Bundessozialgericht Beschluss, 12. Juli 2018 - B 10 EG 16/17 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:120718BB10EG1617B0
bei uns veröffentlicht am12.07.2018

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 15. Juni 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin wehrt sich in der Hauptsache gegen die endgültige Festsetzung ihres Elterngelds und eine entsprechende Rückforderung.

2

Der Beklagte gewährte der Klägerin vorläufig Elterngeld für ihre am 30.6.2010 geborene Tochter auf der Grundlage ihres Einkommens als selbstständige Fotografin im Kalenderjahr 2009. Im Wege der endgültigen Festsetzung senkte der Beklagte das Elterngeld auf den Sockelbetrag von 300 Euro monatlich ab und forderte bereits gezahltes Elterngeld in Höhe von 13 559,60 Euro zurück. Die Einnahmen der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit seien mit den Verlusten aus der von ihr - gemeinsam mit ihrem Ehemann - betriebenen Photovoltaikanlage zu verrechnen. Sie habe deshalb im Ergebnis im Bemessungszeitraum kein Einkommen erzielt (Bescheid vom 6.11.2012, Widerspruchsbescheid vom 19.2.2013).

3

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (SG-Urteil vom 14.4.2015, Berufungsurteil vom 15.6.2017). Das LSG hat ausgeführt, die Klägerin habe im Bemessungszeitraum keinen Gewinn erzielt, weil die aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage entstandenen steuerlichen Verluste den Gewinn aus ihrem Fotostudio überstiegen hätten.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt.

5

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig.

6

1. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil die behauptete grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

7

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

8

Wer, wie die Klägerin, mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall der Verfassungsverstoß ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden (Senatsbeschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - Juris RdNr 7 mwN).

9

Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

10

Die Beschwerde hält es für klärungsbedürftig,

        

"ob der Ausgleich von mehreren unabhängig voneinander erzielten Einkünften innerhalb der Einkunftsart 'Einkünfte aus Gewerbebetrieb' (horizontaler Verlustausgleich) gem. § 2 Abs. 8 BEEG a.F. im Hinblick auf den nicht zu erfolgenden Verlustausgleich von mehreren Einkunftsarten (vertikaler Verlustausgleich) eine Ungleichbehandlung von Gewerbetreibenden gegenüber Nichtselbstständigen darstellt."

11

Insoweit legt sie aber bereits nicht dar, welche Regelung über den Ausgleich von Verlusten zwischen verschiedenen Einkunftsarten § 2 Abs 8 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG -(in der hier anwendbaren Fassung vom 28.3.2009) überhaupt enthält. Die Vorschrift bestimmt, wie das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit zu ermitteln ist, und zwar als Gewinn abzüglich Steuern und ggf Sozialversicherungsbeiträgen. Den Ausschluss des Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkunftsarten - sog vertikaler Verlustausgleich - (vgl Senatsurteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R - BSGE 122, 102 = SozR 4-7837 § 2b Nr 3 RdNr 26 mwN) regelt nicht diese Vorschrift, sondern der von der Beschwerde nicht zitierte § 2 Abs 1 S 2 BEEG. Er definiert als Einkommen die Summe der positiven Einkünfte der verschiedenen steuerrechtlichen Einkunftsarten unter Bezug auf das Einkommensteuergesetz. Auch insoweit legt die Beschwerde aber schon nicht hinreichend substantiiert dar, worin die Ungleichbehandlung der von ihr so bezeichneten Gewerbetreibenden mit abhängig Beschäftigten liegen sollte. Der Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs gilt im Elterngeldrecht für alle Einkunftsarten gleichermaßen. Andererseits ist die Berücksichtigung von Verlusten einschließlich des Verlustausgleichs innerhalb derselben Einkunftsart möglich (Senatsurteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 15 mwN). Sollte es der Beschwerde um eine ungleiche Behandlung von Eltern mit Mischeinkünften einerseits und Einkünften lediglich aus abhängiger Beschäftigung andererseits gehen, hätte sie dies klar zum Ausdruck bringen und sich hieran anschließend mit der Rechtsprechung des Senats befassen müssen, die davon ausgeht, dass die unterschiedliche Behandlung der Einkommen aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit im BEEG den Besonderheiten dieser Einkommensarten geschuldet ist (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 18/11 R - Juris RdNr 22 ff mwN). Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, das tatsächlich und rechtlich Gemeinte aus der unklaren oder mehrdeutigen Formulierung der Beschwerdebegründung herauszuarbeiten.

12

Unabhängig davon setzt sich die Beschwerde auch nicht hinreichend mit den Gründen für den Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs bei der Elterngeldberechnung auseinander. Nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (vgl dazu zuletzt BVerfG Beschluss vom 6.6.2018 - 1 BvR 1375/14 ua - Juris RdNr 75 mwN), sollen dadurch einerseits bei der Einkommensermittlung vor der Geburt Verluste beispielsweise aus selbstständiger Arbeit nicht das Elterngeld reduzieren oder ausschließen, das für ein daneben erzieltes Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zusteht. Andererseits sollen bei der Einkommensermittlung nach der Geburt steuerrechtlich zulässige Gestaltungsoptionen nicht den Bezug eines deutlich erhöhten Elterngelds ermöglichen (BEEG-Entwurf, BT-Drucks 16/2785 S 37). Die Beschwerde führt nichts dazu aus, ob diese gesetzgeberischen Gründe die von Art 3 Abs 1 GG geforderte hinreichende Rechtfertigung für eine - von ihr ohnehin nicht substantiiert dargelegte - Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem enthalten (vgl Senatsurteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 5/15 R - BSGE 122, 102 = SozR 4-7837 § 2b Nr 3 RdNr 34 ff mwN).

13

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

14

2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

15

3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

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Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit


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(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkomme

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 21. Januar 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

In der Hauptsache begehrt die Klägerin Versorgung mit Medikamenten zur Empfängnisverhütung bzw Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen für die Zeit vom 29.4.2012 bis 4.9.2013. Bei der Klägerin ist nach Misshandlungen im Kindesalter eine Funktionsschädigung des Gehirns mit Entwicklung von geistiger und seelischer Behinderung als Schädigungsfolge mit einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 70 anerkannt.

2

Die Versorgung mit Empfängnisverhütungsmitteln lehnte zunächst die Beigeladene und sodann der Beklagte ab (Bescheid vom 16.4.2012; Widerspruchsbescheid vom 8.8.2012). Das SG hat die Klage abgewiesen ua unter Hinweis darauf, die streitigen Mittel gehörten nicht zum Leistungskatalog des § 10 Abs 6 Bundesversorgungsgesetz (BVG)(Urteil vom 4.9.2013). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt, ein Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln bestehe nicht. Der Leistungskatalog des Beklagten werde jedenfalls begrenzt durch die Leistungen, die die Krankenkasse ihren Mitgliedern zu erbringen verpflichtet sei. Nach Vollendung des 20. Lebensjahres - wie hier - bestehe kein Anspruch, auch nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung. Eine Ausnahme bestehe auch nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Insoweit kämen Grundsicherungsleistungen in Betracht. Auch unter Krankenbehandlungsgesichtspunkten sei eine Leistungspflicht nicht zu begründen. Denn die geltend gemachten möglichen psychischen Belastungen einer ungewollten Schwangerschaft entsprächen einem abstrakten Erkrankungsrisiko und stellten kein ernsthaftes konkretes Risiko des alsbaldigen Eintritts eines psychischen Schadens dar, welches einen Anspruch auf vorsorgende Krankenbehandlung auslösen könnte. Anhaltspunkte für Härteleistungen bestünden ebenfalls nicht (Urteil vom 21.1.2016).

3

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und macht die grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

5

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG)beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

6

Die Klägerin wirft als Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf, ob ihr, geboren 1992, nach den Vorschriften des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) iVm BVG die Versorgung mit Empfängnisverhütungsmitteln zustehe. Es ist schon zweifelhaft, ob damit eine Rechtsfrage mit Breitenwirkung aufgeworfen oder lediglich das einzelfallbezogene Anliegen der Klägerin umschrieben ist. Aber auch wenn der Beschwerdebegründung insoweit eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage zur Altersgrenze oder zur Höhe des Einkommens als Voraussetzung für eine Versorgung mit Empfängnisverhütungsmitteln entnommen wird, zeigt die Klägerin den Klärungsbedarf nicht auf. Sie beschäftigt sich schon im Ansatz nicht mit dem nach dem OEG (§ 1 Abs 1 S 1 OEG) entsprechend anwendbaren einfachgesetzlichen Konzept der §§ 10, 11 BVG, das für Art und Umfang der Heilbehandlung grundsätzlich auf den Leistungskatalog des SGB V verweist(§ 11 Abs 1 S 2 BVG)und damit die versorgungsrechtliche Grundentscheidung konkretisiert, Gewaltopfern ebenso wenig wie Kriegsbeschädigten vollen Schadensersatz zuzubilligen (BSGE 86, 253 - SozR 3-3100 § 18 Nr 5). Sie beschäftigt sich ebenso wenig damit, ob und inwieweit für die Leistungen zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten sowie Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft, zur Gesundheitsförderung, Prävention und Selbsthilfe (§ 10 Abs 6 S 1 und 2 BVG) hiervon ausgehend etwas anderes gelten könnte (vgl § 10 Abs 6 S 3 BVG). Soweit die Beschwerdebegründung in diesem Kontext auf Petitionen verweist, die den Bundestag auffordern, dauerhaft und bundesweit eine einheitliche Regelung mit Rechtsanspruch zu schaffen für die genannten Personengruppen auch ab dem vollendeten 20. Lebensjahr, stellt sie sich im Gegenteil sogar auf den Standpunkt, dass eine einfachgesetzliche Regelung zu ihren Gunsten gar nicht vorhanden ist.

7

Auch mit dem Hinweis auf einen möglichen Grundrechtsverstoß zeigt die Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend auf. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht oder sich auf die Verfassungswidrigkeit der höchstrichterlichen Auslegung einer Vorschrift beruft, darf sich dabei aber nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfach gesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden. Dabei ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten und in willkürlicher Weise verletzt hat (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 58 mwN). Eine solche gründliche Erörterung der höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung lässt die Beschwerde vermissen. Insbesondere beschäftigt sie sich nicht mit der Rechtsprechung, die die für Gewaltopfer entsprechend geltende Begrenzung der Krankenbehandlung Kriegsbeschädigter auf das Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung für verfassungsrechtlich unbedenklich hält (BSG Urteil vom 10.12.2003 - B 9 V 12/02 R).

8

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

9

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

10

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 23. April 2015 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den richtigen Bemessungszeitraum und die Höhe des Elterngelds für die am 15.11.2013 geborene Tochter der Klägerin.

2

Die Klägerin ist Finanzbeamtin. Nach der Geburt ihres ersten Kindes am 28.10.2011 bezog sie bis zum 27.10.2012 Elterngeld. Daneben übte sie ein halbes Jahr lang - vom 1.4. bis 20.10.2012 - eine gewerbliche Tätigkeit als Vertreterin für Tupperware aus, erzielte damit aber nur negative Einkünfte (Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012).

3

Nachdem die Klägerin aus ihrer ersten Elternzeit in ihren Beruf zurückgekehrt war, arbeitete sie wieder als Finanzbeamtin. Zudem war sie nebenberuflich geringfügig abhängig beschäftigt. Im November 2013 gebar sie ihr zweites Kind.

4

Die Beklagte bewilligte der Klägerin nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihres zweiten Kindes in Höhe von 152,32 Euro für den 2. und je 1180,44 Euro für den 3. bis 12. Monat (Bescheid vom 6.2.2014). Dabei rechnete sie beamtenrechtliche Bezüge in der Zeit des Beschäftigungsverbotes nach der Entbindung an. Als Bemessungszeitraum legte die Beklagte das Kalenderjahr 2011 zugrunde.

5

Mit ihrem Widerspruch verlangte die Klägerin stattdessen, als Bemessungszeitraum die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes heranzuziehen.

6

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück. Wegen der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin im Jahr 2012, dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum, sei als Bemessungszeitraum grundsätzlich das Kalenderjahr 2012 maßgeblich. Da die Klägerin aber im Jahr 2012 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen habe, sei zu ihren Gunsten der Veranlagungszeitraum für das Jahr 2011 zugrunde gelegt worden (Widerspruchsbescheid vom 10.3.2014).

7

Das SG hat die Klage abgewiesen. Dass die Klägerin im Jahr 2012 lediglich negative Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit erzielt habe, hindere nicht die Anwendung des § 2b Abs 3 BEEG (Gerichtsbescheid vom 14.5.2014).

