Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. Oktober 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Übernahme von dem Kläger durch einen Umzug entstandenen Kosten für einen Telefon- und Internetanschluss sowie einen Nachsendeantrag durch das beklagte Jobcenter.

2

Nachdem der im Alg II-Bezug stehende Kläger sich von seiner Ehefrau getrennt hatte, sicherte ihm der Beklagte die Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Wohnung zum 1.2.2012 und die Übernahme der Umzugskosten zu. Am 28.12.2011 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten verschiedener Einrichtungsgegenstände als Erstausstattung sowie für die Bereitstellung eines Telefon- und Internetanschlusses und für einen Nachsendeantrag. Mit Bescheid vom 16.1.2012 bewilligte der Beklagte dem auf einen Rollstuhl angewiesenen Kläger 1477,39 Euro für die Durchführung des Umzugs durch ein Umzugsunternehmen und lehnte darüber hinausgehende Zahlungen ab. Mit einem Bescheid vom 17.1.2012 bewilligte der Beklagte Kosten für die Erstausstattung der Wohnung in Höhe von 217 Euro. Die Übernahme der Kosten für die Bereitstellung eines Telefon- und Internetanschlusses sowie für den Nachsendeantrag lehnte er mit dem Hinweis ab, dass solche Kosten nach § 24 Abs 3 SGB II nicht erstattungsfähig seien. Die Widersprüche gegen beide Bescheide wies der Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 22.2.2012 zurück.

3

Dagegen hat der Kläger jeweils Klage erhoben, die Klagen hat das SG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Sodann hat das SG mit Urteil vom 31.7.2013 die Bescheide jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids geändert, den Beklagten verpflichtet, dem Kläger die nachgewiesenen angemessenen Kosten "für den Umzug des Telefon- und Internetanschlusses sowie für den Nachsendeantrag zu gewähren" und die Berufung zugelassen. Das LSG hat mit Urteil vom 6.10.2015 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, Streitgegenstand sei allein die Höhe der vom Beklagten zu übernehmenden Umzugskosten. Da der Kläger den Umzug inzwischen durchgeführt und die streitgegenständlichen Beträge beglichen habe, richte sich sein Begehren auf die Erstattung der von ihm verauslagten Kosten (Telefon- und Internetanschluss, einschließlich Mehrwertsteuer: 69,95 Euro; Nachsendeantrag: 15,20 Euro). Der Kläger, der die Voraussetzungen für Leistungsansprüche nach dem SGB II erfülle, habe vom Beklagten eine Zusicherung zu dem Umzug erhalten, weshalb das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert und er zur Erstattung der notwendigen und erforderlichen Umzugskosten verpflichtet sei.

4

Der Beklagte begründet seine vom LSG zugelassene Revision mit einem Verstoß gegen § 22 Abs 6 SGB II. Der Begriff der Umzugskosten sei restriktiv auszulegen, sog "Zusammenhangskosten", die nur anlässlich eines Umzugs oder im zeitlichen Zusammenhang mit diesem und damit lediglich mittelbar beim Leistungsberechtigten entstünden, seien nicht von § 22 Abs 6 SGB II umfasst. Vielmehr seien solche Kosten aus dem Regelbedarf zu bestreiten.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. Oktober 2015 und des Sozialgerichts Hannover vom 31. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist insofern begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 SGG). Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat verwehrt, weil das LSG zwar die Höhe der Kosten für die Bereitstellung des Telefon- und Internetanschlusses und für den Nachsendeantrag genau ermittelt, aber keine Feststellungen zu deren Angemessenheit getroffen hat.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind neben den Urteilen der Vorinstanzen die Bescheide des Beklagten vom 16.1.2012, mit dem er vor dem Hintergrund der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers für die Durchführung des Umzugs durch ein Umzugsunternehmen 1477,39 Euro bewilligt und weitere Umzugskosten abgelehnt hat, sowie vom 17.1.2012, mit dem der Beklagte für die Erstausstattung der Wohnung des Klägers 217 Euro bewilligt und weitere diesbezügliche Kosten, insbesondere die Übernahme der Kosten für die Bereitstellung des Telefon- und Internetanschlusses sowie für den Nachsendeantrag abgelehnt hat, beide in Gestalt von zwei Widerspruchsbescheiden vom 22.2.2012, in denen jeweils die Übernahme dieser Kosten ausdrücklich abgelehnt worden ist.

10

2. Richtige Klageart hinsichtlich des vom Kläger verfolgten Begehrens - Aufhebung der Ablehnung seines Antrags auf Übernahme der von ihm aufgewendeten Kosten für die Bereitstellung des Telefon- und Internetanschlusses sowie für den Nachsendeantrag und Verurteilung des Beklagten zur Zahlung dieser Kosten - ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG).

11

a) Wenn eine leistungsberechtigte Person sich die beantragte Leistung zwischenzeitlich selbst beschafft hat und nur noch um die Erstattung der dafür aufgewendeten Kosten gestritten wird, ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage die allein zulässige Klageart (siehe zum Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuletzt BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 37/13 R - RdNr 10 ff mwN; grundlegend BSG Urteil vom 21.11.1991 - 3 RK 17/90 - SozR 3-2500 § 13 Nr 2; Urteil vom 28.1.1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1). Bei der vorliegend gegebenen Konstellation, in der sich der Kläger den Telefon- und Internetanschluss selbst beschafft und die Nachsendung der Post in Auftrag gegeben und die angefallenen Kosten, die das LSG ausdrücklich festgestellt hat, genau beziffert hat, ist eine Verpflichtungsklage auf Übernahme der angemessenen, nachgewiesenen Kosten grundsätzlich mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 10 RdNr 13). Dies hat das LSG nicht beachtet und den Verpflichtungstenor des SG bestätigt.

12

Dennoch ist kein Raum für eine Abweisung der im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhobenen Verpflichtungsklage als unzulässig. Dem LSG hätte es vielmehr oblegen, aufgrund seiner Pflicht zum Hinwirken auf die Stellung sachgerechter Anträge eine Umstellung der Klage seitens des Klägers zu veranlassen (§ 153 Abs 1, § 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2, Abs 3 SGG) und auf die Notwendigkeit der Konkretisierung bzw Bezifferung des Klageantrags hinzuweisen (BSG Urteil vom 20.4.2010 - B 1/3 KR 22/08 R - BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 27; BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 37/13 R - RdNr 12). Der unterlassene Hinweis, der einen Verfahrensmangel darstellt, kann aufgrund des Gebots effektiven Rechtsschutzes aus Art 19 Abs 4 GG nicht zu Lasten der Beteiligten gehen (vgl zB BVerfGE 60, 1, 6; BVerfGE 75, 183, 190).

13

b) Die aufgrund der unterlassenen Hinweise nicht vorgenommene Verfahrenshandlung wäre zulässig gewesen. Der Kläger war befugt, seine Klage umzustellen und von einer nicht näher konkretisierten Verpflichtungsklage auf eine bezifferte Leistungsklage überzugehen. Dies folgt aus § 99 Abs 3 Nr 2 SGG, nach dem ua eine Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrunds nicht als Klageänderung anzusehen ist(vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4 mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor, denn umstritten war in dem Klageverfahren von Anfang an die Übernahme der Kosten für die Bereitstellung des Telefon- und Internetanschlusses sowie für den Nachsendeantrag, die dem Kläger aufgrund des Umzugs entstanden sind.

14

Dem Übergang von einer Verpflichtungs- zu einer Leistungsklage steht auch nicht das Verbot der "reformatio in peius" im Verhältnis zu dem allein die Berufung führenden Beklagten entgegen (BSG Urteil vom 17.5.1988 - 10 RKg 3/87 - BSGE 63, 167 = SozR 1500 § 54 Nr 85 S 85; vgl zu reformatio in peius nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, aaO, § 123 RdNr 5 ff mwN). Wäre das LSG seinen Hinweispflichten nachgekommen, hätte der Kläger bereits im Laufe des Berufungsverfahrens Anschlussberufung einlegen können. Diese ist an keine Frist gebunden (siehe nur BSG Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - BSGE 106, 110 = SozR 4-2500 § 106 Nr 27, RdNr 26 ff) und bietet die Möglichkeit, die vom Berufungskläger angefochtene Entscheidung auch zugunsten des sich Anschließenden, also in Bezug auf den Berufungskläger unter Ausschaltung des Verbots der reformatio in peius, zu ändern (siehe dazu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, aaO, § 143 RdNr 5a mwN zur Rechtsprechung des BSG). Wegen der fristlos möglichen Anschlussberufung kann diese auch noch im wiedereröffneten Berufungsverfahren eingelegt werden.

15

3. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die angefochtenen Bescheide ist zulässig. Über die von dem Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verneinte Frage, ob zu den übernahmefähigen Kosten bei einem aufgrund einer Zusicherung gemäß § 22 Abs 6 SGB II durchgeführten Umzug auch die Kosten für die Bereitstellung eines Telefon- und Internetanschlusses sowie für einen Nachsendeantrag gehören oder ob zumindest die Bereitstellungskosten für den Telefon- und Internetanschluss als Bedarf für die Erstausstattung einer Wohnung gemäß § 24 Abs 3 Nr 1 SGB II zu übernehmen sind, kann isoliert entschieden werden. Die Wohnungsbeschaffungs- oder Umzugskosten gemäß § 22 Abs 6 SGB II stellen einen eigenständigen abtrennbaren Streitgegenstand dar(BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, RdNr 11). Auch die Sonderbedarfe gemäß § 24 SGB II erlauben eine abgetrennte Entscheidung(BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 11 RdNr 9). Insofern ist über die betroffenen Streitgegenstände jeweils in den Bescheiden vom 16.1.2012 und 17.1.2012 eine isolierte Regelung getroffen worden, die nicht davon abhängt, in welcher Höhe dem Kläger im Übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen(siehe BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - aaO, RdNr 11). Der mögliche Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Kosten hängt allein davon ab, dass dem Kläger überhaupt dem Grunde nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen; hieran bestehen aber nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Vorinstanzen keine Zweifel.

16

4. Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Bereitstellung seines Telefon- und Internetanschlusses sowie für seinen Nachsendeantrag als Umzugskosten nach § 22 Abs 6 SGB II gegen den Beklagten. Nach § 22 Abs 6 SGB II in der seit 1.1.2011 geltenden Fassung (BGBl I 453), der mit dem früheren Abs 3 identisch ist, können Kosten für Wohnungsbeschaffung, die Mietkaution und Umzug bei entsprechender Zusicherung des jeweils zuständigen kommunalen Trägers übernommen werden. Bei der Übernahme solcher Kosten handelt es sich um ergänzende Leistungen im Hinblick auf den Bedarf des Wohnens (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15).

17

a) Eine Zusicherung als Voraussetzung für die Kostenübernahme hat hier nach den Feststellungen des LSG vorgelegen. Nach dieser aus dem Wortlaut des § 22 Abs 6 SGB II sich ergebenden Beschränkung besteht kein Anspruch auf Übernahme der Kosten eines jedweden Umzugs. Die Erteilung der Zusicherung steht im Ermessen des Trägers; sie "soll" nur dann erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist. Nur bei Vorliegen der genannten Umzugsgründe besteht ein Anspruch auf die Zusicherung (vgl nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 160 ff). Davon zu unterscheiden sind beliebige Umzüge aus anderen Gründen, die keinen Anspruch auf Zusicherung begründen, wie das dem Jobcenter eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Erteilung einer Zusicherung für die Kostenübernahme zeigt. Vorliegend ist der Beklagte wegen der Trennungssituation zu Recht von einem notwendigen Umzug ausgegangen und hat entsprechend seiner Zusicherung die Übernahme der Umzugskosten ausgesprochen.

18

b) Übernommen werden nach § 22 Abs 6 SGB II die Kosten für den Umzug. Umzugskosten sind nur solche Kosten, die unmittelbar durch den Umzug verursacht werden und nicht solche, die damit lediglich in Zusammenhang stehen (vgl BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - aaO, RdNr 14). Diese Begrenzung wurde nach der Systematik des Gesetzes für notwendig erachtet, weil im Falle eines Umzugs auf Veranlassung des Trägers dadurch entstehende Umzugskosten bereits von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II umfasst werden. Wenn der Gesetzgeber dennoch auch für den Fall des vom Träger veranlassten Umzugs eine eigene Regelung geschaffen hat, ist es im Interesse einer klaren Abgrenzung zu den Leistungen nach § 22 Abs 1 SGB II geboten, die Aufwendungen für den Umzug auf solche Kosten zu beschränken, die einmalig durch die besondere Bedarfslage "Umzug" verursacht werden. Berücksichtigungsfähige Unterkunftskosten iS des § 22 Abs 6 SGB II(bzw früher § 22 Abs 3 SGB II) sind etwa Transportkosten, Kosten für eine Hilfskraft, Benzinkosten und Verpackungsmaterial sowie für den Fall, dass - wie hier - der Leistungsberechtigte den Umzug wegen einer Behinderung nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug (BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, RdNr 19).

19

c) Ausgehend von der Definition von Umzugskosten als Kosten, die einmalig durch die besondere Bedarfslage "Umzug" verursacht werden, sind sowohl die Kosten für die Bereitstellung des Telefon- und Internetanschlusses als auch für einen Nachsendeauftrag heutzutage als Kosten in dieser Lebenslage zu qualifizieren, die vom Wortlaut und Sinn und Zweck des § 22 Abs 6 SGB II umfasst sind(vgl zur Berücksichtigung der gegenwärtigen Lebensverhältnisse BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 jeweils RdNr 133, 138, 140). Insofern gilt für die hier streitigen Kosten nichts anderes als für die bereits in der Vergangenheit von der Rechtsprechung anerkannten Kosten. Auch die Kosten zB für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter unterfallen den Umzugskosten, weil die Kosten für deren Bewirtung durch die gesondert abgedeckte Bedarfslage "Umzug" bedingt sind (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, RdNr 19 mwN sowie hinsichtlich einer Sperrmüllentsorgung: BSG Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 25/11 R - SozR 4-3500 § 35 Nr 3 RdNr 20). Nach heutiger Auffassung sind sowohl ein Telefon- und Internetanschluss als auch ein Nachsendeantrag notwendig, um nach einem Umzug die Kommunikation mit anderen Menschen, Behörden, Banken usw aufrecht zu erhalten. Diese Kommunikation stellt ein vom Gesetzgeber anerkanntes Grundbedürfnis dar (vgl §§ 5 f RBEG), wie die Aufnahme der Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung) in die Ermittlung der Regelbedarfe zeigt, ohne dass diese Kosten, die einmalig in bestimmten Lebenslagen - wie vorliegend durch den Umzug - entstehen, selbst zum Regelbedarf gehören.

20

5. Eine Zuordnung der Kosten für die Bereitstellung des Telefon- und Internetanschlusses sowie für den Nachsendeauftrag zu den Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung gemäß § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGB II ist ausgeschlossen. Ein Nachsendeantrag ist schon rein begrifflich nicht Teil der (Erst-)Ausstattung einer Wohnung, und im Übrigen gehören Gegenstände, die bestimmten Freizeitbeschäftigungen oder Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen dienen, ebenfalls schon im Grundsatz nicht zur Erstausstattung der Wohnung (so BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 75/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 11).

21

6. Über die Höhe der dem Kläger dem Grunde nach zustehenden Leistungen auf Übernahme der Kosten für die Bereitstellung seines Telefon- und Internetanschlusses sowie für seinen Nachsendeantrag kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Aus § 22 SGB II, insbesondere aus dessen Abs 1, ergibt sich, dass die Aufwendungen für die verschiedenen, dort geregelten möglichen Bedarfe nur dann anzuerkennen sind, wenn sie angemessen sind. Vorliegend hat das LSG zwar die Höhe der dem Kläger entstandenen Kosten genau festgestellt, aber keinerlei Aussage zu deren Angemessenheit getroffen. Da hinsichtlich aller Kostenpositionen aber je nach Lage des Einzelfalls unterschiedliche Rechnungsbeträge möglich sind, wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren Aussagen zu der Angemessenheit der geltend gemachten Kosten zu treffen haben.

22

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2016 - B 14 AS 58/15 R

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2016 - B 14 AS 58/15 R

Referenzen - Gesetze

Bundessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2016 - B 14 AS 58/15 R zitiert 15 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 153


(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 99


(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änd

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 24 Abweichende Erbringung von Leistungen


(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 106


(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlich

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 112


(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung. Sie beginnt nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts. (2) Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Der Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Be

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2016 - B 14 AS 58/15 R zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2016 - B 14 AS 58/15 R zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 06. Aug. 2014 - B 4 AS 37/13 R

bei uns veröffentlicht am 06.08.2014

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das La

Bundessozialgericht Urteil, 15. Nov. 2012 - B 8 SO 25/11 R

bei uns veröffentlicht am 15.11.2012

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. August 2011 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurück

Bundessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2011 - B 14 AS 75/10 R

bei uns veröffentlicht am 24.02.2011

Tenor Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufgehoben und die Kla

Bundessozialgericht Urteil, 19. Aug. 2010 - B 14 AS 10/09 R

bei uns veröffentlicht am 19.08.2010

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. April 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgeri

Bundessozialgericht Urteil, 06. Mai 2010 - B 14 AS 7/09 R

bei uns veröffentlicht am 06.05.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beklagte die Umzugskosten des Klägers zu übernehmen hat.

Bundessozialgericht Urteil, 05. Mai 2010 - B 6 KA 6/09 R

bei uns veröffentlicht am 05.05.2010

Tatbestand 1 Umstritten ist ein Arzneikostenregress wegen der Verordnung des Arzneimittels Polyglobin in den Quartalen II/1999 bis IV/1999.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2016 - B 14 AS 58/15 R.

Sozialgericht Nürnberg Beschluss, 11. Sept. 2018 - S 22 AS 857/18 ER

bei uns veröffentlicht am 11.09.2018

Tenor 1. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 31.08.2018 wird abgelehnt. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe I. Mit ihrem Antrag begehrt die Antragstelleri

Referenzen

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Erstattung von im Zusammenhang mit einem Umzug entstandenen Kosten.

2

Die Klägerin bezieht seit Mai 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. Zunächst erbrachte er die tatsächlichen Kosten für die in W gelegene Wohnung der Klägerin. Ende Dezember 2009 mietete die Klägerin zum 1.4.2010 für die Dauer von fünf Jahren ein freistehendes Wohnhaus in A mit einer Wohnfläche von 100 qm. Der monatliche Mietzins betrug bis 30.9.2012 380,00 Euro zuzüglich einer monatlichen Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 123,00 Euro.

3

Einen ersten Antrag auf Erteilung der Zustimmung zum Umzug sowie auf Übernahme der durch den Umzug entstehenden Wohnungsbeschaffungs-, Umzugs-, Renovierungs- und Wiederbeschaffungskosten lehnte der Beklagte im Februar 2010 ab (Bescheid vom 1.2.2010, Widerspruchsbescheid vom 16.3.2010). Zur Begründung führte er aus, dass die Kosten für das angemietete Haus nicht angemessen seien. Im Übrigen scheitere die Übernahme bereits daran, dass eine vorherige Zusicherung nicht erfolgt sei. Einen auf die Erteilung der Zusicherung gerichteten Eilantrag der Klägerin lehnte das SG ab (Beschluss vom 8.3.2010). Am 18.3.2010 beantragte die Klägerin erneut die Zusicherung zur Übernahme der Kosten für den Umzug nach A Zur Begründung führte sie aus, dass das SG in seinem Beschluss einen Betrag von 252,50 Euro als angemessene Unterkunftskosten für eine Person anerkannt habe. Sie habe auf ihrem Grundstück einen Stellplatz für monatlich 130,00 Euro untervermietet und ihre Kaltmiete daher von 380,00 Euro auf 250,00 Euro gesenkt. Die Kosten seien nunmehr angemessen. Der Beklagte lehnte auch diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Vermietung eines Stellplatzes keine Senkung der Unterkunftskosten darstelle, die Einnahmen seien vielmehr als Einkommen zu werten (Bescheid vom 22.3.2010, Widerspruchsbescheid vom 3.5.2010).

4

Das SG hat die gegen die Entscheidungen des Beklagten erhobenen Klagen nach Verbindung der Verfahren abgewiesen (Urteil vom 14.1.2011). Auch die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (Beschluss des LSG vom 29.10.2012). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass nach § 22 Abs 3 S 1 Halbs 1 SGB II eine Zusicherung nur erteilt werden könne, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Dies sei hier bei monatlichen Kosten in Höhe von 380,00 Euro kalt nicht der Fall. Auch wenn der A er Mietspiegel kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG darstelle, bilde er dennoch die Größenordnung der Mietpreise auf dem A er Wohnungsmarkt ab. Die Vermietung des Stellplatzes führe nicht zu einer Reduzierung der Unterkunftskosten, sondern verschaffe der Klägerin lediglich zusätzliche Einnahmen. Unterkunftskosten könnten nur durch eine Untervermietung von Wohnraum gesenkt werden.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 22 SGB II. So seien die angemessenen Unterkunftskosten für das Haus in A vom LSG nicht zutreffend bestimmt worden. Der Mietspiegel, der vom LSG selbst nicht als schlüssiges Konzept angesehen werde, stelle keine rechtlich zulässige Grundlage hierfür da. Auch hätte das LSG die Höhe der tatsächlichen Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der zu erwartenden 130,00 Euro aus der Untervermietung zugrunde legen müssen. Es habe den Begriff der Unterkunft zu Unrecht auf die eigentlichen Wohnräume verengt.

6

Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 14. Januar 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2010 und den Bescheid vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2010 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die ihr im Zusammenhang mit dem Umzug von W nach A entstandenen Kosten zu erstatten.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Die Aufwendungen für die neue Unterkunft seien unangemessen. Die Bewilligung von Umzugskosten setze keine Ermittlung der konkreten Höhe der angemessenen Kosten voraus.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der ihr anlässlich ihres Umzugs von W nach A entstandenen Kosten hat, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen.

10

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Erstattung von Kosten, die der Klägerin durch den Umzug von W nach A entstanden sind. Die Abgabe einer Zusicherung zu ihrer Übernahme hat der Beklagte durch die Bescheide vom 1.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2010 sowie vom 22.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2010 abgelehnt. Da die Klägerin den Umzug zwischenzeitlich durchgeführt hat, ist ihr Begehren nicht mehr auf die Erteilung der Zusicherung, sondern die Übernahme der ihr durch den Umzug entstandenen Kosten gerichtet. Diesen Kostenerstattungsanspruch verfolgt sie zulässig im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG - s zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich: BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5 RdNr 11, 20 f und vom 10.9.2013 - B 4 AS 12/13 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 8 RdNr 16).

11

Zwar setzt die Leistungserbringung nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II (in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF; seit 1.1.2011 § 22 Abs 6 SGB II) eine vorherige Zusicherung voraus. Liegt sie vor, können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Nach S 2 dieser Regelung (in der hier maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, im Folgenden aF) soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Die Zusicherung stellt einen der Bewilligung vorgeschalteten Verwaltungsakt iS von §§ 31, 34 SGB X dar(BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - SGb 2011, 325 f, juris RdNr 13; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, juris RdNr 24). Mit Abgabe der Zusicherung verpflichtet sich der Beklagte, einen Bescheid über die Übernahme der Wohnungsbeschaffungs- und/oder Umzugskosten / Mietkaution in einer bestimmten Höhe zu erteilen. Hat der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch bereits durchgeführt und die in § 22 Abs 3 SGB II aF benannten Aufwendungen getätigt, hat er seinen Bedarf insoweit selbst gedeckt und eine vorherige Zusicherung durch den Leistungsträger hat sich überholt. Vergleichbar einem Sachleistungsanspruch, der bereits durch den Leistungsberechtigten befriedigt worden ist, kann sich der Anspruch aus § 22 Abs 3 SGB II auf die Zusicherung dann in einen Kostenerstattungsanspruch umwandeln. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSG vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R - BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8, juris RdNr 36; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R juris RdNr 21; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen die Voraussetzungen hierfür vor, kann das Begehren auch im Anwendungsbereich des SGB II zulässig auf Erstattung der Aufwendungen in Geld gerichtet werden (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, juris RdNr 21).

12

Seine gleichwohl gegen die Zulässigkeit der Klage hier bestehenden Bedenken wegen des Fehlens eines sachdienlichen (bestimmten) Klageantrags iS von § 92 SGG und dem hierzu erforderlichen Tatsachenvortrag(vgl zur Bezifferung des Kostenerstattungsantrags: BSG Urteil vom 20.4.2010 - B 1/3 KR 22/08 R - BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, juris RdNr 27; BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 15, juris RdNr 14) stellt der Senat hier zurück. Ein (nachträglicher) Kostenerstattungsanspruch muss zwar stets die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags zum Inhalt haben. Es ist daher grundsätzlich ein bezifferter Zahlungsantrag zu stellen und in der Klageschrift darzulegen, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt (vgl BSG Urteil vom 28.1.1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 S 10, juris RdNr 27). Dies ist bislang nicht erfolgt, die Klägerin beantragt lediglich "die ihr im Zusammenhang mit dem Umzug von W nach A entstandenen Kosten zu erstatten". Auch die Tatsacheninstanzen haben keinerlei Feststellungen dazu getroffen, ob der Klägerin überhaupt Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrem Umzug entstanden sind und wenn, in welcher Art und Höhe. Da es jedoch ihnen obliegt, auf die Konkretisierung des Antrags und die Ergänzung des Tatsachenvortrags hinzuwirken (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2, § 153 Abs 1 SGG), kann dieser Verfahrensmangel nicht zu Lasten der Klägerin zur Unzulässigkeit der Klage führen. Er ist vielmehr im wiedereröffneten Verfahren vor dem LSG zu beheben (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 28.1.1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 S 11, juris RdNr 28).

13

2. Sollte der Klageantrag im wiedereröffneten Berufungsverfahren konkretisiert werden und das LSG zu Erkenntnissen darüber gelangen, ob der Klägerin tatsächlich Aufwendungen durch den Umzug entstanden sind, ggf in welcher Art und in welcher Höhe, wird es im Hinblick auf den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch die nachfolgenden Maßgaben zu berücksichtigen haben:

14

a) Das Kostenerstattungsbegehren wegen der mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Aufwendungen kann hier nur dann zum Erfolg führen, wenn der Beklagte die Erteilung einer vorherigen Zusicherung und damit einer Zusage der Leistungsgewährung auf einen vor der Durchführung des Umzugs von der Klägerin gestellten Antrag rechtswidrig durch die Bescheide vom 1.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2010 und vom 22.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2010 abgelehnt hat. Dann kann dem Leistungsberechtigten - insoweit wird auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II festzustellen sein - die Substitution durch Selbstbeschaffung wegen der Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden(vgl BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5 RdNr 20; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13 juris RdNr 23; für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 juris RdNr 11; BVerwG vom 30.4.1992 - 5 C 12/87, BVerwGE 90, 154 ff; s zur Substitution durch Darlehensgewährung BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 45). Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten war ein Antrag auf Zusicherung der Übernahme der in § 22 Abs 3 S 1 SGB II benannten Aufwendungen vor dem Abschluss des Mietvertrags für das Haus nicht erforderlich. Die mit dem Umzug verbundenen Aufwendungen können von dem Leistungsberechtigten im Regelfall erst vor dem unmittelbar bevorstehenden Umzug konkretisiert werden, sodass auch erst dann dem Beklagten eine Entscheidung nach § 22 Abs 3 SGB II im Hinblick auf die Übernahme dem Grunde und der Höhe nach möglich ist(vgl zur Konkretisierung der Unterkunftskosten bei einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - juris RdNr 17). Auch ist die Erteilung einer vorherigen Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II nicht Voraussetzung für die Übernahme der Aufwendungen iS des § 22 Abs 3 SGB II. Dies folgt aus dem Regelungsgefüge des § 22 Abs 1 bis 3 SGB II sowie dem Tatbestand des § 22 Abs 3 SGB II selbst. § 22 Abs 2 SGB II regelt nur die Zusicherung der Leistungserbringung iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II für die neue Unterkunft durch den Leistungsträger. Damit soll dem Leistungsberechtigen eine Planungssicherheit im Hinblick auf die Erbringung der Unterkunftsaufwendungen durch den Beklagten gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II verschafft und eine auf Dauer angelegte Notlage bei nur teilweiser Anerkennung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft als Bedarf vermieden werden(BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 19). Die Entscheidung über Leistungen, die mit dem Umzug im Zusammenhang stehen, ist vom Leistungsträger jedoch unabhängig hiervon zu treffen. Sie können nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II auch im Falle der abstrakten Unangemessenheit der Kosten der neuen Unterkunft erbracht werden(s unter d). Umgekehrt ist der Leistungsträger nicht verpflichtet, iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II die Wohnungsbeschaffungs- und/oder Umzugskosten sowie die Mietkaution zu übernehmen, wenn die neue Unterkunft abstrakt unangemessen teuer ist(s unter c, aa). Einer der Entscheidung nach § 22 Abs 3 SGB II vorgeschalteten Zusicherung iS des § 22 Abs 2 SGB II bedarf es daher nicht.

15

Nach den Feststellungen des LSG liegt es hier nahe, dass die Klägerin vor dem Umzug in das Haus in A Anträge auf Übernahme der mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Kosten beim Beklagten gestellt hat. Der Umzug ist zum 1.4.2010 erfolgt und beide ablehnenden Bescheide des Beklagten datieren früher. Ob die Ablehnung der Übernahme der durch den Umzug entstandenen Kosten jedoch auch rechtswidrig war, konnte der Senat nach den Feststellungen des LSG nicht beurteilen.

16

b) Eine Übernahme von Aufwendungen, die der Klägerin durch den Umzug entstanden sind, kommt nur in Betracht, wenn es sich bei den Aufwendungen um solche zur Wohnungsbeschaffung, des Umzugs oder um eine Mietkaution handelt.

17

Ob hier überhaupt Aufwendungen für eine Mietkaution angefallen sind, erschließt sich dem Senat auch aus dem Antrag der Klägerin nicht. Dies gilt ebenso für die "Wohnungsbeschaffungskosten". Sollten solche entstanden sein, wird das LSG zu beachten haben, dass der Begriff der "Wohnungsbeschaffungskosten" nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats weit auszulegen ist, begrenzt durch den Wortlaut (vgl nur BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, juris RdNr 13). Wohnungsbeschaffungskosten sind daher nur solche Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - juris RdNr 15). Umzugskosten hat die Klägerin hingegen als Aufwendung im Antrag benannt, wenn sich auch nicht ergibt, ob und ggf in welcher Höhe insoweit tatsächlich Kosten entstanden sind. Übernahmefähige Umzugskosten sind auf die Kosten des Umzugs im engeren Sinn begrenzt. Als Umzugskosten kommen nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere die Aufwendungen für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzinkosten und Verpackungsmaterial (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, juris RdNr 7) sowie Sperrmüllentsorgung in Betracht (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37 - juris RdNr 19).

18

c) Sollten Aufwendungen der zuvor benannten Art beziffert werden können, wäre der Beklagte jedoch nur dann zu ihrer Erstattung verpflichtet, wenn ein Regelfall des § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF gegeben ist. Nur in den zwei dort benannten typischen Fällen ist das Ermessen des Beklagten gebunden und auf Null reduziert.

19

Nach § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst (bb) oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (cc). Als Soll-Vorschrift ist diese Norm Ausdruck eines Regelermessens, dh der Leistungsträger hat die Zusicherung bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erteilen (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 14). Ein Ermessen wird ihm dagegen erst eröffnet, wenn eine vom Regelfall abweichende atypische Fallkonstellation vorliegt. Voraussetzung möglicher gebundener Ansprüche ist insoweit allerdings stets, dass sich die neuen Unterkunftskosten in den Grenzen der abstrakten Angemessenheit halten (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 14; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, juris RdNr 15) (aa).

20

aa) § 22 Abs 3 S 2 SGB II ist eingebunden in das System des § 22 Abs 1 SGB II. Ohne die Sonderregelung in § 22 Abs 3 S 2 SGB II wären die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers durchgeführt wird oder sonst notwendig ist, bereits als Kosten der Unterkunft von § 22 Abs 1 S 1 SGB II umfasst. Daraus folgt, dass ein Umzug in eine kostenunangemessene Unterkunft weder vom kommunalen Träger veranlasst noch sonst notwendig kann sein. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II wären zudem, wenn tatsächlich keine kostenangemessene Unterkunft vorhanden ist, weiterhin die tatsächlichen Kosten für die bisherige Unterkunft zu übernehmen. Damit bestünde bereits keine konkrete Veranlassung oder Notwendigkeit zu einem Auszug aus der bisherigen Unterkunft (zum Erfordernis der Angemessenheit der neuen Unterkunftskosten vgl Piepenstock in juris-PK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 22 RdNr 178; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 164; von diesem Erfordernis geht auch Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II RdNr 123 aE aus). Auf Grundlage der Feststellungen des LSG vermag der Senat jedoch nicht auf die An- oder Unangemessenheit der Unterkunftsaufwendungen der Klägerin für das zum 1.4.2010 bezogene Haus in A zu erkennen.

21

Das LSG wird insoweit zunächst die tatsächlichen Aufwendungen der neuen Unterkunft zu ermitteln haben. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin vom Dezember 2009. Hier wird das LSG insbesondere festzustellen haben, ob und welche Bestandteile dem Unterkunftsbedarf iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II zuzuordnen sind. Abzustellen ist auf das, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist. Nicht umfasst sind damit etwa Räume zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 32/09 R, juris RdNr 35; BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 juris RdNr 15) oder weitere Räume oder Plätze, die gesondert angemietet werden und keinen Wohnzwecken dienen, beispielsweise zusätzlich angemietete Garagen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, juris RdNr 28). In die Berechnung der Kosten der Unterkunft ist die vereinbarte Kaltmiete zzgl der kalten Betriebskosten einzustellen.

22

Ferner sind die abstrakt angemessenen Unterkunftskosten im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweist. Eine isoliert betrachtete unangemessene Wohnungsgröße ist dabei unschädlich, es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 19). Die Mietobergrenze ist auf Grundlage eines schlüssigen Konzeptes zu ermitteln (vgl nur BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 17 ff). Sofern das LSG davon ausgeht, dass der Mietspiegel der Stadt A kein schlüssiges Konzept darstelle (zur Problematik der Eignung von Mietspiegeln zur Bestimmung der Referenzmiete vgl BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; s auch S. Knickrehm, JM 2014, 337, 341 ff), hat es im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht zunächst den Beklagten aufzufordern, in Ausübung seiner prozessualen Mitwirkungspflicht aus § 103 S 1 Halbs 2 SGG dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen, um eine Erarbeitung eines schlüssigen Konzeptes zu ermöglichen. Erst wenn sich nach weiteren Ermittlungen des Grundsicherungsträgers und ggf des Gerichts erweist, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen Unterkunftskosten mehr treffen lassen, somit ein Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, ist grundsätzlich von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen, die ihrerseits durch die Tabellenwerte zu § 8 bzw § 12 WoGG - jeweils zzgl eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10 %(vgl BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 25 ff) - nach oben begrenzt sind. Die Frage, ob sich anhand vorgelegter Daten ein schlüssiges Konzept entwickeln lässt, kann ebenso wenig wie die Frage, ob ein Ausfall lokaler Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, offen bleiben. Dies haben beide für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG wiederholt betont (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72 juris RdNr 14 f; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 19; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 17).

