat steuerpflichtige Leistungsentgelte für Inlandsflüge vereinnahmt, die mangels Rückzahlung der Besteuerung unterliegen. Ob der Auffassung der Klägerin zu folgen wäre, sie, die Klägerin, habe gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistungen erbracht, war daher nicht zu entscheiden. Hinsichtlich der Auslandsflüge sind demgegenüber im zweiten Rechtsgang noch weitere Feststellungen zu treffen.

14

1. Bei den Inlandsflügen hat die Klägerin die von ihr vereinnahmten Leistungsentgelte auch insoweit zu versteuern, als Fluggäste die von ihnen gebuchten Flüge nicht angetreten haben.

15

a) Vereinnahmt der Unternehmer ein Entgelt, bevor er die Leistung ausgeführt hat, entsteht die Steuer gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG 1993/1999 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem er das Entgelt vereinnahmt. Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Werden Anzahlungen geleistet, bevor die Lieferung von Gegenständen oder die Dienstleistung bewirkt ist, so entsteht der Steueranspruch nach dieser Bestimmung zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag. Bei der Anzahlung i.S. von Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG handelt es sich um den "Wert der Gegenleistung" i.S. des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG und damit um das "Entgelt" i.S. von § 10 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Anzahlung und Entgelt entsprechen sich somit, so dass zwischen dem nationalem und dem Unionsrecht kein Unterschied besteht.

16

b) Die Besteuerung des Entgelts vor Leistungserbringung setzt voraus, dass "alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d.h. der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt sind, ... insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind" (EuGH-Urteil vom 21. Februar 2006 C-419/02, Bupa, Slg. 2006, I-1685 Rdnr. 48 zu Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, denn die Klägerin hat in den Streitjahren Entgelte für konkret bezeichnete Flugreisen vereinnahmt.

17

c) Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin die Entgelte vor der Leistungserbringung vereinnahmt. Unerheblich ist deshalb, ob sie das für das ausgegebene Flugticket vereinbarte Entgelt in Einzelfällen erst nach Durchführung des Fluges erhalten hat.

18

Wäre mit der Klägerin davon auszugehen, sie habe gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistungen erbracht, unterlagen die vereinnahmten Entgelte in den Streitjahren jedenfalls als Anzahlung der Umsatzsteuer. Auch wenn ein Entgelt ohne Leistungserbringung vereinnahmt wird, erfolgt die Vereinnahmung notwendigerweise vor der Ausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG) oder vor der Bewirkung (Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) der --unterbliebenen-- Leistung. Eine zeitliche Grenze, bis zu der die Vereinnahmung des Entgelts zu erfolgen hat, um eine Steuerpflicht zu begründen, besteht nicht. Zwar ist die Regelung über "Anzahlungen" eng auszulegen (EuGH-Urteil Bupa in Slg. 2006, I-1685 Rdnr. 45). Dies erfordert jedoch keine den Gesetzeswortlaut einschränkende Auslegung.

19

2. Der sich aus der Vereinnahmung der Vorauszahlungen ergebende Steueranspruch ist nicht entfallen. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 UStG liegen nicht vor.

20

a) Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Diese Vorschrift gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wird.

21

b) Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.

22

aa) Vereinbaren der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, mindert sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt (BFH-Urteil vom 18. September 2008 V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250, Leitsatz).

23

bb) Dies gilt auch, soweit gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG die sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG angeordnet ist. Vereinnahmt der leistende Unternehmer ein Entgelt, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, berechtigt daher erst die Rückgewähr des Entgelts zur Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG (BFH-Urteil vom 2. September 2010 V R 34/09, BFH/NV 2011, 383, Leitsatz).

24

c) Selbst wenn danach --entgegen dem FG-Urteil-- zugunsten der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sie gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistung erbracht hat, ist sie im Streitfall aufgrund der Entgeltvereinnahmung Steuerschuldner nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG bis zur Rückzahlung des Entgelts.

25

aa) Im Streitfall hat die Klägerin die von ihr vereinnahmten Entgelte für die von ihr zu erbringenden Leistungen nicht an die Fluggäste zurückgezahlt. Eine derartige Rückzahlung war nach den Beförderungsbedingungen der Klägerin sogar ausdrücklich ausgeschlossen.

26

bb) Im Hinblick auf diese Beförderungsbedingungen scheidet auch die Annahme einer Rückzahlung durch Aufrechnung mit einem --wie die Klägerin meint-- pauschal vereinbarten Schadensersatzanspruch gegen den Kunden wegen Nichtinanspruchnahme der angebotenen Leistung aus. Nach den vom FG in Bezug genommenen Vertragsbedingungen "verlieren die Fluggäste ihre Flugberechtigung und haben keinerlei Anspruch auf Rückvergütung oder kostenlose Umbuchung". Danach bestehen für die Vereinbarung eines Schadensersatzanspruchs zugunsten der Klägerin keine Anhaltspunkte. Ob die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zivilrechtlich wirksam gewesen wäre (vgl. z.B. § 11 Nr. 5 des in den Streitjahren geltenden Gesetzes zur Regelung allgemeiner Geschäftsbedingungen; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1984 VII ZR 11/84, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 633) und ob im Hinblick auf die unionsrechtliche Harmonisierung überhaupt die zivilrechtliche Wirksamkeit maßgebend sein kann, war daher nicht zu entscheiden.

27

d) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Besteuerung der vereinnahmten Entgelte bis zu ihrer Rückzahlung nicht gegen die Systematik der Richtlinie 77/388/EWG, die in Art. 10 Abs. 1 zwischen Steuertatbestand und Steueranspruch unterscheidet und in Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für sog. "Anzahlungen" nur eine Regelung zur Entstehung des Steueranspruchs, nicht aber auch zur Entstehung des Steuertatbestands enthält.

28

Die Unterscheidung zwischen Steueranspruch und Steuertatbestand beruht darauf, dass die Leistungserbringung, nicht aber die Entgeltentrichtung der Besteuerung unterliegt (vgl. EuGH-Urteil Bupa in Slg. 2006, 1685 Rdnr. 50). Deshalb ist --wie die Klägerin unter Hinweis auf die Systematik insoweit zu Recht ausführt-- die Besteuerung rückgängig zu machen, wenn das Entgelt zwar vereinnahmt, die Leistung aber nicht erbracht wird.

29

Die Rückgängigmachung erfolgt aber nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Diese Vorschrift beruht auf Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach wird im "Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes ... die Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert". Im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten danach eingeräumte Befugnis zur Festlegung von Bedingungen ist --wie die Rechtsprechung des EuGH belegt-- (EuGH-Urteil vom 29. Mai 2001 C-86/99, Freemans, Slg. 2001, I-4167) es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Rückgängigmachung der Besteuerung von der Rückgewähr des Entgelts abhängt (BFH-Urteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250). Für die von der Klägerin vertretene "restriktive" Auslegung des § 17 Abs. 2 UStG besteht keine Veranlassung. Ebenso kommt es im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten eingeräumten Befugnisse nicht darauf an, wie "in Frankreich" der "Nichtantritt einer Eisenbahnfahrt von der Eisenbahngesellschaft" behandelt wird.

