Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 07. Juli 2017 - 1 BvR 805/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20170707.1bvr080517
07.07.2017

Tenor

Der Ablehnungsantrag wird als unzulässig verworfen.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Kammer entscheidet unter Mitwirkung von Vizepräsident Kirchhof und Richter des Bundesverfassungsgerichts Schluckebier; diese wie auch die übrigen Mitglieder des Ersten Senats sind nicht wegen des vom Beschwerdeführer formulierten Ablehnungsgesuchs von der Mitwirkung ausgeschlossen. Der Befangenheitsantrag ist offensichtlich unzulässig.

2

Das Vorbringen enthält lediglich Ausführungen, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 19 BVerfGG gänzlich ungeeignet sind. Das ergibt sich, soweit alle Mitglieder des Ersten Senats pauschal als befangen abgelehnt werden, schon aus diesem Umstand selbst. Auch hinsichtlich der Mitglieder des Senats, die an früheren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Erhebung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf Kapitalleistungen aus Direktversicherungen beteiligt waren, ist der Verweis auf diese Mitwirkung von vornherein ungeeignet, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. hierzu und zum Folgenden BVerfGE 133, 377 <406 Rn. 71>). § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG bestimmt insofern abschließend, dass die richterliche Vorbefassung mit einer Sache nur dann zum Ausschluss führt, wenn sie in einem früheren Rechtszug erfolgt ist und eine Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hatte. Nicht ausgeschlossen ist dagegen ein Richter, der sich bereits früher in anderen Verfahren zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage in bestimmter Weise geäußert hat. Selbst wenn er eine bestimmte Rechtsauffassung ständig vertritt, ist er in einem Verfahren nicht ausgeschlossen, das auf die Änderung dieser Rechtsauffassung abzielt.

3

Der Beschwerdeführer argumentiert weiter, die Befangenheit ergebe sich aus einer bewusst rechtswidrigen Zuordnung des hiesigen Verfahrens zum Ersten Senat. Dieses Vorbringen ist von einem offensichtlichen Fehlverständnis der Zuständigkeitsregelungen - insbesondere übersieht der Beschwerdeführer die sich aus § 14 Abs. 1 BVerfGG ergebende regelmäßige Zuständigkeit des Ersten Senats für die Bearbeitung von Verfassungsbeschwerden - und von der Idee geprägt, der Erste Senat wolle alle die Verbeitragung von Direktversicherungen betreffenden Verfahren in rechtsbeugender Weise an sich ziehen, um entsprechende Verfassungsbeschwerden auf diese Weise "loszuwerden". Auch dieses Vorbringen ist damit zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet und das Gesuch auch insofern rechtsmissbräuchlich.

4

Da das Gesuch offensichtlich unzulässig ist, bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richter. Eine Verwerfung des Gesuchs in der abschließenden Entscheidung und unter Mitwirkung der abgelehnten Richter (vgl. hierzu BVerfGE 131, 239 <252 f.>) ist ausreichend.

5

In der Sache wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung abgesehen, nachdem zur Frage der Beitragserhebung auf Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung schon verfassungsgerichtliche Rechtsprechung vorliegt (vgl. namentlich BVerfGK 13, 431 und BVerfGK 18, 4). Allerdings wird der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er mit der Auferlegung einer Gebühr nach § 34 Abs. 2 BVerfGG rechnen muss, wenn er zukünftig zur Begründung einer Verfassungsbeschwerde erneut Schreiben vorlegen sollte, die beleidigenden oder verletzenden Charakter aufweisen und jegliche Sachlichkeit vermissen lassen.

