Finanzgericht Hamburg Beschluss, 30. Okt. 2018 - 4 V 27/18

bei uns veröffentlicht am30.10.2018

Tatbestand

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I. Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) über die Einreihung von Zierleisten für Pkw-Innenräume.

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Mit Schreiben vom 19.05.2016 beantragte die Antragstellerin die Erteilung einer vZTA für von ihr u. a. in Drittländern gefertigte sog. Zierleisten bzw. Dekorblenden zur Montage in Innenräume von Pkw. Vom Antrag umfasst waren sechs verschiedene Leisten zur Befestigung an der Mittelkonsole, dem Armaturenbrett oder der Türinnenverkleidung, nicht an der Karosserie von Kraftfahrzeugen. Die Waren bestehen jeweils aus einem spezifisch geformten Grundkörper aus Kunststoff mit diversen, teilweise aus unedlem Metall bestehenden Rastnasen und Führungsstegen auf der Rückseite. Die Schauseiten sind z.B. mit Dekorfolien, Klarlack, Aluminiumblechen und karbonfaserverstärktem Kunststoff beschichtet. Die Antragstellerin erklärte, dass es sich bei den Waren nicht um Funktionsteile handele. Sie dienten ausschließlich der Verschönerung des Automobils im Innenraum, indem sie bereits vorhandenen Elementen der Innenverkleidung ein "individuelles Dekor" verliehen.

3

Mit vZTA vom 08.08.2016 (xx-1) reihte der Antragsgegner die Waren in die Unterposition 3926 90 KN als "andere Waren aus Kunststoffen, andere als von den Unterpositionen (HS) 3926 10 bis 3926 40 erfasst" ein.

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Am 17.08.2016 legte die Antragstellerin gegen die vZTA Einspruch ein. Bei den Bauteilen handele es sich nicht bloß um Kunststoffteile, sondern auch um Funktionsteile und Designelemente. Sie seien deshalb in die Position 8708 KN als "Teile und Zubehör für Kraftfahrzeuge" einzureihen.

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Daraufhin legte der Antragsgegner der Antragstellerin seine Rechtsauffassung dar: Dass die Waren aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheitsmerkmale erkennbar ausschließlich für den Einsatz in Kraftfahrzeugen bestimmt seien, sei unstreitig. Eine Einreihung in die Position 8708 KN scheitere aber daran, dass es sich weder um Teile noch um Zubehör für Kraftfahrzeuge handele. Der Begriff "Teil" setze ein Ganzes voraus, für dessen Funktion dieses Teil unabdingbar sei. Die Antragstellerin habe in ihrem vZTA-Antrag ausgeführt, dass die Zierleisten ausschließlich der Verschönerung des Pkw-Innenraumes dienten. Deshalb seien sie weder für die Funktion der Innenverkleidung noch für die des Fahrzeugs selbst erforderlich und stellten sich nicht als Teile dar. Auch liege kein Zubehör für Kraftfahrzeuge vor. Die Dekorleisten machten weder die Innenverkleidung noch das Kraftfahrzeug für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet, erweiterten nicht deren Verwendungsmöglichkeiten und führten auch nicht dazu, dass mit ihrer Hilfe eine im Zusammenhang mit deren Hauptfunktion stehende Sonderarbeit ausgeführt werden könne. Da im Hinblick auf den Umfang und die Formgebung der Kunststoff charakterverleihend sei, seien die Teile entsprechend ihrer stofflichen Beschaffenheit in die Unterposition 3926 90 KN einzureihen.

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Hierauf erwiderte die Antragstellerin, dass ihre ursprüngliche Darstellung, die Dekorleisten seien keine Funktionsteile, unrichtig gewesen sei. Tatsächlich erfüllten sie diverse Funktionen. Es handele sich bei ihnen um "dekorative Multifunktionselemente". Die Bauteile erfüllten vor allem eine Schutzfunktion für die körperliche Unversehrtheit der Fahrzeuginsassen. Neben dieser Hauptfunktion sei eine Reihe von Nebenfunktionen gegeben. Die Auffassung des Antragsgegners, dass eine Einreihung der Waren als "Teile" nicht in Betracht komme, werde geteilt. Angesichts der gegebenen Funktionen seien sie jedoch als "Zubehör" einzuordnen. Hauptfunktion der Waren sei der Schutz der Fahrzeuginsassen. Die Dekorleisten seien konstruiert, um auch extremen Belastungssituationen wie z.B. einem Unfall standzuhalten. Um z.B. die Airbagfunktion nicht zu beeinträchtigen, dürften sie nicht zersplitten. Solche Eigenschaften seien im Automobilbereich rechtlich vorgeschrieben. Soweit die erforderliche Widerstandskraft der Bauteile nicht sichergestellt werden könne, sei es erforderlich, diese anderweitig zu gewährleisten. Dies erfolge z.B. durch eine zusätzliche Montage von Stabilisierungs- und/oder Versteifungs- bzw. Absorptionselementen, die unter bzw. hinter den dekorativen Verkleidungselementen verbaut würden. Durch die konstruktionsbedingte Beschaffenheit der streitgegenständlichen Waren sei dies nicht erforderlich. Als Nebenfunktion sei zunächst der "Schutz und die Schonung diverser Komponenten" (z.B. Sensoren) zu nennen. Eine weitere Funktion sei die "Verkleidung, Abdeckung und der Verschluss für diverse Hohlräume". Des Weiteren fungierten die Dekorleisten als "Steuerungs- und Bedienungselemente für diverse Funktionseinheiten", die über die Dekorleisten mittelbar bedient würden wie z.B. die Sitzheizung oder der Luftausströmer. Eine weitere Nebenfunktion, die ebenfalls die zolltarifliche Einordnung der Waren als "Zubehör" rechtfertige, sei, dass sie als "Befestigungselement für externe Bauteile" (z.B. Luftausströmer, Lautsprecher oder Aschenbecher) dienten. Des Weiteren seien sie auch "Anschlusselemente für diverse Multimedia- und Kommunikationsgeräte sowie anderweitige elektronische Geräte und Vorrichtungen". Schließlich dienten sie auch als "Ablagefläche für verschiedenste Waren". Vor diesem Hintergrund seien die Leisten als "Zubehör" in die Codenummer 8708 9997 90 0 EZT einzureihen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 28.02.2017 verwiesen, insbesondere auf die Anlage "Produktpräsentation".

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Der Antragsgegner erklärte hierauf, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten. Die Dekorleisten dienten vorrangig als Zierelemente zur Ausstattung des Fahrzeuginnenraums und seien fest mit z.B. dem Armaturenbrett verbunden. Es handele sich daher um nicht auswechselbare Vorrichtungen, die bereits deshalb die Kriterien der Zubehördefinition nicht erfüllten. Eine Auswechselbarkeit oder funktionelle Eigenständigkeit der Ware sei danach Voraussetzung. Hierdurch unterscheide sich "Zubehör" von "Teilen", die in der jeweiligen Hauptware aufgingen und erst bei deren Zerlegen anfielen. Die aufgezeigten Haupt- und Nebenfunktionen änderten hieran nichts.

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Die Antragstellerin erwiderte, dass es sich bei den Rastnasen um ein simples Montagesystem aus handelsüblichen Clipverschlüssen handele. Dieses werde bewusst eingesetzt, um einerseits einen "festen" Verbund sicherzustellen, andererseits aber die jederzeitige Auswechselbarkeit der Bauteile zu gewährleisten. Bei ihren Dekorleisten handele es sich um hochwertige Spezialanfertigungen, die sich u. a. durch spezielle Materialbeschichtungen von den standardmäßig verbauten Bauteilen unterschieden und diese ersetzen sollen. Daher sei die "Auswechselbarkeit" einfach gestaltet. Im Übrigen stehe eine "feste" Montage hierzu nicht im Widerspruch. Alle Zubehörteile eines Fahrzeugs müssten aus Sicherheitsgründen fest montiert sein. Für den Fall, dass die Waren aufgrund ihrer Verbindung als nicht auswechselbar anzusehen seien, seien sie als "Teile" einzureihen. Bei den geschilderten Haupt- und Nebenfunktionen der Zierleisten handele es sich um spezifische Verwendungsmöglichkeiten, die als solche entweder die Verwendungsmöglichkeit erweiterten und/oder eine Sonderarbeit ausführten. Dies gelte insbesondere für die Sicherheitsfunktion. Es sei durch gesetzliche technische Richtwerte vorgegeben, inwieweit Bauteile eines Kraftfahrzeugs in der Lage sein müssten, das Einwirken von physikalischer Kraft zu kompensieren. Jedenfalls ermöglichten die Leisten eine bessere Verwendung der Hauptware, was ebenfalls für eine Einreihung als Zubehör spreche.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 20.10.2017 (...), der Antragstellerin zugestellt am 27.10.2017, wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück. Dabei wiederholte er seine bekannte Rechtsauffassung und führte ergänzend aus, dass sich eine Ware nach der Verneinung ihrer Zubehöreigenschaft nicht automatisch als Teil darstelle.

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Gegen die Entscheidungen des Antragsgegners erhob die Antragstellerin am 23.11.2017 Klage beim Finanzgericht Hamburg (Az. 4 K 276/17) und beantragte am 20.12.2017 beim Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung der vZTA, was dieser mit Bescheid vom 12.02.2018 ablehnte.

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Die Antragstellerin hat am 01.03.2018 einen gerichtlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Es bestünden begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vom Antragsgegner vorgenommenen Einreihung, da die Dekorleisten als Teile für Pkw in die Unterposition 8708 9997 KN einzureihen seien. Die Leisten seien für die Funktion der Pkw, in die sie eingebaut würden, unabdingbar. Die Funktion eines Pkw lasse sich nicht nur auf die bloße Fortbewegung reduzieren mit dem Ergebnis, dass allein der Motor, das Chassis, die Räder, das Getriebe, die Pedale und das Lenkrad funktionell unabdingbar seien. Bei der Bestimmung der Funktion sei die Gesamtkonzeption, die der Automobilhersteller dem Fahrzeug zugrunde gelegt habe, heranzuziehen. Hierzu gehörten auch der Karosserieaufbau und die Innenausstattung des Fahrzeugs. Die streitgegenständlichen Waren seien maßgenau angefertigt und ein fester Bestandteil der Konzeption der Innenausstattung. Sofern man die Dekorleisten aufgrund ihrer Befestigung mit Rastnasen für auswechselbare Vorrichtungen hielte, seien sie im Hinblick auf die im außergerichtlichen Verfahren dargelegten Funktionen als Zubehör in die Unterposition 8708 9997 KN einzureihen. Soweit der Antragsgegner annehme, dass die streitgegenständlichen Waren "Teile des Teils Innenverkleidung" seien, aber nicht des gesamten Fahrzeugs als Ganzes, und es zolltariflich keine "Teile von Teilen" gebe, weshalb die Ware nach ihrer stofflichen Beschaffenheit einzureihen sei, sei zu beachten, dass bei der Tarifierung der Grundsatz "Zweck vor Stoff" gelte. Die Innenraumseitenverkleidung oder das Armaturenbrett seien tariflich keine eigenständigen Waren, der die Dekorleisten als Teile unmittelbar zugeordnet werden könnten. Die Innenraumverkleidung eines Kraftfahrzeugs werde aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt. Die streitgegenständlichen Waren seien selbst "Innenraumverkleidung" und daher in tariflicher Hinsicht "Teile eines Kraftfahrzeugs". Im Übrigen ergebe sich aus britischen und niederländischen vZTAen, dass Verkleidungselemente aus Kunststoff, die u. a. in das Armaturenbrett eines Fahrzeugs eingebaut würden, als Kraftfahrzeugteile in die Unterposition 8708 9997 KN und nicht als Waren aus Kunststoff einzureihen seien.

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Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der verbindlichen Zolltarifauskunft xx-1 vom 08.08.2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.10.2017 (...) auszusetzen.

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Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

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Er bezieht sich auf die Begründung der angegriffenen Bescheide und führt ergänzend aus: Die grundlegende Funktion von Kraftfahrzeugen dürfte die Fortbewegung sein, die nicht vom Vorhandensein der streitigen Leisten abhänge. Die Antragstellerin benenne im Hinblick auf die Dekorleisten das gesamte Fahrzeug als "Ganzes". Vorliegend seien aber nicht die Innenraumverkleidungen streitgegenständlich, sondern die Dekorleisten, die in die Innenraumverkleidungen verbaut werden sollen. Bei den Leisten möge es sich de facto um einen untrennbaren Bestandteil der Innenverkleidung handeln, es liege aber zolltariflich kein Teil der Innenverkleidung vor, da es zolltariflich weder "Teile von Teilen" noch "Teile von Zubehör" gebe. Angesichts des Grundsatzes der primären Zweckbestimmung könne die Hauptware eines Teils immer nur die zolltariflich nächsthöhere Ware sein. Es spiele für die Einreihung in den Zolltarif keine Rolle, in welche größere Einheit eine solche Maschine oder ein solches Gerät selbst eingebaut oder verbunden werde. Die Dekorleisten seien selbst keine Innenraumverkleidung, deren Hauptware ein Kraftfahrzeug sei. Da vorliegend nur ein Teil einer Innenraumverkleidung gegeben sei, scheide die begehrte Einreihung als Teil für Kfz aus. Hinsichtlich der angeführten britischen und niederländischen vZTAe handele es sich um mit den streitgegenständlichen Leisten vergleichbare Waren, weshalb ein - zwischenzeitlich gescheitertes - Konsultationsverfahren mit den Mitgliedstaaten eingeleitet worden sei. Die Angelegenheit sei nun dem Ausschuss für den Zollkodex vorgelegt worden.

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Die Europäische Kommission hat daraufhin am 07.08.2018 eine Mitteilung veröffentlicht, dass der Erlass von vZTAen für entsprechende Waren ("Abdeckungen bzw. Dekorleisten zur Befestigung an der Mittelkonsole, am Armaturenbrett oder an der Türinnenverkleidung von Kraftfahrzeugen. Sie bestehen in der Regel vollständig oder zumindest überwiegend aus Kunststoff") ausgesetzt sei. In Betracht kämen die Positionen 3926 KN und 8708 KN.

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Die Antragstellerin hat hierzu vorgetragen, dass die zu erwartende Entscheidung der Kommission für den vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgreiflich sei. Nur der Erlass zukünftiger vZTA-Entscheidungen sei damit ausgesetzt. Ihr Rechtsschutzbedürfnis bestehe fort.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 4 V 27/18 und 4 K 276/17 und die Sachakten des Antragsgegners bzw. Beklagten (ein Ordner, ein Hefter) verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

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II. 1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß Art. 45 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269/1, berichtigt durch ABl. 2016 L 267/2 - Unionszollkodex; im Folgenden: UZK) i. V. m. § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, insbesondere ist die gewählte Antragsart für Eilrechtsschutz gegen vZTAe statthaft (FG Hamburg, Beschluss v. 10.04.2018, 4 V 194/16, juris Rn. 30). Auch ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin nicht durch die von der Europäischen Kommission verfügte Aussetzung des Erlasses von vZTAen für Zierleisten wie den streitgegenständlichen entfallen. Diese Aussetzung gilt gemäß Art. 34 Abs. 10 lit. a) UZK lediglich für die Zukunft und berührt die Vollziehbarkeit der der Antragstellerin rund zwei Jahre zuvor erteilten vZTA nicht. Der Antrag ist aber unbegründet.