30

e) Dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 17 UStG nicht vorliegen, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht das Entstehen eines Rückforderungsanspruchs nach §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs, da diese Vorschriften aufgrund der abschließenden Spezialregelung durch das UStG im Streitfall nicht anwendbar sind.

31

f) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich auf Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO. Danach ist bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichts des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Die Rechtsprechungsänderung muss für den Erlass des Änderungsbescheides kausal gewesen sein. Insoweit wird widerlegbar vermutet, dass bei einer Übereinstimmung des Erstbescheides mit der seinerzeit geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zweifel auch von deren Anwendung auszugehen ist (BFH-Urteil vom 10. Juni 2008 VIII R 79/05, BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863, unter II.3.c aa). Im Streitfall beruhten demgegenüber weder die ursprüngliche Nichtbesteuerung der für nicht in Anspruch genommene Flüge vereinnahmten Entgelte bis zur Außenprüfung noch die aufgrund der Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide auf der früheren, zwischenzeitlich aufgegebenen Senatsrechtsprechung zu § 17 UStG, weil das FA bei der Steuerfestsetzung vom Vorliegen einer Leistung der Klägerin an die nicht erschienenen Fluggäste ausgegangen ist.

32

3. Die Klägerin kann sich für die beanspruchte Nichtbesteuerung der von ihr vereinnahmten Vorauszahlungen nicht auf die Rechtsprechung des EuGH zum sog. "Angeld" berufen.

33

Das sog. Angeld wird im Rahmen von Verträgen geleistet, die der Mehrwertsteuer unterliegende Beherbergungsdienstleistungen zum Gegenstand haben. In Fällen, in denen der Gast von der ihm eröffneten Möglichkeit des Rücktritts Gebrauch macht und der Hotelbetreiber das Angeld einbehält, ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Société thermale d'Eugénie-les-Bains in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424) das Angeld eine pauschalierte Entschädigung zum Ausgleich des infolge des Vertragsrücktritts des Gastes entstandenen Schadens. Es ist mangels eines direkten Bezugs zu einer entgeltlichen Dienstleistung kein Entgelt für diese.

34

Der Schadensersatzcharakter hat das "Angeld" danach aufgrund des Vorliegens der Vereinbarung einer besonderen Zahlung ("Angeld"), die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Leistung steht, und erfasst daher nicht den Fall, dass der Unternehmer das Entgelt für die vereinbarte Leistung vereinnahmt und dieses Entgelt bei Nichtinanspruchnahme der Leistung in vollem Umfang behält. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Angeld für den Fall der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung auf das Entgelt für diese Leistung angerechnet wird. Denn diese Anrechnung beruht nicht auf der bloßen Zahlung des Angelds, sondern auf der im Rahmen des späteren Leistungsaustausches erfolgenden Verrechnung von Angeld und Leistungsentgelt. Unerheblich ist auch, ob eine von den Verhältnissen des Streitfalls abweichende Vertragsgestaltung zu einer teilweisen Nichtbesteuerung der von Kunden geleisteten Zahlung geführt hätte. Denn der Besteuerung ist der jeweils verwirklichte Umsatz zugrunde zu legen.

35

4. Obwohl das FG die Steuerpflicht hinsichtlich der Inlandsflüge somit im Ergebnis zu Recht bejaht hat, ist die Sache gleichwohl nicht spruchreif. Der Senat kann nach den vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob entsprechend dem FG-Urteil auch eine Steuerpflicht hinsichtlich der Auslandsflüge besteht.

36

a) Entgegen dem Urteil des FG hat die Klägerin unabhängig von der vereinbarten Beförderungsleistung bei Flugteilnahme keine gesonderte Reservierungsleistung erbracht, die nach § 3a Abs. 1 UStG an ihrem Unternehmensort zu besteuern ist. Die bloße Bereitschaft zur Leistungserbringung ist entgegen der Rechtsauffassung des FG nicht wegen der später unterbliebenen Inanspruchnahme des Fluges eine eigenständige Leistung. Denn die vom FG als steuerbare Leistung beurteilte "Leistungsbereitschaft" ergibt sich bereits aus dem gegenseitigen Beförderungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Fluggast, der die Verpflichtung und Bereitschaft zur Beförderung durch die Klägerin beinhaltet (vgl. EuGH-Urteil Sociéte thermale d'Eugénie-les-Bains in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424 Leitsatz 2). Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des FG auch nicht daraus ableiten, dass wegen der Sonderkonditionen ein ermäßigter Flugpreis vereinbart ist, denn das ändert nichts daran, dass Vertragsinhalt die vereinbarte Beförderung ist und sich die "Leistungsbereitschaft" unmittelbar aus dem Beförderungsvertrag ergibt.

37

b) Anhand der vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob im Streitfall zugunsten der Klägerin ein Besteuerungsverzicht auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG besteht. Feststellungen hierzu sind nachzuholen. Insoweit wird auch zu berücksichtigen sein, dass es auf den Besteuerungsverzicht nicht ankommt, wenn die Klägerin für die Auslandsflüge Rechnungen mit Steuerausweis erteilt haben sollte.

38

aa) Nach § 26 Abs. 3 UStG kann das "Bundesministerium der Finanzen unbeschadet der Vorschriften der §§ 163 und 227 der Abgabenordnung anordnen, dass die Steuer für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder ganz oder zum Teil erlassen wird, soweit der Unternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Steuer (§ 14 Abs. 1) erteilt hat". Nach Abschn. 281 Nr. 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) "kann die Umsatzsteuer für grenzüberschreitende Beförderungen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder erlassen werden".

39

bb) Liegt für die von der Klägerin erbrachten grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen ein Besteuerungsverzicht auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG vor, erstreckt sich dieser auch auf die Steuer, die aufgrund der Entgeltvereinnahmung vor Leistungserbringung entsteht (ebenso zur Anwendung von Steuerbefreiungen auf Anzahlungen Abschn. 181 Abs. 4 UStR 1996/2000/ 2004).

40

5. Die Verfahrensrügen waren aufgrund der sich aus der Entgeltvereinnahmung ergebenden Steuerpflicht nicht entscheidungserheblich (§ 126 Abs. 4 FGO), so dass über sie nicht zu entscheiden war.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vertreibt u.a. sog. "Hotelschecks" und eine sog. "Goldcard" über Vertriebspartner, Anzeigen in Zeitschriften und über ihr Internetportal.

