Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2012 - X ZR 98/09

bei uns veröffentlicht am15.05.2012
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 6/08, 17.03.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 98/09 Verkündet am:
15. Mai 2012
Wermes,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Calcipotriol-Monohydrat
EPÜ Art. 56; PatG § 4
Im Rahmen der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit kann für die Frage, ob der
Fachmann aus dem Stand der Technik eine Anregung erhalten hat, dort beschriebene
Maßnahmen aufzugreifen und sie auf einen bekannten Stoff anzuwenden, die
Überlegung Bedeutung gewinnen, ob sich aus diesen Maßnahmen eine angemessene
Erfolgserwartung für die Lösung des sich stellenden technischen Problems ergab
(Fortführung von BGH, Urteil vom 6. März 2012 - X ZR 50/09, juris; vgl. auch BGH,
Urteil vom 10. September 2009 - Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123 - Escitalopram).
BGH, Urteil vom 15. Mai 2012 - X ZR 98/09 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Mai 2012 durch den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens, die Richter Gröning und Dr. Grabinski sowie die Richterin Schuster

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 17. März 2009 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des europäischen Patents 679 154 (Streitpatents ), das am 7. Januar 1994 angemeldet worden ist und eine Unionspriorität vom 15. Januar 1993 in Anspruch nimmt. Das Streitpatent betrifft "a New Crystalline Form of a Vitamin D Analogue" und umfasst fünf Patentansprüche, die in der erteilten Fassung wie folgt lauten: "1. Calcipotriol (1α,3β,5Z,7E,22E,24S)-24-Cyclopropyl-9,10secochola -5,7,10(19),22-tetraene-1,3,24-triol, monohydrate.
2. Pharmaceutical composition containing the compound of claim 1.
3. Pharmaceutical composition according to claim 2 which is a cream.
4. Pharmaceutical composition according to claim 2 which is a gel.
5. Pharmaceutical composition according to any one of claims 2 - 4 with a content of the active component of 1 - 100 μg/g of the composition."
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit zwei Hilfsanträgen in geänderten Fassungen verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent antragsgemäß für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und verteidigt das Streitpatent in der erteilten Fassung und mit drei Hilfsanträgen, bei denen Patentanspruch 1 jeweils wie folgt lautet: "Hilfsantrag 1: 1. Calcipotriol (1α,3β,5Z,7E,22E,24S)-24-Cyclopropyl-9,10secochola -5,7,10(19),22-tetraene-1,3,24-triol, monohydrate, wherein the monohydrate exhibits a solid state CPMAS-NMR spectrum comprising the following characteristic resonances: 147.9, 146.5, 134.8, 130.3, 129.0, 126.5, 116.0, 109.4, 75.5, 68.2, 67.2, 56.9, 55.2, 47.8, 47.5, 42.9, 42.0, 41.3, 30.7, 28.9, 25.6, 23.1, 22.6, 19.5, 14.6, 6.2 and 1.9 ppm, respectively.