23

Sollte das LSG entgegen seiner bisherigen Beurteilung zu dem Ergebnis gelangen, dass der von der Klägerin für die neue Unterkunft in A zu zahlende Mietzins die abstrakte Angemessenheitsgrenze nicht überschreitet, wird das Vorliegen einer der beiden zuvor erwähnten typischen Fallkonstellationen iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II zu prüfen sein.

24

bb) Vom Regelfall der Veranlassung durch den kommunalen Träger ist auszugehen, wenn der Umzug zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft geboten ist. Es muss sowohl der Auszug aus der bisherigen Unterkunft als auch der Einzug in die konkrete neue Wohnung vom kommunalen Träger veranlasst sein (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 15). Eine Veranlassung des Auszugs zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft ist etwa im Falle einer Kostensenkungsaufforderung anzunehmen. Dem Senat ist eine abschließende Beurteilung hierzu jedoch nicht möglich, denn aus den Feststellungen des LSG ergibt sich nicht hinreichend, ob die Klägerin einer Kostensenkungsaufforderung des Beklagten ausgesetzt war.

25

cc) Eine Notwendigkeit des Umzugs aus anderen Gründen kann bestehen, wenn der Auszug von anderer Seite als durch den kommunalen Träger veranlasst wurde, wie es etwa bei einer auf die Bundesagentur für Arbeit zurückgehenden Eingliederungsmaßnahme der Fall wäre (vgl hierzu BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 17). Eine Notwendigkeit des Auszuges ist ferner bei einer Kündigung oder Räumungsklage des Vermieters gegeben. Das LSG wird ggf hierzu weitere Feststellungen zu treffen haben.

26

Soweit § 22 Abs 3 S 2 SGB II ferner kumulativ vorsieht, dass ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann, ist dies auf die Zukunft gerichtet und spielt für einen abgelaufenen Zeitraum, wenn sich der Anspruch auf die Zusicherung in einen Kostenerstattungsanspruch gewandelt hat, keine Rolle mehr. Die Zusicherung ist dann insoweit überholt.

27

Liegt ein Regelfall iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II vor und bewegen sich die Aufwendungen für die neue Unterkunft unterhalb der Grenze der abstrakten Angemessenheit, hat die Klägerin einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe der "angemessenen" Kosten für Wohnungsbeschaffung, Umzug und/oder Mietkaution. Wie dargestellt, sind gebundene Ansprüche im Rahmen von § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF der Höhe nach - systematisch im Zusammenhang mit § 22 Abs 1 S 1 SGB II - auf die Angemessenheit begrenzt. Im Hinblick auf die Umzugskosten gilt hier zu beachten, dass im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems der Leistungsberechtigte grundsätzlich gehalten ist, einen Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. Wenn der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, so der 14. Senat des BSG, ist auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht zu ziehen (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 19).

28

d) Sollte das LSG in Anwendung der genannten Maßstäbe zu dem Ergebnis gelangen, dass die Aufwendungen der Klägerin für die neue Unterkunft abstrakt unangemessen sind oder zwar abstrakt angemessen, jedoch keiner der beiden Regelfälle des § 22 Abs 3 S 2 SGB II gegeben ist, wird es zu klären haben, ob die Ablehnung der Zusicherung durch den Beklagten in den angefochtenen Bescheiden unter pflichtgemäßer Ermessensausübung nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF erfolgt ist. Denn wenn kein Regelfall anzunehmen ist, liegt ein atypischer Fall nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF vor, welcher vom Beklagten eine Ermessensentscheidung verlangt. Das Gesetz eröffnet den Leistungsträgern durch § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF allgemein die Möglichkeit, Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten sowie eine Mietkaution auch dann zu übernehmen, wenn der Umzug nicht vom Leistungsträger veranlasst oder sonst erforderlich ist und/oder die Mietaufwendungen für die neue Unterkunft die abstrakte Angemessenheitsgrenze überschreiten. Der Anspruch der Klägerin ist in diesem Fall auf einen Anspruch auf ordnungsgemäße Ermessensentscheidung gerichtet. Das LSG unterliegt insoweit einem Fehlverständnis der Systematik von § 22 Abs 3 SGB II aF, wenn es annimmt, die Erteilung einer Zusicherung sei in jedem Fall - sowohl nach S 2 als auch nach S 1 - nur bei Umzug in eine kostenangemessene Unterkunft möglich. Der Anwendungsbereich von § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF geht darüber hinaus. Dem Leistungsträger wird durch § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF sowohl bezüglich des "Ob" als auch des "Wie" der Leistungserbringung Ermessen eingeräumt.

29

Die streitgegenständlichen Bescheide lassen eine Ermessensausübung nicht erkennen, sie sind bereits aufgrund eines Ermessensnichtgebrauchs materiell rechtswidrig und müssten durch das LSG aufgehoben werden (§ 54 Abs 2 SGG; vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37), es sei denn, das LSG würde im Hinblick auf eine ablehnende Entscheidung zu einer Ermessensreduzierung des Beklagten auf Null gelangen. Dem erkennenden Senat mangelt es jedoch auch hier an ausreichenden Feststellungen des LSG, um die Sach- und Rechtslage abschließend beurteilen zu können.

30

Im Falle der Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide und der Verpflichtung des Beklagten, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 131 Abs 2 S 2 iVm Abs 3 SGG), wird dieser bei einer neuen Entscheidung die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen haben. Als Ermessensgesichtspunkte sind hierbei grundsätzlich die Umstände einzubeziehen, die zum Auszug geführt haben, aber auch absehbare zukünftige Entwicklungen, wie zB Kostensenkungsbemühungen des Leistungsberechtigten iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II, die nach erfolgreicher Durchführung die Aufwendungen für die neue Unterkunft zumindest zeitweilig auf ein konkret angemessenes Maß reduzieren. Insoweit wird ggf die von der Klägerin behauptete Untervermietung eines Stellplatzes auf dem von ihr angemieteten Hausgrundstück (vgl hierzu BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, juris RdNr 28; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 34; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, juris RdNr 19)auf ihre kostensenkende Wirkung bei den Unterkunftskosten zu untersuchen sein.

31

Untervermietungen von Teilen der angemieteten Unterkunft sind als Kostensenkungsmaßnahmen bei der Bedarfsberechnung der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Zahlungen daraus stellen regelmäßig kein Einkommen iS von § 11 SGB II dar. Dies folgt aus Gesetzeswortlaut, Begründung des Gesetzentwurfs, Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung (für eine Berücksichtigung iRd Unterkunftskosten vgl LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.2.2008 - L 28 AS 1065/07 - juris; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II RdNr 18, Stand IV/14; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 35 RdNr 51; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 24; ders in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2014, § 35 RdNr 17; für eine Berücksichtigung als Einkommen vgl SG Potsdam Urteil vom 26.3.2014 - S 38 AS 1542/13 WA - juris; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 50; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 54, Stand X/12; Nguyen in juris-PK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 35 RdNr 100).

32

Gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, im Folgenden aF) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF) sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Der Wortlaut des § 22 Abs 1 S 3 SGB II aF nennt mithin ausdrücklich das Vermieten als mögliche Maßnahme zur Senkung der Unterkunftsaufwendungen. Aufwendungen sind in diesem Zusammenhang die tatsächlichen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II aF. Hiervon wird auch in der Begründung zum Entwurf des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ausgegangen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 57).

33

Dieses Ergebnis wird durch systematische Überlegungen gestützt. Würden Erträge aus Untervermietung als Einkommen iS von § 11 SGB II gewertet, hätte dies zur Folge, dass der Leistungsberechtigte seinem Vermieter gegenüber im vollen Umfang zur Zahlung der vereinbarten Miete verpflichtet bliebe, vom Leistungsträger jedoch nur die angemessenen Kosten der Unterkunft und zugleich einen um die Einnahmen aus der Untervermietung - ggf abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30 Euro(§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-VO) - verminderten Regelbedarf erhielte. Die Differenz zwischen tatsächlichen und angemessenen Unterkunftskosten hätte er damit vollständig und in jedem Fall selbst zu tragen. Dabei handelt es sich wirtschaftlich betrachtet bei dem Zufluss von Zahlungen aus einer Untervermietung für den Leistungsberechtigten letztlich nur um einen "Durchlaufposten", der an den Vermieter weitergeleitet wird, ergänzt um den Differenzbetrag zur Gesamtmiete, den der Träger erbringt (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, juris RdNr 25 f). Insoweit hat der erkennende Senat bereits im Falle eines Mietzuschusses darauf hingewiesen, dass unter der Geltung der Zuflusstheorie zwar grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert dem Begriff des Einkommens iS des § 11 SGB II unterfallen. Anders sei dies aber dann, wenn eine Einnahme im Ergebnis lediglich eine bestimmte Bedarfsposition mindern solle und insoweit wirtschaftlich nicht dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzurechnen sei (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, juris RdNr 25 f). Sind die tatsächlichen Unterkunftskosten dagegen angemessen, würde umgekehrt die Wertung der Einnahmen als Einkommen zu einer Besserstellung des Leistungsberechtigten führen. Er würde seitens des kommunalen Trägers weiterhin die vollständigen Unterkunftskosten erhalten, könnte im Rahmen der Einkommensanrechnung aber ggf die Versicherungspauschale, sofern nicht bereits aufgrund anderer Einkommen berücksichtigt, geltend machen, was im Ergebnis zu einer monatlich um 30 Euro höheren Leistung führen würde als bei einem unmittelbaren Abzug im Rahmen der Kosten der Unterkunft.

34

Auch die differenzierte Trägerzuständigkeit nach § 6 SGB II legt eine Berücksichtigung der Untervermietungserträge unmittelbar bei den Unterkunftskosten nahe. Eine Anrechnung als Einkommen würde ansonsten nach § 19 S 3 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706; seit 1.1.2011 § 19 Abs 3 SGB II) - nach Abzug der Versicherungspauschale - zunächst die Geldleistungen der BA und damit den Regelbedarf des Leistungsberechtigten mindern. Die kommunalen Träger - obwohl nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II Erbringer der Unterkunftsleistungen - profitierten nicht von der als Kostensenkungsmaßnahme ausdrücklich im Gesetz vorgesehenen Untervermietung. Dies würde selbst in dem Fall gelten, in dem der kommunale Träger die tatsächlichen, aber grundsicherungsrechtlich unangemessenen Aufwendungen wegen Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit eines Umzugs weiterhin übernehmen muss. Der die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft übersteigende Ertrag aus Untervermietung ist dann folglich jedoch als Einkommen nach § 11 SGB II beim Regelbedarf zu berücksichtigen. Denn dieser Teil des Ertrages dient nicht mehr der Senkung der Unterkunftskosten, sondern der Einkommenserzielung.

35

Zudem ist es Sinn und Zweck der Regelung des § 22 Abs 1 S 1 SGB II, Leistungen für den tatsächlichen Bedarf einer Unterkunft zu gewähren. Der tatsächliche Bedarf entsteht jedoch nur für selbst genutzten Wohnraum. Sofern Teile eines angemieteten Wohnraums von einem Leistungsberechtigten wegen Untervermietung nicht genutzt werden, besteht mithin auch kein Grund, hierfür Leistungen zu erbringen.

36

Die Sonderregelung in § 22 Abs 1 S 4 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF; seit 1.1.2011 § 22 Abs 3 SGB II) steht der vorgenommenen Wertung nicht entgegen. Danach mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht. Die Vorschrift wurde auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in das Gesetz eingefügt und stellt eine Reaktion darauf dar, dass Betriebskostenrückzahlungen bis dato als Einkommen zu werten waren. Man war zu der Auffassung gelangt, dies führe zu nicht sachgerechten Ergebnissen (vgl BT-Drucks 16/1696 S 26 f). Die Rechtsprechung hat daraus für davor liegende Zeiträume abgeleitet, dass Betriebskostenrückzahlungen Einkommen iS von § 11 SGB II sein müssten(vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 37). Dies war angesichts des gesetzgeberischen Willens, wie er zur Einführung von § 22 Abs 1 S 4 SGB II deutlich wurde, zwingend. Mangels Wortlautstützen für eine Berücksichtigung der Betriebskostenrückzahlungen unmittelbar bei den Unterkunftskosten war für diese eine andere Auslegung auch nicht möglich. Bei Erträgen aus Untervermietung verhält es sich jedoch insoweit anders. Die Berücksichtigung unmittelbar bei den Unterkunftskosten findet wie aufgezeigt im Wortlaut ihren Niederschlag und wird ferner vom gesetzgeberischen Willen getragen.

37

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. April 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übernahme von Kosten für die von ihm selbst beschafften Gegenstände der Erstausstattung seiner Wohnung.

2

Der 1963 geborene Kläger hatte zuletzt in G gelebt und wollte zurück nach L ziehen, wo auch seine Eltern wohnen. Er mietete mit Mietvertrag vom 20.9.2005 ab dem 19.9.2005 eine Wohnung in L an. Am 26.9.2005 stellte er, vertreten durch seine Mutter, einen formlosen Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Am 27.10.2005 sprach der Kläger selbst bei dem Beklagten vor und reichte die ausgefüllten Antragsformulare sowie diverse Anlagen ein. Außerdem beantragte er am selben Tag mündlich eine Erstausstattung für seine Wohnung. Ihm wurde ein Antragsformular "ohne Förderzusage" ausgegeben. Den ausgefüllten Antrag auf Leistungen für die Erstausstattung seiner Wohnung reichte der Kläger am 1.11.2005 bei dem Beklagten ein. Zur Begründung führte er im Antragsformular aus, er sei aus gesundheitlichen Gründen von G nach L zurückgekehrt. In G habe er in einem möblierten Zimmer in einer Pension gewohnt. Dem Antrag fügte der Kläger eine vom 30.10.2005 datierende Bestätigung seines Vermieters in G bei, die besagte, dass der Kläger keine Möbel mitgebracht oder mitgenommen habe und die dortigen Fremdenzimmer möbliert seien.

3

Auf Grund seines Leistungsantrags vom 27.10.2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 8.11.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.11.2005 bis 30.4.2006. Am 30.11.2005 führte ein Mitarbeiter des Beklagten einen Hausbesuch bei dem Kläger durch und stellte fest, dass eine komplette Wohnungseinrichtung vorhanden war und keine zusätzlichen Ausstattungsgegenstände erforderlich seien. Daraufhin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.12.2005 den Antrag auf Erstausstattung ab, weil eine Grundausstattung an Möbeln und Haushaltsgeräten bereits vorhanden gewesen sei.

4

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und trug vor, er habe aus gesundheitlichen Gründen nicht in einer leeren Wohnung wohnen und auf dem Fußboden schlafen können, weshalb seine Eltern ihm das Geld für die Beschaffung des notwendigen Mobiliars und der Haushaltsgeräte geliehen hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 8.5.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger sei nicht hilfebedürftig, weil die Eltern nicht nur die Erstausstattung, sondern eine komplett eingerichtete Wohnung finanziert hätten. Es werde aber angeboten, dem Kläger zur Tilgung der Schulden bei seinen Eltern ein Darlehen zu gewähren, das durch Einbehaltung eines Betrags in Höhe von 10 Prozent der Regelleistung zurückgezahlt werden solle. Ein Anspruch auf Beihilfe zur Erstausstattung bestehe bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht.

5

Am 2.6.2006 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, es bestehe ein Anspruch auf Kostenübernahme für die Erstausstattung der Wohnung ungeachtet der Tatsache, dass er unter Zuhilfenahme eines Darlehens seiner Eltern in Höhe von 1455 Euro die Einrichtungsgegenstände selbst beschafft habe, weil erstmalig ein völlig neuer Haushalt gegründet worden sei. Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25.6.2007 abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Einrichtung der Wohnung bereits am 27.10.2005 komplett gewesen und damit das Erfordernis der vorherigen Antragstellunggemäß § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II nicht gewahrt gewesen sei.

6

Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 17.4.2008 den Gerichtsbescheid des SG geändert und den Beklagten unter Änderung seiner Bescheide verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Bewilligung einer Beihilfe zur Erstausstattung seiner Wohnung insoweit erneut zu entscheiden, als nach dem 27.10.2005 Aufwendungen für einen Spiegelschrank, einen Rollwagen, einen Schuhschrank und einen Tisch entstanden sind. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, der Beklagte sei wegen des Antragserfordernisses nach § 37 Abs 1 und 2 SGB II nicht zur Erbringung der begehrten Leistungen verpflichtet, soweit die entsprechenden Gegenstände vor dem 27.10.2005 angeschafft worden seien. Es sei vorliegend nicht auf den formlos gestellten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 26.9.2005 abzustellen, sondern maßgeblich für die Antragstellung sei der 27.10.2005. Der Antrag vom 26.9.2005 könne nach dem Empfängerhorizont nicht dahingehend ausgelegt werden, dass auch Leistungen zur Wohnungserstausstattung mitbeantragt werden sollten. Solche Leistungen seien bei einem Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erkennbar nicht mit inbegriffen. Der Antrag vom 27.10.2005 wirke ex nunc, sodass eine rückwirkende Leistungserbringung nicht erfolgen könne. Eine frühere Antragstellung sei dem Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Umstände auch möglich gewesen. Die in Bezug auf zahlreiche Ausstattungsgegenstände verspätete Antragstellung sei auch nicht auf eine Fehlberatung durch den Beklagten zurückzuführen, weshalb für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kein Raum verbleibe. Die erst nach Antragstellung noch angeschafften Gegenstände seien dagegen vom Beklagten zu berücksichtigen, denn der Begriff der Erstausstattung sei weit auszulegen. Auch wirke sich die zwischenzeitlich erfolgte Bedarfsdeckung nach Antragstellung nicht anspruchsvernichtend aus, zumindest nicht in Fällen wie dem vorliegenden. Dem Kläger sei ein längeres Zuwarten auf die Entscheidung über die Erstausstattung aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar gewesen und der Leistungsträger habe bereits darauf hingewiesen, dass die Entscheidung wohl negativ ausfallen werde. Im Übrigen sei nach den Angaben der Mutter des Klägers davon auszugehen, dass dieser die Aufwendungen im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten in Teilbeträgen an die Eltern zurückzahlen müsse, was nach den finanziellen und sozialen Verhältnissen der Eltern auch glaubhaft sei.

7

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Revision. Er rügt eine Verletzung des § 37 SGB II. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erfasse sowohl die Regelleistung als auch die Erbringung von abweichenden Leistungen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Er habe daher mit seinem Antrag vom 26.9.2005 einen umfassenden Antrag auf Sozialleistungen gestellt, mithin auch auf solche, die nicht ausdrücklich im Antragsformular genannt seien. Daher sei auch ein Antrag auf Wohnungserstausstattung mitumfasst gewesen.

8

Der Kläger beantragt,

9

1. das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 17. April 2008 zu ändern und

10

    den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25. Juni 2007 sowie den

11

    Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2005 in der Gestalt des

12

    Widerspruchsbescheids vom 8. Mai 2006 aufzuheben, und

13

2. den Beklagten zu verurteilen, ihm die Kosten für den Erwerb der Erstausstattung

14

    seiner Wohnung - abzüglich der bereits vom Landessozialgericht zugesprochenen

15

    Gegenstände - zu erstatten.

16

Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

17

Er hält die angegriffenen Urteile für zutreffend.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) .

19

1. Streitgegenstand ist hier allein die begehrte Übernahme von Kosten für die vom Kläger selbst angeschafften Gegenstände zur Erstausstattung seiner Wohnung. Bei den Ansprüchen auf Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II handelt es sich um eigenständige, abtrennbare Streitgegenstände, über die isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden kann (vgl BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 12 und BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 9) . Aus diesem Grund bedurfte es vorliegend keiner Überprüfung, ob die im Übrigen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Höhe nach richtig bemessen waren, denn dies steht nicht im Streit. Der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 8.11.2005 ist vielmehr bestandskräftig geworden.

20

Die richtige Klageart für das somit zulässigerweise auf die Erstattung von Kosten für bereits angeschaffte Einrichtungsgegenstände beschränkte Begehren des Klägers ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) . Zwar ist bei Streitigkeiten um eine Erstausstattung einer Wohnung im Regelfall - bei noch nicht erfolgter Selbstbeschaffung der Einrichtung durch den Leistungsempfänger - die sog Verpflichtungsbescheidungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) die statthafte Klageart (vgl Urteil des Senats vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 18, der Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts folgend, vgl Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 10) . Dies folgt daraus, dass nach der gesetzlichen Systematik der Hilfebedürftige zunächst gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II einen unbedingten Rechtsanspruch auf die Erstausstattung - das "Ob" der Leistung - hat, während anschließend das "Wie" der Leistungserbringung nach § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II im pflichtgemäßen Auswahlermessen des Grundsicherungsträgers steht (vgl BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 19) . Beschafft sich - wie im vorliegenden Fall - der Hilfebedürftige die Gegenstände für seine Wohnungseinrichtung dagegen selbst, bevor der Grundsicherungsträger über die Art und Weise der Leistungsgewährung entschieden hat, so schneidet er dessen Auswahlermessen ab. Dieser kann im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II den Leistungsempfänger schon rein tatsächlich nicht mehr etwa auf ein eigenes Möbellager oder die Ausgabe von Gutscheinen für bestimmte Möbelhäuser verweisen. Das Begehren des Hilfebedürftigen kann sich wegen der erfolgten eigenmächtigen Beschaffung der Erstausstattung in der Sache nunmehr ausschließlich auf eine Geldleistung richten, die allein im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist. Für eine gerichtliche Klärung eines Sachleistungsanspruchs iS des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr.

21

2. Grundlage auch für den geltend gemachten Zahlungsanspruch des Klägers ist § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II, wonach Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst sind. Sie werden nur bei Vorliegen eines Antrags auf Leistungen nach dem SGB II (dazu unter a), gemäß § 23 Abs 3 Satz 2 SGB II aber gesondert erbracht. Nur wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II vorliegen, ist ein Anspruch überhaupt denkbar (dazu unter b) . Der nur noch auf eine Geldleistung gerichtete Zahlungsanspruch des Klägers kann aber nur dann Erfolg haben, wenn das Auswahlermessen des Beklagten im Anwendungsbereich des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II auf Null geschrumpft ist, mithin bei der Entscheidung über das "Wie" der Erstausstattung nur eine Entscheidung, nämlich die Gewährung von Geldleistungen in Betracht kommt (dazu unter c) .

22

a) Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten für die selbst angeschaffte Erstausstattung der Wohnung scheitert jedenfalls nicht bereits an einer fehlenden Antragstellung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger bereits mit seinem am 26.9.2005 geäußerten Begehren, Leistungen nach dem SGB II erhalten zu wollen, auch einen Antrag auf Erstausstattung gestellt hat.

23

Gemäß § 37 Abs 1 SGB II werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Antrag erbracht. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II ist eine Leistungserbringung für Zeiten vor der Antragstellung ausgeschlossen. Diese Vorschrift gilt uneingeschränkt für alle Leistungen der Grundsicherung (vgl Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 37 RdNr 2). Sie statuiert ein konstitutives Antragserfordernis mit der Folge, dass Leistungen immer erst ab Antragstellung zustehen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 62; Urteile des Senats vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 23 und vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 22) . Der Antrag nach dem SGB II ist eine einseitige, empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die - soweit sich nicht aus sozialrechtlichen Bestimmungen etwas anderes ergibt - die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung finden (BSG Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 56/08 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 1 RdNr 14) .

24

Danach ist durch Auslegung das Begehren eines Antragstellers zu ermitteln. Bringt dieser zum Ausdruck, dass er Leistungen vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende begehrt, so ist der Antrag so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind als beantragt alle Leistungen anzusehen, die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen (Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl Urteil des Senats vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - sowie Link in Eicher/ Spellbrink, aaO, § 37 RdNr 2; Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, Stand Juli 2010, § 37 SGB II RdNr 34). Wird mit einem Antrag ein Hilfebedarf nach dem SGB II geltend gemacht, so sind damit alle Leistungen umfasst, die der Sicherung des Lebensunterhalts in Form des Arbeitslosengeldes II dienen, also regelmäßig alle im 1. und 2. Unterabschnitt des 2. Abschnitts des 3. Kapitels SGB II genannten Leistungen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei den in § 23 Abs 3 SGB II genannten Leistungen um einmalige Sonderbedarfe handelt (vgl dazu Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 44, Stand Mai 2010). So wird einerseits gewährleistet, dass ein Hilfebedürftiger alle ihm zustehenden Leistungen auch tatsächlich erhält, ohne dass er von vornherein alle denkbaren Möglichkeiten eingeplant haben muss, andererseits ergeben sich aber auch Vereinfachungseffekte bei dem Träger, der bei Prüfung der Leistungen auf einen einheitlichen Zeitpunkt abstellen kann und bei zeitlichen Verzögerungen der Streit ausgespart bleibt, ob ggf eine notwendige Beratung nicht oder nicht in dem notwendigen Umfang stattgefunden hat. Der Antrag ist auch bei dem zuständigen Träger gemäß § 36 SGB II gestellt worden.

25

b) Es kann vom Senat allerdings nicht abschließend beurteilt werden, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Beschaffung der Einrichtungsgegenstände überhaupt ein Rechtsanspruch auf eine Erstausstattung gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zustand. Ohne einen solchen Rechtsanspruch dem Grunde nach bestünde ohnehin kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die selbst angeschafften Gegenstände.

26

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen ist (BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, jeweils RdNr 19; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14) . Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel oder andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen (BSG aaO mwN) . Das LSG wird daher zunächst zu klären haben, ob bei dem Kläger überhaupt ein Bedarf für eine Erstausstattung bestand und wann dieser entstanden ist. Weiterhin wird festzustellen sein, welche konkreten Einrichtungsgegenstände vom Kläger beschafft wurden und ob es sich bei den erworbenen Möbelstücken und wohnraumbezogenen Gegenständen um solche der Erstausstattung iS von § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II gehandelt hat. Da der Kläger vor dem Umzug nach L in einem möblierten Pensionszimmer gewohnt hat, spricht hier viel dafür, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Erstausstattung bestand.

27

Auf Grund der Feststellungen des LSG ist auch davon auszugehen, dass die Hilfebedürftigkeit des Klägers nicht dadurch entfallen ist, dass er Geld von seinen Eltern für die Beschaffung der Wohnungseinrichtung erhalten hat. Das LSG hat insofern unangegriffen festgestellt (§ 163 SGG) , dass der Kläger die Einrichtungsgegenstände mit einem durch die Eltern gegebenen Darlehen finanziert hat. Der Senat hat bereits entschieden, dass Darlehen unter Verwandten nicht als zu berücksichtigendes Einkommen iS des § 11 SGB II anzusehen sind, wenn es sich (zivil-)rechtlich um Darlehen handelt und der Darlehensnehmer einer ernsthaften Rückforderungsverpflichtung ausgesetzt ist (Urteil vom 16.7.2010 - B 14 AS 46/09 R -). Diese ernsthafte Rückforderungsverpflichtung ist vom LSG festgestellt worden (§ 163 SGG).

28

c) Liegt der Bedarf für eine Erstausstattung vor und ist dessen Umfang festgestellt, so ist nach der Gesetzessystematik des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II das Auswahlermessen des Beklagten dahingehend zu betätigen, ob die Leistung als Geld- oder Sachleistung erbracht werden soll. Dies ist - wie bereits betont - durch die faktische Beschaffung der Einrichtungsgegenstände nicht mehr möglich. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine Geldleistung scheitert mithin dann, wenn keine Gesichtspunkte vorliegen, die das Ermessen des Beklagten im Sinne einer "Ermessensreduktion auf Null" einschränken, denn nur dann, wenn der Beklagte im Rahmen des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II ohnehin nur Geldleistungen erbringt, spielt es keine Rolle, dass ihm durch die Beschaffung der Einrichtungsgegenstände die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung genommen wurde. Das LSG wird also zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt der Entstehung des Bedarfs (irgendwann im Oktober?) dieser Bedarf des Klägers auf Erstausstattung vom Beklagten auch anders als durch Geldleistungen hätte abgedeckt werden können bzw ob der Beklagte Leistungen der Erstausstattung überhaupt anders als in Form von Geldleistungen erbringt. Wird festgestellt, dass der Beklagte generell nur durch Geldleistungen (ggf in pauschalierter Höhe) seinen Leistungsverpflichtungen nachkommt, wäre folglich auch gegenüber einem Leistungsberechtigten, der sich die Leistung selbst beschafft hat, nur eine Auswahlentscheidung richtig, nämlich die Gewährung der Erstausstattung als Geldleistung. Hierzu wird das LSG Feststellungen über vorliegende Verwaltungsrichtlinien oder eine ständige Übung des Beklagten zu treffen haben. Bestehen solche verwaltungsinterne Regelungen, mit denen sich der Beklagte in Richtung auf die Gewährung von "Geld" bindet, könnte er nicht ohne Ermessensfehlgebrauch, insbesondere nicht ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz), zu einer Ablehnung der Leistung als Geldleistung gelangen (vgl für eine ähnliche Konstellation BSGE 85, 75, 83 = SozR 3-3610 § 27 Nr 2) . Sollte in diesem Zusammenhang festgestellt werden, dass im Leistungsbereich des Beklagten für die Erstausstattungen stets Geldleistungen in Form von Pauschalen erbracht werden, so wäre in einem nächsten Schritt zu prüfen, ob diese Pauschalen den in § 23 Abs 3 Satz 5 iVm Satz 6 SGB II genannten Anforderungen genügen. Insbesondere wäre dann zu untersuchen, ob die Pauschalen auf nachvollziehbaren Erfahrungswerten beruhen, denn auch die Festsetzung der Höhe der Pauschalen unterliegt der richterlichen Kontrolle (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 20 f). Es muss dem Hilfebedürftigen möglich sein, mit dem gewährten Betrag seinen Bedarf auf Erstausstattung (allerdings in einem unteren Segment des Einrichtungsniveaus) in vollem Umfang zu befriedigen. Die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung.

29

3. Besteht im Ergebnis ein Leistungsanspruch auf Geld unmittelbar aus § 23 Abs 3 SGB II nicht, wird das LSG im Hinblick auf die vom Kläger selbst beschafften Leistungen (hilfsweise) einen Kostenerstattungsanspruch zu prüfen haben. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8 = Juris RdNr 36; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12) . Liegen die Voraussetzungen vor, wandelt sich auch im Anwendungsbereich des SGB II ein Sachleistungsanspruch in einen auf Geld gerichteten Kostenerstattungsanspruch um (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R; vgl auch Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R). Ein solcher setzt allerdings in den Fällen des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II im Grundsatz voraus, dass der Träger der Grundsicherung vor Inanspruchnahme einer vom Hilfebedürftigen selbst beschafften Leistung bei Entstehen des konkreten Bedarfs mit dem Leistungsbegehren in der Sache befasst wurde. Nur dann ist es dem Träger möglich, sein Auswahlermessen pflichtgemäß auszuüben. Eine Kostenerstattung kommt damit grundsätzlich erst bei Selbstbeschaffung einer Leistung nach einer rechtswidrigen Leistungsablehnung in Betracht. Im vorliegenden Fall könnte allerdings nach den bisherigen Feststellungen des LSG davon auszugehen sein, dass der Kläger sich in einer Notsituation befand und möglicherweise einen ablehnenden Leistungsbescheid hinsichtlich seines Antrags auf Kostenübernahme für die Erstausstattung seiner Wohnung nicht abzuwarten brauchte. Auch hierzu wird das LSG ggf noch weitere Feststellungen zu treffen haben.

30

Schließlich wird das LSG auch über die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung. Sie beginnt nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts.

(2) Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Der Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und dahin zu wirken, daß sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen.

(3) Die Anträge können ergänzt, berichtigt oder im Rahmen des § 99 geändert werden.

(4) Der Vorsitzende hat jedem Beisitzer auf Verlangen zu gestatten, sachdienliche Fragen zu stellen. Wird eine Frage von einem Beteiligten beanstandet, so entscheidet das Gericht endgültig.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Erstattung von im Zusammenhang mit einem Umzug entstandenen Kosten.

2

Die Klägerin bezieht seit Mai 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. Zunächst erbrachte er die tatsächlichen Kosten für die in W gelegene Wohnung der Klägerin. Ende Dezember 2009 mietete die Klägerin zum 1.4.2010 für die Dauer von fünf Jahren ein freistehendes Wohnhaus in A mit einer Wohnfläche von 100 qm. Der monatliche Mietzins betrug bis 30.9.2012 380,00 Euro zuzüglich einer monatlichen Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 123,00 Euro.

3

Einen ersten Antrag auf Erteilung der Zustimmung zum Umzug sowie auf Übernahme der durch den Umzug entstehenden Wohnungsbeschaffungs-, Umzugs-, Renovierungs- und Wiederbeschaffungskosten lehnte der Beklagte im Februar 2010 ab (Bescheid vom 1.2.2010, Widerspruchsbescheid vom 16.3.2010). Zur Begründung führte er aus, dass die Kosten für das angemietete Haus nicht angemessen seien. Im Übrigen scheitere die Übernahme bereits daran, dass eine vorherige Zusicherung nicht erfolgt sei. Einen auf die Erteilung der Zusicherung gerichteten Eilantrag der Klägerin lehnte das SG ab (Beschluss vom 8.3.2010). Am 18.3.2010 beantragte die Klägerin erneut die Zusicherung zur Übernahme der Kosten für den Umzug nach A Zur Begründung führte sie aus, dass das SG in seinem Beschluss einen Betrag von 252,50 Euro als angemessene Unterkunftskosten für eine Person anerkannt habe. Sie habe auf ihrem Grundstück einen Stellplatz für monatlich 130,00 Euro untervermietet und ihre Kaltmiete daher von 380,00 Euro auf 250,00 Euro gesenkt. Die Kosten seien nunmehr angemessen. Der Beklagte lehnte auch diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Vermietung eines Stellplatzes keine Senkung der Unterkunftskosten darstelle, die Einnahmen seien vielmehr als Einkommen zu werten (Bescheid vom 22.3.2010, Widerspruchsbescheid vom 3.5.2010).

4

Das SG hat die gegen die Entscheidungen des Beklagten erhobenen Klagen nach Verbindung der Verfahren abgewiesen (Urteil vom 14.1.2011). Auch die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (Beschluss des LSG vom 29.10.2012). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass nach § 22 Abs 3 S 1 Halbs 1 SGB II eine Zusicherung nur erteilt werden könne, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Dies sei hier bei monatlichen Kosten in Höhe von 380,00 Euro kalt nicht der Fall. Auch wenn der A er Mietspiegel kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG darstelle, bilde er dennoch die Größenordnung der Mietpreise auf dem A er Wohnungsmarkt ab. Die Vermietung des Stellplatzes führe nicht zu einer Reduzierung der Unterkunftskosten, sondern verschaffe der Klägerin lediglich zusätzliche Einnahmen. Unterkunftskosten könnten nur durch eine Untervermietung von Wohnraum gesenkt werden.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 22 SGB II. So seien die angemessenen Unterkunftskosten für das Haus in A vom LSG nicht zutreffend bestimmt worden. Der Mietspiegel, der vom LSG selbst nicht als schlüssiges Konzept angesehen werde, stelle keine rechtlich zulässige Grundlage hierfür da. Auch hätte das LSG die Höhe der tatsächlichen Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der zu erwartenden 130,00 Euro aus der Untervermietung zugrunde legen müssen. Es habe den Begriff der Unterkunft zu Unrecht auf die eigentlichen Wohnräume verengt.

