Bundessozialgericht Urteil, 11. Dez. 2014 - B 11 AL 3/14 R

published on 11/12/2014 00:00
Bundessozialgericht Urteil, 11. Dez. 2014 - B 11 AL 3/14 R
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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. November 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug).

2

Die Klägerin ist Ärztin. Sie betreibt eine auf Naturheilverfahren ausgerichtete privatärztlich Praxis. 2005 und 2007 wurde den Arbeitnehmern des Betriebs Kug gewährt, nachdem Arbeitsausfälle wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der Klägerin angezeigt worden waren. Im Mai 2009 zeigte sie als Arbeitgeberin für die Zeit vom 27.5. bis 21.6.2009 erneut einen Arbeitsausfall wegen ihrer "akuter Erkrankung" an.

3

Die Beklagte erließ den negativen Anerkennungsbescheid vom 22.6.2009. Aus der Anzeige ergebe sich nicht, dass die Kurzarbeit auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruhe. Die Erkrankung einer Ärztin gehöre zum Betriebsrisiko und erfülle nicht die Voraussetzungen für einen Anspruch der in der Praxis beschäftigten Arbeitnehmer auf Kug. Die Klägerin erhob Widerspruch, mit dem sie darauf hinwies, es handle sich um eine Krebserkrankung. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 2.7.2009).

4

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts vom 21.4.2010; Urteil des Landessozialgerichts vom 28.11.2013). Das LSG hat seine Entscheidung damit begründet, die Gewährung von Kug setze einen Arbeitsausfall voraus, der - hier - auf einem unabwendbaren Ereignissen beruhe. Ein solches liege nicht vor, denn darunter seien nur von außen auf den Betrieb einwirkende und von ihm nicht abwendbare Umstände zu verstehen, wie etwa ein Unglücksfall. Bei der aufgetreten Krebserkrankung der Klägerin habe es sich dagegen um ein innerbetriebliches Ereignis gehandelt, das vor allem Freiberufler treffen könne und das nicht durch Kug abgesichert sei.

5

Mit der Revision verfolgt die Klägerin das Ziel weiter, die Beklagte zum Erlass eines positiven Anerkennungsbescheids zu verurteilen. Sie wiederholt und vertieft ihren Standpunkt, dass ihre Krebserkrankung als unabwendbares Ereignis für den Arbeitsausfall in der Praxis anzuerkennen sei. Gerade für Freiberufler stelle es ein wesentliches Risiko dar, zu erkranken. Die Betriebe vom Freiberuflern seien typischerweise von der Anwesenheit des Inhabers abhängig, während sie kaum von anderen Risiken wie Witterung, Brand oder technischen Ausfällen betroffen seien. Dieses Risiko habe sich bei ihr verwirklicht.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. November 2013 sowie das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 21. April 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 22. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juli 2009 zu verurteilen, das Vorliegen eines erheblichen Arbeitsausfalls und der betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld durch Anerkennungsbescheid festzustellen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das von der Klägerin angegriffene Urteil des LSG.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin, die in zulässiger Weise die Rechte der Arbeitnehmer ihres Betriebs auf Kug im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft geltend macht (BSG Urteil vom 14.9.2010 - B 7 AL 21/09 R - SozR 4-4300 § 173 Nr 1 RdNr 23), ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz).

10

Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der negative Anerkennungsbescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Aufgrund des angezeigten Sachverhalts hat kein erheblicher Arbeitsausfall vorgelegen.

11

Nach § 169 S 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der ab 1.1.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I S 2848, im Folgenden: SGB III aF) setzt der Anspruch auf Kug ua voraus, dass ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt (Nr 1), die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind (Nr 2), die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind (Nr 3) und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist (Nr 4). Erheblich ist ein Arbeitsausfall nach § 170 Abs 1 Nr 1 SGB III aF, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Ein unabwendbares Ereignis liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitsausfall auf ungewöhnlichen, dem üblichen Witterungsverlauf nicht entsprechenden Witterungsgründen beruht (§ 170 Abs 3 S 1 SGB III aF). Ein unabwendbares Ereignis liegt auch vor, wenn ein Arbeitsausfall durch behördliche oder behördlich anerkannte Maßnahmen verursacht ist, die vom Arbeitgeber nicht zu vertreten sind (§ 170 Abs 3 S 2 SGB III aF ).

12

Ein Arbeitsausfall aus wirtschaftlichen Gründen hat offensichtlich nicht vorgelegen. Der Arbeitsausfall hat, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, auch nicht auf einem "unabwendbaren Ereignis" beruht. Der Umstand, dass die Klägerin als Arbeitgeberin der Arztpraxis so schwer erkrankt ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Arbeit nicht fortführen konnten, ist kein "unabwendbares Ereignis" iS des § 170 Abs 3 SGB III aF.