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Die materiellen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung ergeben sich auch im finanzgerichtlichen Verfahren aus Art. 45 UZK. Nach dessen Abs. 2 ist die Vollziehung einer Entscheidung, gegen die ein Rechtsbehelf eingelegt ist, ganz oder teilweise auszusetzen, wenn begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Da sich die Begriffe der "begründeten Zweifel" im Sinne von 45 Abs. 2 UZK und der "ernstlichen Zweifel" im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO im Wesentlichen decken, liegen begründete Zweifel vor, wenn bei summarischer Prüfung der angefochtenen Bescheide neben für ihre Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Die Aussetzung der Vollziehung setzt dabei nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte sprechenden Gründe überwiegen. Sie kann auch dann zu gewähren sein, wenn die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide später im Hauptverfahren bestätigt werden sollte. Die Umstände, die die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen, hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO; vgl. zum Vorstehenden FG Hamburg, Beschluss vom 21.12.2017, 4 V 143/17, juris mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Den Eintritt eines unersetzbaren Schadens hat die Antragstellerin nicht behauptet und es liegen auch keine begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen vZTA vor. Die Einreihung der Zierleisten nach ihrer stofflichen Beschaffenheit ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig.

20

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes (EuGH, Urteil vom 20.06.1996, C-121/95, juris; BFH, Urteil vom 18.12.2001, VII R 78/00, juris) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur - KN). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System (HS) Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-143/96, juris). Weiter werden "Nationale Entscheidungen und Hinweise" (NEH) zur Kombinierten Nomenklatur und zum Harmonisierten System veröffentlicht, die jedoch lediglich Verwaltungsanweisungen sind, die den deutschen Zollstellen bei Schwierigkeiten mit der Einordnung von Waren eine Tarifierungshilfe geben sollen und nur unverbindlichen Charakter haben (BFH, Urteil vom 09.05.2000, VII R 14/99, juris). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (BFH, Urteil vom 14.11.2000, VII R 83/99, juris).

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Danach ist die Einreihung der Zierleisten unter Anwendung der AV 1, AV 2 b), AV 3 b) und AV 6 sowie der Anmerkung 1 zu Kapitel 39 KN als "andere Waren aus Kunststoffen, andere als von den Unterpositionen 3926 1000 KN bis 3926 4000 KN erfasst" in die Unterposition 3926 90 KN zutreffend. Die Leisten bestehen weit überwiegend aus Kunststoff und dieser ist auch im Hinblick auf die Formgebung charakterverleihend.

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Eine Einreihung in das Kapitel 39 KN ist nicht nach der Anmerkung Nr. 2 t) zu Kapitel 39 KN ausgeschlossen. Nach dieser Anmerkung sind Teile von Beförderungsmitteln des Abschnitts XVII aus dem Kapitel 39 KN ausgewiesen.

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Die Zierleisten stellen keine solchen Teile dar. Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt der Begriff "Teile" voraus, dass es ein Ganzes gibt, für dessen Funktionieren diese Teile unabdingbar sind. Für die Einstufung einer Ware als Teil reicht es nicht aus, nachzuweisen, dass die Maschine oder das Gerät ohne diese Ware nicht ihrer Bestimmung gemäß verwendet werden kann. Es muss auch festgestellt werden, dass das mechanische oder elektrische Funktionieren der fraglichen Maschine oder des fraglichen Geräts von dieser Ware abhängt (EuGH, Urteil vom 12.12.2013, C-450/12, juris - HARK). Teile sind im Regelfall dazu bestimmt, zu einem späteren Zeitpunkt in eine Hauptware einzugehen. Dabei verlieren sie ihren tariflichen und auch tatsächlichen eigenständigen Charakter, sie werden Bestandteil der Hauptsache. Der Normalfall ist dabei das Eingehen einer festen Verbindung (vgl. Bleihauer/Schulte in Witte/Wolffgang, Lehrbuch des Zollrechts der Europäischen Union, 8. Auflage 2016, Rn. 1347). Für die Einreihung von Teilen kommt es allgemein darauf an, für welche Maschine oder für welches Gerät das zu tarifierende Teil unmittelbar bestimmt ist und Verwendung findet (Prinzip der primären Zweckbestimmung). Es spielt für die Einreihung in den Zolltarif keine Rolle, in welche größere Einheit eine solche Maschine oder ein solches Gerät (wiederum) eingebaut oder mit welcher größeren Einheit es verbunden wird. Hauptware eines Teils ist grundsätzlich immer die tariflich nächsthöhere Ware (BFH, Urteil vom 03.12.1985, VII R 14/81, juris Rn. 13; FG München, Urteil vom 08.12.2005, 14 K 1649/05, juris Rn. 28).

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Daran gemessen stellen die Zierleisten keine - was vorliegend einzig in Betracht kommt - anderen Teile für Kraftfahrzeuge der Position 8701 bis 8705, andere als von den Unterpositionen 8708 9910 KN bis 8708 9993 KN erfasst, der Unterposition 8708 9997 KN dar. Unter Beachtung ihrer primären Zweckbestimmung sind sie keine (Bestand-)Teile der Hauptware "Kraftfahrzeug", sondern lediglich Teile der Komponenten, an denen sie (unmittelbar) befestigt werden. Die Leisten werden am Armaturenbrett, an der Mittelkonsole bzw. an der Türinnenverkleidung durch Rastnasen befestigt, um die dort vorhandenen Aussparungen anstelle der serienmäßig vorgesehenen, an der Schauseite weniger hochwertig verzierten Blenden, auszufüllen. Das Armaturenbrett, die Mittelkonsole bzw. die Türinnenverkleidung, die dadurch optisch aufgewertet werden, stellen die nächsthöheren tariflichen Waren und damit die "Hauptwaren" der Zierleisten dar. Das Armaturenbrett ist, da es an der Karosserie befestigt wird, als anderes Karosserieteil in die Unterposition 8708 29 KN einzureihen (vgl. die Erläuterungen zur Position 8708 HS, EZT-Nr. 06.1). Die Zierleiste ist über die Rastnasen hinreichend fest mit dem Armaturenbrett verbunden, so dass sie grundsätzlich als "Teil des Armaturenbretts" einzureihen wäre. Die Unterposition 8708 29 KN umfasst nach ihrem maßgeblichen Wortlaut aber keine "Teile von anderen Karosserieteilen". Erst recht ermöglicht die (Auffang-)Unterposition 8708 9997 KN nicht eine Einreihung solcher Komponenten, sondern nur die Einreihung anderer Teile, deren "Ganzes" unmittelbar das Kraftfahrzeug selbst und nicht nur ein Teil von ihm ist. Mithin sind die Zierleisten nach ihrer stofflichen Beschaffenheit einzureihen.

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Hinsichtlich der Mittelkonsole gelten diese Ausführungen entsprechend. Auch sie wird an der Fahrzeugkarosserie befestigt (vgl. zur Mittelkonsole auch die Einreihung durch die Eidgenössische Zollverwaltung in die Tarifnummer 8708.2990, Entscheid - Nr. 586.10.1991.1, www.ezv.admin.ch).

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Anders sind auch nicht die Zierleisten zu beurteilen, die an der Türinnenverkleidung befestigt werden. Nach den Erläuterungen zur Position 8708 HS, EZT-Nr. 06.1 stellen auch die ebenfalls fest mit der Karosserie verbundenen Türen andere Karosserieteile der Unterposition 8708 29 KN dar. Ob den Erläuterungen ebenfalls dahingehend zu folgen ist, dass auch "Teile von Türen" Karosserieteile darstellen, kann offen bleiben. Unabhängig davon, ob die Türinnenverkleidung demnach als Karosserieteil oder nach ihrer stofflichen Beschaffenheit in das Kapitel 39 KN einzureihen ist, ist die Zierleiste, die mit der Innenverkleidung verbunden wird, unter Verweis auf die vorstehenden Ausführungen erst recht nach ihrer stofflichen Beschaffenheit einzureihen.

27

Die von der Antragstellerin angeführten Haupt- und Nebenfunktionen der Zierleisten rechtfertigen im Hinblick auf das Prinzip der primären Zweckbestimmung nicht ihre Einreihung als Teile für Kraftfahrzeuge. Ob diese Ausführungen auch dann gelten, wenn in die Leisten ein Türöffner, die Zentralverriegelung, ein Lichtleiter oder sonstige Technik bzw. Funktionen integriert sind, lässt der Senat offen. Streitgegenständlich sind ausschließlich reine Zier- bzw. Dekorleisten ohne solche weitergehenden Funktionen.

28

Schließlich sind die Zierleisten auch nicht als Zubehör für Kraftfahrzeuge der Positionen 8701 KN bis 8705 KN, anderes als von den Unterpositionen 8708 9910 KN bis 8708 9993 KN erfasst, in die Unterposition 8708 9997 KN einzureihen. Nach der Rechtsprechung des EuGH bedeutet der Begriff "Zubehör", dass es sich um eine auswechselbare Vorrichtung handelt, die ein Gerät für die Ausführung einer bestimmten Arbeit geeignet macht, seine Verwendungsmöglichkeiten erweitert oder es in die Lage versetzt, eine im Zusammenhang mit seiner Hauptfunktion stehende Sonderarbeit auszuführen (EuGH, Urteil vom 16.06.2011, C-152/10, Unomedical). Abweichend von Teilen wird Zubehör dadurch charakterisiert, dass es seine Eigenständigkeit behält. Die ebenfalls vorhandene Beziehung zu einer Hauptware drückt sich darin aus, dass vermittels des Zubehörs die Verwendung der Hauptware erleichtert, erweitert oder gar erst ermöglicht wird. Zubehör wird allerdings grundsätzlich kein Bestandteil der Hauptware. Auch bei der Einreihung von Zubehör gilt das Prinzip der primären Zweckbestimmung (vgl. Bleihauer/Schulte in Witte/Wolffgang, Lehrbuch des Zollrechts der Europäischen Union, 8. Auflage 2016, Rn. 1350 f.).

29

Daran gemessen stellen die streitgegenständlichen Leisten bereits deshalb kein Zubehör für Kraftfahrzeuge dar, weil es sich bei ihnen nicht um auswechselbare Vorrichtungen handelt. Sie werden über Rastnasen mit der Türinnenverkleidung, der Mittelkonsole bzw. dem Armaturenbrett verbunden und verlieren dadurch ihre Eigenständigkeit. Dass sie tatsächlich auswechselbar sind, ändert hieran nichts. Die Verbindung ist hinreichend fest, so dass sie sich auch im Fall eines Unfalls nicht löst, und auf unbestimmte Zeit angelegt.

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2. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 135 Abs. 1 und 128 Abs. 3 i. V. m. 115 Abs. 2 FGO

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(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Tatbestand

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I. Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTAe) über die Einreihung von Instantnudelsuppen und -gerichten.

2

Die Antragstellerin importiert regelmäßig in Vietnam hergestellte und für den Einzelverkauf vorgesehene asiatische Instantnudelsuppen und -gerichte mit einem Gewicht zwischen 60 und 85 g. Alle Waren bestehen aus einem Block in Pflanzenöl frittierter, trockener und ineinander verschlungener Nudeln, der ca. 51 bis 76 g wiegt und damit ca. 67 bis 94 % des Gesamtinhalts ausmacht. Geschmacklich ähneln die Nudeln in Fett gerösteten Teigwaren, z. B. frittiertem Knabbergebäck. Dem Block Nudeln liegt immer eine Tüte mit einem Würzpulver bei, das dem Gericht seinen jeweiligen Geschmack (z. B. Huhn, Ente oder Käse) verleiht. Diese Tüte wiegt in der Regel knapp über 3 g, im Einzelfall aber auch 7 g, 10 g oder in einem Fall (sogar) 23,8 g. Bis auf wenige Ausnahmen liegt den Gerichten eine weitere Tüte bei, in der sich Öl befindet. Diese Tüte wiegt zwischen 1 und ca. 5 g. Wenigen Gerichten liegt eine dritte Tüte mit Trockengemüse mit einem Gewicht zwischen 0,5 und 2,4 g bei. Zwei Waren ist eine vierte Tüte mit Beigaben mit einem Gewicht von 0,6 und 1,2 g beigefügt. Alle Bestandteile sind in der Regel in einer Schlauchfolie verpackt, die mit der Abbildung einer asiatischen Nudelsuppe, der Warenbezeichnung (z. B. "Instant XXX" und weiteren Angaben bedruckt ist. Nach dem Zubereitungshinweis sind die Nudeln zusammen mit dem Inhalt der jeweiligen Tüten in eine Schüssel zu geben und mit 300, 350 oder 400 ml kochendem Wasser zu übergießen. Das Ganze ist drei Minuten zugedeckt stehen zu lassen, anschließend umzurühren und kann danach verzehrt werden.

3

Bei einigen Waren sind die Nudeln und die Beigabentüten nicht in einer Schlauchfolie verpackt, sondern liegen in einem Kunststoffbecher oder einem anderweitig beschichtetem Behältnis, in dem die Instantnudelsuppe oder das Instantnudelgericht zubereitet werden kann. Dies gilt insbesondere für die sog. "Lunch boxes" der Antragstellerin, denen zudem eine Plastikgabel beiliegt. Während die von der Antragstellerin bezeichneten Suppen nach dem Hinzufügen der empfohlenen Menge Wasser weitestgehend dadurch gekennzeichnet sind, dass der Anteil der Brühe über bzw. deutlich über dem Anteil der Nudeln liegt, zeichnen sich insbesondere die "Lunch boxes" durch ein umgekehrtes Verhältnis aus. Die Nudeln machen hier nach der Zubereitung zwischen 67,6 und 76 % des Gesamtinhalts aus, die Brühe hingegen nur zwischen 24 und 32,4 %. Die Herstellerbezeichnung der "Lunch boxes" ist auch nicht "Instant Noodle Soup", sondern "Instant Noodle Dish", also Instantnudelgericht.

4

Im Februar 2015 beantragte die Antragstellerin vZTAe für 13 Instantnudelsuppen. Antragsgemäß reihte der Antragsgegner diese Waren mit vZTAen vom 26.03.2015 und 15.04.2015 in die Codenummer 1902 3090 00 ein (DE XXX-1, DE XXX-2 und DE XXX-3 bis DE XXX-13). Es liege jeweils eine Warenzusammenstellung in Aufmachung für den Einzelverkauf vor, die zur Herstellung einer Nudelsuppe vorgesehen sei. Der Charakter werde durch die Nudeln bestimmt, da diese den größten Teil der Ware ausmachten. Die Teigware sei durch Frittieren zubereitet, nicht getrocknet.

5

Mit Bescheid vom 03.07.2015 widerrief der Antragsgegner diese 13 vZTAe. Das Frittieren der Nudeln sei eine Zubereitungsart, bei der einer Teigware das Wasser entzogen werde. Daher handele es sich bei den Nudeln um getrocknete Teigwaren i. S. d. Unterposition 1902 3010 KN. Dies folge aus den am 04.03.2015 veröffentlichten Erläuterungen zur Unterposition 1902 3010 KN. Danach beziehe sich der Ausdruck "getrocknet" u. a. auf Waren im trockenen Zustand mit einem geringen Feuchtigkeitsgehalt, die einem industriellen Trocknungsverfahren (z. B. Frittieren) unterzogen worden seien.

