Bundessozialgericht Beschluss, 13. Dez. 2016 - B 4 AS 14/15 R

bei uns veröffentlicht am13.12.2016

Tenor

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Im Streit war die Berechtigung des beklagten Jobcenters, einen Rückzahlungsanspruch aus einem Mietkautionsdarlehens mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II aufzurechnen.

2

Die im SGB II-Leistungsbezug stehende, 1980 geborene Klägerin wohnte zunächst im Zuständigkeitsbereich des Jobcenters C. ; auf ein von ihr vorgelegtes Wohnungsangebot im Zuständigkeitsbereich des beklagten Jobcenters mit Umzug zum 1.4.2011 erklärte sich das Jobcenter C. der Klägerin gegenüber bereit, "die Miete für die angemessene Unterkunft laut Angebot in Höhe von 444,00 Euro monatlich anzuerkennen, ebenso die Kaution (regelmäßig als Darlehen) in Höhe von 1.263,30 Euro" zu übernehmen (Schreiben vom 29.3.2011). Nach Abschluss des neuen Mietvertrags mit Wirkung zum 1.4.2011 zog die Klägerin mit ihrer Tochter in die neue Wohnung. Das Jobcenter C. bewilligte ihr das Mietkautionsdarlehen (Bescheid vom 6.4.2011). Nach dem Umzug bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Mai bis Oktober 2011 (Bescheid vom 13.4.2011). In einem weiteren Bescheid vom 14.4.2011 teilte er der Klägerin mit, dass gegen sie eine Forderung in Höhe von 1263,30 Euro bestehe. Das Darlehen werde durch monatliche Aufrechnung "in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der jeweils zu zahlenden Regelleistung getilgt". Ab dem 1.6.2011 würden "monatlich 36,40 Euro gegen die laufenden Leistungen aufgerechnet". Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 12.8.2011).

3

Das SG hat die gegen die Aufrechnung gerichtete Klage abgewiesen, ohne die Berufung zuzulassen (Urteil vom 12.12.2012). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt (Urteil vom 12.3.2015). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die vom Beklagten verfügte Aufrechnung auf der Rechtsgrundlage des § 42a Abs 2 SGB II sei nicht zu beanstanden, zumal die Vorschrift kein Ermessen einräume. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Aufrechnung mit den laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bestünden nicht.

4

Die hiergegen eingelegte Revision hat die Klägerin nach einem Hinweisschreiben des Senats vom 5.12.2016 für erledigt erklärt und beantragt,
die Kosten des Verfahrens dem Revisionsbeklagten aufzuerlegen.

5

Der Beklagte ist davon ausgegangen, dass sich die Revision durch Klagerücknahme erledigt hat und hat sich zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten nicht bereit erklärt.

6

II. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Revisionsverfahren.

7

Nach § 165 S 1 iVm §§ 156 Abs 1 S 1, Abs 3 S 2 SGG hat das Gericht bei Zurücknahme des Rechtsmittels auf Antrag durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Danach kann die Revision bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden. Eine solche rechtskräftige Entscheidung des Senats liegt nicht vor und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hier die Revision für erledigt erklärt. Soweit daher der Senat über die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten nach § 193 Abs 2 SGG zu befinden hat, erfolgt die Bestimmung der Verpflichtung zur Kostenerstattung dem Grunde nach und deren Umfang nach sachgemäßem bzw billigem Ermessen. Dabei steht grundsätzlich der nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrenserfolg im Vordergrund (vgl BSG Beschluss vom 1.4.2010 - B 13 R 233/09 B - RdNr 8; BSG Beschluss vom 16.5.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 5). Danach ist es in der Regel billig, dass derjenige die Kosten trägt, der unterliegt bzw - im Falle einer Erledigungserklärung - dessen Rechtsstreit auch vor Wegfall eines Rechtsschutzbedürfnisses unter Berücksichtigung des bis dahin vorliegenden Sach- und Streitstandes voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - Juris RdNr 17). So liegt der Fall hier. Die Revision der Klägerin war unbegründet, weil ihre Berufung - dies ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (stRspr; vgl BSGE 67, 221, 223 = SozR 3-4100 § 117 Nr 3; BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1) - nicht zulässig gewesen ist.

8

Nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

9

Der Wert des Beschwerdegegenstandes lag hier unterhalb der von § 144 Abs 1 Nr 1 SGG normierten Wertgrenze von 750 Euro. Die Frage, ob das vormals zuständige Jobcenter C. die Mietkaution zu Recht nur als Darlehen und nicht als Zuschuss erbracht hat, war nicht streitgegenständlich. Mit der Berufung hat sich die Klägerin im Wege der Anfechtungsklage ausschließlich gegen den Bescheid des Beklagten vom 14.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.8.2011 gewandt und schon kein weitergehendes Klagebegehren formuliert. Der Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid die Aufrechnung ab dem 1.6.2011 in Höhe von 36,40 Euro "gegen die laufenden Leistungen" verfügt. Mit dieser Formulierung hat er auf den bereits erlassenen Bewilligungsbescheid vom 13.4.2011 Bezug genommen, der keine Tilgungsregelung enthält und mit dem - wie vom LSG festgestellt - nur begrenzt auf den Zeitraum vom 1.5.2011 bis 31.10.2011 vorläufig SGB II-Leistungen bewilligt worden sind (zur Bescheidauslegung, die auch dem Revisionsgericht obliegt: vgl BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11).

10

Die mit dem Bewilligungsbescheid bewirkte Begrenzung des Streitgegenstandes auf den Bewilligungsabschnitt gilt aus diesem Grund auch für den Tilgungsbescheid vom 14.4.2011, sodass im Berufungsverfahren lediglich 182 Euro im Streit standen (vgl zur zeitlichen Zäsur des Bewilligungsabschnitts, der zugleich eine entsprechende Begrenzung des Streitgegenstandes bewirkt: BSG Beschluss vom 30.7.2008 - B 14 AS 7/08 B; zur Außerachtlassung von Folgewirkungen für weitere Bewilligungsabschnitte BSG Beschluss vom 31.1.2006 - B 11a AL 177/05 B - SozR 4-1500 § 144 Nr 3).

11

Der als behördliche Willenserklärung nach dem objektiven Sinngehalt der Erklärung, wie sie ein verständiger Empfänger unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls verstehen musste, auszulegende Bescheid vom 14.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.8.2011 erweckte demnach auch nicht den Anschein einer über den SGB II-Bewilligungsbescheid vom 13.4.2011 und den hiervon erfassten Zeitraum (1.5.2011 bis 31.10.2011) hinausgehenden Regelung. Der Senat hätte daher nicht darüber zu befinden gehabt, ob die Rechtsprechung des 14. Senats über die Zulässigkeit eines Grundlagenverwaltungsaktes im Anwendungsbereich des § 43 SGB II in dem konkret entschiedenen Fall(vgl BSG Urteil vom 9.3.2016 - B 14 AS 20/15 R - SozR 4-4200 § 43 Nr 1 RdNr 11) auf die Ausgangslage der Anrechnungsregelung nach § 42a Abs 2 SGB II übertragen werden kann(vgl zur "objektiven Verrechnungslage" zB BSG Urteil vom 26.9.1991 - 4/1 RA 33/90 - BSGE 69, 238 ff = SozR 3-1200 § 52 Nr 2, RdNr 26; BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 13/12 R - RdNr 21 f).

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 165


Für die Revision gelten die Vorschriften über die Berufung entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. § 153 Abs. 2 und 4 sowie § 155 Abs. 2 bis 4 finden keine Anwendung.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 42a Darlehen


(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 und 4 Satz 1 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werd

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 43 Aufrechnung


(1) Die Jobcenter können gegen Ansprüche von leistungsberechtigten Personen auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufrechnen mit1.Erstattungsansprüchen nach § 50 des Zehnten Buches,2.Ersatzansprüchen nach den §§ 34 und 34a,3.Erstattun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 156


(1) Die Berufung kann bis zur Rechtskraft des Urteils oder des nach § 153 Abs. 4 oder § 158 Satz 2 ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden. Die Zurücknahme nach Schluss der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Berufungsbeklagten vor

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Tatbestand 1 Mit Urteil vom 25.3.2009 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf

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(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 und 4 Satz 1 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft die Darlehensnehmer.

(2) Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 5 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. § 43 Absatz 3 gilt entsprechend. Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden oder soweit bereits gemäß § 43 in Höhe von mehr als 20 Prozent des für die Darlehensnehmer maßgebenden Regelbedarfs gegen deren Ansprüche auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgerechnet wird.

(3) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Absatz 5 sind nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Absatz 6 bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Deckt der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.

(4) Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.

(5) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 27 Absatz 3 sind abweichend von Absatz 4 Satz 1 erst nach Abschluss der Ausbildung fällig. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Sofern keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen wird, werden Zahlungen, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, zunächst auf das zuerst erbrachte Darlehen angerechnet.

Für die Revision gelten die Vorschriften über die Berufung entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. § 153 Abs. 2 und 4 sowie § 155 Abs. 2 bis 4 finden keine Anwendung.

(1) Die Berufung kann bis zur Rechtskraft des Urteils oder des nach § 153 Abs. 4 oder § 158 Satz 2 ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden. Die Zurücknahme nach Schluss der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Berufungsbeklagten voraus.

(2) Die Berufung gilt als zurückgenommen, wenn der Berufungskläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Der Berufungskläger ist in der Aufforderung auf die Rechtsfolgen hinzuweisen, die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Absatz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergeben. Das Gericht stellt durch Beschluss fest, dass die Berufung als zurückgenommen gilt.

(3) Die Zurücknahme bewirkt den Verlust des Rechtsmittels. Über die Kosten entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluß.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Tatbestand

1

Mit Urteil vom 25.3.2009 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf "Regelaltersrente ab 1.7.1997 unter Berücksichtigung der Zeit von August 1941 bis Februar 1943 als Beitragszeit nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) und von Verfolgungszeiten als Ersatzzeiten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen" verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin am 28.5.2009 Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) erhoben. In ihrer Beschwerdebegründung vom 7.7.2009 hat sie die Abweichung (Divergenz) iS des § 160 Abs 2 Nr 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von Entscheidungen des Senats vom 2.6.2009 (B 13 R 81/08 R, B 13 R 85/08 R und B 13 R 139/08 R) und des 5. Senats des BSG vom 3.6.2009 (B 5 R 26/08 R und B 5 R 66/08 R) in Bezug auf die Auslegung und Anwendung des Tatbestandsmerkmals "aus eigenem Willensentschluss" (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1a ZRBG) und "gegen Entgelt" (§ 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1b ZRBG) geltend gemacht.

3

Mit Schriftsatz vom 2.9.2009 hat die Beklagte erwidert, die Klägerin habe die gerügte Divergenz nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Im Übrigen fühle sie sich nicht mehr an die von ihr unterbreiteten Vergleichsangebote vom 15.6.2009 (gemeint wohl: 29.6.2009) und 10.8.2009 gebunden, nachdem die Klägerin diese abgelehnt habe.

4

Mit Schriftsätzen vom 10.11.2009 und 21.1.2010 hat die Beklagte sich im Rahmen eines von ihr formulierten Vergleichsvorschlags "unter Berücksichtigung der geänderten Rechtsprechung des BSG vom 2.6. und 3.6.2009" bereit erklärt, eine Beitragszeit nach dem ZRBG vom 1.12.1941 bis 30.11.1942 sowie Ersatzzeiten wegen Verfolgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen und hieraus an die Klägerin eine Regelaltersrente ab 1.7.1997 zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 16.2.2010 hat die Klägerin sich hiermit einverstanden erklärt und deshalb den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

5

Sie beantragt,

        

über die Kosten durch Beschluss zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

6

Die Beklagte hat der Klägerin neun Zehntel ihrer Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten.

7

Nach § 193 Abs 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Nachdem die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, ist der Rechtsstreit, auch im Beschwerdeverfahren, in der Hauptsache erledigt. Da infolgedessen die in den Vorinstanzen ergangenen Urteile wirkungslos geworden sind, betrifft die Kostenentscheidung die Kosten des gesamten Verfahrens, also die des Widerspruchs-, Klage-, Berufungs- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 941) .