13

Unter einem "unabwendbaren Ereignis" war schon nach der Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf zum Arbeitsförderungsgesetz (AFG) "jedes objektiv feststellbare Ereignis, das auch durch äußerste, nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt nicht abzuwenden war" zu verstehen (BT-Drucks V/2291 S 70 zu § 59 Abs 1 Nr 1). Dieses Begriffsverständnis hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts übernommen (BSG Urteil vom 21.2.1991 - 7 RAr 20/90 - DBlR 3827, AFG/§ 64). Danach muss es sich bei dem unabwendbaren Ereignis zwar nicht unbedingt um einen allgemeinen Notstand handeln. Vielmehr können unter den Begriff auch Vorkommnisse fallen, die auf menschlicher Tätigkeit beruhen oder mitberuhen. Dennoch solle mit der Versicherungsleistung Kug nicht das gesamte Betriebs- und Wirtschaftsrisiko von der Solidargemeinschaft übernommen werden. Neben den im Gesetz genannten ungewöhnlichen Witterungsverhältnissen oder behördlichen Maßnahmen ist zum Beispiel an Unglücksfälle oder notstandsähnliche Situationen zu denken (vgl Mutschler in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III 5. Aufl 2013 § 96 RdNr 35).

14

Die Konkretisierung des Begriffs, der in § 170 Abs 3 SGB III aF anhand von Regelbeispielen erläutert wird, legt nahe, dass es sich um ein zeitlich begrenztes, außergewöhnliches und von außen auf den Betrieb einwirkendes Geschehen handeln muss, das den Betrieb vergleichbar den äußeren Witterungsereignissen trifft(BSG Urteil vom 15.12.2005 - B 7a AL 10/05 R - BSGE 96, 14 = SozR 4-4300 § 170 Nr 1). Unter den Begriff können auch Vorkommnisse fallen, die auf menschlicher Tätigkeit beruhen oder mitberuhen (Abschneiden der Stromversorgung). Da aber mit Kug als Leistung der aktiven Arbeitsförderung (§ 3 Abs 3 Nr 5, Abs 4 Nr 4 SGB III) nicht das gesamte Betriebs- und Wirtschaftsrisiko auf die Solidargemeinschaft übernommen wird, muss es sich um ein zeitlich begrenztes, außergewöhnliches und von außen auf den Betrieb einwirkendes Geschehen handeln. Eine rein innerbetriebliche Entwicklung genügt nicht (vgl BSG Urteil vom 15.12.2005 - B 7a AL 10/05 R - BSGE 96, 14 = SozR 4-4300 § 170 Nr 1), auch wenn sie - wie eine Krankheit - unabwendbar sein mag.

15

Für dieses Begriffsverständnis spricht auch die Regelung des § 173 Abs 2 S 2 SGB III aF. Danach gilt die Anzeige eines Arbeitsausfalls, der auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, als für den entsprechenden Kalendermonat erstattet, wenn sie "unverzüglich" erstattet worden ist. Unter "unverzüglich" wird regelmäßig ein Handeln ohne schuldhaftes Zögern nach dem Wiedereintritt der Handlungsfähigkeit verstanden. Das setzt voraus, dass "Ereignis" in diesem Sinne ein Geschehen ist, das zeitlich abgrenzbar auftritt. Anderenfalls ließe sich nicht feststellen, ob der Arbeitsausfall "unverzüglich" angezeigt worden ist.

16

Auch die mit dem Kug verfolgten Zwecke gebieten eine Absicherung des Krankheitsrisikos des Arbeitgebers durch die Zahlung von Kug an die im Betrieb Beschäftigten nicht. Zweck des Kug ist es, in den gesetzlich näher bestimmten Situationen die Arbeitsverhältnisse im Betrieb trotz Arbeitsausfalls zu stabilisieren. Die Leistung sichert den Arbeitnehmern für die Dauer des Arbeitsausfalls ihre Arbeitsplätze. Sie kommt auch den Arbeitgebern zu Gute, die einerseits von der Pflicht zur Zahlung des Arbeitsentgelts freigestellt sind und denen dennoch die eingearbeitete Belegschaft erhalten bleibt. Die Leistung dient schließlich der Versichertengemeinschaft, die von der Inanspruchnahme von Leistungen nach Eintritt von Arbeitslosigkeit entlastet wird (Mutschler in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III 5. Aufl 2013 § 95 RdNr 12 mwN). Diese Ziele stehen in einem Spannungsverhältnis zum Betriebs- und Wirtschaftsrisiko des Unternehmers, das durch die Leistung nicht in vollem Umfang auf die Solidargemeinschaft verlagert werden darf (vgl Mutschler aaO; "Vermeidung von ungerechtfertigter Subventionierung" so: Kühl in Brand SGB III 6. Aufl 2012 § 95 RdNr 7). Die Verwirklichung solcher Risiken, die der wirtschaftlichen Betätigung von vornherein innewohnen und die anders als die beispielhaft genannten ungewöhnlichen Witterungsereignisse oder behördlichen Maßnahmen nicht von außen auf den Betrieb einwirken, sind deshalb nicht als unabwendbares Ereignis anzusehen.