6

Gegen den Widerrufsbescheid legte die Antragstellerin am 03.08.2015 Einspruch ein.

7

Im März 2015 beantragte die Antragstellerin weitere vZTAe für 15 Instantnudelsuppen und ein Instantnudelgericht (Lunch box). Die Waren seien der Codenummer 1902 3090 00 0 zuzuordnen. Der Antragsgegner reihte die Waren mit vZTAen vom 22.05.2015 und 27.05.2015 als "Teigware, durch Frittieren zubereitet und getrocknet" in die Codenummer 1902 3010 80 ein (DE XXX-14, DE XXX-15 bis DE XXX-17, DE XXX-18 bis DE XXX-30). Es liege jeweils eine Warenzusammenstellung in Aufmachung für den Einzelverkauf vor, die "zur Herstellung eines Nudelgerichts" vorgesehen sei. Der Charakter werde durch die Nudeln bestimmt, da diese den größten Teil der Ware ausmachten.

8

Gegen die vZTAe legte die Antragstellerin am 19.06.2015 Einspruch ein.

9

Im April 2015 beantragte die Antragstellerin weitere 8 vZTAe für 5 Instantnudelsuppen und 3 Instantnudelgerichte (Lunch boxes) und schlug jeweils eine Einreihung in die Codenummer 1902 3090 00 0 vor. Mit vZTAen vom 09.07.2015 reihte der Antragsgegner die Waren wie im Mai 2015 jeweils in die Codenummer 1902 3010 80 ein (DE XXX-31, DE XXX-32 bis DE XXX-36, DE XXX-37, DE XXX-38).

10

Gegen diese vZTAe legte die Antragstellerin am 29.07.2015 Einspruch ein.

11

In der gemeinsamen Einspruchsbegründung beantragte die Antragstellerin, ihr vZTAe zu erteilen, in der alle streitgegenständlichen Waren in die Codenummer 2104 1000 90 0, hilfsweise in die Codenummer 1902 3090 00 0 eingereiht werden bzw. - hinsichtlich der widerrufenen 13 vZTAe - die Widerrufsentscheidung aufzuheben und die Waren weiterhin in die Codenummer 1902 3090 00 0 einzureihen. Alle Produkte seien dazu bestimmt, als asiatische Nudelsuppen verzehrt zu werden. Da die Waren neben Nudeln auch andere Zutaten zur Herstellung einer Nudelsuppe enthielten, seien sie gemäß der Allgemeinen Vorschrift (AV) 3 a) Satz 1 KN als "Zubereitungen zum Herstellen von Suppen" in die Position 2104 KN und nicht in die Position 1902 KN einzureihen. Dieser Einreihung stehe nicht die Einreihungsverordnung (EU) Nr. 767/2014 vom 11.07.2014 entgegen. Einreihungsverordnungen gälten stets nur für die begutachteten Waren. Die streitgegenständlichen Waren seien nicht begutachtet worden. Die Verordnung sei auch nicht analog anzuwenden. Die streitgegenständlichen Produkte seien nicht mit der von der Verordnung erfassten Ware identisch bzw. austauschbar. Gegenstand der Verordnung sei ein Instantnudelprodukt gewesen, welches in zubereiteter Form den Charakter eines Nudelgerichts i. S. d. Position 1902 KN und nicht den Charakter einer Nudelsuppe i. S. d. Position 2104 KN gehabt habe. Dies folge aus dem Wortlaut der Verordnung, wonach es sich um eine "Warenzusammenstellung (zusammen verpackt) zur Zubereitung eines Nudelgerichts" handele. Damit fehle die Identität zwischen dem begutachteten und den streitgegenständlichen Produkten. Unter Beachtung der zutreffenden Rechtsprechung des Finanzgerichts Hamburg (4 K 108/06) hätten Letztere nicht den Charakter eines Nudelgerichts, sondern den einer Nudelsuppe. Nach ihrer Zubereitung - dieser Vortrag steht im Widerspruch zu den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen (insbes. Anlage AdV 10) - liege der Anteil an Brühe in der Regel über 60 %; nur bei einem Produkt liege er bei 54,4 %. Da der Anteil an Brühe stets oberhalb von 54,4 % liege, sei er im Verhältnis zum Anteil der Nudeln charakterbestimmend. Überdies gehe aus der Verordnung nicht hervor, wie viel Wasser zur bestimmungsgemäßen Zubereitung bei dem begutachteten Produkt beizugeben gewesen sei. Daher müsse davon ausgegangen werden, dass bei dem eingereihten Produkt die beigegebene Wassermenge dazu geführt habe, dass der Anteil an Brühe unter 20 % gelegen habe, sodass die Nudeln und nicht die Brühe charakterbestimmend gewesen sei. Auch in anderer Hinsicht seien die streitgegenständlichen Produkte und das Produkt der Einreihungsverordnung unterschiedlich. Die Einreihungsverordnung beziehe sich auf getrocknete, nicht auf frittierte Nudeln. Die Zusammensetzung der Warenzusammenstellungen und die Anzahl und Gewichte der beigegebenen Beutel seien unterschiedlich. Dass die Einreihungsverordnung nur Produkte erfasse, die Nudelgerichte darstellten, folge auch daraus, dass andernfalls die Position 2104 KN keinen Anwendungsbereich mehr hätte. Die Position erfasse nach den Erläuterungen zum HS auch solche Zubereitung, denen nur Wasser zugesetzt werden müsse. Der Anwendungsbereich der Position 2104 KN liefe leer, sofern alle Suppenzubereitungen, die Nudeln enthielten, unter die Position 1902 KN fielen. Dies sei auch nicht vorgesehen. Nach den Erläuterungen zur Position 1902 HS seien Zubereitung zum Herstellen von Suppen, die Teigwaren enthielten, ausdrücklich aus der Position 1902 KN aus- und der Position 2104 KN zugewiesen. Vor diesem Hintergrund könne die Einreihungsverordnung nur so verstanden werden, dass sie sich auf ein Produkt beziehe, welches wegen des geringen Anteils an Brühe ein Nudelgericht darstelle. Die Verordnung sei andernfalls rechtswidrig, da sie mit dem Wortlaut einer durch das Harmonisierte System vorgegebenen Tarifposition nicht vereinbar wäre. Hilfsweise seien die Waren in die Codenummer 1902 3090 00 0 einzureihen. Die Nudeln seien nicht getrocknet, sondern frittiert. Das Frittieren habe nicht zum Zweck der Trocknung stattgefunden. Deshalb liege auch nach den Erläuterungen zur Unterposition 1902 3010 KN (EZT-Nr. 02.7) vorliegend keine Trocknung vor. Das Frittieren der Waren sei durchgeführt worden, um die Produkte im Geschmack zu verbessern. Der mit dem Frittieren verbundene Feuchtigkeitsentzug sei lediglich ein Nebenergebnis. Im Übrigen wird wegen des weiteren Vortrags zum Unterschied zwischen "Frittieren" und "Trocknen" auf die Einspruchsbegründung vom 15.01.2016 verwiesen. Die 13 widerrufenen vZTAe habe der Antragsgegner gemäß Art. 9 Abs. 1 ZK der Rechtslage anzupassen und seine ursprüngliche Einreihung zu ändern. Da die Waren fälschlicherweise nicht in die Position 2104 KN eingereiht worden seien, seien ihr, der Antragstellerin, neue vZTAe zu erteilen, die die Waren in diese Position einreihten; andernfalls sei die Widerrufsentscheidung jedenfalls aufzuheben.

12

Der Antragsgegner wies darauf hin, dass unter "Zubereitungen zum Herstellen von Suppen" (Position 2104 KN) nur Erzeugnisse zu verstehen seien, denen zur Fertigstellung nur Wasser zugesetzt werden müsse. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müsse es sich um einen einfachen Arbeitsgang wie das Erwärmen und/oder Hinzufügen von Flüssigkeiten handeln. Mithin müssten alle vorgesehenen Zutaten in vorgemischter Form vorliegen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Vor der Wasserzugabe müssten die Tüten mit den würzenden Zutaten geöffnet und ihr Inhalt den Nudeln hinzugefügt werden. Aufgrund der getrennten Abpackung der Bestandteile handele es sich um eine zur Zubereitung einer asiatischen Nudelsuppe vorgesehene Warenzusammenstellung in Aufmachung für den Einzelverkauf i. S. d. AV 3 b) KN. Für die Einreihung der Produkte kämen grundsätzlich die Positionen 1902 KN und 2104 KN in Betracht, je nachdem, ob die Nudeln oder das separat verpackte Suppenpulver als charakterbestimmend angesehen werde. Das Pulver sei ausschlaggebend für die Verwendung zur Herstellung einer Suppe. Allerdings machten die Nudeln aufgrund ihres Gewichts den größten Bestandteil aus. Zur Entscheidung, welches Kriterium charakterbestimmend sei, sei die VO Nr. 767/2014 heranzuziehen. Danach sei auf die Nudeln abzustellen, wenn diese den größten Teil der Ware ausmachten. Die Verordnung sei nicht auf Nudelgerichte beschränkt, sondern gelte auch für Nudelsuppen. Eine Suppe sei ebenfalls ein Gericht. Bei dem Begriff "Nudelgericht" handele es sich um einen Oberbegriff für alle Gerichte aus Nudeln. Zudem sei offensichtlich, dass es sich bei der der Einreihungsverordnung zu Grunde liegenden Ware um eine Zusammenstellung zur Herstellung einer Nudelsuppe handeln müsse. Andernfalls hätte die Kommission keine Abgrenzung zur Position 2104 KN vorgenommen. Durch die auf die Nudelmenge abstellende Begründung werde impliziert, dass die zuzugebende Wassermenge für das Entstehen einer Nudelsuppe oder eines Nudelgerichts unerheblich sei. Die zitierte Rechtsprechung des Finanzgerichts Hamburg sei durch die Verordnung überholt. Die Verordnung sei analog anzuwenden, da die tarifierte Ware mit den streitgegenständlichen Produkten in ihren wesentlichen Punkten übereinstimme. Eine Einreihung in die hilfsweise begehrte Unterposition 1902 3090 KN komme nicht in Betracht. Nach den Erläuterungen zur Position 1902 KN sei das Frittieren ein Verfahren zur Herstellung getrockneter Nudeln. Damit lägen getrocknete Teigwaren vor. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die gleichlautenden Schreiben des Antragsgegners vom 12. und 18.05.2016 in den drei Einspruchsverfahren verwiesen.

13

Die Antragstellerin erwiderte, dass das Öffnen einzelner Tüten und das Zusammenfügen der Warenbestandteile nur ein einfacher Arbeitsgang sei, der dem Vorliegen einer Zubereitung nicht entgegenstehe. Im Übrigen bestimme die AV 2 a) KN, dass eine Position auch für zerlegte oder noch nicht zusammengesetzte Waren gelte, solange sie zusammengestellt würden. Es komme auch nicht darauf an, welcher Bestandteil der Ware charakterbestimmend sei. Dieses Merkmal der AV 3 b) KN sei erst heranzuziehen, wenn eine Einreihung nach der AV 3 a) KN nicht möglich sei. Vorliegend seien jedoch alle Bestandteile der streitgegenständlichen Waren von der Position 2104 KN erfasst. Die Einreihungsverordnung sei nicht entsprechend heranzuziehen. Sie sei unter Verstoß gegen die o. g. Allgemeinen Vorschriften des Harmonisierten Systems ergangen und daher rechtswidrig. Auch erfasse die Verordnung lediglich Nudelgerichte in fester Form, nicht jedoch Nudelsuppen. Der Begriff "Nudelgericht" sei kein Oberbegriff für Nudelsuppen. Dies folge auch aus der englischen und französischen Sprachfassung der Verordnung. Nach der Warenbeschreibung in der Verordnung seien Instantnudeln zum Zwecke der Herstellung einer Nudelsuppe gar nicht Gegenstand des Verordnungsverfahrens gewesen. Die Normenklarheit hätte es geboten, deutlich zum Ausdruck zu bringen, wenn die Verordnung auch Zubereitungen zur Herstellung einer Suppe hätte umfassen sollen. Jedenfalls müsse die Verordnung in Übereinstimmung mit höherrangigem Recht dergestalt ausgelegt werden, dass Waren zur Herstellung einer Nudelsuppe ausgeklammert seien. Dies folge aus der vorrangigen Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 3 a) KN. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Antragstellerin vom 28.07.2016 verwiesen.

14

Einspruchsentscheidungen hat der Antragsgegner bisher nicht getroffen.

15

Am 04.05.2016 stellte die Antragstellerin einen "Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz" beim Antragsgegner und beantragte hinsichtlich der 16 vZTAe vom 22.05.2015 und 27.05.2015 und der 8 vZTAe vom 09.07.2015 anzuordnen, dass die Waren dieser vZTAe einstweilen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache in die "Unterposition 2104 1000 90 0" einzureihen seien; hilfsweise anzuordnen, dass die Waren dieser vZTAe einstweilen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache in die "Unterposition 1902 3090 00 0" einzureihen seien; hilfsweise rückwirkend zum 01.05.2016 die Vollziehung der vZTAe aufzuheben und die Vollziehung der vZTAe bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen. Hinsichtlich der 13 vZTAe vom 26.03.2015 und 15.04.2015 beantragte sie, anzuordnen, dass die Waren dieser vZTAe einstweilen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache in die "Unterposition 2104 1000 90 0" einzureihen seien; hilfsweise anzuordnen, dass die Waren dieser vZTAe einstweilen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache in die "Unterposition 1902 3090 00 0" einzureihen seien. VZTAe seien aufgrund der neuen Rechtslage seit dem 01.05.2016 sowohl für den Inhaber der Entscheidung als auch für die Zollbehörden verbindlich. Sie, die Antragstellerin, müsse eingeführte Waren daher entsprechend der vZTAe anmelden. Die eingelegten Einsprüche ließen die Benutzungspflicht mangels aufschiebender Wirkung nicht entfallen. Selbst wenn sie später in der Hauptsache obsiegen sollte, würde sich dies nicht auf die zwischenzeitlichen Einfuhrvorgänge auswirken, bei denen die vZTAe angegeben worden seien. Eine rückwirkende Aufhebung von vZTAen sei ausgeschlossen. Aus Art. 34 Abs. 3 und Abs. 6 UZK folge, dass grundsätzlich nur eine Aufhebung für die Zukunft erfolgen könne. Daher liefe auch ein Erstattungsantrag ins Leere. Insofern sei sie, die Antragstellerin, darauf angewiesen, dass bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache die Vollziehung der vZTAe mit der Einreihung in die Codenummer 1902 3010 80 ausgesetzt und aufgehoben werde. Da die Waren überdies in die Codenummer 2104 1000 90 0 einzureihen seien, sei vorrangig anzuordnen, ihr einstweilen vZTAe mit dieser Warentarifnummer für sämtliche streitgegenständliche Produkte zu erteilen. Ein Bedürfnis nach einer solchen Regelungsanordnung sei gegeben. Mit der Aussetzung der Vollziehung könne lediglich erreicht werden, die bestehenden vZTAe nicht mehr verwenden zu müssen. Das Begehren sei jedoch weitergehender darauf gerichtet, die Zollbehörden hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung eingeführter Waren in die Position 2104 KN einstweilen zu binden. Dies gewährleiste eine schnellere und verlässlichere Abfertigung. Andernfalls müsste gegen jeden Einfuhrabgabenbescheid Einspruch eingelegt und das Einspruchsverfahren durchgeführt werden, um den status quo zu sichern. Wegen des materiellen Anspruchs auf die Erteilung von vZTAen mit einer Einreihung in die Codenummer 2104 1000 90 0 verweist die Antragstellerin auf ihre Ausführungen in den Einspruchsverfahren. Hilfsweise werde die Aufhebung und Aussetzung der Vollziehung der im Antrag genannten vZTAe gemäß Art. 45 Abs. 2 UZK begehrt. Die Aufhebung der Vollziehung sei gemäß § 361 Abs. 2 Satz 3 AO rückwirkend zum 01.05.2016, jedenfalls ab Antragseingang anzuordnen. Begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vZTAe seien gemäß Art. 45 Abs. 2 UZK gegeben und es drohe auch ein unersetzbarer Schaden.