8

Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Erledigung des Verfahrens ohne Urteil einander Kosten zu erstatten haben, erfolgt nach sachgemäßem bzw billigem Ermessen. Dabei steht grundsätzlich der nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung zu beurteilende Verfahrenserfolg im Vordergrund (vgl BSG vom 16.5.2007 - SozR 4-4200 § 22 Nr 4 RdNr 5; BSG vom 7.9.1998 - SozR 3-1500 § 193 Nr 10 S 26 f; BSG vom 24.5.1991 - SozR 3-1500 § 193 Nr 2 S 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Komm, 9. Aufl 2008, § 193 RdNr 13; Kummer aaO, RdNr 946).

9

Maßstab für die vom Senat zu treffende Kostenentscheidung und die Beurteilung des Erfolgs des Verfahrens zum Zeitpunkt seiner Erledigung ist vorliegend das in der Hauptsache verfolgte Begehren der Klägerin, ihr Regelaltersrente ab 1.7.1997 unter Berücksichtigung der Zeit von August 1941 bis Februar 1943 als Beitragszeit nach dem ZRBG und von Verfolgungszeiten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Insoweit hat die Klägerin ganz überwiegend obsiegt, indem die Beklagte sich bereit erklärt hat, eine Beitragszeit nach dem ZRBG von Dezember 1941 bis November 1942 sowie Ersatzzeiten wegen Verfolgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen und hieraus an die Klägerin eine Regelaltersrente ab 1.7.1997 zu zahlen. Daher erscheint es dem Senat angemessen, die Beklagte zur Erstattung von neun Zehnteln der der Klägerin entstandenen Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu verpflichten.

Tenor

Die Revisionen der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juni 2009 werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen begehren von dem Beklagten die Erteilung einer Zusicherung der Übernahme künftiger angemessener Unterkunftskosten wegen der Erforderlichkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung in eine nicht näher konkretisierte angemessene Wohnung.

2

Die Klägerinnen zu 1 bis 3 beziehen seit 2005, die Klägerin zu 4 seit ihrer Geburt im Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bis zum 31.5.2010 bewohnten sie eine 86 qm große Drei-Zimmer-Wohnung, für die eine Gesamtmiete in Höhe von 588,81 Euro zu entrichten war. Der Beklagte berücksichtigte als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) zunächst einen monatlichen Betrag in Höhe von 558,29 Euro, ab November 2005 in Höhe von 563,72 Euro, ab Januar 2006 in Höhe von 565,96 Euro und ab November 2006 in Höhe von 569,82 Euro.

3

Am 29.9.2006 beantragte die Klägerin zu 1 für sich und ihre Kinder bei dem Beklagten "eine Vier-Zimmer-Wohnung". Sie benötige ein separates Schlafzimmer, weil sie unter starker Migräne leide. Ihre 11 und 13 Jahre alten Kinder (Klägerinnen zu 2 und 3) müssten sich ein Kinderzimmer teilen, in dem sich zwei Schreibtische befänden und kein Platz zum Spielen sei. Wegen der Geburt des dritten Kindes (Klägerin zu 4) sei eine Vier-Zimmer-Wohnung erforderlich. Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 9.10.2006; Widerspruchsbescheid vom 20.11.2006). Eine Kostenübernahme könne nicht zugesichert werden, weil keine konkrete Wohnung zur Anmietung benannt worden sei.

4

Das SG hat den Bescheid des Beklagten vom 9.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2006 aufgehoben, den Beklagten verurteilt, die Erforderlichkeit des Umzugs der Klägerinnen iS von § 22 Abs 2 SGB II festzustellen und die Klage im Übrigen abgewiesen(Urteil vom 27.2.2007). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, eine abstrakte Entscheidung über die Erforderlichkeit eines Umzuges sei möglich. § 22 SGB II ermächtige die Grundsicherungsträger zu zwei inhaltlich zu unterscheidenden Entscheidungen, einerseits die Erforderlichkeit des Umzugs festzustellen, andererseits zu der Zusicherung, die bereits bestimmbaren Kosten einer neuen Unterkunft leistungsrechtlich anzuerkennen. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Zusicherung bestehe nur, wenn sowohl der Umzug als auch die Kosten der Unterkunft leistungsrechtlich angemessen seien. Soweit dies nicht der Fall sei, stehe die Erteilung im Ermessen des Grundsicherungsträgers, das hier auf Null reduziert sei. Wegen der Geburt der Klägerin zu 4 und der gesundheitlichen Situation der Klägerin zu 1 bestehe größerer Raumbedarf.

5

Das LSG hat das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 16.6.2009). Die vom SG als Feststellung tenorierte Verurteilung, die Erforderlichkeit des Umzugs festzustellen, sei unter Heranziehung der Entscheidungsgründe als Verurteilung zur Leistung zu werten. Für eine Feststellungsklage bestehe kein Interesse an einer baldigen Feststellung, weil die Klägerinnen ihr Begehren durch eine Antragstellung nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II erreichen könnten. Die Feststellung der Notwendigkeit eines "Umzugs" unabhängig vom Vorliegen einer neuen Wohnung sei als ausnahmsweise zulässige Elementenfeststellungsklage hier nicht möglich, weil der Streit dadurch nicht im Ganzen bereinigt werde und ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis an einer baldigen Feststellung nicht gegeben sei. Der die begehrte Kostenzusage ablehnende Bescheid sei rechtmäßig. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der begehrten Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft nach § 22 Abs 2 Sätze 1 und 2 SGB II setze voraus, dass sich die begehrte Zusicherung auf ein bestimmtes, nach Lage der Wohnung, Zeitpunkt des Einzugs und aufzuwendenden Kosten konkretisiertes Mietvertragsangebot zu einer bestimmten Wohnung mit einem bezifferten Mietzins beziehe. Soweit die Regelung bezwecke, künftige Unterkunftskosten in der tatsächlich anfallenden Höhe außer Streit zu stellen, könne dies erst bei Kenntnis der tatsächlichen Größe, Ausstattung und Lage der neuen Wohnung verbindlich geprüft und abschließend geklärt werden. Eine abstrakte und isolierte Erklärung des Grundsicherungsträgers zur Notwendigkeit des Auszugs allein vermöge eine spätere Kostenübernahme und eine zeitnahe Entscheidung hierüber gerade nicht zu vermitteln.

6

Nach Abschluss des Berufungsverfahren und Geburt des vierten Kindes der Klägerin zu 1 im Februar 2010 haben die Klägerinnen zum 1.6.2010 eine neue Wohnung angemietet (Wohnfläche 118,09 qm; Kaltmiete in Höhe von 815,97 Euro zuzüglich Betriebs- und Heizkosten von jeweils 100 Euro monatlich) und sind zu diesem Termin auch umgezogen. Ihren Antrag auf Zusicherung der Übernahme der Kosten der neuen Unterkunft und Heizung lehnte der Beklagte ab. Die Klägerinnen wenden sich dagegen, dass der Beklagte Unterkunftskosten für den Zeitraum nach dem Umzug zunächst nur in Höhe der Kaltmiete zuzüglich der aktuellen Nebenkosten übernahm (Bescheid vom 1.5.2010; Widerspruchsbescheid vom 20.5.2010). Nachdem das SG Freiburg den Beklagten im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, den Klägerinnen für die Zeit vom 1.6.2010 bis 31.10.2010 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 18,90 Euro monatlich zu erbringen, begehren die Klägerinnen im Klageverfahren beim SG Freiburg für den Zeitraum ab 1.6.2010 die Übernahme der KdU-Kosten in voller Höhe (S 13 AS 2761/10; S 13 AS 816/11). Nach Auszug der Klägerin zu 2 im Januar 2011 forderte der Beklagte die Senkung der Unterkunftskosten und bestätigte in einer beigefügten Erklärung vom 16.2.2011 die "Notwendigkeit eines Auszugs aus der jetzigen Wohnung".

7

Mit ihren Revisionen rügen die Klägerinnen eine Verletzung des § 22 Abs 2 Satz 2 SGB II. Der Nachweis eines konkreten Angebots zum Abschluss eines Mietvertrages könne nicht als Voraussetzung einer Zusicherung verlangt werden, weil die Vorlage eines vom Vermieter unterschriebenen Vertragsentwurfs nicht der Praxis großer Wohnungsbauträger entspreche. § 22 Abs 2 Satz 2 SGB II iVm § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei verfassungsgemäß so auszulegen, dass ein Anspruch auf Zusicherung zur Anmietung einer Wohnung bereits dann bestehe, wenn der Umzug iS von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II erforderlich sei, wobei die zweite Bedingung für die Abgabe einer Zusicherung ("und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind") dadurch zu erfüllen sei, dass die Höchstgrenze der nach einem Umzug angemessenen Unterkunftskosten in einem bestimmten räumlichen Bereich beziffert werde. Da sich die Angemessenheit einer Unterkunft nach der Produkttheorie bestimme, könne der Höchstbetrag der angemessenen Aufwendungen nach der Zahl der dem Haushalt des Hilfeempfängers angehörigen Personen und dem Wohnort ohne weiteres bestimmt werden, ohne dass Lage, Ausstattung und Größe der anzumietenden Wohnung bekannt sein müssten. Nach ihrem Normzweck solle die Zusicherung helfen, die Entscheidung über einen Umzug in verantwortungsvoller Weise zu treffen. Hilfsweise ergebe sich aus § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II iVm § 34 SGB X ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Neubescheidung. Insofern habe das LSG revisibles Recht dadurch verletzt, dass die den Anspruch tragende Norm nicht zur Anwendung gelangt sei. Der Beklagte erlasse in ständiger Verwaltungspraxis sogenannte "Notwendigkeitsbescheinigungen" als Verwaltungsakte, wenn er einen Umzug als erforderlich ansehe, welche sich faktisch als abstrakte Zusicherungen darstellten.

8

Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Juni 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Februar 2007 zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

11

Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig(vgl Urteile des Senats vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R). Nach § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten. Dieser kraft Gesetzes eingetretene Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung dar. Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen. Der Senat hat ebenfalls bereits entschieden, dass keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II bestehen, weil der Gesetzgeber sich bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt(BSG Urteile vom 18.1.2011, ua B 4 AS 99/10 R).

12

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 9.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2006, mit dem der Beklagte den Antrag der Klägerinnen auf Erteilung einer Zusicherung für die Übernahme angemessener Kosten der Unterkunft und Heizung bei einem Umzug in eine zum Antragszeitpunkt nicht näher konkretisierte Wohnung abgelehnt hat. Ihr Antrag war nicht auf eine konkrete Kostenzusage gerichtet, weil noch keine Wohnung feststand, in welche ggf ein Umzug erfolgen konnte. Vielmehr ging es ihnen um die Erteilung einer "abstrakten Zusicherung" der Übernahme künftiger angemessener Unterkunftskosten wegen grundsätzlicher Erforderlichkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung in eine künftige Wohnung mit angemessenen Unterkunftskosten.

13

Die Klägerinnen haben ihr Begehren zulässigerweise mit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgt (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Zusicherung iS von § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II ist die Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt mit einem bestimmten Inhalt später zu erlassen(vgl die Legaldefinition in § 34 Abs 1 Satz 1 SGB X). Wie der Senat bereits entschieden hat, handelt es sich bei einer auf die Übernahme von Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten gerichteten Zusicherung iS von § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II um einen der Bewilligung vorgeschalteten Verwaltungsakt iS von §§ 31, 34 SGB X(BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - FEVS 62, 6 ff). Auch die Zusicherung iS von § 22 Abs 2 SGB II ist ein Verwaltungsakt(Lauterbach in Gagel, SGB II, § 22 RdNr 67, Stand Januar 2009; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 69; Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 83). Dies gilt auch für die Ablehnung einer beantragten Zusicherung, weil der Inhalt, der zugesichert werden soll, nicht zugesichert werden kann. Die Verwaltungsentscheidung beinhaltet regelmäßig und auch hier zugleich die Feststellung, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf die begehrte Zusicherung hat, also nach den Kriterien der Qualifikationsnorm des § 31 SGB X einen Verwaltungsakt(BSG Urteil vom 29.1.2004 - B 4 RA 29/03 R - BSGE 92, 113, 114 = SozR 4-2600 § 46 Nr 1 S 3 mwN).

