Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Aussetzung der Vollziehung zweier verbindlicher Zolltarifauskünfte.

2

Die Antragstellerin beantragte die Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte für digitale Kameras mit den Bezeichnungen X und Y mit Ursprung in China. Sie schlug eine Einreihung in die Warennummer 8525 8091 vor. Der Antragsgegner erteilte am 15.05.2012 die verbindlichen Zolltarifauskünfte DE .../...-1 und DE .../...-2, mit der die Waren als Videokameraaufnahmegeräte in die Unterposition 8525 8099 eingereiht wurden.

3

Gegen die verbindlichen Zolltarifauskünfte legte die Antragstellerin am 15.06.2012 Einspruch ein, die der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 23.09.2013 zurückwies.

4

Am 28.10.2013 erhob die Antragstellerin Klage und beantragte zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Die Rechtmäßigkeit der verbindlichen Zolltarifauskünfte sei ernsthaft zweifelhaft. Der Antragsgegner habe in Verkennung der Bedeutung des Begriffs "Aufzeichnung" zu Unrecht unterstellt, dass die Kameras die Fähigkeit zur Aufzeichnung besäßen. Die Kameras seien auch nicht geeignet, übertragene Daten zu verarbeiten. Verbindliche Zolltarifauskünfte seien vollstreckungsfähig, weil sie nach der neueren Gesetzgebung mit einer Hinweispflicht für den Antragsteller versehen seien. Daher seien sie nicht als einseitig begünstigender, sondern als den Antragsteller verpflichtender Verwaltungsakt zu verstehen.

5

Die Antragstellerin beantragt,

6

die Vollziehung der verbindlichen Zolltarifauskünfte DE .../...-1 und DE .../...-2 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.09.2013 bis einen Monat nach Bekanntgabe einer das Einspruchsverfahren abschließenden Entscheidung rückwirkend ab Fälligkeit auszusetzen.

7

Der Antragsgegner beantragt,

8

den Antrag abzulehnen.

9

Er meint, der Antrag sei unzulässig. Es fehle am erfolglosen behördlichen Aussetzungsverfahren gemäß § 69 Abs. 4 FGO. Zudem handele es sich bei einer verbindlichen Zolltarifauskunft nicht um eine vollziehbare Entscheidung. Die von der Antragstellerin angesprochene Gesetzesänderung trete erst am 01.05.2016 in Kraft (Art. 33 des Unionszollkodex). Erst ab diesem Zeitpunkt würden verbindliche Zolltarifauskünfte sowohl für den Berechtigten als auch für die Zollbehörden verbindlich.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

11

Der Antrag ist unzulässig.

12

Die von der Antragstellerin beantragte Aussetzung der Vollziehung setzt einen vollziehbaren Verwaltungsakt voraus. Eine verbindliche Zolltarifauskunft gem. Art. 12 Zollkodex stellt indes keinen vollziehbaren Verwaltungsakt dar. Es handelt sich bei einer verbindlichen Zolltarifauskunft um einen begünstigenden, feststellenden Verwaltungsakt. Die begünstigende Wirkung ergibt sich daraus, dass sie die Zollbehörden aller Mitgliedstaaten der Union, nicht jedoch den Berechtigten selbst, hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung einer Ware bindet (BFH, Urteil vom 11.03.2004, VII R 20/01; Alexander in Witte, Art. 8 Zollkodex Rn. 3; a. A. wohl Lux in Dorsch, Art 12 Zollkodex Rn. 88). Vom begünstigenden Charakter einer verbindlichen Zolltarifauskunft ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 11.03.2004, VII R 20/01), der der Senat folgt (FG Hamburg, Urteil vom 14.02.2013, 4 K 82/12, Beschluss vom 25.03.2013, 4 V 4/13), auszugehen. Eine verbindliche Zolltarifauskunft setzt auch nicht etwa Abgaben fest. Ihr Regelungsgehalt geht über die Festlegung einer bestimmten Warenummer nicht hinaus. Insbesondere wird mit einer verbindlichen Zolltarifauskunft kein bestimmter Zollsatz als Voraussetzung für die Abgabenberechnung festgeschrieben, vielmehr richtet sich die Höhe des Zolls nach dem zum jeweiligen Einfuhrzeitpunkt gültigen Zollsatz, der während der Gültigkeitsdauer der verbindlichen Zolltarifauskunft (Art. 12 Abs. 4 S. 1 Zollkodex) erheblich variieren kann. Im Übrigen kann der Berechtigte der Wirkung der verbindlichen Zolltarifauskunft jedenfalls nach heutiger Rechtslage unproblematisch entgehen, indem er von ihr schlicht keinen Gebrauch macht (FG Hamburg, Urteil vom 14.02.2013, 4 K 82/12). Insofern entfaltet sie keine Rechtsfolgen, die vollzogen werden könnten.

13

Zudem fehlt es an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 FGO, wonach der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch das Finanzgericht nur zulässig ist, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Ohne vorangegangenes Verwaltungsverfahren ist der Antrag nur zulässig, wenn die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder eine Vollstreckung droht. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Beschwerde war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen (§ 128 Abs. 3 FGO) nicht gegeben sind.

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 69


(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 128


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Finanzgericht Hamburg Beschluss, 21. Dez. 2017 - 4 V 143/17

bei uns veröffentlicht am 21.12.2017

Gründe 1 Der Antrag gemäß § 69 FGO i. V. m. Art. 45 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.10.2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269/1, berichtigt durch ABl. 2016 L 267/2 - Unionszollkodex

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an den Bundesfinanzhof zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über die Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse nach §§ 91a und 93a, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen, Sachverständigen und Dolmetschern, Einstellungsbeschlüsse nach Klagerücknahme sowie Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 und 5 und über einstweilige Anordnungen nach § 114 Abs. 1 steht den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 entsprechend.

(4) In Streitigkeiten über Kosten ist die Beschwerde nicht gegeben. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.