6

Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 14. Januar 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2010 und den Bescheid vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2010 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die ihr im Zusammenhang mit dem Umzug von W nach A entstandenen Kosten zu erstatten.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Die Aufwendungen für die neue Unterkunft seien unangemessen. Die Bewilligung von Umzugskosten setze keine Ermittlung der konkreten Höhe der angemessenen Kosten voraus.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der ihr anlässlich ihres Umzugs von W nach A entstandenen Kosten hat, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen.

10

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Erstattung von Kosten, die der Klägerin durch den Umzug von W nach A entstanden sind. Die Abgabe einer Zusicherung zu ihrer Übernahme hat der Beklagte durch die Bescheide vom 1.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2010 sowie vom 22.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2010 abgelehnt. Da die Klägerin den Umzug zwischenzeitlich durchgeführt hat, ist ihr Begehren nicht mehr auf die Erteilung der Zusicherung, sondern die Übernahme der ihr durch den Umzug entstandenen Kosten gerichtet. Diesen Kostenerstattungsanspruch verfolgt sie zulässig im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG - s zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich: BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5 RdNr 11, 20 f und vom 10.9.2013 - B 4 AS 12/13 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 8 RdNr 16).

11

Zwar setzt die Leistungserbringung nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II (in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF; seit 1.1.2011 § 22 Abs 6 SGB II) eine vorherige Zusicherung voraus. Liegt sie vor, können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Nach S 2 dieser Regelung (in der hier maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, im Folgenden aF) soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Die Zusicherung stellt einen der Bewilligung vorgeschalteten Verwaltungsakt iS von §§ 31, 34 SGB X dar(BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - SGb 2011, 325 f, juris RdNr 13; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, juris RdNr 24). Mit Abgabe der Zusicherung verpflichtet sich der Beklagte, einen Bescheid über die Übernahme der Wohnungsbeschaffungs- und/oder Umzugskosten / Mietkaution in einer bestimmten Höhe zu erteilen. Hat der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch bereits durchgeführt und die in § 22 Abs 3 SGB II aF benannten Aufwendungen getätigt, hat er seinen Bedarf insoweit selbst gedeckt und eine vorherige Zusicherung durch den Leistungsträger hat sich überholt. Vergleichbar einem Sachleistungsanspruch, der bereits durch den Leistungsberechtigten befriedigt worden ist, kann sich der Anspruch aus § 22 Abs 3 SGB II auf die Zusicherung dann in einen Kostenerstattungsanspruch umwandeln. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSG vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R - BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8, juris RdNr 36; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R juris RdNr 21; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen die Voraussetzungen hierfür vor, kann das Begehren auch im Anwendungsbereich des SGB II zulässig auf Erstattung der Aufwendungen in Geld gerichtet werden (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, juris RdNr 21).

12

Seine gleichwohl gegen die Zulässigkeit der Klage hier bestehenden Bedenken wegen des Fehlens eines sachdienlichen (bestimmten) Klageantrags iS von § 92 SGG und dem hierzu erforderlichen Tatsachenvortrag(vgl zur Bezifferung des Kostenerstattungsantrags: BSG Urteil vom 20.4.2010 - B 1/3 KR 22/08 R - BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, juris RdNr 27; BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 15, juris RdNr 14) stellt der Senat hier zurück. Ein (nachträglicher) Kostenerstattungsanspruch muss zwar stets die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags zum Inhalt haben. Es ist daher grundsätzlich ein bezifferter Zahlungsantrag zu stellen und in der Klageschrift darzulegen, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt (vgl BSG Urteil vom 28.1.1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 S 10, juris RdNr 27). Dies ist bislang nicht erfolgt, die Klägerin beantragt lediglich "die ihr im Zusammenhang mit dem Umzug von W nach A entstandenen Kosten zu erstatten". Auch die Tatsacheninstanzen haben keinerlei Feststellungen dazu getroffen, ob der Klägerin überhaupt Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrem Umzug entstanden sind und wenn, in welcher Art und Höhe. Da es jedoch ihnen obliegt, auf die Konkretisierung des Antrags und die Ergänzung des Tatsachenvortrags hinzuwirken (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2, § 153 Abs 1 SGG), kann dieser Verfahrensmangel nicht zu Lasten der Klägerin zur Unzulässigkeit der Klage führen. Er ist vielmehr im wiedereröffneten Verfahren vor dem LSG zu beheben (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 28.1.1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 S 11, juris RdNr 28).

13

2. Sollte der Klageantrag im wiedereröffneten Berufungsverfahren konkretisiert werden und das LSG zu Erkenntnissen darüber gelangen, ob der Klägerin tatsächlich Aufwendungen durch den Umzug entstanden sind, ggf in welcher Art und in welcher Höhe, wird es im Hinblick auf den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch die nachfolgenden Maßgaben zu berücksichtigen haben:

14

a) Das Kostenerstattungsbegehren wegen der mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Aufwendungen kann hier nur dann zum Erfolg führen, wenn der Beklagte die Erteilung einer vorherigen Zusicherung und damit einer Zusage der Leistungsgewährung auf einen vor der Durchführung des Umzugs von der Klägerin gestellten Antrag rechtswidrig durch die Bescheide vom 1.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2010 und vom 22.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2010 abgelehnt hat. Dann kann dem Leistungsberechtigten - insoweit wird auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II festzustellen sein - die Substitution durch Selbstbeschaffung wegen der Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden(vgl BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5 RdNr 20; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13 juris RdNr 23; für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 juris RdNr 11; BVerwG vom 30.4.1992 - 5 C 12/87, BVerwGE 90, 154 ff; s zur Substitution durch Darlehensgewährung BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 45). Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten war ein Antrag auf Zusicherung der Übernahme der in § 22 Abs 3 S 1 SGB II benannten Aufwendungen vor dem Abschluss des Mietvertrags für das Haus nicht erforderlich. Die mit dem Umzug verbundenen Aufwendungen können von dem Leistungsberechtigten im Regelfall erst vor dem unmittelbar bevorstehenden Umzug konkretisiert werden, sodass auch erst dann dem Beklagten eine Entscheidung nach § 22 Abs 3 SGB II im Hinblick auf die Übernahme dem Grunde und der Höhe nach möglich ist(vgl zur Konkretisierung der Unterkunftskosten bei einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - juris RdNr 17). Auch ist die Erteilung einer vorherigen Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II nicht Voraussetzung für die Übernahme der Aufwendungen iS des § 22 Abs 3 SGB II. Dies folgt aus dem Regelungsgefüge des § 22 Abs 1 bis 3 SGB II sowie dem Tatbestand des § 22 Abs 3 SGB II selbst. § 22 Abs 2 SGB II regelt nur die Zusicherung der Leistungserbringung iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II für die neue Unterkunft durch den Leistungsträger. Damit soll dem Leistungsberechtigen eine Planungssicherheit im Hinblick auf die Erbringung der Unterkunftsaufwendungen durch den Beklagten gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II verschafft und eine auf Dauer angelegte Notlage bei nur teilweiser Anerkennung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft als Bedarf vermieden werden(BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 19). Die Entscheidung über Leistungen, die mit dem Umzug im Zusammenhang stehen, ist vom Leistungsträger jedoch unabhängig hiervon zu treffen. Sie können nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II auch im Falle der abstrakten Unangemessenheit der Kosten der neuen Unterkunft erbracht werden(s unter d). Umgekehrt ist der Leistungsträger nicht verpflichtet, iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II die Wohnungsbeschaffungs- und/oder Umzugskosten sowie die Mietkaution zu übernehmen, wenn die neue Unterkunft abstrakt unangemessen teuer ist(s unter c, aa). Einer der Entscheidung nach § 22 Abs 3 SGB II vorgeschalteten Zusicherung iS des § 22 Abs 2 SGB II bedarf es daher nicht.

15

Nach den Feststellungen des LSG liegt es hier nahe, dass die Klägerin vor dem Umzug in das Haus in A Anträge auf Übernahme der mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Kosten beim Beklagten gestellt hat. Der Umzug ist zum 1.4.2010 erfolgt und beide ablehnenden Bescheide des Beklagten datieren früher. Ob die Ablehnung der Übernahme der durch den Umzug entstandenen Kosten jedoch auch rechtswidrig war, konnte der Senat nach den Feststellungen des LSG nicht beurteilen.

16

b) Eine Übernahme von Aufwendungen, die der Klägerin durch den Umzug entstanden sind, kommt nur in Betracht, wenn es sich bei den Aufwendungen um solche zur Wohnungsbeschaffung, des Umzugs oder um eine Mietkaution handelt.

17

Ob hier überhaupt Aufwendungen für eine Mietkaution angefallen sind, erschließt sich dem Senat auch aus dem Antrag der Klägerin nicht. Dies gilt ebenso für die "Wohnungsbeschaffungskosten". Sollten solche entstanden sein, wird das LSG zu beachten haben, dass der Begriff der "Wohnungsbeschaffungskosten" nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats weit auszulegen ist, begrenzt durch den Wortlaut (vgl nur BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, juris RdNr 13). Wohnungsbeschaffungskosten sind daher nur solche Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - juris RdNr 15). Umzugskosten hat die Klägerin hingegen als Aufwendung im Antrag benannt, wenn sich auch nicht ergibt, ob und ggf in welcher Höhe insoweit tatsächlich Kosten entstanden sind. Übernahmefähige Umzugskosten sind auf die Kosten des Umzugs im engeren Sinn begrenzt. Als Umzugskosten kommen nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere die Aufwendungen für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzinkosten und Verpackungsmaterial (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, juris RdNr 7) sowie Sperrmüllentsorgung in Betracht (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37 - juris RdNr 19).

18

c) Sollten Aufwendungen der zuvor benannten Art beziffert werden können, wäre der Beklagte jedoch nur dann zu ihrer Erstattung verpflichtet, wenn ein Regelfall des § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF gegeben ist. Nur in den zwei dort benannten typischen Fällen ist das Ermessen des Beklagten gebunden und auf Null reduziert.

19

Nach § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst (bb) oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (cc). Als Soll-Vorschrift ist diese Norm Ausdruck eines Regelermessens, dh der Leistungsträger hat die Zusicherung bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erteilen (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 14). Ein Ermessen wird ihm dagegen erst eröffnet, wenn eine vom Regelfall abweichende atypische Fallkonstellation vorliegt. Voraussetzung möglicher gebundener Ansprüche ist insoweit allerdings stets, dass sich die neuen Unterkunftskosten in den Grenzen der abstrakten Angemessenheit halten (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 14; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, juris RdNr 15) (aa).

20

aa) § 22 Abs 3 S 2 SGB II ist eingebunden in das System des § 22 Abs 1 SGB II. Ohne die Sonderregelung in § 22 Abs 3 S 2 SGB II wären die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers durchgeführt wird oder sonst notwendig ist, bereits als Kosten der Unterkunft von § 22 Abs 1 S 1 SGB II umfasst. Daraus folgt, dass ein Umzug in eine kostenunangemessene Unterkunft weder vom kommunalen Träger veranlasst noch sonst notwendig kann sein. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II wären zudem, wenn tatsächlich keine kostenangemessene Unterkunft vorhanden ist, weiterhin die tatsächlichen Kosten für die bisherige Unterkunft zu übernehmen. Damit bestünde bereits keine konkrete Veranlassung oder Notwendigkeit zu einem Auszug aus der bisherigen Unterkunft (zum Erfordernis der Angemessenheit der neuen Unterkunftskosten vgl Piepenstock in juris-PK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 22 RdNr 178; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 164; von diesem Erfordernis geht auch Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II RdNr 123 aE aus). Auf Grundlage der Feststellungen des LSG vermag der Senat jedoch nicht auf die An- oder Unangemessenheit der Unterkunftsaufwendungen der Klägerin für das zum 1.4.2010 bezogene Haus in A zu erkennen.

21

Das LSG wird insoweit zunächst die tatsächlichen Aufwendungen der neuen Unterkunft zu ermitteln haben. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin vom Dezember 2009. Hier wird das LSG insbesondere festzustellen haben, ob und welche Bestandteile dem Unterkunftsbedarf iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II zuzuordnen sind. Abzustellen ist auf das, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist. Nicht umfasst sind damit etwa Räume zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 32/09 R, juris RdNr 35; BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 juris RdNr 15) oder weitere Räume oder Plätze, die gesondert angemietet werden und keinen Wohnzwecken dienen, beispielsweise zusätzlich angemietete Garagen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, juris RdNr 28). In die Berechnung der Kosten der Unterkunft ist die vereinbarte Kaltmiete zzgl der kalten Betriebskosten einzustellen.

22

Ferner sind die abstrakt angemessenen Unterkunftskosten im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweist. Eine isoliert betrachtete unangemessene Wohnungsgröße ist dabei unschädlich, es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 19). Die Mietobergrenze ist auf Grundlage eines schlüssigen Konzeptes zu ermitteln (vgl nur BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 17 ff). Sofern das LSG davon ausgeht, dass der Mietspiegel der Stadt A kein schlüssiges Konzept darstelle (zur Problematik der Eignung von Mietspiegeln zur Bestimmung der Referenzmiete vgl BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; s auch S. Knickrehm, JM 2014, 337, 341 ff), hat es im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht zunächst den Beklagten aufzufordern, in Ausübung seiner prozessualen Mitwirkungspflicht aus § 103 S 1 Halbs 2 SGG dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen, um eine Erarbeitung eines schlüssigen Konzeptes zu ermöglichen. Erst wenn sich nach weiteren Ermittlungen des Grundsicherungsträgers und ggf des Gerichts erweist, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen Unterkunftskosten mehr treffen lassen, somit ein Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, ist grundsätzlich von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen, die ihrerseits durch die Tabellenwerte zu § 8 bzw § 12 WoGG - jeweils zzgl eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10 %(vgl BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 25 ff) - nach oben begrenzt sind. Die Frage, ob sich anhand vorgelegter Daten ein schlüssiges Konzept entwickeln lässt, kann ebenso wenig wie die Frage, ob ein Ausfall lokaler Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, offen bleiben. Dies haben beide für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG wiederholt betont (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72 juris RdNr 14 f; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 19; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 17).

23

Sollte das LSG entgegen seiner bisherigen Beurteilung zu dem Ergebnis gelangen, dass der von der Klägerin für die neue Unterkunft in A zu zahlende Mietzins die abstrakte Angemessenheitsgrenze nicht überschreitet, wird das Vorliegen einer der beiden zuvor erwähnten typischen Fallkonstellationen iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II zu prüfen sein.

24

bb) Vom Regelfall der Veranlassung durch den kommunalen Träger ist auszugehen, wenn der Umzug zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft geboten ist. Es muss sowohl der Auszug aus der bisherigen Unterkunft als auch der Einzug in die konkrete neue Wohnung vom kommunalen Träger veranlasst sein (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 15). Eine Veranlassung des Auszugs zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft ist etwa im Falle einer Kostensenkungsaufforderung anzunehmen. Dem Senat ist eine abschließende Beurteilung hierzu jedoch nicht möglich, denn aus den Feststellungen des LSG ergibt sich nicht hinreichend, ob die Klägerin einer Kostensenkungsaufforderung des Beklagten ausgesetzt war.

25

cc) Eine Notwendigkeit des Umzugs aus anderen Gründen kann bestehen, wenn der Auszug von anderer Seite als durch den kommunalen Träger veranlasst wurde, wie es etwa bei einer auf die Bundesagentur für Arbeit zurückgehenden Eingliederungsmaßnahme der Fall wäre (vgl hierzu BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 17). Eine Notwendigkeit des Auszuges ist ferner bei einer Kündigung oder Räumungsklage des Vermieters gegeben. Das LSG wird ggf hierzu weitere Feststellungen zu treffen haben.

26

Soweit § 22 Abs 3 S 2 SGB II ferner kumulativ vorsieht, dass ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann, ist dies auf die Zukunft gerichtet und spielt für einen abgelaufenen Zeitraum, wenn sich der Anspruch auf die Zusicherung in einen Kostenerstattungsanspruch gewandelt hat, keine Rolle mehr. Die Zusicherung ist dann insoweit überholt.

27

Liegt ein Regelfall iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II vor und bewegen sich die Aufwendungen für die neue Unterkunft unterhalb der Grenze der abstrakten Angemessenheit, hat die Klägerin einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe der "angemessenen" Kosten für Wohnungsbeschaffung, Umzug und/oder Mietkaution. Wie dargestellt, sind gebundene Ansprüche im Rahmen von § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF der Höhe nach - systematisch im Zusammenhang mit § 22 Abs 1 S 1 SGB II - auf die Angemessenheit begrenzt. Im Hinblick auf die Umzugskosten gilt hier zu beachten, dass im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems der Leistungsberechtigte grundsätzlich gehalten ist, einen Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. Wenn der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, so der 14. Senat des BSG, ist auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht zu ziehen (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 19).

28

d) Sollte das LSG in Anwendung der genannten Maßstäbe zu dem Ergebnis gelangen, dass die Aufwendungen der Klägerin für die neue Unterkunft abstrakt unangemessen sind oder zwar abstrakt angemessen, jedoch keiner der beiden Regelfälle des § 22 Abs 3 S 2 SGB II gegeben ist, wird es zu klären haben, ob die Ablehnung der Zusicherung durch den Beklagten in den angefochtenen Bescheiden unter pflichtgemäßer Ermessensausübung nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF erfolgt ist. Denn wenn kein Regelfall anzunehmen ist, liegt ein atypischer Fall nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF vor, welcher vom Beklagten eine Ermessensentscheidung verlangt. Das Gesetz eröffnet den Leistungsträgern durch § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF allgemein die Möglichkeit, Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten sowie eine Mietkaution auch dann zu übernehmen, wenn der Umzug nicht vom Leistungsträger veranlasst oder sonst erforderlich ist und/oder die Mietaufwendungen für die neue Unterkunft die abstrakte Angemessenheitsgrenze überschreiten. Der Anspruch der Klägerin ist in diesem Fall auf einen Anspruch auf ordnungsgemäße Ermessensentscheidung gerichtet. Das LSG unterliegt insoweit einem Fehlverständnis der Systematik von § 22 Abs 3 SGB II aF, wenn es annimmt, die Erteilung einer Zusicherung sei in jedem Fall - sowohl nach S 2 als auch nach S 1 - nur bei Umzug in eine kostenangemessene Unterkunft möglich. Der Anwendungsbereich von § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF geht darüber hinaus. Dem Leistungsträger wird durch § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF sowohl bezüglich des "Ob" als auch des "Wie" der Leistungserbringung Ermessen eingeräumt.

29

Die streitgegenständlichen Bescheide lassen eine Ermessensausübung nicht erkennen, sie sind bereits aufgrund eines Ermessensnichtgebrauchs materiell rechtswidrig und müssten durch das LSG aufgehoben werden (§ 54 Abs 2 SGG; vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37), es sei denn, das LSG würde im Hinblick auf eine ablehnende Entscheidung zu einer Ermessensreduzierung des Beklagten auf Null gelangen. Dem erkennenden Senat mangelt es jedoch auch hier an ausreichenden Feststellungen des LSG, um die Sach- und Rechtslage abschließend beurteilen zu können.

30

Im Falle der Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide und der Verpflichtung des Beklagten, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 131 Abs 2 S 2 iVm Abs 3 SGG), wird dieser bei einer neuen Entscheidung die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen haben. Als Ermessensgesichtspunkte sind hierbei grundsätzlich die Umstände einzubeziehen, die zum Auszug geführt haben, aber auch absehbare zukünftige Entwicklungen, wie zB Kostensenkungsbemühungen des Leistungsberechtigten iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II, die nach erfolgreicher Durchführung die Aufwendungen für die neue Unterkunft zumindest zeitweilig auf ein konkret angemessenes Maß reduzieren. Insoweit wird ggf die von der Klägerin behauptete Untervermietung eines Stellplatzes auf dem von ihr angemieteten Hausgrundstück (vgl hierzu BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, juris RdNr 28; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 34; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, juris RdNr 19)auf ihre kostensenkende Wirkung bei den Unterkunftskosten zu untersuchen sein.

31

Untervermietungen von Teilen der angemieteten Unterkunft sind als Kostensenkungsmaßnahmen bei der Bedarfsberechnung der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Zahlungen daraus stellen regelmäßig kein Einkommen iS von § 11 SGB II dar. Dies folgt aus Gesetzeswortlaut, Begründung des Gesetzentwurfs, Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung (für eine Berücksichtigung iRd Unterkunftskosten vgl LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.2.2008 - L 28 AS 1065/07 - juris; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II RdNr 18, Stand IV/14; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 35 RdNr 51; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 24; ders in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2014, § 35 RdNr 17; für eine Berücksichtigung als Einkommen vgl SG Potsdam Urteil vom 26.3.2014 - S 38 AS 1542/13 WA - juris; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 50; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 54, Stand X/12; Nguyen in juris-PK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 35 RdNr 100).

32

Gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, im Folgenden aF) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF) sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Der Wortlaut des § 22 Abs 1 S 3 SGB II aF nennt mithin ausdrücklich das Vermieten als mögliche Maßnahme zur Senkung der Unterkunftsaufwendungen. Aufwendungen sind in diesem Zusammenhang die tatsächlichen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II aF. Hiervon wird auch in der Begründung zum Entwurf des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ausgegangen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 57).

33

Dieses Ergebnis wird durch systematische Überlegungen gestützt. Würden Erträge aus Untervermietung als Einkommen iS von § 11 SGB II gewertet, hätte dies zur Folge, dass der Leistungsberechtigte seinem Vermieter gegenüber im vollen Umfang zur Zahlung der vereinbarten Miete verpflichtet bliebe, vom Leistungsträger jedoch nur die angemessenen Kosten der Unterkunft und zugleich einen um die Einnahmen aus der Untervermietung - ggf abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30 Euro(§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-VO) - verminderten Regelbedarf erhielte. Die Differenz zwischen tatsächlichen und angemessenen Unterkunftskosten hätte er damit vollständig und in jedem Fall selbst zu tragen. Dabei handelt es sich wirtschaftlich betrachtet bei dem Zufluss von Zahlungen aus einer Untervermietung für den Leistungsberechtigten letztlich nur um einen "Durchlaufposten", der an den Vermieter weitergeleitet wird, ergänzt um den Differenzbetrag zur Gesamtmiete, den der Träger erbringt (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, juris RdNr 25 f). Insoweit hat der erkennende Senat bereits im Falle eines Mietzuschusses darauf hingewiesen, dass unter der Geltung der Zuflusstheorie zwar grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert dem Begriff des Einkommens iS des § 11 SGB II unterfallen. Anders sei dies aber dann, wenn eine Einnahme im Ergebnis lediglich eine bestimmte Bedarfsposition mindern solle und insoweit wirtschaftlich nicht dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzurechnen sei (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, juris RdNr 25 f). Sind die tatsächlichen Unterkunftskosten dagegen angemessen, würde umgekehrt die Wertung der Einnahmen als Einkommen zu einer Besserstellung des Leistungsberechtigten führen. Er würde seitens des kommunalen Trägers weiterhin die vollständigen Unterkunftskosten erhalten, könnte im Rahmen der Einkommensanrechnung aber ggf die Versicherungspauschale, sofern nicht bereits aufgrund anderer Einkommen berücksichtigt, geltend machen, was im Ergebnis zu einer monatlich um 30 Euro höheren Leistung führen würde als bei einem unmittelbaren Abzug im Rahmen der Kosten der Unterkunft.

34

Auch die differenzierte Trägerzuständigkeit nach § 6 SGB II legt eine Berücksichtigung der Untervermietungserträge unmittelbar bei den Unterkunftskosten nahe. Eine Anrechnung als Einkommen würde ansonsten nach § 19 S 3 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706; seit 1.1.2011 § 19 Abs 3 SGB II) - nach Abzug der Versicherungspauschale - zunächst die Geldleistungen der BA und damit den Regelbedarf des Leistungsberechtigten mindern. Die kommunalen Träger - obwohl nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II Erbringer der Unterkunftsleistungen - profitierten nicht von der als Kostensenkungsmaßnahme ausdrücklich im Gesetz vorgesehenen Untervermietung. Dies würde selbst in dem Fall gelten, in dem der kommunale Träger die tatsächlichen, aber grundsicherungsrechtlich unangemessenen Aufwendungen wegen Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit eines Umzugs weiterhin übernehmen muss. Der die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft übersteigende Ertrag aus Untervermietung ist dann folglich jedoch als Einkommen nach § 11 SGB II beim Regelbedarf zu berücksichtigen. Denn dieser Teil des Ertrages dient nicht mehr der Senkung der Unterkunftskosten, sondern der Einkommenserzielung.

35

Zudem ist es Sinn und Zweck der Regelung des § 22 Abs 1 S 1 SGB II, Leistungen für den tatsächlichen Bedarf einer Unterkunft zu gewähren. Der tatsächliche Bedarf entsteht jedoch nur für selbst genutzten Wohnraum. Sofern Teile eines angemieteten Wohnraums von einem Leistungsberechtigten wegen Untervermietung nicht genutzt werden, besteht mithin auch kein Grund, hierfür Leistungen zu erbringen.

36

Die Sonderregelung in § 22 Abs 1 S 4 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF; seit 1.1.2011 § 22 Abs 3 SGB II) steht der vorgenommenen Wertung nicht entgegen. Danach mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht. Die Vorschrift wurde auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in das Gesetz eingefügt und stellt eine Reaktion darauf dar, dass Betriebskostenrückzahlungen bis dato als Einkommen zu werten waren. Man war zu der Auffassung gelangt, dies führe zu nicht sachgerechten Ergebnissen (vgl BT-Drucks 16/1696 S 26 f). Die Rechtsprechung hat daraus für davor liegende Zeiträume abgeleitet, dass Betriebskostenrückzahlungen Einkommen iS von § 11 SGB II sein müssten(vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 37). Dies war angesichts des gesetzgeberischen Willens, wie er zur Einführung von § 22 Abs 1 S 4 SGB II deutlich wurde, zwingend. Mangels Wortlautstützen für eine Berücksichtigung der Betriebskostenrückzahlungen unmittelbar bei den Unterkunftskosten war für diese eine andere Auslegung auch nicht möglich. Bei Erträgen aus Untervermietung verhält es sich jedoch insoweit anders. Die Berücksichtigung unmittelbar bei den Unterkunftskosten findet wie aufgezeigt im Wortlaut ihren Niederschlag und wird ferner vom gesetzgeberischen Willen getragen.

37

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Umstritten ist ein Arzneikostenregress wegen der Verordnung des Arzneimittels Polyglobin in den Quartalen II/1999 bis IV/1999.

2

Der in diesen Quartalen als Hausarzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Kläger verordnete insgesamt 17-mal "Polyglobin 5 %" für die 1932 geborene Versicherte H. Diese litt an einem metastasierenden Karzinom der Eileiter, das auch die Leber befallen hatte, und ist 2001 verstorben. Die Kosten je Verordnung beliefen sich auf 3209,02 DM. Auf Antrag der Rechtsvorgängerin der zu 2. beigeladenen Krankenkasse vom 1.12.2000 setzte der Prüfungsausschuss auf der Grundlage des § 14 der für den Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) geltenden Prüfvereinbarung eine Schadensersatzpflicht des Klägers wegen der Verordnung von "Polyglobin" in Höhe von 51 553 DM fest. Dieser Betrag ergab sich auf der Grundlage der Bruttoverordnungskosten unter Abzug eines fünfprozentigen Apothekenrabatts und der von der Versicherten geleisteten Zuzahlungen. Der beklagte Beschwerdeausschuss wies den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, Polyglobin sei nicht im Rahmen der Zulassungsindikationen verordnet worden, und für eine Verordnung außerhalb der zugelassenen Indikationen - der Kläger hatte die Behandlung eines Antikörpermangels bei der Versicherten als Grund für die Verordnungen angeführt - habe keine rechtliche Grundlage bestanden.

3

Das SG hat den Bescheid des Beklagten aufgehoben, soweit die Verordnungen im Quartal II/1999 ausgestellt worden sind, weil die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2. die Antragsfrist versäumt habe. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil für einen zulassungsüberschreitenden Einsatz von Polyglobin die rechtlichen Voraussetzungen, die inzwischen von der Rechtsprechung des BSG geklärt seien, nicht vorgelegen hätten.

4

Dieses Urteil haben der Kläger am 15.4.2005 mit der Berufung und die Beigeladene zu 2. am 28.11.2006 mit der Anschlussberufung angegriffen. Der Kläger hat geltend gemacht, die Verordnung von Polyglobin in den streitbefangenen Quartalen habe den Behandlungserfolg der Chemotherapie absichern sollen und sei damit zur erfolgreichen Behandlung des inoperablen metastasierenden Tubenkarzinoms notwendig gewesen. Nach der Entscheidung des BSG vom 5.7.1995 (Remedacen) habe er darauf vertrauen können, verschreibungspflichtige Medikamente auch außerhalb ihres Zulassungsbereichs verordnen zu dürfen. Der durch dieses höchstrichterliche Urteil ausgelöste Vertrauensschutz sei frühestens durch das Urteil des BSG vom 30.9.1999 (SKAT) eingeschränkt worden. Dieses Urteil habe er bei Ausstellung der hier betroffenen Verordnungen nicht kennen können; insoweit sei ihm zumindest Vertrauensschutz zuzubilligen. Im Übrigen seien die von ihm vorgenommenen Verordnungen auch nach den heute geltenden Maßstäben nicht zu beanstanden, weil die Voraussetzungen für einen indikationsüberschreitenden Einsatz von Polyglobin nach den im Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 formulierten Maßstäben erfüllt seien.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. das Urteil des SG geändert und die Klage auch hinsichtlich der Verordnungen aus dem Quartal II/1999 abgewiesen. Die Anschlussberufung sei zulässig, obwohl diese sich nicht auf den Teil des Streitgegenstandes beziehe, der Gegenstand der Berufung des Klägers sei (Quartale III und IV/1999). Soweit das BSG die Auffassung vertrete, eine Anschlussberufung müsse sich innerhalb des Streitgegenstandes der Hauptberufung bewegen, sei dem nicht zu folgen. Dem Gegner des Berufungsführers müsse es möglich sein, durch Anschließung an die Berufung des Hauptberufungsführers eine Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils zu erreichen, auch soweit ein Streitgegenstand betroffen sei, der von der Berufung des Klägers nicht erfasst werde.

6

Die Berufung der beigeladenen Krankenkasse sei aus denselben Gründen begründet wie diejenige des Klägers unbegründet. Der Beklagte sei berechtigt gewesen, auf der Grundlage des § 14 der für Berlin geltenden Prüfvereinbarung Arzneikostenregresse gegen den Kläger wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel festzusetzen. Das setze nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG kein Verschulden des Vertragsarztes voraus. Auch ein Antrag der jeweils betroffenen Krankenkasse sei nicht erforderlich gewesen; soweit die Prüfvereinbarung etwas anderes vorschreibe, sei das nach der Rechtsprechung des BSG mit höherrangigem Recht nicht vereinbar und deshalb unwirksam. Aus diesem Grund habe das SG der Klage hinsichtlich des Quartals II/1999 zu Unrecht stattgegeben. Auf Vertrauensschutz könne der Kläger sich nicht berufen. Soweit der 8. Senat des BSG im Jahr 1999 ausgeführt habe, die Versicherten hätten im Anschluss an das Urteil des 1. Senats des BSG vom 15.7.1995 zumindest bis zur Veröffentlichung des Urteils aus dem Jahre 1999 darauf vertrauen dürfen, dass sie mit Arzneimitteln auch außerhalb des durch die Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) bestimmten Indikationsbereichs versorgt werden dürften, könne dem nicht gefolgt werden. Schließlich führe auch der Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 nicht zu einer anderen Beurteilung, weil die Wirksamkeit von Polyglobin zur Behandlung der nach Auffassung des Klägers bei der Patientin H. vorhandenen Antikörperstörung nicht belegt sei (Urteil vom 26.11.2008).

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Entscheidung des Berufungsgerichts, die Anschlussrevision der Beigeladenen zu 2. als zulässig anzusehen. Diese Berufung sei nach Ablauf der auch für diese Beigeladene geltenden Berufungsfrist von einem Monat nach Zustellung des sozialgerichtlichen Urteils eingelegt worden. Als unselbstständige Anschlussberufung sei sie nicht zulässig, weil sie sich nicht auf den Gegenstand der von ihm - dem Kläger - eingelegten Hauptberufung beziehe. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfe nach Ablauf der für die Beteiligten geltenden Berufungsfrist der Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nicht mehr erweitert werden. Seine - des Klägers - Verordnungen in den drei streitbefangenen Quartalen bildeten jeweils unterschiedliche Streitgegenstände, was das SG im Ausgangspunkt zutreffend dadurch zum Ausdruck gebracht habe, dass es den Regressbescheid hinsichtlich des Quartals II/1999 aufgehoben und hinsichtlich der in den beiden folgenden Quartalen ausgestellten Verordnungen für rechtmäßig gehalten habe. Deshalb sei der angefochtene Regressbescheid hinsichtlich der Verordnungen aus dem Quartal II/1999 dem Berufungsgericht mit seiner - des Klägers - (Haupt)Berufung nicht angefallen und habe durch die zu 2. beigeladene Krankenkasse nach Ablauf der Berufungsfrist nicht mehr in das Berufungsverfahren einbezogen werden können.

8

Im Übrigen sei das Urteil des LSG fehlerhaft, soweit es die Regresse für rechtmäßig gehalten habe. Der vom Berufungsgericht herangezogene § 14 Abs 1 der Prüfvereinbarung sei schon generell keine tragfähige Grundlage für einen Regress wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel. Die Prüfvereinbarung regele lediglich Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sowie Regresse wegen schuldhafter Verursachung eines "sonstigen Schadens". Der in der Rechtsprechung des BSG zugelassene Regress wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Mittel hätte in der Prüfvereinbarung zwar geregelt werden können, sei dort tatsächlich aber nicht geregelt worden.

9

Weiterhin sei der angefochtene Bescheid fehlerhaft, weil im Prüfungsausschuss wie im Beschwerdeausschuss jeweils unter Vorsitz eines Vertreters der Krankenkassen entschieden worden sei. Die Krankenkassenvertreter hätten eine Vertagung der Entscheidung des Beklagten in einer Sitzung unter Vorsitz eines Vertreters der Ärzte herbeigeführt, um so zu erreichen, dass über die Widersprüche des Klägers gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses, die unter Vorsitz eines Vertreters der Krankenkassen getroffen worden sei, erneut unter Vorsitz eines Vertreters der Krankenkassen entschieden werde. Das sei unzulässig. Die Vorschriften über den wechselnden Vorsitz im Prüfungs- und Beschwerdeausschuss nach § 106 SGB V aF könnten nur so verstanden werden, dass jedenfalls über Entscheidungen des Prüfungsausschusses, bei denen ein Vertreter der Krankenkassen den Vorsitz gehabt habe, in der Besetzung des Beschwerdeausschusses mit einem Vorsitzenden aus den Reihen der Vertragsärzte entschieden werden müsse.