16

Der Antragsgegner wies mit Schreiben vom 03.06.2016 darauf hin, dass er nicht befugt sei, einstweilige Anordnungen zu erlassen. Im Übrigen seien Anträge auf Aussetzung der Vollziehung statthaft. Solche Anträge würden keinen Erfolg haben. Begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vZTAe lägen nicht vor. Auch drohe kein unersetzbarer Schaden. Zwar habe die Antragstellerin die vZTAe bei der Einfuhrabfertigung anzugeben. Diese seien jedoch bislang nicht bestandskräftig. Sofern die Antragstellerin in einem Rechtsbehelfsverfahren obsiegen sollte, würden die vZTAe rückwirkend aufgehoben. Art. 34 Abs. 3 UZK erfasse lediglich bestandskräftige Entscheidungen. Überdies könne die Antragstellerin Eilrechtsschutz gegenüber den Einfuhrabgabenbescheiden geltend machen.

17

Die Antragstellerin teilte mit, an ihren Anträgen festzuhalten. Es sei angesichts der neuen Rechtslage nicht verlässlich abzusehen, ob es zu der vom Antragsgegner behaupteten rückwirkenden Aufhebung der vZTAe im Fall eines erfolgreichen Rechtsbehelfsverfahrens kommen werde.

18

Mit Bescheid vom 29.06.2016, zugestellt am 04.07.2016, lehnte der Antragsgegner den "Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz" unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 03.06.2016 umfassend ab. Dabei bekräftigte er, im Fall eines Obsiegens der Antragstellerin im Rechtsbehelfsverfahren die streitgegenständlichen vZTAe gemäß Art. 34 Abs. 5 i. V. m. Art. 23 Abs. 3 UZK ex tunc zu widerrufen.

19

Hiergegen legte die Antragstellerin am 03.08.2016 Einspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.

20

Die Antragstellerin hat am 19.08.2016 den vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und begehrt gemäß § 114 FGO den Erlass einer Anordnung zur einstweiligen Einreihung aller streitgegenständlichen Waren in die mit der geringsten Einfuhrabgabenlast verbundene Unterposition 2104 1000 KN, hilfsweise in die Unterposition 1902 3090 KN und - hinsichtlich der nicht widerrufenen vZTAe - hilfsweise gemäß § 69 FGO i. V. m. Art. 45 Abs. 2 UZK die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung. Sie habe gegen die aufgrund von zwischenzeitlichen Einfuhren der streitgegenständlichen Waren ergangenen Einfuhrabgabenbescheide jeweils Einspruch eingelegt und die Einspruchsverfahren bis zu einer Bestandskraft der angegriffenen vZTAe zum Ruhen gebracht. Es werde eine einstweilige Anordnung des Gerichts begehrt, durch die sie, die Antragstellerin, bis zu einer endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit der vZTAe ihre Waren im Rahmen der Abfertigung in die Position 2104 KN einreihen könne. Darüber hinaus werde die Aufhebung und Aussetzung der Vollziehung der vZTAe vom 22.05.2015, 27.05.2015 und 09.07.2015 gemäß § 69 FGO i. V. m. Art. 45 Abs. 2 UZK begehrt. Wie bereits im außergerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren dargelegt, drohe aufgrund der neuen Rechtslage ein unersetzbarer Schaden. Nach dem Willen des Verordnungsgebers solle eine vZTA unter der Geltung des UZK so lange für die Abfertigung Bindungs- und Präklusionswirkung erzeugen, bis sie ex nunc aufgehoben werde. Es sei überdies nicht gesichert, dass der Antragsgegner ggf. tatsächlich eine rückwirkende Aufhebung der vZTAe vornehme. Aus anderen Einspruchsverfahren sei bekannt, dass er bei Abhilfeentscheidungen neue vZTAe "aus technischen Gründen" stets nur ex nunc erlasse. Zudem bestünden die in den außergerichtlichen Verfahren dargelegten begründeten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vZTAe.

21

Die Antragstellerin beantragt,
1. hinsichtlich der vZTAe DE XXX-14, DE XXX-15 bis DE XXX-17, DE XXX-18 bis DE XXX-30, DE XXX-31, DE XXX-32 bis DE XXX-36, DE XXX-37, DE XXX-38
a. anzuordnen, dass der Antragsgegner dazu verpflichtet wird, einstweilen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vZTAe zu erlassen, mit denen die Waren in die Unterposition 2104 1000 90 0 eingereiht werden, damit sie ihre Waren unter dieser Unterposition abfertigen kann,
b. hilfsweise anzuordnen, dass der Antragsgegner dazu verpflichtet wird, einstweilen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vZTAe zu erlassen, mit denen die Waren in die Unterposition 1902 3090 00 0 einzureihen sind, damit sie ihre Waren unter dieser Unterposition abfertigen kann,
c. hilfsweise rückwirkend zum 01.05.2016 die Vollziehung der vZTAe aufzuheben und die Vollziehung der vZTAe bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen,
2. hinsichtlich der vZTAe DE XXX-1, DE XXX-2 und DE XXX-3 bis DE XXX-13
a. anzuordnen, dass der Antragsgegner dazu verpflichtet wird, einstweilen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vZTAe zu erlassen, mit denen die Waren in die Unterposition 2104 1000 90 0 eingereiht werden, damit sie ihre Waren unter dieser Unterposition abfertigen kann,
b. hilfsweise anzuordnen, dass der Antragsgegner dazu verpflichtet wird, einstweilen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vZTAe zu erlassen, mit denen die Waren in die Unterposition 1902 3090 00 0 einzureihen sind, damit sie ihre Waren unter dieser Unterposition abfertigen kann.

22

Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzulehnen.

23

Die Antragstellerin habe gegen die auf Grundlage der streitbefangenen vZTAe ergangenen Einfuhrabgabenbescheide der Hauptzollämter jeweils Einspruch eingelegt. Diese Verfahren seien bis zum rechtskräftigen Abschluss der anhängigen Verfahren über die Rechtmäßigkeit der vZTAe zum Ruhen gebracht. Damit sei sichergestellt, dass die Entscheidungen in den vZTA-Verfahren bei einer Wiederaufnahme jener Verfahren berücksichtigt würden. Der Antragsgegner nimmt im Übrigen Bezug auf seine Ausführungen in den außergerichtlichen Verfahren und unterstreicht, dass nicht korrigierbare Folgen für die Antragstellerin nicht zu befürchten seien. Er, der Antragsgegner, würde vZTAe bei Abhilfeentscheidungen nicht lediglich ex nunc ändern. Richtig sei, dass das Erteilungsdatum einer vZTA aus technischen Gründen nicht rückwirkend änderbar sei. Es erfolge aber in jeder Abhilfeentscheidung der ausdrückliche Hinweis, dass die nunmehr getroffene Einreihung der Ware bereits im Zeitpunkt der ursprünglichen Erteilung der vZTA zutreffend gewesen sei. Damit werde sichergestellt, dass die Änderungen der Einreihung rückwirkend Berücksichtigung fänden. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der VO Nr. 767/2004 habe das BWZ München am 02.09.2016 mitgeteilt, dass die Verordnung auf vier divergierende vZTAe (je zwei aus Polen und aus Deutschland) zurückgehe, deren Berechtigte jeweils die Antragstellerin gewesen sei. Auslöser sei ein schriftlicher Hinweis der polnischen Zollverwaltung im April 2013 an das Bundesfinanzministerium gewesen. Bei den in der Verordnung und den zugrundeliegenden vZTAen angesprochenen Waren habe es sich jeweils um gleichartige Zusammenstellungen zur Herstellung von Nudelsuppen in zwei verschiedenen Geschmacksrichtungen, bestehend aus einem Block aus frittierten Nudeln, dem ein Suppenpulver und ein bis zwei weitere geschmacksgebende Zutaten in separaten Tüten beigefügt gewesen sei, gehandelt. Zumindest in einem Fall habe es sich bei den divergierenden vZTAen um das gleiche Produkt gehandelt. Die Ware aus der Verordnung stimme in den einreihungsrelevanten Merkmalen mit allen streitgegenständlichen Erzeugnissen überein, lediglich in den Geschmacksrichtungen und der Anzahl der geschmacksverleihenden Zugaben beständen marginale Unterschiede. Die Verordnung sei daher analog anzuwenden. Sie führe eine einheitliche Einreihung von gleichartigen Warenzusammenstellungen herbei, die sich abhängig von der zuzugebenden Wassermenge sowohl zur Zubereitung einer Nudelsuppe als auch eines "nichtflüssigen" Nudelgerichts eigneten bzw. bei denen nach der Zubereitung die Grenze zwischen diesen beiden Gerichten im Einzelfall nur schwer zu ziehen sei. Infolge der getrennten Verpackung der Bestandteile seien die Waren mit durch Mischen hergestellten Zubereitungen zum Herstellen von Suppen der Position 2104 KN nicht vergleichbar, sondern es lägen Warenzusammenstellungen vor.

24

Die Antragstellerin hat der Stellungnahme des BWZ München widersprochen. Die vom Antragsgegner herangezogenen vier vZTAe hätten in keinem Fall das gleiche Produkt betroffen. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsgegner von den Umständen des Zustandekommens der Einreihungsverordnung keine Kenntnisse habe. Sofern die Produkte dieser vZTAe tatsächlich Grundlage der Einreihungsverordnung gewesen sein sollten, spräche dies für eine Rechtswidrigkeit der Verordnung. Die Kommission hätte den Verwendungszweck der Produkte zur Herstellung einer Nudelsuppe verkannt und so den Sachverhalt vor Erlass der Einreihungsverordnung unzutreffend ermittelt. Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2015/183 habe die Kommission den Inhalt und die Tragweite der Tarifpositionen 2104 KN und 1902 KN erneut geändert. Dies sei von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht umfasst. Im Übrigen seien die Waren selbst bei der Anwendbarkeit der AV 3 b) KN in die Position 2104 KN einzureihen. Wenn man davon ausgehe, dass die frittierten Nudeln und nicht die sonstigen Bestandteile der Waren charakterbestimmend seien, so sei darauf abzustellen, dass es sich bei ihnen aufgrund ihrer objektiven Merkmale um Suppennudeln und nicht um bloße Teigwaren handele.

25

Der Antragsgegner hat daraufhin bekräftigt, dass die Einreihungsverordnung auf dem dargestellten Wege zustande gekommen sei. Aufgrund des eigenen Vortrags der Antragstellerin bei der polnischen Zollverwaltung, sie habe für ihre Waren deutsche und polnische vZTA erhalten, die sich widersprächen, sei 2013 das Konsultationsverfahren zwischen den Finanzministerien eingeleitet worden. Im Verlauf dieses Verfahrens habe der Ausschuss für den Zollkodex in der Sitzung vom 04. bis 06.06.2014 beschlossen, dass der Begriff "Nudelgericht" als ein Oberbegriff anzusehen sei, der auch "Nudelsuppen" umfasse. Anschließend habe die Kommission am 11.07.2014 die Tarifierungsverordnung erlassen.

26

Die Antragstellerin hat schließlich angesichts der Vorlagebeschlüsse des Finanzgerichts Hamburg in den Verfahren 4 K 161/15 vom 19.07.2017 und 4 K 129/17 vom 22.09.2017 angeregt, dem Europäischen Gerichtshof im beschleunigten Vorabentscheidungsverfahren die Frage vorzulegen, ob die Kombinierte Nomenklatur dahingehend auszulegen sei, dass Instantnudelsuppen wie die des Ausgangsverfahrens in die Position 2104 KN einzureihen seien.

27

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Sachakten des Antragsgegners (je zwei Ordner und Hefter) verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe

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II. 1. Die Haupt- und Hilfsanträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bzw. auf Aussetzung der Vollziehung haben keinen Erfolg. Sie sind überwiegend unzulässig und im Übrigen unbegründet.

29

a. Der Antrag zu Ziffer 1. a., den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig vZTAe zu erlassen, in denen die Waren der vZTAe vom 22.05.2015, 27.05.2015 und 09.07.2015 in die Codenummer 2104 1000 90 0 eingereiht werden, ist bereits unzulässig. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 FGO ist nicht statthaft. Dies folgt aus § 114 Abs. 5 FGO. Danach gelten die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nicht für die Fälle des § 69 FGO. Die Vorschrift bringt den Vorrang der Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO vor der einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO zum Ausdruck. Im Geltungsbereich der Aussetzung der Vollziehung kommt die einstweilige Anordnung nicht zur Anwendung, sondern ist subsidiär (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, 146. EL Oktober 2016, § 114 FGO, Rn. 7; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, 33. EL Juni 2017, § 123 VwGO, Rn. 20 zur entsprechenden Abgrenzung zwischen § 80 Abs. 5 und § 123 VwGO).

30

Vorliegend kann vorläufiger Rechtsschutz über § 69 FGO gewährt werden. Gegen die streitgegenständlichen vZTAe ist der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 FGO i. V. m. Art. 45 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269/1, berichtigt durch ABl. 2016 L 267/2 - Unionszollkodex; im Folgenden: UZK) statthaft. Die Zulässigkeit eines solchen Antrags richtet sich auch unter Geltung des UZK nach mitgliedstaatlichem Recht, da Art. 45 Abs. 2 UZK lediglich die materiellen Voraussetzungen einer Aussetzung der Vollziehung abschließend bestimmt (FG Hamburg, Beschluss vom 12.04.2017, 4 V 16/17, juris Rn. 16, 18 und Rn. 19 zur Anwendbarkeit des Art. 45 UZK in zeitlicher Hinsicht). Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die streitgegenständlichen vZTAe stellen als zollrechtliche Entscheidungen gemäß Art. 33 UZK feststellende Verwaltungsakte dar. Die Einlegung eines Rechtsbehelfs - vorliegend die eingelegten Einsprüche - gegen solche Entscheidungen hat gemäß Art. 45 Abs. 1 UZK keine aufschiebende Wirkung. Bei vZTAen handelt es sich zudem um vollziehbare und aussetzungsfähige Verwaltungsakte. VZTAe sind seit dem 01.05.2016 gemäß Art. 33 Abs. 2 lit. a), b) UZK auch gegenüber dem Inhaber der Entscheidung verbindlich und bringen für diesen seitdem die belastende Verpflichtung mit sich, bei Einfuhrvorgängen entsprechender Waren die Referenznummer der vZTA in der Zollanmeldung anzugeben. Eine Aussetzung der Vollziehung ließe diese Verpflichtung entfallen (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 21.12.2017, 4 V 143/17, juris Rn. 3; Rinnert in Hübschmann/Hepp/Spitaler, 245. EL November 2017, Art. 33 UZK, Rn. 18). Dass alle streitgegenständlichen vZTAe bereits im Jahr 2015 und damit vor der Geltung des UZK erlassen wurden, ändert diese Verpflichtung vorliegend nicht. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 252 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28.07.2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union (ABl. Nr. L 343/1, m. spät. Änd., bleiben Entscheidungen über verbindliche Auskünfte, die am 1. Mai 2016 bereits in Kraft waren, für den in ihnen genannten Zeitraum gültig. Solche Entscheidungen sind ab dem 1. Mai 2016 sowohl für die Zollbehörden als auch für den Inhaber der Entscheidung bindend.

