Bundesverfassungsgericht Beschluss, 01. Apr. 2014 - 2 BvE 9/12

Gericht
Gründe
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A.
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Der Antragsteller zu 2. ist eine politische Partei, der Antragsteller zu 1. Ein Landesverband des Antragstellers zu 2.
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In ihrer Antragsschrift beantragen die Antragsteller,
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zu erkennen, dass kein Mitglied des Bundes für Gesamtdeutschland sowie kein Staatsbürger des Völkerrechtssubjekts Bundesrepublik Deutschland durch Verabschiedung und Ratifizierung des ESM-Vertrages von der freien Verfügbarkeit über einen Teil ihres Eigentums unwiderruflich ausgeschlossen werden darf;
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zu entscheiden, dass u.a. allein auf Grund dieser Tatsache der von Bundestag und Bundesrat beschlossene ESM-Vertrag als grundgesetzwidrig (im weitesten Sinne sogar als Hochverrat, im Sinne von §§ 93 und 94 StGB) zu werten ist - somit also nichtig ist und in dieser Form niemals in Kraft treten darf.
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Zur Begründung tragen die Antragsteller im Wesentlichen vor, mit der Verabschiedung und Ratifizierung des Vertrages vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag-ESMV) seien alle Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland von der freien Verfügbarkeit über einen Teil ihres Eigentums unwiderruflich ausgeschlossen. Die Staatsbürger seien die"Eigentümer des Völkerrechtssubjektes Bundesrepublik Deutschland". Die Abgeordneten der deutschen Parlamente seien "ihre Verwalter". Die Staatsbürger trügen durch Steuern und Abgaben zum Erhalt und zur Mehrung ihres "Eigentums" bei. Handelten die "Verwalter" nicht mehr im Sinne der "Eigentümer", sei es deren Recht, sich vor Eigentumsverlust zu schützen (vgl. Art. 20 Abs. 4 GG). Der Deutsche Bundestag habe "in verfassungswidriger Selbstermächtigung" und unter Verletzung von Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG Hoheitsrechte auf den Europäischen Stabilitätsmechanismus übertragen und damit Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Auch die Menschenwürdegarantie sei verletzt, weil die Staatsbürger von "unkontrollierbaren Gremien der Früchte ihrer Arbeit beraubt" würden. Schließlich sei das "Grund- und Menschenrecht" auf "Mitgestaltung am Staat, Volkshoheit und Demokratie" verletzt, weil eine demokratische Kontrolle des Europäischen Stabilitätsmechanismus durch das Volk "ausgeschaltet" sei.
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Nach den Regelungen desESM-Vertrages bestehe die Gefahr, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Vetoposition verliere. "Verzugszinsen in unbekannter Höhe gemäß Art. 25 ESMV anzuerkennen", berge ein hohes Risiko. Der Europäische Stabilitätsmechanismus beanspruche Hoheitsrechte eines Staates, ohne bei den Vereinten Nationen als Völkerrechtssubjekt registriert zu sein. Diese Hoheitsrechte "außer bei den am Europäischen Stabilitätsmechanismus beteiligten Staaten einzufordern, verletze deren Hoheitsrechte und komme einer Kriegserklärung gleich". Der Europäische Stabilitätsmechanismus rufe dazu auf, in die souveräne Justiz von Staaten einzugreifen und verlasse so "den bestehenden Rechtszustand freier europäischer Staaten". Bei diesen Fakten könne die Bundesrepublik Deutschland ihre Staatsbürger nicht vor dem Zugriff des Europäischen Stabilitätsmechanismus auf ihr Eigentum schützen.
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B.
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Der Antrag ist als unzulässig zu verwerfen. Bei verständiger Würdigung der Anträge und des Antragsvorbringens (vgl. BVerfGE 24, 300 <330>) erstreben die Antragsteller die Feststellung, dass das Gesetz zu dem Vertrag vom 2. Februar 2012 zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus vom 13. September 2012 verfassungswidrig sei. Für diesen Antrag sind sie jedoch nicht antragsbefugt (§ 64 BVerfGG).
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Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 24 Satz 2 BVerfGG abgesehen. Die Antragsteller sind durch den Berichterstatter mit Schreiben vom 20. Februar 2014 auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit ihres Antrags hingewiesen worden. Ihre Stellungnahme vom 6. März 2014 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage.

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Annotations
(1) Staatsgeheimnisse sind Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und vor einer fremden Macht geheimgehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden.
(2) Tatsachen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder unter Geheimhaltung gegenüber den Vertragspartnern der Bundesrepublik Deutschland gegen zwischenstaatlich vereinbarte Rüstungsbeschränkungen verstoßen, sind keine Staatsgeheimnisse.
(1) Wer ein Staatsgeheimnis
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einer fremden Macht oder einem ihrer Mittelsmänner mitteilt oder - 2.
sonst an einen Unbefugten gelangen läßt oder öffentlich bekanntmacht, um die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen,
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen. Für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die dieses Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden, gilt Artikel 79 Abs. 2 und 3.
(1a) Der Bundestag und der Bundesrat haben das Recht, wegen Verstoßes eines Gesetzgebungsakts der Europäischen Union gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Klage zu erheben. Der Bundestag ist hierzu auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder verpflichtet. Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können für die Wahrnehmung der Rechte, die dem Bundestag und dem Bundesrat in den vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union eingeräumt sind, Ausnahmen von Artikel 42 Abs. 2 Satz 1 und Artikel 52 Abs. 3 Satz 1 zugelassen werden.
(2) In Angelegenheiten der Europäischen Union wirken der Bundestag und durch den Bundesrat die Länder mit. Die Bundesregierung hat den Bundestag und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten.
(3) Die Bundesregierung gibt dem Bundestag Gelegenheit zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union. Die Bundesregierung berücksichtigt die Stellungnahmen des Bundestages bei den Verhandlungen. Das Nähere regelt ein Gesetz.
(4) Der Bundesrat ist an der Willensbildung des Bundes zu beteiligen, soweit er an einer entsprechenden innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder soweit die Länder innerstaatlich zuständig wären.
(5) Soweit in einem Bereich ausschließlicher Zuständigkeiten des Bundes Interessen der Länder berührt sind oder soweit im übrigen der Bund das Recht zur Gesetzgebung hat, berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates. Wenn im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, die Einrichtung ihrer Behörden oder ihre Verwaltungsverfahren betroffen sind, ist bei der Willensbildung des Bundes insoweit die Auffassung des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren. In Angelegenheiten, die zu Ausgabenerhöhungen oder Einnahmeminderungen für den Bund führen können, ist die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich.
(6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.
(7) Das Nähere zu den Absätzen 4 bis 6 regelt ein Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, daß er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.
(2) Im Antrag ist die Bestimmung des Grundgesetzes zu bezeichnen, gegen die durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners verstoßen wird.
(3) Der Antrag muß binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden.
(4) Soweit die Frist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes verstrichen ist, kann der Antrag noch binnen drei Monaten nach Inkrafttreten gestellt werden.
Unzulässige oder offensichtlich unbegründete Anträge können durch einstimmigen Beschluß des Gerichts verworfen werden. Der Beschluß bedarf keiner weiteren Begründung, wenn der Antragsteller vorher auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit oder Begründetheit seines Antrags hingewiesen worden ist.