10

Die Verordnung von Polyglobin sei zur Behandlung der bei der Versicherten H. vorhandenen lebensbedrohlichen Karzinomerkrankung notwendig gewesen. Zwar sei der Einsatz von Polyglobin nicht unmittelbar zur Heilung der Tumorerkrankung bzw zur Linderung der damit verbundenen Beschwerden erfolgt, doch habe die Versicherte unter einer Antikörperstörung gelitten, die eine Chemotherapie unmöglich gemacht habe, die ihrerseits zur Behandlung des Tumorgrundleidens erforderlich gewesen sei. Der Einsatz von Polyglobin habe die Voraussetzungen für eine Fortsetzung der Chemotherapie schaffen sollen, und seine Rechtmäßigkeit müsse deshalb aus medizinischen Gründen nach denselben Maßstäben beurteilt werden wie die Verordnung von Arzneimitteln zur kausalen Krebstherapie. Jedenfalls habe er - der Kläger - darauf vertrauen dürfen, dass im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG auch der die Indikationsgrenzen überschreitende Einsatz generell zugelassener Arzneimittel (Off-Label-Use) im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung möglich gewesen sei. Das habe der 1. Senat des BSG im Juli 1995 zum Einsatz des Codeinpräparates Remedacen zur Drogensubstitution entschieden, und der 8. Senat des BSG, der mit dieser Rechtsprechung nicht einverstanden gewesen sei, habe im Jahr 1999 für die Zeit bis zur Verkündung seiner Entscheidung den Versicherten Vertrauensschutz zugebilligt. Auf diesen Vertrauensschutz könne er - der Kläger - sich hier auch berufen. Soweit der 6. Senat des BSG im Mai 2006 entschieden habe, Vertrauensschutzaspekte spielten insoweit keine Rolle, weil Vertragsärzte, die Arzneimittel außerhalb der Zulassungsindikationen einsetzen wollten, gehalten seien, ein Privatrezept auszustellen und die Versicherten bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die Krankenkasse zu unterstützen, sei das auf die hier maßgebliche Rechtslage des Jahres 1999 nicht übertragbar. Zu diesem Zeitpunkt sei nach § 29 Abs 1 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) die Genehmigung von Verordnungen durch eine Krankenkasse unzulässig gewesen. In Verbindung mit der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG zu Remedacen habe sich daraus die Berechtigung von Vertragsärzten ergeben, den Off-Label-Use-Einsatz im regulären Verfahren durch Ausstellen von vertragsärztlichen Verordnungen zu praktizieren. Soweit das LSG bemängelt habe, das bei der Versicherten H. vorliegende Antikörpermangelsyndrom, das letztlich den Einsatz von Polyglobin erforderlich gemacht habe, sei nicht ausreichend belegt, könne dem nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung des LSG seien laborchemische Untersuchungen zum Nachweis dieses Antikörpermangelsyndroms verzichtbar.

11

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.11.2008 und des Sozialgerichts Berlin vom 9.2.2005, soweit hier die Klage abgewiesen wurde, sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.12.2001 aufzuheben,

hilfsweise, die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.11.2008 und des Sozialgerichts Berlin vom 9.2.2005 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.12.2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Widerspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden,

weiter hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.11.2008 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

12

Der Beklagte und die Beigeladene zu 2. beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

13

Zutreffend habe das Berufungsgericht entschieden, dass die Partner der Prüfvereinbarungen nicht einmal berechtigt gewesen wären, Arzneikostenregresse wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel vom Verschulden des Vertragsarztes abhängig zu machen. Entgegen der Auffassung des Klägers habe die maßgebliche Prüfvereinbarung aus dem Jahre 1994 nicht vorgeschrieben, dass eine unter dem Vorsitz eines Kassenvertreters getroffene Entscheidung vom Beschwerdeausschuss nur unter dem Vorsitz eines Vertreters der Ärzte überprüft werden dürfe. Eine solche Regelung wäre auch nicht praktikabel gewesen und hätte die Dauer der Prüfverfahren erheblich verlängert. Die Ausführungen des Klägers hinsichtlich seines Vertrauens auf bestimmte Entscheidungen des BSG seien irrelevant. Es sei lebensfremd, dass ein Vertragsarzt die einzelnen Entwicklungsschritte der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Kenntnis nehme und sein Verordnungsverhalten daran ausrichte. Eine Ausnahmelage im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG vom 6.12.2005 habe in den streitbefangenen Quartalen bei der Versicherten H. nicht bestanden.

14

Die zu 2. beigeladene Krankenkasse hält das Urteil des LSG ebenfalls für zutreffend. Zu Recht habe das LSG ihre Anschlussberufung als zulässig angesehen. Folge man der Auffassung des Klägers, gebe es für die Anschlussberufung im sozialgerichtlichen Verfahren überhaupt keinen Anwendungsbereich, weil die Hauptberufung regelmäßig nur insoweit erhoben werde, als der Rechtsmittelführer durch das sozialgerichtliche Urteil beschwert sei. Für eine Anschlussberufung sei dann kein Raum, weil im Rahmen der Beschwer des Klägers der Anschlussberufungsführer selbst mit dem angefochtenen Urteil einverstanden sei. Ein Grund für eine derart restriktive Handhabung entgegen der Rechtsprechung in den anderen Gerichtszweigen sei nicht erkennbar.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg. Zu Recht rügt er, dass das Berufungsgericht über den angefochtenen Bescheid des Beklagten hinsichtlich der Verordnungen aus dem Quartal II/1999 in der Sache entschieden habe. Insoweit ist die zugunsten des Klägers ergangene Entscheidung des SG rechtskräftig geworden, weil die Beigeladene zu 2. innerhalb der Berufungsfrist keine Berufung eingelegt hat. Ihre Anschlussberufung war unzulässig (1). Keinen Erfolg hat die Revision dagegen hinsichtlich der Verordnungen in den Quartalen III und IV/1999. Insoweit hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das sozialgerichtliche Urteil zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig (2).

16

1. Die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. vom 28.11.2006 war unzulässig. Das Berufungsgericht hätte auf diese Anschlussberufung hin nicht in eine Sachprüfung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Verordnungen des Klägers aus dem Quartal II/1999 eintreten dürfen. Insoweit war das der Klage stattgebende Urteil des SG nämlich bereits rechtskräftig geworden.

17

a. Die Berufung der beigeladenen Krankenkasse hätte nur als Anschlussberufung iS des § 202 SGG iVm § 524 ZPO zulässig sein können. Eine eigenständige Berufung wäre wegen Versäumung der Berufungsfrist des § 151 Abs 1 SGG unzulässig. Das Urteil des SG ist der Beigeladenen zu 2. am 16.3.2005 zugestellt worden; die Monatsfrist des § 151 Abs 1 SGG ist durch die Einlegung der Berufung am 28.11.2006 nicht gewahrt worden.

18

Die Berufungsfrist des § 151 Abs 1 SGG gilt nicht für die Anschlussberufung, die nach der Rechtsprechung des BSG auch in der Sozialgerichtsbarkeit statthaft ist(BSGE 63, 167, 169 = SozR 1500 § 54 Nr 85; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg), SGG 9. Aufl 2008, § 143 RdNr 5). Die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. war hier aber unzulässig, weil sie nicht den gleichen prozessualen Anspruch wie die Hauptberufung des Klägers betroffen, sondern einen neuen Streitgegenstand in das Berufungsverfahren eingeführt hat. Das ist nach der Rechtsprechung aller mit dieser Rechtsfrage bisher befassten Senate des BSG ausgeschlossen (zB Urteil des 9. Senats vom 8.7.1969 = SozR Nr 12 zu § 521 ZPO; 6. Senat vom 19.6.1996 - 6 RKa 24/95 - = USK 96131) Diese Entscheidungen sind zu Ansprüchen ergangen, die Gegenstand des Klageverfahrens, aber nicht der Hauptberufung waren. Das Urteil des 4. Senats vom 10.2.2005 - B 4 RA 48/04 R - betrifft einen mit der Anschlussberufung geltend gemachten Anspruch, der nicht einmal Gegenstand des Klageverfahrens gewesen ist. Die Rechtsauffassung des BSG zur Begrenzung der Anschlussberufung auf den Streitgegenstand der Hauptberufung wird in den Kommentaren zum SGG - soweit ersichtlich ohne Ausnahme - geteilt (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 143 RdNr 5d; Eckertz in: Lüdtke, Handkommentar Sozialgerichtsgesetz, 3. Aufl 2009, § 143 RdNr 37; Behn in: Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 87. Ergänzungslieferung, Stand: Mai 2009 - Gesamtwerk, § 143 RdNr 68 f; Frehse in: Jansen, SGG, 3. Aufl 2009, § 143 RdNr 7; Waschull in: Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2009, § 6 RdNr 130). Nach Bernsdorff (in: Hennig, SGG, Stand Februar 2009 - Gesamtwerk - § 143 RdNr 27) liegt keine Anschlussberufung vor, wenn sich der Antrag des Berufungsbeklagten bei teilbarem Streitgegenstand gegen einen anderen als den mit der Berufung angegriffenen Teil des erstinstanzlichen Urteils richtet (ähnlich Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 143 RdNr 24).

19

b. Bei Anwendung dieser Rechtsauffassung ist die Anschlussberufung unzulässig, wie das LSG zutreffend angenommen hat. Die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. betrifft einen anderen Streitgegenstand als die Hauptberufung, weil diese die Verordnungen des Klägers aus den Quartalen III/1999 und IV/1999, jene aber solche aus dem Quartal II/1999 erfasst. Vertragsärztliche Honorarbescheide sowie Bescheide der Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung ergehen quartalsbezogen und enthalten, wenn Entscheidungen mehrere Quartale betreffen (vgl zB BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 30/08 R - RdNr 24 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen), verschiedene Regelungen iS des § 31 Satz 1 SGB X. Selbst innerhalb eines Bescheides für ein Quartal können zahlreiche eigenständige "Regelungen" ergehen, die selbstständig anfechtbar sind. Das hat der Senat in einem Urteil vom 23.2.2005 (SozR 4-1500 § 92 Nr 2) für einen Honorarbescheid näher dargelegt; in dem schon zitierten Urteil vom 19.6.1996 (6 RKa 24/95) hat der Senat das in Bezug auf einen Bescheid zur Wirtschaftlichkeitsprüfung hinsichtlich von Kürzungen für bestimmte Leistungen bzw Leistungssparten als selbstverständlich vorausgesetzt und im Urteil vom 16.7.2008 ausdrücklich ausgesprochen (BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 25 am Ende).

20

Diese Rechtsprechung kann allerdings nicht ohne Weiteres auf Kostenregresse wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel übertragen werden. Derartige Regressbescheide können quartalsbezogen ergehen, etwa wenn ein Arzt über einen längeren Zeitraum hinweg bestimmte Medikamente für zahlreiche Patienten verordnet. Zwingend ist die Bindung eines Kostenregresses ebenso wie eines Regresses wegen eines sog "sonstigen Schadens" an den Quartalsturnus indessen nicht und bietet sich gerade in Konstellationen nicht an, in denen es um die Behandlung eines Versicherten mit einem umstrittenen Medikament über mehrere Quartale geht. Ein solcher Fall ist hier zu beurteilen, und sowohl der Regressantrag der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2. wie die Entscheidungen des Prüfungsausschusses und des Beklagten haben nicht nach den drei betroffenen Quartalen differenziert und mussten das auch nicht.

21

Ursprünglich bildete deshalb der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Aufhebung der - Verordnungen aus drei Quartalen erfassenden - Entscheidung des Beklagten vom 12.12.2001 den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Das SG hat diesen einheitlichen Streitgegenstand jedoch getrennt und die Regressfestsetzung je nach Zuordnung der beanstandeten Verordnungen des Klägers zu den Quartalen II/1999 einerseits sowie III und IV 1999 andererseits unterschiedlich beurteilt. Anlass dazu hat dem SG die (mittelbar) quartalsbezogene Regelung über die Antragsfrist der Krankenkasse in § 14 Abs 2 der maßgeblichen Prüfvereinbarung gegeben. Weil offenbar die Krankenkassen die Verordnungen aus jedem Quartal zusammengefasst zu einem bestimmten Termin erhalten, der wiederum für den Beginn der Antragsfrist nach § 14 Abs 2 von Bedeutung ist, konnte nach Ansicht des SG die Prüfung der Einhaltung dieser Frist nur differenziert für jedes Quartal erfolgen. Das Urteil des SG hat inzident die angefochtene Entscheidung des Beklagten in zumindest zwei Regelungen iS des § 31 Satz 1 SGB X aufgespalten, nämlich hinsichtlich der aus dem Quartal II/1999 und hinsichtlich der aus den Quartalen III/1999 sowie IV/1999 stammenden Verordnungen des Klägers. Bundesrecht ist dadurch nicht verletzt, und das SG hat durch den Tenor seines Urteils die Beteiligten über das gerichtliche Vorgehen hinreichend deutlich informiert.

22

Damit bestand bei Zustellung des SG-Urteils eine Rechtslage, wie sie derjenigen bei Honorarfestsetzungen oder Kürzungs- bzw Regressbescheiden entspricht, die von vornherein mehrere Quartale erfassen. Für jedes dieser Quartale ist (mindestens) eine Regelung angefochten, deren prozessuales Schicksal von demjenigen für die anderen Quartale abweichen kann; die Regelung für jedes Quartal bildet einen eigenständigen Streitgegenstand. Als Folge der Hauptberufung des Klägers war der angefochtene Bescheid des Beklagten Gegenstand des Berufungsverfahrens nur hinsichtlich der aus den Quartalen III/1999 und IV/1999 stammenden Verordnungen; das ist dem Antrag des Klägers im LSG-Verfahren deutlich zu entnehmen. Die Anschlussberufung der Beigeladenen zu 2. hat mit der Entscheidung des Beklagten über die aus dem Quartal II/1999 stammenden Verordnungen einen neuen Streitgegenstand in das Berufungsverfahren eingeführt. Das ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht zulässig. Ein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, ist nicht ersichtlich.

23

c. Kein durchgreifendes Bedenken ergibt sich aus dem Hinweis der Beigeladenen zu 2., auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BSG bleibe für die Anschlussberufung nur ein sehr begrenzter Anwendungsbereich. Wenn die Anschlussberufung nur innerhalb des prozessualen Anspruchs erhoben werden kann, der Gegenstand der Hauptberufung ist, kommt im vertragsärztlichen Bereich bei Honorarkürzungen bzw Arzneikostenregressen eine Anschlussberufung typischerweise nur dann in Betracht, wenn das SG auf die Klage die zuständige Behörde zur Neubescheidung nach bestimmten Maßgaben verurteilt und der Kläger mit seiner Berufung die endgültige Aufhebung der ihn belastenden Bescheide begehrt. Dieser Berufung können sich dann die KÄV, der Beschwerdeausschuss oder die beigeladenen Krankenkassen (bzw Krankenkassenverbände) mit dem Antrag anschließen, die Klage in vollem Umfang abzuweisen, auch nachdem die für sie laufende Berufungsfrist abgelaufen ist. Alle übrigen Regelungen der ursprünglich angefochtenen Entscheidung, über die das SG entschieden hat, ohne dass ein Beteiligter das mit der Berufung angefochten hat, die also etwa andere Leistungspositionen oder andere Quartale betreffen, werden dagegen bestandskräftig. Das ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts im vertragsärztlichen Bereich richtig und praktikabel.

24

Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bliebe dagegen möglicherweise während der gesamten Dauer eines Berufungsverfahrens offen, ob Regelungen in Kürzungs- oder Regressbescheiden, die nicht Gegenstand der Hauptberufung sind, bestandskräftig werden oder nicht. Soweit etwa in einer Entscheidung des Beschwerdeausschusses Honorarkürzungen oder Arzneikostenregresse für eine größere Zahl von Quartalen auf der Grundlage einer Vielzahl von Entscheidungen des Prüfungsausschusses (oder der Prüfungsstelle iS des § 106 Abs 4 Satz 1 SGB V idF des GKV-WSG vom 26.3.2007) zusammengefasst worden sind, bleibt deren Bestandskraft über Jahre hinweg offen, auch wenn nur eine Detailregelung hinsichtlich eines einzelnen Quartals Gegenstand des Berufungsverfahrens ist. Das ist sowohl für den beteiligten Vertragsarzt wie für die KÄV und die Krankenkassen als Kostenträger schwierig zu handhaben, weil ggf Rückstellungen gebildet werden müssten und Beträge nicht verbucht werden könnten.

25

Ein tatsächliches Bedürfnis, diese Rechtsfolgen in Kauf zu nehmen, um den Beteiligten bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz die Möglichkeit der Anschlussberufung auch außerhalb des prozessualen Anspruchs, der Gegenstand der Hauptberufung ist, offen zu halten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Ob Honorarkürzungs- oder Regressbescheide, die verschiedene Regelungen iS des § 31 Satz 1 SGB X zum Inhalt haben und häufig mehrere Quartale betreffen, einzeln angegriffen oder durch die Widerspruchsstelle zusammengefasst bzw im gerichtlichen Verfahren auf der Grundlage des § 113 Abs 1 SGG verbunden werden, ist eine Frage der Praktikabilität. Jeder Verfahrensbeteiligte hat nach Bekanntgabe des das Verwaltungsverfahren abschließenden Bescheides oder des erstinstanzlichen Urteils eine Frist von einem Monat, innerhalb der er prüfen und entscheiden kann, ob und ggf inwieweit er die Entscheidung der Behörde bzw des erstinstanzlichen Gerichts hinnehmen will oder nicht. Ein berechtigtes Interesse, Monate oder sogar Jahre nach Einlegung der Berufung des Gegners noch Regelungen der gerichtlichen Überprüfung des LSG zuführen zu können, zu denen die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts zunächst hingenommen worden ist, besteht nicht.

26

d. Zudem kann die prozessuale Sicht des Berufungsgerichts die Entscheidungsreife der Berufung in Frage stellen, jedenfalls soweit keine Frist für die Anschlussberufung normiert ist. Während nach § 127 Abs 2 Satz 2 VwGO die Anschließung nur bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründungsschrift zugelassen wird, besteht keine ebensolche Bestimmung im SGG. Die VwGO-Vorschrift soll nach vorherrschender Auffassung auf das sozialgerichtliche Verfahren nicht übertragen werden können, weil dafür eine rechtliche Grundlage fehlt. Vergleichbares wird hinsichtlich der ähnlichen Frist des § 524 Abs 2 Satz 2 ZPO angenommen, die immerhin über § 202 SGG grundsätzlich im sozialgerichtlichen Verfahren angewandt werden könnte(vgl Leitherer, aaO, § 143 RdNr 5 f). Nach dieser Vorschrift ist die Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Eine dem § 521 Abs 1 ZPO entsprechende Vorschrift über die Zustellung der Berufungsschrift und der Berufungsbegründungsschrift an den Gegner kennt das SGG nicht. Die entsprechende Anwendung des § 524 Abs 2 Satz 2 ZPO über § 202 SGG setzt aber die Zustellung mindestens der Berufungsbegründung an den Gegner voraus, damit Klarheit über den Beginn der Frist für die Einlegung der Anschlussberufung besteht. Die Anwendung von Ausschlussfristen im sozialgerichtlichen Verfahren ohne explizite normative Grundlage ist unter dem Gesichtspunkt der Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Satz 1, Art 103 Abs 1 GG) problematisch, sodass ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung, die auch in der Anordnung einer entsprechenden Geltung des § 127 Abs 2 Satz 2 VwGO im SGG bestehen könnte, die Ausschlussfrist für die Anschlussberufung wohl nicht entsprechend angewandt werden kann. Das dürfte auch deshalb anzunehmen sein, weil im Berufungsverfahren der Sozialgerichtsbarkeit im Unterschied zu demjenigen in der Verwaltungs- und in der Zivilgerichtsbarkeit kein Vertretungszwang herrscht, und die Vorschriften über die Zustellung von Berufungs- und Berufungsbegründungsschriften sowie daran anknüpfende Fristen auf einen durch professionelle Bevollmächtigte geführten Prozess zugeschnitten sind.

27

Würde - was das LSG nicht erwogen hat - auf der Grundlage einer analogen Anwendung des § 127 Abs 2 Satz 2 VwGO im sozialgerichtlichen Verfahren auf den Nachweis der Zustellung der Berufungsbegründungsschrift verzichtet und der Nachweis ihrer tatsächlichen Kenntnis für ausreichend gehalten, wäre die Anschlussberufung der zu 2. beigeladenen Krankenkasse hier ebenfalls unzulässig. Diese hat, wie sich aus ihrer Reaktion im Berufungsverfahren vom 4.4.2006 ergibt, Monate vor Einlegung der Anschlussberufung am 28.11.2006 Kenntnis von der Berufungsbegründung des Klägers gehabt. Die entsprechende Anwendung der Monatsfrist des § 127 Abs 2 Satz 2 VwGO würde dann ebenfalls zur Unzulässigkeit ihrer Berufung führen. Demgegenüber hätte die vom Berufungsgericht offenbar befürwortete unbefristete Zulassung der Anschlussberufung bis zur mündlichen Verhandlung zur Folge, dass das LSG trotz Entscheidungsreife der Hauptberufung den Rechtsstreit vertagen müsste, wenn zum Gegenstand der Anschlussberufung noch Sachaufklärungsbedarf besteht. Das könnte zu Verzögerungen der Entscheidung führen, die auch im Hinblick auf das Gebot der Gewährung von Rechtsschutz in angemessener Zeit (Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention) möglichst zu vermeiden sind.

28

Diese Erwägungen geben dem Senat Anlass, trotz der gewichtigen Einwände des Berufungsgerichts an der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Anschlussberufung festzuhalten und von einer andernfalls gebotenen Anrufung des Großen Senats nach § 41 Abs 2 SGG im Hinblick auf die Rechtsprechung anderer Senate zum Gegenstand der Anschlussberufung im sozialgerichtlichen Verfahren abzusehen.

29

2. Im Übrigen erweist sich die Revision des Klägers aber als unbegründet.

30

a. Das Berufungsgericht hat angenommen, § 14 Abs 1 iVm Abs 3 der seit dem Jahre 1994 geltenden und für die Verordnungen des Klägers im Jahre 1999 noch anwendbaren Prüfvereinbarung für den Bezirk der zu 1. beigeladenen KÄV Berlin gestatte die Festsetzung von Arzneikostenregressen, soweit der Vertragsarzt Arzneimittel verordnet hat, die in der vertragsärztlichen Versorgung nicht verordnungsfähig sind. Die Kenntnis des Vertragsarztes von der fehlenden Verordnungsfähigkeit oder generell ein Verschulden des Arztes sei insoweit nicht Voraussetzung für die Festsetzung eines Regresses. Soweit der Kläger § 14 der Prüfvereinbarung anders versteht und annimmt, diese Norm erfasse nur Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung bzw die Festsetzung eines verschuldensabhängigen "sonstigen Schadens" und nicht die Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel, ist dem im Revisionsverfahren nicht weiter nachzugehen. Die Prüfvereinbarung stellt Landesrecht iS des § 162 SGG dar, das das Revisionsgericht in der Auslegung des Berufungsgerichts seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Von diesem Grundsatz sind in der Rechtsprechung des BSG zwei Ausnahmen anerkannt. Danach können landesrechtliche Normen vom Revisionsgericht eigenständig ausgelegt und angewandt werden, wenn es sich um Normen handelt, die inhaltsgleich in Bezirken verschiedener LSG gelten, soweit die Übereinstimmung im Interesse der Rechtsvereinheitlichung bewusst und gewollt ist (BSG vom 8.9.2009 - B 1 KR 8/09 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Es ist weder geltend gemacht noch gerichtsbekannt, dass die Berliner Prüfvereinbarung aus dem Jahr 1994 inhaltsgleich in anderen KÄV-Bezirken gilt.

31

Landesrechtliche Normen sind weiterhin einer eigenständigen Auslegung und Anwendung des BSG zugänglich, wenn das LSG entscheidungserhebliche Vorschriften unberücksichtigt gelassen hat (BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, jeweils RdNr 15). Hier hat jedoch das LSG die als Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ersichtlich einschlägige Vorschrift des § 14 der Prüfvereinbarung zutreffend herangezogen und unter Anwendung der allgemein anerkannten juristischen Auslegungskriterien ausgelegt. Der Kläger rügt auch keinen Verstoß gegen diese Auslegungsgrundsätze oder die Denkgesetze, sondern setzt der Auslegung des Berufungsgerichts seine abweichende Auslegung entgegen. Das führt nicht dazu, dass entgegen der Vorgabe des § 162 SGG das Revisionsgericht zu einer eigenständigen Auslegung berufen wäre.

32

Soweit § 14 der Prüfvereinbarung in der Auslegung des LSG eine hinreichende Grundlage für die Festsetzung von Arzneikostenregressen wegen der Verordnung nicht verordnungsfähiger Arzneimittel darstellt, steht die Vorschrift mit Bundesrecht in Einklang. Der Senat hat mehrfach entschieden, dass auf der Grundlage des § 106 Abs 2 SGB V in den Prüfvereinbarungen Rechtsgrundlagen für Arzneikostenregresse festgeschrieben werden dürfen, soweit Vertragsärzte Arznei- und Heilmittel verordnet haben, die nicht Gegenstand der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung sind(zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 52; vgl zuletzt BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - RdNr 17 ff mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das stellt der Kläger selbst nicht in Abrede.

33

b. Soweit der Kläger in formeller Hinsicht weiter rügt, der angefochtene Bescheid des Beklagten sei fehlerhaft, weil er in einer Sitzung gefasst worden sei, in der ein Vertreter der Krankenkassen den Vorsitz innegehabt habe, kann dem nicht gefolgt werden. Weder die Prüfvereinbarung im Bezirk der zu 1. beigeladenen KÄV noch Bundesrecht haben vorgeschrieben, dass in den Jahren, in denen Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse alternierend von einem Vertreter der Krankenkassen und der Vertragsärzte geleitet worden sind, Entscheidungen des Prüfungsausschusses, die unter ärztlichem Vorsitz getroffen worden sind, vom Beschwerdeausschuss nur unter Vorsitz eines Vertreters der Krankenkassen und umgekehrt überprüft werden dürfen.

34

Nach § 106 Abs 4 Satz 3 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992 führte in den von Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl besetzten Prüfungs- und Beschwerdeausschüssen jährlich wechselnd ein Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen den Vorsitz. Die Stimme des Vorsitzenden gab bei Stimmengleichheit den Ausschlag (aaO, Satz 4). Diese als defizitär bewertete Regelung war manipulationsanfällig (vgl näher BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5 auch zur Neuregelung im Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung)und ist deshalb zum 1.1.2004 ohne Übergangsregelung in der Weise geändert worden, dass die Gremien nunmehr von einem neutralen Vorsitzenden geleitet werden. Für die Zeit bis zum 31.12.2003 galten aber die früheren Regelungen über den im Jahresturnus wechselnden Vorsitz fort, und diesen lag die Auffassung der Revision von einem notwendigen Wechsel im Vorsitz zwischen den beiden Verwaltungsinstanzen nicht zugrunde.

35

Der Kläger verweist selbst auf früher geltende Prüfvereinbarungen im Bezirk der KÄV Bayerns und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin, in denen bestimmt war, den Vorsitz im Beschwerdeausschuss führe ein Vertreter der Ärzte (Zahnärzte), wenn in dem zu entscheidenden Fall ein Vertreter der Krankenkassen den Vorsitz im Prüfungsausschuss inne hatte und umgekehrt. Dass eine solche Regelung im Bezirk der Beigeladenen zu 1. gegolten habe, macht der Kläger nicht geltend. Seine Auffassung, auch ohne ausdrückliche Regelung in der maßgeblichen Prüfvereinbarung ergebe sich dieser Grundsatz unmittelbar als Folge des § 106 Abs 4 Satz 3 SGB V aF über den turnusmäßigen Wechsel im Vorsitz von Prüfungs- und Beschwerdeausschuss, trifft nicht zu. Die Annahme einer solchen bundesrechtlichen Vorgabe hätte das Prüfverfahren verkompliziert und wäre ohne nähere Regelungen in den Prüfvereinbarungen kaum umsetzbar gewesen. Die Beschwerdeausschüsse hätten Beschlüsse über Entscheidungen der Prüfungsausschüsse möglicherweise zurückstellen müssen, weil im jeweiligen Jahr die "richtige" Besetzung nicht verfügbar gewesen wäre; alternativ hätte immer ein Vorsitzender der "Bank", die im jeweiligen Jahr im Beschwerdeausschuss nicht den Vorsitzenden stellt, zur Verfügung stehen müssen, um über Entscheidungen des Prüfungsausschusses zu beraten, die unter anderem Vorsitz getroffen worden sind. Ob die damit verbundenen formellen Erschwerungen des Prüfungsverfahrens bundesrechtlich unbedenklich gewesen wären, bleibt offen (zu den Grenzen des Gestaltungsspielraums der Gesamtvertragspartner bei Ausgestaltung der Prüfvereinbarung vgl BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 290 f). Eine Verpflichtung der Prüfgremien, ohne explizite Regelung in der Prüfvereinbarung so zu verfahren, hat jedenfalls nicht bestanden.

36

c. Soweit der Kläger geltend macht, die Entscheidung durch den Beklagten am 12.12.2001 sei nur deshalb unter dem Vorsitz eines Krankenkassenvertreters gefallen, weil die Kassenvertreter die ursprünglich vorgesehene Sitzung am 24.9.2001 boykottiert hätten, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Da ein Arzt keinen Anspruch darauf hat, dass über seine Angelegenheit immer unter dem Vorsitz eines Arztes im Beschwerdeausschuss entschieden wird, wenn der Prüfungsausschuss unter dem Vorsitz eines Krankenkassenvertreters entschieden hat, stellt die Vertagung einer Sitzung auch dann grundsätzlich keinen Rechtsverstoß dar, wenn diese zur Folge haben sollte, dass der Vorsitz in der tatsächlich entscheidenden Sitzung wechselt. Im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht iS des § 163 SGG festgestellt, dass die Vertagung der Entscheidung vom 24.9.2001 allein darauf beruht hat, dass die Krankenkassenvertreter erreichen wollten, dass über die Angelegenheit des Klägers in der Besetzung des Beschwerdeausschusses mit einem Vorsitzenden aus ihren Reihen entschieden wird. Schließlich ist im Hinblick auf die Rügen des Klägers zur Zusammensetzung des Beklagten bei der Beschlussfassung darauf hinzuweisen, dass die Krankenkassen nach der Rechtsprechung des Senats gegen Entscheidungen der Prüfgremien, mit denen ua Anträge auf Festsetzung von Honorarkürzungen oder Arzneikostenregressen abgelehnt werden, Rechtsmittel ergreifen können (zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 und BSG MedR 2004, 577, jeweils zu unzureichenden Kürzungen vertragszahnärztlichen Honorars; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 zum Sprechstundenbedarfsregress). Da vorliegend Ermessens- und Beurteilungsspielräume allenfalls am Rande in Rede stehen, spricht wenig dafür, dass die zu 2. beigeladene Krankenkasse eine - unterstellt für den Kläger positive - Entscheidung des Beklagten unter anderem Vorsitz auf sich hätte beruhen lassen.

37

d. Der Kläger durfte über "Polyglobin 5 %" in den streitbefangenen Quartalen keine vertragsärztliche Verordnung ausstellen. Er hat dieses Arzneimittel außerhalb der arzneimittelrechtlichen Zulassung verordnet.

38

Die Zulassung von Polyglobin war nach den Feststellungen des LSG auf die Behandlung der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura (Hautblutungen) beschränkt, und an dieser Erkrankung hat die Versicherte H. nicht gelitten. Ein Arzneimittel darf grundsätzlich nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung für einen Einsatz außerhalb der arzneimittelrechtlich zugelassenen Indikation verordnet werden. Das hat der 1. Senat des BSG mit Urteil vom 19.3.2002 (BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8) unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden und daran bis heute festgehalten (zB BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1). Der 6. Senat des BSG ist dem für die Festsetzung von Arzneikostenregressen gefolgt (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 19; vgl auch BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

39

Der Kläger kann sich zur Rechtfertigung seiner Verordnungen von Polyglobin weder auf Vertrauensschutz noch auf einen der Annahmetatbestände stützen, unter denen Arzneimittel vertragsärztlich auch außerhalb der zugelassenen Indikation verordnet werden dürfen. Der Kläger ist der Auffassung, Vertragsärzte hätten in der Zeit zwischen dem Urteil des 1. Senats vom 5.7.1995 zur Drogensubstitution mit dem Codein-Präparat Remedacen (BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5) und dem Bekanntwerden des Urteils des 8. Senats vom 30.9.1999 zur SKAT-Therapie (BSGE 85, 36 = SozR 3-2500 § 27 Nr 11) generell darauf vertrauen dürfen, Arzneimittel im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auch außerhalb der Zulassungsindikationen nach dem Arzneimittelrecht verordnen zu dürfen. Dem folgt der Senat in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht nicht.

40

Es ist bereits fraglich, ob ein Vertragsarzt im Hinblick auf das zu der sehr speziellen Situation der Drogensubstitution ergangene Urteil des 1. Senats vom 5.7.1995 generell darauf vertrauen durfte, Arzneimittel auch außerhalb ihrer Zulassungsindikation verordnen zu dürfen. Allenfalls kommt ein Vertrauen darauf in Betracht, dass die Bindung der vertragsärztlichen Verordnung an die Zulassung des jeweiligen Fertigarzneimittels nach dem AMG in dem Sinne gelockert ist, dass in bestimmten Konstellationen eine die arzneimittelrechtliche Zulassung überschreitende Verordnung, die medizinisch sinnvoll oder sogar geboten ist, auch krankenversicherungsrechtlich zulässig sein kann. In diesem Sinne ist das Urteil des 8. Senats vom 30.9.1999 richtigerweise zu verstehen. Weitergehende Schlussfolgerungen aus diesem Urteil im Sinne eines uneingeschränkt erlaubten indikationsfremden Einsatzes von Fertigarzneimitteln liegen eher fern, zumal ein beliebiger, allein nach Gutdünken jedes einzelnen Arztes erfolgender, Einsatz eines Medikaments außerhalb der Zulassung nicht ernsthaft für sachgerecht gehalten werden kann .

