Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 05. Mai 2011 - 2 BvR 722/11
Gericht
Gründe
- 1
-
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 96, 245 <248>).
- 2
-
1. Nachdem die Justizvollzugsanstalt im Verfahren vor dem Landgericht auf die zwischenzeitliche Änderung der Aufschlusszeiten hingewiesen und der Beschwerdeführer daraufhin mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2010 nur noch darauf bestanden hatte, es müsse geklärt werden, warum unter Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes zwischen arbeitenden und nichtarbeitenden Strafgefangenen unterschieden werde, konnte das Landgericht ohne Verstoß gegen die Pflicht, Anträge unter Berücksichtigung des erkennbaren Rechtsschutzziels auszulegen (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; BVerfGK 7, 403 <408>), davon ausgehen, dass der Antrag des Beschwerdeführers nur noch hierauf gerichtet war.
- 3
-
Indem das Landgericht den verbleibenden Antrag ohne nähere Begründung als unzulässig verworfen hat, weil es insoweit an einer regelnden Maßnahme im Sinne des § 109 Abs. 1 StVollzG fehle, hat es allerdings nicht erwogen, ob die Regelung der Ein- und Aufschlusszeiten durch die Tagesablaufpläne, die der Beschwerdeführer als gleichheitswidrig beanstandete, eine Allgemeinverfügung darstellt und als solche für den Beschwerdeführer, soweit ihn betreffend, gemäß § 109 Abs. 1 StVollzG angreifbar ist (so für die Regelung der Aufschlusszeiten OLG Celle, Beschluss vom 17. März 2006 - 1 Ws 42/06 (StrVollz) -, NStZ 2006, S. 582 f. <582>; KG, Beschluss vom 22. Januar 1996 - 5 Ws 424/95 Vollz -, ZfStrVo 1998, S. 310 <311>; für die Regelung der Arbeitszeit KG, Beschluss vom 30. November 1988 - 5 Vollz (Ws) 284/88 u.a. -, NStZ 1989, S. 445 ff.; allgemein zu den Voraussetzungen, unter denen Hausordnungs- oder Hausverfügungsregelungen als regelnde Maßnahmen im Sinne des § 109 Abs. 1 StVollzG angreifbar sind, OLG Celle, Beschluss vom 10. Oktober 1989 - 1 Ws 295/89 StrVollz -, NStZ 1990, S. 426 <427 f.>; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15. März 2001 - 3 Ws 1308/00 StVollz -, NStZ 2001, S. 669 <669 f.>).
- 4
-
Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung der angegriffenen landgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis eine ihm günstigere Entscheidung erreichen könnte. Denn aus seinem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, dass die beanstandete Ungleichbehandlung überhaupt gegeben wäre. Aus den vorgelegten Tagesablaufplänen ist schon für die Zeit vor der Änderung nicht ersichtlich, dass der Freizeitaufschluss für arbeitende und nicht arbeitende Gefangene der Dauer nach unterschiedlich geregelt gewesen wäre. Dem Vorbringen der Justizvollzugsanstalt, dass eine Ungleichbehandlung insoweit nicht vorliege, ist der Beschwerdeführer schon im fachgerichtlichen Verfahren nicht substantiiert entgegengetreten.
- 5
-
Danach ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung auch hinsichtlich der Beschlüsse des Oberlandesgerichts nicht angezeigt.
- 6
-
2. Ob die Einschlusszeiten, denen der Beschwerdeführer in der Justizvollzugsanstalt B. unterliegt, mit § 17 Abs. 2 Satz 1 StVollzG - von dessen Anwendbarkeit die Justizvollzugsanstalt nicht gemäß § 201 Nr. 2 StVollzG ausgenommen ist und der nicht uneingeschränkt zur Disposition der Hausordnung (§ 161 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG) steht - vereinbar sind, war danach im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen.
- 7
-
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
- 8
-
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
moreResultsText
Annotations
(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.
(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.
Für Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt folgendes:
- 1.
Abweichend von § 10 dürfen Gefangene ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Anstaltsverhältnisse dies erfordern. - 2.
Abweichend von § 17 kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit auch eingeschränkt werden, wenn und solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern; die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit jedoch nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1988. - 3.
Abweichend von § 18 dürfen Gefangene während der Ruhezeit auch gemeinsam untergebracht werden, solange die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Personen ist nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1985 zulässig. - 4.
Abweichend von § 143 Abs. 1 und 2 sollen Justizvollzugsanstalten so gestaltet und gegliedert werden, daß eine auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist und daß die Gefangenen in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefaßt werden können. - 5.
Abweichend von § 145 kann die Belegungsfähigkeit einer Anstalt nach Maßgabe der Nummern 2 und 3 festgesetzt werden.
(1) Der Anstaltsleiter erläßt eine Hausordnung. Sie bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
(2) In die Hausordnung sind namentlich die Anordnungen aufzunehmen über
- 1.
die Besuchszeiten, Häufigkeit und Dauer der Besuche, - 2.
die Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit sowie - 3.
die Gelegenheit, Anträge und Beschwerden anzubringen, oder sich an einen Vertreter der Aufsichtsbehörde zu wenden.
(3) Ein Abdruck der Hausordnung ist in jedem Haftraum auszulegen.
(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.
(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.
(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.