6

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93d


(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung. (2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 34


(1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei. (2) Das Bundesverfassungsgericht kann eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 18


(1) Ein Richter des Bundesverfassungsgerichts ist von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen, wenn er 1. an der Sache beteiligt oder mit einem Beteiligten verheiratet ist oder war, eine Lebenspartnerschaft führt oder führte, in gerader Linie

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 19


(1) Wird ein Richter des Bundesverfassungsgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet das Gericht unter Ausschluß des Abgelehnten; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. (2) Die Ablehnung ist zu

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 14


(1) Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts ist zuständig für Normenkontrollverfahren (§ 13 Nr. 6 und 11), in denen überwiegend die Unvereinbarkeit einer Vorschrift mit Grundrechten oder Rechten aus den Artikeln 33, 101, 103 und 104 des Grundge

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(1) Wird ein Richter des Bundesverfassungsgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet das Gericht unter Ausschluß des Abgelehnten; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(2) Die Ablehnung ist zu begründen. Der Abgelehnte hat sich dazu zu äußern. Die Ablehnung ist unbeachtlich, wenn sie nicht spätestens zu Beginn der mündlichen Verhandlung erklärt wird.

(3) Erklärt sich ein Richter, der nicht abgelehnt ist, selbst für befangen, so gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Hat das Bundesverfassungsgericht die Ablehnung oder Selbstablehnung eines Richters für begründet erklärt, wird durch Los ein Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt. Die Vorsitzenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

(1) Ein Richter des Bundesverfassungsgerichts ist von der Ausübung seines Richteramtes ausgeschlossen, wenn er

1.
an der Sache beteiligt oder mit einem Beteiligten verheiratet ist oder war, eine Lebenspartnerschaft führt oder führte, in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist oder
2.
in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist.

(2) Beteiligt ist nicht, wer auf Grund seines Familienstandes, seines Berufs, seiner Abstammung, seiner Zugehörigkeit zu einer politischen Partei oder aus einem ähnlich allgemeinen Gesichtspunkt am Ausgang des Verfahrens interessiert ist.

(3) Als Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gilt nicht

1.
die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren,
2.
die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann.

(1) Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts ist zuständig für Normenkontrollverfahren (§ 13 Nr. 6 und 11), in denen überwiegend die Unvereinbarkeit einer Vorschrift mit Grundrechten oder Rechten aus den Artikeln 33, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes geltend gemacht wird, sowie für Verfassungsbeschwerden mit Ausnahme der Verfassungsbeschwerden nach § 91 und der Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich des Wahlrechts. Das Gleiche gilt, wenn eine Landesregierung zusammen mit einem Normenkontrollantrag (§ 13 Nr. 6) nach Satz 1 einen Antrag nach § 13 Nr. 6a oder 6b stellt.

(2) Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts ist zuständig in den Fällen des § 13 Nr. 1 bis 5, 6a bis 9, 11a, 12 und 14, ferner für Normenkontrollverfahren und Verfassungsbeschwerden, die nicht dem Ersten Senat zugewiesen sind.

(3) In den Fällen des § 13 Nr. 10 und 13 bestimmt sich die Zuständigkeit der Senate nach der Regel der Absätze 1 und 2.

(4) Das Plenum des Bundesverfassungsgerichts kann mit Wirkung vom Beginn des nächsten Geschäftsjahres die Zuständigkeit der Senate abweichend von den Absätzen 1 bis 3 regeln, wenn dies infolge einer nicht nur vorübergehenden Überlastung eines Senats unabweislich geworden ist. Die Regelung gilt auch für anhängige Verfahren, bei denen noch keine mündliche Verhandlung oder Beratung der Entscheidung stattgefunden hat. Der Beschluß wird im Bundesgesetzblatt bekanntgemacht.

(5) Wenn zweifelhaft ist, welcher Senat für ein Verfahren zuständig ist, so entscheidet darüber ein Ausschuß, der aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier Richtern besteht, von denen je zwei von jedem Senat für die Dauer des Geschäftsjahres berufen werden. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.

(1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei.

(2) Das Bundesverfassungsgericht kann eine Gebühr bis zu 2.600 Euro auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungsbeschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes einen Mißbrauch darstellt oder wenn ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (§ 32) mißbräuchlich gestellt ist.

(3) Für die Einziehung der Gebühr gilt § 59 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung entsprechend.