8

Das LSG hat den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 15.11.2013 bis 14.11.2014 höheres Elterngeld unter Zugrundelegung des in den Monaten November 2012 bis Oktober 2013 erzielten Einkommens zu gewähren. § 2b Abs 3 S 1 BEEG sei nicht anzuwenden, weil die Klägerin im Kalenderjahr 2012 lediglich negative Einkünfte erzielt habe(Verweis auf B 10 EG 2/12 R, B 10 EG 4/13 R zu § 2 Abs 9 S 1 BEEG idF vom 5.12.2006 - BGBl I 2748). Der Gesetzeszweck einer Verwaltungsvereinfachung gelte nicht uneingeschränkt, sondern nur in Fällen, in denen die Bezugnahme auf den letzten Veranlagungszeitraum typischerweise zu sachgerechten Ergebnissen führe. Er werde nicht vereitelt, wenn sich ohne weitere Ermittlungen unmittelbar aus dem Steuerbescheid ergebe, dass aus der selbstständigen Arbeit nur Verluste erzielt worden seien, und in diesen Fällen auf die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes als Bemessungszeitraum zurückgegriffen werde (Urteil vom 23.4.2015).

9

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, § 2b Abs 2 S 2 und Abs 3 S 2 BEEG ließen keinen Raum für weitere Ausnahmeregelungen aus Billigkeitsgründen. Die vom LSG vorgeschlagene Lösung stehe im Widerspruch zum Wortlaut der Norm und zum gesetzgeberischen Ziel der Verwaltungsvereinfachung. Dieses würde verfehlt, wenn bereits bei der Festlegung des Bemessungszeitraums eine aufwändige Gewinnermittlung erforderlich wäre. Das in Bezug genommene Urteil des BSG beziehe sich auf die alte Rechtslage und sei auf die Neuregelung des § 2b BEEG nicht übertragbar.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 23. April 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Mai 2014 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie verweist auf die Ausführungen des LSG, die sie für zutreffend hält.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne einer Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung des Rechtsstreits begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

14

1. Streitgegenstand ist der Elterngeldbescheid der Beklagten vom 6.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.3.2014. Die Klägerin wendet sich dagegen zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auf Gewährung höheren Elterngelds (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG), die sich auf den Erlass eines Grundurteils iS des § 130 Abs 1 SGG richtet(vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 14 mwN; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 2/13 R - Juris).

15

2. Die Revision der Beklagten hat im Sinne einer Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung des Rechtsstreits Erfolg. Die Klägerin kann dem Grunde nach Elterngeld beanspruchen (dazu 3.). Sie kann jedoch nicht verlangen, dass die Beklagte das Elterngeld nach Maßgabe ihres Einkommens in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihres Kindes bemisst. Die Beklagte hat bei der Bemessung des Elterngelds der Klägerin vielmehr zu Recht deren Einkünfte aus einem vorangegangenen Kalenderjahr zugrunde gelegt (dazu 4.). Für eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Beklagte den Bemessungszeitraum zu Recht vom Steuerjahr 2012 auf das Steuerjahr 2011 verschoben hat, fehlen jedoch Feststellungen (dazu 5.).

16

3. Die Klägerin kann dem Grunde nach Elterngeld beanspruchen, weil sie im Anspruchszeitraum die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 Nr 1 bis 4 BEEG(in der Ursprungsfassung vom 5.12.2006 - BGBl I 2748 - aF -) erfüllt hat. Nach den für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG hatte sie im Bezugszeitraum des Elterngelds ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit ihrer Tochter, die sie selbst betreute und erzog, und übte zumindest keine volle Erwerbstätigkeit iS von § 1 Abs 6 BEEG aus.

17

4. Entgegen der Ansicht des LSG kann die Klägerin jedoch nicht verlangen, dass die Beklagte das Elterngeld nach § 2b Abs 1 S 1 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 - BGBl I 1878) nach Maßgabe ihres Einkommens in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihres Kindes - von November 2012 bis Oktober 2013 - bemisst. Vielmehr hat die Beklagte als Bemessungszeitraum zutreffend nach § 2b Abs 3 S 1 BEEG iVm § 4a Abs 1 S 2 Nr 3 S 1 Einkommensteuergesetz (EStG) einen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde gelegt.

18

a) Gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG wird das Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat (§ 2 Abs 1 S 1 BEEG). Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich gemäß § 2 Abs 1 S 3 BEEG nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG(Nr 1) sowie Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 EStG(Nr 2), die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs 3 BEEG hat.

19

b) Als Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iS von § 2c BEEG vor der Geburt sind nach § 2b Abs 1 S 1 BEEG die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Abweichend davon ist nach § 2b Abs 3 S 1 2. Alt BEEG der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach § 2b Abs 2 BEEG zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in diesen Zeiträumen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte.

20

Diese Voraussetzungen für die Zurückverlagerung des Bemessungszeitraums erfüllt die Klägerin, weil sie im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt ihres Kindes - dem Jahr 2012 - als Tupperware-Beraterin Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn auch negative, und damit Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte.

21

c) Die rechtliche Einordnung der früheren Tätigkeit der Klägerin als Tupperware-Beraterin als Gewerbebetrieb und damit als selbstständige Erwerbstätigkeit ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten. Bei der Tätigkeit als Tupperware-Beraterin handelt es sich um eine selbstständige nachhaltige Betätigung, welche die Klägerin mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternahm und die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellte (vgl § 15 Abs 2 S 1 EStG). Die Klägerin erbrachte persönlichen Arbeitseinsatz, trug Unternehmerrisiko und zeigte auch Unternehmerinitiative (vgl hierzu BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - Juris). Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne des Steuerrechts handelt es sich elterngeldrechtlich um Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 5 und 28).

22

d) Damit ist der Anwendungsbereich des § 2b Abs 3 BEEG eröffnet. Dieser stellt darauf ab, ob die elterngeldberechtigte Person in den Zeiträumen nach § 2b Abs 1 BEEG (dh grundsätzlich den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes) oder Abs 2 BEEG (dh den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes oder - in bestimmten Fällen - die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen) Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte(§ 2b Abs 3 S 1 BEEG; zu den alternativ maßgeblichen Zeiträumen auch BSG Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 4/15 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR).

23

Anders als die Vorinstanz annimmt, sind von dem Begriff des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" iS des § 2b Abs 3 BEEG auch negative Einkommensbeträge erfasst. Das folgt aus Wortlaut (aa), Systematik (bb) sowie vor allem Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt (cc). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht (dd).

24

(aa) Der Wortlaut von § 2b Abs 3 BEEG stellt darauf ab, ob die berechtigte Person Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte, nicht aber darauf, ob aus dieser Erwerbstätigkeit ein Gewinn erzielt worden ist. Anders als § 2d Abs 1 BEEG idF vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) spricht § 2b Abs 3 BEEG nicht von Gewinneinkünften und anders als in § 2 Abs 1 S 3 iVm § 2d Abs 1 BEEG auch nicht von positiven Einkünften, sondern allgemein von Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Dem Einkommensbegriff des BEEG liegt der steuerrechtliche Einkommensbegriff zugrunde (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes, BT-Drucks 16/2785 S 37; BR-Plenarprotokoll 827 vom 3.11.2006 S 336; BT-Plenarprotokoll 17/184 S 22068; Beschlussempfehlung und Bericht des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drucks 17/9841 S 18). Im Einkommensteuerrecht ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen (§ 2 Abs 4 EStG in der - durch spätere Änderungen des § 2 EStG unberührten - Fassung vom 8.10.2009, BGBl I 3366). Dabei ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs 3 EStG der Gesamtbetrag der Einkünfte die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Abs 3 EStG. Bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit sind Einkünfte der Gewinn iS der §§ 4 bis 7k und 13a EStG(§ 2 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG in der - durch spätere Änderungen des § 2 EStG unberührten - Fassung vom 8.12.2010, BGBl I 1768). Gemäß § 4 Abs 1 S 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Bei Land- und Forstwirten und bei Gewerbetreibenden ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln (§ 4a Abs 1 S 1 EStG). Wirtschaftsjahr ist bei Gewerbetreibenden, deren Firma nicht im Handelsregister eingetragen ist, das Kalenderjahr (§ 4a Abs 1 S 2 Nr 2 und 3 EStG).

25

Da der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres auch negativ sein kann, wenn das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres geringer ausfällt als das Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, kann der Gewinn iS des § 4 Abs 1 S 1 EStG auch negativ sein (sog negativer Gewinn, Verlust). Damit können auch die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG negativ sein. Infolgedessen kann einkommensteuerrechtlich auch das Einkommen iS des § 2 Abs 4 EStG negativ sein (sog Negativeinkommen). Dies gilt wegen der engen Bindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht auch im Rahmen des § 2b BEEG für die Bestimmung des Bemessungszeitraums.

26

(bb) Systematische Erwägungen stehen dieser Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" in § 2b Abs 3 BEEG nicht entgegen. Zwar regelt § 2d Abs 1 BEEG, dass die monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (Gewinneinkünfte), vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG, das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit ergibt. Diese Vorschrift ist jedoch nicht als Legaldefinition zu verstehen, die bereits in die Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b Abs 2, Abs 3 BEEG Eingang finden soll, denn der Gesetzgeber hat die Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b BEEG von der Berechnung der Höhe des Einkommens aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum nach §§ 2c, 2d BEEG systematisch getrennt. Der Elterngeldanspruch wird in drei Stufen ermittelt. Zunächst ist der Bemessungszeitraum zu bestimmen, dh der Zwölfmonatszeitraum oder der abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum, in dem die berechtigte Person dasjenige Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte, welches die Grundlage für die Berechnung der prozentualen Elterngeldleistung bildet (§ 2b BEEG). Anschließend wird die Höhe des Einkommens aus nichtselbstständiger bzw selbstständiger Erwerbstätigkeit berechnet, welches die berechtigte Person im zuvor festgelegten Bemessungszeitraum hatte (§§ 2c, 2d BEEG). Ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten - sog vertikaler Verlustausgleich - findet dabei nicht statt (s insbesondere BT-Drucks 16/2785 S 37 linke Spalte unten zu § 2; Irmen in Hambüchen, Elterngeld/Elternzeit/Kindergeld, Stand Dezember 2009, § 1 BEEG RdNr 85 mwN, § 2 RdNr 21; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, § 2 BEEG RdNr 56). Schließlich sind ggf andere Einnahmen anzurechnen (§ 3 BEEG).

27

Das gesetzliche Anspruchssystem unterscheidet demnach eindeutig zwischen der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b BEEG und der Berechnung der Höhe des Einkommens aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum nach §§ 2c, 2d BEEG. Erst nachdem auf der ersten Stufe der Bemessungszeitraum bestimmt worden ist, kann auf der zweiten Stufe die Höhe des maßgeblichen Bemessungseinkommens vor der Geburt des Kindes berechnet werden. Aus diesem Grund ist der Begriff des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" in § 2b Abs 3 S 1 BEEG nicht deckungsgleich mit demjenigen in § 2d Abs 1 BEEG.

28

Wollte man dagegen bereits bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums eine Prüfung verlangen, ob die berechtigte Person positive Einkünfte hatte, wäre diese Vorschrift - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - kaum sachgerecht zu handhaben. Die Ermittlung der Einkünfte muss sich auf einen Zeitraum beziehen, der im Rahmen des § 2b BEEG erst festgelegt wird. Dafür ist nach dieser Vorschrift zunächst festzustellen, ob die berechtigte Person Einkommen (nur) aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit, (nur) aus selbstständiger Erwerbstätigkeit oder aus beiden Erwerbstätigkeiten hat (sog Mischeinkünfte). Dabei reicht es aus, dass das Einkommen der Art nach aus einer der genannten Erwerbstätigkeiten herrührt. Ein Bemessungszeitraum ließe sich bei alleinigem Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nach neuem Recht überhaupt nicht mehr festlegen, wenn es bereits an dieser Stelle auf Gewinneinkünfte ankäme.

29

(cc) Vor allem aber spricht der Sinn und Zweck der Regelung, wie er sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt, für die vom Senat befürwortete Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" in § 2b Abs 3 BEEG.

