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Die Klage ist teilweise begründet. Die streitigen Zahlungen stellen keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar, sondern sind i. H. v. 640.- DM (1994), 765.- DM (1995), 820.- DM (1996) und 820.- DM (1997) den Einkünften des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
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Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Ein Vorteil wird dann „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Hieran fehlt es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Vorteile aufgrund einer anderen, neben dem Dienstverhältnis gesondert bestehenden Rechtsbeziehung - etwa aufgrund eines Mietverhältnisses - zuwendet.
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Leistet der Arbeitgeber Zahlungen für ein im Haus oder in der Wohnung des Arbeitnehmers gelegenes Büro, das der Arbeitnehmer für die Erbringung seiner Arbeitsleistung nutzt, so ist die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn und Einkünften aus z. B. Vermietung und Verpachtung danach vorzunehmen, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung des Büros erfolgt. Dient sie in erster Linie den Interessen des Arbeitnehmers, weil er im Betrieb des Arbeitgebers über einen weiteren Arbeitsplatz verfügt und die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers vom Arbeitgeber lediglich gestattet oder geduldet wird, so sind die Zahlungen als Arbeitslohn zu erfassen. Wird der betreffende Raum jedoch vor allem im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers genutzt und geht dieses Interesse - objektiv nachvollziehbar - über die Entlohnung des Arbeitnehmers und über die Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung hinaus, so ist anzunehmen, dass die betreffenden Zahlungen auf einer neben dem Dienstverhältnis gesondert bestehenden Rechtsbeziehung beruhen (BFH-Urteil vom 9. Juni 2005 IX R 4/05, BFH/NV 2005, 2180 m. w. N.). Anhaltspunkte hierfür können sich beispielsweise daraus ergeben, dass der Arbeitgeber entsprechende Rechtsbeziehungen zu gleichen Bedingungen auch mit fremden Dritten, die nicht in einem Dienstverhältnis zu ihm stehen, eingegangen ist. Hierbei handelt es sich aber lediglich um ein Indiz, und nicht um eine zwingende Voraussetzung.
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Haben die Beteiligten eine ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung über die Bedingungen der Nutzung des überlassenen Raumes getroffen, so kann dies ebenfalls ein Indiz für ein besonderes, über das Dienstverhältnis hinausgehendes betriebliches Interesse sein. Allerdings schließt eine solche Vereinbarung einerseits nicht aus, dass die Zahlungen gleichwohl als Arbeitslohn zu erfassen sind, falls ein entsprechendes betriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht nachgewiesen werden kann. Andererseits ist eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung keine zwingende Voraussetzung für die Annahme einer eigenständigen Rechtsbeziehung; denn ein steuerlich anzuerkennendes Nutzungsverhältnis kann auch mündlich oder konkludent begründet werden. Der Nachweis eines entsprechenden betrieblichen Interesses an der Nutzung des betreffenden Raumes obliegt dem Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 16. September 2004 VI R 25/02, BFH/NV 2005, 279).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die an den Kläger für den Arbeitsraum geleisteten Zahlungen im Streitfall kein Arbeitslohn, da die Nutzung des betrieblichen Raumes vorrangig den Interessen des Arbeitgebers diente. Der Arbeitgeber des Klägers hat ausdrücklich bestätigt, dass der betreffende Raum - auch in Ermangelung eines Arbeitsplatzes am Sitz des Arbeitgebers in ... - vor allem im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers genutzt wird. Es ist für das Gericht auch objektiv nachvollziehbar, dass dieses Interesse über die Entlohnung des Arbeitnehmers und über die Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung - Abnahme und Auswertung von Milchproben bei einzelnen Landwirtschaftsbetrieben - hinausgeht. Hierfür spricht u. a. der Umstand, dass der Arbeitgeber entsprechende Rechtsbeziehungen auch mit fremden Dritten, die nicht in einem Dienstverhältnis zu ihm stehen, eingegangen ist. So hat der Prüfer des Beklagten ausdrücklich festgestellt, dass von insgesamt ca. 160 Leistungsprüfern die Auswertung der Milchproben durch ca. 60 Arbeitnehmer in von fremden Dritten angemieteten Räumen stattfindet.
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Diesen vorstehend genannten Gesichtspunkten ist der Beklagte auch nicht substantiiert entgegengetreten. Der Beklagten hat sich im Wesentlichen darauf beschränkt, angesichts der Betriebsvereinbarung die Existenz eines - mündlich abgeschlossenen - Mietvertrags in Abrede zu stellen. Hierbei lässt er unberücksichtigt, dass die in den Streitjahren bestehende Betriebsvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber des Klägers und dem Betriebsrat lediglich einen betragsmäßigen Rahmen für den Fall geschaffen hat, dass ein Mitarbeiter im eigenen Haus dem Arbeitgeber einen Büroraum zur Verfügung stellt. Letzteres findet aber in aller Regel - und so auch im Streitfall - aufgrund eines Nutzungsüberlassungsvertrages statt, der sowohl schriftlich als auch mündlich abgeschlossen werden kann und dann neben die Betriebsvereinbarung tritt. Die steuerliche Zuordnung der jeweiligen Einnahmen richtet sich weder nach der äußeren Form noch nach der Bezeichnung des von den Beteiligten geschlossenen Vertrages, sondern nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt. Eine Zahlung, die sich ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach als Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzung des überlassenen Gegenstands darstellt, ist daher z. B. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Gehören die betreffenden Einkünfte allerdings (auch) zu einer anderen Einkunftsart, so sind sie gem. § 21 Abs. 3 EStG dieser zuzurechnen (Subsidiaritätsklausel; vgl. BFH-Urteil vom 16. September 2004 VI R 25/02 a. a. O.).