41

e. Im Übrigen sind schon kurz nach Veröffentlichung des Urteils des 1. Senats vom 5.7.1995 zur Drogensubstitution in der Rechtsprechung des BSG Zweifel an der allgemeinen Aussagekraft dieses Urteils über den entschiedenen Fall hinaus artikuliert worden. Schon drei Monate nach dem Urteil des 1. Senats hat der allein für das Vertragsarztrecht zuständige erkennende Senat Bedenken gegen die Zulässigkeit des Einsatzes von Remedacen zur Drogensubstitution geäußert und auf die Problematik der Beachtung der Richtlinien des (früheren) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im Zusammenhang mit sog Außenseitermethoden hingewiesen (Urteil vom 18.10.1995, SozR 3-5550 § 17 Nr 2 S 5). In der Sache sind sodann die Grundsätze des Urteils vom 5.7.1995 durch die neuere Rechtsprechung des 6. und des 1. Senats zur Rechtsqualität der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, zur Methodenanerkennung nach § 135 Abs 1 SGB V und zum Zusammenhang zwischen dieser Anerkennung und den Prinzipien der Arzneimitteltherapie deutlich modifiziert worden(Urteil des 6. Senats vom 20.3.1996, BSGE 78, 70 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 "Methadon"; Urteile des 1. Senats vom 16.9.1997, BSGE 81, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4, BSGE 81, 73 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7). Spätestens nach Bekanntwerden dieser Urteile war deutlich, dass die ältere Rechtsprechung des BSG zu den (untergesetzlichen) Vorgaben des Leistungs- und Leistungserbringungsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr uneingeschränkt fortgeführt werden würde. Kein Vertragsarzt musste die aufgezeigten Wendungen der Rechtsprechung kennen oder nachvollziehen. Wer aber - wie der Kläger - geltend macht, Verordnungen aus dem Jahre 1999 im Vertrauen auf eine zu einer Sonderkonstellation ergangene und vereinzelt gebliebene Rechtsprechung des BSG aus dem Jahre 1995 getätigt zu haben, muss sich entgegenhalten lassen, dass sich die Rechtsprechung weiterentwickelt hat. Jedenfalls im Jahr 1999 hat es für einen Vertragsarzt erkennbar keine hinreichende Sicherheit mehr gegeben, nach eigener Einschätzung Off-Label-Use-Verordnungen ausstellen zu dürfen, ohne Gefahr zu laufen, insoweit in Regress genommen zu werden.

42

f. Zudem sind sowohl das Urteil des 1. Senats vom 5.7.1995, auf das sich der Kläger beruft, wie auch die folgenden Entscheidungen des 1. und des 8. Senats des BSG zu den Rechtsansprüchen von Versicherten gegen ihre Krankenkasse ergangen. Aus diesen Urteilen ergibt sich nicht unmittelbar, wie sich ein Vertragsarzt zu Arzneimittelverordnungen verhalten sollte, die erkennbar außerhalb der Zulassungsindikation des jeweiligen Arzneimittels erfolgten, von denen er aber annahm, sie könnten vom Patienten beansprucht werden. Dazu ist dem Urteil des erkennenden Senats vom 18.10.1995 (6 RKa 3/93) zur Drogensubstitution zu entnehmen, dass in solchen Fällen jedenfalls eine exakte Dokumentation und eine engmaschige Verlaufskontrolle der Behandlung geboten waren (SozR 3-5550 § 17 Nr 2 S 8; vgl auch BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - RdNr 39, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Damit ist es zB nicht vereinbar, auf laborchemische Untersuchungen zum Nachweis eines - vermeintlichen oder tatsächlich bestehenden - "Antikörpermangelsyndroms" zu verzichten, wenn die umstrittene Off-Label-Verordnung von Immunglobulinen gerade auf diese Diagnose reagiert.

43

Ein Vertragsarzt, der Medikamente außerhalb ihrer zugelassenen Indikationen verordnet, kann weder sich noch der Krankenkasse Gewissheit darüber verschaffen, dass die Verordnung den Vorgaben des Wirtschaftlichkeitsgebotes genügt, also notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Bei Off-Label-Verordnungen hat nämlich gerade keine Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des jeweiligen Arzneimittels stattgefunden, die seinen Einsatz (auch) im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung rechtfertigt. Eine solche Prüfung ist im AMG nur indikationsbezogen vorgeschrieben und durchführbar; die von der Zulassung nach dem AMG ausgehende Schutzwirkung und Qualitäts- wie Wirksamkeitserwartung greift bei einem Einsatz des Medikaments außerhalb der Zulassung gerade nicht ein (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 19; s auch BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 - RdNr 27 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Soweit danach ein Vertragsarzt Verordnungen ohne gesicherten Nachweis von Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels ausstellt, muss zwingend nachträglich geprüft werden dürfen, ob die jeweilige Verordnung den Regeln des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Wenn der Vertragsarzt davon absieht, in Fällen eines Off-Label-Use die Krankenkasse vor Ausstellung der Verordnung einzuschalten, wie es der Senat in einem Beschluss vom 31.5.2006 dargestellt hat (B 6 KA 53/05 B, MedR 2007, 557, 560), muss er hinnehmen, dass die Einhaltung der Vorgaben der vertragsärztlichen Versorgung im Nachhinein geprüft wird.

44

Der Beklagte hält dem Kläger - anders als dieser nahe legen will - keine schuldhafte Verletzung vertragsärztlicher Pflichten vor, die nunmehr sanktioniert wird. Der Beklagte hat lediglich die Position der zu 2. beigeladenen Krankenkasse bestätigt, dass sie objektiv zu Unrecht erhebliche Kosten für die Versorgung ihrer Versicherten H. mit einem Immunglobulin aufgewandt hat. Weil der Kläger der Beigeladenen zu 2. keine Gelegenheit gegeben hat, ihre Auffassung zur Rechtmäßigkeit des Einsatzes von Immunglobulinen bei der Versicherten H. vor Einlösung der Verordnungen darzulegen, muss es der Krankenkasse möglich sein, ihren Standpunkt nachträglich durchzusetzen, soweit er rechtlicher Prüfung standhält. Dazu sieht die Prüfvereinbarung im Einklang mit Bundesrecht das Verfahren der Regressfestsetzung vor. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem im Jahr 1999 geltenden Recht habe er zu Gunsten der H. kein Privatrezept ausstellen dürfen, weil das gegen § 29 Abs 1 Satz 2 BMV-Ä verstoßen hätte, folgt der Senat dem nicht. Der Beschluss des Senats vom 31.5.2006 (MedR 2007, 557), der diesen Weg aufgezeigt hat, ist zu Off-Label-Use-Verordnungen aus dem Jahr 1997 ergangen. Auch 1997 und 1999 galt das Verbot, sich als Vertragsarzt vertragsärztliche Verordnungen einzeln genehmigen zu lassen; dieses Verbot hat sich - wie der Senat dargelegt hat - immer nur auf Verordnungen im Rahmen der Leistungspflicht der Krankenkassen bezogen. Wie die Rechtslage zu beurteilen wäre, wenn der Kläger im Sommer 1999 vergeblich bei der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2. angefragt und explizit um eine Entscheidung über das aus Sicht dieser Krankenkasse richtige Vorgehen gebeten hätte, kann offen bleiben. Der Kläger macht selbst nicht geltend, diesen Weg beschritten zu haben.

45

g. Der vom Beklagten aufrecht erhaltene Regress gegen den Kläger ist schließlich nicht deshalb rechtswidrig, weil der Versicherten H. bei Ausstellung der umstrittenen Verordnungen nach den Grundsätzen des Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) gegen die Rechtsvorgängerin der zu 2. beigeladenen Krankenkasse ein Anspruch auf Versorgung mit Polyglobin 5 % zugestanden hätte. Nach den Feststellungen des LSG liegen die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen, auf §§ 27 und 31 SGB V iVm Art 2 Abs 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip bzw Art 2 Abs 2 Satz 1 GG und der hieraus abzuleitenden Schutzpflicht gegründeten Anspruchs nicht vor. Diese Feststellungen des LSG sind für den Senat nach § 163 SGG bindend, weil der Kläger dazu keine zulässigen Revisionsrügen angebracht hat.

46

Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt der Revision: Wenn feststünde, dass H. nach den tatsächlichen Verhältnissen des Jahres 1999 einen Anspruch auf Versorgung mit Polyglobin als Sachleistung der Krankenkasse gehabt hätte, dürfte wegen der für diese Versorgung angefallenen Kosten kein Regress gegen den Kläger festgesetzt werden. Diese Konsequenz aus der Entscheidung des BVerfG hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 5.11.2008 zu Wobe Mugos (SozR 4-2500 § 106 Nr 21; ebenso BSG MedR 2010, 276) inzident angesprochen und hält daran fest. Der verschuldensunabhängige Schadensersatzanspruch der Krankenkasse gegen einen Vertragsarzt wegen unzulässiger Arzneimittelverordnungen beruht im Kern darauf, dass die Krankenkasse einen Ausgleich für die Bezahlung von Medikamenten erhält, die sie bei korrekten Verhalten des Arztes nicht hätte finanzieren müssen. Wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Versicherte, zu dessen Gunsten der Vertragsarzt die umstrittenen Verordnungen ausgestellt hat, auf die Versorgung mit dem verordneten Arzneimittel einen Anspruch gegen seine Krankenkasse hatte, ist dieser durch die Bezahlung dieses Arzneimittels dem Grunde nach jedenfalls kein Schaden entstanden, den der Vertragsarzt nunmehr ersetzen müsste. Lässt sich allerdings nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, dass die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise gerechtfertigten Off-Label-Use vorgelegen haben, geht das zu Lasten des Arztes. Er rückt, obwohl er sich nach der Ausrichtung des Verfahrens gegen einen Regress wendet, hinsichtlich der Verteilung von Darlegungs- und Beweislast in die Stellung ein, die der Versicherte gehabt hätte, wenn er seinen Standpunkt zur der Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels gegen die Krankenkasse nach § 13 Abs 3 SGB V im Wege der Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs durchsetzen müsste. Wer geltend machen will, der Versorgungsanspruch umfasse in einer bestimmten Konstellation auch die Versorgung mit zugelassenen Arzneimitteln außerhalb der Zulassungsindikationen, dringt damit nicht durch, wenn sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Sachaufklärung nicht feststellen lässt, dass die dafür insbesondere in der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG und inzwischen auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss (§ 30 der Arzneimittel-Richtlinie iVm Anlage VI) formulierten Voraussetzungen vorgelegen haben. Das ist auch hier der Fall und geht zu Lasten des Klägers.

47

h. Das LSG ist in Übereinstimmung mit der Revision zutreffend davon ausgegangen, dass die Versicherte H. an einer lebensbedrohlichen Erkrankung (metastasierendes Karzinom der Eileiter) gelitten hat. Zu dessen kausaler Behandlung hätte bei Fehlen einer allgemein anerkannten, medizinischem Standard entsprechenden Behandlungsmethode nach der Rechtsprechung des BVerfG ein Arzneimittel auch außerhalb seiner Zulassungsindikation eingesetzt werden dürfen, wenn nach der vorhandenen Studienlage auf diese Weise die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf positive Behandlungserfolge bestanden hätten (BVerfGE 115, 25, 49 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 33). Das nimmt der Kläger selbst für die Verordnung von Polyglobin nicht an. Er geht vielmehr davon aus, dass die Versicherte H. an einem Antikörpermangel litt, der unbehandelt eine Fortführung der überlebensnotwendigen Chemotherapie ausgeschlossen hätte oder hat. Wenn die Rechtsprechung des BVerfG auf diese Konstellation Anwendung finden sollte, was der Senat entgegen der Auffassung des LSG nicht von vornherein für ausgeschlossen hält, müssen jedenfalls die Anforderungen an einen zulässigen Off-Label-Use entsprechend erfüllt sein. Es muss deshalb feststehen, dass der Patient neben der lebensbedrohlichen Erkrankung an einer weiteren Gesundheitsstörung leidet, die die Anwendung aller zur Behandlung des Hauptleidens in Betracht kommenden Behandlungsmöglichkeiten ausschließt. Weiterhin muss der Off-Label-Einsatz des anzuwendenden Arzneimittels mit gewisser Wahrscheinlichkeit die zweite Erkrankung so beeinflussen, dass eine Erfolg versprechende Behandlung des Hauptleidens wieder oder erstmals möglich wird. Schließlich darf es für die zweite Erkrankung keine anerkannten Behandlungsmöglichkeiten - zB mit entsprechend zugelassenen Arzneimitteln - geben. Diese Voraussetzungen sind hier jedenfalls nicht - wie es notwendig wäre, um der Klage zum Erfolg zu verhelfen - kumulativ erfüllt.

48

i. Erhebliche Zweifel bestehen bereits daran, ob das vom Kläger so bezeichnete "sekundäre Antikörpermangelsyndrom" eine eigenständige und hinreichende spezifische Erkrankung ist, die abgegrenzt vom Karzinomleiden behandelt werden kann und muss. Der Kläger hat dazu in den Tatsacheninstanzen nicht Präzises vorgetragen. Zudem steht nicht fest, dass die Patientin H. an einem Antikörpermangelsyndrom litt, das schulmedizinisch nicht behandelbar war. Die zur Abstützung dieser Diagnose und des Ausmaßes der Erkrankung möglichen laborchemischen Untersuchungen hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht durchgeführt oder veranlasst. Dazu mag er - wie die Revision geltend macht - berufsrechtlich nicht verpflichtet gewesen sein. Er hat damit aber im Hinblick auf den Off-Label-Use zur Unaufklärbarkeit des genauen Gesundheitszustandes der Versicherten H. in der zweiten Hälfte des Jahres 1999 beigetragen. Das geht zu seinen Lasten.

49

j. Außerdem fehlt es an ausreichenden Feststellungen bzw Belegen für das vom Kläger geltend gemachte Dilemma, die lebensbedrohliche Ersterkrankung nur durch die Behandlung der Zweiterkrankung mit Polyglobin 5 % therapieren zu können. Der Kläger setzt schon die Anforderungen an den Nachweis einer eigenständigen Zweiterkrankung zu niedrig an. Die Versicherte H. litt nach den Ausführungen des Klägers an einer "Verminderung der Immunitätslage" als Folge sowohl des Karzinomleidens als auch der aggressiven Chemotherapien. Darauf habe sie mit wiederholten schweren bakteriellen und viralen Infektionen reagiert, die er - der Kläger - als "Zeichen eines sekundären Antikörpermangels" gedeutet habe. Für keine dieser "wiederholten" Infektionen hat der Kläger im Verwaltungsverfahren oder in den Vorinstanzen jedoch konkret und eingehend belegt, dass diesen durch anerkannte Behandlungsverfahren nicht hätten effektiv entgegengewirkt werden können. Spezifische Darlegungen dazu, die dann dem LSG ggf Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätten geben können, waren vor allem deshalb unerlässlich, weil der Kläger selbst einen Zusammenhang zwischen dem Krebsleiden und der Chemotherapie mit der geschwächten Immunitätslage der H. herstellt. Da nicht alle Patienten, deren Abwehrsystem durch Krebs und Chemotherapie geschwächt sind, mit Immunglobulin behandelt werden bzw nach dem gebotenen Behandlungsstandard behandelt werden müssen oder im Jahr 1999 so behandelt wurden oder behandelt werden mussten, hätte der Kläger fallbezogen und detailliert darlegen müssen, inwieweit sich die gesundheitliche Lage der H. von derjenigen anderer chemotherapeutisch behandelter Krebspatienten unterschied, und auf der Basis welcher exakten Befunde er die Anwendung von Polyglobin 5 % für unerlässlich hielt. Das ist nicht geschehen und spricht dafür, dass sich der Kläger von der Gabe eines Immunglobulins ganz generell eine Stärkung der Abwehrlage der H. und damit mutmaßlich eine bessere Resistenz gegen Infektionen versprach. Das reicht für einen Off-Label-Use, dessen Zulässigkeit jedenfalls in Fällen der hier vorliegenden Art von dem Gesundheitszustand des konkreten Patienten abhängt, nicht aus.

50

k. Schließlich ist die positive Wirkung, die der Kläger dem Einsatz von Immunglobulin bei fortgeschrittener Krebserkrankung zuschreibt, nach den Feststellungen des LSG auch nicht hinreichend belegt.

51

Das LSG hat im Einzelnen dargestellt, dass die bis 1999 zum Einsatz von Immunglobulinen vorhandenen Studien und publizierten Forschungsergebnisse nicht darauf hindeuten, dass die Gesundheitsstörungen der Versicherten H. durch den Einsatz von Polyglobin erfolgreich behandelt werden konnten. Das LSG ist zutreffend von den in der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG ermittelten Grundsätzen zum Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit (in Deutschland oder der EU) nicht zugelassenen Arzneimitteln (dazu BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4) oder mit Arzneimitteln außerhalb zugelassener Indikationen (BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8) ausgegangen. Es hat näher ausgeführt, dass keine wissenschaftliche Arbeit vorliege oder vom Kläger benannt sei, in der der zulassungsüberschreitende Einsatz von Immunglobulinen zur Behandlung einer auf der Intoleranz von Chemotherapeutika beruhenden Erkrankung als medizinisch geboten bewertet wird. Einen Konsens der einschlägigen Fachkreise, dass Polyglobin ein sekundäres Antikörpersyndrom positiv beeinflussen könne, hat das LSG gerade nicht feststellen können. Soweit die Revision die vorhandenen medizinischen Unterlagen lediglich anders würdigt, vermag sie damit die Feststellungen iS des § 163 SGG nicht zu entkräften.

52

Soweit der Kläger die Sachaufklärung des LSG zu den Erfolgsaussichten der Behandlung mit Immunglobulinen für unzureichend hält, berücksichtigt er nicht hinreichend, dass sich der 1. Senat des BSG bereits mehrfach mit dem Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit Immunglobulinen befasst hat. In den Urteilen vom 19.3.2002 (BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8), vom 27.3.2007 (B 1 KR 17/06 R) und vom 28.2.2008 (SozR 4-2500 § 13 Nr 16), die sämtlich die Versorgung mit Immunglobulinpräparaten - jeweils bezogen auf die Indikation Multiple Sklerose - zum Gegenstand hatten, wird der Stand der medizinischen Forschung zu dieser Wirkstoffgruppe für die streitbefangenen Jahre 1997 bis 2003 eingehend aufgearbeitet. Zwar können die Forschungsergebnisse zur Möglichkeit, durch die Gabe von Immunglobulinen die Multiple Sklerose günstig zu beeinflussen, nicht ohne Weiteres auf die hier zu beurteilende Situation der unterstützenden Behandlung bei Krebserkrankungen übertragen werden, doch sind die Wirkungen und die in Frage kommenden Indikationen für Immunglobulin bezogen auf den hier relevanten Zeitraum gut erforscht und die Forschungsergebnisse - soweit krankenversicherungsrechtlich von Bedeutung - in der Rechtsprechung des BSG umfassend rezipiert worden. Zudem sind die Urteile des 1. Senats des BSG vom 27.3.2007 und vom 28.2.2008 Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung gewesen. Mit Kammerbeschlüssen vom 30.6.2008 (1 BvR 1665/07 zum BSG-Urteil B 1 KR 17/06 R) und vom 8.7.2009 (1 BvR 1531/09 zum BSG-Urteil B 1 KR 15/07 R) sind die Verfassungsbeschwerden der unterlegenen Kläger jeweils nicht zur Entscheidung angenommen worden. Beide Kammerbeschlüsse sind auf der Basis der grundlegenden Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 ergangen und billigen insbesondere, dass die Rechtsprechung des BSG strenge Anforderungen an den Nachweis stellt, dass mit dem zulassungsüberschreitenden Einsatz des jeweils betroffenen Arzneimittels hinreichende Erfolgsaussichten verbunden sein müssen (BVerfG vom 30.6.2008 - 1 BvR 1665/07 - NJW 2008, 3556 f RdNr 9 bis 11). Es reicht danach als Grundlage für einen Off-Label-Use von Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht aus, dass positive Folgen einer solchen Behandlung nach dem Wirkungsmechanismus von Immunglobulinen nicht schlechthin ausgeschlossen werden können, dass Patienten in Einzelfällen nach Verabreichung der umstrittenen Medikamente eine Verbesserung ihres Befindens beschreiben und dass einzelne Ärzte oder Wissenschaftler mit plausiblen Gründen einen von der verbreiteten Auffassung abweichenden Standpunkt zu den Erfolgsaussichten einer Behandlung vertreten. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe und im Hinblick auf die schon vorliegende Rechtsprechung des 1. Senats des BSG ist die Sachverhaltsermittlung des Berufungsgerichts ausreichend.

53

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 iVm § 155 Abs 1 VwGO und berücksichtigt das teilweise Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten. Die außergerichtlichen Kosten der zu 1. beigeladenen KÄV sind nach § 162 Abs 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil diese keine Anträge gestellt hat(vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beklagte die Umzugskosten des Klägers zu übernehmen hat.

2

Der Kläger ist im Jahre 1942 geboren. Er bezog bis zum 31.12.2004 Leistungen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Stadt B in Hessen. Im November 2004 beantragte er bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Beklagte forderte im November 2004 den Kläger auf, die Kosten der Unterkunft (KdU) zu senken. Angemessen sei für ihn eine Gesamtmiete von 372,50 Euro. Die tatsächliche Miete in Höhe von bisher 1175,97 Euro werde nur bis zum 31.1.2005 anerkannt und ab 1.2.2005 werde nur noch die angemessene Miete gewährt. Durch Schreiben vom 27.12.2004 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er zum 1.2.2005 eine kostengünstigere Wohnung in Wolfenbüttel gefunden habe. Er beantragte die Übernahme der Umzugskosten und kündigte an, Kostenvoranschläge einzureichen. Mit am 12.1.2005 beim Beklagten eingegangenem Schreiben zeigte der Kläger an, dass er eine Wohnung in Wolfenbüttel bereits angemietet habe, die nach dem SGB II angemessen sei. Er legte einen Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens über 3645,07 Euro vor und bat um Bewilligung bis 20.1.2005, weil er dann den Auftrag an die Umzugsfirma vergeben müsse.

3

Der Beklagte reagierte auf die Schreiben des Klägers nicht. Dieser führte sodann den Umzug am 26.1.2005 durch und beantragte am 28.1.2005 beim Beklagten unter Vorlage der Rechnung eines Umzugsunternehmens die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 3705,10 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 11.4.2005 ab. Den Widerspruch wies er zurück. In dem Widerspruchsbescheid vom 1.8.2005 ist ausgeführt, es müsse eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten vorliegen. Der Kläger habe aber erst am 12.1.2005 den Kostenvoranschlag eingereicht. Von einer treuwidrigen Verzögerung der Entscheidung durch den Beklagten könne daher nicht die Rede sein.

4

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Braunschweig durch Urteil vom 6.7.2006 die angefochtenen Bescheide "aufgehoben" und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorherige Zusicherung gemäß § 22 Abs 3 SGB II sei hier entbehrlich gewesen, weil die Entscheidung über die Umzugskosten in treuwidriger Weise verzögert worden sei. Das Leistungsermessen des Beklagten sei auch eingeschränkt gewesen, weil der kommunale Träger den Umzug veranlasst habe. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten beschränke sich jedoch auf die notwendigen und angemessenen Kosten. Der Beklagte sei nicht grundsätzlich verpflichtet, die Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens zu tragen. Vielmehr sei auf Grund der Obliegenheit, die eigene Hilfebedürftigkeit zu verringern, der Umzug vorrangig in Eigenregie durchzuführen. Ausnahmen würden nur bei Alter oder Gebrechlichkeit gelten. Der Kläger sei jedoch körperlich in guter Verfassung gewesen. Es habe auch keine medizinische Notwendigkeit bestanden, gerade nach Niedersachsen umzuziehen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände seien die Umzugskosten angemessen, die bei einem selbst organisierten Umzug unter Heranziehung von studentischen Hilfskräften angemessen wären. Hier seien lediglich die Kosten der Anmietung eines Umzugsfahrzeugs, Benzinkosten, Kosten für drei studentische Hilfskräfte als Umzugshelfer und Fahrer, Kosten für eine Haftpflichtversicherung für die Umzugshelfer, Kosten für Umzugskartons und Verpackungsmaterial angemessen. Unter Heranziehung von Quellen aus dem Internet hat das SG sodann für diese Positionen die ausgeurteilten Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro ermittelt.

5

Hiergegen hat lediglich der Kläger Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 5.6.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Gründe des Urteils des SG verwiesen und ergänzend ausgeführt, dem Kläger sei ein selbst organisierter Umzug zumutbar gewesen. Der Kläger sei im Besitz einer Fahrerlaubnis und habe nach eigenen Angaben zusammen mit Freunden die Gegenstände in der bisherigen Wohnung ein- und in der neuen Wohnung selbst wieder ausgepackt. Es sei daher nicht erkennbar, wieso er aus medizinischen Gründen gehindert gewesen sein sollte, den Umzug selbst durchzuführen. Darüber hinaus sei der weite Umzug des Klägers von Hessen nach Niedersachsen weder aus medizinischen noch aus besonderen persönlichen Gründen erforderlich gewesen, sodass diese Kosten nicht der Allgemeinheit in Rechnung gestellt werden dürften. Dies gelte insbesondere auch für den auf dem Weg erfolgten Möbeltransport zu dem in Göttingen lebenden Sohn des Klägers.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung des § 22 Abs 3 SGB II. Zwar werde auch in der Literatur vertreten, dass nur angemessene bzw notwendige Umzugskosten zu erstatten seien, allerdings finde diese Auffassung im Gesetzeswortlaut keinen Anhalt. § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II spreche ausdrücklich nicht von "angemessenen" Umzugskosten, sodass eine solche Einschränkung nicht möglich sei, was auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zeige. Dort habe es der erkennende Senat abgelehnt, das Kriterium der Angemessenheit in den Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt hineinzulesen. Es sei zweifelhaft, ob die Obliegenheit in § 2 Abs 1 SGB II "die Hilfebedürftigkeit zu verringern", soweit gehe, dass auch die kostensparende Selbstorganisation eines Umzugs von Hilfebedürftigen gefordert werden dürfe. Jedenfalls finde sich für die Rechtsansicht des LSG, dass ein Umzug grundsätzlich selbst organisiert werden müsse, es sei denn, dies sei für den Hilfebedürftigen unzumutbar, kein gesetzlicher Anhalt. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG trügen im Übrigen nicht den rechtlichen Schluss, dass er - der Kläger - tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Umzug auch selbst zu organisieren. Zu mehr als einer Mithilfe bei der Umzugsfirma sei er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen. Hinsichtlich der Notwendigkeit nach Niedersachsen umzuziehen sei § 33 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu berücksichtigen, nach dem bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen seien.

7

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Juni 2008 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 6. Juli 2006 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Umzugskosten in Höhe von 2753,85 Euro zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beruft sich darauf, dass hier eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten nicht entbehrlich gewesen sei. Eine besondere Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen, sodass es dem Kläger zumutbar gewesen wäre, eine Entscheidung über die Umzugskosten abzuwarten. Im Übrigen beschränke sich die Revisionsbegründung auf Vorbringen im tatsächlichen Bereich, das einer Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich sei.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Bescheide und einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begründet. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erstattung der am 26.1.2005 angefallenen Umzugskosten zu Unrecht wegen fehlender Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten in vollem Umfang abgelehnt (sogleich unter 1.). Er hätte stattdessen gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II eine Ermessensentscheidung über die Höhe der zu übernehmenden Umzugskosten zu treffen gehabt, die bislang nicht erfolgt ist. Bei der Nachholung dieser Entscheidung wird der Beklagte zu beachten haben, dass dem Kläger zumindest die von den Vorinstanzen zugesprochenen 951,25 Euro zustehen, weil der Beklagte hiergegen keine Rechtsmittel eingelegt hat (hierzu unter 3.). Ein Anspruch gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II steht dem Kläger hingegen nicht zu, weil der Umzug nicht als vom Beklagten "veranlasst" oder "aus anderen Gründen notwendig" betrachtet werden kann (vgl unter 2.).

11

Streitgegenstand ist allein die Frage, inwieweit der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten des Umzugs des Klägers von B in die Umgebung von Braunschweig zu tragen. Hierüber ist in den angefochtenen Bescheiden vom 11.4. und 1.8.2005 eine isolierte Regelung getroffen worden. Die Frage, in welcher Höhe dem Kläger im Übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen, ist hiervon nicht berührt. Der Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten hängt allerdings davon ab, dass dem Kläger überhaupt dem Grunde nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen. Hieran bestehen aber nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Vorinstanzen keine Zweifel.

12

1. Der Anspruch des Klägers scheitert nicht bereits daran, dass vor seinem Umzug keine Zusicherung des bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Trägers über die Umzugskosten vorlag (§ 22 Abs 3 Satz 1 SGB II). Entgegen der Rechtsansicht des LSG hat der Beklagte auf eine Prüfung dieses rechtlichen Gesichtspunkts nicht dadurch verzichtet, dass er keine Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat. Die Nichteinlegung der Berufung bzw Revision durch den Beklagten hat lediglich zur Folge, dass auf Grund des Verbots der reformatio in peius der Leistungsausspruch des SG nicht mehr aufgehoben werden darf. Im Übrigen haben beide Rechtsmittelinstanzen den Anspruch des Klägers aber unter allen möglichen Gesichtspunkten zu prüfen.

13

Eine vorherige Zusicherung der Umzugskosten ist nicht erforderlich, wenn eine fristgerecht mögliche Entscheidung vom Verwaltungsträger treuwidrig verzögert worden ist (vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 106, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). So lagen die Verhältnisse hier. Der Beklagte hatte den Kläger bereits im November 2004 in Form eines Bescheides aufgefordert, seine bisherige Wohnung aufzugeben, weil diese unangemessen hohe Mietkosten verursache. In dem Aufforderungsschreiben des Beklagten wird zudem deutlich gemacht, dass eine Übernahme der bisherigen Mietkosten nur bis 1.2.2005 gewährleistet werde. Dementsprechend enthält der Bewilligungsbescheid vom 16.12.2004 über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1.2.2005 nur noch eine im Verhältnis zur bisherigen Miete stark reduzierte Bewilligung von KdU. Der Kläger hat auch in seinem nachfolgenden Schreiben an den Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er die vom Beklagten angedrohte Reduktion der gewährten KdU um monatlich 803,47 Euro nicht aus eigenen Mitteln abfangen könne. Von daher war durch den Beklagten selbst ein starker, möglicherweise sogar rechtswidriger, Druck gesetzt worden, zum 1.2.2005 die Wohnung zu wechseln. Unter diesem zeitlichen Aspekt hat das SG zu Recht entschieden, dass die Verzögerung bzw das Nichttreffen einer Entscheidung über die Zusicherung der Umzugskosten seitens des Beklagten nach dem gesonderten Antrag des Klägers vom 12.1.2005 als treuwidrig einzustufen ist.

14

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II, weil der konkrete Umzug nicht vom Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bestimmt, dass die Zusicherung erteilt werden soll, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich für den Regelfall eine Pflicht des Trägers, eine Zusicherung zu erteilen. Der Anspruch des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geht dabei auf die "angemessenen" Kosten des Umzugs iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Der erkennende Senat leitet dies aus der Überlegung ab, dass die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers stattgefunden hat, ohne die Sonderregelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bereits als KdU von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II umfasst wären. Eine ähnliche Überlegung hat der 4. Senat des BSG bereits in einem obiter dictum angestellt (BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). Auf solche Umzugskosten bestünde dann - die Regelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II hinweggedacht - gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ein Rechtsanspruch bis zur Grenze der Angemessenheit. Könnte der Umzug des Klägers hier also im Sinne der Norm des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen als notwendig betrachtet werden, so stünden dem Kläger gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II die angemessenen Umzugskosten(wie in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) zu.

15

a) Der Umzug in die Umgebung von Braunschweig kann nicht iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom Träger veranlasst betrachtet werden. Denn der vom Kläger konkret durchgeführte Umzug wäre, wenn der Beklagte vor dem Umzug über den Antrag entschieden hätte, nicht "zusicherungsfähig" gewesen im Sinne dieser Norm. Zusicherungsfähig ist ein Umzug grundsätzlich nur dann, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen KdU oder zur Eingliederung in Arbeit geboten ist. Danach könnte hier der Auszug des Klägers aus seiner Wohnung als vom Beklagten veranlasst zu betrachten sein, denn der Beklagte hat auf Grund der zu hohen Kosten der bisherigen Mietwohnung durch sein Verwaltungshandeln (Aufforderungsschreiben) den Kläger zur Aufgabe der Wohnung veranlasst. Keinesfalls kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch der Umzug in die konkrete neue Wohnung in der Nähe von Braunschweig vom Beklagten veranlasst worden ist iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II. Anders als ein Auszug umfasst der Umzug schon begrifflich auch das Endziel (die neue Wohnung). Mithin müsste gerade auch das konkrete Ziel des Wohnungswechsels (der Bezug der neuen Wohnung) veranlasst worden sein.

16

Dient der Umzug der Verminderung der bisherigen KdU, so ist grundsätzlich nur ein Umzug innerhalb des "räumlichen Vergleichsraums" im Sinne der Rechtsprechung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zusammenfassend zur Rechtsprechung des BSG zum sog schlüssigen Konzept zuletzt Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 79 ff) "zusicherungsfähig". Ein Umzug innerhalb des maßgeblichen räumlichen Vergleichsraums des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II dürfte dabei im Regelfall als vom Träger veranlasst auch iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gelten können. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Unzumutbarkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung begründen. Dies könnte etwa bei besonderen Behinderungen oder besonderen medizinischen oder gesundheitlichen Gründen der Fall sein (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 33 ff; vgl bereits Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263). Hierzu haben die Vorinstanzen bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass keine gesundheitlichen oder sonstigen Gründe vorliegen, die einen Umzug des Klägers gerade über diese Distanz geboten erschienen ließen.

17

b) Der Umzug gerade nach Braunschweig wäre auch nicht als "aus anderen Gründen notwendig" "zusicherungsfähig" iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gewesen, wenn der Beklagte rechtzeitig über den Antrag des Klägers entschieden hätte. Eine solche Notwendigkeit aus anderen Gründen könnte etwa bei Pflegebedürftigkeit oder beim Vorhandensein kleiner Kinder vorliegen, wenn erwerbsfähige Hilfebedürftige auf Grund dieser Umstände gerade auf ein bestimmtes räumliches Umfeld in der Nähe von Verwandten und deren Betreuung angewiesen wären. Der bloße Wunsch des Klägers hingegen, sich räumlich wieder in die Nähe seiner erwachsenen Kinder zu bewegen, fällt dem rein privaten Bereich zu. Im Rahmen eines Fürsorgesystems vermag auch insofern die Argumentation des Revisionsklägers nicht zu verfangen, § 33 SGB I gebiete eine besondere Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers. Es ist nicht Aufgabe des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die grundsätzlich das Ziel hat, Erwerbsfähige wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Umzüge zu finanzieren, die einem rein privaten Zweck dienen. Mithin liegen keine Gründe vor, die im Sinne des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II für eine Notwendigkeit des Umzugs des Klägers gerade nach Braunschweig sprechen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug zur Eingliederung in Arbeit geboten gewesen wäre, sind ebenfalls nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

18

3. Da es sich hier mithin nicht um einen vom Träger veranlassten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzug iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II handelte, greift zu Gunsten des Klägers lediglich die Auffangnorm des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II ein, die grundsätzlich für den Fall des nicht notwendigen bzw veranlassten Umzugs einschlägig ist(vgl BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II räumt dem Leistungsträger bei der Übernahme der Umzugskosten Ermessen ein(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 104). Das Ermessen betrifft sowohl das "ob" der Übernahme der Umzugskosten als auch die Höhe der Umzugskosten. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes "können", das sich nach dem Wortlaut der Norm sowohl auf das "ob" als auch auf die Höhe der Bewilligung der Umzugskosten bezieht. Der Beklagte hat eine solche Ermessensentscheidung bislang nicht getroffen. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG war er daher zunächst zu verpflichten, eine entsprechende Entscheidung nachzuholen. Dabei darf der Beklagte allerdings nicht hinter dem bereits von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrag von 951,25 Euro zurückbleiben, weil lediglich der Kläger Rechtsmittel eingelegt hat.