2

Der Geschäftsablauf war wie folgt: Der Kunde erwarb für einen Betrag von 49,90 € einen "Hotelscheck" bei der Klägerin sowie einen Hotelkatalog, in dem über 2 500 Hotels im In- und Ausland aufgeführt waren, die bereit waren, das Hotelzimmer nicht gesondert in Rechnung zu stellen, sofern der Kunde pro Kopf und Tag einen je nach Qualität des Hotels unterschiedlichen Betrag für Frühstück und Abendessen (zuzüglich Getränke) entrichtet. Den im Katalog für das betreffende Hotel angegebenen Betrag für die Mahlzeiten musste der Gast auch entrichten, wenn er die Mahlzeiten nicht einnahm.

3

Das Hotelzimmer hatte der Kunde beim Vertragshotel selbständig zu buchen. Nach erfolgreicher Buchung musste er das Original des um den Namen des Hotels ergänzten "Hotelschecks" als "Buchungsbestätigung" an die Klägerin zurücksenden, die den Scheck dann gemäß Ziff. 9 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) "als Vermittlerin" im Namen des Kunden dem Hotel übersandte. Für mangelhafte Leistungen des Hotels schloss die Klägerin die Haftung aus. Ausgeschlossen war auch die Rückvergütung bei Nichtgebrauch des "Hotelschecks" oder in den Fällen, in denen weniger als drei Übernachtungen vom Kunden in Anspruch genommen werden. Nach Angaben der Klägerin kam es nur in 14,22 % der bei ihr erworbenen "Hotelschecks" tatsächlich zu Hotelübernachtungen.

4

Neben den "Hotelschecks" für drei Übernachtungen vertrieb die Klägerin auch eine Clubmitgliedschaft für 25 €, durch die die "Hotelschecks" verbilligt erworben werden konnten, sowie eine sog. "Goldcard" für 119 €, mit der Hotelbuchungen nicht nur für drei Tage, sondern bis zu einem Jahr abgeschlossen werden konnten. Die "Hotelschecks" waren als Geschenk frei übertragbar.

5

Die Klägerin ging ab November 2007 davon aus, dass sie im Zeitpunkt der Hotelschecküberlassung noch keine konkreten und bestimmbaren Leistungen erbracht habe und es daher an einem Leistungsaustausch fehle. Sie erklärte in den Umsatzsteuervoranmeldungen seit November 2007 nur noch die Entgelte der Kunden für die Clubmitgliedschaften als umsatzsteuerbar, während sie die Entgelte für die "Goldcard" als teilweise --angelehnt an den Preis für die von ihr selbst der Umsatzsteuer unterworfene Clubmitgliedschaft-- steuerpflichtig behandelte.

6

Dagegen unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) in den Vorauszahlungsbescheiden für November und Dezember 2007 sämtliche Entgelte der Umsatzsteuer mit der Begründung, beim Nachweis des Kataloghotels handele es sich um eine steuerbare Vermittlungsleistung. Nach Erhebung der Klage und Abgabe der Jahreserklärung für 2007 erließ das FA den streitigen Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 18. März 2009, der gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist.

7

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 486 veröffentlichten Gründen ab. Der Verkauf der "Hotelschecks" sei unabhängig davon, ob das von den Kunden gewählte Hotel im In- oder Ausland lag, im Inland steuerbar. Entgegen der Auffassung der Klägerin lägen steuerbare Umsätze vor, denn zwischen der Leistung der Klägerin und dem vereinbarten Entgelt bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang, weil sich die Klägerin durch die Aushändigung des "Hotelschecks" gegenüber dem Kunden für ein Jahr verpflichtet habe, am Zustandekommen eines Hotelvertrages nach den angegebenen Konditionen mitzuwirken.

8

Leistungsort sei nach § 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG) der Sitz der Klägerin im Inland. Es handele sich nicht um Vermittlungsleistungen gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG, sondern um eine sonstige Leistung eigener Art, die in der ständigen Leistungsbereitschaft während eines Jahres zu sehen und deren prägender Teil die ständige Pflege, Erweiterung und Aktualisierung des Hotelbestandes sei. Unerheblich sei, dass die Klägerin ihre Leistungen in ihren AGB als "Vermittlungsleistung" bezeichne. Gegen die Beurteilung als Vermittlungsleistung spreche, dass die Tätigkeit der Klägerin keinen Bezug zu den später tatsächlich abgeschlossenen Beherbergungsverträgen aufweise. Insbesondere sei die Weiterleitung der von den Kunden mit dem Namen der gebuchten Hotels ergänzten Schecks nur von untergeordneter Bedeutung, da diese lediglich den Zweck hätten, im Interesse der Klägerin die Kontrolle der "Hotelschecks" auf fortbestehende Gültigkeit zu gewährleisten. Aus denselben Gründen seien auch die Ausgabe der "Goldcard" sowie die Einräumung der Clubmitgliedschaft als sonstige Leistungen zu beurteilen. Im Übrigen habe die Klägerin für ihre Umsätze aus den Clubmitgliedschaften vollständig bzw. für Umsätze aus den "Goldcards" teilweise Rechnungen mit offenem Umsatzsteuerausweis erstellt, so dass sie hierfür die Umsatzsteuer unabhängig von der rechtlichen Beurteilung der Leistungen jedenfalls nach § 14c UStG schulde.

9

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, zwischen ihr und ihren Kunden komme es zu keinem Leistungsaustausch. Die Übernachtungsleistungen selbst würden nur vom jeweiligen Hotel erbracht. Sie, die Klägerin, führe mit der Ausgabe des "Hotelschecks" keine zusätzlichen Leistungen an ihre Kunden aus, da der "Hotelscheck" lediglich die Übernachtungsleistungen verkörpere. Durch die Zusammenstellung der Hotels in einem Katalog erbringe sie keine entgeltliche Leistung, weil der Katalog auch im Internet unentgeltlich einsehbar sei. Schließlich erbringe sie, die Klägerin, auch keine sonstige Leistung in Form einer Leistungsbereitschaft, weil mit einer erfolgreichen Hotelbuchung die weitere Leistungsbereitschaft entfalle. Die Bereitschaft als solche, innerhalb eines vorher festgelegten Zeitraums einen Vertrag zu erfüllen, sei keine Leistungsbereitschaft mit wirtschaftlich selbständiger Bedeutung. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Steuerbarkeit des Handels mit Eintrittskarten (Urteil vom 3. Juni 2009 XI R 34/08, BFHE 226, 369, BStBl II 2010, 857) betreffe einen anderen Fall, weil der "Hotelscheck" keinen Anspruch auf eine bestimmte Übernachtung verbriefe.

10

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 6. Oktober 2010  5 K 1818/08 U aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 18. März 2009 auf ... € herabzusetzen.