14

Die damit erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist jedoch spätestens im Revisionsverfahren unzulässig geworden. Mit dem Umzug der Klägerinnen in eine neue Wohnung zum 1.6.2010 ist eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dergestalt eingetreten, dass das Rechtsschutzinteresse für die Klagen, welches auch das Revisionsgericht als prozessuale Voraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen hat (BSG SozR 3-1500 § 54 Nr 45 S 93), entfallen ist. Insofern gilt der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte grundlos in Anspruch nehmen darf. Unzulässig ist ein Rechtsmittel daher zB dann, wenn ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelführers hieran nicht mehr besteht, weil die weitere Rechtsverfolgung im Rechtsmittelverfahren ihm offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile mehr bringen, das Rechtsschutzziel also nicht mehr erreicht werden kann (vgl BSG Urteil vom 8.5.2007 - SozR 4-2700 § 136 Nr 3 S 14; BSG Beschluss vom 5.10.2009 - B 13 R 79/08 R - SozR 4-1500 § 171 Nr 1 RdNr 12). Dies ist hier der Fall.

15

Im Zusammenhang mit dem Umzug der Klägerinnen zum 1.6.2010 sind wegen der Höhe der von dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Zeit ab 1.6.2010 zu tragenden angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bei dem SG Freiburg Klageverfahren anhängig (S 13 AS 2761/10; S 13 AS 816/11), in denen ua über den Gegenstand der begehrten Zusicherung zu befinden ist. In diesen Verfahren ist als Vorfrage eines Anspruchs auf Übernahme höherer angemessener Kosten der Unterkunft notwendigerweise auch über die Erforderlichkeit eines Umzugs zu befinden, weil ansonsten - unabhängig von der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft - die Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit einer Beschränkung der Kostentragung auf die bisherigen angemessenen Aufwendungen eingreift(vgl hierzu BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Für eine gesonderte Zusicherung als vorgreiflicher Teilregelung besteht bei dieser Sachlage kein Rechtsschutzinteresse mehr. Dies hat das BSG zu vergleichbaren Konstellationen bereits ausdrücklich entschieden (vgl BSG Urteil vom 4.5.1999 - B 4 RA 28/98 R - SGb 1999, 406).

16

Soweit die Klägerinnen geltend machen, das Rechtsschutzinteresse dürfe vor dem Hintergrund möglicher zu hoher Kosten der zum 1.6.2010 neu angemieteten Wohnung nicht auf die Feststellung der Erforderlichkeit des Auszugs aus der bisherigen Wohnung beschränkt werden, vielmehr gehe es erkennbar um die gerichtliche Bestätigung des Anspruchs, dass der Leistungsträger über die abstrakte Erforderlichkeit eines Umzugs eine rechtsmittelfähige Entscheidung treffen müsse, führt dies nicht zur Annahme eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses. Unabhängig von einem konkret angebotenen Mietvertrag möchten die Klägerinnen klären, ob sie bei erforderlich werdenden Umzügen Anspruch auf Erteilung eines Bescheides haben, in welchem die Erforderlichkeit eines Umzugs aus einer aktuell bewohnten in eine noch nicht konkret benannte neue Unterkunft bestätigt wird. Insofern begehren sie die nicht mögliche Klärung einer abstrakten Rechtsfrage. Die Statthaftigkeit einer Feststellungsklage hängt davon ab, ob das feststellungsbedürftige Rechtsverhältnis hinreichend konkretisiert ist, also nach seinem Sachverhalt hinreichend bestimmt und überschaubar vorliegt. Künftig entstehende Rechtsverhältnisse können daher grundsätzlich nicht festgestellt werden. Ausnahmen sind nur möglich, wenn bereits alle für die streitige Rechtsbeziehung erheblichen Tatsachen vorliegen und etwa nur der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung noch aussteht (BSG Urteil vom 29.1.2004 - B 4 RA 29/03 R - BSGE 92, 113 ff = SozR 4-2600 § 46 Nr 1; vgl auch BVerwG Urteil vom 13.10.1971 - VI C 57.66 - BVerwGE 38, 346 ff). Als wesentliche Tatsachen steht bei dem von den Klägerinnen nunmehr formulierten Begehren aber weder fest, auf welche konkrete Wohnung sich die Beurteilung der Erforderlichkeit eines Umzugs beziehen soll, noch ist die Entstehung von höheren Unterkunftskosten hinreichend konkret.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Danach ist es in der Regel billig, dass derjenige die Kosten trägt, der unterliegt. Auch das ursprüngliche Klagebegehren vor Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses hätte unter Berücksichtigung des bis dahin vorliegenden Sach- und Streitstandes voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Der Beklagte dürfte einen Anspruch der Klägerinnen auf Erteilung einer Zusicherung iS von § 22 Abs 2 SGB II zu Recht abgelehnt haben. Gemäß § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist gemäß § 22 Abs 2 Satz 2 SGB II nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. § 22 Abs 2 Satz 2 SGB II normiert damit zwei tatbestandliche Voraussetzungen für die Abgabe einer Zusicherung. Eine gesonderte Feststellung der Erforderlichkeit eines Auszugs ist nicht vorgesehen. Als ein der Bewilligung vorgeschalteter Verwaltungsakt kann mit einer Zusicherung zudem grundsätzlich nur dasjenige geregelt werden, was auch durch einen nachfolgenden Verwaltungsakt konkret erfasst werden könnte. Bezogen auf die Kosten der Unterkunft und Heizung betrifft dies die tatsächliche Erbringung von SGB II-Leistungen in einer bestimmten Höhe, nicht die Feststellung einer Anspruchsvoraussetzung für einen höheren Leistungsanspruch. Dabei ist die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht abstrakt, sondern einzelfallbezogen zu beurteilen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254, 257 f = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Der Verwaltungsakt der Zusicherung soll nach dem Gesetzeswortlaut und dem Willen des Gesetzgebers "zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft" eingeholt werden (BT-Drucks 15/1516 S 57). Damit überhaupt eine Einzelfallregelung iS von § 31 SGB X getroffen werden kann, müssen die künftigen Unterkunftskosten der Höhe nach bestimmt sein(vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 104, Stand September 2009; aA wohl Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 RdNr 72, Stand Januar 2009), dh ein nach Lage der Wohnung sowie den aufzuwendenden Kosten konkretisiertes Wohnungsangebot vorliegen. Erst dann kann die Zusicherung auf die konkrete Vorwegnahme eines künftigen Verwaltungsaktes gerichtet sein. Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung nach § 34 Abs 1 SGB X besteht nicht, weil § 22 Abs 2 SGB II eine gegenüber § 34 Abs 1 SGB X abschließende Sonderregelung enthält, die zum Ausdruck bringt, dass eine vorzeitige und unabhängig von den Aufwendungen für die neue Unterkunft erfolgende Bindung des SGB II-Trägers allein bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der "Erforderlichkeit" iS des § 22 Abs 2 SGB II gerade nicht möglich sein soll(zum Ausschluss von Zusicherungen nach § 34 SGB X, wenn das Fachrecht eine vorzeitige Bindung der Verwaltung verbietet: Rüfner in Wannagat/Eichenhofer, § 34 SGB X RdNr 16, Stand Februar 1992; vgl auch U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, 7. Aufl 2008, § 38 VwVfg RdNr 13, 172). Auch als Feststellungsklage konnte das ursprüngliche Begehren der Klägerinnen keinen Erfolg haben, weil mit einer solchen nicht einzelne Tatbestandsmerkmale im gerichtlichen Verfahren vorab geklärt werden können (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 55 RdNr 9 mwN; BSG Urteil vom 9.12.2004 - B 7 AL 24/04 R - BSGE 94, 109, 110 = SozR 4-4220 § 3 Nr 1; vgl auch BSG vom 29.1.2003 - B 11 AL 47/02 R - juris RdNr 24 zu einzelnen Berechnungselementen von Ansprüchen im SGB III). Soweit vereinzelt eine sogenannte Elementenfeststellungsklage für möglich gehalten worden ist, betrifft dies Fallgestaltungen, in denen der Streit zwischen den Beteiligten durch die gerichtliche Feststellung über ein einzelnes Element eines Rechtsverhältnisses vollständig ausgeräumt werden kann (vgl BSG vom 24.10.1996 - 4 RA 108/95 = SozR 3-2600 § 58 Nr 9; BSG vom 13.3.2001 - B 3 P 10/00 R - SozR 3-3300 § 38 Nr 2 - juris RdNr 35). Dies war hier schon deshalb nicht möglich, weil zu den Aufwendungen für eine bestimmte neue Unterkunft keine Angaben vorlagen und die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft im Vergleichsraum auch vom Zeitpunkt der Anmietung einer neuen Wohnung abhängt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Die Jobcenter können gegen Ansprüche von leistungsberechtigten Personen auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufrechnen mit

1.
Erstattungsansprüchen nach § 50 des Zehnten Buches,
2.
Ersatzansprüchen nach den §§ 34 und 34a,
3.
Erstattungsansprüchen nach § 34b oder
4.
Erstattungsansprüchen nach § 41a Absatz 6 Satz 3.

(2) Die Höhe der Aufrechnung beträgt bei Erstattungsansprüchen, die auf § 41a oder auf § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 in Verbindung mit § 50 des Zehnten Buches beruhen, 10 Prozent des für die leistungsberechtigte Person maßgebenden Regelbedarfs, in den übrigen Fällen 30 Prozent. Die Aufrechnung, die zusammen mit bereits laufenden Aufrechnungen nach Absatz 1 und nach § 42a Absatz 2 insgesamt 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs übersteigen würde, ist unzulässig.

(3) Eine Aufrechnung ist nicht zulässig für Zeiträume, in denen der Auszahlungsanspruch nach § 31b Absatz 1 Satz 1 um mindestens 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs gemindert ist. Ist die Minderung des Auszahlungsanspruchs geringer, ist die Höhe der Aufrechnung auf die Differenz zwischen dem Minderungsbetrag und 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt.

(4) Die Aufrechnung ist gegenüber der leistungsberechtigten Person schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Sie endet spätestens drei Jahre nach dem Monat, der auf die Bestandskraft der in Absatz 1 genannten Entscheidungen folgt. Zeiten, in denen die Aufrechnung nicht vollziehbar ist, verlängern den Aufrechnungszeitraum entsprechend.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist eine Aufrechnung nach § 43 SGB II in Höhe von 30 % des Regelbedarfs.

2

Der 1961 geborene, alleinstehende Kläger bezog seit 2005 vom beklagten Jobcenter Alg II. Aufgrund von zwei Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden ist er dem Beklagten zur Erstattung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 8352,03 Euro verpflichtet, die ihm zwischen Januar 2005 und September 2007 zu Unrecht erbracht worden waren (Bescheide vom 21.8.2007 und 10.12.2007). Anlass hierfür war der Bezug von Einkommen, den der Kläger dem Beklagten vorsätzlich nicht mitgeteilt hatte, weshalb er vom Amtsgericht (AG) Osnabrück rechtskräftig wegen Betruges verurteilt worden ist. Nach erfolglosem Klageverfahren gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide sind diese bestandskräftig geworden (Entscheidungen des SG Osnabrück vom 10.4.2012).