17

Das Betriebsrisiko verbleibt beim Unternehmer, soweit die in die Betriebsorganisation eingebundenen Personen, sowohl solche mit Arbeitgeberfunktion als auch Arbeitnehmer, erkranken und deshalb ihre für den Betriebsablauf notwendigen Tätigkeiten nicht mehr verrichten können. Dabei ist für die eintretende Störung des Betriebsablaufs nicht die jeweilige Erkrankung entscheidend, sondern erst die von ihr hervorgerufene Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeitsunfähigkeit erwerbstätiger Menschen ist aber nicht atypisch, sondern Teil des allgemeinen Lebens- und damit auch des Betriebsrisikos (vgl auch § 170 Abs 4 S 2 Nr 1 SGB III aF).

18

Zwar macht die Klägerin geltend, die Produktivität des Betriebs eines Freiberuflers sei typischerweise von dessen persönlicher Anwesenheit abhängig und sein krankheitsbedingter Ausfall sei deshalb ein Risiko, das für solche Betriebe viel stärker ins Gewicht falle als andere Risiken. Die Schwierigkeit, die sich aus einer solchen betrieblichen Struktur für den Fall der Erkrankung des Arbeitgebers ergeben, rechtfertigt aber nicht den Schluss, das Erkrankungsrisiko eines Freiberuflers sei mit Kug auszugleichen. Die Erkrankung eines in eigener Praxis tätigen Selbständigen oder Freiberuflers ist kein von außen auf den "Betrieb" einwirkendes Ereignis, sondern ist ein der selbständigen freiberuflichen Betätigung von Anfang an innewohnendes Risiko, also ein innerbetriebliches Ereignis. Folgerichtig gibt es für die Absicherung solcher Risiken privatwirtschaftliche Angebote, wie eine Betriebsunterbrechungsversicherung. Die Klägerin hat zwar behauptet, eine solche Absicherung sei ihr wegen Vorerkrankungen nicht möglich gewesen. Das LSG hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Die Frage kann hier aber dahingestellt bleiben, denn sie beleuchtet nur, dass Krankheit ein Risiko darstellt, das der Gesetzgeber typisierend als Grund für die Anordnung von Versicherungspflicht ansieht (§ 5 SGB V) und dessen Absicherung er allgemein als erforderlich ansieht. Die Notwendigkeit, das Betriebsrisiko "Krankheit des Unternehmers" zu finanzieren, eröffnet auch deshalb nicht den Zugang zur Versicherungsleistung "Kurzarbeitergeld".

19

Nach allem ist die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin infolge einer Krebserkrankung kein "unabwendbares Ereignis" iS des § 170 Abs 1 Nr 1 Alt 2 SGB III aF. Deshalb kann hier dahinstehen, ob daran festzuhalten ist, dass eine durch ein zeitlich abgrenzbares äußeres Ereignis, zB eine durch Unfall verursachte Arbeitsunfähigkeit, anders zu beurteilen wäre (vgl dazu BSG Urteil vom 21.2.1991 - 7 RAr 20/90).

20

Im Übrigen lässt sich die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge auch nicht auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes stützen. Die früheren, rechtswidrig begünstigenden Bewilligungen von Kug schaffen keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass an der rechtswidrigen Praxis in Zukunft festgehalten wird.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

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Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Soweit die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vor Antragstellung auf Insolvenzgeld Ansprüche auf Arbeitsentgelt einem Dritten übertragen hat, steht der Anspruch auf Insolvenzgeld diesem zu.

(2) Von einer vor dem Antrag auf Insolvenzgeld vorgenommenen Pfändung oder Verpfändung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt wird auch der Anspruch auf Insolvenzgeld erfasst.

(3) Die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte erlöschen, wenn die Ansprüche auf die Bundesagentur übergegangen sind und diese Insolvenzgeld an die berechtigte Person erbracht hat.

(4) Der neue Gläubiger oder Pfandgläubiger hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die ihm vor dem Insolvenzereignis ohne Zustimmung der Agentur für Arbeit zur Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte übertragen oder verpfändet wurden. Die Agentur für Arbeit darf der Übertragung oder Verpfändung nur zustimmen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte ein erheblicher Teil der Arbeitsstellen erhalten bleibt.

(1) Leistungen der Arbeitsförderung sind Leistungen nach Maßgabe des Dritten und Vierten Kapitels dieses Buches.