11

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

12

Mit dem Verkauf der "Hotelschecks" sei ein Leistungsaustausch bewirkt worden, weil der Kunde mit dem Erwerb das Recht erworben habe, die Hotelzimmer im Rahmen der Verfügbarkeit zu begünstigten Konditionen in Anspruch zu nehmen. Dass ein großer Teil der Hotelscheckerwerber diese verfallen lasse, sei unerheblich, da es lediglich auf die Verschaffung der Nutzungsmöglichkeit ankomme.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision führt aus anderen als den geltend gemachten Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das von den Kunden bei Ausgabe der "Hotelschecks" sowie der "Goldcard" an die Klägerin bezahlte Entgelt unterliegt als Anzahlung für die vereinbarte Vermittlungsleistung der Klägerin im Inland der Umsatzsteuer. Führt die Vermittlungsleistung zu einer Hotelbuchung im Ausland und damit gemäß § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG zu einer im Inland nicht steuerbaren Leistung, ist im entsprechenden Besteuerungszeitraum die Bemessungsgrundlage zu berichtigen. Feststellungen zum Umfang und Zeitpunkt der Auslandsbuchungen im Streitjahr sind nachzuholen.

14

1. Das FG geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die Klägerin mit der entgeltlichen Ausgabe der "Hotelschecks" und der "Goldcard" entgeltliche Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an ihre Kunden erbracht hat. Zu Recht hat das FG einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Anzahlung und der in dem "Hotelscheck" bzw. der "Goldcard" verbrieften Leistung der Klägerin bejaht.

15

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) und des BFH sind entgeltliche Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (Urteile des EuGH vom 18. Juli 2007 C-277/05, Societé thermale d` Eugenie-les-Bains, Slg. 2007, I-6415 Rdnr. 19; vom 21. März 2002 C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Slg. 2002, I-3293, BFH/NV Beilage 2002, 95, Rdnr. 39; vom 3. März 1994 C-16/93, Tolsma, Slg. 1994, 743; z.B. BFH-Urteile vom 3. März 2011 V R 24/10, BFHE 233, 282, BFH/NV 2011, 1092; vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, jeweils m.w.N.).

16

b) Nach den Feststellungen des FG hat sich die Klägerin gegenüber den Erwerbern der "Hotelschecks" zu der in ihren AGB beschriebenen Leistung verpflichtet, ihnen die Buchung von drei kostenlosen Übernachtungen in einem der im Hotelkatalog der Klägerin genannten Hotels unter den dort genannten Bedingungen zu ermöglichen; die Erwerber der "Hotelschecks" haben hierfür den vereinbarten Betrag von 49,90 € bezahlt. Aufgrund der rechtsgeschäftlichen Verknüpfung zwischen der von der Klägerin versprochenen Leistung und der Zahlung des jeweiligen Vertragspartners hat das FG zu Recht einen unmittelbaren Zusammenhang bejaht. Nichts anderes gilt für die Ausgabe der "Goldcard", die zur wiederholten Inanspruchnahme der genannten Leistung berechtigte und für die die Erwerber das vereinbarte Entgelt bezahlt haben.

17

c) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin für ihre Auffassung, eine entgeltliche Leistung liege nicht vor, weil im Zeitpunkt der Ausgabe der "Hotelschecks" oder der "Goldcard" noch nicht feststehe, ob der Erwerber von dem Angebot Gebrauch mache und welches Hotel er wähle, auf die Entscheidung des EuGH vom 16. Dezember 2010 C-270/09, Macdonald Resorts Ltd. (Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 462). Diese Entscheidung betrifft die Veräußerung sog. "Punkte-Rechte", die eine Vereinbarung einer künftigen Leistung repräsentieren, z.B. die Überlassung einer Wohnung in einer Wohnanlage oder andere während eines bestimmten Jahres verfügbare Dienstleistungen. Die Erwerber hatten in diesem Fall weder eine genaue Kenntnis von Art und Inhalt noch vom Wert der mit den "Punkte-Rechten" eintauschbaren Leistungen. Darüber hinaus legte der Unternehmer, der die "Punkte-Rechte" vergab, selbst die Einstufung der verfügbaren Wohnungen und Dienstleistungen nach Punkten fest und der Erwerber erhielt die vereinbarte Leistung erst zu einem Zeitpunkt, zu dem die Umwandlung der "Punkte-Rechte" in eine Vermietungs- oder eine andere Leistung bereits abgeschlossen war (EuGH-Urteil Macdonald Resorts Ltd. in UR 2011, 462 Rdnr. 25). Damit ist der vorliegende Sachverhalt, in dem mit Ausnahme der Entscheidung des Kunden für ein im Katalog der Klägerin aufgeführtes Hotel und dessen Verfügbarkeit im Zeitpunkt der Entscheidung des Kunden der Inhalt der Leistung der Klägerin bereits feststand, nicht vergleichbar. Allein der Umstand, dass dem Leistungsempfänger gegen Entgelt ein durch einen Gutschein verkörpertes zukünftiges und seinem Gegenstand nach unbestimmtes Recht an Gegenständen oder Dienstleistungen eingeräumt wird, schließt die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhanges zwischen Entgelt und Leistung im Übrigen nicht aus (vgl. EuGH-Urteil vom 29. Juli 2010 C-40/09, Astra Zeneca, BFH/NV 2010, 1762).

18

2. Entgegen der Auffassung des FG handelt es sich allerdings bei den zwischen der Klägerin und den Kunden vereinbarten Leistungen, die die Klägerin in "Hotelschecks" und der "Goldcard" verbrieft hat, um Vermittlungsleistungen.

19

a) Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet, das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln (EuGH-Urteile vom 13. Dezember 2001 C-235/00, CSC Financial Services, Slg. 2001, I-10237, BFH/NV Beilage 2002, 35 Rdnr. 39, und vom 21. Juni 2007 C-453/05, Ludwig, Slg. 2007, I-5083 Rdnrn. 23 und 28; BFH-Urteil vom 30. Oktober 2008 V R 44/07, BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554). Unerheblich für die Beurteilung als Vermittlungstätigkeit ist, dass der Kunde des Vermittlers, wenn er sich für einen der nachgewiesenen Vertragspartner entscheidet, den Vertragsabschluss selbst bewirken muss.

20

b) Das FG ist insoweit von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil war daher aufzuheben.

21

Nach dem Inhalt der zwischen der Klägerin und den Erwerbern von "Hotelscheck" oder "Goldcard" getroffenen Vereinbarungen hat die Klägerin diesen Kunden in ihren Katalogen Hotels nachgewiesen, denen gegenüber die Erwerber berechtigt waren, Verträge über drei Übernachtungen zu den im Voraus von der Klägerin mit den Hotels ausgehandelten Konditionen abzuschließen. Zu Unrecht stützt das FG seine Auffassung, es liege keine Vermittlungsleistung vor, maßgeblich darauf, dass ein Erwerber des "Hotelschecks" oder der "Goldcard" sich selbst um die Verfügbarkeit des betreffenden Hotels zur gewählten Zeit kümmern und den Beherbergungsvertrag mit diesem abschließen musste. Das FG stellt insoweit zu Unrecht darauf ab, der wesentliche Teil der Tätigkeit der Klägerin sei mit dem Nachweis der Vertragshotels abgeschlossen, während sie sich am Vertragsschluss selbst nur noch dadurch beteilige, dass sie im eigenen Interesse den "Hotelscheck" weiterleite. Denn spezifisch und wesentlich für eine Vermittlungsleistung ist es, die am Abschluss des Vertrages interessierten Personen zusammenzuführen, wobei die Vermittlungstätigkeit in einer Nachweis-, einer Kontaktaufnahme- oder in einer Verhandlungstätigkeit bestehen kann (BFH-Urteile vom 28. Mai 2009 V R 7/08, BFHE 226, 172, BStBl II 2010, 80; in BFHE 223, 507, BStBl II 2009, 554, jeweils m.w.N.). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang weiter der vom FG betonte Umstand, dass die Klägerin bei online-Buchungen den Kunden nach Nr. 8 der AGB eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr berechnet hat.