19

Die Vorinstanzen haben dabei allerdings Erwägungen angestellt, die der Beklagte bei einer Entscheidung im Rahmen des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II als Ermessenserwägungen zu Grunde legen kann. Auch Gesichtspunkte, die bei der Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Umzugskosten eines an sich genehmigungsfähigen Umzugs gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II maßgebend wären, können hier als Ermessenskriterien herangezogen werden. So haben LSG und SG darauf abgestellt, dass den Hilfebedürftigen im SGB II grundsätzlich die Obliegenheit trifft, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Die in § 2 SGB II zum Ausdruck gekommene Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Anwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigen normieren, herangezogen werden(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 2 RdNr 8; Spellbrink in Spellbrink/Eicher, SGB II, 2. Aufl 2008, § 2 RdNr 5). Hieraus ist abzuleiten, dass der Hilfebedürftige im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems gehalten ist, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (so bereits SG Dresden Beschluss vom 15.8.2005 - S 23 AS 692/05 ER - ZfF 2006, 159; Sächsisches LSG Beschluss vom 19.9.2007 - L 3 B 411/06 AS ER -; vgl auch Piepenstock in juris PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 125). Als notwendige Umzugskosten könnten daher bei einer Ermessensentscheidung gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insbesondere die Aufwendungen für einen erforderlichen Mietwagen, die Anmietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter zu übernehmen sein(vgl Berlit aaO; Piepenstock aaO; vgl auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 84). Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen. Der Beklagte wird im Rahmen seiner Ermessensentscheidung daher hier zunächst noch zu ermitteln haben, ob der Kläger gesundheitlich und körperlich in der Lage war, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. War dies der Fall, so dürfte der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II wohl davon ausgehen, dass Kosten nur in Höhe der Kosten eines selbst organisierten Umzugs zu erstatten sind. Soweit das SG und ihm folgend das LSG diese Kosten beziffert haben, handelt es sich um eine Schätzung im Sinne des § 202 SGG iVm § 287 Zivilprozessordnung. Unabhängig davon, ob diese Schätzung im Einzelnen zutreffend war oder nicht, hat jedenfalls der Beklagte gegen seine Verurteilung in Höhe von 951,25 Euro kein Rechtsmittel eingelegt, sodass dieser Betrag dem Kläger in jedem Falle zu bewilligen sein wird.

20

Der Beklagte kann in seine Erwägungen auch den Gesichtspunkt einbeziehen, dass sich die Ermessensleistungen nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insgesamt in den Leistungsrahmen des SGB II einpassen müssen. So entspricht der hier vom Kläger geforderte Betrag für Umzugskosten in Höhe von 3700 Euro der Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 SGB II für einen Alleinstehenden für fast ein Jahr. Ebenso belaufen sich die vom Kläger geltend gemachten Umzugskosten auf zehn Monatsmieten in der Höhe, wie sie der Beklagte für den Kläger als KdU für angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hielt. Insofern wäre eine Übernahme der Umzugskosten in Höhe der Rechnung eines professionellen Anbieters eine Privilegierung gerade dieses Kostenanteils im Gesamtzusammenhang des Leistungssystems des SGB II, für den sich weder in den Gesetzesmaterialien noch im Gesetzeswortlaut ein Anhalt findet. Dies unterscheidet die Umzugskosten gerade von den Kosten für mehrtägige Klassenfahrten (zu den rechtlichen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Anspruch auf tatsächliche Kostenübernahme gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II vgl BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1), auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wege der Analogie beruft.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander in allen drei Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Landkreis Göttingen Leistungen für einen Fernseher im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).

2

Der im Jahr 1970 geborene Kläger bezieht seit dem 17.7.2007 laufende Leistungen nach dem SGB II von dem beklagten Landkreis. Zunächst war er obdachlos; ab 15.8.2007 bezog er eine 17 qm große Ein-Zimmer-Wohnung in G . Er beantragte die Gewährung einer Erstausstattung für im Einzelnen aufgeführte Gegenstände, ua ein Fernsehgerät. Der Beklagte bewilligte für bestimmte Gegenstände einen Betrag von 506,50 Euro (Bescheid vom 8.8.2007) und einen Zuschuss für Gardinen in Höhe von 195,42 Euro (Bescheid vom 3.9.2007). Die Gewährung einer Beihilfe ua für einen Fernseher lehnte er ab (weiterer Bescheid vom 8.8.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten "verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Erstausstattung mit einem Fernsehgerät zu gewähren" (Urteil vom 22.1.2009). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2007 "verurteilt, dem Kläger Geld- oder Sachleistungen für die Erstausstattung mit einem gebrauchten Fernsehgerät zu gewähren" (Urteil vom 27.4.2010). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II seien Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Zur Begründung des wortgleichen § 31 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sei auf § 21 Abs 1a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) verwiesen worden, dessen Nr 6 auch Gebrauchsgüter von längerer Gebrauchsdauer umfasst habe, zu denen auch Haushaltsgegenstände und die Wohnungsausstattung gehört haben. Ein Fernsehgerät sei kein Haushaltsgerät iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie ein Herd oder eine Waschmaschine, es sei auch kein Einrichtungsgegenstand. Allerdings sei es ein "wohnraumbezogener Ausstattungsgegenstand", der Beziehungen zu Umwelt, Informationsdeckung und Teilhabe am kulturellen Leben ermögliche. Auch wenn ein Fernsehgerät im engeren Sinne nicht für eine geordnete Haushaltsführung erforderlich sei, gehöre es doch unter dem Aspekt der Üblichkeit selbst in unteren Einkommensgruppen zu einem an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten Wohnen. Die Einrichtung eines Zugangs für den Fernseh- und Radioempfang gehöre zu den üblichen Wohnstandards (Hinweis auf Bundessozialgericht Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18). Die Ausstattungsdichte mit Fernsehgeräten betrage seit 1998 ca 93 Prozent auch in Haushalten von Arbeitslosen bzw 95 Prozent bezogen auf die Gesamtbevölkerung. Um eine Ausgrenzung zu verhindern und eine durch die Verweisung auf die Ansparleistung oder Darlehen drohende Bedarfsunterdeckung zu vermeiden, sei die Gewährung eines Fernsehgerätes im Rahmen der Erstausstattung erforderlich, wenn der Leistungsbezieher sich eines solchen - wie vorliegend - zur Informationsbeschaffung und Unterhaltung bedienen wolle. Es bestehe jedoch nur Anspruch auf Leistungen für ein gebrauchtes Gerät, da dies einem üblichen und sparsamen Verhalten entspreche. Das Urteil des SG sei zu ändern gewesen, da es im Ermessen des Beklagten stehe, ob er die Leistung als Geld- oder Sachleistung erbringen wolle.

4

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts: Ein Fernsehgerät sei kein Haushaltsgegenstand iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) habe nach dem BSHG ein Fernsehgerät zum Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt gehört. Hieraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass es auch zur Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II gehöre, weil die unter dem BSHG gewährten einmaligen Leistungen durch die pauschalierte Regelleistung nach dem SGB II abgedeckt würden. Die Ausnahme in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II erfasse nur die zum Wohnen erforderliche Erstausstattung, nicht aber ein Fernsehgerät. Auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten könne dem, der ein Fernsehgerät als Informationsquelle und Teilhabemöglichkeit am kulturellen Leben betrachte, ein solches nicht zusätzlich zur Regelleistung bewilligt werden, während anderen, die sich aus Zeitschriften, Büchern usw informierten oder sich Aufführungen im Theater anschauten, diese Leistungen aus ihrer Regelleistung erbringen müssten.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das angefochtene Urteil grundsätzlich für zutreffend. Zur Erstausstattung gehöre alles, was zum menschenwürdigen Leben unbedingt notwendig sei und daher auch ein Fernsehgerät einfacher Güte.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27.4.2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22.1.2009 sind aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil der Kläger im Rahmen der Erstausstattung seiner Wohnung keinen Anspruch auf ein gebrauchtes Fernsehgerät dem Grunde nach hat.

9

Bei dem vom Kläger begehrten Fernsehgerät als Teil der Erstausstattung seiner Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden kann(vgl nur BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12, zuletzt Urteile des Senats vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R und B 14 AS 36/09 R).

10

Einer Sachentscheidung des Senats steht das als Klagevoraussetzung von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen, auch wenn der Kläger nach dem Bezug der Wohnung in G wiederholt umgezogen ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Kläger mit seiner Anfechtungs- und Leistungsklage ein "berechtigtes Interesse" (vgl § 55 Abs 1 SGG am Ende) geltend macht und dieses nicht auf einfachere und schnellere Art und Weise zu erreichen ist (vgl nur BSGE 1, 246, 252 f; BSGE 82, 239 = SozR 3-2600 § 118 Nr 3). Das zur Zeit der Klageerhebung aufgrund der den Antrag des Klägers ablehnenden Verwaltungsentscheidung des Beklagten bestehende Rechtsschutzbedürfnis könnte allenfalls entfallen sein, wenn der Kläger zwischenzeitlich ein Fernsehgerät von dritter Seite erhalten hätte oder aufgrund anderer Umstände sich ein solcher Bedarf erledigt hätte (vgl Böttiger in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 54 RdNr 27 f). Derartiges ist dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu entnehmen und der Kläger hat erklärt, dass er nach wie vor kein Fernsehgerät besitze und zwischenzeitlich auch keines besessen habe.

11

Der Kläger, der nach den Feststellungen des LSG dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist, hat wegen der Erstausstattung seiner am 15.8.2007 bezogenen Wohnung in G gegen den Beklagten keinen Anspruch auf ein gebrauchtes Fernsehgerät.

12

Als Anspruchsgrundlage hierfür kommt nur § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II idF vom 20.7.2006 in Betracht. Danach sind "Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten“ nicht von der Regelleistung umfasst; sie werden gesondert erbracht.

13

Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin gesondert durch den Grundsicherungsträger zu erbringen sind. Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen(BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind, wie die zuständigen Senate des BSG übereinstimmend entschieden haben, für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen(BSG aaO; zuletzt BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14).

14

Die Grundvoraussetzung für eine Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist nach den Feststellungen des LSG erfüllt, weil der Kläger vor seinem Einzug in die Wohnung obdachlos war und über keine Einrichtungsgegenstände verfügte.

15

Wie dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und der bisher vom BSG verwandten Formulierung "Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Wohnverhältnisse orientiertes Wohnen ermöglichen," zu entnehmen ist, sind "Erstausstattungen für die Wohnung" nicht auf Haushaltsgeräte und Haushaltszubehör beschränkt, sondern schließen diese nur ein. Auch in der Literatur werden nahezu durchgängig neben die notwendigen Gegenstände für die Haushaltsführung die Gegenstände für ein menschenwürdiges Wohnen gestellt (vgl nur Bender in Gagel, SGB II, SGB III, Loseblatt, § 23 RdNr 63; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 331; O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 38).

16

Die Wohnung oder Unterkunft - nach dem Sprachgebrauch des § 22 SGB II werden die Begriffe synonym verwandt - soll zwar nicht nur die Bedürfnisse nach Schutz vor Witterung und einer Gelegenheit zum Schlafen befriedigen, sondern auch die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich ermöglichen(BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16) sowie die Führung eines Haushalts, wie sich aus der gesonderten Aufführung der Haushaltsgeräte in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ergibt. Andererseits werden die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur übernommen, soweit sie angemessen sind. Dies erfordert, dass die Unterkunft nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Standard aufweist (BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 15 mwN). Von daher wird von dem Begriff "Wohnen" iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II nur die Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse Essen, Schlafen, Aufenthalt umfasst, nicht aber bestimmte Freizeitbeschäftigungen.

17

Hierfür spricht auch das oben schon angesprochene Verhältnis des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II als Sonderregelung zu der in § 20 SGB II kodifizierten Regelleistung, die grundsätzlich alle Bedarfe abdecken soll(vgl nur BT-Drucks 15/1516 S 56). Ergänzend ist auf die verschiedenen Abteilungen nach § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung (RSV) hinzuweisen, in denen zwischen den Abteilungen 04 Wohnen, Energie, Wohnungsinstandhaltung und 05 Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, die das Wohnen betreffen, und zB der Abteilung 09 Freizeit, Unterhaltung und Kultur unterschieden wird.

18

Eine Abgrenzung der Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zu dem von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfassten unabweisbaren Bedarf nach § 23 Abs 1 SGB II ist notwendig, weil die Erstausstattung als Beihilfe, während der Bedarf nach § 23 Abs 1 als Darlehen erbracht wird. Diese Abgrenzung kann entgegen der Auffassung des LSG nicht in Anlehnung an den früheren § 21 Abs 1a BSHG erfolgen, weil zB eine Waschmaschine zur Erstausstattung einer Wohnung gehören kann(vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 18), aber auch ein Teil der Regelleistung ist. Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu dem § 23 Abs 3 SGB II entsprechenden § 32 Abs 1 SGB XII: "Die Vorschrift regelt diejenigen bisherigen einmaligen Leistungen im Sinne des bisherigen § 21 Abs 1a des Bundessozialhilfegesetzes, die nicht in den Regelsatz einbezogen werden." (BT-Drucks 15/1514 S 60) können in Verbindung mit dem Gesetzestext nur in Bezug auf die spezifische Situation Erstausstattung einer Wohnung verstanden werden, womit es entscheidend auf den obigen Begriff des Wohnens ankommt.

19

Aus dem Adjektiv „menschenwürdig“ in Verbindung mit dem Begriff Wohnen kann nichts anderes hergeleitet werden, wie auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 über das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bestätigt wird. Dieses Grundrecht umfasst zwar nicht nur die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, sondern auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben; sein Umfang hängt ua von den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist entsprechend der sozialen Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht zu bestimmen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff, RdNr 135, 138). Es unterscheidet aber zwischen diesen verschiedenen Bedürfnissen, wie zB der hier umstrittenen Erstausstattung für eine Wohnung bzw Unterkunft und anderen Bedürfnissen, wie der Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.

20

Ausgehend von diesen Voraussetzungen besteht kein Anspruch auf ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Aus den entgegenstehenden Aussagen in Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl neben dem hier angefochtenen Urteil: LSG Berlin-Brandenburg vom 7.10.2009 - L 18 AS 2221/07 - RdNr 19; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 9.12.2009 - L 9 SO 5/09; SG Frankfurt am Main vom 28.5.2009 - S 17 AS 388/06 - und - S 17 AS 87/08 -) und der Literatur (Bender in Gagel, SGB II, SGB III, § 23 RdNr 64; O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 38.1; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, Loseblatt, II.8.81; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 352; Münder in Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 30; Wieland in Estelmann, SGB II, § 23 RdNr 32) folgt nichts anderes.

21

Denn eine Begründung, warum ein Fernsehgerät Teil der Erstausstattung einer Wohnung ist und dem Bedürfnis "Wohnen“ dient und nicht nur ein in über 90 % aller Wohnungen anzutreffender Gegenstand ist, der anderen Zwecken dient, wird weder in der genannten Rechtsprechung noch Literatur angeführt. Um Teil der Erstausstattung einer Wohnung zu sein, genügt es - entgegen dem LSG - gerade nicht, dass es sich um einen "wohnraumbezogenen Ausstattungsgegenstand" handelt, der Beziehungen zu Umwelt, Informationsdeckung und Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht. Denn ein Fernsehgerät dient - selbst unter dem Aspekt der Üblichkeit in unteren Einkommensgruppen - nicht einem an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten "Wohnen“ iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II, sondern der Befriedigung von Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen.

22

Die mangelnde Unterscheidung zwischen dem Bedarf an einer Erstausstattung für Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und anderen existenziellen Bedürfnissen liegt auch den Überlegungen des LSG zugrunde, wenn es die Gewährung eines Fernsehgerätes mit der Verhinderung einer Ausgrenzung und der Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung begründen will. Denn mit der Verneinung eines Anspruchs auf ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung wird keine Aussage über einen Anspruch auf ein solches Gerät nach § 23 Abs 1 SGB II als Darlehen getroffen.

23

Diese Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des 4. Senats des BSG vom 19.2.2009, der im Rahmen eines Rechtsstreits über die Höhe der Kosten der Unterkunft und die Übernahme der Kosten für einen Breitbandkabelanschluss ausgeführt hat: "Fernsehen und Radiohören gehören heute zu den in allen Gesellschaftsschichten standardmäßig genutzten Informationsquellen. Rund 36 Millionen Haushalte haben zu Hause Fernsehen, was einer Ausstattung von 95 Prozent der Bevölkerung Deutschlands entspricht (vgl …). Die Einrichtung eines Zugangs hierzu ist üblicher Wohnstandard, dem sich der Mieter in den seltensten Fällen entziehen kann …" (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18). Die Kosten wurden nicht übernommen, weil Fernsehen ein Teil des Wohnens ist, sondern weil ohne Übernahme dieser Kosten ggf keine Wohnung zu finden ist und sie damit angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beklagte die Umzugskosten des Klägers zu übernehmen hat.

2

Der Kläger ist im Jahre 1942 geboren. Er bezog bis zum 31.12.2004 Leistungen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Stadt B in Hessen. Im November 2004 beantragte er bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Beklagte forderte im November 2004 den Kläger auf, die Kosten der Unterkunft (KdU) zu senken. Angemessen sei für ihn eine Gesamtmiete von 372,50 Euro. Die tatsächliche Miete in Höhe von bisher 1175,97 Euro werde nur bis zum 31.1.2005 anerkannt und ab 1.2.2005 werde nur noch die angemessene Miete gewährt. Durch Schreiben vom 27.12.2004 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er zum 1.2.2005 eine kostengünstigere Wohnung in Wolfenbüttel gefunden habe. Er beantragte die Übernahme der Umzugskosten und kündigte an, Kostenvoranschläge einzureichen. Mit am 12.1.2005 beim Beklagten eingegangenem Schreiben zeigte der Kläger an, dass er eine Wohnung in Wolfenbüttel bereits angemietet habe, die nach dem SGB II angemessen sei. Er legte einen Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens über 3645,07 Euro vor und bat um Bewilligung bis 20.1.2005, weil er dann den Auftrag an die Umzugsfirma vergeben müsse.

3

Der Beklagte reagierte auf die Schreiben des Klägers nicht. Dieser führte sodann den Umzug am 26.1.2005 durch und beantragte am 28.1.2005 beim Beklagten unter Vorlage der Rechnung eines Umzugsunternehmens die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 3705,10 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 11.4.2005 ab. Den Widerspruch wies er zurück. In dem Widerspruchsbescheid vom 1.8.2005 ist ausgeführt, es müsse eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten vorliegen. Der Kläger habe aber erst am 12.1.2005 den Kostenvoranschlag eingereicht. Von einer treuwidrigen Verzögerung der Entscheidung durch den Beklagten könne daher nicht die Rede sein.

4

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Braunschweig durch Urteil vom 6.7.2006 die angefochtenen Bescheide "aufgehoben" und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorherige Zusicherung gemäß § 22 Abs 3 SGB II sei hier entbehrlich gewesen, weil die Entscheidung über die Umzugskosten in treuwidriger Weise verzögert worden sei. Das Leistungsermessen des Beklagten sei auch eingeschränkt gewesen, weil der kommunale Träger den Umzug veranlasst habe. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten beschränke sich jedoch auf die notwendigen und angemessenen Kosten. Der Beklagte sei nicht grundsätzlich verpflichtet, die Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens zu tragen. Vielmehr sei auf Grund der Obliegenheit, die eigene Hilfebedürftigkeit zu verringern, der Umzug vorrangig in Eigenregie durchzuführen. Ausnahmen würden nur bei Alter oder Gebrechlichkeit gelten. Der Kläger sei jedoch körperlich in guter Verfassung gewesen. Es habe auch keine medizinische Notwendigkeit bestanden, gerade nach Niedersachsen umzuziehen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände seien die Umzugskosten angemessen, die bei einem selbst organisierten Umzug unter Heranziehung von studentischen Hilfskräften angemessen wären. Hier seien lediglich die Kosten der Anmietung eines Umzugsfahrzeugs, Benzinkosten, Kosten für drei studentische Hilfskräfte als Umzugshelfer und Fahrer, Kosten für eine Haftpflichtversicherung für die Umzugshelfer, Kosten für Umzugskartons und Verpackungsmaterial angemessen. Unter Heranziehung von Quellen aus dem Internet hat das SG sodann für diese Positionen die ausgeurteilten Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro ermittelt.

5

Hiergegen hat lediglich der Kläger Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 5.6.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Gründe des Urteils des SG verwiesen und ergänzend ausgeführt, dem Kläger sei ein selbst organisierter Umzug zumutbar gewesen. Der Kläger sei im Besitz einer Fahrerlaubnis und habe nach eigenen Angaben zusammen mit Freunden die Gegenstände in der bisherigen Wohnung ein- und in der neuen Wohnung selbst wieder ausgepackt. Es sei daher nicht erkennbar, wieso er aus medizinischen Gründen gehindert gewesen sein sollte, den Umzug selbst durchzuführen. Darüber hinaus sei der weite Umzug des Klägers von Hessen nach Niedersachsen weder aus medizinischen noch aus besonderen persönlichen Gründen erforderlich gewesen, sodass diese Kosten nicht der Allgemeinheit in Rechnung gestellt werden dürften. Dies gelte insbesondere auch für den auf dem Weg erfolgten Möbeltransport zu dem in Göttingen lebenden Sohn des Klägers.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung des § 22 Abs 3 SGB II. Zwar werde auch in der Literatur vertreten, dass nur angemessene bzw notwendige Umzugskosten zu erstatten seien, allerdings finde diese Auffassung im Gesetzeswortlaut keinen Anhalt. § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II spreche ausdrücklich nicht von "angemessenen" Umzugskosten, sodass eine solche Einschränkung nicht möglich sei, was auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zeige. Dort habe es der erkennende Senat abgelehnt, das Kriterium der Angemessenheit in den Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt hineinzulesen. Es sei zweifelhaft, ob die Obliegenheit in § 2 Abs 1 SGB II "die Hilfebedürftigkeit zu verringern", soweit gehe, dass auch die kostensparende Selbstorganisation eines Umzugs von Hilfebedürftigen gefordert werden dürfe. Jedenfalls finde sich für die Rechtsansicht des LSG, dass ein Umzug grundsätzlich selbst organisiert werden müsse, es sei denn, dies sei für den Hilfebedürftigen unzumutbar, kein gesetzlicher Anhalt. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG trügen im Übrigen nicht den rechtlichen Schluss, dass er - der Kläger - tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Umzug auch selbst zu organisieren. Zu mehr als einer Mithilfe bei der Umzugsfirma sei er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen. Hinsichtlich der Notwendigkeit nach Niedersachsen umzuziehen sei § 33 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu berücksichtigen, nach dem bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen seien.

7

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Juni 2008 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 6. Juli 2006 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Umzugskosten in Höhe von 2753,85 Euro zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beruft sich darauf, dass hier eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten nicht entbehrlich gewesen sei. Eine besondere Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen, sodass es dem Kläger zumutbar gewesen wäre, eine Entscheidung über die Umzugskosten abzuwarten. Im Übrigen beschränke sich die Revisionsbegründung auf Vorbringen im tatsächlichen Bereich, das einer Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich sei.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Bescheide und einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begründet. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erstattung der am 26.1.2005 angefallenen Umzugskosten zu Unrecht wegen fehlender Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten in vollem Umfang abgelehnt (sogleich unter 1.). Er hätte stattdessen gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II eine Ermessensentscheidung über die Höhe der zu übernehmenden Umzugskosten zu treffen gehabt, die bislang nicht erfolgt ist. Bei der Nachholung dieser Entscheidung wird der Beklagte zu beachten haben, dass dem Kläger zumindest die von den Vorinstanzen zugesprochenen 951,25 Euro zustehen, weil der Beklagte hiergegen keine Rechtsmittel eingelegt hat (hierzu unter 3.). Ein Anspruch gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II steht dem Kläger hingegen nicht zu, weil der Umzug nicht als vom Beklagten "veranlasst" oder "aus anderen Gründen notwendig" betrachtet werden kann (vgl unter 2.).

11

Streitgegenstand ist allein die Frage, inwieweit der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten des Umzugs des Klägers von B in die Umgebung von Braunschweig zu tragen. Hierüber ist in den angefochtenen Bescheiden vom 11.4. und 1.8.2005 eine isolierte Regelung getroffen worden. Die Frage, in welcher Höhe dem Kläger im Übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen, ist hiervon nicht berührt. Der Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten hängt allerdings davon ab, dass dem Kläger überhaupt dem Grunde nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen. Hieran bestehen aber nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Vorinstanzen keine Zweifel.

12

1. Der Anspruch des Klägers scheitert nicht bereits daran, dass vor seinem Umzug keine Zusicherung des bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Trägers über die Umzugskosten vorlag (§ 22 Abs 3 Satz 1 SGB II). Entgegen der Rechtsansicht des LSG hat der Beklagte auf eine Prüfung dieses rechtlichen Gesichtspunkts nicht dadurch verzichtet, dass er keine Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat. Die Nichteinlegung der Berufung bzw Revision durch den Beklagten hat lediglich zur Folge, dass auf Grund des Verbots der reformatio in peius der Leistungsausspruch des SG nicht mehr aufgehoben werden darf. Im Übrigen haben beide Rechtsmittelinstanzen den Anspruch des Klägers aber unter allen möglichen Gesichtspunkten zu prüfen.

13

Eine vorherige Zusicherung der Umzugskosten ist nicht erforderlich, wenn eine fristgerecht mögliche Entscheidung vom Verwaltungsträger treuwidrig verzögert worden ist (vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 106, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). So lagen die Verhältnisse hier. Der Beklagte hatte den Kläger bereits im November 2004 in Form eines Bescheides aufgefordert, seine bisherige Wohnung aufzugeben, weil diese unangemessen hohe Mietkosten verursache. In dem Aufforderungsschreiben des Beklagten wird zudem deutlich gemacht, dass eine Übernahme der bisherigen Mietkosten nur bis 1.2.2005 gewährleistet werde. Dementsprechend enthält der Bewilligungsbescheid vom 16.12.2004 über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1.2.2005 nur noch eine im Verhältnis zur bisherigen Miete stark reduzierte Bewilligung von KdU. Der Kläger hat auch in seinem nachfolgenden Schreiben an den Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er die vom Beklagten angedrohte Reduktion der gewährten KdU um monatlich 803,47 Euro nicht aus eigenen Mitteln abfangen könne. Von daher war durch den Beklagten selbst ein starker, möglicherweise sogar rechtswidriger, Druck gesetzt worden, zum 1.2.2005 die Wohnung zu wechseln. Unter diesem zeitlichen Aspekt hat das SG zu Recht entschieden, dass die Verzögerung bzw das Nichttreffen einer Entscheidung über die Zusicherung der Umzugskosten seitens des Beklagten nach dem gesonderten Antrag des Klägers vom 12.1.2005 als treuwidrig einzustufen ist.

14

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II, weil der konkrete Umzug nicht vom Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bestimmt, dass die Zusicherung erteilt werden soll, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich für den Regelfall eine Pflicht des Trägers, eine Zusicherung zu erteilen. Der Anspruch des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geht dabei auf die "angemessenen" Kosten des Umzugs iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Der erkennende Senat leitet dies aus der Überlegung ab, dass die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers stattgefunden hat, ohne die Sonderregelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bereits als KdU von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II umfasst wären. Eine ähnliche Überlegung hat der 4. Senat des BSG bereits in einem obiter dictum angestellt (BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). Auf solche Umzugskosten bestünde dann - die Regelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II hinweggedacht - gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ein Rechtsanspruch bis zur Grenze der Angemessenheit. Könnte der Umzug des Klägers hier also im Sinne der Norm des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen als notwendig betrachtet werden, so stünden dem Kläger gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II die angemessenen Umzugskosten(wie in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) zu.

15

a) Der Umzug in die Umgebung von Braunschweig kann nicht iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom Träger veranlasst betrachtet werden. Denn der vom Kläger konkret durchgeführte Umzug wäre, wenn der Beklagte vor dem Umzug über den Antrag entschieden hätte, nicht "zusicherungsfähig" gewesen im Sinne dieser Norm. Zusicherungsfähig ist ein Umzug grundsätzlich nur dann, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen KdU oder zur Eingliederung in Arbeit geboten ist. Danach könnte hier der Auszug des Klägers aus seiner Wohnung als vom Beklagten veranlasst zu betrachten sein, denn der Beklagte hat auf Grund der zu hohen Kosten der bisherigen Mietwohnung durch sein Verwaltungshandeln (Aufforderungsschreiben) den Kläger zur Aufgabe der Wohnung veranlasst. Keinesfalls kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch der Umzug in die konkrete neue Wohnung in der Nähe von Braunschweig vom Beklagten veranlasst worden ist iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II. Anders als ein Auszug umfasst der Umzug schon begrifflich auch das Endziel (die neue Wohnung). Mithin müsste gerade auch das konkrete Ziel des Wohnungswechsels (der Bezug der neuen Wohnung) veranlasst worden sein.

16

Dient der Umzug der Verminderung der bisherigen KdU, so ist grundsätzlich nur ein Umzug innerhalb des "räumlichen Vergleichsraums" im Sinne der Rechtsprechung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zusammenfassend zur Rechtsprechung des BSG zum sog schlüssigen Konzept zuletzt Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 79 ff) "zusicherungsfähig". Ein Umzug innerhalb des maßgeblichen räumlichen Vergleichsraums des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II dürfte dabei im Regelfall als vom Träger veranlasst auch iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gelten können. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Unzumutbarkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung begründen. Dies könnte etwa bei besonderen Behinderungen oder besonderen medizinischen oder gesundheitlichen Gründen der Fall sein (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 33 ff; vgl bereits Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263). Hierzu haben die Vorinstanzen bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass keine gesundheitlichen oder sonstigen Gründe vorliegen, die einen Umzug des Klägers gerade über diese Distanz geboten erschienen ließen.

17

b) Der Umzug gerade nach Braunschweig wäre auch nicht als "aus anderen Gründen notwendig" "zusicherungsfähig" iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gewesen, wenn der Beklagte rechtzeitig über den Antrag des Klägers entschieden hätte. Eine solche Notwendigkeit aus anderen Gründen könnte etwa bei Pflegebedürftigkeit oder beim Vorhandensein kleiner Kinder vorliegen, wenn erwerbsfähige Hilfebedürftige auf Grund dieser Umstände gerade auf ein bestimmtes räumliches Umfeld in der Nähe von Verwandten und deren Betreuung angewiesen wären. Der bloße Wunsch des Klägers hingegen, sich räumlich wieder in die Nähe seiner erwachsenen Kinder zu bewegen, fällt dem rein privaten Bereich zu. Im Rahmen eines Fürsorgesystems vermag auch insofern die Argumentation des Revisionsklägers nicht zu verfangen, § 33 SGB I gebiete eine besondere Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers. Es ist nicht Aufgabe des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die grundsätzlich das Ziel hat, Erwerbsfähige wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Umzüge zu finanzieren, die einem rein privaten Zweck dienen. Mithin liegen keine Gründe vor, die im Sinne des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II für eine Notwendigkeit des Umzugs des Klägers gerade nach Braunschweig sprechen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug zur Eingliederung in Arbeit geboten gewesen wäre, sind ebenfalls nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

18

3. Da es sich hier mithin nicht um einen vom Träger veranlassten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzug iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II handelte, greift zu Gunsten des Klägers lediglich die Auffangnorm des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II ein, die grundsätzlich für den Fall des nicht notwendigen bzw veranlassten Umzugs einschlägig ist(vgl BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II räumt dem Leistungsträger bei der Übernahme der Umzugskosten Ermessen ein(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 104). Das Ermessen betrifft sowohl das "ob" der Übernahme der Umzugskosten als auch die Höhe der Umzugskosten. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes "können", das sich nach dem Wortlaut der Norm sowohl auf das "ob" als auch auf die Höhe der Bewilligung der Umzugskosten bezieht. Der Beklagte hat eine solche Ermessensentscheidung bislang nicht getroffen. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG war er daher zunächst zu verpflichten, eine entsprechende Entscheidung nachzuholen. Dabei darf der Beklagte allerdings nicht hinter dem bereits von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrag von 951,25 Euro zurückbleiben, weil lediglich der Kläger Rechtsmittel eingelegt hat.

19

Die Vorinstanzen haben dabei allerdings Erwägungen angestellt, die der Beklagte bei einer Entscheidung im Rahmen des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II als Ermessenserwägungen zu Grunde legen kann. Auch Gesichtspunkte, die bei der Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Umzugskosten eines an sich genehmigungsfähigen Umzugs gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II maßgebend wären, können hier als Ermessenskriterien herangezogen werden. So haben LSG und SG darauf abgestellt, dass den Hilfebedürftigen im SGB II grundsätzlich die Obliegenheit trifft, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Die in § 2 SGB II zum Ausdruck gekommene Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Anwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigen normieren, herangezogen werden(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 2 RdNr 8; Spellbrink in Spellbrink/Eicher, SGB II, 2. Aufl 2008, § 2 RdNr 5). Hieraus ist abzuleiten, dass der Hilfebedürftige im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems gehalten ist, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (so bereits SG Dresden Beschluss vom 15.8.2005 - S 23 AS 692/05 ER - ZfF 2006, 159; Sächsisches LSG Beschluss vom 19.9.2007 - L 3 B 411/06 AS ER -; vgl auch Piepenstock in juris PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 125). Als notwendige Umzugskosten könnten daher bei einer Ermessensentscheidung gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insbesondere die Aufwendungen für einen erforderlichen Mietwagen, die Anmietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter zu übernehmen sein(vgl Berlit aaO; Piepenstock aaO; vgl auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 84). Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen. Der Beklagte wird im Rahmen seiner Ermessensentscheidung daher hier zunächst noch zu ermitteln haben, ob der Kläger gesundheitlich und körperlich in der Lage war, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. War dies der Fall, so dürfte der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II wohl davon ausgehen, dass Kosten nur in Höhe der Kosten eines selbst organisierten Umzugs zu erstatten sind. Soweit das SG und ihm folgend das LSG diese Kosten beziffert haben, handelt es sich um eine Schätzung im Sinne des § 202 SGG iVm § 287 Zivilprozessordnung. Unabhängig davon, ob diese Schätzung im Einzelnen zutreffend war oder nicht, hat jedenfalls der Beklagte gegen seine Verurteilung in Höhe von 951,25 Euro kein Rechtsmittel eingelegt, sodass dieser Betrag dem Kläger in jedem Falle zu bewilligen sein wird.