3

Im Juli 2012 hörte der Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Aufrechnung mit seinem Erstattungsanspruch gegen dessen Anspruch auf Alg II an. Nachdem der Kläger sich hierauf nicht geäußert hatte, erklärte der Beklagte die Aufrechnung gegenüber dem dem Kläger zustehenden Regelbedarf ab 1.12.2012 in monatlichen Raten in Höhe von 112,20 Euro zur Beitreibung der Erstattungsforderung (Bescheid vom 20.11.2012): Da keine Umstände ersichtlich seien, welche sich im Rahmen der Ermessensentscheidung günstig für den Kläger hätten auswirken können, sei von einer Aufrechnung auch nicht nur teilweise abzusehen. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger ua geltend, es sei unberücksichtigt geblieben, dass er laufend Alg II beziehe. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.12.2012): Im Rahmen des Entschließungsermessens sei allein der Leistungsbezug kein ausreichender Grund, auf eine Aufrechnung zu verzichten, da für diese Fälle die Möglichkeit der Aufrechnung geschaffen worden sei. In der Person des Klägers bestehende besondere Gründe seien von diesem nicht geltend gemacht worden. Sie seien auch vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers durch das AG Osnabrück nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Höhe der Aufrechnung werde in § 43 SGB II kein Ermessen eingeräumt. Aus dem hier auf § 45 Abs 2 SGB X beruhenden Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X folge eine Aufrechnungshöhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs, mithin von derzeit 112,20 Euro monatlich. Durch Änderungsbescheid vom 3.1.2013 passte der Beklagte ab 1.2.2013 die Aufrechnungshöhe an die geänderte Höhe des Regelbedarfs an; es ergebe sich eine Aufrechnung in Höhe von 114,60 Euro monatlich.

4

Klage und Berufung gegen die Aufrechnung blieben erfolglos (Gerichtsbescheid des SG vom 19.8.2013; Urteil des LSG vom 3.7.2014). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass ihre gesetzlichen Voraussetzungen nach § 43 SGB II vorlägen, die Aufrechnungserklärung des Beklagten Ermessensfehler nicht erkennen lasse und die gesetzliche Ermächtigung zur Aufrechnung mit dem Grundrecht des Klägers auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums(Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) vereinbar sei.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht der Kläger die Verfassungswidrigkeit von § 43 SGB II geltend.

6

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Juli 2014 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Osnabrück vom 19. August 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2012 und den Änderungsbescheid vom 3. Januar 2013 aufzuheben.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Aufrechnung rechtmäßig ist.

9

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind der klageabweisende Gerichtsbescheid des SG und das die Berufung zurückweisende Urteil des LSG sowie der Bescheid des Beklagten vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2012 und der nach Erlass des Widerspruchsbescheides, aber vor Klageerhebung erlassene Änderungsbescheid vom 3.1.2013 (zur Anwendbarkeit von § 96 SGG in dieser Konstellation vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 RdNr 2), durch die der Beklagte gegenüber dem Kläger die Aufrechnung erklärt hat.

10

2. Zutreffende Klageart ist die Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG; vgl BSG Urteil vom 17.2.2015 - B 14 AS 1/14 R - juris RdNr 11). Der Kläger begehrt die Aufhebung der Aufrechnung, die vom Beklagten ihm gegenüber durch Verwaltungsakt erklärt worden ist (§ 43 Abs 4 Satz 1 SGB II).

11

Angefochten ist neben dem Ausgangsbescheid vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2012 auch der Änderungsbescheid vom 3.1.2013. Dieser ist ein weiterer anfechtbarer Verwaltungsakt, denn er ersetzt iS des § 96 Abs 1 SGG mit Wirkung vom 1.2.2013 einen der beiden Verfügungssätze des Ausgangsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides, den dieser bei Auslegung der Bescheide enthält (zur Bescheidauslegung, die auch dem Revisionsgericht obliegt, vgl BSG Urteil vom 28.6.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11). Durch diese Bescheide ist zum einen im Sinne eines Grundlagenverwaltungsakts die monatliche Aufrechnung ab 1.12.2012 in Höhe von 30 % des für den Kläger jeweils maßgebenden Regelbedarfs unter Bezugnahme auf § 43 SGB II erklärt worden, zum anderen ist im Sinne eines Ausführungsverwaltungsakts die Aufrechnung ab 1.12.2012 in Höhe von 112,20 Euro monatlich (Berechnungsgrundlage: 30 % von 374 Euro Regelbedarf) erklärt worden. Nur diesen zweiten Verfügungssatz ersetzt der Bescheid vom 3.1.2013, denn durch diesen ist die Aufrechnung ab 1.2.2013 in Höhe von 114,60 Euro monatlich (Berechnungsgrundlage: 30 % von 382 Euro Regelbedarf) erklärt worden.

12

3. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen, weil von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel nicht vorliegen und von Seiten der Beteiligten keine Verfahrensrügen erhoben wurden. Insbesondere liegt kein von Amts wegen zu beachtender Verfahrensmangel darin, dass das LSG in der Besetzung durch den sog kleinen Senat nach § 153 Abs 5 SGG (Berichterstatter, zwei ehrenamtliche Richter) über die Berufung entschieden, der erkennende Senat aber auf die Beschwerde des Klägers die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Denn selbst wenn das LSG durch den kleinen Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hätte, würde hierin kein absoluter Revisionsgrund liegen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 153 RdNr 25b; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 153 RdNr 45).

13

Aufgrund von § 153 Abs 5 SGG kann das LSG nach seinem Ermessen in den Fällen einer Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid durch Beschluss der berufsrichterlichen Mitglieder des Senats die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Nähere inhaltliche Anforderungen hierfür formuliert das Gesetz nicht. Vielmehr überantwortet es die Entscheidung über die Übertragung dem Senat als berufsrichterliches Kollegium, ohne die Möglichkeit einer Rückübertragung auf den Senat zu regeln (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 153 RdNr 25a; eine Rückübertragung dennoch erwägend Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 153 RdNr 47). Dies zeigt, dass die Verantwortung für die Übertragung vom Senat getragen wird und eine Übertragung zur Entscheidung durch den Berichterstatter unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter auch in Rechtssachen von grundsätzlicher Bedeutung nicht von vornherein ausgeschlossen ist (anders - regelmäßig ein absoluter Revisionsgrund - bei Entscheidungen "am Senat vorbei" durch den Einzelrichter nach § 155 Abs 3 und 4 SGG unter Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 11 ff). Entsprechend hält sich eine Entscheidung des kleinen Senats, durch die wie vorliegend die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wird, im Rahmen des § 153 Abs 5 SGG und begründet keinen Verstoß gegen das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter nach Art 101 Abs 1 Satz 2 GG.

14

4. Rechtsgrundlage der streitbefangenen Aufrechnung ist § 43 SGB II(in der Fassung der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850).

15

a) § 43 SGB II findet in der seit 1.4.2011 geltenden und nicht in der früheren, am 31.3.2011 außer Kraft getretenen Fassung Anwendung, obwohl der Erstattungsanspruch des Beklagten vor dem 1.4.2011 entstanden war. Denn für die erstmals durch Bescheid vom 20.11.2012 erklärte Aufrechnung ist auf das zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung geltende Recht abzustellen. Der Beklagte bedarf für seine Aufrechnungserklärung durch Verwaltungsakt einer Ermächtigung, die grundsätzlich nur im geltenden Recht bestehen kann. Eine Übergangsregelung, die für vor dem 1.4.2011 entstandene Erstattungsansprüche ausnahmsweise die weitere Anwendung des früheren Rechts anordnet, enthält der insoweit einschlägige § 77 SGB II nicht. Auch § 43 SGB II selbst in der seit 1.4.2011 geltenden Fassung ist nicht zu entnehmen, dass diese Regelung Geltung nur für nach dem 31.3.2011 neu entstandene Erstattungsansprüche beansprucht (vgl Boerner in Löns/Herold-Tews, SGB II, 3. Aufl 2011, § 43 RdNr 10; O. Loose in GK-SGB II, § 43 RdNr 24, Stand: Januar 2015). Dies unterscheidet die Aufrechnung nach § 43 SGB II von der nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II für Darlehen, denn bei dieser stellt das seit dem 1.4.2011 geltende Gesetz auf eine Aufrechnung "ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt", ab und beansprucht damit Geltung nur für "neue" Darlehen (so BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 28/14 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 42a Nr 1 RdNr 17 ff). Einziger zeitlicher Bezugspunkt in § 43 SGB II ist demgegenüber nach Abs 4 Satz 2 der Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über den Erstattungsanspruch - hier aufgrund der Entscheidungen des SG vom 10.4.2012 -, der den Beginnzeitpunkt für die längstmögliche Dauer einer - nicht notwendig schon erklärten - Aufrechnung bezeichnet und damit das Ende einer Aufrechnung regelt.

16

b) Durch § 43 SGB II wird den Leistungsträgern nach dem SGB II die erleichterte Durchsetzung von Erstattungs- und Ersatzansprüchen ermöglicht. Leistungsberechtigte nach dem SGB II sind hierdurch vor der Durchsetzung dieser Ansprüche weniger geschützt, als dies nach §§ 51 und 54 SGB I sonst im Sozialrecht und nach § 394 BGB iVm §§ 850 ff ZPO im Zivilrecht der Fall ist. Aufgrund dieser Sonderregelung iS des § 37 Satz 1 Halbsatz 1 SGB I greift - ungeachtet zunächst der Frage nach ihrer Verfassungsmäßigkeit - der Einwand des Klägers nicht, als Bezieher von Alg II sei er zivilrechtlich vor einer Pfändung geschützt und es müsse dieser Schutz auch gegenüber der streitbefangenen Aufrechnung greifen(zur Pfändbarkeit von Alg II vgl BGH Beschluss vom 25.10.2012 - VII ZB 31/12 - juris; BGH Beschluss vom 25.11.2010 - VII ZB 111/09 - juris; vgl auch BSG Urteil vom 16.10.2012 - B 14 AS 188/11 R - BSGE 112, 85 = SozR 4-4200 § 11 Nr 55).

17

c) Nach § 43 Abs 1 SGB II können die Träger von Leistungen nach dem SGB II gegen Ansprüche von Leistungsberechtigten auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufrechnen mit ihren Erstattungsansprüchen nach § 42 Abs 2 Satz 2, § 43 Abs 2 Satz 1 SGB I, § 328 Abs 3 Satz 2 SGB III oder § 50 SGB X(Nr 1) oder Ersatzansprüchen nach den §§ 34 oder 34a SGB II(Nr 2). Nach § 43 Abs 2 SGB II beträgt die Höhe der Aufrechnung bei Erstattungsansprüchen, die auf den §§ 42 und 43 SGB I, § 328 Abs 3 Satz 2 SGB III oder § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 50 SGB X beruhen, 10 % des für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelbedarfs, in den übrigen Fällen 30 %(Satz 1). Die Höhe der monatlichen Aufrechnung ist auf insgesamt 30 % des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt (Satz 2). Soweit die Erklärung einer späteren Aufrechnung zu einem höheren monatlichen Aufrechnungsbetrag als 30 % führen würde, erledigen sich die vorherigen Aufrechnungserklärungen (Satz 3).

18

§ 43 Abs 3 SGB II regelt das Verhältnis mehrerer Aufrechnungen nach dem SGB II zueinander. § 43 Abs 4 SGB II enthält Verfahrensregeln: Die Aufrechnung ist gegenüber der leistungsberechtigten Person schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären(Satz 1). Sie endet spätestens drei Jahre nach dem Monat, der auf die Bestandskraft der in § 43 Abs 1 SGB II genannten Entscheidungen folgt(Satz 2). Zeiten, in denen die Aufrechnung nicht vollziehbar ist, verlängern den Aufrechnungszeitraum entsprechend (Satz 3).

19

5. Die angefochtenen Bescheide erfüllen die formellen und materiellen gesetzlichen Voraussetzungen.

20

a) Der Kläger ist vor Erlass des Aufrechnungsbescheides vom 20.11.2012, der in dessen Recht auf Auszahlung der bewilligten Leistungen an ihn (§ 41 Abs 1 Satz 4, § 42 Satz 1 SGB II) eingreift, angehört worden (§ 24 Abs 1 SGB X). Die Aufrechnung ist ihm gegenüber als leistungsberechtigter Person schriftlich durch diesen Aufrechnungsverwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erklärt worden (§ 43 Abs 4 Satz 1 SGB II).

21

Einer erneuten Anhörung vor Erlass des Änderungsbescheides vom 3.1.2013 bedurfte es nicht, weil hierdurch weder erstmals in Rechte des Klägers eingegriffen noch ein weiterer eigenständiger Eingriff vorgenommen worden ist, der eine erneute Anhörungspflicht auslöste. Der Bescheid vom 3.1.2013 knüpft an die fortbestehende Aufrechnungserklärung an und passt lediglich die Höhe der monatlichen Aufrechnung von bislang 112,20 Euro auf 114,60 Euro ab 1.2.2013 an, ohne durch diese mit der geänderten Regelbedarfshöhe begründete Anpassung der bereits erklärten Aufrechnung einen neuen Eingriff iS des § 24 Abs 1 SGB X hinzuzufügen(eine erneute Anhörung vor Anpassungsbescheiden erwägend vgl aber Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 43 RdNr 150, Stand: Februar 2013).