31

Die Subsidiarität eines Antrags nach § 114 FGO wird vorliegend nicht dadurch berührt, dass das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin weitergehender ist als die Aussetzung der Vollziehung der vZTAe. Die Antragstellerin begehrt mittels einstweiliger Anordnung eine vorläufige Einreihung der streitgegenständlichen Waren in die Position 2104 KN, um eine schnellere und verlässlichere Abfertigung zu gewährleisten und nicht gegen jeden weiteren Einfuhrabgabenbescheid Einspruch einlegen zu müssen. Abgesehen davon, dass der UZK keine andere Form des Eilrechtsschutzes gegen zollrechtliche Entscheidungen als die Aussetzung der Vollziehung kennt, ist Letzteres der Antragstellerin zumutbar, da der Aussetzungsantrag einen hinreichend effektiven Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistet. Sollte die Aussetzung der Vollziehung der vZTAe angeordnet werden, ließe dies die Pflicht der Antragstellerin, bei der erneuten Einfuhr streitgegenständlicher Waren auf die vZTAe hinzuweisen, entfallen. Es stünde ihr dann frei, die von ihr für zutreffend erachtete Codenummer im Rahmen der Abfertigung anzugeben. Sofern eine Zollbehörde diese nicht akzeptieren und höhere Einfuhrabgaben festsetzen sollte, könnte sie gegen diesen Bescheid nicht nur Einspruch einlegen, sondern ebenfalls die Aussetzung der Vollziehung beantragen.

32

b. Der Hilfsantrag zu Ziffer 1. b., der ebenfalls auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 FGO gerichtet ist und sich vom vorherigen Hauptantrag nur dadurch unterscheidet, dass eine Einreihung in die Codenummer 1902 3090 00 0 begehrt wird, ist mit Verweis auf die obigen Ausführungen ebenfalls unzulässig.

33

c. Der Hilfsantrag zu Ziffer 1. c., rückwirkend zum 01.05.2016 die Vollziehung der vZTAe aufzuheben und die Vollziehung der vZTAe bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen, ist zulässig; insbesondere hat der Antragsgegner einen entsprechenden Antrag gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO abgelehnt. Der Antrag ist jedoch unbegründet, weshalb offen bleiben kann, ob und ggf. wie sich eine Aufhebung der Vollziehung von vZTAen auf bereits stattgefundene Einfuhrvorgänge auswirkt (vgl. hierzu FG Hamburg, Beschluss vom 21.12.2017, 4 V 143/17, juris Rn. 3).

34

Die materiellen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung ergeben sich auch im finanzgerichtlichen Verfahren aus Art. 45 Abs. 2 UZK. Danach setzen die Zollbehörden die Vollziehung einer Entscheidung, gegen die ein Rechtsbehelf eingelegt ist, ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Zwar benennt die Vorschrift als Adressaten lediglich die Zollbehörden, sie ist aber auch von den Gerichten auf dem Gebiet des Zollrechts als materieller Entscheidungsmaßstab anzuwenden. Aufgrund der Verweisung in § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 FGO auf § 69 Abs. 2 Satz 2 ff. FGO beschränken sich die gerichtlichen Befugnisse auf dasjenige, was die Zollbehörden selbst anordnen können. Werden die Befugnisse der Zollbehörden nach §§ 361 Abs. 2 AO, 69 Abs. 2 FGO durch unionsrechtliche Regelungen überlagert, muss dies auch für das gerichtliche Verfahren gelten (st. Rspr. des BFH zu Art. 244 ZK: Urteil vom 19.04.2011, VII B 234/10, BFH/NV 2011, 1202). Begründete Zweifel liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung der angefochtenen Bescheide neben für ihre Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (BFH, Beschluss vom 26.08.2004, V B 243/03, juris Rn. 14). Die Aussetzung der Vollziehung setzt dabei nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte sprechenden Gründe überwiegen (BFH, Beschluss vom 26.04.2004, VI B 43/04, juris Rn. 11). Sie kann auch dann zu gewähren sein, wenn die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide später im Hauptverfahren bestätigt werden sollte (BFH, Beschluss vom 23.08.2004, IV S 7/04, juris Rn. 21). Die Umstände, die die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen, hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, 141. EL Juli 2015, § 69 FGO Rn. 94, 123).

35

Daran gemessen bestehen begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der im Antrag genannten vZTAe. Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 767/2014 der Kommission vom 11.07.2014 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 106/10; im Folgenden: VO Nr. 767/2014) ist auf die den vZTAen zu Grunde liegenden Waren entsprechend anwendbar und führt zu deren Einreihung in die Unterposition 1902 3010 KN (aa.). Zwar bestehen an der Gültigkeit dieser Tarifierungsverordnung erhebliche Zweifel (bb.). Gleichwohl kommt eine Aussetzung der Vollziehung der streitgegenständlichen vZTAe nicht in Betracht, da die vom EuGH für den Fall, dass die Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung auf Zweifeln an der Geltung des einschlägigen Unionsrechts beruhen, aufgestellten besonderen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Die erforderliche Dringlichkeit des vorläufigen Rechtsschutzes ist vorliegend nicht gegeben (cc.).

36

aa. Die streitgegenständlichen Nudelsuppen und -gerichte sind im Wege der entsprechenden Anwendung der VO Nr. 767/2014 in die Unterposition 1902 3010 KN einzureihen. Die im August 2014 in Kraft getretene Verordnung ist in zeitlicher Hinsicht auf die Einreihung der streitgegenständlichen Waren anwendbar, da die Anträge auf Erteilung der vZTAe im Jahr 2015 gestellt wurden. Allerdings ist die Verordnung vorliegend sachlich nicht unmittelbar anwendbar. Die vom Ausschuss für den Zollkodex begutachtete Ware ist nicht mit den streitgegenständlichen Waren identisch. Sie weicht sowohl hinsichtlich des Gewichts der Nudeln und der Beigaben sowie deren mengenmäßigen Verhältnis zueinander und überwiegend auch hinsichtlich der Anzahl der Beigaben von den streitgegenständlichen Waren ab.

37

Die Verordnung ist jedoch entsprechend anwendbar. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Tarifierungsverordnungen aufgrund ihres Normcharakters nicht nur auf identische, sondern auch auf solche Produkte anzuwenden, die denjenigen entsprechen, die von der Tarifierungsverordnung erfasst werden. Dies gewährleistet eine kohärente Auslegung der Kombinierten Nomenklatur und eine Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer (EuGH, Urteil vom 22.03.2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, juris Rn. 37; Urteil vom 22.09.2016, Kawasaki Motors Europe, C-91/15, juris Rn. 39). Voraussetzung hierfür ist, dass sich die einzureihenden und die in der Einreihungsverordnung bezeichneten Waren einander hinreichend ähnlich sind (EuGH, Urteil vom 22.03.2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, juris Rn. 38). Die Warenbeschreibung muss in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmen (BFH, Urteil vom 12.04.2011, VII R 20/07, juris Rn. 13). Maßgeblich sind nur die einreihungsrelevanten Merkmale (EuGH, Urteil vom 13.07.2006, Anagram International, C-14/05, juris Rn. 33). Die Begründung der Verordnung ist insoweit zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 22.03.2017, Grofa, C-435/15 und C-666/15, juris Rn. 38).

38

Nach diesen Grundsätzen sind die streitgegenständlichen und die in der Einreihungsverordnung bezeichnete Waren einander hinreichend ähnlich. Die Warenbeschreibung in der VO Nr. 767/2014 lautet:
"Ware, bestehend aus einem Block aus getrockneten vorgekochten Nudeln (etwa 65 g), einem Beutel mit Würzmitteln (etwa 3,4 g), einem Beutel mit Speiseöl (etwa 2 g) und einem Beutel mit getrocknetem Gemüse (etwa 0,8 g). Bei der Ware handelt es sich um eine für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellung (zusammen verpackt) zur Zubereitung eines Nudelgerichts. Gemäß den Angaben auf der Verpackung muss vor dem Verzehr kochendes Wasser hinzugegeben werden."
Die Begründung zur Einreihung in die Unterposition 1902 3010 KN lautet:
"Einreihung gemäß den Allgemeinen Vorschriften 1, 3 b und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur sowie nach dem Wortlaut der KN-Codes 1902, 1902 30 und 1902 30 10. Bei der Ware handelt es sich um eine für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellung im Sinne der Allgemeinen Vorschrift 3 b. Ihr wesentlicher Charakter wird der Ware durch die Nudeln verliehen, da diese den größten Teil der Ware ausmachen. Eine Einreihung der Ware in die Position 2104 als Suppen oder Brühen oder Zubereitungen zum Herstellen von Suppen oder Brühen ist somit ausgeschlossen. Die Ware ist als Teigwaren, auch gekocht oder gefüllt oder in anderer Weise zubereitet, in die Position 1902 einzureihen."

39

Die einreihungsrelevanten Merkmale der streitgegenständlichen Waren stimmen mit denen aus der Warenbeschreibung der VO Nr. 767/2014 überein. Alle Waren bestehen aus einem Block getrockneter Nudeln, der mit 67 bis 94 % des Gesamtinhalts den größten Teil der Ware ausmacht. Sowohl die streitgegenständlichen als auch die begutachteten Nudeln wurden frittiert. Dies ist hinsichtlich der streitgegenständlichen Nudeln unstreitig, hinsichtlich der in der Einreihungsverordnung genannten Nudeln aus den Verfahren 4 K 161/15 und 4 K 129/17 gerichtsbekannt und kommt im Wort "getrocknet", welches bereits eine rechtliche Wertung der Kommission beinhaltet, in der Warenbezeichnung der Verordnung zum Ausdruck. Die vom Antragsgegner nachvollziehbar dargelegten Umstände, die beginnend mit dem polnisch-deutschen Konsultationsverfahren zum Erlass der VO Nr. 767/2014 geführt haben, bestätigen erneut, dass die begutachtete Ware ebenfalls frittierte Nudeln enthielt. Augenscheinlich wurde der Verordnung die Ware aus der gegenüber der Antragstellerin ergangenen vZTA vom 31.07.2012 (DE XXX/12-1) der deutschen Zollbehörden zugrunde gelegt. Dieser lagen - exakt wie in der Warenbezeichnung der Verordnung wiedergegeben - 3,4 g Würzpulver, 2,0 g Öl und ein Beutel mit getrocknetem Gemüse von 0,8 g bei. Die Füllmenge betrug 70 g, sodass auch der Block Nudeln ca. 65 g gewogen haben muss. Da sich keine der fast 40 streitgegenständlichen Nudelprodukte in ihrer Zusammensetzung decken (...) und die genannte vZTA Gegenstand des Konsultationsverfahrens war, ist offenkundig, dass die Kommission diese Ware ("Instant xxx") der Verordnung zugrunde gelegt hat. Hierbei handelte es sich um eine klassische Instantnudelsuppe, der frittierte Nudeln beilagen.

40

Die verbleibenden Unterschiede zwischen der begutachteten und den streitgegenständlichen Waren sind nicht einreihungsrelevant. Die Verordnung stellt weder auf die sich aus den Würzmitteln ergebenden Geschmacksrichtungen ab noch auf die Anzahl der Beigaben bzw. deren jeweiliges Gewicht. Das Gewicht dieser sog. "generellen Suppenbasis" (...) spielt keine Rolle, soweit es - wie vorliegend - lediglich zwischen 6 % und ca. 32 % der Gesamtware ausmacht und damit immer deutlich unter dem Gewicht der Nudeln liegt. Schließlich sind Waren, die sich nach der empfohlenen Zubereitungsmethode als Nudelsuppe darstellen, nicht vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. Zwar ist in der Warenbezeichnung der Verordnung von einem Nudelgericht die Rede. Dieser Begriff ist aber dahingehend auszulegen, dass er auch Waren umfasst, die in zubereiteter Form eine Nudelsuppe darstellen. Dies ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass die der Verordnung zu Grunde liegende Ware in zubereiteter Form eine Nudelsuppe war. Deshalb hat die Kommission in der Begründung der Einreihungsverordnung eine Einreihung der Ware als Suppe oder Brühe bzw. als entsprechende Zubereitung auch ausdrücklich ausgeschlossen. Aus der klarstellenden Durchführungsverordnung (EU) 2015/183 der Kommission vom 02.02.2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 635/2005 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (im Folgenden: VO Nr. 183/2015) folgt zudem, dass die Menge des hinzugefügten Wassers nicht als Kriterium für die Einreihung solcher Waren heranzuziehen ist. Diese Menge und ihr Verhältnis zu den festen Bestandteilen entscheiden aber, ob später ein flüssiges Nudelgericht (Suppe) oder ein festeres Nudelgericht vorliegt. Ausschlaggebend soll nach der VO Nr. 767/2014 und der VO Nr. 183/2015 allein die Menge der in der Ware enthaltenen Nudeln sein.

41

bb. An der Rechtmäßigkeit der damit auch für die Einreihung der streitgegenständlichen Waren maßgeblichen VO Nr. 767/2014 bestehen erhebliche Zweifel. Es ist zweifelhaft, ob frittierte Nudeln "getrocknete" Teigwaren im Sinne der Unterposition 1902 3010 KN sind, weshalb der Senat diese Frage dem EuGH vorgelegt hat. Es spricht viel dafür, nur solche Teigwaren als "getrocknet" anzusehen, die lediglich das Konservierungsverfahren der Trocknung durchlaufen haben und keiner Garmethode wie dem Frittieren unterzogen wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die EuGH-Vorlagen des Senats vom 19.07.2017 und 22.09.2017 in den Verfahren 4 K 161/15 und 4 K 129/17 (beide veröffentlicht in juris) verwiesen. Zweifelhaft ist damit, ob Instantnudelsuppen entsprechend der VO Nr. 767/2014 "getrocknete" Teigwaren der Unterposition 1902 3010 KN darstellen oder als "andere" Teigwaren in die Unterposition 1902 3090 KN einzureihen sind.