20

Der Beklagte kann in seine Erwägungen auch den Gesichtspunkt einbeziehen, dass sich die Ermessensleistungen nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insgesamt in den Leistungsrahmen des SGB II einpassen müssen. So entspricht der hier vom Kläger geforderte Betrag für Umzugskosten in Höhe von 3700 Euro der Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 SGB II für einen Alleinstehenden für fast ein Jahr. Ebenso belaufen sich die vom Kläger geltend gemachten Umzugskosten auf zehn Monatsmieten in der Höhe, wie sie der Beklagte für den Kläger als KdU für angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hielt. Insofern wäre eine Übernahme der Umzugskosten in Höhe der Rechnung eines professionellen Anbieters eine Privilegierung gerade dieses Kostenanteils im Gesamtzusammenhang des Leistungssystems des SGB II, für den sich weder in den Gesetzesmaterialien noch im Gesetzeswortlaut ein Anhalt findet. Dies unterscheidet die Umzugskosten gerade von den Kosten für mehrtägige Klassenfahrten (zu den rechtlichen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Anspruch auf tatsächliche Kostenübernahme gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II vgl BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1), auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wege der Analogie beruft.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beklagte die Umzugskosten des Klägers zu übernehmen hat.

2

Der Kläger ist im Jahre 1942 geboren. Er bezog bis zum 31.12.2004 Leistungen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Stadt B in Hessen. Im November 2004 beantragte er bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Beklagte forderte im November 2004 den Kläger auf, die Kosten der Unterkunft (KdU) zu senken. Angemessen sei für ihn eine Gesamtmiete von 372,50 Euro. Die tatsächliche Miete in Höhe von bisher 1175,97 Euro werde nur bis zum 31.1.2005 anerkannt und ab 1.2.2005 werde nur noch die angemessene Miete gewährt. Durch Schreiben vom 27.12.2004 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er zum 1.2.2005 eine kostengünstigere Wohnung in Wolfenbüttel gefunden habe. Er beantragte die Übernahme der Umzugskosten und kündigte an, Kostenvoranschläge einzureichen. Mit am 12.1.2005 beim Beklagten eingegangenem Schreiben zeigte der Kläger an, dass er eine Wohnung in Wolfenbüttel bereits angemietet habe, die nach dem SGB II angemessen sei. Er legte einen Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens über 3645,07 Euro vor und bat um Bewilligung bis 20.1.2005, weil er dann den Auftrag an die Umzugsfirma vergeben müsse.

3

Der Beklagte reagierte auf die Schreiben des Klägers nicht. Dieser führte sodann den Umzug am 26.1.2005 durch und beantragte am 28.1.2005 beim Beklagten unter Vorlage der Rechnung eines Umzugsunternehmens die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 3705,10 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 11.4.2005 ab. Den Widerspruch wies er zurück. In dem Widerspruchsbescheid vom 1.8.2005 ist ausgeführt, es müsse eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten vorliegen. Der Kläger habe aber erst am 12.1.2005 den Kostenvoranschlag eingereicht. Von einer treuwidrigen Verzögerung der Entscheidung durch den Beklagten könne daher nicht die Rede sein.

4

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Braunschweig durch Urteil vom 6.7.2006 die angefochtenen Bescheide "aufgehoben" und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorherige Zusicherung gemäß § 22 Abs 3 SGB II sei hier entbehrlich gewesen, weil die Entscheidung über die Umzugskosten in treuwidriger Weise verzögert worden sei. Das Leistungsermessen des Beklagten sei auch eingeschränkt gewesen, weil der kommunale Träger den Umzug veranlasst habe. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten beschränke sich jedoch auf die notwendigen und angemessenen Kosten. Der Beklagte sei nicht grundsätzlich verpflichtet, die Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens zu tragen. Vielmehr sei auf Grund der Obliegenheit, die eigene Hilfebedürftigkeit zu verringern, der Umzug vorrangig in Eigenregie durchzuführen. Ausnahmen würden nur bei Alter oder Gebrechlichkeit gelten. Der Kläger sei jedoch körperlich in guter Verfassung gewesen. Es habe auch keine medizinische Notwendigkeit bestanden, gerade nach Niedersachsen umzuziehen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände seien die Umzugskosten angemessen, die bei einem selbst organisierten Umzug unter Heranziehung von studentischen Hilfskräften angemessen wären. Hier seien lediglich die Kosten der Anmietung eines Umzugsfahrzeugs, Benzinkosten, Kosten für drei studentische Hilfskräfte als Umzugshelfer und Fahrer, Kosten für eine Haftpflichtversicherung für die Umzugshelfer, Kosten für Umzugskartons und Verpackungsmaterial angemessen. Unter Heranziehung von Quellen aus dem Internet hat das SG sodann für diese Positionen die ausgeurteilten Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro ermittelt.

5

Hiergegen hat lediglich der Kläger Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 5.6.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Gründe des Urteils des SG verwiesen und ergänzend ausgeführt, dem Kläger sei ein selbst organisierter Umzug zumutbar gewesen. Der Kläger sei im Besitz einer Fahrerlaubnis und habe nach eigenen Angaben zusammen mit Freunden die Gegenstände in der bisherigen Wohnung ein- und in der neuen Wohnung selbst wieder ausgepackt. Es sei daher nicht erkennbar, wieso er aus medizinischen Gründen gehindert gewesen sein sollte, den Umzug selbst durchzuführen. Darüber hinaus sei der weite Umzug des Klägers von Hessen nach Niedersachsen weder aus medizinischen noch aus besonderen persönlichen Gründen erforderlich gewesen, sodass diese Kosten nicht der Allgemeinheit in Rechnung gestellt werden dürften. Dies gelte insbesondere auch für den auf dem Weg erfolgten Möbeltransport zu dem in Göttingen lebenden Sohn des Klägers.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung des § 22 Abs 3 SGB II. Zwar werde auch in der Literatur vertreten, dass nur angemessene bzw notwendige Umzugskosten zu erstatten seien, allerdings finde diese Auffassung im Gesetzeswortlaut keinen Anhalt. § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II spreche ausdrücklich nicht von "angemessenen" Umzugskosten, sodass eine solche Einschränkung nicht möglich sei, was auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zeige. Dort habe es der erkennende Senat abgelehnt, das Kriterium der Angemessenheit in den Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt hineinzulesen. Es sei zweifelhaft, ob die Obliegenheit in § 2 Abs 1 SGB II "die Hilfebedürftigkeit zu verringern", soweit gehe, dass auch die kostensparende Selbstorganisation eines Umzugs von Hilfebedürftigen gefordert werden dürfe. Jedenfalls finde sich für die Rechtsansicht des LSG, dass ein Umzug grundsätzlich selbst organisiert werden müsse, es sei denn, dies sei für den Hilfebedürftigen unzumutbar, kein gesetzlicher Anhalt. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG trügen im Übrigen nicht den rechtlichen Schluss, dass er - der Kläger - tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Umzug auch selbst zu organisieren. Zu mehr als einer Mithilfe bei der Umzugsfirma sei er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen. Hinsichtlich der Notwendigkeit nach Niedersachsen umzuziehen sei § 33 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu berücksichtigen, nach dem bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen seien.

7

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Juni 2008 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 6. Juli 2006 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Umzugskosten in Höhe von 2753,85 Euro zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beruft sich darauf, dass hier eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten nicht entbehrlich gewesen sei. Eine besondere Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen, sodass es dem Kläger zumutbar gewesen wäre, eine Entscheidung über die Umzugskosten abzuwarten. Im Übrigen beschränke sich die Revisionsbegründung auf Vorbringen im tatsächlichen Bereich, das einer Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich sei.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Bescheide und einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begründet. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erstattung der am 26.1.2005 angefallenen Umzugskosten zu Unrecht wegen fehlender Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten in vollem Umfang abgelehnt (sogleich unter 1.). Er hätte stattdessen gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II eine Ermessensentscheidung über die Höhe der zu übernehmenden Umzugskosten zu treffen gehabt, die bislang nicht erfolgt ist. Bei der Nachholung dieser Entscheidung wird der Beklagte zu beachten haben, dass dem Kläger zumindest die von den Vorinstanzen zugesprochenen 951,25 Euro zustehen, weil der Beklagte hiergegen keine Rechtsmittel eingelegt hat (hierzu unter 3.). Ein Anspruch gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II steht dem Kläger hingegen nicht zu, weil der Umzug nicht als vom Beklagten "veranlasst" oder "aus anderen Gründen notwendig" betrachtet werden kann (vgl unter 2.).

11

Streitgegenstand ist allein die Frage, inwieweit der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten des Umzugs des Klägers von B in die Umgebung von Braunschweig zu tragen. Hierüber ist in den angefochtenen Bescheiden vom 11.4. und 1.8.2005 eine isolierte Regelung getroffen worden. Die Frage, in welcher Höhe dem Kläger im Übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen, ist hiervon nicht berührt. Der Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten hängt allerdings davon ab, dass dem Kläger überhaupt dem Grunde nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen. Hieran bestehen aber nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Vorinstanzen keine Zweifel.

12

1. Der Anspruch des Klägers scheitert nicht bereits daran, dass vor seinem Umzug keine Zusicherung des bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Trägers über die Umzugskosten vorlag (§ 22 Abs 3 Satz 1 SGB II). Entgegen der Rechtsansicht des LSG hat der Beklagte auf eine Prüfung dieses rechtlichen Gesichtspunkts nicht dadurch verzichtet, dass er keine Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat. Die Nichteinlegung der Berufung bzw Revision durch den Beklagten hat lediglich zur Folge, dass auf Grund des Verbots der reformatio in peius der Leistungsausspruch des SG nicht mehr aufgehoben werden darf. Im Übrigen haben beide Rechtsmittelinstanzen den Anspruch des Klägers aber unter allen möglichen Gesichtspunkten zu prüfen.

13

Eine vorherige Zusicherung der Umzugskosten ist nicht erforderlich, wenn eine fristgerecht mögliche Entscheidung vom Verwaltungsträger treuwidrig verzögert worden ist (vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 106, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). So lagen die Verhältnisse hier. Der Beklagte hatte den Kläger bereits im November 2004 in Form eines Bescheides aufgefordert, seine bisherige Wohnung aufzugeben, weil diese unangemessen hohe Mietkosten verursache. In dem Aufforderungsschreiben des Beklagten wird zudem deutlich gemacht, dass eine Übernahme der bisherigen Mietkosten nur bis 1.2.2005 gewährleistet werde. Dementsprechend enthält der Bewilligungsbescheid vom 16.12.2004 über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1.2.2005 nur noch eine im Verhältnis zur bisherigen Miete stark reduzierte Bewilligung von KdU. Der Kläger hat auch in seinem nachfolgenden Schreiben an den Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er die vom Beklagten angedrohte Reduktion der gewährten KdU um monatlich 803,47 Euro nicht aus eigenen Mitteln abfangen könne. Von daher war durch den Beklagten selbst ein starker, möglicherweise sogar rechtswidriger, Druck gesetzt worden, zum 1.2.2005 die Wohnung zu wechseln. Unter diesem zeitlichen Aspekt hat das SG zu Recht entschieden, dass die Verzögerung bzw das Nichttreffen einer Entscheidung über die Zusicherung der Umzugskosten seitens des Beklagten nach dem gesonderten Antrag des Klägers vom 12.1.2005 als treuwidrig einzustufen ist.

14

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II, weil der konkrete Umzug nicht vom Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bestimmt, dass die Zusicherung erteilt werden soll, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich für den Regelfall eine Pflicht des Trägers, eine Zusicherung zu erteilen. Der Anspruch des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geht dabei auf die "angemessenen" Kosten des Umzugs iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Der erkennende Senat leitet dies aus der Überlegung ab, dass die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers stattgefunden hat, ohne die Sonderregelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bereits als KdU von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II umfasst wären. Eine ähnliche Überlegung hat der 4. Senat des BSG bereits in einem obiter dictum angestellt (BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). Auf solche Umzugskosten bestünde dann - die Regelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II hinweggedacht - gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ein Rechtsanspruch bis zur Grenze der Angemessenheit. Könnte der Umzug des Klägers hier also im Sinne der Norm des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen als notwendig betrachtet werden, so stünden dem Kläger gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II die angemessenen Umzugskosten(wie in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) zu.

15

a) Der Umzug in die Umgebung von Braunschweig kann nicht iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom Träger veranlasst betrachtet werden. Denn der vom Kläger konkret durchgeführte Umzug wäre, wenn der Beklagte vor dem Umzug über den Antrag entschieden hätte, nicht "zusicherungsfähig" gewesen im Sinne dieser Norm. Zusicherungsfähig ist ein Umzug grundsätzlich nur dann, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen KdU oder zur Eingliederung in Arbeit geboten ist. Danach könnte hier der Auszug des Klägers aus seiner Wohnung als vom Beklagten veranlasst zu betrachten sein, denn der Beklagte hat auf Grund der zu hohen Kosten der bisherigen Mietwohnung durch sein Verwaltungshandeln (Aufforderungsschreiben) den Kläger zur Aufgabe der Wohnung veranlasst. Keinesfalls kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch der Umzug in die konkrete neue Wohnung in der Nähe von Braunschweig vom Beklagten veranlasst worden ist iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II. Anders als ein Auszug umfasst der Umzug schon begrifflich auch das Endziel (die neue Wohnung). Mithin müsste gerade auch das konkrete Ziel des Wohnungswechsels (der Bezug der neuen Wohnung) veranlasst worden sein.

16

Dient der Umzug der Verminderung der bisherigen KdU, so ist grundsätzlich nur ein Umzug innerhalb des "räumlichen Vergleichsraums" im Sinne der Rechtsprechung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zusammenfassend zur Rechtsprechung des BSG zum sog schlüssigen Konzept zuletzt Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 79 ff) "zusicherungsfähig". Ein Umzug innerhalb des maßgeblichen räumlichen Vergleichsraums des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II dürfte dabei im Regelfall als vom Träger veranlasst auch iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gelten können. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Unzumutbarkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung begründen. Dies könnte etwa bei besonderen Behinderungen oder besonderen medizinischen oder gesundheitlichen Gründen der Fall sein (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 33 ff; vgl bereits Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263). Hierzu haben die Vorinstanzen bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass keine gesundheitlichen oder sonstigen Gründe vorliegen, die einen Umzug des Klägers gerade über diese Distanz geboten erschienen ließen.

17

b) Der Umzug gerade nach Braunschweig wäre auch nicht als "aus anderen Gründen notwendig" "zusicherungsfähig" iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gewesen, wenn der Beklagte rechtzeitig über den Antrag des Klägers entschieden hätte. Eine solche Notwendigkeit aus anderen Gründen könnte etwa bei Pflegebedürftigkeit oder beim Vorhandensein kleiner Kinder vorliegen, wenn erwerbsfähige Hilfebedürftige auf Grund dieser Umstände gerade auf ein bestimmtes räumliches Umfeld in der Nähe von Verwandten und deren Betreuung angewiesen wären. Der bloße Wunsch des Klägers hingegen, sich räumlich wieder in die Nähe seiner erwachsenen Kinder zu bewegen, fällt dem rein privaten Bereich zu. Im Rahmen eines Fürsorgesystems vermag auch insofern die Argumentation des Revisionsklägers nicht zu verfangen, § 33 SGB I gebiete eine besondere Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers. Es ist nicht Aufgabe des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die grundsätzlich das Ziel hat, Erwerbsfähige wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Umzüge zu finanzieren, die einem rein privaten Zweck dienen. Mithin liegen keine Gründe vor, die im Sinne des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II für eine Notwendigkeit des Umzugs des Klägers gerade nach Braunschweig sprechen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug zur Eingliederung in Arbeit geboten gewesen wäre, sind ebenfalls nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

18

3. Da es sich hier mithin nicht um einen vom Träger veranlassten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzug iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II handelte, greift zu Gunsten des Klägers lediglich die Auffangnorm des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II ein, die grundsätzlich für den Fall des nicht notwendigen bzw veranlassten Umzugs einschlägig ist(vgl BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II räumt dem Leistungsträger bei der Übernahme der Umzugskosten Ermessen ein(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 104). Das Ermessen betrifft sowohl das "ob" der Übernahme der Umzugskosten als auch die Höhe der Umzugskosten. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes "können", das sich nach dem Wortlaut der Norm sowohl auf das "ob" als auch auf die Höhe der Bewilligung der Umzugskosten bezieht. Der Beklagte hat eine solche Ermessensentscheidung bislang nicht getroffen. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG war er daher zunächst zu verpflichten, eine entsprechende Entscheidung nachzuholen. Dabei darf der Beklagte allerdings nicht hinter dem bereits von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrag von 951,25 Euro zurückbleiben, weil lediglich der Kläger Rechtsmittel eingelegt hat.

19

Die Vorinstanzen haben dabei allerdings Erwägungen angestellt, die der Beklagte bei einer Entscheidung im Rahmen des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II als Ermessenserwägungen zu Grunde legen kann. Auch Gesichtspunkte, die bei der Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Umzugskosten eines an sich genehmigungsfähigen Umzugs gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II maßgebend wären, können hier als Ermessenskriterien herangezogen werden. So haben LSG und SG darauf abgestellt, dass den Hilfebedürftigen im SGB II grundsätzlich die Obliegenheit trifft, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Die in § 2 SGB II zum Ausdruck gekommene Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Anwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigen normieren, herangezogen werden(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 2 RdNr 8; Spellbrink in Spellbrink/Eicher, SGB II, 2. Aufl 2008, § 2 RdNr 5). Hieraus ist abzuleiten, dass der Hilfebedürftige im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems gehalten ist, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (so bereits SG Dresden Beschluss vom 15.8.2005 - S 23 AS 692/05 ER - ZfF 2006, 159; Sächsisches LSG Beschluss vom 19.9.2007 - L 3 B 411/06 AS ER -; vgl auch Piepenstock in juris PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 125). Als notwendige Umzugskosten könnten daher bei einer Ermessensentscheidung gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insbesondere die Aufwendungen für einen erforderlichen Mietwagen, die Anmietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter zu übernehmen sein(vgl Berlit aaO; Piepenstock aaO; vgl auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 84). Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen. Der Beklagte wird im Rahmen seiner Ermessensentscheidung daher hier zunächst noch zu ermitteln haben, ob der Kläger gesundheitlich und körperlich in der Lage war, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. War dies der Fall, so dürfte der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II wohl davon ausgehen, dass Kosten nur in Höhe der Kosten eines selbst organisierten Umzugs zu erstatten sind. Soweit das SG und ihm folgend das LSG diese Kosten beziffert haben, handelt es sich um eine Schätzung im Sinne des § 202 SGG iVm § 287 Zivilprozessordnung. Unabhängig davon, ob diese Schätzung im Einzelnen zutreffend war oder nicht, hat jedenfalls der Beklagte gegen seine Verurteilung in Höhe von 951,25 Euro kein Rechtsmittel eingelegt, sodass dieser Betrag dem Kläger in jedem Falle zu bewilligen sein wird.

20

Der Beklagte kann in seine Erwägungen auch den Gesichtspunkt einbeziehen, dass sich die Ermessensleistungen nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insgesamt in den Leistungsrahmen des SGB II einpassen müssen. So entspricht der hier vom Kläger geforderte Betrag für Umzugskosten in Höhe von 3700 Euro der Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 SGB II für einen Alleinstehenden für fast ein Jahr. Ebenso belaufen sich die vom Kläger geltend gemachten Umzugskosten auf zehn Monatsmieten in der Höhe, wie sie der Beklagte für den Kläger als KdU für angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hielt. Insofern wäre eine Übernahme der Umzugskosten in Höhe der Rechnung eines professionellen Anbieters eine Privilegierung gerade dieses Kostenanteils im Gesamtzusammenhang des Leistungssystems des SGB II, für den sich weder in den Gesetzesmaterialien noch im Gesetzeswortlaut ein Anhalt findet. Dies unterscheidet die Umzugskosten gerade von den Kosten für mehrtägige Klassenfahrten (zu den rechtlichen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Anspruch auf tatsächliche Kostenübernahme gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II vgl BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1), auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wege der Analogie beruft.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beklagte die Umzugskosten des Klägers zu übernehmen hat.

2

Der Kläger ist im Jahre 1942 geboren. Er bezog bis zum 31.12.2004 Leistungen der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) von der Stadt B in Hessen. Im November 2004 beantragte er bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Beklagte forderte im November 2004 den Kläger auf, die Kosten der Unterkunft (KdU) zu senken. Angemessen sei für ihn eine Gesamtmiete von 372,50 Euro. Die tatsächliche Miete in Höhe von bisher 1175,97 Euro werde nur bis zum 31.1.2005 anerkannt und ab 1.2.2005 werde nur noch die angemessene Miete gewährt. Durch Schreiben vom 27.12.2004 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er zum 1.2.2005 eine kostengünstigere Wohnung in Wolfenbüttel gefunden habe. Er beantragte die Übernahme der Umzugskosten und kündigte an, Kostenvoranschläge einzureichen. Mit am 12.1.2005 beim Beklagten eingegangenem Schreiben zeigte der Kläger an, dass er eine Wohnung in Wolfenbüttel bereits angemietet habe, die nach dem SGB II angemessen sei. Er legte einen Kostenvoranschlag eines Umzugsunternehmens über 3645,07 Euro vor und bat um Bewilligung bis 20.1.2005, weil er dann den Auftrag an die Umzugsfirma vergeben müsse.

3

Der Beklagte reagierte auf die Schreiben des Klägers nicht. Dieser führte sodann den Umzug am 26.1.2005 durch und beantragte am 28.1.2005 beim Beklagten unter Vorlage der Rechnung eines Umzugsunternehmens die Übernahme der Umzugskosten in Höhe von 3705,10 Euro. Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 11.4.2005 ab. Den Widerspruch wies er zurück. In dem Widerspruchsbescheid vom 1.8.2005 ist ausgeführt, es müsse eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten vorliegen. Der Kläger habe aber erst am 12.1.2005 den Kostenvoranschlag eingereicht. Von einer treuwidrigen Verzögerung der Entscheidung durch den Beklagten könne daher nicht die Rede sein.

4

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Braunschweig durch Urteil vom 6.7.2006 die angefochtenen Bescheide "aufgehoben" und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vorherige Zusicherung gemäß § 22 Abs 3 SGB II sei hier entbehrlich gewesen, weil die Entscheidung über die Umzugskosten in treuwidriger Weise verzögert worden sei. Das Leistungsermessen des Beklagten sei auch eingeschränkt gewesen, weil der kommunale Träger den Umzug veranlasst habe. Der Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten beschränke sich jedoch auf die notwendigen und angemessenen Kosten. Der Beklagte sei nicht grundsätzlich verpflichtet, die Kosten eines professionellen Umzugsunternehmens zu tragen. Vielmehr sei auf Grund der Obliegenheit, die eigene Hilfebedürftigkeit zu verringern, der Umzug vorrangig in Eigenregie durchzuführen. Ausnahmen würden nur bei Alter oder Gebrechlichkeit gelten. Der Kläger sei jedoch körperlich in guter Verfassung gewesen. Es habe auch keine medizinische Notwendigkeit bestanden, gerade nach Niedersachsen umzuziehen. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände seien die Umzugskosten angemessen, die bei einem selbst organisierten Umzug unter Heranziehung von studentischen Hilfskräften angemessen wären. Hier seien lediglich die Kosten der Anmietung eines Umzugsfahrzeugs, Benzinkosten, Kosten für drei studentische Hilfskräfte als Umzugshelfer und Fahrer, Kosten für eine Haftpflichtversicherung für die Umzugshelfer, Kosten für Umzugskartons und Verpackungsmaterial angemessen. Unter Heranziehung von Quellen aus dem Internet hat das SG sodann für diese Positionen die ausgeurteilten Umzugskosten in Höhe von 951,25 Euro ermittelt.

5

Hiergegen hat lediglich der Kläger Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 5.6.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es gemäß § 153 Abs 2 SGG auf die Gründe des Urteils des SG verwiesen und ergänzend ausgeführt, dem Kläger sei ein selbst organisierter Umzug zumutbar gewesen. Der Kläger sei im Besitz einer Fahrerlaubnis und habe nach eigenen Angaben zusammen mit Freunden die Gegenstände in der bisherigen Wohnung ein- und in der neuen Wohnung selbst wieder ausgepackt. Es sei daher nicht erkennbar, wieso er aus medizinischen Gründen gehindert gewesen sein sollte, den Umzug selbst durchzuführen. Darüber hinaus sei der weite Umzug des Klägers von Hessen nach Niedersachsen weder aus medizinischen noch aus besonderen persönlichen Gründen erforderlich gewesen, sodass diese Kosten nicht der Allgemeinheit in Rechnung gestellt werden dürften. Dies gelte insbesondere auch für den auf dem Weg erfolgten Möbeltransport zu dem in Göttingen lebenden Sohn des Klägers.

6

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision. Er rügt eine Verletzung des § 22 Abs 3 SGB II. Zwar werde auch in der Literatur vertreten, dass nur angemessene bzw notwendige Umzugskosten zu erstatten seien, allerdings finde diese Auffassung im Gesetzeswortlaut keinen Anhalt. § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II spreche ausdrücklich nicht von "angemessenen" Umzugskosten, sodass eine solche Einschränkung nicht möglich sei, was auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zeige. Dort habe es der erkennende Senat abgelehnt, das Kriterium der Angemessenheit in den Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt hineinzulesen. Es sei zweifelhaft, ob die Obliegenheit in § 2 Abs 1 SGB II "die Hilfebedürftigkeit zu verringern", soweit gehe, dass auch die kostensparende Selbstorganisation eines Umzugs von Hilfebedürftigen gefordert werden dürfe. Jedenfalls finde sich für die Rechtsansicht des LSG, dass ein Umzug grundsätzlich selbst organisiert werden müsse, es sei denn, dies sei für den Hilfebedürftigen unzumutbar, kein gesetzlicher Anhalt. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG trügen im Übrigen nicht den rechtlichen Schluss, dass er - der Kläger - tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Umzug auch selbst zu organisieren. Zu mehr als einer Mithilfe bei der Umzugsfirma sei er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen. Hinsichtlich der Notwendigkeit nach Niedersachsen umzuziehen sei § 33 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) zu berücksichtigen, nach dem bei der Ausgestaltung von sozialen Rechten die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen seien.

7

Der Kläger beantragt,

den Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 5. Juni 2008 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 6. Juli 2006 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Umzugskosten in Höhe von 2753,85 Euro zu gewähren.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beruft sich darauf, dass hier eine vorherige Zustimmung zu den Umzugskosten nicht entbehrlich gewesen sei. Eine besondere Eilbedürftigkeit habe nicht vorgelegen, sodass es dem Kläger zumutbar gewesen wäre, eine Entscheidung über die Umzugskosten abzuwarten. Im Übrigen beschränke sich die Revisionsbegründung auf Vorbringen im tatsächlichen Bereich, das einer Überprüfung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich sei.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung der angefochtenen Bescheide und einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begründet. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erstattung der am 26.1.2005 angefallenen Umzugskosten zu Unrecht wegen fehlender Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten in vollem Umfang abgelehnt (sogleich unter 1.). Er hätte stattdessen gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II eine Ermessensentscheidung über die Höhe der zu übernehmenden Umzugskosten zu treffen gehabt, die bislang nicht erfolgt ist. Bei der Nachholung dieser Entscheidung wird der Beklagte zu beachten haben, dass dem Kläger zumindest die von den Vorinstanzen zugesprochenen 951,25 Euro zustehen, weil der Beklagte hiergegen keine Rechtsmittel eingelegt hat (hierzu unter 3.). Ein Anspruch gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II steht dem Kläger hingegen nicht zu, weil der Umzug nicht als vom Beklagten "veranlasst" oder "aus anderen Gründen notwendig" betrachtet werden kann (vgl unter 2.).

11

Streitgegenstand ist allein die Frage, inwieweit der Beklagte verpflichtet ist, die Kosten des Umzugs des Klägers von B in die Umgebung von Braunschweig zu tragen. Hierüber ist in den angefochtenen Bescheiden vom 11.4. und 1.8.2005 eine isolierte Regelung getroffen worden. Die Frage, in welcher Höhe dem Kläger im Übrigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen, ist hiervon nicht berührt. Der Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten hängt allerdings davon ab, dass dem Kläger überhaupt dem Grunde nach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen. Hieran bestehen aber nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Vorinstanzen keine Zweifel.

12

1. Der Anspruch des Klägers scheitert nicht bereits daran, dass vor seinem Umzug keine Zusicherung des bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Trägers über die Umzugskosten vorlag (§ 22 Abs 3 Satz 1 SGB II). Entgegen der Rechtsansicht des LSG hat der Beklagte auf eine Prüfung dieses rechtlichen Gesichtspunkts nicht dadurch verzichtet, dass er keine Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat. Die Nichteinlegung der Berufung bzw Revision durch den Beklagten hat lediglich zur Folge, dass auf Grund des Verbots der reformatio in peius der Leistungsausspruch des SG nicht mehr aufgehoben werden darf. Im Übrigen haben beide Rechtsmittelinstanzen den Anspruch des Klägers aber unter allen möglichen Gesichtspunkten zu prüfen.

13

Eine vorherige Zusicherung der Umzugskosten ist nicht erforderlich, wenn eine fristgerecht mögliche Entscheidung vom Verwaltungsträger treuwidrig verzögert worden ist (vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 106, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). So lagen die Verhältnisse hier. Der Beklagte hatte den Kläger bereits im November 2004 in Form eines Bescheides aufgefordert, seine bisherige Wohnung aufzugeben, weil diese unangemessen hohe Mietkosten verursache. In dem Aufforderungsschreiben des Beklagten wird zudem deutlich gemacht, dass eine Übernahme der bisherigen Mietkosten nur bis 1.2.2005 gewährleistet werde. Dementsprechend enthält der Bewilligungsbescheid vom 16.12.2004 über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1.2.2005 nur noch eine im Verhältnis zur bisherigen Miete stark reduzierte Bewilligung von KdU. Der Kläger hat auch in seinem nachfolgenden Schreiben an den Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass er die vom Beklagten angedrohte Reduktion der gewährten KdU um monatlich 803,47 Euro nicht aus eigenen Mitteln abfangen könne. Von daher war durch den Beklagten selbst ein starker, möglicherweise sogar rechtswidriger, Druck gesetzt worden, zum 1.2.2005 die Wohnung zu wechseln. Unter diesem zeitlichen Aspekt hat das SG zu Recht entschieden, dass die Verzögerung bzw das Nichttreffen einer Entscheidung über die Zusicherung der Umzugskosten seitens des Beklagten nach dem gesonderten Antrag des Klägers vom 12.1.2005 als treuwidrig einzustufen ist.

14

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II, weil der konkrete Umzug nicht vom Beklagten "veranlasst" wurde oder aus "anderen Gründen notwendig" war. § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bestimmt, dass die Zusicherung erteilt werden soll, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Hieraus ergibt sich für den Regelfall eine Pflicht des Trägers, eine Zusicherung zu erteilen. Der Anspruch des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geht dabei auf die "angemessenen" Kosten des Umzugs iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Der erkennende Senat leitet dies aus der Überlegung ab, dass die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers stattgefunden hat, ohne die Sonderregelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II bereits als KdU von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II umfasst wären. Eine ähnliche Überlegung hat der 4. Senat des BSG bereits in einem obiter dictum angestellt (BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). Auf solche Umzugskosten bestünde dann - die Regelung des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II hinweggedacht - gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ein Rechtsanspruch bis zur Grenze der Angemessenheit. Könnte der Umzug des Klägers hier also im Sinne der Norm des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen als notwendig betrachtet werden, so stünden dem Kläger gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II die angemessenen Umzugskosten(wie in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II) zu.

15

a) Der Umzug in die Umgebung von Braunschweig kann nicht iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II als vom Träger veranlasst betrachtet werden. Denn der vom Kläger konkret durchgeführte Umzug wäre, wenn der Beklagte vor dem Umzug über den Antrag entschieden hätte, nicht "zusicherungsfähig" gewesen im Sinne dieser Norm. Zusicherungsfähig ist ein Umzug grundsätzlich nur dann, wenn er zur Verminderung der tatsächlichen KdU oder zur Eingliederung in Arbeit geboten ist. Danach könnte hier der Auszug des Klägers aus seiner Wohnung als vom Beklagten veranlasst zu betrachten sein, denn der Beklagte hat auf Grund der zu hohen Kosten der bisherigen Mietwohnung durch sein Verwaltungshandeln (Aufforderungsschreiben) den Kläger zur Aufgabe der Wohnung veranlasst. Keinesfalls kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch der Umzug in die konkrete neue Wohnung in der Nähe von Braunschweig vom Beklagten veranlasst worden ist iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II. Anders als ein Auszug umfasst der Umzug schon begrifflich auch das Endziel (die neue Wohnung). Mithin müsste gerade auch das konkrete Ziel des Wohnungswechsels (der Bezug der neuen Wohnung) veranlasst worden sein.

16

Dient der Umzug der Verminderung der bisherigen KdU, so ist grundsätzlich nur ein Umzug innerhalb des "räumlichen Vergleichsraums" im Sinne der Rechtsprechung zu den angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zusammenfassend zur Rechtsprechung des BSG zum sog schlüssigen Konzept zuletzt Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte, 2010, S 79 ff) "zusicherungsfähig". Ein Umzug innerhalb des maßgeblichen räumlichen Vergleichsraums des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II dürfte dabei im Regelfall als vom Träger veranlasst auch iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gelten können. Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Unzumutbarkeit eines Umzugs aus der bisherigen Wohnung begründen. Dies könnte etwa bei besonderen Behinderungen oder besonderen medizinischen oder gesundheitlichen Gründen der Fall sein (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - RdNr 33 ff; vgl bereits Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263). Hierzu haben die Vorinstanzen bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass keine gesundheitlichen oder sonstigen Gründe vorliegen, die einen Umzug des Klägers gerade über diese Distanz geboten erschienen ließen.