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Wesentlich für das Bestehen eines solchen Mietvertrages ist grundsätzlich nur, dass die Vertragsparteien die Hauptpflichten des Vertrages, wie das Überlassen einer bestimmten Mietsache zur Nutzung und die Höhe der zu entrichtenden Miete vereinbart und entsprechend durchgeführt haben. Dies ist nach den im Wesentlichen unbestritten gebliebenen Darlegungen des Arbeitgebers des Klägers für das Gericht aber nicht zweifelhaft. Hiernach hat der Arbeitgeber des Klägers und spätere Mieter das Arbeitzimmer/Büroraum vor Vertragsabschluss besichtigt und sich mit seinem Arbeitnehmer, dem Kläger, dahingehend geeinigt, dass das Nutzungsentgelt entsprechend der betrieblichen Vereinbarung gezahlt wird.
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Das Gericht sieht auch keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieser Erklärungen zu zweifeln, zumal es im ureigensten Interesse (auch) des Arbeitgebers liegen dürfte, sich vor der Anmietung im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit des Raumes Klarheit zu verschaffen und über die Mietsache und die Miethöhe Einigkeit zu erzielen. Auch wenn der Kläger angesichts der Betriebsvereinbarung, an die der Arbeitgeber gebunden ist, keinen Verhandlungsspielraum bezüglich der Miethöhe besitzt, besteht selbstverständlich uneingeschränkte Vertragsfreiheit insofern, als er den Abschluss eines Mietvertrages ablehnen kann. Ein Mietvertrag kommt daher auch dann zustande, wenn die Vertragsparteien einen Mietpreis vereinbaren, der - wie hier - bereits aus anderen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen vorgegeben ist.
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Dass keine weiteren Regelungen getroffen worden sind, die normalerweise Inhalt eines Mietvertrages - z. B. über Wohnräume - sind, führt ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Die bereits erwähnten Besonderheiten des Streitfalles lassen es als unschädlich erscheinen, dass weder ausdrücklich über ein spezifiziertes Zugangsrecht gesprochen worden ist, zumal zwischen den Mietvertragsparteien unstreitig Einigkeit über eine grundsätzliche Zugangsberechtigung bestanden hat, noch die Höhe der monatlichen Zahlungen von der exakten Raumgröße abhängig gemacht worden ist.
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Schließlich vermag an der Rechtsqualität des Nutzungsüberlassungsvertrags als Mietvertrag auch der Umstand nichts zu ändern, dass das Mietverhältnis mit dem Arbeitsverhältnis untrennbar verbunden ist. Es versteht sich von selbst, dass bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Kläger bzw. Arbeitnehmer auch den vom Arbeitgeber angemieteten Arbeitsplatz nicht mehr benötigt, an dem er die den Inhalt seines bisherigen Arbeitsverhältnisses bildenden Aufgaben erledigen müsste.
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Der Beklagte hat allerdings - von den Klägern unbestritten - darauf hingewiesen, dass der Büroraum landwirtschaftliches Betriebsvermögen des Klägers darstellt und es sich bei den Einnahmen somit um Sondergewinne nach § 13 a Abs. 3 Nr. 5 i. V. m. Abs. 8 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung handelt. Dies hat zur Folge, dass keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gegeben, vielmehr die jeweiligen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft entsprechend zu erhöhen sind. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Kläger - zusätzlich zu den Mieteinnahmen - jährliche Pauschalvergütungen für Stromkosten i. H. v. 240.- DM erhalten hat, die zu einer entsprechenden Reduzierung der von den Klägern im Klageschriftsatz vom 26. Februar 2001 vorgenommenen Kostenansätze für Strom/Heizung i. H. v. jeweils 360.- DM auf 120.- DM führen müssen. Die übrigen Kostenansätze blieben unbeanstandet und werden daher auch vom Gericht übernommen.
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Hieraus ergeben sich zusätzliche Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. H. v. 640.- DM (1994), 765.- DM (1995), 820.- DM (1996) und 820.- DM (1997) und Mindereinkünfte bei nichtselbständiger Arbeit i. H. v. 900.- DM (1994), 1.205.- DM (1995), 1.080.- DM (1996) und 1.080.- DM (1997).
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Die Einkommensteuerschulden verringern sich somit von 3.330.- DM auf 3.284.- DM (1994), von 3.330.- DM auf 3.240.- DM (1995), von 3.896.- DM auf 3.808.- DM (1996) und von 4.604.- DM auf 4.544.- DM (1997).
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Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend genannten Zulassungsgründe vorliegt.
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