22

3. Das mit den Erwerbern der "Hotelschecks" bzw. der "Goldcard" vereinbarte und von diesen bereits bei deren Erwerb bezahlte Entgelt unterlag als Anzahlung im Streitjahr im Inland der Umsatzsteuer.

23

a) Wird das Entgelt für Leistungen (Lieferungen oder sonstige Leistungen) i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ganz oder teilweise vereinnahmt, bevor die Leistung oder Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht die Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt worden ist. Die Regelung beruht auf Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wonach der Steueranspruch im Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag entsteht, wenn Anzahlungen geleistet werden, bevor die Lieferung von Gegenständen oder Dienstleistungen bewirkt ist.

24

b) Steht im Zeitpunkt der Anzahlung zwar die Art der Leistung fest --hier die Vermittlung einer Beherbergungsleistung in einem Hotel--, aber nicht, ob die vermittelte Leistung in einem Hotel im Inland oder in einem anderen Land erbracht wird, unterliegen die Vermittlungsleistungen nach § 3a Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1 UStG an dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, der Umsatzsteuer.

25

aa) Sonstige Leistungen werden gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt - im Streitfall im Inland. Abweichend davon wird nach § 3a Abs. 2 UStG eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück dort ausgeführt, wo das Grundstück liegt. Als sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück sind nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a UStG sonstige Leistungen der in § 4 Nr. 12 UStG bezeichneten Art anzusehen. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG betrifft u.a. die Vermietung von Grundstücken sowie die Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten. Nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 UStG wird eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird.

26

Diese Regelungen beruhen auf Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. a und Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG:

27

Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG bestimmen:

"(1) Als Ort einer Dienstleistung gilt der Ort, an dem der Dienstleistende den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung erbracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

(2) Es gilt jedoch

a) als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, einschließlich der Dienstleistung von Grundstücksmaklern und -sachverständigen, und als Ort einer Dienstleistung zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen, wie z. B. die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros, der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist.

..."

28

Nach Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG ist abweichend von Art. 9 Abs. 1 der Ort der Dienstleistungen von Vermittlern, die im Namen und für Rechnung Dritter handeln, wenn sie an anderen Umsätzen als den hier nicht vorliegenden Umsätzen der Abs. 1 und 2 und in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e genannten Umsätzen beteiligt sind, der Ort, an dem die Umsätze erbracht werden.

29

bb) Vermittlungsleistungen i.S. des Art. 28b Teil E Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG werden an dem Ort ausgeführt, an dem die zugrunde liegenden Umsätze ausgeführt werden (vgl. EuGH-Urteil vom 27. Mai 2004 C-68/03, Lipjes, Slg. 2004, I-5879, BFH/NV Beilage 2004, 364). Bezieht sich, wie im vorliegenden Fall, die vermittelte Leistung (Beherbergung in einem Hotel) auf Grundstücke, wird auch die Vermittlungsleistung an dem Belegenheitsort des Grundstückes ausgeführt. Das gilt auch für Anzahlungen, wenn im Zeitpunkt der Zahlung bereits feststeht, an welchem Ort der vermittelte Umsatz erbracht wird.

30

Steht dagegen nach dem Inhalt der Vereinbarungen nicht fest, ob der vermittelte Umsatz im Inland oder an einem anderen Ort stattfindet und ist vor Ausführung der Leistung eine Anzahlung zu leisten, unterliegt, weil ein anderer Anknüpfungspunkt fehlt, die Anzahlung am Sitz des Unternehmens --hier im Inland-- der Umsatzsteuer. Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH. Im Urteil vom 3. September 2009 C-37/08, RCI, Slg. 2009, I-7533, BFH/NV 2009, 1762) hat der EuGH entschieden, dass zwischen der Dienstleistung und dem fraglichen Grundstück ein hinreichend enger Zusammenhang bestehen muss, weil es der Systematik dieser Bestimmung widerspräche, wenn jede Dienstleistung schon allein deshalb in den Anwendungsbereich dieser Sonderregelung falle, weil sie einen, wenn auch sehr schwachen, Zusammenhang mit einem Grundstück aufweise, da viele Leistungen auf die eine oder andere Weise mit einem Grundstück verbunden seien (Rdnr. 36). Steht --anders als in dem vom EuGH entschiedenen Sachverhalt-- im Zeitpunkt der Anzahlung jedoch nicht fest, ob sich die Anzahlung für eine Vermittlungsleistung auf Hotelleistungen im Inland oder Ausland bezieht, gibt es im Zeitpunkt der Anzahlung keinen hinreichend engen Zusammenhang mit einem bestimmten Grundstück, so dass als Anknüpfungspunkt für die Besteuerung der Anzahlung der Ort der vermittelten grundstücksbezogenen Leistung ausscheidet und nach Maßgabe des § 3a Abs. 1 UStG nur der Ort in Betracht kommt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt.

31

Kommt es schließlich zum Abschluss eines Beherbergungsvertrages mit einem Hotel, das sich auf einem nicht im Inland belegenen Grundstück befindet, und liegt danach eine im Inland nicht steuerbare Vermittlungsleistung vor, ist die Bemessungsgrundlage in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. Nach dieser Regelung ist der geschuldete Steuerbetrag zu berichtigen, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt worden ist. Die Regelung betrifft ihrem Wortlaut nach Anzahlungen für später nicht ausgeführte Leistungen; sie gilt jedoch entsprechend, wenn die Anzahlung für eine sonstige Leistung mangels anderer Anhaltspunkte am Unternehmensort des Leistenden gemäß § 3a Abs. 1 UStG steuerbar ist und der tatsächliche Leistungsort erst später bestimmt werden kann (ebenso zur Vereinnahmung von Anzahlungen, bei denen noch nicht abzusehen ist, ob die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Leistung erfüllt werden, Umsatzsteuer-Richtlinien Abschn. 181 Abs. 4 Satz 2; Verwaltungsregelung zur Anwendung des Umsatzsteuergesetzes - Umsatzsteuer-Anwendungserlass Abschn. 13.5 Abs. 4 Satz 2).