22

b) Die Aufrechnungserklärung ist inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X). Sie nimmt auf die Erstattungsbescheide vom 21.8.2007 und 10.12.2007 Bezug. Der die Aufrechnungserklärung enthaltende Verfügungssatz des Ausgangsbescheides vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2012 erklärt eine Aufrechnung ab 1.12.2012 in Höhe von 30 % des für den Kläger jeweils maßgebenden Regelbedarfs und bleibt insoweit durch den Änderungsbescheid vom 3.1.2013 unverändert. Der weitere Verfügungssatz des Ausgangsbescheides erklärt eine Aufrechnung ab 1.12.2012 in Höhe von 112,20 Euro monatlich und wird durch den Verfügungssatz des Änderungsbescheides ersetzt, der eine Aufrechnung ab 1.2.2013 in Höhe von 114,60 Euro monatlich erklärt. Jeweils ist hierdurch klar und unzweideutig zu erkennen, mit welcher Forderung aufgerechnet wird, ab wann und in welcher Höhe die Aufrechnung greift.

23

c) Die angefochtenen Bescheide halten die materiellen Vorgaben des § 43 SGB II ein.

24

aa) Der Beklagte konnte als SGB II-Leistungsträger gegen Ansprüche des Klägers auf Alg II aufrechnen und hat vorliegend gegen den Alg II-Anspruch des Klägers in Höhe von 30 % des jeweils maßgebenden Regelbedarfs aufgerechnet. Ihm standen nach den Feststellungen des LSG iS des § 43 Abs 1 Nr 1, Abs 4 Satz 2 SGB II bestandskräftige Erstattungsansprüche nach § 50 SGB X gegen den Kläger zu, weshalb die erforderliche Aufrechnungslage iS des § 43 SGB II gegeben war. Dieser steht weder entgegen, dass die Ansprüche des Beklagten vor Inkrafttreten der Neufassung des § 43 SGB II am 1.4.2011 entstanden waren (s dazu unter 4. a), noch, dass der Anspruch des Klägers auf Alg II für künftige Monate noch nicht fällig war, denn es genügt, dass diese Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird, lediglich erfüllbar ist (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 43 RdNr 72, Stand: Februar 2013).

25

bb) Die Erklärung einer Aufrechnung steht im Ermessen der Leistungsträger (vgl Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 43 RdNr 39). § 43 Abs 1 SGB II bringt mit der Formulierung "können … aufrechnen" nicht nur ein rechtliches Dürfen zum Ausdruck (sog Kompetenz-Kann), sondern stellt das Ob einer Aufrechnung in das Ermessen der Leistungsträger (sog Ermessens-Kann). Das dem Beklagten hierdurch eingeräumte Entschließungsermessen, ob er aufrechnet, hat er erkannt und ermessensfehlerfrei ausgeübt. Seine Ermessensentscheidung ist gerichtlich nur eingeschränkt darauf zu prüfen (§ 39 Abs 1 SGB I, § 54 Abs 2 Satz 2 SGG), ob er sein Ermessen überhaupt ausgeübt, ob er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat ("Rechtmäßigkeits-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").

26

Dass der Beklagte sein Ermessen erkannt hat, ergibt sich aus den angefochtenen Bescheiden. Aus den entsprechenden Begründungen ergibt sich zudem, dass der Beklagte die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers berücksichtigt und mit dem Interesse der Gemeinschaft der Steuerzahler, bestehende Forderungen mit den zur Verfügung stehenden Mitteln beizutreiben, abgewogen hat. Im Ausgangsbescheid konnten diese Berücksichtigung und Abwägung auf die Aktenlage Bezug nehmen, nachdem der Kläger auf die Anhörung nicht reagiert hatte und sich dem Beklagten offensichtliche Umstände, die bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen waren, nicht aufdrängten. Im Widerspruchsbescheid hat sich der Beklagte mit den vom Kläger vorgetragenen Gründen gegen die Aufrechnung auseinandergesetzt. Dessen Vorbringen, er beziehe laufend Alg II, hat der Beklagte für keinen ausreichenden Grund gehalten, auf eine Aufrechnung zu verzichten, da für eben diese Situation die Aufrechnungsmöglichkeit geschaffen worden sei. Gründe, von einer Aufrechnung auch nur teilweise abzusehen, hat der Beklagte nicht erkennen können. Sie sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Der Beklagte hat zudem ohne Ermessensfehler bei seiner Entscheidung berücksichtigt, dass der Kläger wegen seiner Veranlassung der zu Unrecht erbrachten Leistungen rechtskräftig wegen Betruges verurteilt worden ist.

27

cc) Die Höhe der vom Beklagten im Grundlagenverwaltungsakt erklärten monatlichen Aufrechnung in Höhe von 30 % des für den Kläger jeweils maßgebenden Regelbedarfs entspricht der ein Ermessen ausschließenden Vorgabe in § 43 Abs 2 Satz 1 SGB II. Danach beträgt die Höhe der Aufrechnung bei Erstattungsansprüchen, die nicht auf §§ 42 und 43 SGB I, § 328 Abs 3 Satz 2 SGB III oder § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 50 SGB X beruhen, 30 % des für den Leistungsberechtigten maßgebenden Regelbedarfs. Aufgrund dieser Regelung ziehen alle anderen Erstattungsansprüche nach § 50 SGB X, die nicht einer Aufhebung nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X folgen, eine Aufrechnung in Höhe von 30 % nach sich(BT-Drucks 17/4095 S 35).

28

Vorliegend beruhten die Erstattungsansprüche des Beklagten gegen den Kläger auf keiner dieser abschließend benannten rechtlichen Grundlagen, sondern nach den Feststellungen des LSG auf Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden wegen vorsätzlich nicht mitgeteilten Einkommens und damit nicht auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3, sondern auf § 45 Abs 1, Abs 2 Satz 3 Nr 2 iVm § 50 SGB X. Die Höhe einer Aufrechnung ist danach mit 30 % des für den Kläger maßgebenden Regelbedarfs gesetzlich bindend vorgegeben und knüpft daran an, dass die der Aufrechnung zugrunde liegende Aufhebungsentscheidung auf einem dem Leistungsberechtigten vorwerfbaren Verhalten beruht (BT-Drucks 17/3404 S 116).

29

Bezug genommen ist für die Höhe der Aufrechnung auf den jeweils maßgebenden Regelbedarf (§ 20 SGB II). Zwar stimmt die Höhe der Aufrechnung in den Ausführungsverwaltungsakten des Beklagten weder durchgehend mit der gesetzlichen Vorgabe noch mit der Aufrechnungserklärung im Grundlagenverwaltungsakt überein. Denn obwohl sich die Höhe des für den Kläger jeweils maßgebenden Regelbedarfs während der streitbefangenen Aufrechnung zum 1.1. eines jeden neuen Jahres erhöhte, erklärte der Beklagte für Dezember 2012 und Januar 2013 eine Aufrechnung in Höhe von 112,20 Euro monatlich (was für Dezember 2012, nicht aber für Januar 2013 30 % des Regelbedarfs entsprach) und ab Februar 2013 in Höhe von 114,60 Euro monatlich (was in 2013, nicht aber ab 1.1.2014 30 % des Regelbedarfs entsprach). Doch führt dies auf die Anfechtungsklage des Klägers nicht zur teilweisen Aufhebung der Aufrechnungsentscheidungen. Denn der Kläger ist nicht dadurch beschwert, dass die Höhe der Aufrechnung in den Ausführungsverwaltungsakten zeitweise die im Grundlagenverwaltungsakt zutreffend umgesetzte gesetzliche Vorgabe unterschritt.

30

dd) Da vom LSG keine weiteren Aufrechnungen festgestellt worden sind, sind § 43 Abs 2 Satz 2 und 3 sowie Abs 3 SGB II vorliegend nicht als Maßstäbe für die Überprüfung der streitbefangenen Aufrechnung heranzuziehen.

31

ee) Dass die Aufrechnungsentscheidungen des Beklagten keinen Endzeitpunkt der erklärten Aufrechnung bestimmen, wahrt die Vorgaben des § 43 SGB II. Nach § 43 Abs 4 Satz 2 SGB II endet die Aufrechnung spätestens drei Jahre nach dem Monat, der auf die Bestandskraft der in Abs 1 genannten Entscheidungen folgt; Bezug genommen ist damit auf Entscheidungen der Leistungsträger über ihre Ansprüche iS des § 43 Abs 1 SGB II. Dieser Vorgabe ist nicht zu entnehmen, dass das Ende der Aufrechnung im Verwaltungsakt iS des § 43 Abs 4 Satz 1 SGB II zu regeln ist. Dagegen spricht vielmehr, dass nach § 43 Abs 4 Satz 3 SGB II Zeiten, in denen die Aufrechnung nicht vollziehbar ist, den Aufrechnungszeitraum entsprechend verlängern. Das Eintreten solcher Zeiten, etwa aufgrund von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Aufrechnung, lässt sich indes im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung nicht bereits absehen (zu den Verlängerungstatbeständen vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 43 RdNr 164, Stand: Februar 2013). Der Regelungssystematik des § 43 Abs 4 SGB II ist daher zu entnehmen, dass das Ende der Aufrechnung nicht zwingend im Verwaltungsakt zu regeln ist, durch den die Aufrechnung erklärt wird. Der Endzeitpunkt ergibt sich vielmehr aus dem Gesetz ("spätestens drei Jahre nach dem Monat, der auf die Bestandskraft" der Entscheidung über den Anspruch "folgt"; Zeiten fehlender Vollziehbarkeit "verlängern den Aufrechnungszeitraum"), es sei denn, im Rahmen des Auswahlermessens ("endet spätestens") wird vom Leistungsträger von vornherein eine vom Gesetz abweichende kürzere Dauer der Aufrechnung erklärt; § 43 Abs 4 Satz 2 SGB II zwingt nicht zu einer Ausschöpfung der längstmöglichen Aufrechnungsdauer(vgl BT-Drucks 17/3404 S 117: Aufrechnung kann "längstens bis zum Ablauf von drei Jahren erklärt und vollzogen werden"; vgl auch Burkiczak in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 43 RdNr 43, 45; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 43 RdNr 106, 111, 161, Stand: Februar 2013; Hölzer in Estelmann, SGB II, § 43 RdNr 60, Stand: Mai 2015; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 43 SGB II RdNr 17, Stand: Dezember 2012; O. Loose in GK-SGB II, § 43 RdNr 41, 66, Stand: Januar 2015).

32

Wird - wie hier - eine kürzere Dauer nicht erklärt, ist der gesetzliche Endzeitpunkt der laufenden Aufrechnung vom Leistungsträger unter Kontrolle zu halten. Dass der Beklagte sich vorliegend dieser zeitlichen Begrenzung bewusst war und er sich nicht für eine von vornherein verkürzte Aufrechnung entschieden hat, ergibt sich aus den Begründungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid; in diesen wird auf die gesetzliche Regelung und "die maximal mögliche Aufrechnungsdauer von drei Jahren" Bezug genommen. Gründe, weshalb vorliegend die gesetzlich zulässige Aufrechnungsdauer von längstens drei Jahren ermessensfehlerhaft sein könnte, drängen sich dem Senat nicht auf.

33

6. Die gemessen an den gesetzlichen Voraussetzungen rechtmäßige streitbefangene Aufrechnung verletzt den Kläger auch nicht in seinen Grundrechten.

34

a) Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für eine Aufrechnung in Höhe von 30 % des jeweils maßgebenden Regelbedarfs über bis zu drei Jahre bei einer auf vorwerfbarem Verhalten des Leistungsberechtigten beruhenden Erstattungsforderung wegen zu Unrecht erbrachter Leistungen steht mit Verfassungsrecht in Einklang.

