Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 30. Juni 2010 - 2 K 1440/07
Gericht
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Klägerin eine Vergütung für Mineralölsteuer infolge Zahlungsausfalls zusteht.
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Die Klägerin hatte die … GmbH & Co. KG (KG), die ein Bauunternehmen betrieb, seit Mitte des Jahres 2003 mit Dieselkraftstoff beliefert. Die Klägerin hatte sich in ihren Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen einen Eigentumsvorbehalt bis zur endgültigen Bezahlung der jeweils gelieferten Ware vorbehalten. Ein Rahmenvertrag über die Belieferung mit Dieseltreibstoff oder eine sonstige ausdrückliche Vereinbarung über die Geltung der Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen der Klägerin bestand zwischen der Klägerin und der KG nicht. Die Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen der Klägerin waren jeweils auf der Rückseite der Rechnungen der Klägerin abgedruckt, ohne dass auf der Vorderseite der Rechnungen ein entsprechender Hinweis (auf die umseitigen Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen) angebracht war. Des Weiteren waren auf den Rückseiten der von der Klägerin verwendeten Lieferscheine Allgemeine Lieferbedingungen abgedruckt; diese sahen unter anderem einen Eigentumsvorbehalt des Verkäufers bis zur vollständigen Bezahlung der gelieferten Ware vor. Auf der Vorderseite der Lieferscheine, auf welcher der Kunde jeweils den Erhalt der Ware zu quittieren hatte, war ebenfalls kein Hinweis auf die umseitigen Allgemeinen Lieferbedingungen angebracht. Im Übrigen war es so, dass – jedenfalls soweit es für den im vorliegenden Fall von Bedeutung ist - die Lieferscheine an der jeweiligen Baustelle der KG jeweils von einem bei der KG beschäftigten Baggerfahrer unterschrieben worden waren.
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In der Zeit vom 7. Mai bis zum 6. Juli 2004 belieferte die Klägerin die KG insgesamt 7 Mal (Liefermenge insgesamt 32.391 Liter), ohne Bezahlung für diese 7 Lieferungen zu erlangen. Nachdem am 20. Juli 2004 ein vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen der KG bestellt worden war, erfolgte am 1. Oktober 2004 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Schreiben vom 12. Juli 2005 beantragte die Klägerin beim Beklagten (HZA) die Vergütung der in den oben genannten unbezahlt gebliebenen Lieferungen an die KG rechnerisch enthaltenen Mineralölsteuer (15.236,- €). Das HZA lehnte dies mit der Begründung ab, dass ein wirksamer Eigentumsvorbehalt bezüglich des gelieferten Dieseltreibstoffs zwischen der Klägerin und der KG nicht vereinbart gewesen sei und dass deswegen jedenfalls eine der für eine Mineralölsteuervergütung erforderlichen Voraussetzungen fehle.
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Zur Begründung der dagegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, der Abdruck der Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen auf der Rückseite der Rechnungsformulare sei als branchenüblich anzusehen. Eines zusätzlichen Hinweises auf der Vorderseite der Rechnungen auf die umseitig abgedruckten Bedingungen bedürfe es nicht. Vielmehr seien die Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen auch ohne den Hinweis auf der Vorderseite der Rechnungen in branchenüblicher Weise Vertragsinhalt geworden. Im Übrigen sei der Eigentumsvorbehalt jeweils zusätzlich auf den von der Klägerin verwendeten Lieferscheinen abgedruckt gewesen; diese Lieferscheine seien jeweils von Mitarbeitern der KG unterzeichnet worden; damit sei der Eigentumsvorbehalt von der KG akzeptiert worden.
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Die Klägerin beantragt, den ablehnenden Bescheid des Hauptzollamts Magdeburg vom 20. März 2006 und die Einspruchsentscheidung vom 25. September 2007 aufzuheben und das Hauptzollamt zu verpflichten, 15.236,73 € Mineralölsteuer zu vergüten.
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Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Das HZA steht auf dem Standpunkt, dass der Eigentumsvorbehalt vorliegend nicht Vertragsbestandteil der Lieferverträge zwischen der Klägerin und der KG geworden sei. Zum einen fehle bei den Rechnungen der Hinweis auf die jeweils umseitig abgedruckten Geschäftsbedingungen. Im Übrigen seien die Unterschriften der Baggerfahrer auf den Lieferscheinen für die Frage der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts irrelevant, da die Baggerfahrer zu einer entsprechenden rechtsgeschäftlichen Vertretung der KG offenkundig nicht befugt gewesen seien.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Zu Recht hat das HZA der Klägerin die Vergütung von Mineralölsteuer verweigert. Im Einzelnen:
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Die von der Klägerin begehrte Vergütung für Mineralölsteuer wegen Zahlungsausfalls setzt nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (MinöStV) unter anderem voraus, dass der Zahlungsausfall trotz vereinbarten Eigentumsvorbehalts nicht zu vermeiden war. Zumindest diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Denn der in den Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen bzw. den Allgemeinen Lieferbedingungen der Klägerin enthaltene Eigentumsvorbehalt ist nach Auffassung des Senats nicht Bestandteil der den hier in Rede stehenden Lieferungen an die KG zugrundeliegenden Verträge geworden.
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Die ausdrückliche Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bei Abschluss der jeweiligen Lieferverträge zwischen der Klägerin und der KG ist weder vorgetragen noch ansonsten aus den Akten ersichtlich.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ist aber der Eigentumsvorbehalt auch nicht dadurch Bestandteil der Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin und der KG geworden, dass die Lieferbedingungen auf der Rückseite der Rechnungsformulare bzw. auf der Rückseite der Lieferscheine abgedruckt waren. Denn gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) werden Allgemeine Geschäftsbedingungen – vorliegend also der in den Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen der Klägerin enthaltene Eigentumsvorbehalt – nur dann Vertragsbestandteil, wenn die Vertragspartei, die die Bedingungen verwendet, ausdrücklich darauf hinweist, dass sie Verträge nur unter Verwendung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen abschließen wolle. An einem derartigen ausdrücklichen Hinweis fehlt es bezüglich der auf der Rückseite der Rechnungen abgedruckten Allgemeinen Liefer- und Zahlungsbedingungen. Nach Auffassung des Senats lässt der bloße Abdruck der Bedingungen auf der Rückseite der Rechnungen – ohne entsprechenden Hinweis auf der Vorderseite der Rechnungen - nicht unmissverständlich klar erkennen, dass die Klägerin Lieferverträge nur zu ihren Allgemeinen Liefer – und Zahlungsbedingungen abschließen wollte (vgl. auch Palandt/Grüneberg, 69. Auflage, Rz. 29 zu § 305 BGB mit weiteren Nachweisen).
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Auch der Abdruck des Eigentumsvorbehalts auf der Rückseite der jeweiligen Lieferscheine führt nicht zur Begründung eines wirksamen Eigentumsvorbehalts für die hier in Rede stehenden 7 Lieferungen. Denn abgesehen davon, dass - bei dem lediglich auf der Vorderseite vom Warenempfänger zu quittierenden Empfang der Ware – ein Hinweis auf die rückseitig abgedruckten Allgemeinen Lieferbedingungen fehlt, dürften die den Empfang der Ware jeweils quittierenden Baggerfahrer offenkundig nicht dazu befugt gewesen sein, wirksam für die KG in die Geltung eines Eigentumsvorbehalts bezüglich der jeweils gelieferten Ware einzuwilligen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Annotations
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
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die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.