Bundessozialgericht Beschluss, 17. Nov. 2010 - B 6 KA 45/10 B
Gericht
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2010 wird verworfen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außer-gerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
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Der Streitwert wird auf 57 476 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Die als Zahnärztin zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Klägerin wendet sich gegen Honorarkürzungsentscheidungen im Rahmen der vertragszahnärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung für die Quartale II/2003 bis IV/2005 im Gesamtumfang von 57 476,38 Euro. Die Klägerin überschritt bezogen auf den Gesamtfallwert in den streitbefangenen Quartalen den Durchschnitt der Vergleichsgruppe der hessischen Allgemeinzahnärzte um Werte zwischen 46 % und 113 %. Der Prüfungsausschuss setzte für die betroffenen Quartale der Jahre 2003 und 2005 Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise fest, sah für die vier Quartale des Jahres 2004 von einer entsprechenden Maßnahme aber ab. Gegen die Entscheidungen für die Jahre 2003 und 2005 legte die Klägerin, gegen die Entscheidung für das Jahr 2004 legten die Verbände der Krankenkassen Widerspruch ein. Der beklagte Beschwerdeausschuss wies die Widersprüche der Klägerin zurück und gab den Widersprüchen der Krankenkassenverbände für das Jahr 2004 statt, indem er auch für die vier Quartale dieses Jahres Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise festsetzte. Für die Jahre 2003 und 2004 setzte der Beklagte Honorarkürzungen beim Gesamtfallwert fest, für die Quartale des Jahres 2005 wurde die Honorarforderung der Klägerin für Einzelleistungen nach den Nr 13a, 13b und 13d des Bewertungsmaßstabs für vertragszahnärztliche Leistungen gekürzt.
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Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht die Klägerin geltend, im Rechtsstreit seien Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde.
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Wer die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung begehrt, muss in der Nichtzulassungsbeschwerde eine Rechtsfrage in einer eigenen Formulierung bezeichnen, über die im angestrebten Revisionsverfahren zu entscheiden ist, und darlegen, inwieweit diese Rechtsfrage klärungsfähig und klärungsbedürftig ist. Diesen Anforderungen wird die Klägerin nicht gerecht. Sie bezeichnet schon keine vom Revisionsgericht zu entscheidende Rechtsfrage. Die Wendung "in diesem Rechtsstreit geht es um die Klärung einiger grundsätzlicher Fragen zum Umfang der Mitwirkungspflicht des Zahnarztes im Verwaltungsverfahren", reicht insoweit nicht aus.
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Die Klägerin stellt in der Beschwerdebegründung lediglich dar, dass sie für das Jahr 2004 gegenüber dem Prüfungsausschuss die Besonderheiten ihrer vertragszahnärztlichen Praxis dargestellt und den Ausschuss damit überzeugt habe. Der beklagte Beschwerdeausschuss habe sich demgegenüber nur unzureichend mit ihren Praxisbesonderheiten befasst. Es ist nicht erkennbar, welche mit ja oder nein zu beantwortende Rechtsfrage zu den Grundsätzen der vertragszahnärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung damit aufgeworfen werden soll. Im Übrigen wäre auch die Klärungsbedürftigkeit einer im Zusammenhang mit den Mitwirkungsobliegenheiten eines Vertragszahnarztes im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu entscheidenden Rechtsfrage nicht hinreichend dargelegt. Die Beschwerdebegründung geht nicht auf die in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung insbesondere des Senats entwickelten Grundsätze ein und stellt nicht dar, inwieweit im Hinblick auf diese Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus Bedarf nach höchstrichterlicher Klärung zum Umfang der notwendigen Mitwirkung des Zahnarztes gegenüber den Prüfgremien bestehen könnte.
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Auch soweit in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, es sei Pflicht des Beschwerdeausschusses, dem Zahnarzt mitzuteilen, welche weiteren Informationen zur Klärung von Praxisbesonderheiten benötigt werden, wird keine im Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage bezeichnet. Die Klägerin macht lediglich geltend, die beiden Instanzgerichte hätten verkannt, dass nicht sie ihre Praxisbesonderheiten darzulegen hätte, sondern der Beschwerdeausschuss von sich aus entsprechende Ermittlungen einleiten müsse, weil sie vor dem Prüfungsausschuss zunächst obsiegt habe. Abgesehen davon, dass die Klägerin dies überhaupt nur für die Quartale des Jahres 2004 geltend machen kann, in denen sie vor dem Prüfungsausschuss Erfolg hatte, während hinsichtlich der Quartale aus dem Jahre 2003 und 2005 bereits im erstinstanzlichen Verfahren vom Prüfungsausschuss Honorarkürzungen festgesetzt worden sind, ist nicht erkennbar, welche generelle Rechtsfrage in diesem Zusammenhang entschieden werden soll. Es bedarf keiner Klärung im Revisionsverfahren, dass die Reichweite der Amtsermittlungspflicht der Prüfgremien von den Umständen des Einzelfalls und dem Ergebnis der durchgeführten Prüfungen sowie dem Vorbringen der Beteiligten abhängt.
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Soweit die Klägerin andeuten will, der beklagte Beschwerdeausschuss habe seine eigene Sachkunde nicht in angemessener Form in das Verfahren eingebracht, wird ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bezeichnet. Die Zusammensetzung des Beschwerdeausschusses mit Vertretern von Zahnärzten und Krankenkassen dient gerade dazu, dass sachkundige Personen die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes durch den betroffenen Zahnarzt prüfen können. Ob diese Sachkunde in einem konkreten Einzelfall korrekt in der Verhandlung und Abfassung der Entscheidung ihren Niederschlag gefunden hat, ist eine Frage des Einzelfalls. Der Beschwerdebegründung der Klägerin ist nicht zu entnehmen, welche über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Zusammenhang mit dem von ihr beanstandeten Prüfungsverfahren einer Klärung zugeführt werden könnte.
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Soweit die Klägerin mittelbar Verfahrensmängel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG rügen will, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass Verfahrensmängel im Sinne dieser Vorschrift nur solche des Verfahrens vor dem Berufungsgericht und nicht vor dem Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Verwaltungsverfahren sein können. Verfahrensfehler im Berufungsverfahren bezeichnet die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwertes entspricht derjenigen durch das Berufungsgericht, die von keinem der Beteiligten infrage gestellt worden ist.
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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.
(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.
(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.