32

4. Der Senat kann in der Sache nicht entscheiden, weil das FG keine Feststellungen dazu getroffen hat, in welchem Umfang die Anzahlungen zur Vermittlung von Beherbergungsleistungen in Hotels geführt hat, die nicht im Inland belegen sind. Die Sache geht daher zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurück.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Lufttransportunternehmen zur Personenbeförderung. Fluggäste konnten nach den Vertragsbedingungen der Klägerin Flüge zu allgemeinen Konditionen mit Rücktritts- und Umbuchungsmöglichkeit oder zu preislich ermäßigten Sonderkonditionen ohne Rücktritts- und ohne Umbuchungsmöglichkeit sowie ohne Erstattung des Flugpreises buchen. Bei Buchung eines Fluges zu diesen Sonderkonditionen behielt die Flugreservierung bis 30 Minuten vor dem Abflug ihre Gültigkeit. Trat der Fluggast den Flug bis zu diesem Zeitpunkt nicht an, konnte die Klägerin den Sitzplatz anderweitig an einen ggf. vor Ort wartenden Fluggast vergeben.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ging im Anschluss an eine zur Umsatzsteuer 1996 bis 2000 durchgeführte Außenprüfung davon aus, dass auch bei den nicht in Anspruch genommenen Flügen ein Leistungsaustausch vorliege. Die von der Klägerin bis dahin als nicht steuerbarer Schadensersatz angesehenen Einnahmen (sog. unflown revenue) behandelte das FA als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen und erließ entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 1996 bis 2004. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Nach dem Urteil des Finanzgerichts (FG) erbrachte die Klägerin auch im Fall der nicht in Anspruch genommenen Flüge zu den von ihr angebotenen Sonderkonditionen dadurch eine Leistung, dass sie für den gebuchten Flug einen Sitzplatz bereitgestellt habe. Der Leistungsinhalt sei durch die Sonderkonditionen derart modifiziert worden, dass der Kunde, dem wegen des ermäßigten Preises kein Rücktrittsrecht zugestanden habe, die Zahlung letztlich dafür geleistet habe, dass ihm die Möglichkeit eingeräumt worden sei, am durchgeführten Flug teilzunehmen. Zwischen Inlands- und Auslandsflügen sei nicht zu differenzieren, da in beiden Fällen eine nach § 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) am Unternehmensort der Klägerin steuerbare und steuerpflichtige Bereitstellungsleistung vorliege. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin lehnte das FG ab.

4

Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2009, 2053 veröffentlicht.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der Reservierungsbestätigung komme ebenso wie der Leistungsbereitschaft entgegen der Auffassung des FG keine eigenständige Bedeutung zu. Das FG habe gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, da es die Grundsätze zur einheitlichen Leistung unzutreffend angewendet habe. Zumindest handele es sich um bloße Nebenleistungen. Gegenstand der Vereinbarung sei die Beförderung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Ort gewesen; diese Leistung habe sie nicht erbracht. Die spätere Nichtinanspruchnahme des Fluges sei für die Frage, was Gegenstand des vereinbarten Leistungsinhalts sei, nicht von Bedeutung. Die Zahlung sei für den Fall, dass der Kunde den Flug nicht in Anspruch nehme, ein im Voraus vereinbarter pauschaler Schadensersatz, der nicht der Umsatzsteuer unterliege. Der Sachverhalt unterscheide sich entgegen der Auffassung des FG nicht von dem Fall, in dem der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 18. Juli 2007 C-277/05, Société thermale d'Eugénie-les-Bains (Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424) ein Angeld als Schadensersatz beurteilt habe. Für die Vergleichbarkeit mit einem Angeld spreche, dass es sich um wirtschaftlich identische Vorgänge handele. Auf die nationalrechtlichen Besonderheiten der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen komme es umsatzsteuerrechtlich nicht an.

6

Ein gesonderter Steuerausweis liege nicht vor. Unabhängig davon sei jedenfalls zwischen dem "unflown revenue" bei Inlands- und Auslandsflügen zu differenzieren. Im Übrigen komme eine Steuerpflicht von Anzahlungen nur bis zum Zeitpunkt der vorgesehenen Leistungserbringung in Betracht. Die Zahlungen der Kunden seien aber z.B. bei kurzfristigen Buchungen teilweise erst im Anschluss an den nicht angetretenen Flug erfolgt. Das FG hätte dies aufklären müssen. Das Unionsrecht enthalte für Anzahlungen nur einen Steueranspruch, nicht aber auch einen Steuertatbestand, so dass insoweit nur eine Fälligkeitsregelung vorliege. Ein Ersatztatbestand für die Entstehung der Steuer sei nicht geschaffen worden. Auf die Berichtigung nach § 17 UStG komme es nicht an. § 17 Abs. 2 UStG sei darüber hinaus restriktiv auszulegen. Ein Umsatz, der nie vorgelegen habe, könne bei tatsächlicher Nichtausführung des Leistungsaustausches weder rückgängig gemacht noch berichtigt werden. Auch die geänderte Rechtsprechung, die für die Berichtigung nach Entgeltentrichtung auf eine Entgeltrückzahlung abstelle, könne nach § 176 der Abgabenordnung (AO) nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden. Sie könne auch mit zivilrechtlich nichtigen Ansprüchen aufrechnen. Die verfallenen Flugtickets seien nicht nochmals verkauft worden. In Frankreich werde der bei Nichtantritt einer Eisenbahnfahrt von der Eisenbahngesellschaft einbehaltene Geldbetrag als nicht steuerbarer pauschaler Schadensersatz behandelt. Sie habe keine Reservierungsleistung, sondern eine einheitliche Transportleistung erbracht.

7

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung Beweis über die Frage erhoben, ob der Prozessbevollmächtigte am 24. März 2011 gegen den Gerichtsbescheid, den der Senat im Streitfall gemäß §§ 90a Abs. 1, 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erlassen hat, fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt hat.

8

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben und die Änderung der angefochtenen Bescheide.

9

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

10

Das FG habe zutreffend einen Leistungsaustausch bei den Billigflügen zu Sonderkonditionen auch hinsichtlich der nicht in Anspruch genommenen Flüge bejaht. Aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers sei zu berücksichtigen, dass Fluggesellschaften in der Regel bei Stornierungen den Flugpreis einbehalten. Es liege auch kein Angeld vor. Ein Leistungsaustausch liege vor, wie sich auch daraus ergebe, dass die Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hätten.

Entscheidungsgründe

11

II. Die zulässige Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des FG war aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

12

A) Der Senat entscheidet über die zulässige Revision der Klägerin durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung gemäß §§ 90a Abs. 4, 121 Satz 1 FGO. Zwar ist im Streitfall bereits ein Gerichtsbescheid gemäß §§ 90a Abs. 1, 121 Satz 1 FGO ergangen. Dieser gilt jedoch gemäß §§ 90a Abs. 3, 121 Satz 1 FGO als nicht ergangen. Aufgrund der vor dem Senat durchgeführten Beweiserhebung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid rechtzeitig den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat. Hierfür spricht insbesondere, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am vorletzten Tag vor dem Fristablauf zwei Schriftstücke in den Nachtbriefkasten des Bundesfinanzhofs (BFH) eingeworfen hat, von denen eines den Antrag auf mündliche Verhandlung enthielt. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher mangels Fristversäumnis nicht zu entscheiden.