30

Die Vorläuferregelung des § 2 Abs 9 S 1 BEEG aF traf Regelungen sowohl zur Bestimmung des Bemessungszeitraums als auch zur Berechnung der Höhe des Einkommens im Bemessungszeitraum. Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) hat der Gesetzgeber § 2 BEEG zur besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit neu strukturiert. Dabei wurden die Regelungen des bisherigen § 2 Abs 7 bis 9 BEEG im Wesentlichen in die neu eingefügten Vorschriften der §§ 2b bis 2f BEEG überführt(BT-Drucks 17/9841 S 17). Es erfolgte eine Trennung der Regelungen zur Bestimmung des Bemessungszeitraums einerseits (§ 2b Abs 3 BEEG) und zur Berechnung der Höhe des Einkommens im Bemessungszeitraum andererseits (§ 2d BEEG). Der in § 2 Abs 9 S 1 BEEG aF verwendete Begriff des "Gewinns" fand dabei nur Eingang in den § 2d BEEG, nicht aber in den § 2b Abs 3 BEEG. Die Bestimmung des Bemessungszeitraums hängt somit nicht mehr davon ab, ob die berechtigte Person aus ihrer Erwerbstätigkeit Gewinn erzielt hat, sondern nur davon, ob sie Einkommen (nur) aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 2b Abs 1 BEEG), (nur) aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 2b Abs 2 BEEG)oder sowohl aus nichtselbstständiger als auch aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte (§ 2b Abs 3 BEEG). Das zuvor bestehende hierarchische Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums für Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mit dem Zwölfmonatszeitraum als Regel und dem letzten Veranlagungszeitraum als Ausnahme hat der Gesetzgeber ersatzlos entfallen lassen (BSG Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR 4-7837 § 2b Nr 1, Juris). Daher ist im Regelungsgefüge des § 2b BEEG ein Einkommen der Art nach gemeint, dh ein Einkommen aus nichtselbstständiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit, und nicht ein Positiveinkommen(aA Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 43). Aus den genannten Gründen findet die vom Senat zu § 2 Abs 9 BEEG aF entwickelte Rechtsprechung(vgl hierzu BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - mwN; BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30) entgegen der Ansicht des LSG auf § 2b Abs 3 BEEG keine Anwendung mehr. Dies entspricht der Regelungsabsicht des Gesetzgebers. Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 hat er auf den gegenüber dem Vollzug des früheren Bundeserziehungsgelds stark angestiegenen Verwaltungsaufwand für den Vollzug des Elterngelds reagiert (BT-Drucks 17/9841 S 1). Die Komplexität der neuen Leistung, insbesondere die aufwändige Einkommensermittlung, habe die Verwaltungen der Länder in unvertretbar hohem Maße belastet. Dies habe zu Wartezeiten geführt, welche die Zielsetzung der Leistung in Frage gestellt hätten, das weggefallene Erwerbseinkommen zu ersetzen (BR-Drucks 884/1/09 S 2). Um die Leistung weiterhin zeitnah zur Geburt an die Familien erbringen zu können, bedurfte es entweder der Bereitstellung erheblicher personeller Kapazitäten in der Verwaltung oder einer Vereinfachung des Vollzugs des Elterngelds (BT-Drucks 17/9841 S 1). Das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 zielte auf eine erhebliche Vereinfachung des Vollzugs des Elterngelds ab, bei der der Charakter der Leistung gewahrt und Mehrausgaben vermieden werden (BR-Drucks 884/1/09 S 2). Zu diesem Zweck wurde eine Berechnung des Nettoeinkommens mittels pauschaler Abgabensätze und fiktiver Steuern (fiktive Nettoberechnung) eingeführt, durch die eine deutliche Verringerung der aus den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen zu bewertenden und zu übernehmenden Positionen erreicht werden sollte (BT-Drucks 17/9841 S 1; BR-Drucks 884/1/09 S 2). Der Bezug von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit sollte zwingend zu einem Rückgriff auf einen steuerlichen Veranlagungszeitraum führen, der für die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich ist. Der Gesetzgeber wollte damit bei Mischeinkünften eine Deckungsgleichheit der Bemessungszeiträume erreichen und vor allem die Einkommensermittlung und damit den Elterngeldvollzug durch Rückgriff auf Feststellungen der Steuerbehörden maßgeblich vereinfachen (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drucks 17/1221 S 1; Beschlussempfehlung und Bericht des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 17/9841 S 15 f, 21). Das elterngeldrechtliche Einkommen sollte weiterhin in Anlehnung an den steuerlichen Einkommensbegriff ermittelt werden (Beschlussempfehlung und Bericht des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 17/9841 S 18). Diese Orientierung am Einkommensteuerrecht betrifft sowohl den Einkommensbegriff als auch den Zeitraum, dem das Bemessungsentgelt entnommen wird (Dau im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Wortprotokoll 17/65 S 13).

31

Dem erklärten Willen des Gesetzgebers lassen sich somit für die vorliegende Rechtsfrage zwei Kernaussagen entnehmen: Erstens dient das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 im Allgemeinen und die Kollisionsregel (Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327, 333; Graue in Böttcher/Graue, BEEG, 5. Aufl 2016, § 2b BEEG RdNr 1, 7) des § 2b Abs 3 S 1 BEEG im Besonderen der Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung. Dabei soll sich - zweitens - sowohl der Einkommensbegriff als auch der Bemessungszeitraum am Einkommensteuerrecht orientieren.

32

Die vom erkennenden Senat angewendete weite Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" im Rahmen des § 2b Abs 3 BEEG, die auch Negativeinkünfte einbezieht, dient diesen Zwecken. Wie ausgeführt, versteht auch das Einkommensteuerrecht Einkommen als den (um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen verminderten) Gesamtbetrag der Einkünfte, der auch negativ sein kann. Zum anderen fördert die Anwendung des § 2b Abs 3 BEEG auf sämtliche Sachverhalte, in denen eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, grundsätzlich eine weitergehende Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung, als sie bei einer engen Begriffsauslegung erzielt würde.

33

Auch wenn im vorliegenden Fall der vom Gesetzgeber beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung durch ein Abstellen auf den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum weniger Gewicht zukommt, weil sich die Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit anhand ihres Steuerbescheids ohnehin leicht ermitteln ließen, sind bei der Gesetzesauslegung stets auch die weiteren Sachverhaltskonstellationen im Blick zu behalten, in denen sich dieselbe Rechtsfrage stellt. Konkret sind etwa die Fälle zu beachten, in denen die selbstständige Erwerbstätigkeit - anders als bei der Klägerin - in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes noch ausgeübt worden ist. In diesen Fällen liegt für diesen Zeitraum regelmäßig noch kein Einkommensteuerbescheid vor. Eine enge Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" könnte in solchen Konstellationen dazu führen, dass die Elterngeldstelle - mangels positiven Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum - die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes als Bemessungszeitraum feststellen und für diesen Zeitraum - mangels Einkommensteuerbescheides - erneut eine aufwändige Gewinnermittlung durchführen müsste (vgl § 2d Abs 2 S 2, Abs 3 BEEG). Um demgegenüber in diesen Fällen der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 2b Abs 3 BEEG möglichst nahezukommen, ist der Begriff des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" im Rahmen dieser Vorschrift weit auszulegen.

34

(dd) Dieser weiten Begriffsauslegung stehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Insbesondere verstößt sie nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. § 2b Abs 3 BEEG trifft eine typisierende Regelung, weil die Vorschrift bei der Festlegung des Bemessungszeitraums für das Elterngeld die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit unabhängig davon gleich behandelt, ob daraus positive Einkünfte erwirtschaftet werden oder nicht. Zwar fällt auch eine solche Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem in den Schutzbereich des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 GG und bedarf daher der Rechtfertigung durch hinreichend gewichtige Gründe (vgl BVerfG Beschluss vom 12.10.2010 - 1 BvL 14/09 - BVerfGE 127, 263, 280). Nach der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG darf der Gesetzgeber insoweit aber insbesondere im Sozialrecht bei der Ordnung von Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen(BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 4/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 13; BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 18). Die mit der Typisierung verbundene Belastung ist hinzunehmen, wenn die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und nicht nur eine, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppe typischer Fälle(BVerfGE 9, 20, 31; BVerfGE 26, 265, 275 f; BVerfGE 63, 119, 128, 130 = SozR 2200 § 1255 Nr 17 S 36, 38). Zudem dürfen die mit der Typisierung einhergehenden Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sein (BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3 RdNr 39; BVerfGE 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 37) . Hierbei sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht.

35

Auch wenn die Anwendung des § 2b Abs 3 S 1 BEEG im konkreten Fall zu keiner weitergehenden Vereinfachung des Elterngeldvollzugs führt, erweist sie sich nach diesen Vorgaben nicht als unverhältnismäßig. Die mit der gesetzlichen Regelung in Fällen wie dem der Klägerin verbundenen Härten ließen sich nur unter Schwierigkeiten vermeiden. Denn eine enge Auslegung des Einkommensbegriffs im Rahmen von § 2b Abs 3 BEEG würde in ähnlichen Konstellationen - wie unter 4 d) cc) erläutert - bereits bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums eine aufwändige Gewinnermittlung erforderlich machen. Dies würde den vom Gesetzgeber angestrebten, legitimen Vereinfachungseffekt zugunsten von Verwaltung und Elterngeldberechtigten weitgehend aufheben.

36

Die mit der gesetzlichen Regelung für die Klägerin verbundene Härte wiegt für sie auch nicht besonders schwer. Sie wird nicht vom Elterngeldbezug ausgeschlossen, sondern bezieht ihr Elterngeld lediglich auf Grundlage ihres Einkommens in einem anderen Bemessungszeitraum. Zwar erhält die Klägerin dadurch weniger Elterngeld als erwartet, weil sie in den Jahren 2011 und 2012 - anders als in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihres zweiten Kindes - noch keine nebenberufliche nichtselbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte. Die angestrebte Optimierung des Elterngeldanspruchs durch Aufnahme weiterer Erwerbstätigkeiten vor der Geburt mag ein nachvollziehbares Ziel der berechtigten Person sein, braucht aber nicht höher gewichtet werden als die praktischen Erfordernisse der Verwaltung.

37

Die Klägerin gehört auch nicht zu einer nennenswerten Gruppe vergleichbarer Elterngeldbezieher, deren Existenz die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung in atypischen Sonderfällen überschreiten könnte. Der Bemessungszeitraum hat sich bei der Klägerin vielmehr nur deshalb verschoben, weil sie im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes neben ihrer hauptberuflichen nichtselbstständigen Tätigkeit einer - danach wieder aufgegebenen - gewerblichen Tätigkeit nachgegangen ist und damit nur Verluste erzielt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass eine derartige ungewöhnliche Konstellation eine, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, eigenständige Gruppe typischer Fälle ausmacht. Vielmehr geht die Verschiebung des Bemessungszeitraums vom Zwölfmonatszeitraum vor dem Geburtsmonat des Kindes zurück auf die maßgeblichen steuerlichen Veranlagungszeiträume nicht zwingend mit einem niedrigeren Bemessungseinkommen einher. Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sind bereits ihrer Natur nach nicht so stet und vorhersehbar wie solche aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Zudem können sie von den Berechtigten regelmäßig leichter beeinflusst werden.

38

5. Für eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Beklagte den Bemessungszeitraum zu Recht vom Steuerjahr 2012 auf das Steuerjahr 2011 verschoben hat, fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen.

39

Zwar sieht § 2b Abs 3 S 2 BEEG vor, § 2b Abs 2 S 2 BEEG mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist, wenn im Bemessungszeitraum nach § 2b Abs 3 S 1 BEEG die Voraussetzungen des § 2b Abs 1 S 2 BEEG vorgelegen haben. Dies ist vorliegend der Fall, denn die Klägerin hatte in der Zeit vom 1.1. bis 27.10.2012 Elterngeld bezogen (vgl § 2b Abs 1 S 2 Nr 1 BEEG). Ihr Einkommen im Jahr 2012 war dadurch niedriger als ihr Einkommen im Jahr 2011, in dem sie Elterngeld und beamtenrechtliche Bezüge in der Zeit des Mutterschutzes bezogen hatte. Deshalb erhielte die Klägerin ein höheres Elterngeld, wenn das Jahr 2011 als Bemessungszeitraum zugrunde gelegt würde.

40

Jedoch setzt die Anwendung des § 2b Abs 3 S 2 BEEG einen entsprechenden Antrag der berechtigten Person voraus. § 2b Abs 3 S 2 BEEG nimmt ausdrücklich auf § 2b Abs 2 S 2 BEEG Bezug ("mit der zusätzlichen Maßgabe"), der dieses Erfordernis statuiert("auf Antrag"; vgl auch Wiegand, BEEG, § 2b BEEG RdNr 13; Lenz in Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit/Betreuungsgeld, 4. Aufl 2015, § 2b BEEG RdNr 15; Grösslein-Weiß in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, Synopse § 2 aF/§§ 2a-2f nF BEEG S 729 unten; Helmke, Familienleistungsausgleich, Kommentar, § 2b BEEG RdNr 37 f; Graue in Böttcher/Graue, BEEG, 5. Aufl 2016, § 2b BEEG RdNr 8; Schnell in Tillmanns/Mutschler, MuSchG/BEEG, § 2b BEEG RdNr 22 f). Mit dem Antragserfordernis will das Gesetz unbillige Härten durch eine schematische Verschiebung des Bemessungszeitraums vermeiden.

41

Feststellungen dazu, ob die Klägerin einen solchen Antrag gestellt hat, hat das LSG nicht getroffen. Wie sich aus § 163 SGG ergibt, kann das Revisionsgericht die fehlenden Feststellungen hier - wie im gesetzlichen Regelfall - nicht selbst nachholen. Die Sache war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, dem auch die Kostenentscheidung vorbehalten bleibt.

(1) Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus

1.
nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2.
Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in Lebensmonaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

(2) In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1 000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1 200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1 200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.

(3) Für Lebensmonate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag nach Satz 1 ist für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Absatz 2 in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.

(4) Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt. Dies gilt auch, wenn die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Elterngeld in Höhe von 1800 Euro monatlich.

2

Die Klägerin ist selbstständige Zahnärztin. Sie beantragte (zusammen mit ihrem Ehemann) für die ersten zwölf Lebensmonate ihres am 6.1.2007 geborenen Sohnes Elterngeld auf der Basis einer betriebswirtschaftlichen Auswertung ihrer selbstständigen Tätigkeit zum 31.12.2006 über einen Gewinn in Höhe von 41 026,33 Euro.