35

aa) Sie ist mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG) vereinbar, das durch das BVerfG näher konturiert worden ist (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1, 3, 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12; BVerfG Urteil vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10, 2/11 - BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2; BVerfG Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10, 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34).

36

(1) Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist als Gewährleistungsrecht von vornherein auf die Ausgestaltung durch den Gesetzgeber angelegt (vgl näher Aubel, Das Gewährleistungsrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, in Emmenegger/Wiedmann, Linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - erörtert von den wissenschaftlichen Mitarbeitern, Band 2, 2011, 273; Mayen, Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Gewährleistungsrecht als leistungsrechtliche Grundrechtsdimension, in Sachs/Siekmann, FS Klaus Stern, 2012, 1451). Es ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen gesetzlichen Leistungsanspruch eingelöst werden, der indes der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber bedarf. Das Gewährleistungsrecht bedingt nicht, dass existenzsichernde Leistungen voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden müssten, und es fordert nicht, die gesetzliche Ausgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Richtung auf ein bedingungsloses Grundeinkommen zu entwickeln. Bei der Ausgestaltung des Grundrechts steht dem Gesetzgeber vielmehr ein Gestaltungsspielraum zu, innerhalb dessen er die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat (vgl bereits BSG Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 19/14 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 31a Nr 1, RdNr 51, 53 mwN).

37

Gegenstand der Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums als Gewährleistungsrecht durch den Gesetzgeber sind nicht nur die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und das Verfahren ihrer Bemessung und Anpassung. Gegenstand können vielmehr auch Leistungsvoraussetzungen und -ausschlüsse (vgl § 7 SGB II), Leistungsminderungen (vgl §§ 31 ff SGB II) und Leistungsmodalitäten (vgl §§ 37, 41 und 42 SGB II) sein. Bei der Aufrechnung nach § 43 SGB II handelt es sich um eine Leistungsmodalität in diesem Sinne. Unmittelbarer Maßstab für ihre verfassungsrechtliche Prüfung ist nicht, ob die Leistungen evident unzureichend sind und ob sie, sind sie nicht evident unzureichend, durch den Gesetzgeber verfahrensgerecht bemessen worden sind (zur Beantwortung dieser Fragen vgl bereits BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 153/11 R - BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17; BSG Urteil vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18; BVerfG Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10, 12/12, 1 BvR 1691/13 - BVerfGE 137, 34). Vielmehr bedarf verfassungsrechtlicher Prüfung, ob gegen bewilligte existenzsichernde Leistungen in Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs über bis zu drei Jahre aufgerechnet werden kann mit bestandskräftigen Erstattungsansprüchen wegen zu Unrecht erbrachter Leistungen, die auf einem dem Leistungsberechtigten vorwerfbaren Verhalten beruhen. Insoweit ist dem Grundrecht als Gewährleistungsrecht zu entnehmen, dass dem Gesetzgeber das Knüpfen negativer Konsequenzen an vorwerfbares Verhalten von Leistungsberechtigten jedenfalls solange nicht verwehrt ist, wie sichergestellt ist, dass den Betroffenen die auch in dieser Lage unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen (vgl bereits BSG Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 19/14 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 31a Nr 1, RdNr 54).

38

(2) Die Aufrechnung nach § 43 SGB II, die die Höhe der Leistungsbewilligung unberührt lässt, aber die bewilligten Leistungen nicht ungekürzt dem Leistungsberechtigten zur eigenverantwortlichen Verwendung zur Verfügung stellt, ist eine verfassungsrechtlich zulässige Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts(anderer Auffassung: Conradis in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 43 RdNr 23). Sie ist vereinbar sowohl mit der aus diesem Recht folgenden Verpflichtung des Staates dafür Sorge zu tragen, dass den wegen Fehlens der notwendigen materiellen Mittel Hilfebedürftigen diejenigen Mittel zur Verfügung stehen, die für ihre physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind, als auch mit der durch dieses Recht geforderten Befriedigung des elementaren Lebensbedarfs eines Menschen in dem Augenblick, in dem er besteht (vgl BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1, 3, 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 134, 140 sowie Leitsatz 1 dieses Urteils; BVerfG Urteil vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10, 2/11 - BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 RdNr 98).

39

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass bei der Regelung einer Aufrechnung der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers größer ist, wenn - wie vorliegend - für die Aufrechnung an einen Erstattungsanspruch des Leistungsträgers nach § 45 Abs 2 iVm § 50 SGB X angeknüpft wird. Denn anders als bei einem Erstattungsanspruch nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 50 SGB X wird insoweit nicht nur an einen bloßen Zahlungszufluss beim Leistungsberechtigten angeknüpft, sondern an einen Aufhebungssachverhalt, der von einem dem Leistungsberechtigten vorwerfbaren Verhalten mitgeprägt ist(BT-Drucks 17/3404 S 116; vgl auch Siebel-Huffmann in Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, RdNr 483: Unterscheidung bei der Höhe der Aufrechnung "zwischen sozialwidrigen Fällen und schlichten Überzahlungen"). Zwar dient die Aufrechnung weder der Ahndung dieses Verhaltens noch der Erziehung des Leistungsberechtigten, doch bezieht sie sich auf eine vorwerfbare Veranlassung der Erstattungsforderung durch den Leistungsberechtigten. § 43 SGB II knüpft damit an seine Eigenverantwortung als Mensch, der sein Handeln in Freiheit selbst bestimmt, an. Auch diese Eigenverantwortlichkeit ist Teil der Art 1 Abs 1 GG zugrunde liegenden Vorstellung vom Menschen (vgl dazu zuletzt BVerfG Beschluss vom 15.12.2015 - 2 BvR 2735/14 - juris RdNr 53 f mwN). Mit Blick hierauf steht das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auch einer Minderung des Alg II-Anspruchs um 30 % des maßgebenden Regelbedarfs für drei Monate bei Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II oder Meldeversäumnissen nach § 32 SGB II nicht entgegen(BSG Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 19/14 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 31a Nr 1, RdNr 50 ff; die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung angenommen worden: BVerfG 1. Senat 3. Kammer Beschluss vom 11.12.2015 - 1 BvR 2684/15).

40

Im Einzelnen hält sich die Aufrechnung in Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs in dem durch das Gewährleistungsrecht vorgegebenen verfassungsrechtlichen Rahmen, weil ihre Ausgestaltung durch den Gesetzgeber in § 43 SGB II selbst als auch durch weitere anwendbare gesetzliche Vorschriften Regelungen aufweist, die die Berücksichtigung persönlicher Umstände des Leistungsberechtigten vor Erklärung und während einer Aufrechnung ermöglichen, und die hinreichend sicherstellen, dass den Betroffenen trotz Einbehaltung von bewilligten Leistungen zur Rückführung vorwerfbar veranlasster Erstattungsforderungen die auch in dieser Lage unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen:

41

Zum einen steht die Entschließung zur Aufrechnung im Ermessen der Jobcenter und es kann von diesen von einer Aufrechnung ua bei in der Person des Leistungsberechtigten liegenden Gründen abgesehen werden; diese Gründe können so gewichtig sein, dass die allein ermessensfehlerfreie Entscheidung das Absehen von einer Aufrechnung ist (Ermessensreduzierung auf null). Entsprechend hat der Leistungsberechtigte die Möglichkeit, vor der Ermessensentscheidung des Jobcenters Gründe geltend zu machen, die für ein Absehen von der Aufrechnung streiten können und die im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen sind. Neben einem Absehen von der Aufrechnung kommt als Ermessensbetätigung auch die Erklärung nur einer zeitlich verkürzten Aufrechnung in Betracht. Bei den Ermessenserwägungen zu berücksichtigende Umstände können zB sein das Ausmaß der Vorwerfbarkeit für die Veranlassung der Erstattungsforderung und die Höhe der Erstattungsforderung wegen zu Unrecht erbrachter Leistungen, die Bereitschaft zu freiwilligen Teilzahlungen oder Ratenzahlungen zur Rückführung der Erstattungsforderung sowie entsprechende Zahlungsbemühungen, die Durchführung von Aufrechnungen bereits in der Vergangenheit oder noch laufende Aufrechnungen, die sich durch eine neue Aufrechnung erledigen würden, das Zusammentreffen von Aufrechnung und Minderung nach §§ 31 ff SGB II und das Zusammenleben mit minderjährigen Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft.

42

Zum anderen kann die erklärte Aufrechnung vor Ablauf ihrer längstmöglichen Dauer iS des § 43 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB II vorzeitig beendet werden. Denn sie ist ein Dauerverwaltungsakt und unterliegt als solcher den Vorgaben des § 48 SGB X, insbesondere des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X, § 40 Abs 2 Nr 3 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III, weshalb bei einer wesentlichen Änderung in den Verhältnissen zugunsten des Betroffenen (hier: Eintritt von gegen die Fortdauer der Aufrechnung sprechenden Umständen) die Aufrechnung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist.

43

Zudem sehen § 43 Abs 2 Satz 2 und 3 sowie Abs 3 SGB II Regelungen vor, die zu jedem Zeitpunkt ein Aufsummieren von Aufrechnungen auf über 30 % des maßgebenden Regelbedarfs vermeiden und so eine gesetzliche Höchstgrenze einziehen.

44

Schließlich enthält das SGB II Regelungen, auf deren Grundlage sonst nicht gedeckte, aber aus verfassungsrechtlichen Gründen tatsächlich zu deckende existenznotwendige Bedarfe während der Aufrechnung durch ergänzende Leistungen gedeckt werden können. Für einmalige Bedarfsspitzen vom Regelbedarf umfasster Bedarfe sieht insoweit § 24 Abs 1 SGB II zur Vermeidung von Deckungslücken eine darlehensweise Leistung vor; nach § 44 SGB II kann der Rückzahlungsanspruch des Jobcenters dem Leistungsberechtigten erlassen werden, wenn dessen Einziehung nach Lage des Falles unbillig wäre; eine Aufrechnung nach § 42a Abs 2 SGB II ist neben einer Aufrechnung in Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfs nach § 43 SGB II ohnehin ausgeschlossen(§ 43 Abs 3 Satz 2 SGB II). Für Härtefallmehrbedarfe sieht § 21 Abs 6 SGB II einen zusätzlichen Leistungsanspruch zum Regelbedarf vor, der als Zuschuss geleistet wird. Mit diesen gesetzlichen Kompensationsmöglichkeiten bei besonderen Bedarfslagen kann verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Härten im Einzelfall begegnet werden.

45

Berücksichtigung verdient letztlich auch, dass im Existenzsicherungsrecht mit § 43 SGB II als § 51 SGB I verdrängender Sonderregelung kein Neuland betreten worden ist(vgl Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 43 RdNr 4 f). Vielmehr steht diese Ausgestaltung des Gewährleistungsrechts in einer Regelungstradition. Mit § 43 SGB II sollte in Anlehnung an § 25a BSHG die gegenüber § 51 SGB I verschärfte Haftung "bis auf das Unerlässliche" geregelt werden(so zur ersten Entwurfsfassung BT-Drucks 15/1516 S 63), wenn es sich um Ansprüche des Leistungsträgers auf Erstattung oder auf Schadenersatz handelt, die der Hilfebedürftige durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst hat. Mit § 25a war dem BSHG ab 27.6.1993 eine Aufrechnungsregelung hinzugefügt worden (FKPG vom 23.6.1993, BGBl I 944). Erfasst werden sollte der typische Fall des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 iVm § 50 SGB X(BT-Drucks 12/4401 S 82). An § 25a BSHG knüpft zudem nicht nur § 43 SGB II, sondern seit 1.1.2005 auch die Aufrechnung nach § 26 SGB XII an. Deren Anwendungsbereich ist gegenüber der Vorgängerregelung im BSHG noch erweitert worden (BT-Drucks 15/1514 S 58).