42

Weitergehende Zweifel, ob solche Waren schon nicht unter die Position 1902 KN fallen, sondern als "Zubereitungen zum Herstellen von Suppen" in die Unterposition 2104 1000 KN einzureihen sind, hat der Senat nicht. Die streitgegenständlichen Waren stellen keine solche Zubereitungen i. S. d. Unterposition 2104 1000 KN dar. Unter "Zubereitung" ist die Verarbeitung eines Erzeugnisses oder seine Vermischung mit anderen Erzeugnissen zu verstehen (EuGH, Urteil vom 23.03.1972, Henck, Rs. 36/71, EuGHE 1972, 187, Rn. 4; EuGH, Urteil vom 03.03.2016, Customs Support Holland, C-144/15, juris Rn. 36 zur Position 2309 KN "Zubereitungen von der zur Fütterung verwendeten Art"). Vorliegend sind mit den Nudeln, dem Gewürzpulver, dem Öl und den sonstigen Beigaben jeweils mehrere Erzeugnisse (teilweise selbst verarbeitet oder gemischt) gegeben, die aber nicht miteinander vermischt sind, sondern als einzeln verpackte Zutaten eines Nudelgerichts nebeneinanderliegen. Damit liegt bereits keine Zubereitung, sondern eine Warenzusammenstellung vor, sodass es nicht darauf ankommt, ob die Ware als Zubereitung die unmittelbare Eignung zur angegebenen Zweckbestimmung besitzt (vgl. dazu BFH, Urteil vom 11.01.1977, VII R 83/73, juris Rn. 12). An seiner früheren Rechtsauffassung im Urteil von 05.11.2007 hält der Senat nicht mehr fest (4 K 108/06, juris Rn. 32).

43

Darüber hinaus liegt auch keine Zubereitung "zum Herstellen von Suppen oder Brühen vor". Solche Zweckbestimmungen sind nach der o. g. Rechtsprechung des EuGH objektive Merkmale, die voraussetzen, dass die Zubereitung ausschließlich zu der in der Tarifposition genannten Verwendung geeignet ist. Ausschlaggebend für die Einordnung sind die objektiven Merkmale und Eigenschaften der Erzeugnisse (EuGH, Urteil vom 23.03.1972, Henck, Rs. 36/71, EuGHE 1972, 187, Rn. 4; BFH, Urteil vom 03.02.2004, VII R 33/03, juris Rn. 11). Die streitgegenständlichen Waren sind, unterstellt sie wären Zubereitungen, nicht ausschließlich zur Herstellung von Suppen oder Brühen geeignet. Ihnen kann nach Belieben weniger als die im Zubereitungshinweis genannte Menge Wasser beigegeben werden mit der Folge, dass aufgrund des überwiegenden Nudelanteils kein flüssiges, sondern ein festeres, mit der Gabel zu essendes Nudelgericht (ähnlich den Lunch boxes der Antragstellerin) entsteht.

44

cc. Trotz der dargestellten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vZTAe ist die hilfsweise begehrte Aussetzung der Vollziehung nicht anzuordnen. Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vZTAe beruhen auf Zweifeln an der Gültigkeit der VO Nr. 767/2014. Für den Fall, dass die Zweifel an einer zollbehördlichen Entscheidung auf Zweifeln an unionsrechtlichen Normen beruhen, hat der EuGH für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes besondere Anforderungen aufgestellt, die über die in Art. 45 Abs. 2 UZK festgeschriebenen Voraussetzungen hinausgehen. Danach darf das nationale Gericht die Vollziehung nur aussetzen, wenn es erhebliche Zweifel an der Gültigkeit der Verordnung hat. Die Gültigkeitsfrage muss dem Gerichtshof, sofern er noch nicht mit ihr befasst ist, vorgelegt werden. Die Aussetzungsentscheidung muss dringlich sein und das Interesse der Union angemessen berücksichtigt werden (EuGH, Urteil vom 21.02.1991, Zuckerfabrik Süderdithmarschen, C-143/88, juris Rn. 22 ff.; EuGH, Urteil vom 05.05.2011, C-305/09, juris Rn. 43; Rüsken in Dorsch, Zollrecht, 170. EL August 2017, Art. 45 UZK, Rn. 50 ff.).

45

Vorliegend ist die Aussetzungsentscheidung nicht dringlich. Eine Aussetzungsentscheidung ist dringlich, wenn sie erforderlich ist, um zu vermeiden, dass der Betroffene einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden erleidet, wobei ein reiner Geldschaden grundsätzlich nicht als nicht wiedergutzumachender Schaden anzusehen ist (EuGH, Urteil vom 21.02.1991, Zuckerfabrik Süderdithmarschen, C-143/88, juris Rn. 29). Ein solcher Schaden droht der Antragstellerin vorliegend nicht. Eine fortbestehende Vollziehbarkeit der streitgegenständlichen vZTAe hat zur Folge, dass die Antragstellerin bei der Einfuhr entsprechender Waren auf die vZTAe hinweisen muss. Als Konsequenz werden für diese Waren Einfuhrabgaben nach dem für die Unterposition 1902 3010 KN geltenden Zollsatz festgesetzt. Hiergegen kann die Antragstellerin Einspruch einlegen. Unabhängig vom Geltungsbereich des Art. 34 UZK und der Befugnis der Zollbehörden, vZTAe ex tunc aufzuheben, würde das Gericht die vZTAe, sofern sie sich im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen sollten, rückwirkend ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung aufheben und den Antragsgegner zur Erteilung von vZTAen mit der von der Antragstellerin begehrten Einreihung gegebenenfalls auch rückwirkend ab dem Erteilungsdatum verpflichten. Für noch nicht bestandskräftig abgeschlossene oder zumindest innerhalb der Erstattungsfristen liegende Einfuhrabgabenfestsetzungen wäre eine Erstattung zu viel gezahlter Einfuhrabgaben damit ohne weiteres möglich (FG Hamburg, Beschluss vom 21.12.2017, 4 V 143/17, juris Rn. 24). Damit ist auch der Eintritt eines Geldschadens nicht zu befürchten. Sonstige schwere und nicht wiedergutzumachende Schäden hat die Antragstellerin nicht dargelegt und sind auch nicht ersichtlich.

46

d. Der Antrag zu Ziffer 2. a., den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig vZTAe zu erlassen, in denen die Waren der vZTAe vom 26.03.2015 und 15.04.2015 in die Codenummer 2104 1000 90 0 eingereiht werden, ist unzulässig. Diese vZTAe waren bereits bestandskräftig als der Antragsgegner sie mit Bescheid vom 03.07.2015 nach Art. 9 Abs. 1 ZK widerrufen hat. Gegen bestandkräftige und später durch Widerruf ungültig (vgl. Art. 12 Abs. 5 lit. a) iii) ZK) gewordene Bescheide ist kein Rechtsschutz, erst recht kein Eilrechtsschutz mehr gegeben. Vorliegend war lediglich der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Widerrufsbescheids gemäß § 69 FGO i. V. m. Art. 45 Abs. 2 UZK statthaft. Einen solchen hat die Antragstellerin nicht - auch nicht hilfsweise - gestellt.

47

e. Der Hilfsantrag zu Ziffer 2. b., der ebenfalls auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 FGO gerichtet ist und sich vom vorherigen Hauptantrag (Ziffer 2. a.) nur dadurch unterscheidet, dass eine Einreihung in die Codenummer 1902 3090 00 0 begehrt wird, ist mit Verweis auf die obigen Ausführungen zur Bestandskraft und zum Ungültigwerden der vZTAe ebenfalls unzulässig. Dem Begehren der Antragstellerin, die Waren hilfsweise in die Codenummer 1902 3090 00 0 einzureihen, hätte ein - vorliegend statthafter - Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Widerrufsbescheids gemäß § 69 FGO i.V.m. Art. 45 Abs. 2 UZK entsprochen. Die Aussetzung der Vollziehung des Widerrufsbescheids hätte zu einem Wiederaufleben der widerrufenen vZTAe, in denen die streitgegenständlichen Waren der Codenummer 1902 3090 00 zugeordnet waren, geführt. Einen solchen Antrag hat die Antragstellerin nicht gestellt. Ob der vorliegende Hilfsantrag in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Widerrufsbescheids umgedeutet werden kann, kann offenbleiben. Auch dieser bliebe ohne Erfolg, da die Antragstellerin zuvor keinen entsprechenden Antrag beim Antragsgegner gestellt hat (§ 69 Abs. 4 Satz 1 FGO).

48

2. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 135 Abs. 1 und 128 Abs. 3 i. V. m. 115 Abs. 2 FGO.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Gründe

1

Der Antrag gemäß § 69 FGO i. V. m. Art. 45 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269/1, berichtigt durch ABl. 2016 L 267/2 - Unionszollkodex) - im Folgenden: UZK - auf Aussetzung bzw. - rückwirkend ab dem 11.05.2016 - Aufhebung der Vollziehung der verbindlichen Zolltarifauskünfte DE ...-1 vom 11.05.2016, DE ...-2 vom 11.05.2016 und DE ...-3 vom 11.05.2016 bleibt ohne Erfolg.

1.1

2

Der Antrag, dessen Zulässigkeit sich auch unter Geltung des Unionszollkodex nach mitgliedstaatlichem Recht richtet (FG Hamburg, Beschluss vom 12.04.2017, 4 V 16/17, in: juris, Rn. 16 m. w. N.), ist zulässig.

3

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung einer verbindlichen Zolltarifauskunft, die - wie bei den streitgegenständlichen verbindlichen Zolltarifauskünften vom 11.05.2016 gegeben - nach Art. 33 Abs. 1, 1. Alt. UZK erlassen wird, ist statthaft, da Einspruch und Anfechtungsklage gegen eine verbindliche Zolltarifauskunft gemäß Art. 45 Abs. 1 UZK keine aufschiebende Wirkung haben und eine verbindliche Zolltarifauskunft unter der Geltung des Unionszollkodex ein vollziehbarer und damit aussetzungsfähiger Verwaltungsakt ist. Gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchst. a), b) UZK ist die verbindliche Zolltarifauskunft hinsichtlich der zolltariflichen Entscheidung hinsichtlich der Waren, für die die Zollformalitäten nach dem Zeitpunkt erfüllt werden, zu dem die Entscheidung wirksam wird, und ab dem Tag, an dem die Entscheidung dem Inhaber zugestellt wird bzw. als ihm zugestellt gilt, sowohl für die Zollbehörden als auch gegenüber dem Inhaber der Entscheidung verbindlich. Damit hat, anders als nach der vormaligen Rechtslage auf der Grundlage der Vorschriften des Zollkodex (vgl. dazu FG Hamburg, Beschluss vom 20.02.2014, 4 V 140/13, in: juris), die verbindliche Zolltarifauskunft nunmehr eine für den Inhaber nicht nur begünstigende, sondern auch belastende Rechtswirkung. Dies hat zur Folge, dass die verbindliche Zolltarifauskunft - ungeachtet ihres Charakters eines (bloß) feststellenden Verwaltungsakts - aufgrund der bei nicht antragsgemäßer Einreihung gegebenen nachteiligen Beeinflussung des Status quo des Inhabers verbunden mit der Verpflichtung des Inhabers, die verbindliche Zolltarifauskunft bei Einfuhrvorgängen anzugeben, als ein vollziehbarer und damit aussetzungsfähiger Verwaltungsakt anzusehen ist (vgl. dazu auch Schoenfeld, ZfZ 2017, S. 226, 229). Soweit neben der Aussetzung der Vollziehung auch die Aufhebung der Vollziehung, vgl. § 69 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz i. V. m. Abs. 3 Satz 7 FGO, begehrt wird, kann wegen der nachfolgend dargelegten Unbegründetheit des Antrags offen bleiben, ob in Bezug auf eine verbindliche Zolltarifauskunft sich die aufzuhebende Vollziehung auf die - insoweit nicht mehr rückgängig zu machende - Vorlage der verbindlichen Zolltarifauskunft bei etwaig bereits stattgefundenen Einfuhrvorgängen beschränkt und die Aufhebung der Vollziehung insoweit ohne Bedeutung bleibt oder weitergehende Auswirkungen dahin gehend hat, dass die auf der Grundlage der vorgelegten verbindlichen Zolltarifauskunft erfolgte Berechnung und Festsetzung von Einfuhrabgaben unter Berücksichtigung einschlägiger Anfechtungs- bzw. Erstattungsantragsfristen zu suspendieren ist.

4

Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen sind gegeben, insbesondere ist die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO erfüllt, weil der Antragsgegner mit Bescheid vom 15.08.2017 die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat.

1.2

5

Der Antrag ist jedoch unbegründet.

6

Die materiellen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung ergeben sich auch im finanzgerichtlichen Verfahren aus Art. 45 UZK. Nach dessen Abs. 2 setzen die Zollbehörden die Vollziehung einer Entscheidung, gegen die ein Rechtsbehelf eingelegt ist, ganz oder teilweise aus, wenn sie begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung haben oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Zwar benennt die Vorschrift als Adressaten lediglich die Zollbehörden, sie ist aber auch von den Gerichten auf dem Gebiet des Zollrechts als materieller Entscheidungsmaßstab anzuwenden. Aufgrund der Verweisung in § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 FGO auf § 69 Abs. 2 Satz 2 ff. FGO beschränken sich die gerichtlichen Befugnisse auf dasjenige, was die Zollbehörden selbst anordnen können. Werden die Befugnisse der Zollbehörden nach §§ 361 Abs. 2 AO, 69 Abs. 2 FGO durch unionsrechtliche Regelungen überlagert, muss dies auch für das gerichtliche Verfahren gelten (st. Rspr. des BFH zu Art. 244 ZK: Urteil vom 19.04.2011, VII B 234/10, BFH/NV 2011, 1202; zu Art. 45 UZK vgl. Schoenfeld, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, 8. EL Sept. 2016, Art. 45 UZK Rn. 34).

7

Da sich die Begriffe der begründeten Zweifel im Sinne von Art. 244 Abs. 2 ZK bzw. 45 Abs. 2 UZK und der ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 S. 2 FGO im Wesentlichen decken (Schoenfeld, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, a. a. O., Art. 45 UZK Rn. 18), liegen begründete Zweifel vor, wenn bei summarischer Prüfung der angefochtenen Bescheide neben für ihre Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (st. Rspr. des BFH, Beschluss vom 26.08.2004, V B 243/03, in: juris, Rn. 14 unter Bezugnahme auf Beschluss vom 10.02.1967, III B 9/66, BFHE 87, 447). Die Aussetzung der Vollziehung setzt dabei nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH, Beschluss vom 26.04.2004, VI B 43/04, in: juris, Rn. 11; Beschluss vom 20.05.1997, VIII B 108/96, in: juris, Rn. 41). Sie kann auch dann zu gewähren sein, wenn die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide später im Hauptverfahren bestätigt werden sollte (vgl. BFH, Beschluss vom 23.08.2004, IV S 7/04, in: juris, Rn. 21). Die Umstände, die die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen, hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO; Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 123. EL Mai 2010, § 69 FGO Rn. 94, 123).

8

Keine der in Art. 45 Abs. 2 UZK aufgeführten Alternativen ist im Streitfall gegeben:

a)

9

Nach dem Prüfungsmaßstab dieses vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vermag der Senat nicht festzustellen, dass begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der verbindlichen Zolltarifauskünfte DE ...-1 vom 11.05.2016, DE ...-2 vom 11.05.2016 und DE ...-3 vom 11.05.2016, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.07.2017, im Sinne von Art. 45 Abs. 2, 1. Alt. UZK vorliegen. Die von dem Antragsgegner vorgenommene Einreihung der streitgegenständlichen Waren - das sind: verschiedene Panels für Röntgengeräte mit CMOS-Bildsensor mit Szintillator und Bildsignalelektronik zum Erzeugen eines Rohdatenbildes durch Umwandeln von Röntgenstrahlen in Lichtimpulse (vertrieben unter den Bezeichnungen "XX ..., ... bzw. ...", "YY" und "ZZ"), sog. Röntgenflachdetektoren - jeweils in die Warennummer 8525 8019 90 (Fernsehkamera mit CMOS-Bildsensor, nicht von den TARIC-Codes 8525 8019 20 bis 8512 8019 65 erfasst) dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein.