3

Das Hessische Amt für Versorgung und Soziales - Elterngeldstelle - bewilligte vorläufig Elterngeld für die Zeit vom 6.1.2007 bis 5.1.2008 in Höhe des Höchstbetrages von monatlich 1800 Euro und behielt sich eine endgültige Feststellung nach Vorlage der Steuerbescheide 2006 und 2007 vor (Bescheid vom 26.7.2007). Nach Vorlage der Steuerbescheide (2006: minus 5931 Euro und 2007: minus 30 878 Euro jeweils wegen Abschreibungen) stellte es das Elterngeld endgültig in Höhe des Sockelbetrags von 300 Euro monatlich fest und forderte die Überzahlung in Höhe von 18 000 Euro zurück, weil das endgültige Einkommen der Klägerin aus selbstständiger Arbeit im Bemessungszeitraum, dem Kalenderjahr 2006, in Höhe von 5931 Euro negativ gewesen sei (Bescheid vom 1.10.2009). Mit ihrem Widerspruch legte die Klägerin eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (Überschussrechnung) für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 über positive Einkünfte in Höhe von 80 520,36 Euro vor. Sie machte positive Einkünfte im Bezugszeitraum in Höhe von 32 101,54 Euro sowie die Erhöhung des Elterngelds nach einem Bemessungssatz von 100 % geltend. Die Widerspruchsstelle wies den Widerspruch zurück: Für die Bewertung, ob Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt werde, sei ihre steuerliche Verbuchung maßgeblich. Bei selbstständiger Arbeit seien insbesondere auch die steuerlichen Regelungen zur Absetzung für Abnutzung (AfA) zu beachten. Es komme auch kein erhöhtes Elterngeld für gering verdienende Eltern in Betracht, da mit den Steuerbescheiden für die Jahre 2006 und 2007 jeweils negative Einkünfte festgestellt worden seien, erhöhtes Elterngeld aber grundsätzlich ein positives Einkommen voraussetze (Widerspruchsbescheid vom 5.2.2010).

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.9.2011). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen und ua ausgeführt, für die Berechnung des Elterngelds sei in Ermangelung positiver Einkünfte nicht auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum abzustellen, sondern von den letzten zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt auszugehen. Danach komme es auf den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben entsprechend einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs 3 Einkommensteuergesetz (EStG) an, bei der die AfA unbeschadet ihres unmittelbaren Tätigkeitsbezugs als Betriebsausgabe abgezogen werden müsse. Hiernach seien im Bemessungszeitraum keine Überschüsse, sondern ein Verlust von 6066,83 Euro erzielt worden. Die Klägerin könne daher nur den Sockelbetrag beanspruchen (Urteil vom 17.10.2014).

5

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs 8 S 1 und 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in seiner Ursprungsfassung vom 5.12.2006; Art 3 Abs 1 GG). Das LSG habe seiner Entscheidung ein rechtsfehlerhaftes Verständnis des Einkommens zugrunde gelegt und nicht berücksichtigt, dass die AfA das Einkommen nur fiktiv mindere. Die Auslegung des LSG werde der Funktion des Elterngelds zur Sicherung des Lebensstandards nicht gerecht und führe zu einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Ungleichbehandlung gegenüber unselbstständig Erwerbstätigen.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 17. Oktober 2014 und das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 26. September 2011 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, das Elterngeld entsprechend dem Bescheid vom 26. Juli 2007 endgültig festzusetzen.

7

Das beklagte Land beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Die Bescheide des Beklagten sind in ihrem angefochtenen Umfang rechtmäßig (dazu 1.). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Elterngeld jenseits des Sockelbetrags. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Berechnung des Einkommens unter Berücksichtigung der AfA bestehen weder im Hinblick auf Art 3 GG noch Art 6 GG (dazu 2.). Das überzahlte Elterngeld ist zu erstatten (dazu 3.).

9

1. Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 1.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.2.2010, soweit sich die Klägerin gegen die Versagung eines einkommensabhängigen Elterngelds und die Erstattung der Überzahlung wendet. Nicht angegriffen ist hingegen die darin als weitere Verfügung enthaltene Aufhebung des (als Nebenbestimmung nach § 32 SGB X gesondert anfechtbaren) Vorläufigkeitsvorbehalts nach § 8 Abs 3 BEEG im Bescheid vom 26.7.2007. Denn für den Fall der Aufhebung im Übrigen würde sich die verbleibende endgültige Festsetzung auf den im Bescheid vom 26.7.2007 verfügten Elterngeldanspruch in Höhe von monatlich 1800 Euro erstrecken (vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 12, 13 mwN). Die danach zutreffend erhobene Anfechtungsklage ist zulässig. Sie ist aber unbeschadet der Entbehrlichkeit einer vorherigen Anhörung vor Erlass der streitgegenständlichen Bescheide (vgl § 24 Abs 2 Nr 5 SGB X; vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 15 mwN) und der Ermächtigung zur Abänderung des vorläufigen Bescheides vom 26.7.2007 (§ 8 Abs 3 BEEG; vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 16 mwN) nicht begründet.

10

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf einkommensabhängiges Elterngeld nach Maßgabe des § 2 Abs 1 BEEG. Die Klägerin erfüllt zwar nach den nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)alle Grundvoraussetzungen des § 1 Abs 1 BEEG idF des Gesetzes vom 5.12.2006 (BGBl I 2748) für den Bezug von Elterngeld während des Bezugszeitraumes vom 6.1.2007 bis 5.1.2008 (zum Vorliegen der Grundvoraussetzungen im Bezugszeitraum vgl zuletzt BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 3/14 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR). Sie kann aber der Höhe nach kein über den monatlichen Sockelbetrag iS von § 2 Abs 5 S 1 BEEG hinausgehendes Elterngeld verlangen, weil sie im maßgeblichen Bemessungszeitraum(dazu a) nach verfassungsrechtlich nicht zu beanstandendem Abzug der AfA kein berücksichtigungsfähiges Einkommen erzielt hat (dazu b), der Abzug einer Betriebsausgabenpauschale ausscheidet (dazu c) und auch kein Bemessungssatz von 100 % zur Anwendung gelangen kann (dazu d).

11

a) Bemessungszeitraum ist nicht der steuerliche Veranlagungszeitraum 2006, sondern sind - trotz ihrer zeitlichen Deckungsgleichheit - die zwölf dem Monat der Geburt des Kindes vorausgehenden Monate. Nach § 2 Abs 1 S 1 BEEG idF des Gesetzes vom 5.12.2006 (aaO) wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes (Regelbemessungszeitraum) durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von monatlich 1800 Euro für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 zu berücksichtigen(§ 2 Abs 1 S 2 BEEG).

12

Abweichend hiervon bestimmt § 2 Abs 9 S 1 BEEG zwar bei einem zu berücksichtigenden Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit den durchschnittlich monatlich erzielten Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt, als das vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Der Senat hat jedoch entschieden, dass die Norm nur dann anwendbar ist, wenn sich aus dem maßgeblichen Steuerbescheid ein "Gewinn" ergibt. Ergeben sich aus dem maßgeblichen Steuerbescheid bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit hingegen nur Verluste, ist die Vorschrift nicht einschlägig (vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 23 mwN). Andernfalls würde das Einkommen aus selbstständiger Arbeit ohne hinreichenden Grund nicht - wie grundsätzlich vorgesehen - unter Zugrundelegung des Zwölfmonatszeitraums vor der Geburt, sondern des letzten Veranlagungszeitraums ermittelt (BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21 RdNr 32 ff).

13

b) Berücksichtigungsfähiges Einkommen im danach maßgeblichen Zwölfmonatszeitraum ist bei der Klägerin nicht vorhanden.

14

Grundlage der Berechnung des Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit ist § 2 Abs 8 BEEG. Als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit ist der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Gewinn zu berücksichtigen (S 1). Grundlage der Einkommensermittlung ist der Gewinn, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt(S 2). Kann der Gewinn danach nicht ermittelt werden, ist von den Einnahmen eine Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 20 % abzuziehen (S 3). Aus der Bezugnahme auf § 4 Abs 3 EStG ergibt sich, dass als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben anzusetzen ist(§ 4 Abs 3 S 1 EStG). Hierbei scheiden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten, vgl § 4 Abs 3 S 2 EStG). Die Vorschriften über die AfA oder Substanzverringerung sind zu befolgen (§ 4 Abs 3 S 3 EStG).

15

aa) Schon nach Wortlaut und Systematik der Norm ist bei der Ermittlung des Einkommens von Selbstständigen im Zwölfmonatszeitraum auch die Verrechnung mit Verlusten nach Maßgabe der § 6 Abs 7 und §§ 7 ff EStG zu berücksichtigen(vgl Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 38). Auch fiktive Verluste schmälern den berücksichtigungsfähigen Gewinn. Die von der Klägerin steuerrechtlich in Anspruch genommene Abschreibung für Anlagevermögen für den Praxiskauf sind bei der Gewinnberechnung als Betriebsausgabe abzuziehen (vgl BFH Urteil vom 28.11.2013 - IV R 58/10; vgl Heinicke in Schmidt, EStG, 34. Aufl 2015, § 4 RdNr 392 f). Das BEEG nimmt auf diese steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften Bezug, sodass im Elterngeldrecht für die Ermittlung des Elterngelds nichts anderes gilt, wenn Bemessungsgrundlage für das Elterngeld der steuerrechtlich ermittelte Gewinn ist. Eine den Bedürfnissen des Elterngelds geschuldete Abweichung von den genannten steuerrechtlichen Grundsätzen beschränkt sich auf den Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten (vertikaler Verlustausgleich). Die Berücksichtigung von Verlusten einschließlich des Verlustausgleichs innerhalb einer Einkommensart (horizontaler Verlustausgleich) ist möglich (vgl BT-Drucks 16/2785 S 37; BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21 RdNr 32 ff). Ein Ausschluss des horizontalen Verlustausgleichs oder sonst steuerrechtlich wirksamer Verluste hat keinen normativen Niederschlag gefunden (vgl auch die Nachfolgeregelung § 2 Abs 1 S 3 und § 2d Abs 2 S 1 BEEG idF des Gesetzes vom 10.9.2012, BGBl I 1878; hierzu BT-Drucks 17/9841 S 18).

16

Das bedeutet im Falle der Klägerin: Ein Gewinn als Grundlage eines einkommensabhängigen Elterngelds kann nicht errechnet werden, weil ein Überschuss iS des § 4 Abs 3 EStG nicht vorhanden ist. Nach der zuletzt im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten - nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erstmals vollständigen - Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2006 wird als Summe der Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit ein Betrag von 160 852,27 Euro und als Summe der Betriebsausgaben ein Betrag von 167 374,93 Euro, mithin ein Verlust von 6066,83 Euro ausgewiesen. Die Betriebsausgaben sind dabei der selbstständigen Erwerbstätigkeit der Klägerin zuzuordnen. Für ihre Verknüpfung mit den typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkünften aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG)kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit die Ausgaben selbst auf eine Arbeitsleistung zurückzuführen sind (vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 28 mwN).

17

bb) Die Berücksichtigung steuerrechtlich wirksamer Verluste bei der Ermittlung von Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG. Zwar vermindern die hier in Frage stehenden Abschreibungen als (fiktive) Verluste die Steuerlast, nicht hingegen unmittelbar und effektiv das Einkommen im Bemessungszeitraum. Darin liegt keine Ungleichbehandlung von unselbstständig und selbstständig Erwerbstätigen (zu den sachlichen Gründen der Ungleichbehandlung von Einkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit vgl zB BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 18/11 R - Juris RdNr 28 ff), sondern eine Ungleichbehandlung negativer Einkünfte im Bemessungszeitraum mit der möglichen Folge unterschiedlich hohen Elterngelds bei potenziell gleichem Lebensstandard (vgl zum Ausschluss des vertikalen Verlustausgleichs BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21 RdNr 32).