46

bb) Soweit in der Aufrechnung gegen den Willen des Leistungsberechtigten ein eigenständiger Eingriff in dessen Dispositionsfreiheit als Ausdruck seiner allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art 2 Abs 1 GG liegt, weil ihm die bewilligten Leistungen nicht in voller Höhe zur eigenverantwortlichen Verwendung zur Verfügung gestellt werden, ist dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Denn er wahrt die Vorgaben des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Aufrechnung nach dem SGB II dient mit der Privilegierung der Leistungsträger als Gläubiger einer Erstattungsforderung gegen einen Leistungsberechtigten, der durch vorwerfbares Handeln zu Unrecht existenzsichernde Leistungen erhalten hat, zum einen einem verfassungsrechtlich legitimen Zweck. Zum anderen ist die Aufrechnung gegen einen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen mit einem Erstattungsanspruch geeignet, diesen Zweck zu erreichen, ohne dass ein gleich geeignetes, aber den Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Rückführung einer Erstattungsforderung gegen einen Leistungsberechtigten zur Verfügung steht. Seine Heranziehung zur Erstattung ihm zu Unrecht erbrachter Leistungen gegen seinen Willen wahrt zudem die Grenzen der Angemessenheit. Denn auch im Rahmen der hier vorzunehmenden verfassungsrechtlichen Abwägung der widerstreitenden Interessen einerseits des Leistungsträgers und derjenigen, die zu Unrecht erbrachte Leistungen mit ihren Steuern finanzieren, und andererseits der Leistungsberechtigten ist zu beachten, dass die gesetzlichen Regelungen für eine Aufrechnung eine Ermessensausübung und die Möglichkeit ergänzender Leistungen während einer Aufrechnung vorsehen. Den Interessen des Leistungsberechtigten kann durch diese Korrekturoptionen im Einzelfall hinreichend Rechnung getragen werden.

47

cc) Von vornherein scheidet ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG aus. Das Gleichheitsrecht vermag für die gesetzliche Ausgestaltung des Existenzminimums keine weiteren Maßstäbe zu setzen (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1, 3, 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 145).

48

Soweit mit der Revision die Privilegierung der Leistungsträger durch die Sonderregelung in § 43 SGB II als gleichheitswidrig im Vergleich zur Aufrechnung gegen andere Sozialleistungen sowie zur Zwangsvollstreckung zwischen Gläubigern und Schuldnern im Zivilrecht gerügt wird, ist darauf hinzuweisen, dass das Gleichheitsrecht nicht schlechterdings vor der unterschiedlichen Behandlung vergleichbarer Situationen in unterschiedlichen Rechtsregimen schützt. Die Aufrechnung im Sozialrecht und die zivilrechtliche Zwangsvollstreckung kennen Schutzregelungen für SGB II-Leistungsberechtigte, denen die Aufrechnung im SGB II zwischen Leistungsträgern und Leistungsberechtigten eben deshalb nicht entspricht, weil ohne diese Sonderregelung Erstattungsforderungen des Leistungsträgers wegen zu Unrecht erbrachter existenzsichernder Leistungen bei laufendem Bezug dieser Leistungen nie gegen den Leistungsberechtigten durchgesetzt werden könnten. Dieser Sachgrund rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung im SGB II; ihre gesetzliche Ausgestaltung ist nicht an Art 3 Abs 1 GG zu messen, sondern - wie geschehen - am Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums.

49

dd) Alles in allem kann sich der Senat nicht die notwendige Überzeugung verschaffen, dass die gesetzliche Ermächtigung des § 43 SGB II zur Aufrechnung in Höhe von 30 % des jeweils maßgebenden Regelbedarfs über bis zu drei Jahre bei einer auf vorwerfbarem Verhalten des Leistungsberechtigten beruhenden Erstattungsforderung wegen zu Unrecht erbrachter Leistungen verfassungswidrig ist(wie hier: LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 13.9.2013 - L 19 AS 662/13 - juris RdNr 28 ff; Burkiczak in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 43 RdNr 37; Dauber in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 43 SGB II RdNr 6, Stand: April 2013; Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 43 RdNr 23; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 43 RdNr 122, Stand: Februar 2013; O. Loose in GK-SGB II, § 43 RdNr 64 ff, Stand: Januar 2015; Merten in BeckOK-SGB II, § 43 RdNr 21, Stand: September 2015; anderer Auffassung: Conradis in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 43 RdNr 23; zweifelnd: Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 43 SGB II RdNr 3 ff, Stand: Dezember 2012; für eine restriktive Auslegung: Hölzer in Estelmann, SGB II, § 43 RdNr 63 ff, Stand: Mai 2015). Eine Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG kommt deshalb nicht in Betracht.

50

b) Eine Grundrechtsverletzung des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem und für den hier zu entscheidenden Fall.

51

Der Kläger hat sich im Anhörungsverfahren nicht geäußert und im Widerspruchsverfahren keine Gründe gegen die Aufrechnung geltend gemacht, die für ein Absehen von der Aufrechnung oder für eine nur zeitlich verkürzte Aufrechnung streiten könnten. Weder den Feststellungen des LSG noch dem Vorbringen des Klägers ist zu entnehmen, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers eingetreten ist, die für eine Aufhebung der laufenden Aufrechnung sprechen könnte. Auch ist weder erkennbar noch vom Kläger im Rahmen einer Rüge vorgetragen, dass während der Aufrechnung Bedarfslagen eingetreten und vom Kläger geltend gemacht worden sind, die Ansprüche nach § 24 Abs 1 oder § 21 Abs 6 SGB II auslösten und denen vom Beklagten nicht entsprochen worden ist. Es fehlen damit Anhaltspunkte dafür, dass die zur Überzeugung des Senats verfassungskonforme Ermächtigungsgrundlage des § 43 SGB II im konkreten Fall in einer Weise angewandt worden sein könnte, die mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in Einklang steht.

52

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Darlehen werden nur erbracht, wenn ein Bedarf weder durch Vermögen nach § 12 Absatz 2 und 4 Satz 1 noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Darlehen können an einzelne Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften oder an mehrere gemeinsam vergeben werden. Die Rückzahlungsverpflichtung trifft die Darlehensnehmer.

(2) Solange Darlehensnehmer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Monat, der auf die Auszahlung folgt, durch monatliche Aufrechnung in Höhe von 5 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs getilgt. § 43 Absatz 3 gilt entsprechend. Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären. Satz 1 gilt nicht, soweit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden oder soweit bereits gemäß § 43 in Höhe von mehr als 20 Prozent des für die Darlehensnehmer maßgebenden Regelbedarfs gegen deren Ansprüche auf Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgerechnet wird.

(3) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Absatz 5 sind nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe und Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 22 Absatz 6 bei Rückzahlung durch den Vermieter sofort in Höhe des noch nicht getilgten Darlehensbetrages fällig. Deckt der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.

(4) Nach Beendigung des Leistungsbezuges ist der noch nicht getilgte Darlehensbetrag sofort fällig. Über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags soll eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden.

(5) Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 27 Absatz 3 sind abweichend von Absatz 4 Satz 1 erst nach Abschluss der Ausbildung fällig. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) Sofern keine abweichende Tilgungsbestimmung getroffen wird, werden Zahlungen, die zur Tilgung der gesamten fälligen Schuld nicht ausreichen, zunächst auf das zuerst erbrachte Darlehen angerechnet.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. April 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die von der Beklagten vorgenommene Verrechnung eines Teils seiner laufenden monatlichen Rentenansprüche mit gegen ihn gerichteten Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Nebenforderungen der Einzugsstelle.

2

Der 1938 geborene Kläger war Inhaber eines Lebensmittelgeschäftes und beschäftigte mehrere Arbeitnehmer. Die KKH als Einzugsstelle erteilte dem Kläger Bescheide über abzuführende Gesamtsozialversicherungsbeiträge nebst Säumnis- und Verwaltungszuschlägen für die Monate März 1996 bis März 1997 (Beitragsbescheide vom 22.4.1996 iHv 9556,18 DM; vom 6.6.1996 iHv 9575,44 DM; vom 21.6.1996 iHv 8920,58 DM; vom 22.7.1996 iHv 9148,48 DM; vom 21.8.1996 iHv 9308,94 DM; vom 23.9.1996 iHv 4506,26 DM; vom 22.10.1996 iHv 663,14 DM; vom 25.11.1996 iHv 663,14 DM; vom 10.3.1997 iHv 663,14 DM, 672,88 DM bzw 684,24 DM; vom 24.3.1997 iHv 684,24 DM; vom 22.4.1997 iHv 684,24 DM). Von den bindend festgestellten Beitragsforderungen (iHv insgesamt 55 731,90 DM = 28 495,27 Euro) beglich der Kläger lediglich die Beitragsforderung für März 1996 anteilig. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft H. vom 19.4.1999 erging gegen ihn ein rechtskräftiger Strafbefehl wegen eines Vergehens der Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben gemäß § 266a Abs 1 StGB.

3

Am 11.11.2002 ging bei der Beklagten die Kopie eines Schreibens der KKH vom 3.3.1999 ein, das ursprünglich an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gerichtet war. In diesem Schreiben ermächtigte die KKH die Beklagte, die im Zeitraum von März 1996 (Rest) bis April 1997 iHv insgesamt 60 638,54 DM (Stand 3.3.1999) entstandenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge gegen den Kläger mit laufenden Rentenzahlungen zu verrechnen.

4

Die Beklagte hörte den Kläger im Januar 2005 zur beabsichtigten Verrechnung auf der Grundlage der Forderung der Einzugsstelle iHv 48 665,59 Euro mit der Hälfte der monatlich ausgezahlten Altersrente iHv 848,89 Euro (verbleibender Rest 424,45 Euro) an. Dieser übersandte eine Bedürftigkeitsbescheinigung des Landrats des Landkreises M., Abteilung Grundsicherung, vom 10.3.2005, aus der sich ein den fiktiven Anspruch auf Grundsicherungsleistungen iHv 670,69 Euro übersteigendes Einkommen des Klägers iHv 192,36 Euro ergab; der Kläger wandte jedoch ein, dass dabei weder der erhöhte Bedarf nach § 30 Abs 1 SGB XII wegen Erreichens der Altersgrenze noch tatsächlich höhere Wohnkosten berücksichtigt seien.

5

Mit Bescheid vom 3.6.2005 verrechnete die Beklagte die Forderung der Einzugsstelle aus Gesamtsozialversicherungsbeiträgen iHv 48 665,59 Euro (Stand 10.1.2005) für den Beitragszeitraum vom 1.3.1996 bis zum 30.4.1997: Von der dem Kläger gewährten Altersrente iHv 979,67 Euro werde monatlich ein Betrag iHv 188,21 Euro einbehalten. Der Restbetrag iHv 791,46 Euro werde ausgezahlt. Nach der Bedürftigkeitsbescheinigung vom 10.3.2005 übersteige das Einkommen des Klägers seinen monatlichen Bedarf um den verrechneten Betrag. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.9.2005). Die im Rahmen des Ermessens berücksichtigte Bedarfssituation des Klägers trete hinter dem Interesse der Versichertengemeinschaft an der zweckgebundenen Verwendung ihrer Gelder und dem Gebot der Gleichbehandlung zurück.

6

Das Klage- und Berufungsverfahren blieb erfolglos (Urteile des SG Halle vom 6.8.2007 und des LSG Sachsen-Anhalt vom 23.4.2009). Das LSG hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Beiladung der KKH zum Rechtsstreit sei iS von § 75 Abs 2 Halbs 1 SGG nicht notwendig gewesen. Die Einzugsstelle trete nach außen im Rahmen eines Treuhandverhältnisses als alleinige Inhaberin der Gesamtsozialversicherungsbeiträge auf; die Sozialversicherungsträger, die die Versicherung der Arbeitnehmer durchführten, blieben jedoch Gläubiger des Beitragsanspruchs (Hinweis auf BSGE 101, 1 = SozR 4-2400 § 28h Nr 5). Die Einzugsstelle sei an dem Rechtsstreit nicht in der Weise beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen könne.