13

B) Die Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet und führt zur Zurückverweisung an das FG. Die Klägerin hat steuerpflichtige Leistungsentgelte für Inlandsflüge vereinnahmt, die mangels Rückzahlung der Besteuerung unterliegen. Ob der Auffassung der Klägerin zu folgen wäre, sie, die Klägerin, habe gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistungen erbracht, war daher nicht zu entscheiden. Hinsichtlich der Auslandsflüge sind demgegenüber im zweiten Rechtsgang noch weitere Feststellungen zu treffen.

14

1. Bei den Inlandsflügen hat die Klägerin die von ihr vereinnahmten Leistungsentgelte auch insoweit zu versteuern, als Fluggäste die von ihnen gebuchten Flüge nicht angetreten haben.

15

a) Vereinnahmt der Unternehmer ein Entgelt, bevor er die Leistung ausgeführt hat, entsteht die Steuer gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG 1993/1999 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem er das Entgelt vereinnahmt. Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Werden Anzahlungen geleistet, bevor die Lieferung von Gegenständen oder die Dienstleistung bewirkt ist, so entsteht der Steueranspruch nach dieser Bestimmung zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag. Bei der Anzahlung i.S. von Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG handelt es sich um den "Wert der Gegenleistung" i.S. des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG und damit um das "Entgelt" i.S. von § 10 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Anzahlung und Entgelt entsprechen sich somit, so dass zwischen dem nationalem und dem Unionsrecht kein Unterschied besteht.

16

b) Die Besteuerung des Entgelts vor Leistungserbringung setzt voraus, dass "alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d.h. der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt sind, ... insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind" (EuGH-Urteil vom 21. Februar 2006 C-419/02, Bupa, Slg. 2006, I-1685 Rdnr. 48 zu Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, denn die Klägerin hat in den Streitjahren Entgelte für konkret bezeichnete Flugreisen vereinnahmt.

17

c) Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin die Entgelte vor der Leistungserbringung vereinnahmt. Unerheblich ist deshalb, ob sie das für das ausgegebene Flugticket vereinbarte Entgelt in Einzelfällen erst nach Durchführung des Fluges erhalten hat.

18

Wäre mit der Klägerin davon auszugehen, sie habe gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistungen erbracht, unterlagen die vereinnahmten Entgelte in den Streitjahren jedenfalls als Anzahlung der Umsatzsteuer. Auch wenn ein Entgelt ohne Leistungserbringung vereinnahmt wird, erfolgt die Vereinnahmung notwendigerweise vor der Ausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG) oder vor der Bewirkung (Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) der --unterbliebenen-- Leistung. Eine zeitliche Grenze, bis zu der die Vereinnahmung des Entgelts zu erfolgen hat, um eine Steuerpflicht zu begründen, besteht nicht. Zwar ist die Regelung über "Anzahlungen" eng auszulegen (EuGH-Urteil Bupa in Slg. 2006, I-1685 Rdnr. 45). Dies erfordert jedoch keine den Gesetzeswortlaut einschränkende Auslegung.

19

2. Der sich aus der Vereinnahmung der Vorauszahlungen ergebende Steueranspruch ist nicht entfallen. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 UStG liegen nicht vor.

20

a) Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Diese Vorschrift gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wird.

21

b) Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.

22

aa) Vereinbaren der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, mindert sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt (BFH-Urteil vom 18. September 2008 V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250, Leitsatz).

23

bb) Dies gilt auch, soweit gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG die sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG angeordnet ist. Vereinnahmt der leistende Unternehmer ein Entgelt, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, berechtigt daher erst die Rückgewähr des Entgelts zur Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG (BFH-Urteil vom 2. September 2010 V R 34/09, BFH/NV 2011, 383, Leitsatz).

24

c) Selbst wenn danach --entgegen dem FG-Urteil-- zugunsten der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sie gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistung erbracht hat, ist sie im Streitfall aufgrund der Entgeltvereinnahmung Steuerschuldner nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG bis zur Rückzahlung des Entgelts.

25

aa) Im Streitfall hat die Klägerin die von ihr vereinnahmten Entgelte für die von ihr zu erbringenden Leistungen nicht an die Fluggäste zurückgezahlt. Eine derartige Rückzahlung war nach den Beförderungsbedingungen der Klägerin sogar ausdrücklich ausgeschlossen.

26

bb) Im Hinblick auf diese Beförderungsbedingungen scheidet auch die Annahme einer Rückzahlung durch Aufrechnung mit einem --wie die Klägerin meint-- pauschal vereinbarten Schadensersatzanspruch gegen den Kunden wegen Nichtinanspruchnahme der angebotenen Leistung aus. Nach den vom FG in Bezug genommenen Vertragsbedingungen "verlieren die Fluggäste ihre Flugberechtigung und haben keinerlei Anspruch auf Rückvergütung oder kostenlose Umbuchung". Danach bestehen für die Vereinbarung eines Schadensersatzanspruchs zugunsten der Klägerin keine Anhaltspunkte. Ob die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zivilrechtlich wirksam gewesen wäre (vgl. z.B. § 11 Nr. 5 des in den Streitjahren geltenden Gesetzes zur Regelung allgemeiner Geschäftsbedingungen; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1984 VII ZR 11/84, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 633) und ob im Hinblick auf die unionsrechtliche Harmonisierung überhaupt die zivilrechtliche Wirksamkeit maßgebend sein kann, war daher nicht zu entscheiden.

27

d) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Besteuerung der vereinnahmten Entgelte bis zu ihrer Rückzahlung nicht gegen die Systematik der Richtlinie 77/388/EWG, die in Art. 10 Abs. 1 zwischen Steuertatbestand und Steueranspruch unterscheidet und in Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für sog. "Anzahlungen" nur eine Regelung zur Entstehung des Steueranspruchs, nicht aber auch zur Entstehung des Steuertatbestands enthält.

28

Die Unterscheidung zwischen Steueranspruch und Steuertatbestand beruht darauf, dass die Leistungserbringung, nicht aber die Entgeltentrichtung der Besteuerung unterliegt (vgl. EuGH-Urteil Bupa in Slg. 2006, 1685 Rdnr. 50). Deshalb ist --wie die Klägerin unter Hinweis auf die Systematik insoweit zu Recht ausführt-- die Besteuerung rückgängig zu machen, wenn das Entgelt zwar vereinnahmt, die Leistung aber nicht erbracht wird.