18

Die einkommensmindernde Berücksichtigung steuerlicher Abschreibungen, die durch Anerkennung fiktiver Verluste erfolgt, ist bei einkommens- bzw bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen, die an die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familie anknüpfen, in typisierender und pauschalierender Betrachtungsweise aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung sachlich gerechtfertigt (zur Typisierung und Pauschalierung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vgl etwa BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 30). BVerfG und BSG haben bereits in der Vergangenheit die Überschreitung von Einkommensgrenzen beim Kindergeld und Erziehungsgeld durch Außerachtlassung des negativen Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkommensarten (vertikaler Verlustausgleich) für gerechtfertigt gehalten (BVerfGE 82, 60 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BSG Urteil vom 10.3.1993 - 14b REg 4/92 - SozR 3-7833 § 6 Nr 4), soweit die Verwaltungsökonomie zu Ungleichheiten lediglich in geringfügigen oder besonders gelagerten Fällen führt. Im spiegelbildlich umgekehrten Fall, in dem die Berücksichtigung von Verlusten zum Wegfall des einkommensabhängigen Elterngelds führt, ist in erster Linie die abgrenzbare Gruppe der selbstständig Erwerbstätigen in Phasen der Erwerbstätigkeit mit außergewöhnlich hohen, steuerlich nutzbaren Investitionen betroffen. Selbst diese Personen können auf der Skala des einkommensabhängigen Elterngelds im Einzelfall je nach Umfang der steuerlich wirksamen Verluste stärker oder weniger stark betroffen sein, etwa bei hohen Abschreibungen im Bezugszeitraum. Der Personenkreis kann sogar doppelt begünstigt sein, wenn sich die steuerlich wirksamen Verluste ihrer Höhe nach und der Höhe der verbleibenden Einkünfte nach elterngeldrechtlich neutral auswirken. Im Geltungsbereich des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 kann zu versteuerndes Einkommen inzwischen dadurch unter die das Elterngeld ausschließende Obergrenze des § 1 Abs 8 BEEG iVm § 2 Abs 5 EStG fallen (zur Verfassungsmäßigkeit BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 13/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

19

Die vom Gesetzgeber angestrebte Verwaltungsvereinfachung durch Rückgriff auf das Steuerrecht überschreitet das Maß des Zumutbaren für die betroffene Personengruppe aber auch im ungünstigsten Fall nicht (zur Grenze bei Außerachtlassung sonstiger Bezüge unselbstständig Erwerbstätiger vgl BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R - BSGE 115, 198 = SozR 4-7837 § 2 Nr 25, RdNr 27). Letztlich liegt es beim Elterngeldberechtigten, ob und in welchem Umfang er welche steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten zu seinen Gunsten wählt. Der Ausschluss der überschaubaren Gruppe von investitions- und abschreibungsstarken Beziehern hoher Einkommen vom Bezug des Elterngelds fügt sich noch ohne größere Verwerfungen ein in die Konzeption des Elterngelds als klassische fürsorgerische Leistung zur Sicherung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage von Familien insbesondere mit kleinen und mittleren Einkommen während der ersten Lebensmonate der Kinderbetreuung. Der Gesetzgeber lässt auch diese Personengruppe nicht ohne Schutz, da er ihr ein vom Einkommen unabhängiges Elterngeld in Höhe des Sockelbetrags zubilligt (BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 31 mwN).

20

c) Die Sondervorschrift des § 2 Abs 8 S 3 BEEG mit der Ermächtigung zum Abzug einer Betriebsausgabenpauschale im Falle der Unmöglichkeit der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG scheidet mangels Vorliegens eines Gewinnes aus(vgl BT-Drucks 16/2785 S 38; Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 41).

21

d) Ein Bemessungssatz ist entgegen der Auffassung der Revision ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Ist kein Gewinn als Grundlage eines einkommensabhängigen Elterngelds vorhanden, verbleibt es beim Sockelbetrag iS des § 2 Abs 5 S 1 BEEG idF vom 5.12.2006 (aaO). Der - inzwischen als selbstverständlich entfallene (BT-Drucks 17/9841 S 19) - Hinweis in § 2 Abs 5 S 3 BEEG, dass der Sockelbetrag nach S 1 nicht zusätzlich zu dem Elterngeld nach den Abs 1 bis 3 gezahlt wird, belegt hinreichend deutlich, dass die Geringverdienerklausel des § 2 Abs 2 S 1 BEEG, die zu einer Anhebung des Bemessungssatzes bis auf 100 % führt, nur in Fällen einkommensabhängigen Elterngelds eingreift, wenn zwar das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1000 Euro, aber eben doch positiv vorhanden ist.

22

3. Die Erstattungsforderung in Höhe von 18 000 Euro ist berechtigt. Rechtsgrundlage ist § 42 Abs 2 S 2 SGB I. Hierauf kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine Rückforderung gestützt werden, wenn bei der Bewilligung des Geldbetrages deutlich genug auf die an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Erstattungspflicht hingewiesen worden ist (vgl zB BSGE 106, 244 = SozR 4-1200 § 42 Nr 2, RdNr 14; BSG SozR 3-1200 § 42 Nr 6 S 18 ff; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 36). Unschädlich ist die unzureichende Angabe der zutreffenden Rechtsgrundlage. Die Angabe der Rechtsgrundlage ist lediglich Begründungselement; bloße Begründungsmängel wirken sich bei gebundenen Verwaltungsakten auf die Rechtmäßigkeit nicht aus (BSGE 106, 244 = SozR 4-1200 § 42 Nr 2, RdNr 21 mwN). Da mit dem Vorbehaltsbescheid vom 26.7.2007 (§ 8 Abs 3 BEEG idF des Gesetzes vom 5.12.2006, aaO) das Elterngeld lediglich vorläufig und mit dem deutlichen Vorbehalt der Rückforderung bewilligt wurde, ist mit der rechtmäßigen Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung auf der Basis des Sockelbetrags eine Überzahlung in der geltend gemachten Höhe eingetreten, die zu erstatten ist.

23

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 9. Juni 2011 und des Sozialgerichts München vom 15. Januar 2009 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für alle Rechtszüge nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe des Elterngeldes des Klägers für den ersten Lebensmonat seines am 12.7.2007 geborenen Sohnes X. (12.7. bis 11.8.2007).

2

Der Kläger war vor der Geburt seines Sohnes als Unternehmensberater selbstständig erwerbstätig. Als Vergütung für seine Tätigkeit ging am 4.7.2007 auf dem Konto des Klägers aus "Rechnung 05/2007" der Betrag von 22 393,42 Euro ein, am 2.8.2007 aus "Rechnung 06/2007" ein solcher von 19 161,38 Euro und am 4.9.2007 aus "Rechnung 07/2007" (für Beratungsleistungen vom 1. bis 12.7.2007) ein Betrag von 9926,98 Euro.

3

Auf seinen Antrag, ihm für den ersten und dreizehnten Lebensmonat des Sohnes Elterngeld zu gewähren, bewilligte der beklagte Freistaat dem Kläger mit Bescheid vom 4.12.2007 vorläufig Elterngeld, und zwar für den ersten Lebensmonat in Höhe von 300 Euro und für den dreizehnten Lebensmonat in Höhe von 1800 Euro. Dabei berücksichtigte der Beklagte ein Nettoerwerbseinkommen im Kalenderjahr vor der Geburt (2006) in Höhe von 98 831,89 Euro (monatlich 8235,99 maximal 2700 Euro) und im ersten Lebensmonat von netto 13 103,28 Euro. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.3.2008 zurück. Gemäß § 2 Abs 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei für die Berechnung des Elterngeldes das im Bezugszeitraum erzielte Erwerbseinkommen maßgeblich. Es greife das steuerliche Zuflussprinzip nach § 11 Einkommensteuergesetz (EStG), sodass allein die Einnahmen bzw Ausgaben entscheidend seien, nicht aber wann die Arbeitsleistung erbracht worden sei. Das zu berücksichtigende Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit sei insoweit zu hoch angesetzt worden, als ein Betrag von 22 393,42 Euro bereits am 4.7.2007, also vor dem Bezugszeitraum, zugeflossen sei. Auch nach einer Neuberechnung verbleibe es jedoch bei dem Mindestbetrag von 300 Euro, sodass eine vorläufige Neuberechnung nicht veranlasst sei.

4

Das vom Kläger daraufhin angerufene Sozialgericht München (SG) hat unter Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes den Beklagten verurteilt, dem Kläger für den ersten Lebensmonat seines Sohnes Elterngeld in Höhe von 1800 Euro zu erbringen (Urteil vom 15.1.2009). Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Beklagten - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - das Urteil des SG sowie den angefochtenen Bescheid abgeändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Elterngeld für den ersten Lebensmonat des Kindes in Höhe von weiteren 754,96 Euro zu zahlen (Urteil vom 9.6.2011).

5

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld ergebe sich zunächst dem Grunde nach aus § 1 BEEG. Die dort genannten Voraussetzungen (Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland, Zusammenleben mit dem Kind in einem Haushalt, Betreuung und Erziehung des Kindes durch den Anspruchsteller und keine Ausübung bzw keine volle Ausübung einer Erwerbstätigkeit) lägen vor. Der Kläger habe zwar am 12.7.2007 noch 9,75 Stunden gearbeitet, sei damit aber gemäß § 1 Abs 6 BEEG nicht voll erwerbstätig gewesen, weil seine wöchentliche Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht überstiegen habe.

6

Die Höhe des Elterngeldes richte sich nach § 2 BEEG, insbesondere nach dessen Abs 3, wenn - wie hier - im Bezugszeitraum Einkommen aus einer zulässigen Erwerbstätigkeit erzielt worden sei. Der hier allein streitige Bezugsmonat vom 12.7. bis 11.8.2007 sei dadurch gekennzeichnet, dass einerseits am 2.8.2007 eine Zahlung in Höhe von 19 161,38 Euro aus einer Rechnung vom 30.6.2007 auf dem Konto des Klägers eingegangen sei. Zudem habe der Kläger aus seiner Tätigkeit am 12.7.2007 einen Honorarbetrag vom 1125,44 Euro erhalten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in mehreren Urteilen zur Elterngeldberechnung von abhängig Beschäftigten das modifizierte Zuflussprinzip angewendet. Diese Rechtsprechung müsse auch für selbstständig Tätige gelten. Zwischen abhängig Beschäftigten und selbstständig Tätigen bestünden keine so bedeutsamen Unterschiede, dass auch unter Berücksichtigung von Art 3 GG eine unterschiedliche Behandlung zu rechtfertigen wäre.

7

Die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips führe im vorliegenden Fall zunächst dazu, dass die auf dem Konto des Klägers am 2.8.2007 eingegangene Zahlung in Höhe von 19 161,38 Euro aus einer Rechnung vom 30.6.2007 nicht als Einkommen berücksichtigt werden könne, weil dieses Einkommen nicht im Bezugszeitraum, sondern im Juni 2007 "erzielt" worden sei. Andererseits müsse folgerichtig der für die Erwerbstätigkeit am 12.7.2007 (Tag der Geburt des Kindes innerhalb des Bezugszeitraums) am 4.9.2007 dem Konto des Klägers gutgeschriebene Betrag in Höhe von 1125,44 Euro als erzieltes Einkommen berücksichtigt werden. Nach der in § 2 Abs 3 S 1 BEEG vorgesehenen Berechnung sei unter Anrechnung der dem Kläger bereits gewährten 300 Euro noch ein Betrag von 754,96 Euro zu bezahlen.

8

Gegen dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch der Beklagte die vom LSG zugelassene Revision eingelegt.

9

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass das von ihm am 12.7.2007 bis 18.30 Uhr erarbeitete Einkommen nicht berücksichtigt werden dürfe, da sein Sohn an diesem Tage erst um 22.54 Uhr geboren worden sei.

10

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen, das Urteil des Bayerischen LSG vom 9.6.2011 abzuändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG München vom 15.1.2009 zurückzuweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen LSG vom 9.6.2011 und des SG München vom 15.1.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

12

Der Beklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts und hält an seiner im angefochtenen Bescheid und insbesondere im Widerspruchsbescheid vertretenen und begründeten Rechtsauffassung fest. Das BSG habe in seiner bisherigen Rechtsprechung das modifizierte Zuflussprinzip eher restriktiv angewandt und auf bestimmte Fallgestaltungen begrenzt. So schließe es den Fall der rückwirkenden Lohnerhöhungen aus und berücksichtige nur tatsächlich zugeflossenes Einkommen, nicht aber bloße Entgeltansprüche. Es wende das modifizierte Zuflussprinzip allein auf Fälle der nachträglichen Vertragserfüllung an. Entgegen dieser einschränkenden Anwendung erweitere das LSG den Anwendungsbereich dieses Prinzips nicht nur auf selbstständig Tätige, sondern auch auf vertragsgemäße Zahlungen. In bestimmten Fallkonstellationen ordne es die Einnahme einem Zeitpunkt zu, an dem diese noch nicht einmal fällig gewesen sei. Dies entspreche weder dem Wortlaut des Gesetzes noch seiner Zielsetzung oder seinem Sinn und Zweck und sei auch bei einer systematischen Betrachtung des BEEG nicht zu rechtfertigen.

13

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

Entscheidungsgründe

14

Die vom LSG zugelassene, also statthafte Revision des beklagten Freistaats ist zulässig und begründet.

15

Unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile ist die Klage abzuweisen, denn der Beklagte hat das Elterngeld für den ersten Lebensmonat des am 12.7.2007 geborenen Sohnes des Klägers, also für die Zeit vom 12.7. bis 11.8.2007, zu Recht vorläufig auf den Mindestbetrag von 300 Euro festgesetzt.

16

Der Sachentscheidung durch das Revisionsgericht stehen keine Hindernisse entgegen. Insbesondere ist die Berufung des Beklagten statthaft; denn der hierfür gemäß § 144 Abs 1 Nr 1 SGG erforderliche Wert von 750 Euro ist überschritten. Das SG hatte den Beklagten zur Zahlung des Höchstbetrages von 1800 Euro verurteilt, sodass sich aufgrund des bewilligten Basisbetrages von 300 Euro ein Berufungswert von 1500 Euro ergibt.