(2) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sind Leistungen nach Maßgabe des Dritten Kapitels dieses Buches und Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung.

(3) Leistungen der aktiven Arbeitsförderung sind Ermessensleistungen mit Ausnahme

1.
des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach § 45 Absatz 7,
2.
der Berufsausbildungsbeihilfe während der ersten Berufsausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme,
3.
der Leistung zur Vorbereitung auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme,
4.
der Weiterbildungskosten zum nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses, des Hauptschulabschlusses oder eines gleichwertigen Schulabschlusses,
5.
des Kurzarbeitergeldes bei Arbeitsausfall,
6.
des Wintergeldes,
7.
der Leistungen zur Förderung der Teilnahme an Transfermaßnahmen,
8.
der besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und
9.
des Arbeitslosengeldes bei beruflicher Weiterbildung.

(4) Entgeltersatzleistungen sind

1.
Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit und bei beruflicher Weiterbildung,
2.
Teilarbeitslosengeld bei Teilarbeitslosigkeit,
3.
Übergangsgeld bei Teilnahme an Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben,
4.
Kurzarbeitergeld bei Arbeitsausfall,
5.
Insolvenzgeld bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.

(1) Wer Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld bezieht und von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist (§ 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, § 231 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches), hat Anspruch auf

1.
Übernahme der Beiträge, die für die Dauer des Leistungsbezugs an eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe oder an ein Versicherungsunternehmen zu zahlen sind, und
2.
Erstattung der von der Leistungsbezieherin oder vom Leistungsbezieher für die Dauer des Leistungsbezugs freiwillig an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlten Beiträge.
Freiwillig an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlte Beiträge werden nur bei Nachweis auf Antrag der Leistungsbezieherin oder des Leistungsbeziehers erstattet.

(2) Die Bundesagentur übernimmt höchstens die von der Leistungsbezieherin oder dem Leistungsbezieher nach der Satzung der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung geschuldeten oder im Lebensversicherungsvertrag spätestens sechs Monate vor Beginn des Leistungsbezugs vereinbarten Beiträge. Sie erstattet höchstens die von der Leistungsbezieherin oder dem Leistungsbezieher freiwillig an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlten Beiträge.

(3) Die von der Bundesagentur zu übernehmenden und zu erstattenden Beiträge sind auf die Höhe der Beiträge begrenzt, die die Bundesagentur ohne die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Dauer des Leistungsbezugs zu tragen hätte. Die Leistungsbezieherin oder der Leistungsbezieher kann bestimmen, ob vorrangig Beiträge übernommen oder erstattet werden sollen. Trifft die Leistungsbezieherin oder der Leistungsbezieher keine Bestimmung, sind die Beiträge in dem Verhältnis zu übernehmen und zu erstatten, in dem die von der Leistungsbezieherin oder dem Leistungsbezieher zu zahlenden oder freiwillig gezahlten Beiträge stehen.

(4) Die Leistungsbezieherin oder der Leistungsbezieher wird insoweit von der Verpflichtung befreit, Beiträge an die Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung oder an das Versicherungsunternehmen zu zahlen, als die Bundesagentur die Beitragszahlung für sie oder ihn übernommen hat.

(1) Soweit die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vor Antragstellung auf Insolvenzgeld Ansprüche auf Arbeitsentgelt einem Dritten übertragen hat, steht der Anspruch auf Insolvenzgeld diesem zu.

(2) Von einer vor dem Antrag auf Insolvenzgeld vorgenommenen Pfändung oder Verpfändung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt wird auch der Anspruch auf Insolvenzgeld erfasst.

(3) Die an den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bestehenden Pfandrechte erlöschen, wenn die Ansprüche auf die Bundesagentur übergegangen sind und diese Insolvenzgeld an die berechtigte Person erbracht hat.

(4) Der neue Gläubiger oder Pfandgläubiger hat keinen Anspruch auf Insolvenzgeld für Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die ihm vor dem Insolvenzereignis ohne Zustimmung der Agentur für Arbeit zur Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte übertragen oder verpfändet wurden. Die Agentur für Arbeit darf der Übertragung oder Verpfändung nur zustimmen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch die Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte ein erheblicher Teil der Arbeitsstellen erhalten bleibt.

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist,
3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte,
4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes,
5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen,
6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht,
7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind,
8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen,
10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt,
11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren,
11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend,
11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch
a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder
b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
erfüllen und diese beantragt haben; dies gilt nicht für Personen, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder die Voraussetzungen der Nummer 11,
12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben,
13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und
a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder
b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für

1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder
2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.

(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.

(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.

(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:

1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden,
2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.

(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.

(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.

(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.

(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.

(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.

(10) nicht belegt

(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.