10

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union sowie des Bundesfinanzhofes (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 20.06.1996, Rs. C-121/95, EuGHE 1996, I-3047 Rn. 13; BFH, Urteile vom 18.12.2001, VII R 78/00, vom 09.10.2001, VII R 69/00, vom 14.11.2000, VII R 83/99, vom 05.10.1999, VII R 42/98, und vom 23.07.1998, VII R 36/97, jeweils in: juris) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind (vgl. die Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur, AV). Soweit in den Positionen und Anmerkungen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 2 bis 5 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur. Daneben gibt es nach dem Übereinkommen zum Harmonisierten System (HS) Erläuterungen und Einreihungsavise, die ebenso wie die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, die von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden, ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH, Urteile vom 09.12.1997, Rs. C-143/96, EuGHE 1997, I-7039 Rn. 14, und vom 19.05.1994, Rs. C-11/93, EuGHE 1994, I-1945 Rn. 11 und 12; zu den für die Erläuterungen allein verbindlichen Vertragssprachen Englisch und Französisch siehe Bender, ZfZ 2016, 30, 31). Daneben werden "Nationale Entscheidungen und Hinweise" (NEH) zur Kombinierten Nomenklatur und zum Harmonisierten System veröffentlicht, die jedoch lediglich Verwaltungsanweisungen sind, die den deutschen Zollstellen bei Schwierigkeiten mit der Einordnung von Waren eine Tarifierungshilfe geben sollen und nur unverbindlichen Charakter haben (BFH, Urteil vom 09.05.2000, VII R 14/99, in: juris). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf nur dann abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen dazu ausdrücklich auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (vgl. BFH, Urteile vom 14.11.2000, VII R 83/99, und vom 05.10.1999, VII R 42/98, jeweils in: juris; Beschluss vom 24.10.2002, VII B 17/02, in: juris).

11

Die objektiven Merkmale und Eigenschaften der streitgegenständlichen Waren sprechen dem Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und der Anmerkungen zu Kapitel 90 folgend sowie unter Berücksichtigung der Erläuterungen zu Positionen 9022 HS und 8525 HS, die zur Auslegung der in den Positionen 9022 und 8525 und den dazugehörigen Unterpositionen verwendeten Begriffe heranzuziehen sind, nicht für eine Einreihung der Waren in die vom Antragsteller angesprochene Position 9022 (u. a. Röntgenapparate und -geräte) - und innerhalb dieser Position nach Auffassung des Antragstellers vorrangig in die Unterposition 9022 12 (Röntgenapparate und -geräte, auch für medizinische, chirurgische, zahnärztliche oder tierärztliche Zwecke, einschließlich Apparate und Geräte für Schirmbildfotographie und Strahlentherapie), dort wiederum in die Unterposition 9022 1200 000, hilfsweise Unterposition 9022 1300 000, weiter hilfsweise Unterposition 9022 1400 000, weiter hilfsweise Unterposition 9022 1900 000, bzw. hilfsweise in die Unterposition 9022 90 (andere, einschließlich Teile und Zubehör), dort wiederum in die Unterposition 9022 9020 000 (Teile und Zubehör für Röntgenapparate und -geräte) -, sondern für die Einreihung der Waren in die von dem Antragsgegner angesprochene Position 8525 (u. a. Fernsehkameras), Unterposition 8525 8019 900 (Fernsehkameras, andere als von der Unterposition 8525 8011 000 oder den TARIC-Positionen 8525 8019 200 bis 8525 8019 700 erfasst).

12

Die streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren stellen sich nicht als Röntgenapparate und -geräte im Sinne der Unterposition 9022 12, Unterpositionen 9022 1200 00 bis 1900 00, mit einem Drittlandszollsatz von jeweils 0 % dar. Was unter einem Röntgenapparat und -gerät zu verstehen ist, ist durch die Kombinierte Nomenklatur nicht näher definiert. Der Wortlaut der Position 9022 bzw. der Unterposition 9022 12 ist insoweit offen, als er den Begriff des Apparats bzw. Geräts beinhaltet und dieser zwar vorgibt, dass es sich um einen Gegenstand handeln muss, der bestimmte Funktionen auszuführen in der Lage ist, jedoch nicht zugleich vorgibt, ob ein Röntgenapparat bzw. -gerät bereits dann gegeben ist, wenn ein Gegenstand sinnvoll nur im Zusammenhang mit der Erzeugung und dem Einsatz von Röntgenstrahlung zur Anwendung kommen kann und derartige Funktionen unterstützt, ohne jedoch selbst sämtliche Bestandteile zu beinhalten, die erforderlich sind, um Röntgenstrahlen zu erzeugen und einzusetzen, oder sich ein Röntgenapparat bzw. -gerät dadurch auszeichnet, dass der Apparat bzw. das Gerät bestimmte Bestandteile und Funktionen zwingend aufweisen muss, die ihn bzw. es als Röntgenapparat bzw. -gerät charakterisieren, insbesondere auch eine Vorrichtung zur Erzeugung von Röntgenstrahlen. Da auch der Wortlaut der Anmerkungen zu dem das Kapitel 90 umfassenden Abschnitt XVIII und zu Kapitel 90 keine Hinweise auf die nähere Bedeutung des Begriffs Röntgenapparate und -geräte enthält, ist die Bedeutung der hier in Rede stehenden Position 9022 und der dazugehörigen Unterpositionen nach den üblichen Auslegungskriterien festzustellen. Es ist daher auf die Erläuterungen zum Harmonisierten System und die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur als maßgebliches Erkenntnismittel zurückzugreifen (vgl. auch BFH, Urteil vom 18.12.2001, VII R 78/00, in: juris). Die Erläuterungen in ihrer deutschen Übersetzung zu Position 9022 HS in EZT-online Rz. 02.0, Sätze 1 und 2, sehen vor, dass der Hauptbestandteil dieser Apparate und Geräte das Gehäuse ist, das die Röhre oder die Röhren enthält, welche die Röntgenstrahlung erzeugen, und dieses Gehäuse, das in der Regel an einer Säule oder an einer anderen Halterung mit Schwenk- und Hebevorrichtungen befestigt ist, eine Spezialvorrichtung für die Stromzufuhr besitzt, die den Strom von einer beliebigen Stromquelle abnimmt und auf die erforderliche Spannung bringt. Nach Satz 3 der genannten Erläuterung ist im Übrigen die Bauart der Röntgenapparate und -geräte je nach ihrem Verwendungszweck verschieden, wobei im Folgenden in EZT-online Rz. 03.0-11.0 nach ihrem Verwendungszweck zu unterscheidende Röntgenapparate und -geräte aufgeführt werden. Danach ergibt sich eindeutig, dass ein Röntgenapparat bzw. -gerät im Sinne der Position 9022 jedenfalls ein Gehäuse mit einer Röhre oder mehreren Röhren, welche Röntgenstrahlen erzeugen, beinhalten, mithin über eine derartige Strahlenquelle verfügen muss. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist eine Strahlenquelle als Bestandteil nicht ausschließlich bei den unter Position 9022 des Weiteren aufgeführten "Apparaten und Geräten, die Alpha-, Beta- oder Gammastrahlen verwenden" erforderlich. Derartige Apparate und Geräte erfordern zwar eine Strahlenquelle, allerdings in der besonderen Form, dass die Strahlung von einer in einem Behälter befindlichen radioaktiven Substanz ausgeht, die die Eigenschaft hat, durch Eigenumwandlung ihrer Atome Strahlen auszusenden (vgl. Erläuterung zu Position 9022 HS in EZT-online Rz. 13.0). Daneben gibt es u. a. die in den Erläuterungen zu Position 9022 HS in EZT-online Rz. 02.0 sowie Rz.22.0-23.0 beschriebene Strahlenquelle in Form der Röntgenröhre, bei der elektrische Energie in Röntgenstrahlen umgewandelt wird, und die Hauptbestandteil der Röntgenapparate und -geräte im Sinne der Position 9022, Unterposition 9022 12, ist. Der Annahme, dass Röntgenapparate und -geräte im Sinne der Position 9022 zwingend eine solche Strahlenquelle in Form einer oder mehrerer Röntgenröhren enthalten müssen, steht auch nicht die Erläuterung zu Position 9022 HS in EZT-online Rz. 05.0 entgegen. Danach gehören zu den nach ihrem Verwendungszweck zur Diagnose eigesetzten Röntgenapparaten und -geräten auch Röntgenaufnahme-Apparate und -geräte, bei denen die Strahlen beim Austritt aus dem aufgenommenen Körperteil auf eine fotografische Platte oder einen Film auftreffen und diese belichten, wobei ein derartiger Apparat auch zur Durchleuchtung und Aufnahme eingerichtet sein kann. Anders als der Antragsteller meint, ist der Formulierung "kann auch zur Durchleuchtung und Aufnahme eingerichtet sein" nicht zu entnehmen, dass auch Apparate und Geräte, die allein die Funktion haben, Röntgenstrahlen beim Austritt aus dem aufgenommenen Körperteil "aufzunehmen", ohne jedoch eine eigene Strahlenquelle zu haben, Röntgenapparate und -geräte im Sinne der Position 9022 sein können. Die unter der in EZT-online Rz. 05.0 beschriebenen Röntgenaufnahme-Apparate und -geräte zeichnen sich dadurch aus, dass die Röntgenstrahlen, die durch eben diese Apparate und Geräte selbst erzeugt und sodann zur Durchdringung eines lichtundurchlässigen Körpers eingesetzt werden, durch denselben Apparat bzw. dasselbe Gerät beim Austritt aus dem Körperteil auf einer fotografischen Platte oder einen Film auftreffen und diese belichten und insofern eine Röntgenaufnahme hergestellt wird. Wenn es in Satz 2 der Rz. 05.0 in EZT-online heißt, dass ein derartiger Apparat auch zur Durchleuchtung und Aufnahme eingerichtet sein kann, so bezieht sich diese Aussage auf die in der vorangehenden Rz. 04.0 in EZT-online beschriebenen Röntgendurchleuchtungsapparate und -geräte, bei denen die Röntgenstrahlen dazu verwendet werden, das innere Bild des von ihnen durchdrungenen Körperteils in Schatten auf einen geeigneten Bildschirm zu werfen, ohne jedoch eine dauerhafte Aufnahme des durchdrungenen Körperteils zu erzeugen. Die in Rz. 05.0 in EZT-online beschriebenen Röntgenaufnahme-Apparate und -geräte können daher so ausgestaltet sein, dass sie die von Röntgenstrahlen durchdrungenen Körperteile entweder nur in fotografischer oder filmischer Form aufnehmen ("zur Aufnahme eingerichtet") oder die Körperteile daneben wahlweise auch in Schatten auf einen geeigneten Bildschirm werfen ("zur Durchleuchtung eingerichtet"). Aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass "zur Durchleuchtung eingerichtet" in Satz 2 der Rz.05.0 in EZT-online nicht meint, dass nur für Apparate "zur Durchleuchtung" eine Strahlenquelle vorhanden sein muss. Schließlich wird auch in den Erläuterungen zu Position 9022 HS in Rz. 06.0 in EZT-online, die Apparate und Geräte für Schirmbildfotographien, bei denen das Bild, das auf dem Durchleuchtungsschirm entstanden ist, fotografiert wird, betreffen, deutlich, dass eine Strahlenquelle unabdingbarer Bestandteil eines Röntgenapparats bzw. -geräts ist. Denn in Satz 4 der genannten Rz. 06.0 in EZT-online ist ausdrücklich klargestellt, dass gesondert gestellte fotografische Spezialapparate in Position 9006 einzureihen sind.

13

Die Erläuterung zu Position 9022 HS in Rz. 02.0 EZT-online, wonach Hauptbestandteil von Röntgenapparaten und -geräten das Gehäuse mit der Röntgenröhre ist, steht nicht im Widerspruch zu dem Wortlaut der Position 9022 und den dort genannten Unterpositionen. Auf die vom Antragsteller insoweit angeführte stoffliche Eignung eines Gegenstands zum Einsatz im Zusammenhang mit - von einer auch anderweitigen Strahlenquelle erzeugten - Röntgenstrahlen und eine entsprechende Verwendungsbestimmung allein kann es nämlich nicht ankommen, weil sich aus der Position 9022 und den dort genannten Unterpositionen nichts dafür ergibt, dass hier der Unionsgesetzgeber eine derartige Verwendungseignung und -bestimmung als das allein maßgebende Kriterium angesehen und somit eine vom Vorhandensein einer eigenen Strahlenquelle unabhängige Definition des Röntgenapparats bzw. -geräts geschaffen hätte.

14

Ist mithin nach den Erläuterungen zu Position 9022 HS, Rz. 02.0 EZT-online, für einen Röntgenapparat bzw. -gerät zwingend ein Gehäuse, das die Röhre oder die Röhren enthält, welche die Röntgenstrahlung erzeugen, erforderlich, so sind die streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren keine Röntgenapparate bzw. -geräte im Sinne der Position 9022, Unterposition 9022 12, da sie jeweils keine eigene Röntgenröhre als Strahlenquelle besitzen. Die streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren wandeln, je nach Modell, mittels einer Szintillatorschicht oder Cäsiumjodid Röntgenstrahlen entsprechend ihrer Intensität in Lichtsignale um, die wiederum mittels eines CMOS-Sensors in eine Spannung umgewandelt und elektronisch ausgelesen werden und sodann als Information an einen PC zur bildlichen Darstellung und Auswertung übertragen werden können. Die von den streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren umgewandelten Röntgenstrahlen werden aber nicht von den Röntgenflachdetektoren selbst erzeugt, sondern stammen von Röntgenstrahlen erzeugenden Röntgenapparaten und -geräten oder anderen Strahlenquellen, in deren Zusammenhang die Röntgenflachdetektoren jeweils eingesetzt werden.

15

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es sich bei den streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren - wenn diese, wie vorstehend aufgezeigt, nicht im Sinne des Antragstellers als eigenständiger Röntgenapparat bzw. eigenständiges Röntgengerät einzureihen sind - aufgrund ihrer Verwendungseignung und -bestimmung, insbesondere der zum Umwandeln von Röntgenstrahlen in Lichtsignale vorgesehenen Szintillatorschicht bzw. Cäsiumjodid und der zum Umwandeln der Lichtsignale in Spannung vorgesehenen CMOS-Sensoren und der Einbaubarkeit in Röntgenapparate und -geräte, die beispielsweise zu medizinischen oder industriellen Zwecken eingesetzt werden, grundsätzlich um Teile oder Zubehör für Röntgenapparate und -geräte der Unterposition 9022 12 handeln kann. Eine Zuordnung zu der von dem Antragsteller insoweit hilfsweise angesprochenen Unterposition 9022 90, Unterposition 9022 9020 000, mit einem Drittlandzollsatz von 2,1 % (Teile und Zubehör für Röntgenapparate und -geräte) ist allerdings gleichwohl nicht vorzunehmen. Denn die streitgegenständlichen Waren sind nach Anmerkung 1 h), 2 zum Kapitel 90 aus dem Kapitel 90 ausgewiesen. Nach Anmerkung 2 sind Teile und Zubehör für u. a. Apparate und Geräte des Kapitels 90 vorbehaltlich der vorstehenden Anmerkung 1 nach den unter 2 a) bis c) genannten Regeln einzureihen, nach Anmerkung 1 h) zum Kapitel 90 gehören zum Kapitel 90 u. a. nicht Fernsehkameras der Position 8528.