17

b) Der Umzug gerade nach Braunschweig wäre auch nicht als "aus anderen Gründen notwendig" "zusicherungsfähig" iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II gewesen, wenn der Beklagte rechtzeitig über den Antrag des Klägers entschieden hätte. Eine solche Notwendigkeit aus anderen Gründen könnte etwa bei Pflegebedürftigkeit oder beim Vorhandensein kleiner Kinder vorliegen, wenn erwerbsfähige Hilfebedürftige auf Grund dieser Umstände gerade auf ein bestimmtes räumliches Umfeld in der Nähe von Verwandten und deren Betreuung angewiesen wären. Der bloße Wunsch des Klägers hingegen, sich räumlich wieder in die Nähe seiner erwachsenen Kinder zu bewegen, fällt dem rein privaten Bereich zu. Im Rahmen eines Fürsorgesystems vermag auch insofern die Argumentation des Revisionsklägers nicht zu verfangen, § 33 SGB I gebiete eine besondere Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers. Es ist nicht Aufgabe des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die grundsätzlich das Ziel hat, Erwerbsfähige wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Umzüge zu finanzieren, die einem rein privaten Zweck dienen. Mithin liegen keine Gründe vor, die im Sinne des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II für eine Notwendigkeit des Umzugs des Klägers gerade nach Braunschweig sprechen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug zur Eingliederung in Arbeit geboten gewesen wäre, sind ebenfalls nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

18

3. Da es sich hier mithin nicht um einen vom Träger veranlassten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzug iS des § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II handelte, greift zu Gunsten des Klägers lediglich die Auffangnorm des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II ein, die grundsätzlich für den Fall des nicht notwendigen bzw veranlassten Umzugs einschlägig ist(vgl BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 15). § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II räumt dem Leistungsträger bei der Übernahme der Umzugskosten Ermessen ein(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 104). Das Ermessen betrifft sowohl das "ob" der Übernahme der Umzugskosten als auch die Höhe der Umzugskosten. Dies folgt aus der Verwendung des Wortes "können", das sich nach dem Wortlaut der Norm sowohl auf das "ob" als auch auf die Höhe der Bewilligung der Umzugskosten bezieht. Der Beklagte hat eine solche Ermessensentscheidung bislang nicht getroffen. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG war er daher zunächst zu verpflichten, eine entsprechende Entscheidung nachzuholen. Dabei darf der Beklagte allerdings nicht hinter dem bereits von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrag von 951,25 Euro zurückbleiben, weil lediglich der Kläger Rechtsmittel eingelegt hat.

19

Die Vorinstanzen haben dabei allerdings Erwägungen angestellt, die der Beklagte bei einer Entscheidung im Rahmen des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II als Ermessenserwägungen zu Grunde legen kann. Auch Gesichtspunkte, die bei der Prüfung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Umzugskosten eines an sich genehmigungsfähigen Umzugs gemäß § 22 Abs 3 Satz 2 SGB II maßgebend wären, können hier als Ermessenskriterien herangezogen werden. So haben LSG und SG darauf abgestellt, dass den Hilfebedürftigen im SGB II grundsätzlich die Obliegenheit trifft, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB II müssen erwerbsfähige Hilfebedürftige und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Die in § 2 SGB II zum Ausdruck gekommene Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Anwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigen normieren, herangezogen werden(vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 2 RdNr 8; Spellbrink in Spellbrink/Eicher, SGB II, 2. Aufl 2008, § 2 RdNr 5). Hieraus ist abzuleiten, dass der Hilfebedürftige im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems gehalten ist, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (so bereits SG Dresden Beschluss vom 15.8.2005 - S 23 AS 692/05 ER - ZfF 2006, 159; Sächsisches LSG Beschluss vom 19.9.2007 - L 3 B 411/06 AS ER -; vgl auch Piepenstock in juris PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 125). Als notwendige Umzugskosten könnten daher bei einer Ermessensentscheidung gemäß § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insbesondere die Aufwendungen für einen erforderlichen Mietwagen, die Anmietung von Umzugskartons, die Kosten für Verpackungsmaterial und Sperrmüllentsorgung und die üblichen Kosten für die Versorgung mithelfender Familienangehöriger und Bekannter zu übernehmen sein(vgl Berlit aaO; Piepenstock aaO; vgl auch Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 84). Lediglich dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen. Der Beklagte wird im Rahmen seiner Ermessensentscheidung daher hier zunächst noch zu ermitteln haben, ob der Kläger gesundheitlich und körperlich in der Lage war, den Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. War dies der Fall, so dürfte der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II wohl davon ausgehen, dass Kosten nur in Höhe der Kosten eines selbst organisierten Umzugs zu erstatten sind. Soweit das SG und ihm folgend das LSG diese Kosten beziffert haben, handelt es sich um eine Schätzung im Sinne des § 202 SGG iVm § 287 Zivilprozessordnung. Unabhängig davon, ob diese Schätzung im Einzelnen zutreffend war oder nicht, hat jedenfalls der Beklagte gegen seine Verurteilung in Höhe von 951,25 Euro kein Rechtsmittel eingelegt, sodass dieser Betrag dem Kläger in jedem Falle zu bewilligen sein wird.

20

Der Beklagte kann in seine Erwägungen auch den Gesichtspunkt einbeziehen, dass sich die Ermessensleistungen nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II insgesamt in den Leistungsrahmen des SGB II einpassen müssen. So entspricht der hier vom Kläger geforderte Betrag für Umzugskosten in Höhe von 3700 Euro der Regelleistung gemäß § 20 Abs 2 SGB II für einen Alleinstehenden für fast ein Jahr. Ebenso belaufen sich die vom Kläger geltend gemachten Umzugskosten auf zehn Monatsmieten in der Höhe, wie sie der Beklagte für den Kläger als KdU für angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hielt. Insofern wäre eine Übernahme der Umzugskosten in Höhe der Rechnung eines professionellen Anbieters eine Privilegierung gerade dieses Kostenanteils im Gesamtzusammenhang des Leistungssystems des SGB II, für den sich weder in den Gesetzesmaterialien noch im Gesetzeswortlaut ein Anhalt findet. Dies unterscheidet die Umzugskosten gerade von den Kosten für mehrtägige Klassenfahrten (zu den rechtlichen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Anspruch auf tatsächliche Kostenübernahme gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II vgl BSGE 102, 68 = SozR 4-4200 § 23 Nr 1), auf die sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wege der Analogie beruft.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. August 2011 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die Räumung der Wohnung.

2

Die 1920 geborene Klägerin bezog ab Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherung) nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Nach einem Klinikaufenthalt war sie nicht mehr in der Lage, allein in ihrer Wohnung zu leben. Am 27.1.2010 zog sie deshalb in ein Pflegeheim und erhält Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Im März 2010 beantragte sie ua erfolglos die Übernahme der Kosten für die Räumung der Wohnung, die allerdings erst im Oktober 2010 erfolgte (Bescheid vom 18.3.2010; Widerspruchsbescheid vom 8.9.2010).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten verurteilt, der Klägerin Räumungskosten in Höhe von 486,71 Euro zu gewähren (Urteil vom 23.8.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, es handle sich bei den geltend gemachten Kosten um solche der Unterkunft. Der Umzug in das Pflegeheim sei objektiv notwendig gewesen. Eine Verpflichtung, die Räumung der Wohnung selbst vorzunehmen, habe nicht bestanden. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Räumung durch Bekannte oder Freunde möglich gewesen wäre.

4

Mit seiner Sprungrevision macht der Beklagte eine Verletzung des § 29 SGB XII geltend. Sozialhilfe diene nur dazu, durch aktuelle existenzsichernde Leistungen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Sei die Unterkunft des Hilfebedürftigen - wie hier - infolge der Heimunterbringung bereits gesichert, bestehe daneben kein Anspruch mehr auf Übernahme weiterer Kosten der Unterkunft.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die Sprungrevision des Beklagten ist zulässig. Unschädlich ist insbesondere, dass die Klägerin in ihrer Erklärung vom 21.9.2011, beim SG innerhalb der Antragsfrist (§ 161 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz) am 22.9.2011 eingegangen, nicht ausdrücklich der Einlegung einer Sprungrevision, sondern nur pauschal einer Sprungrevision zugestimmt hat. Denn eine derartige Erklärung ist jedenfalls dann als Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision zu verstehen, wenn - wie vorliegend - im Zeitpunkt der Abgabe der Zustimmungserklärung Tenor und schriftliche Entscheidungsgründe des SG-Urteils dem Erklärenden bekannt waren (vgl zuletzt BSGE 109, 56 ff RdNr 8 = SozR 4-3500 § 98 Nr 1).

9

Die Sprungrevision ist auch im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das SG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 4 Satz 1 iVm Abs 2 Satz 2 SGG). Für eine endgültige Entscheidung durch den Senat fehlen fast alle tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG). Festgestellt ist nur, dass Grundsicherungsleistungen bezogen worden sind, der Umzug notwendig war und in welcher Höhe im Oktober Kosten angefallen sind. Hingegen fehlen jegliche Feststellungen zu den Anspruchsvoraussetzungen, insbesondere zum Einkommen und Vermögen der Klägerin. Allerdings ist die Übernahme von Umzugskosten nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beklagte bereits Heimkosten trägt.

10

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 18.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids (§ 95 SGG) vom 8.9.2010, bei dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu beteiligen waren (§ 116 Abs 2 SGB XII idF, die die Norm durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten hat, iVm § 9 Gesetz zur Ausführung des SGB XII vom 1.7.2004 - Gesetzblatt 534), zulässigerweise beschränkt auf die Erstattung von Kosten der Räumung. Deren Übernahme hat der Beklagte in der Sache abgelehnt, auch wenn dies nicht ausdrücklich im Verfügungssatz des angefochtenen Bescheids ausgesprochen ist.

11

Richtige Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, § 56 SGG). Einer zusätzlichen oder vorgeschalteten Klage auf Zusicherung hinsichtlich der Übernahme dieser Kosten (§ 29 Abs 1 Satz 7 und 8 SGB XII, hier in der Fassung, die die Norm durch das Gesetz zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670 - erhalten hat) bedurfte es nicht (vgl in anderem Zusammenhang: BSG SozR 4-4300 § 77 Nr 5 RdNr 10; BSGE 104, 83 ff RdNr 9 = SozR 4-4300 § 170 Nr 2; zur vergleichbaren Situation bei § 22 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - BSGE 106, 135 ff RdNr 13 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, und BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 49 RdNr 11). Es kann deshalb dahinstehen, ob die Regelung im Rahmen des vorliegend einschlägigen § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII(dazu später) überhaupt anwendbar ist.

12

Der Beklagte ist für die Klägerin, die im Zeitpunkt der Aufnahme in die Pflegeeinrichtung im Landkreis K ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, zwar der sachlich und örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe (§ 97 Abs 1 und 4, § 98 Abs 2 SGB XII iVm § 1 Abs 1, § 2 AGSGB XII) und als derjenige, der den Bescheid erlassen hat, auch richtiger Klagegegner. Ob allerdings eine Heranziehung (vgl § 3 Abs 1 AGSGB XII) kreisangehöriger Gemeinden oder vereinbarter Verwaltungsgemeinschaften durch den Beklagten erfolgt ist (vgl dazu Senatsurteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 13/11 R -, RdNr 10), wird noch durch das SG zu prüfen und ggf bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen sein (vgl dazu BSG, aaO).

13

Die Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Anspruchs bestimmt sich nach § 19 Abs 3 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007 - BGBl I 554 iVm § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 2.12.2006 - BGBl I 2670), (wohl) nicht, wovon das SG ausgegangen ist, unmittelbar nach § 29 Abs 1 Satz 7 SGB XII. Der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen umfasst den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt (§ 35 Abs 1 Satz 1 SGB XII). Gemäß § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII beinhaltet dieser insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung, die wegen der fehlenden Verweisung in § 42 SGB XII als Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt, nicht als solche der Grundsicherung nach §§ 41 ff SGB XII, auch Grundsicherungsleistungsberechtigten gewährt werden können(vgl: Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 42 RdNr 18, Stand Ergänzungslieferung Februar 2010; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, III.10 RdNr 54 f, Stand Juni 2012; Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 42 SGB XII RdNr 18; wohl auch Behrend in juris PraxisKommentar SGB XII, § 27b SGB XII RdNr 15; vgl im Übrigen auch, bezogen auf das bis zum 31.12.2004 maßgebliche Grundsicherungsgesetz, BT-Drucks 14/5150 S 49 zu § 3 Nr 1; angedeutet in BSG SozR 4-1500 § 77 Nr 1 RdNr 21). Dem steht § 19 Abs 2 Satz 3 SGB XII nicht entgegen, wonach Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vorgehen, weil damit im Wesentlichen nur der Übergang von der Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 27 ff SGB XII zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als einer besonderen Sozialhilfe mit einem weitgehenden Ausschluss des Unterhaltsrückgriffs(vgl § 43 SGB XII) gestaltet (vgl in anderem Zusammenhang BSGE 104, 207 ff = SozR 4-3530 § 6 Nr 1), nicht aber ein Leistungsausschluss geregelt werden soll. Die Vorschriften der §§ 27 ff SGB XII finden damit - unabhängig davon, ob (dem Grunde nach) Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung überhaupt besteht - Anwendung, soweit keine Leistungen nach §§ 41 ff SGB XII zu erbringen sind(BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R -, RdNr 23; Blüggel in jurisPK-SGB XII, § 42 SGB XII RdNr 34, und Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 44 f).

14

Mit dem weiteren notwendigen Lebensunterhalt im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen ist demnach grundsätzlich alles gemeint, was nicht bereits Teil des notwendigen Lebensunterhalts nach § 35 Abs 1 SGB XII in der Einrichtung und nicht vom Barbetrag zu decken ist; umfasst sind mithin alle aktuellen Bedarfe (zur Fälligkeit einer Forderung als maßgeblichem Zeitpunkt für den Bedarfsanfall BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), die ohne die stationäre Unterbringung als Hilfe zum Lebensunterhalt zu leisten wären und von der Einrichtung selbst nicht erbracht werden. Kleidung und angemessener Barbetrag, der nur dazu dient, die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens, Aufwendungen für Körperpflege und Reinigung, für die Instandhaltung der Schuhe, Kleidung und Wäsche in kleinerem Umfang sowie die Beschaffung von Wäsche und Hausrat von geringem Anschaffungswert abzugelten (vgl BT-Drucks 9/1859 S 2 zu § 21 Abs 3 BSHG), sind in § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII nur regelbeispielhaft aufgeführt (vgl BSG SozR 4-3500 § 35 Nr 1 RdNr 10, 13).

15

Sollte die Klägerin im Zeitpunkt des Bedarfsanfalls (im Oktober 2010) nach den nachzuholenden Feststellungen des SG bedürftig im Sinne der Vorschriften über die Hilfe zum Lebensunterhalt (dazu später) gewesen sein, läge deshalb auch kein Fall des § 34 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) vor, wonach Schulden nur übernommen werden können, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Denn ob Schulden vorliegen, beurteilt sich nicht anhand zivilrechtlicher Maßstäbe im Verhältnis zwischen Klägerin und Vermieter (so auch Berlit in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 9. Aufl 2012, § 36 SGB XII RdNr 4), sondern allein nach sozialhilferechtlichen Maßstäben, die ihrem Zweck entsprechend darauf abstellen, ob bei Eintritt der Fälligkeit ein Bedarf vorliegt (so für eine Heiz- und Betriebskostennachforderung: BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 17; BSG SozR 4-3500 § 44 Nr 2).

16

Die Berücksichtigung bei der Klägerin eventuell vorhandenen Einkommens und Vermögens richtete sich dann allerdings nicht nach den für die Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff SGB XII geltenden Maßstäben, insbesondere den §§ 85 ff SGB XII oder § 90 Abs 3 Satz 2 SGB XII, sondern nach den allgemeinen Regeln der §§ 82 ff SGB XII, weil es sich bei dem weiteren notwendigen Lebensunterhalt, wie ausgeführt, um Hilfe zum Lebensunterhalt als ergänzende Leistung handelt(vgl: Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 27b RdNr 18, Stand Ergänzungslieferung Juli 2012; Behrend in jurisPK-SGB XII, § 27b SGB XII RdNr 25; im Ergebnis wohl auch Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, III.10 RdNr 61, Stand Juni 2012).

17

Ob der Klägerin allerdings Umzugskosten zustehen, kann durch den Senat nicht beurteilt werden. Zwar dürfte die Klägerin die Voraussetzungen des § 35 Abs 1 SGB XII erfüllen, weil sie nach Aktenlage im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung wohl in einer Einrichtung(§ 13 Abs 2 SGB XII) gelebt hat (zum Einrichtungsbegriff vgl BSGE 106, 264 ff RdNr 13 = SozR 4-3500 § 19 Nr 2). Um welche Kosten es sich bei den geltend gemachten 486,71 Euro aber im Einzelnen genau handelt, ist nicht festgestellt und die Summe nur als Klägervortrag wiedergegeben. Es fehlen zudem Feststellungen, wem die Kosten überhaupt entstanden sind.

18

Zur Beantwortung der Frage, wie weit der Anspruch auf Erstattung von Umzugskosten als weiterer notwendiger Lebensunterhalt nach § 35 Abs 2 Satz 1 SGB XII tatsächlich reicht, wird das SG die in § 29 Abs 1 Satz 7 SGB XII normierten Maßstäbe heranzuziehen haben, die unabhängig davon zur Anwendung kommen, dass die Klägerin (wohl) in eine stationäre Einrichtung gezogen ist; denn es sind unter Berücksichtigung des Ziels des § 35 Abs 1 und 2 SGB XII, stationär Untergebrachte mit ambulant Versorgten gleichzustellen(vgl Behrend in jurisPK-SGB XII, § 27b SGB XII RdNr 25 f), keine Gründe ersichtlich, die einen Umzug in eine stationäre Einrichtung anderen Maßstäben unterwerfen. Danach können ua Umzugskosten bei vorheriger Zustimmung übernommen werden. Eine Zustimmung soll nach § 29 Abs 1 Satz 8 SGB XII erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger der Sozialhilfe veranlasst wird oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zustimmung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.

19

Der Erstattungsanspruch scheitert nicht daran, dass es sich beim Umzug ins Pflegeheim nicht um einen solchen iS des § 29 Abs 1 Satz 7 1. Halbsatz SGB XII handelt, wie der Beklagte meint. Denn unter Umzugskosten im Sinne der Norm sind alle Kosten zu verstehen, die durch das Ausräumen einer Wohnung und den Transport von Möbeln von einem zum anderen Ort anfallen, unabhängig davon, ob Umzugsziel eine neue Wohnung oder ein Pflegeheim ist (so auch Scheider in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 29 SGB XII RdNr 45). Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Behörde bei ihrer Entscheidung über die Erteilung einer Zusicherung Ermessen auszuüben hat (dies im Rahmen des § 22 SGB II grundsätzlich bejahend BSGE 106, 135 ff RdNr 18 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37) und ob die Erteilung einer Zusicherung überhaupt materiellrechtlich Voraussetzung für die Kostenübernahme ist (vgl dazu Berlit in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 35 SGB XII RdNr 85 f, 87; Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 35 RdNr 59 f, Stand Ergänzungslieferung Juli 2012; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 35 SGB XII RdNr 65 f). Denn der Umzug war nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des SG (§ 163 SGG) notwendig, weil die Klägerin nicht mehr in der Lage war, allein in ihrer Wohnung zu leben.

20

Zu den Umzugskosten zählen nicht die nur anlässlich des Umzugs anfallenden Kosten, sondern nur die unmittelbaren, wie etwa Transportkosten, Kosten für eine Hilfskraft bzw für erforderliche Versicherungen, Benzinkosten und Kosten für Verpackungsmaterial (vgl zum SGB II: BSGE 102, 194 ff RdNr 15 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; BSG SozR 4-4200 § 23 Nr 4 RdNr 12; SozR 4-4200 § 22 Nr 49),damit auch die Kosten, die durch die Entsorgung von Möbeln und anderen Gebrauchsgütern auf einer Deponie oder einer sonstigen Anlage zählen, wenn die Möbel und andere Gebrauchsgüter nicht in die neue Unterkunft mitgenommen werden können. Eine Aufteilung danach, ob einzelne Möbel ins Pflegeheim mitgenommen, andere aber entsorgt werden, wäre systematisch nicht nachvollziehbar.

21

Zu übernehmen sind allerdings nur die Kosten, die als angemessen zu beurteilen sind (BSGE 106, 135 ff RdNr 14 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37; vgl in anderem Zusammenhang auch BSGE 109, 61 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 74 Nr 2). Die Prüfung im Einzelnen wird sich daran zu orientieren haben, was üblicherweise auch von einem Nicht-Hilfebedürftigen, der seine Wohnung räumt und ins Pflegeheim umzieht, aufgebracht werden muss. Die Klägerin dürfte nicht in der Lage gewesen sein, den Umzug in Eigenregie durchzuführen, sodass zum gegenwärtigen Zeitpunkt offen bleiben kann, ob die im SGB II bestehende Obliegenheit, seinen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen (vgl BSGE 106, 135 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37), in der Sozialhilfe gleichermaßen gilt. Denn jedenfalls dann, wenn der Leistungsberechtigte den Umzug selbst, sei es aus Altersgründen oder krankheitsbedingt, nicht vornehmen kann, kann auch die Übernahme der Kosten für einen gewerblichen Anbieter in Betracht kommen (BSG, aaO); Familienmitglieder, Angehörige oder Freunde sind jedenfalls grundsätzlich nicht verpflichtet, für einen Leistungsberechtigten einen Umzug durchzuführen.

22

Das SG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander in allen drei Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Landkreis Göttingen Leistungen für einen Fernseher im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).

2

Der im Jahr 1970 geborene Kläger bezieht seit dem 17.7.2007 laufende Leistungen nach dem SGB II von dem beklagten Landkreis. Zunächst war er obdachlos; ab 15.8.2007 bezog er eine 17 qm große Ein-Zimmer-Wohnung in G . Er beantragte die Gewährung einer Erstausstattung für im Einzelnen aufgeführte Gegenstände, ua ein Fernsehgerät. Der Beklagte bewilligte für bestimmte Gegenstände einen Betrag von 506,50 Euro (Bescheid vom 8.8.2007) und einen Zuschuss für Gardinen in Höhe von 195,42 Euro (Bescheid vom 3.9.2007). Die Gewährung einer Beihilfe ua für einen Fernseher lehnte er ab (weiterer Bescheid vom 8.8.2007, Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten "verpflichtet, dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Erstausstattung mit einem Fernsehgerät zu gewähren" (Urteil vom 22.1.2009). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2007 "verurteilt, dem Kläger Geld- oder Sachleistungen für die Erstausstattung mit einem gebrauchten Fernsehgerät zu gewähren" (Urteil vom 27.4.2010). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II seien Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Zur Begründung des wortgleichen § 31 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sei auf § 21 Abs 1a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) verwiesen worden, dessen Nr 6 auch Gebrauchsgüter von längerer Gebrauchsdauer umfasst habe, zu denen auch Haushaltsgegenstände und die Wohnungsausstattung gehört haben. Ein Fernsehgerät sei kein Haushaltsgerät iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II wie ein Herd oder eine Waschmaschine, es sei auch kein Einrichtungsgegenstand. Allerdings sei es ein "wohnraumbezogener Ausstattungsgegenstand", der Beziehungen zu Umwelt, Informationsdeckung und Teilhabe am kulturellen Leben ermögliche. Auch wenn ein Fernsehgerät im engeren Sinne nicht für eine geordnete Haushaltsführung erforderlich sei, gehöre es doch unter dem Aspekt der Üblichkeit selbst in unteren Einkommensgruppen zu einem an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten Wohnen. Die Einrichtung eines Zugangs für den Fernseh- und Radioempfang gehöre zu den üblichen Wohnstandards (Hinweis auf Bundessozialgericht Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18). Die Ausstattungsdichte mit Fernsehgeräten betrage seit 1998 ca 93 Prozent auch in Haushalten von Arbeitslosen bzw 95 Prozent bezogen auf die Gesamtbevölkerung. Um eine Ausgrenzung zu verhindern und eine durch die Verweisung auf die Ansparleistung oder Darlehen drohende Bedarfsunterdeckung zu vermeiden, sei die Gewährung eines Fernsehgerätes im Rahmen der Erstausstattung erforderlich, wenn der Leistungsbezieher sich eines solchen - wie vorliegend - zur Informationsbeschaffung und Unterhaltung bedienen wolle. Es bestehe jedoch nur Anspruch auf Leistungen für ein gebrauchtes Gerät, da dies einem üblichen und sparsamen Verhalten entspreche. Das Urteil des SG sei zu ändern gewesen, da es im Ermessen des Beklagten stehe, ob er die Leistung als Geld- oder Sachleistung erbringen wolle.

4

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts: Ein Fernsehgerät sei kein Haushaltsgegenstand iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) habe nach dem BSHG ein Fernsehgerät zum Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt gehört. Hieraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass es auch zur Erstausstattung iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II gehöre, weil die unter dem BSHG gewährten einmaligen Leistungen durch die pauschalierte Regelleistung nach dem SGB II abgedeckt würden. Die Ausnahme in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II erfasse nur die zum Wohnen erforderliche Erstausstattung, nicht aber ein Fernsehgerät. Auch unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten könne dem, der ein Fernsehgerät als Informationsquelle und Teilhabemöglichkeit am kulturellen Leben betrachte, ein solches nicht zusätzlich zur Regelleistung bewilligt werden, während anderen, die sich aus Zeitschriften, Büchern usw informierten oder sich Aufführungen im Theater anschauten, diese Leistungen aus ihrer Regelleistung erbringen müssten.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. April 2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er hält das angefochtene Urteil grundsätzlich für zutreffend. Zur Erstausstattung gehöre alles, was zum menschenwürdigen Leben unbedingt notwendig sei und daher auch ein Fernsehgerät einfacher Güte.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27.4.2010 und des Sozialgerichts Hildesheim vom 22.1.2009 sind aufzuheben und die Klage abzuweisen, weil der Kläger im Rahmen der Erstausstattung seiner Wohnung keinen Anspruch auf ein gebrauchtes Fernsehgerät dem Grunde nach hat.

9

Bei dem vom Kläger begehrten Fernsehgerät als Teil der Erstausstattung seiner Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen entschieden werden kann(vgl nur BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 12, zuletzt Urteile des Senats vom 19.8.2010 - B 14 AS 10/09 R und B 14 AS 36/09 R).

10

Einer Sachentscheidung des Senats steht das als Klagevoraussetzung von Amts wegen zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis nicht entgegen, auch wenn der Kläger nach dem Bezug der Wohnung in G wiederholt umgezogen ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Kläger mit seiner Anfechtungs- und Leistungsklage ein "berechtigtes Interesse" (vgl § 55 Abs 1 SGG am Ende) geltend macht und dieses nicht auf einfachere und schnellere Art und Weise zu erreichen ist (vgl nur BSGE 1, 246, 252 f; BSGE 82, 239 = SozR 3-2600 § 118 Nr 3). Das zur Zeit der Klageerhebung aufgrund der den Antrag des Klägers ablehnenden Verwaltungsentscheidung des Beklagten bestehende Rechtsschutzbedürfnis könnte allenfalls entfallen sein, wenn der Kläger zwischenzeitlich ein Fernsehgerät von dritter Seite erhalten hätte oder aufgrund anderer Umstände sich ein solcher Bedarf erledigt hätte (vgl Böttiger in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 54 RdNr 27 f). Derartiges ist dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu entnehmen und der Kläger hat erklärt, dass er nach wie vor kein Fernsehgerät besitze und zwischenzeitlich auch keines besessen habe.

11

Der Kläger, der nach den Feststellungen des LSG dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist, hat wegen der Erstausstattung seiner am 15.8.2007 bezogenen Wohnung in G gegen den Beklagten keinen Anspruch auf ein gebrauchtes Fernsehgerät.

12

Als Anspruchsgrundlage hierfür kommt nur § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II idF vom 20.7.2006 in Betracht. Danach sind "Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten“ nicht von der Regelleistung umfasst; sie werden gesondert erbracht.

13

Mit § 23 Abs 3 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber normiert, dass trotz der grundsätzlichen Abgeltung auch einmaliger Bedarfe durch die Regelleistung bestimmte Bedarfe weiterhin gesondert durch den Grundsicherungsträger zu erbringen sind. Der Anspruch nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist wie alle Leistungen des SGB II bedarfsbezogen zu verstehen(BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2). Entscheidend für die Auslegung des Begriffs der Erstausstattung ist, ob ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II sind, wie die zuständigen Senate des BSG übereinstimmend entschieden haben, für die Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen zu erbringen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen(BSG aaO; zuletzt BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 45/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 5 RdNr 14).

14

Die Grundvoraussetzung für eine Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ist nach den Feststellungen des LSG erfüllt, weil der Kläger vor seinem Einzug in die Wohnung obdachlos war und über keine Einrichtungsgegenstände verfügte.

15

Wie dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und der bisher vom BSG verwandten Formulierung "Ausstattung mit wohnraumbezogenen Gegenständen, die eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Wohnverhältnisse orientiertes Wohnen ermöglichen," zu entnehmen ist, sind "Erstausstattungen für die Wohnung" nicht auf Haushaltsgeräte und Haushaltszubehör beschränkt, sondern schließen diese nur ein. Auch in der Literatur werden nahezu durchgängig neben die notwendigen Gegenstände für die Haushaltsführung die Gegenstände für ein menschenwürdiges Wohnen gestellt (vgl nur Bender in Gagel, SGB II, SGB III, Loseblatt, § 23 RdNr 63; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 331; O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 38).

16

Die Wohnung oder Unterkunft - nach dem Sprachgebrauch des § 22 SGB II werden die Begriffe synonym verwandt - soll zwar nicht nur die Bedürfnisse nach Schutz vor Witterung und einer Gelegenheit zum Schlafen befriedigen, sondern auch die Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich ermöglichen(BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 16) sowie die Führung eines Haushalts, wie sich aus der gesonderten Aufführung der Haushaltsgeräte in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II ergibt. Andererseits werden die Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur übernommen, soweit sie angemessen sind. Dies erfordert, dass die Unterkunft nach Lage, Ausstattung und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Standard aufweist (BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 15 mwN). Von daher wird von dem Begriff "Wohnen" iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II nur die Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse Essen, Schlafen, Aufenthalt umfasst, nicht aber bestimmte Freizeitbeschäftigungen.

17

Hierfür spricht auch das oben schon angesprochene Verhältnis des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II als Sonderregelung zu der in § 20 SGB II kodifizierten Regelleistung, die grundsätzlich alle Bedarfe abdecken soll(vgl nur BT-Drucks 15/1516 S 56). Ergänzend ist auf die verschiedenen Abteilungen nach § 2 Abs 2 Regelsatzverordnung (RSV) hinzuweisen, in denen zwischen den Abteilungen 04 Wohnen, Energie, Wohnungsinstandhaltung und 05 Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, die das Wohnen betreffen, und zB der Abteilung 09 Freizeit, Unterhaltung und Kultur unterschieden wird.

18

Eine Abgrenzung der Erstausstattung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II zu dem von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfassten unabweisbaren Bedarf nach § 23 Abs 1 SGB II ist notwendig, weil die Erstausstattung als Beihilfe, während der Bedarf nach § 23 Abs 1 als Darlehen erbracht wird. Diese Abgrenzung kann entgegen der Auffassung des LSG nicht in Anlehnung an den früheren § 21 Abs 1a BSHG erfolgen, weil zB eine Waschmaschine zur Erstausstattung einer Wohnung gehören kann(vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 18), aber auch ein Teil der Regelleistung ist. Die Ausführungen in der Gesetzesbegründung zu dem § 23 Abs 3 SGB II entsprechenden § 32 Abs 1 SGB XII: "Die Vorschrift regelt diejenigen bisherigen einmaligen Leistungen im Sinne des bisherigen § 21 Abs 1a des Bundessozialhilfegesetzes, die nicht in den Regelsatz einbezogen werden." (BT-Drucks 15/1514 S 60) können in Verbindung mit dem Gesetzestext nur in Bezug auf die spezifische Situation Erstausstattung einer Wohnung verstanden werden, womit es entscheidend auf den obigen Begriff des Wohnens ankommt.

19

Aus dem Adjektiv „menschenwürdig“ in Verbindung mit dem Begriff Wohnen kann nichts anderes hergeleitet werden, wie auch durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9.2.2010 über das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums bestätigt wird. Dieses Grundrecht umfasst zwar nicht nur die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, sondern auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben; sein Umfang hängt ua von den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist entsprechend der sozialen Wirklichkeit zeit- und realitätsgerecht zu bestimmen (BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 41 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 ff, RdNr 135, 138). Es unterscheidet aber zwischen diesen verschiedenen Bedürfnissen, wie zB der hier umstrittenen Erstausstattung für eine Wohnung bzw Unterkunft und anderen Bedürfnissen, wie der Teilnahme am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.

20

Ausgehend von diesen Voraussetzungen besteht kein Anspruch auf ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung einer Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II. Aus den entgegenstehenden Aussagen in Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (vgl neben dem hier angefochtenen Urteil: LSG Berlin-Brandenburg vom 7.10.2009 - L 18 AS 2221/07 - RdNr 19; Schleswig-Holsteinisches LSG vom 9.12.2009 - L 9 SO 5/09; SG Frankfurt am Main vom 28.5.2009 - S 17 AS 388/06 - und - S 17 AS 87/08 -) und der Literatur (Bender in Gagel, SGB II, SGB III, § 23 RdNr 64; O. Loose in GK-SGB II, § 23 RdNr 38.1; Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, Loseblatt, II.8.81; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 23 RdNr 352; Münder in Lehr- und Praxiskommentar SGB II, 3. Aufl 2009, § 23 RdNr 30; Wieland in Estelmann, SGB II, § 23 RdNr 32) folgt nichts anderes.

21

Denn eine Begründung, warum ein Fernsehgerät Teil der Erstausstattung einer Wohnung ist und dem Bedürfnis "Wohnen“ dient und nicht nur ein in über 90 % aller Wohnungen anzutreffender Gegenstand ist, der anderen Zwecken dient, wird weder in der genannten Rechtsprechung noch Literatur angeführt. Um Teil der Erstausstattung einer Wohnung zu sein, genügt es - entgegen dem LSG - gerade nicht, dass es sich um einen "wohnraumbezogenen Ausstattungsgegenstand" handelt, der Beziehungen zu Umwelt, Informationsdeckung und Teilhabe am kulturellen Leben ermöglicht. Denn ein Fernsehgerät dient - selbst unter dem Aspekt der Üblichkeit in unteren Einkommensgruppen - nicht einem an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientierten "Wohnen“ iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II, sondern der Befriedigung von Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen.

22

Die mangelnde Unterscheidung zwischen dem Bedarf an einer Erstausstattung für Wohnung nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II und anderen existenziellen Bedürfnissen liegt auch den Überlegungen des LSG zugrunde, wenn es die Gewährung eines Fernsehgerätes mit der Verhinderung einer Ausgrenzung und der Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung begründen will. Denn mit der Verneinung eines Anspruchs auf ein Fernsehgerät im Rahmen der Erstausstattung wird keine Aussage über einen Anspruch auf ein solches Gerät nach § 23 Abs 1 SGB II als Darlehen getroffen.

23

Diese Entscheidung steht nicht im Widerspruch zum Urteil des 4. Senats des BSG vom 19.2.2009, der im Rahmen eines Rechtsstreits über die Höhe der Kosten der Unterkunft und die Übernahme der Kosten für einen Breitbandkabelanschluss ausgeführt hat: "Fernsehen und Radiohören gehören heute zu den in allen Gesellschaftsschichten standardmäßig genutzten Informationsquellen. Rund 36 Millionen Haushalte haben zu Hause Fernsehen, was einer Ausstattung von 95 Prozent der Bevölkerung Deutschlands entspricht (vgl …). Die Einrichtung eines Zugangs hierzu ist üblicher Wohnstandard, dem sich der Mieter in den seltensten Fällen entziehen kann …" (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 18). Die Kosten wurden nicht übernommen, weil Fernsehen ein Teil des Wohnens ist, sondern weil ohne Übernahme dieser Kosten ggf keine Wohnung zu finden ist und sie damit angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.