29

Die Rückgängigmachung erfolgt aber nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Diese Vorschrift beruht auf Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach wird im "Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes ... die Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert". Im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten danach eingeräumte Befugnis zur Festlegung von Bedingungen ist --wie die Rechtsprechung des EuGH belegt-- (EuGH-Urteil vom 29. Mai 2001 C-86/99, Freemans, Slg. 2001, I-4167) es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Rückgängigmachung der Besteuerung von der Rückgewähr des Entgelts abhängt (BFH-Urteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250). Für die von der Klägerin vertretene "restriktive" Auslegung des § 17 Abs. 2 UStG besteht keine Veranlassung. Ebenso kommt es im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten eingeräumten Befugnisse nicht darauf an, wie "in Frankreich" der "Nichtantritt einer Eisenbahnfahrt von der Eisenbahngesellschaft" behandelt wird.

30

e) Dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 17 UStG nicht vorliegen, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht das Entstehen eines Rückforderungsanspruchs nach §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs, da diese Vorschriften aufgrund der abschließenden Spezialregelung durch das UStG im Streitfall nicht anwendbar sind.

31

f) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich auf Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO. Danach ist bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichts des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Die Rechtsprechungsänderung muss für den Erlass des Änderungsbescheides kausal gewesen sein. Insoweit wird widerlegbar vermutet, dass bei einer Übereinstimmung des Erstbescheides mit der seinerzeit geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zweifel auch von deren Anwendung auszugehen ist (BFH-Urteil vom 10. Juni 2008 VIII R 79/05, BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863, unter II.3.c aa). Im Streitfall beruhten demgegenüber weder die ursprüngliche Nichtbesteuerung der für nicht in Anspruch genommene Flüge vereinnahmten Entgelte bis zur Außenprüfung noch die aufgrund der Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide auf der früheren, zwischenzeitlich aufgegebenen Senatsrechtsprechung zu § 17 UStG, weil das FA bei der Steuerfestsetzung vom Vorliegen einer Leistung der Klägerin an die nicht erschienenen Fluggäste ausgegangen ist.

32

3. Die Klägerin kann sich für die beanspruchte Nichtbesteuerung der von ihr vereinnahmten Vorauszahlungen nicht auf die Rechtsprechung des EuGH zum sog. "Angeld" berufen.

33

Das sog. Angeld wird im Rahmen von Verträgen geleistet, die der Mehrwertsteuer unterliegende Beherbergungsdienstleistungen zum Gegenstand haben. In Fällen, in denen der Gast von der ihm eröffneten Möglichkeit des Rücktritts Gebrauch macht und der Hotelbetreiber das Angeld einbehält, ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Société thermale d'Eugénie-les-Bains in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424) das Angeld eine pauschalierte Entschädigung zum Ausgleich des infolge des Vertragsrücktritts des Gastes entstandenen Schadens. Es ist mangels eines direkten Bezugs zu einer entgeltlichen Dienstleistung kein Entgelt für diese.

34

Der Schadensersatzcharakter hat das "Angeld" danach aufgrund des Vorliegens der Vereinbarung einer besonderen Zahlung ("Angeld"), die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Leistung steht, und erfasst daher nicht den Fall, dass der Unternehmer das Entgelt für die vereinbarte Leistung vereinnahmt und dieses Entgelt bei Nichtinanspruchnahme der Leistung in vollem Umfang behält. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Angeld für den Fall der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung auf das Entgelt für diese Leistung angerechnet wird. Denn diese Anrechnung beruht nicht auf der bloßen Zahlung des Angelds, sondern auf der im Rahmen des späteren Leistungsaustausches erfolgenden Verrechnung von Angeld und Leistungsentgelt. Unerheblich ist auch, ob eine von den Verhältnissen des Streitfalls abweichende Vertragsgestaltung zu einer teilweisen Nichtbesteuerung der von Kunden geleisteten Zahlung geführt hätte. Denn der Besteuerung ist der jeweils verwirklichte Umsatz zugrunde zu legen.

35

4. Obwohl das FG die Steuerpflicht hinsichtlich der Inlandsflüge somit im Ergebnis zu Recht bejaht hat, ist die Sache gleichwohl nicht spruchreif. Der Senat kann nach den vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob entsprechend dem FG-Urteil auch eine Steuerpflicht hinsichtlich der Auslandsflüge besteht.

36

a) Entgegen dem Urteil des FG hat die Klägerin unabhängig von der vereinbarten Beförderungsleistung bei Flugteilnahme keine gesonderte Reservierungsleistung erbracht, die nach § 3a Abs. 1 UStG an ihrem Unternehmensort zu besteuern ist. Die bloße Bereitschaft zur Leistungserbringung ist entgegen der Rechtsauffassung des FG nicht wegen der später unterbliebenen Inanspruchnahme des Fluges eine eigenständige Leistung. Denn die vom FG als steuerbare Leistung beurteilte "Leistungsbereitschaft" ergibt sich bereits aus dem gegenseitigen Beförderungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Fluggast, der die Verpflichtung und Bereitschaft zur Beförderung durch die Klägerin beinhaltet (vgl. EuGH-Urteil Sociéte thermale d'Eugénie-les-Bains in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424 Leitsatz 2). Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des FG auch nicht daraus ableiten, dass wegen der Sonderkonditionen ein ermäßigter Flugpreis vereinbart ist, denn das ändert nichts daran, dass Vertragsinhalt die vereinbarte Beförderung ist und sich die "Leistungsbereitschaft" unmittelbar aus dem Beförderungsvertrag ergibt.

37

b) Anhand der vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob im Streitfall zugunsten der Klägerin ein Besteuerungsverzicht auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG besteht. Feststellungen hierzu sind nachzuholen. Insoweit wird auch zu berücksichtigen sein, dass es auf den Besteuerungsverzicht nicht ankommt, wenn die Klägerin für die Auslandsflüge Rechnungen mit Steuerausweis erteilt haben sollte.

38

aa) Nach § 26 Abs. 3 UStG kann das "Bundesministerium der Finanzen unbeschadet der Vorschriften der §§ 163 und 227 der Abgabenordnung anordnen, dass die Steuer für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder ganz oder zum Teil erlassen wird, soweit der Unternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Steuer (§ 14 Abs. 1) erteilt hat". Nach Abschn. 281 Nr. 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) "kann die Umsatzsteuer für grenzüberschreitende Beförderungen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder erlassen werden".

39

bb) Liegt für die von der Klägerin erbrachten grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen ein Besteuerungsverzicht auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG vor, erstreckt sich dieser auch auf die Steuer, die aufgrund der Entgeltvereinnahmung vor Leistungserbringung entsteht (ebenso zur Anwendung von Steuerbefreiungen auf Anzahlungen Abschn. 181 Abs. 4 UStR 1996/2000/ 2004).

40

5. Die Verfahrensrügen waren aufgrund der sich aus der Entgeltvereinnahmung ergebenden Steuerpflicht nicht entscheidungserheblich (§ 126 Abs. 4 FGO), so dass über sie nicht zu entscheiden war.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.