16

Mit dem Antragsgegner ist davon auszugehen, dass es sich bei den Röntgenflachdetektoren um Kameras im Sinne der Position 8525 handelt und diese damit von der Position 90 ausgewiesen sind.

17

Die streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren stellen sich als Fernsehkameras der Position 8525, Unterposition 8525 8019 900 mit einem Drittlandszollsatz von 3,3 % (Fernsehkameras, andere als von der Unterposition 8525 8011 000 oder den TARIC-Positionen 8525 8019 200 bis 8525 8019 700 erfasst) dar. Mangels weiterführender Hinweise zum Begriff der Fernsehkamera im Wortlaut der Position bzw. Unterpositionen und in den Anmerkungen zur Kombinierten Nomenklatur ist auch hier auf die Erläuterungen zum Harmonisierten System und die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur als maßgebliches Erkenntnismittel zurückzugreifen. In den Erläuterungen zu Position 8525 HS, Rz. 08.-11.0 in EZT-online, heißt es, dass zu der Gruppe "Fernsehkameras, digitale Fotoapparate und Videoaufnahmegeräte" solche Kameras gehören, die ein Bild aufnehmen und in ein elektronisches Signal umwandeln, das 1) als Videobild zu einem Ort außerhalb der Kamera gesendet wird, um es zu betrachten oder aufzuzeichnen (z. B. Fernsehkameras); oder das 2) in der Kamera als Einzelbild oder Bewegtbild aufgezeichnet wird (z. B. digitale Fotoapparate und Videoaufnahmegeräte). In Rz. 12.0 EZT-online, Sätze 2 und 3, der genannten Erläuterungen heißt es weiter, dass die Kameras der Position 8525 und die Kameras des Kapitels 90 optische Linsen zum Fokussieren des Bildes auf einem lichtempfindlichen Träger und Vorrichtungen zum Regeln des Lichts, das in die Kamera einfällt, enthalten, jedoch die Fotoapparate und Filmkameras des Kapitels 90 die Bilder auf einen fotografischen Film des Kapitels 37 belichten, während die Kameras dieser Position die Bilder in analoge oder digitale Daten umwandeln. In Rz. 13.0, Sätze 1 und 2, EZT-online der genannten Erläuterungen heißt es, dass die Kameras dieser Position ein Bild aufnehmen, indem sie das Bild auf ein lichtempfindliches Bauteil, wie einen Komplementären Metall-Oxid-Halbleiter (CMOS) oder eine ladungsgekoppelte Vorrichtung (charge coupled device - CCD-Sensor) fokussieren, und das lichtempfindliche Bauteil ein den Bildern entsprechendes Signal sendet, das in eine analoge oder digitale Bildaufzeichnung weiterverarbeitet wird.

18

Die streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren erfüllen diese in den Erläuterungen genannten Voraussetzungen. Sie nehmen ein Bild, nämlich die in unterschiedlicher Intensität auf einer bestimmten Fläche des Röntgenflachdetektors auftreffenden Röntgenstrahlen, auf und wandeln es in entsprechende elektronische Signale um, die zu einem Ort außerhalb des Röntgenflachdetektors gesendet werden, um es zu betrachten oder aufzuzeichnen. Dabei nehmen sie das Bild auf, indem sie - nach der Umwandlung der Röntgenstrahlen in sichtbare Lichtimpulse - das Bild auf ein lichtempfindliches Bauteil, hier einen Komplementären Metall-Oxid-Halbleiter (CMOS), fokussieren und das lichtempfindliche Bauteil ein den Bildern entsprechendes Signal sendet, das in eine digitale Bildaufzeichnung weiterverarbeitet wird. Das aufzunehmende Bild im Sinne der genannten Erläuterungen muss dabei nicht zwingend ein bereits im Ausgangszustand von einem menschlichen Auge wahrnehmbares Bild sein. Wie sich aus der Formulierung in den Erläuterungen zu Position 8525 HS, Rz. 09.0 bis 11.0 in EZT-online, ergibt, ist vielmehr entscheidend, dass das aufgenommene Bild nach der Umwandlung in ein elektronisches Signal als Videobild bzw. Einzelbild oder Bewegtbild aufgezeichnet und durch das menschliche Auge betrachtet werden kann. Dass die Erläuterungen zu Position 8525 HS in diesem Sinne zu verstehen sind, wird durch die Erläuterungen zu Position 8525 KN, Rz. 00.5 in EZT-online, Satz 1, unterstützt. In dieser Erläuterung heißt es, dass zur Position 8525 auch Wärmebildkameras mit Infrarot-Bildaufnehmern gehören, die Wärmestrahlung aufnehmen und sie in Bilder umwandeln, die die Temperaturen einzelner Flächen oder Objekte als unterschiedliche Grautöne oder Farben darstellen. Dieser Vorgang ist dem Aufnehmen von Röntgenstrahlung unterschiedlicher Intensität und deren Umwandlung in eine bildliche Darstellung, wie es die streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren tun, vergleichbar. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich ferner, dass es unerheblich ist, dass das durch das menschliche Auge zu betrachtende Bild erst außerhalb des Röntgenflachdetektors nach Weiterleitung der elektronischen Signale an einen PC betrachtet werden kann. Entscheidend ist, dass die Fernsehkamera im Sinne der Position 8525 in der Lage ist, das aufgenommene Bild in elektronische Signale umzuwandeln, die ein Aufzeichnen bzw. Betrachten des Bildes an einem Ort außerhalb der Kamera ermöglichen. Dass das betrachtbare Videobild bereits in der Kamera erzeugt und als solches an einen Ort außerhalb der Kamera weitergeleitet werden müsste, ergibt sich aus der Erläuterung hingegen nicht. Schließlich steht auch der Umstand, dass die streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren nicht über eine "optische Linse" zum Fokussieren des Bildes auf einem lichtempfindlichen Träger und Vorrichtungen zum Regeln des Lichts, das in die Kamera einfällt, verfügen, der Einreihung als Fernsehkamera im Sinne der Position 8525 nicht entgegen. Die entsprechende Formulierung in den Erläuterungen zu Position 8525 HS, Rz. 12.0 in EZT-online, Satz 2, ist in Zusammenhang mit dem Folgesatz 3 zu lesen. Es wird dort zunächst beschrieben, welche Charakteristika typischerweise die Kameras sowohl der Position 8525 als auch des Kapitels 90 aufweisen (optische Linse, Vorrichtungen zum Regeln des Lichts), während sodann im Satz 3 die Besonderheiten der Kameras der Position 8525 (Umwandlung der Bilder in analoge oder digitale Dateien) in Abgrenzung zu denen des Kapitels 90 (Belichtung der Bilder auf einen fotografischen Film des Kapitels 37) herausgestellt werden. Ein darüber hinaus gehender Aussagegehalt dahin gehend, dass nur Kameras mit einer optischen Linse und Vorrichtungen zum Regeln des Lichts Kameras im Sinne der Position 8525 sein können, kommt der genannten Erläuterung nicht zu. Vielmehr kommt es darauf an, dass das in eine analoge oder digitale Datei umzuwandelnde Bild in Form der Lichtimpulse in geeigneter Weise auf den lichtempfindlichen Träger auftreffen kann und insoweit "fokussiert" wird. Dies ist bei den streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren gewährleistet, da durch die Anordnung der entsprechenden Bauteile die maßgeblichen Lichtimpulse auf den CMOS-Sensor gelenkt werden.

19

Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich bei den Fernsehkameras im Sinne der Position 8525 nicht ausschließlich um solche, die im oder für "das Fernsehen", so wie es im allgemeinen Sprachgebrauch verstanden wird, verwendet werden. Dies ergibt sich aus den Erläuterungen zu Position 8525 HS, Rz. 14.0 in EZT-online, in denen, nicht abschließend, Beispiele für Fernsehkameras aufgezählt und neben Fernsehkameras zur Verwendung in Fernsehstudios und zur Berichterstattung auch Kameras für industrielle oder wissenschaftliche Zwecke, in geschlossenen Fernsehsystemen zur Videoüberwachung oder Kameras für die Verkehrsüberwachung genannt werden.

20

Dass nach Anmerkung 1 m) Waren des Kapitels 90 aus dem Abschnitt XVI, der die Kapitel 84 und 85 umfasst, ausgewiesen sind, steht dem vorliegend gefundenen Einreihungsergebnis nicht entgegen, da es sich, wie aufgezeigt, bei den streitgegenständlichen Waren gerade nicht um Waren des Kapitels 90 handelt.

21

Auf die vom Antragsteller ferner angeführten Auslegungsregelungen der AV 3 Buchst. a) bis c) kommt es angesichts der nach vorstehenden Ausführungen gemäß AV 1 Satz 2 vorrangig vorzunehmenden Einreihung nach dem Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nicht an.

22

Eine dem Antragsteller günstigere Beurteilung rechtfertigt sich auch nicht aus dem Umstand, dass vom 01.01. bis zum 31.12.2016 unter dem TARIC-Code 9022 9000 100 eine autonome Zollaussetzung für den streitgegenständlichen Waren sehr ähnliche Röntgendetektoren gewährt wurde. Diese Zollaussetzung betraf "Panel für Röntgengeräte (Röntgenflachdetektor/X-Ray Sensors) bestehend aus einer Glasplatte mit einer Matrix aus Dünnfilmtransistoren, beschichtet mit einem Film aus amorphen Silizium, welcher mit einer Cäsiumjodid-Schicht (Scintillator) und einer metallisierenden Schutzschicht belegt wurde, oder beschichtet mit einem Film aus amorphem Selen". Die beschriebenen Panels unterscheiden sich von den streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren im Wesentlichen dadurch, dass letztere mit CMOS-Bildsensoren statt mit einer Matrix aus Dünnfilmtransistoren ausgestattet sind. Aus der Festlegung einer Zollaussetzung für bestimmte Waren unter Zuordnung zu einer bestimmten Tarifposition kann jedoch keine Bindungswirkung dahin gehend abgeleitet werden, dass derartige oder sehr ähnliche vergleichbare Waren stets unter der entsprechenden Tarifposition, in Bezug auf die hier in Rede stehenden Waren also als Teile/Zubehör für Röntgengeräte und nicht als Fernsehkameras, einzureihen sind. Vielmehr erschöpft sich der Aussagegehalt des genannten TARIC-Codes in der zeitlich begrenzten Gewährung einer Zollaussetzung für ganz bestimmte Teile von Röntgengeräten, unabhängig davon, ob diese Teile, für sich betrachtet, richtigerweise nicht als Teile und Zubehör für Röntgengeräte im Sinne der Unterposition 9022 90, sondern als Fernsehkameras im Sinne der Position 8525 einzureihen gewesen wären.

23

Im Übrigen stützt auch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1109/2012 der Kommission vom 23.11.2012 zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 329/3) die Auffassung, dass die streitgegenständlichen Waren als Fernsehkameras im Sinne der Position 8525 einzureihen sind. Im Anhang der genannten Durchführungsverordnung wird ein elektronisches Gerät in einem Keramikgehäuse mit 60 Anschlussstiften, bestehend aus drei Chips mit ladungsgekoppelten Halbleiterelementen (CCD-Chips), die mit einer röntgenempfindlichen aktiven Fläche etwa 220 x 6 mm linear angeordnet sind, und drei auf die Chips aufgebrachten Glasfaserplatten mit Szintillatoren, das zur Bilderzeugung in Röntgenkameras eingebaut wird, als Teil von Fernsehkameras der Unterposition 8525 8019 in den KN-Code 8529 9092 eingereiht. Damit wird deutlich, dass die streitgegenständlichen Röntgenflachdetektoren, die mit vergleichbaren Sensoren mit Faserplatte und Szintillator und darüber hinaus mit der Signalverarbeitungstechnik ausgestattet sind und zur Röntgenbildgebung dienen, ihrerseits als Fernsehkameras im Sinne der Position 8525 einzureihen sind.

b)

24

Auch eine Aussetzung der Vollziehung nach Art. 45 Abs. 2, 2. Alt. UZK kommt im Streitfall nicht in Betracht. Es bestehen nämlich nach der derzeitigen Sachlage keinerlei Anhaltspunkte, dass dem Antragsteller durch die Vollziehung der verbindlichen Zolltarifauskünfte DE ...-1 vom 11.05.2016, DE ...-2 vom 11.05.2016 und DE ...-3 vom 11.05.2016 ein unersetzbarer Schaden im Sinne der genannten Vorschrift entstehen könnte. Zwar sind verbindliche Zolltarifauskünfte nach Art. 33 Abs. 2 UZK auch für den Inhaber verbindlich mit der Folge, dass der Antragsteller die genannten verbindlichen Zolltarifauskünfte bei Einfuhrvorgängen angeben muss, was wiederum eine entsprechende Einfuhrabgabenerhebung nach einem Drittlandszollsatz von 3,3 % durch die an die verbindliche Zolltarifauskunft ebenfalls gebundenen Zollbehörden nach sich zieht. Dass jedoch, wie der Antragsteller befürchtet, eine Erstattung von etwaig zu viel erhobenen Einfuhrabgaben für den Fall, dass sich im Hauptsacheverfahren die verbindlichen Zolltarifauskünfte als rechtswidrig erweisen sollten, ausgeschlossen sein könnte, und insofern ein nicht wieder rückgängig zu machender finanzieller Schaden in Form materiell zu Unrecht erhobener Einfuhrabgaben drohen könnte, hält der beschließende Senat für ausgeschlossen. Denn für den Fall, dass sich im Hauptsacheverfahren die verbindlichen Zolltarifauskünfte als rechtswidrig erweisen sollten, wären die verbindlichen Zolltarifauskünfte nicht nur mit Wirkung für die Zukunft, sondern - unbeschadet der nur für die Zollbehörden geltenden Einschränkungen des Art. 34 UZK bei der Verwaltung von Entscheidungen über verbindliche Zolltarifauskünfte - rückwirkend ab dem Zeitpunkt ihrer Erteilung durch das Gericht aufzuheben und der Antragsgegner zur Erteilung von verbindlichen Zolltarifauskünften mit der von dem Antragsteller begehrten Einreihung gegebenenfalls auch rückwirkend ab dem Erteilungsdatum zu verpflichten. Damit wäre für noch nicht bestandskräftig abgeschlossene oder zumindest innerhalb der Erstattungsfristen liegende Einfuhrabgabenfestsetzungen eine Erstattung der gezahlten Einfuhrabgaben ohne weiteres möglich. Dass die bis zur endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen verbindlichen Zolltarifauskünfte für entsprechende Wareneinfuhren des Antragstellers anfallenden Einfuhrabgaben zu einer aktuellen Existenzgefährdung des Antragstellers führen und insofern die Vollziehung der verbindlichen Zolltarifauskünfte unabhängig von einer etwaigen späteren Erstattung zu einem unersetzbaren Schaden führen könnte, ist nicht ersichtlich und hat auch der Antragsteller weder behauptet noch näher dargelegt.

2.

25

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 135 Abs. 1 und 128 Abs. 3 i. V. m. 115 Abs. 2 FGO.