17

Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld während der Betreuung seines Sohnes richtet sich nach dem BEEG idF vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Soweit die späteren Änderungen des BEEG (erstmals durch das Gesetz vom 19.8.2007 - BGBl I 1970) überhaupt die den streitigen Anspruch berührenden Bestimmungen der §§ 1 und 2 BEEG betreffen, sind sie im vorliegenden Verfahren nicht anwendbar. Die durch das Gesetz vom 19.8.2007 erfolgte Änderung betraf den hier nicht einschlägigen Abs 7 des § 1 BEEG. Bei der ersten Änderung des § 2 BEEG durch das Gesetz vom 17.1.2009 (BGBl I 61) mit Wirkung zum 24.1.2009 war der Elterngeldzahlungszeitraum bereits abgeschlossen (s BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-7837 § 2 Nr 11 vorgesehen, RdNr 27 mwN), sodass die Neufassung des Gesetzes den vorliegend zu beurteilenden Anspruch des Klägers nicht erfasst.

18

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die für das Revisionsgericht gemäß § 163 SGG bindend sind, hat der Kläger im ersten Lebensmonat seines Sohnes die Grundvoraussetzungen für den Anspruch auf Elterngeld gemäß § 1 Abs 1 BEEG erfüllt.

19

Für die streitige Höhe des Elterngeldanspruchs des Klägers ist § 2 BEEG maßgebend. Nach dessen Abs 1 S 1 wird Elterngeld in Höhe von 67 % des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit ist nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Abs 7 bis 9 zu berücksichtigen. Gemäß § 2 Abs 3 S 1 BEEG wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das nach Abs 1 berücksichtigte durchschnittlich erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, Elterngeld in Höhe des nach Abs 1 (oder 2) maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser durchschnittlich erzielten monatlichen Einkünfte aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Die weiter maßgebenden Bestimmungen enthält bei Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit § 2 Abs 7 BEEG, während für Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit die Abs 8 und 9 des § 2 BEEG gelten.

20

Für die Berechnung des Elterngeldes des Klägers ist § 2 Abs 3 BEEG einschlägig, weil der Kläger im streitigen Bezugsmonat (erster Lebensmonat seines Sohnes) Einkommen aus (selbstständiger) Erwerbstätigkeit erzielt hat.

21

Der nach § 2 Abs 3 S 1 BEEG maßgebliche Begriff des "Erzielens von Einkommen aus Erwerbstätigkeit" kann allein vom Wortlaut her unterschiedlich verstanden werden, und zwar entweder im Sinne eines tatsächlichen Zuflusses des Einkommens (Zuflussprinzip) oder in dem Sinne, dass in dem maßgeblichen Zeitraum auch die Erwerbstätigkeit, mit der das Einkommen erwirtschaftet oder erarbeitet worden ist, ausgeübt worden sein muss (sog modifiziertes Zuflussprinzip).

22

Für das Einkommen aus selbstständiger Arbeit hat der erkennende Senat den Begriff des Erzielens von Einkommen anhand des - strengen - Zuflussprinzips bestimmt (Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 10/11 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Zur Begründung hat er ausgeführt:

23

"Für das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit im Bemessungszeitraum vor der Geburt des Kindes hat der erkennende Senat inzwischen mehrfach entschieden, dass ein Einkommen auch dann im Bemessungszeitraum erzielt ist, wenn es in diesem Zeitraum erarbeitet aber erst nach dessen Ablauf in Folge nachträglicher Vertragserfüllung durch den Arbeitgeber ausgezahlt worden ist (BSG Urteile vom 30.9.2010 - B 10 EG 19/09 R - BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6; vom 18.8.2011 - B 10 EG 5/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dieses für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit entwickelte modifizierte Zuflussprinzip ist indes nicht auf Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit anzuwenden. Ein solches Einkommen ist in dem Zeitraum erzielt, in dem es dem Elterngeldberechtigten tatsächlich zugeflossen ist. Hierfür sind folgende Gründe maßgebend:

24

Gesetzessystematisch betrachtet wird der Begriff des Erzielens von Einkommen in der allgemeinen Regelung des § 2 Abs 1 S 1 BEEG ohne Differenzierung nach Einkunftsarten(vgl dazu § 2 Abs 1 S 2 BEEG iVm § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 EStG) gebraucht. Für das Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit erhält er in § 2 Abs 8 und 9 BEEG jedoch eine besonders deutliche steuerrechtliche Ausprägung. Nach § 2 Abs 8 S 2 BEEG ist auf den Gewinn abzustellen, wie er sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt. Demzufolge ist insoweit der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben im steuerrechtlichen Sinne maßgebend. Noch eindeutiger ist der Bezug auf das Steuerrecht in § 2 Abs 9 BEEG verankert. Nach Satz 1 dieser Bestimmung gilt als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus der Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt. Demgegenüber verweist § 2 Abs 9 S 3 BEEG für die Ermittlung zeitgleich erzielten Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit auf die Regelung des § 2 Abs 7 BEEG, wonach gerade nicht auf den Steuerbescheid zurückzugreifen ist.

25

Der Senat hat im Rahmen seiner Rechtsprechung zum modifizierten Zuflussprinzip bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit bereits darauf hingewiesen, dass für Einkommen aus selbstständiger Arbeit in § 2 Abs 8 und 9 BEEG eigenständige Regelungen geschaffen sind, die den Besonderheiten dieser Einkunftsarten Rechnung tragen und Rückschlüsse auf die Auslegung des § 2 Abs 7 BEEG nicht zulassen(Urteil vom 30.9.2010, aaO, RdNr 31; Urteil vom 18.8.2011, aaO, RdNr 26).

26

Auch sonst kann sich das LSG für die von ihm für richtig gehaltene Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips auch auf Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit nicht auf die Rechtsprechung des BSG berufen. Das vom BSG verfolgte Ziel der Vermeidung von Zufallsergebnissen durch Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips hat nur bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Bedeutung. Denn bei abhängig Beschäftigten ist die regelmäßige und zeitnahe Zahlung der Gehälter durch die Arbeitgeber der Regelfall, deren verspätete Zahlung dagegen die Ausnahme. Bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit ist das Gegenteil der Fall. Hier ist die unregelmäßige Bezahlung von erbrachten Leistungen die Regel. Darauf hat zB Dau (juris PR-SozR 1/2012 Anm 4) deutlich hingewiesen. Auch sonst bestehen zwischen beiden Einkunftsarten gewichtige Unterschiede. Während bei Arbeitnehmern das vor der Geburt des Kindes laufend erzielte Arbeitsentgelt regelmäßig wegfällt oder sinkt, sobald sie "keine oder keine volle Erwerbstätigkeit" mehr ausüben, um ihr Kind zu betreuen, sind bei Selbstständigen tatsächliche Erwerbstätigkeit und Einkommensverlust nicht so eng verknüpft. Auch wenn sie ihre Arbeit unterbrechen, werden ihnen zumeist noch Betriebseinnahmen zufließen und weitere Betriebsausgaben entstehen. Diese Gegebenheiten rechtfertigen es, für Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit das modifizierte Zuflussprinzip anzuwenden (BSG Urteile vom 30.9.2010 und 18.8.2011, aaO), für Einkommen aus selbstständiger Arbeit hingegen am strengen Zuflussprinzip des Steuerrechts festzuhalten (vgl Dau, aaO).

27

Soweit der Kläger meint, die Anwendung des modifizierten Zuflussprinzips sei jedenfalls bei Selbstständigen wie ihm, die zeitbezogene Arbeiten erbringen und abrechnen, geboten, verfängt diese Argumentation nicht. § 2 Abs 1 S 2 iVm Abs 7 bis 9 BEEG unterscheidet nur zwischen den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und aus nichtselbstständiger Arbeit andererseits. Eine vom Kläger für möglich angesehene Differenzierung innerhalb der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit danach, ob die Tätigkeit mehr oder weniger zeitbezogen ausgeübt wird, ist somit ausgeschlossen. Sie wäre auch kaum praktikabel.

28

Die unterschiedliche Behandlung von Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit einerseits und nichtselbstständiger Arbeit andererseits verstößt nach Auffassung des erkennenden Senats nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG.

29

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 S 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70). Ebenso verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).

30

Durch die dargestellte andersartige Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes infolge der Anwendung der modifizierten Zuflusstheorie bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit einerseits und der strengen Zuflusstheorie bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit andererseits werden die betroffenen Personengruppen rechtlich unterschiedlich behandelt. Diese unterschiedliche Behandlung ist indes sachlich gerechtfertigt, da insbesondere die Ausübung der jeweiligen Erwerbstätigkeit sowie die Art der Erzielung des Einkommens wesentlich voneinander abweichen."

31

An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch im vorliegenden Fall nach erneuter Prüfung fest.

32

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ergibt sich - wie vom Beklagten festgestellt - unter Berücksichtigung des vom Kläger im ersten Lebensmonat seines Sohnes erzielten Einkommens ein vorläufiger Anspruch auf Elterngeld lediglich in Höhe des monatlichen Basisbetrages von 300 Euro. Maßgebend ist insoweit der Zufluss von 19 161,38 Euro aus der "Rechnung 06/2007" am 2.8.2007. Zwar ist bisher weder vom Beklagten noch von den Tatsachengerichten ermittelt worden, in welcher Höhe das sich daraus ergebende Nettoeinkommen beläuft. Die nach § 2 Abs 3 S 1 BEEG vorzunehmende Differenzberechnung wird voraussichtlich ergeben, dass ein zu berücksichtigendes Einkommen des Klägers nicht vorhanden ist, weil das nachgewiesene Einkommen im Bezugsmonat das vorgeburtliche durchschnittliche Monatseinkommen im Rahmen der gesetzlichen Obergrenze von 2.700 Euro jedenfalls erreichte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine exakte Berechnung hier allein deshalb entbehrlich ist, weil es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 4.12.2007 um eine vorläufige Festsetzung gemäß § 8 Abs 3 S 1 BEEG handelt. Da nach Lage der Akten bisher eine endgültige Festsetzung des Anspruchs noch nicht erfolgt ist, bleibt eine exakte Berechnung des Einkommens des Klägers im Bezugszeitraum gegebenenfalls dem Beklagten vorbehalten.

33

Die Revision des Klägers ist dagegen jedenfalls unbegründet, da ihm für den ersten Lebensmonat seines Sohnes Elterngeld vorläufig - nur - in Höhe des vom Beklagten zuerkannten Basisbetrages von 300 Euro zusteht.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 23. April 2015 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den richtigen Bemessungszeitraum und die Höhe des Elterngelds für die am 15.11.2013 geborene Tochter der Klägerin.

2

Die Klägerin ist Finanzbeamtin. Nach der Geburt ihres ersten Kindes am 28.10.2011 bezog sie bis zum 27.10.2012 Elterngeld. Daneben übte sie ein halbes Jahr lang - vom 1.4. bis 20.10.2012 - eine gewerbliche Tätigkeit als Vertreterin für Tupperware aus, erzielte damit aber nur negative Einkünfte (Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012).

3

Nachdem die Klägerin aus ihrer ersten Elternzeit in ihren Beruf zurückgekehrt war, arbeitete sie wieder als Finanzbeamtin. Zudem war sie nebenberuflich geringfügig abhängig beschäftigt. Im November 2013 gebar sie ihr zweites Kind.

4

Die Beklagte bewilligte der Klägerin nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihres zweiten Kindes in Höhe von 152,32 Euro für den 2. und je 1180,44 Euro für den 3. bis 12. Monat (Bescheid vom 6.2.2014). Dabei rechnete sie beamtenrechtliche Bezüge in der Zeit des Beschäftigungsverbotes nach der Entbindung an. Als Bemessungszeitraum legte die Beklagte das Kalenderjahr 2011 zugrunde.

5

Mit ihrem Widerspruch verlangte die Klägerin stattdessen, als Bemessungszeitraum die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes heranzuziehen.

6

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück. Wegen der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin im Jahr 2012, dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum, sei als Bemessungszeitraum grundsätzlich das Kalenderjahr 2012 maßgeblich. Da die Klägerin aber im Jahr 2012 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen habe, sei zu ihren Gunsten der Veranlagungszeitraum für das Jahr 2011 zugrunde gelegt worden (Widerspruchsbescheid vom 10.3.2014).

7

Das SG hat die Klage abgewiesen. Dass die Klägerin im Jahr 2012 lediglich negative Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit erzielt habe, hindere nicht die Anwendung des § 2b Abs 3 BEEG (Gerichtsbescheid vom 14.5.2014).

8

Das LSG hat den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 15.11.2013 bis 14.11.2014 höheres Elterngeld unter Zugrundelegung des in den Monaten November 2012 bis Oktober 2013 erzielten Einkommens zu gewähren. § 2b Abs 3 S 1 BEEG sei nicht anzuwenden, weil die Klägerin im Kalenderjahr 2012 lediglich negative Einkünfte erzielt habe(Verweis auf B 10 EG 2/12 R, B 10 EG 4/13 R zu § 2 Abs 9 S 1 BEEG idF vom 5.12.2006 - BGBl I 2748). Der Gesetzeszweck einer Verwaltungsvereinfachung gelte nicht uneingeschränkt, sondern nur in Fällen, in denen die Bezugnahme auf den letzten Veranlagungszeitraum typischerweise zu sachgerechten Ergebnissen führe. Er werde nicht vereitelt, wenn sich ohne weitere Ermittlungen unmittelbar aus dem Steuerbescheid ergebe, dass aus der selbstständigen Arbeit nur Verluste erzielt worden seien, und in diesen Fällen auf die zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes als Bemessungszeitraum zurückgegriffen werde (Urteil vom 23.4.2015).