7

Der angefochtene Verrechnungsbescheid sei nicht rechtswidrig. Die Beklagte habe die Verrechnung gemäß § 52 SGB I durch Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X vornehmen dürfen(Hinweis auf Senatsbeschluss vom 5.2.2009 - B 13 R 31/08 R - Juris). Die formellen Anforderungen an die Begründung der Ermessensentscheidung lägen vor. Auch die materiellen Anforderungen an die Verrechnung von Beitragsansprüchen iS von § 51 Abs 2 SGB I seien erfüllt. Die Aufrechnungslage habe bestanden; die Gesamtsozialversicherungsbeiträge im Zeitraum von März 1996 bis März 1997 seien fällig gewesen und durch bindende Bescheide festgestellt worden. Der Kläger habe ihnen die fälligen Beitragsforderungen nebst Säumnis- und Verwaltungszuschlägen entnehmen können. Die Gesamtsozialversicherungsbeiträge seien auch nicht verjährt. Denn wenn der Schuldner zum Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit der Beiträge oder innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 S 1 SGB IV bösgläubig sei bzw werde, verjährten diese Ansprüche nach § 25 Abs 1 S 2 SGB IV erst in 30 Jahren(Hinweis auf BSG SozR 3-2400 § 25 Nr 7).

8

Der zur Verrechnung gestellte monatliche Betrag iHv 188,21 Euro auf die dem Kläger zustehenden monatlichen Rentenleistungen führe auch nicht zur Hilfebedürftigkeit iS des SGB XII. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihre Berechnungen auf die Bedürftigkeitsbescheinigung des Grundsicherungsträgers vom 10.3.2005 gestützt habe. Der Kläger habe trotz Aufforderung keine Nachweise über seine monatlichen Einnahmen bzw notwendigen Aufwendungen erbracht und seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Er habe weder den Mehrbedarf gemäß § 30 Abs 1 SGB XII(Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G) noch den behaupteten Bedarf für Unterkunftskosten (iHv 536 Euro) belegt.

9

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger, dass die "Aufrechnung" durch Verwaltungsakt erfolgt sei. Es sei noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob die "Aufrechnungserklärung" nicht vielmehr die rechtsgeschäftliche Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsanspruchs sei, der kein Regelungscharakter zukomme. Im Übrigen seien die von der KKH geltend gemachten Forderungen verjährt. Die 30-jährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs 1 S 2 SGB IV) hätten die Vordergerichte nicht festgestellt, sodass es lediglich auf die vierjährige Verjährungsfrist (§ 25 Abs 1 S 1 SGB IV) ankomme. Die Verjährung sei nicht nach § 208 ff BGB aF unterbrochen worden, weil weder ein Anerkenntnis vorliege noch die Forderungen geltend gemacht worden seien.

10

Der Senat hat mit Beschluss vom 6.8.2010 das Ruhen des Verfahrens (§ 251 S 1 ZPO iVm § 202 SGG) bis zur Entscheidung des Großen Senats im Verfahren GS 2/10 angeordnet. Dieser hat am 31.8.2011 entschieden, dass die Verrechnung gemäß § 52 SGB I durch Verwaltungsakt geregelt werden darf(BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4). Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24.4.2012 die Wiederaufnahme des Revisionsverfahrens beantragt, ohne darzulegen, weshalb er den Rechtsstreit noch fortsetzt.

11

Der Kläger beantragt sinngemäß,

        

das Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 23. April 2009 und das Urteil des SG Halle vom 6. August 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2005 aufzuheben.

12

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

13

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

15

Der angefochtene Verrechnungsbescheid ist rechtmäßig ergangen (1.). Die bestandskräftig festgestellten Gesamtsozialversicherungsbeiträge sind nicht verjährt (2.). Der Verrechnung stand nicht die Hilfebedürftigkeit des Klägers entgegen (3.). Einer Beiladung der Einzugsstelle zum Rechtsstreit bedurfte es nicht (4.).

16

1. Das Begehren des Klägers, den Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 3.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.9.2005 aufzuheben, hat keinen Erfolg. Die Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Alt 1 SGG) ist zulässig, aber unbegründet. Der Verrechnungsbescheid ist rechtmäßig ergangen.

17

Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger - hier die Beklagte - mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers - hier der Einzugsstelle - dessen Ansprüche gegen den Berechtigten - den Kläger - mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen - hier auf Rentenauszahlung - mit Ansprüchen (jeder Art) gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen und - wie hier - mit Beitragsansprüchen nach dem SGB kann der zuständige Leistungsträger nach § 51 Abs 2 SGB I gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig nach den Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird(§ 51 Abs 2 SGB I).

18

Der Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 3.6.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.9.2005 war nicht deshalb rechtswidrig, weil die Verrechnung durch Verwaltungsakt erfolgt ist. Vielmehr konnte die Beklagte die Verrechnung einseitig nur in dieser Handlungsform (und nicht durch sog öffentlich-rechtliche Willenserklärung) vornehmen. Nach der während des Revisionsverfahrens ergangenen Entscheidung des Großen Senats vom 31.8.2011 (vgl BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4) steht fest, dass die Beklagte die Verrechnung durch Verwaltungsakt regeln durfte (im Anschluss vgl die Senatsurteile vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 und B 13 R 109/11 R).

19

a) Die formellen Voraussetzungen eines Verrechnungs-Verwaltungsakts liegen vor. Die Beklagte hatte den Kläger vor dessen Erlass gemäß § 24 Abs 1 SGB X angehört. Sie hat auch das ihr gemäß § 52 iVm § 51 Abs 2 SGB I zustehende Ermessen erkannt und im Widerspruchsbescheid pflichtgemäß ausgeübt(§ 39 Abs 1 SGB I).

20

Der Verrechnungs-Verwaltungsakt war auch iS von § 33 Abs 1 SGB X "inhaltlich hinreichend bestimmt"(zu den näheren Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis vgl Senatsurteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 46 ff). Der streitige Bescheid erklärte die Verrechnung bestimmter, von der Beklagten dem Kläger geschuldeter Rentenleistungen mit einer - nach Art und Umfang - bestimmten, weil betragsmäßig genau bezifferten (Gesamt-)Forderung der Einzugsstelle aus rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeiträgen iHv insgesamt 48 665,59 Euro (Stand 10.1.2005) für den Beitragszeitraum vom 1.3.1996 bis zum 30.4.1997. Von der dem Kläger gewährten Altersrente iHv 979,67 Euro/Monat wurde ein Teilbetrag iHv 188,21 Euro zur Verrechnung mit Beitragsrückständen einbehalten und der Restbetrag iHv 791,46 Euro ausgezahlt. Aus dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt konnte der Kläger daher ohne Weiteres den jeweiligen Verrechnungsbetrag und den ihm aufgrund der Verrechnung mit den Forderungen der Einzugsstelle noch verbleibenden (monatlichen) Rentenauszahlungsbetrag entnehmen. Damit war für ihn klar ersichtlich, dass und in welchem Umfang seine Rentenzahlungsansprüche gegen die Beklagte und damit korrespondierend die gegen ihn bestehenden Forderungen der Einzugsstelle durch die Verrechnung jeweils erlöschen. Auf den Einwand des Klägers hat ihm die Einzugsstelle die bestandskräftigen Beitragsbescheide mit den Angaben zu Umfang, Entstehungszeitpunkt, Bezugszeitraum und Fälligkeit der Forderungen erneut mitgeteilt (vgl oben S 2). Hieraus ergab sich auch im Einzelnen die Höhe der Säumnis- und Verwaltungszuschläge.

21

b) Es bestand auch objektiv eine Verrechnungslage (entsprechend § 387 BGB). Eine solche ist gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: Forderungen der Einzugsstelle gegen den Kläger), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die (durch Einbehalt mittels Verwaltungsakt) verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch des Klägers aus der Regelaltersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (vgl BSGE 97, 63 = SozR 4-2500 § 255 Nr 1, RdNr 26; Senatsurteil vom 7.2.2012 - B 13 R 85/09 R - SozR 4-1200 § 52 Nr 5 RdNr 55).

22

Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die von der Verrechnungsermächtigung der Einzugsstelle erfassten und gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge (§ 28d SGB IV) waren entstanden und fällig; sie sind von der Einzugsstelle (§ 28h SGB IV) gegenüber dem Kläger durch Verwaltungsakte bestandskräftig festgestellt worden (§ 77 SGG). Die Zahlungsansprüche des Klägers auf die ihm zuerkannte Regelaltersrente waren jeweils entstanden und auch erfüllbar.

23

2. Der Verrechnung steht - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht die Verjährung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge entgegen. Bestandskräftig festgestellte Beitragsansprüche unterliegen der 30-jährigen Verjährung (§ 52 Abs 1 und 2 SGB X). Sie waren bei Erlass des Verrechnungsbescheids im Jahr 2005 noch nicht verjährt und konnten daher durch Verrechnung noch geltend gemacht werden. Allein der Erlass der Beitragsbescheide in den Jahren 1996 und 1997 reichte aus, um die Unterbrechung bzw Hemmung der Verjährung zu bewirken. Die Behörde musste zur Erreichung dieses Zwecks auch nicht besondere Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen oder etwa Leistungsklage erheben (vgl BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 16 mwN; dort RdNr 14 auch zur Neufassung des § 45 SGB I mit Wirkung ab 1.1.2002). Unanfechtbare Verwaltungsakte, die wie hier zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Leistungsträgers erlassen werden, stehen der rechtskräftigen Feststellung des Anspruchs durch Urteil gleich (vgl Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 52 RdNr 13).

24

Es kann offen bleiben, ob es, wie nach Ansicht des Klägers, auf § 218 BGB(in der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung ) für die Frage der Verjährung ankommt. Hieraus könnte er kein günstigeres Ergebnis ableiten. Gesamtsozialversicherungsbeiträge unterliegen zwar der kurzen (vierjährigen) Verjährungsfrist (§ 25 Abs 1 S 1 SGB IV); die kurze Verjährung verlängerte sich aber auch nach dieser Gesetzeslage auf 30 Jahre, wenn der Verwaltungsakt - wie hier - unanfechtbar geworden war (vgl § 52 SGB X in der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung, § 218 BGB aF; vgl auch BSG vom 10.12.1980 - 9 RV 25/80 - BSG SozR 2200 § 29 Nr 14 S 39). Der Senat musste daher nicht entscheiden, ob die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs 1 S 2 SGB IV hier nicht schon wegen vorsätzlich vorenthaltener Beiträge greift.

25

3. Die in § 52 iVm § 51 Abs 2 SGB I normierten Grenzen einer Verrechnung mit Beitragsforderungen sind eingehalten. Danach kann der Leistungsträger mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig iS der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird (§ 51 Abs 2 SGB I). Nach den bindenden Feststellungen des LSG hat die Beklagte einen Betrag iHv 188,21 Euro monatlich zur Verrechnung einbehalten und den Restbetrag der verbleibenden Altersrente iHv 791,46 Euro ausgezahlt. Entsprechend der vom LSG zugrunde gelegten Bedürftigkeitsbescheinigung des Grundsicherungsträgers vom 10.3.2005 übersteigt das Einkommen des Klägers den monatlichen Bedarf um den einbehaltenen Betrag, und es steht nicht zu befürchten, dass er bei einem verbleibenden Betrag von 791,46 Euro hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird. Soweit der Kläger einen Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 SGB XII bzw für Unterkunftskosten behauptet hat, hat das LSG bindend festgestellt, dass er die entsprechenden Nachweise nicht vorgelegt hat.

26

4. Einer Sachentscheidung steht nicht entgegen, dass das LSG die KKH als Einzugsstelle (§ 28h SGB IV) nicht zum Verfahren beigeladen hat. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Einzugsstelle an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann (zu deren Rechtsstellung vgl BSGE 101, 1 = SozR 4-2400 § 28h Nr 5, RdNr 15 mwN). Eine unterbliebene notwendige Beiladung zieht dann keine Aufhebung des angefochtenen Urteils und keine Zurückverweisung nach sich, wenn sich im Revisionsverfahren ergibt, dass die zu treffende Entscheidung aus Sicht des Revisionsgerichts den Beizuladenden nicht benachteiligen kann (vgl BSG SozR 4-3250 § 51 Nr 2 RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 6 RdNr 18; BSGE 66, 144, 146 = SozR 3-5795 § 6 Nr 1 S 3; BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34 S 68; BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 20). Da die Klage gegen den angefochtenen Verrechnungsbescheid in allen Instanzen erfolglos geblieben ist, ist eine Benachteiligung der Einzugsstelle nicht ersichtlich.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.