9

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, § 2b Abs 2 S 2 und Abs 3 S 2 BEEG ließen keinen Raum für weitere Ausnahmeregelungen aus Billigkeitsgründen. Die vom LSG vorgeschlagene Lösung stehe im Widerspruch zum Wortlaut der Norm und zum gesetzgeberischen Ziel der Verwaltungsvereinfachung. Dieses würde verfehlt, wenn bereits bei der Festlegung des Bemessungszeitraums eine aufwändige Gewinnermittlung erforderlich wäre. Das in Bezug genommene Urteil des BSG beziehe sich auf die alte Rechtslage und sei auf die Neuregelung des § 2b BEEG nicht übertragbar.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 23. April 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 14. Mai 2014 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie verweist auf die Ausführungen des LSG, die sie für zutreffend hält.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne einer Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung des Rechtsstreits begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG).

14

1. Streitgegenstand ist der Elterngeldbescheid der Beklagten vom 6.2.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.3.2014. Die Klägerin wendet sich dagegen zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage auf Gewährung höheren Elterngelds (§ 54 Abs 1, Abs 4 SGG), die sich auf den Erlass eines Grundurteils iS des § 130 Abs 1 SGG richtet(vgl BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 14 mwN; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 2/13 R - Juris).

15

2. Die Revision der Beklagten hat im Sinne einer Aufhebung des Urteils des LSG und Zurückverweisung des Rechtsstreits Erfolg. Die Klägerin kann dem Grunde nach Elterngeld beanspruchen (dazu 3.). Sie kann jedoch nicht verlangen, dass die Beklagte das Elterngeld nach Maßgabe ihres Einkommens in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihres Kindes bemisst. Die Beklagte hat bei der Bemessung des Elterngelds der Klägerin vielmehr zu Recht deren Einkünfte aus einem vorangegangenen Kalenderjahr zugrunde gelegt (dazu 4.). Für eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Beklagte den Bemessungszeitraum zu Recht vom Steuerjahr 2012 auf das Steuerjahr 2011 verschoben hat, fehlen jedoch Feststellungen (dazu 5.).

16

3. Die Klägerin kann dem Grunde nach Elterngeld beanspruchen, weil sie im Anspruchszeitraum die Grundvoraussetzungen des Elterngeldanspruchs nach § 1 Abs 1 Nr 1 bis 4 BEEG(in der Ursprungsfassung vom 5.12.2006 - BGBl I 2748 - aF -) erfüllt hat. Nach den für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG hatte sie im Bezugszeitraum des Elterngelds ihren Wohnsitz in Deutschland, lebte in einem Haushalt mit ihrer Tochter, die sie selbst betreute und erzog, und übte zumindest keine volle Erwerbstätigkeit iS von § 1 Abs 6 BEEG aus.

17

4. Entgegen der Ansicht des LSG kann die Klägerin jedoch nicht verlangen, dass die Beklagte das Elterngeld nach § 2b Abs 1 S 1 BEEG(idF des Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 - BGBl I 1878) nach Maßgabe ihres Einkommens in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihres Kindes - von November 2012 bis Oktober 2013 - bemisst. Vielmehr hat die Beklagte als Bemessungszeitraum zutreffend nach § 2b Abs 3 S 1 BEEG iVm § 4a Abs 1 S 2 Nr 3 S 1 Einkommensteuergesetz (EStG) einen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde gelegt.

18

a) Gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG wird das Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat (§ 2 Abs 1 S 1 BEEG). Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich gemäß § 2 Abs 1 S 3 BEEG nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG(Nr 1) sowie Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 3 EStG(Nr 2), die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs 3 BEEG hat.

19

b) Als Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit iS von § 2c BEEG vor der Geburt sind nach § 2b Abs 1 S 1 BEEG die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Abweichend davon ist nach § 2b Abs 3 S 1 2. Alt BEEG der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach § 2b Abs 2 BEEG zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in diesen Zeiträumen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte.

20

Diese Voraussetzungen für die Zurückverlagerung des Bemessungszeitraums erfüllt die Klägerin, weil sie im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt ihres Kindes - dem Jahr 2012 - als Tupperware-Beraterin Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn auch negative, und damit Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte.

21

c) Die rechtliche Einordnung der früheren Tätigkeit der Klägerin als Tupperware-Beraterin als Gewerbebetrieb und damit als selbstständige Erwerbstätigkeit ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten. Bei der Tätigkeit als Tupperware-Beraterin handelt es sich um eine selbstständige nachhaltige Betätigung, welche die Klägerin mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternahm und die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellte (vgl § 15 Abs 2 S 1 EStG). Die Klägerin erbrachte persönlichen Arbeitseinsatz, trug Unternehmerrisiko und zeigte auch Unternehmerinitiative (vgl hierzu BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - Juris). Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb im Sinne des Steuerrechts handelt es sich elterngeldrechtlich um Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit (vgl BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - RdNr 5 und 28).

22

d) Damit ist der Anwendungsbereich des § 2b Abs 3 BEEG eröffnet. Dieser stellt darauf ab, ob die elterngeldberechtigte Person in den Zeiträumen nach § 2b Abs 1 BEEG (dh grundsätzlich den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes) oder Abs 2 BEEG (dh den jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträumen, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes oder - in bestimmten Fällen - die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen) Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte(§ 2b Abs 3 S 1 BEEG; zu den alternativ maßgeblichen Zeiträumen auch BSG Urteil vom 27.10.2016 - B 10 EG 4/15 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR).

23

Anders als die Vorinstanz annimmt, sind von dem Begriff des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" iS des § 2b Abs 3 BEEG auch negative Einkommensbeträge erfasst. Das folgt aus Wortlaut (aa), Systematik (bb) sowie vor allem Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er sich aus ihrer Entstehungsgeschichte ergibt (cc). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht (dd).

24

(aa) Der Wortlaut von § 2b Abs 3 BEEG stellt darauf ab, ob die berechtigte Person Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte, nicht aber darauf, ob aus dieser Erwerbstätigkeit ein Gewinn erzielt worden ist. Anders als § 2d Abs 1 BEEG idF vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) spricht § 2b Abs 3 BEEG nicht von Gewinneinkünften und anders als in § 2 Abs 1 S 3 iVm § 2d Abs 1 BEEG auch nicht von positiven Einkünften, sondern allgemein von Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Dem Einkommensbegriff des BEEG liegt der steuerrechtliche Einkommensbegriff zugrunde (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes, BT-Drucks 16/2785 S 37; BR-Plenarprotokoll 827 vom 3.11.2006 S 336; BT-Plenarprotokoll 17/184 S 22068; Beschlussempfehlung und Bericht des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drucks 17/9841 S 18). Im Einkommensteuerrecht ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen (§ 2 Abs 4 EStG in der - durch spätere Änderungen des § 2 EStG unberührten - Fassung vom 8.10.2009, BGBl I 3366). Dabei ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs 3 EStG der Gesamtbetrag der Einkünfte die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Abs 3 EStG. Bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit sind Einkünfte der Gewinn iS der §§ 4 bis 7k und 13a EStG(§ 2 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG in der - durch spätere Änderungen des § 2 EStG unberührten - Fassung vom 8.12.2010, BGBl I 1768). Gemäß § 4 Abs 1 S 1 EStG ist Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Bei Land- und Forstwirten und bei Gewerbetreibenden ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln (§ 4a Abs 1 S 1 EStG). Wirtschaftsjahr ist bei Gewerbetreibenden, deren Firma nicht im Handelsregister eingetragen ist, das Kalenderjahr (§ 4a Abs 1 S 2 Nr 2 und 3 EStG).

25

Da der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres auch negativ sein kann, wenn das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres geringer ausfällt als das Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, kann der Gewinn iS des § 4 Abs 1 S 1 EStG auch negativ sein (sog negativer Gewinn, Verlust). Damit können auch die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG negativ sein. Infolgedessen kann einkommensteuerrechtlich auch das Einkommen iS des § 2 Abs 4 EStG negativ sein (sog Negativeinkommen). Dies gilt wegen der engen Bindung des Elterngeldrechts an das Steuerrecht auch im Rahmen des § 2b BEEG für die Bestimmung des Bemessungszeitraums.

26

(bb) Systematische Erwägungen stehen dieser Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" in § 2b Abs 3 BEEG nicht entgegen. Zwar regelt § 2d Abs 1 BEEG, dass die monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (Gewinneinkünfte), vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG, das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit ergibt. Diese Vorschrift ist jedoch nicht als Legaldefinition zu verstehen, die bereits in die Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b Abs 2, Abs 3 BEEG Eingang finden soll, denn der Gesetzgeber hat die Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b BEEG von der Berechnung der Höhe des Einkommens aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum nach §§ 2c, 2d BEEG systematisch getrennt. Der Elterngeldanspruch wird in drei Stufen ermittelt. Zunächst ist der Bemessungszeitraum zu bestimmen, dh der Zwölfmonatszeitraum oder der abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum, in dem die berechtigte Person dasjenige Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte, welches die Grundlage für die Berechnung der prozentualen Elterngeldleistung bildet (§ 2b BEEG). Anschließend wird die Höhe des Einkommens aus nichtselbstständiger bzw selbstständiger Erwerbstätigkeit berechnet, welches die berechtigte Person im zuvor festgelegten Bemessungszeitraum hatte (§§ 2c, 2d BEEG). Ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten - sog vertikaler Verlustausgleich - findet dabei nicht statt (s insbesondere BT-Drucks 16/2785 S 37 linke Spalte unten zu § 2; Irmen in Hambüchen, Elterngeld/Elternzeit/Kindergeld, Stand Dezember 2009, § 1 BEEG RdNr 85 mwN, § 2 RdNr 21; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, § 2 BEEG RdNr 56). Schließlich sind ggf andere Einnahmen anzurechnen (§ 3 BEEG).

27

Das gesetzliche Anspruchssystem unterscheidet demnach eindeutig zwischen der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b BEEG und der Berechnung der Höhe des Einkommens aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum nach §§ 2c, 2d BEEG. Erst nachdem auf der ersten Stufe der Bemessungszeitraum bestimmt worden ist, kann auf der zweiten Stufe die Höhe des maßgeblichen Bemessungseinkommens vor der Geburt des Kindes berechnet werden. Aus diesem Grund ist der Begriff des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" in § 2b Abs 3 S 1 BEEG nicht deckungsgleich mit demjenigen in § 2d Abs 1 BEEG.

28

Wollte man dagegen bereits bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums eine Prüfung verlangen, ob die berechtigte Person positive Einkünfte hatte, wäre diese Vorschrift - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - kaum sachgerecht zu handhaben. Die Ermittlung der Einkünfte muss sich auf einen Zeitraum beziehen, der im Rahmen des § 2b BEEG erst festgelegt wird. Dafür ist nach dieser Vorschrift zunächst festzustellen, ob die berechtigte Person Einkommen (nur) aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit, (nur) aus selbstständiger Erwerbstätigkeit oder aus beiden Erwerbstätigkeiten hat (sog Mischeinkünfte). Dabei reicht es aus, dass das Einkommen der Art nach aus einer der genannten Erwerbstätigkeiten herrührt. Ein Bemessungszeitraum ließe sich bei alleinigem Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nach neuem Recht überhaupt nicht mehr festlegen, wenn es bereits an dieser Stelle auf Gewinneinkünfte ankäme.

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(cc) Vor allem aber spricht der Sinn und Zweck der Regelung, wie er sich insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt, für die vom Senat befürwortete Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" in § 2b Abs 3 BEEG.

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Die Vorläuferregelung des § 2 Abs 9 S 1 BEEG aF traf Regelungen sowohl zur Bestimmung des Bemessungszeitraums als auch zur Berechnung der Höhe des Einkommens im Bemessungszeitraum. Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) hat der Gesetzgeber § 2 BEEG zur besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit neu strukturiert. Dabei wurden die Regelungen des bisherigen § 2 Abs 7 bis 9 BEEG im Wesentlichen in die neu eingefügten Vorschriften der §§ 2b bis 2f BEEG überführt(BT-Drucks 17/9841 S 17). Es erfolgte eine Trennung der Regelungen zur Bestimmung des Bemessungszeitraums einerseits (§ 2b Abs 3 BEEG) und zur Berechnung der Höhe des Einkommens im Bemessungszeitraum andererseits (§ 2d BEEG). Der in § 2 Abs 9 S 1 BEEG aF verwendete Begriff des "Gewinns" fand dabei nur Eingang in den § 2d BEEG, nicht aber in den § 2b Abs 3 BEEG. Die Bestimmung des Bemessungszeitraums hängt somit nicht mehr davon ab, ob die berechtigte Person aus ihrer Erwerbstätigkeit Gewinn erzielt hat, sondern nur davon, ob sie Einkommen (nur) aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 2b Abs 1 BEEG), (nur) aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 2b Abs 2 BEEG)oder sowohl aus nichtselbstständiger als auch aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte (§ 2b Abs 3 BEEG). Das zuvor bestehende hierarchische Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums für Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mit dem Zwölfmonatszeitraum als Regel und dem letzten Veranlagungszeitraum als Ausnahme hat der Gesetzgeber ersatzlos entfallen lassen (BSG Urteil vom 21.6.2016 - B 10 EG 8/15 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR 4-7837 § 2b Nr 1, Juris). Daher ist im Regelungsgefüge des § 2b BEEG ein Einkommen der Art nach gemeint, dh ein Einkommen aus nichtselbstständiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit, und nicht ein Positiveinkommen(aA Löbner/Tünz, SRa 2016, 41, 43). Aus den genannten Gründen findet die vom Senat zu § 2 Abs 9 BEEG aF entwickelte Rechtsprechung(vgl hierzu BSG Urteil vom 27.6.2013 - B 10 EG 2/12 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 21; BSG Urteil vom 26.3.2014 - B 10 EG 4/13 R - mwN; BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30) entgegen der Ansicht des LSG auf § 2b Abs 3 BEEG keine Anwendung mehr. Dies entspricht der Regelungsabsicht des Gesetzgebers. Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 hat er auf den gegenüber dem Vollzug des früheren Bundeserziehungsgelds stark angestiegenen Verwaltungsaufwand für den Vollzug des Elterngelds reagiert (BT-Drucks 17/9841 S 1). Die Komplexität der neuen Leistung, insbesondere die aufwändige Einkommensermittlung, habe die Verwaltungen der Länder in unvertretbar hohem Maße belastet. Dies habe zu Wartezeiten geführt, welche die Zielsetzung der Leistung in Frage gestellt hätten, das weggefallene Erwerbseinkommen zu ersetzen (BR-Drucks 884/1/09 S 2). Um die Leistung weiterhin zeitnah zur Geburt an die Familien erbringen zu können, bedurfte es entweder der Bereitstellung erheblicher personeller Kapazitäten in der Verwaltung oder einer Vereinfachung des Vollzugs des Elterngelds (BT-Drucks 17/9841 S 1). Das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 zielte auf eine erhebliche Vereinfachung des Vollzugs des Elterngelds ab, bei der der Charakter der Leistung gewahrt und Mehrausgaben vermieden werden (BR-Drucks 884/1/09 S 2). Zu diesem Zweck wurde eine Berechnung des Nettoeinkommens mittels pauschaler Abgabensätze und fiktiver Steuern (fiktive Nettoberechnung) eingeführt, durch die eine deutliche Verringerung der aus den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen zu bewertenden und zu übernehmenden Positionen erreicht werden sollte (BT-Drucks 17/9841 S 1; BR-Drucks 884/1/09 S 2). Der Bezug von Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit sollte zwingend zu einem Rückgriff auf einen steuerlichen Veranlagungszeitraum führen, der für die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich ist. Der Gesetzgeber wollte damit bei Mischeinkünften eine Deckungsgleichheit der Bemessungszeiträume erreichen und vor allem die Einkommensermittlung und damit den Elterngeldvollzug durch Rückgriff auf Feststellungen der Steuerbehörden maßgeblich vereinfachen (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs, BT-Drucks 17/1221 S 1; Beschlussempfehlung und Bericht des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 17/9841 S 15 f, 21). Das elterngeldrechtliche Einkommen sollte weiterhin in Anlehnung an den steuerlichen Einkommensbegriff ermittelt werden (Beschlussempfehlung und Bericht des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks 17/9841 S 18). Diese Orientierung am Einkommensteuerrecht betrifft sowohl den Einkommensbegriff als auch den Zeitraum, dem das Bemessungsentgelt entnommen wird (Dau im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des 13. Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Wortprotokoll 17/65 S 13).

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Dem erklärten Willen des Gesetzgebers lassen sich somit für die vorliegende Rechtsfrage zwei Kernaussagen entnehmen: Erstens dient das Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 im Allgemeinen und die Kollisionsregel (Ismer/Luft/Schachameyer, NZS 2013, 327, 333; Graue in Böttcher/Graue, BEEG, 5. Aufl 2016, § 2b BEEG RdNr 1, 7) des § 2b Abs 3 S 1 BEEG im Besonderen der Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung. Dabei soll sich - zweitens - sowohl der Einkommensbegriff als auch der Bemessungszeitraum am Einkommensteuerrecht orientieren.

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Die vom erkennenden Senat angewendete weite Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" im Rahmen des § 2b Abs 3 BEEG, die auch Negativeinkünfte einbezieht, dient diesen Zwecken. Wie ausgeführt, versteht auch das Einkommensteuerrecht Einkommen als den (um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen verminderten) Gesamtbetrag der Einkünfte, der auch negativ sein kann. Zum anderen fördert die Anwendung des § 2b Abs 3 BEEG auf sämtliche Sachverhalte, in denen eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, grundsätzlich eine weitergehende Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung, als sie bei einer engen Begriffsauslegung erzielt würde.

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Auch wenn im vorliegenden Fall der vom Gesetzgeber beabsichtigten Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung durch ein Abstellen auf den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum weniger Gewicht zukommt, weil sich die Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Tätigkeit anhand ihres Steuerbescheids ohnehin leicht ermitteln ließen, sind bei der Gesetzesauslegung stets auch die weiteren Sachverhaltskonstellationen im Blick zu behalten, in denen sich dieselbe Rechtsfrage stellt. Konkret sind etwa die Fälle zu beachten, in denen die selbstständige Erwerbstätigkeit - anders als bei der Klägerin - in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes noch ausgeübt worden ist. In diesen Fällen liegt für diesen Zeitraum regelmäßig noch kein Einkommensteuerbescheid vor. Eine enge Auslegung des Begriffs des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" könnte in solchen Konstellationen dazu führen, dass die Elterngeldstelle - mangels positiven Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum - die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes als Bemessungszeitraum feststellen und für diesen Zeitraum - mangels Einkommensteuerbescheides - erneut eine aufwändige Gewinnermittlung durchführen müsste (vgl § 2d Abs 2 S 2, Abs 3 BEEG). Um demgegenüber in diesen Fällen der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 2b Abs 3 BEEG möglichst nahezukommen, ist der Begriff des "Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" im Rahmen dieser Vorschrift weit auszulegen.

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(dd) Dieser weiten Begriffsauslegung stehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen. Insbesondere verstößt sie nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. § 2b Abs 3 BEEG trifft eine typisierende Regelung, weil die Vorschrift bei der Festlegung des Bemessungszeitraums für das Elterngeld die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit unabhängig davon gleich behandelt, ob daraus positive Einkünfte erwirtschaftet werden oder nicht. Zwar fällt auch eine solche Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem in den Schutzbereich des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 GG und bedarf daher der Rechtfertigung durch hinreichend gewichtige Gründe (vgl BVerfG Beschluss vom 12.10.2010 - 1 BvL 14/09 - BVerfGE 127, 263, 280). Nach der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG darf der Gesetzgeber insoweit aber insbesondere im Sozialrecht bei der Ordnung von Massenerscheinungen generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein wegen der damit verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen(BSG Urteil vom 5.4.2012 - B 10 EG 4/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 13; BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 10 EG 6/14 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 30 RdNr 18). Die mit der Typisierung verbundene Belastung ist hinzunehmen, wenn die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und nicht nur eine, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppe typischer Fälle(BVerfGE 9, 20, 31; BVerfGE 26, 265, 275 f; BVerfGE 63, 119, 128, 130 = SozR 2200 § 1255 Nr 17 S 36, 38). Zudem dürfen die mit der Typisierung einhergehenden Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sein (BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3 RdNr 39; BVerfGE 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr 4 RdNr 37) . Hierbei sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht.

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Auch wenn die Anwendung des § 2b Abs 3 S 1 BEEG im konkreten Fall zu keiner weitergehenden Vereinfachung des Elterngeldvollzugs führt, erweist sie sich nach diesen Vorgaben nicht als unverhältnismäßig. Die mit der gesetzlichen Regelung in Fällen wie dem der Klägerin verbundenen Härten ließen sich nur unter Schwierigkeiten vermeiden. Denn eine enge Auslegung des Einkommensbegriffs im Rahmen von § 2b Abs 3 BEEG würde in ähnlichen Konstellationen - wie unter 4 d) cc) erläutert - bereits bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums eine aufwändige Gewinnermittlung erforderlich machen. Dies würde den vom Gesetzgeber angestrebten, legitimen Vereinfachungseffekt zugunsten von Verwaltung und Elterngeldberechtigten weitgehend aufheben.

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Die mit der gesetzlichen Regelung für die Klägerin verbundene Härte wiegt für sie auch nicht besonders schwer. Sie wird nicht vom Elterngeldbezug ausgeschlossen, sondern bezieht ihr Elterngeld lediglich auf Grundlage ihres Einkommens in einem anderen Bemessungszeitraum. Zwar erhält die Klägerin dadurch weniger Elterngeld als erwartet, weil sie in den Jahren 2011 und 2012 - anders als in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihres zweiten Kindes - noch keine nebenberufliche nichtselbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte. Die angestrebte Optimierung des Elterngeldanspruchs durch Aufnahme weiterer Erwerbstätigkeiten vor der Geburt mag ein nachvollziehbares Ziel der berechtigten Person sein, braucht aber nicht höher gewichtet werden als die praktischen Erfordernisse der Verwaltung.

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Die Klägerin gehört auch nicht zu einer nennenswerten Gruppe vergleichbarer Elterngeldbezieher, deren Existenz die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung in atypischen Sonderfällen überschreiten könnte. Der Bemessungszeitraum hat sich bei der Klägerin vielmehr nur deshalb verschoben, weil sie im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes neben ihrer hauptberuflichen nichtselbstständigen Tätigkeit einer - danach wieder aufgegebenen - gewerblichen Tätigkeit nachgegangen ist und damit nur Verluste erzielt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass eine derartige ungewöhnliche Konstellation eine, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, eigenständige Gruppe typischer Fälle ausmacht. Vielmehr geht die Verschiebung des Bemessungszeitraums vom Zwölfmonatszeitraum vor dem Geburtsmonat des Kindes zurück auf die maßgeblichen steuerlichen Veranlagungszeiträume nicht zwingend mit einem niedrigeren Bemessungseinkommen einher. Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sind bereits ihrer Natur nach nicht so stet und vorhersehbar wie solche aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Zudem können sie von den Berechtigten regelmäßig leichter beeinflusst werden.

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5. Für eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Beklagte den Bemessungszeitraum zu Recht vom Steuerjahr 2012 auf das Steuerjahr 2011 verschoben hat, fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen.

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Zwar sieht § 2b Abs 3 S 2 BEEG vor, § 2b Abs 2 S 2 BEEG mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist, wenn im Bemessungszeitraum nach § 2b Abs 3 S 1 BEEG die Voraussetzungen des § 2b Abs 1 S 2 BEEG vorgelegen haben. Dies ist vorliegend der Fall, denn die Klägerin hatte in der Zeit vom 1.1. bis 27.10.2012 Elterngeld bezogen (vgl § 2b Abs 1 S 2 Nr 1 BEEG). Ihr Einkommen im Jahr 2012 war dadurch niedriger als ihr Einkommen im Jahr 2011, in dem sie Elterngeld und beamtenrechtliche Bezüge in der Zeit des Mutterschutzes bezogen hatte. Deshalb erhielte die Klägerin ein höheres Elterngeld, wenn das Jahr 2011 als Bemessungszeitraum zugrunde gelegt würde.

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Jedoch setzt die Anwendung des § 2b Abs 3 S 2 BEEG einen entsprechenden Antrag der berechtigten Person voraus. § 2b Abs 3 S 2 BEEG nimmt ausdrücklich auf § 2b Abs 2 S 2 BEEG Bezug ("mit der zusätzlichen Maßgabe"), der dieses Erfordernis statuiert("auf Antrag"; vgl auch Wiegand, BEEG, § 2b BEEG RdNr 13; Lenz in Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit/Betreuungsgeld, 4. Aufl 2015, § 2b BEEG RdNr 15; Grösslein-Weiß in Roos/Bieresborn, MuSchG/BEEG, Synopse § 2 aF/§§ 2a-2f nF BEEG S 729 unten; Helmke, Familienleistungsausgleich, Kommentar, § 2b BEEG RdNr 37 f; Graue in Böttcher/Graue, BEEG, 5. Aufl 2016, § 2b BEEG RdNr 8; Schnell in Tillmanns/Mutschler, MuSchG/BEEG, § 2b BEEG RdNr 22 f). Mit dem Antragserfordernis will das Gesetz unbillige Härten durch eine schematische Verschiebung des Bemessungszeitraums vermeiden.

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Feststellungen dazu, ob die Klägerin einen solchen Antrag gestellt hat, hat das LSG nicht getroffen. Wie sich aus § 163 SGG ergibt, kann das Revisionsgericht die fehlenden Feststellungen hier - wie im gesetzlichen Regelfall - nicht selbst nachholen. Die Sache war daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, dem auch die Kostenentscheidung vorbehalten bleibt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.