Hilfsantrag 2:
1. Pharmaceutical composition containing a crystal suspension of calcipotriol (1α,3β,5Z,7E,22E,24S)-24-Cyclopropyl-9,10secochola -5,7,10(19),22-tetraene-1,3,24-triol, monohydrate.
Hilfsantrag 3:
1. Pharmaceutical composition containing a crystal suspension of calcipotriol (1α,3β,5Z,7E,22E,24S)-24-Cyclopropyl-9,10secochola -5,7,10(19),22-tetraene-1,3,24-triol, monohydrate, wherein the monohydrate exhibits a solid state CPMAS-NMR spectrum comprising the following characteristic resonances: 147.9, 146.5, 134.8, 130.3, 129.0, 126.5, 116.0, 109.4, 75.5, 68.2, 67.2, 56.9, 55.2, 47.8, 47.5, 42.9, 42.0, 41.3, 30.7, 28.9, 25.6, 23.1, 22.6, 19.5, 14.6, 6.2 and 1.9 ppm, respectively."
4
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
5
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. K. , Hochschule O. , , Pharmatechnik, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Parteien haben zahlreiche Privatgutachten sowie das gerichtliche Sachverständigengutachten der Sachverständigen F. in einem Verfahren vor dem Landgericht T. vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.
7
I. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
8
Die Erfindung betreffe ein Calcipotriol-Hydrat - eine neue kristalline Form von Calcipotriol - mit überlegenen technischen Eigenschaften, beispielsweise bei der Zubereitung kristalliner Suspensionsformulierungen, und mit überlegenen Stabilitätseigenschaften. Calcipotriol sei bereits in der Veröffentlichung der internationalen Patentanmeldung WO 87/00834 - die zu dem europäischen Patent 227 826 (Ni4; Ausgangspatent) geführt hat - beschrieben (Beschr. S. 2 Z. 5 bis 7). Dieser Stoff besitze ein bemerkenswertes biologisches Aktivitätsprofil, das sich für die topische Behandlung von Psoriasis als sehr nützlich erwiesen habe. Wegen der geringen Stabilität von Calcipotriol in bestimmten Lösungen würden in einigen Formulierungen, insbesondere in Cremes und Gelen, bevorzugt Kristallsuspensionen verwendet (Beschr. S. 2 Z. 16 bis 19).
9
Zur Herstellung geeigneter Kristallsuspensionsformulierungen sei es nach dem Streitpatent zwingend erforderlich, die Kristallgröße zu kontrollieren; dieser Parameter sei im Hinblick auf eine reproduzierbare Freisetzung der aktiven Verbindung aus der Formulierung von Bedeutung. Die kristalline Wirkstoffmasse werde üblicherweise einer Mikronisierung oder einem Feuchtmahlverfahren unterworfen, um die Kristallgröße zu verringern, bevor die endgültige Suspensionsformulierung hergestellt werde. Im Fall des Calcipotriols sei ein Kugelmühlen-Feuchtmahlverfahren verwendet worden. Es habe sich als technisch schwierig herausgestellt, dieses Verfahren durchzuführen, wenn die in der internationalen Anmeldung WO 87/00834 beschriebene wasserfreie Kristallform verwendet werde. Es sei schwierig, diese Kristalle zu befeuchten. Sie entwickelten während des Mahlprozesses einen stabilen Schaum, was die Erzielung einer geeigneten, kleinen und einheitlichen Teilchengröße erschwere.
10
Überraschenderweise sei gefunden worden - so das Streitpatent - dass diese Schwierigkeiten vermieden werden könnten, wenn eine bislang unbekannte kristalline Form des Calcipotriols, das Calcipotriol-Hydrat, anstatt der bekannten wasserfreien Form verwendet werde. Das Hydrat sei der wasserfreien Form technisch überlegen. Es sei leicht zu befeuchten und das Kugelmühlen -Feuchtmahlverfahren verlaufe glatt (Beschr. S. 2 Z. 20 bis 22)
11
Das Monohydrat von Calcipotriol sei vollkommen kristallin, überraschend stabil und gut geeignet zur Anwendung in der modernen Therapie. Dies werde durch Stabilitätsdaten bei 40°C veranschaulicht: Während die wasserfreie Form von Calcipotriol bei dieser Temperatur einen bemerkenswerten Zersetzungsgrad aufweise und nach zwölfmonatiger Lagerung mehr als 30% Zersetzung beobachtet würde, weise die erfindungsgemäße Verbindung, CalcipotriolMonohydrat , nach zwölfmonatiger Lagerung bei dieser Temperatur keine Zersetzung auf.
12
Der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung erweise sich als nicht patentfähig, da es für den Fachmann, einen promovierten Chemiker, der mit der Synthese und Analytik organisch-chemischer Wirkstoffe sowie deren Anwendung im Bereich der Pharmazie befasst und vertraut sei, über besondere Erfahrung auf dem Gebiet von Vitamin D-Analoga verfüge und in ein Team zur Entwicklung eines zu formulierenden Wirkstoffs eingebunden sei, nahegelegen habe, das Monohydrat des Calcipotriols ausgehend vom Stand der Technik betreffend Monohydrate anderer Vitamin D-Analoga unter Berücksichtigung der Aufgabenstellung zu Formulierungszwecken bereitzustellen.
13
Calcipotriol-Monohydrat sei im Stand der Technik weder ausdrücklich vorbeschrieben noch aus diesen zu entnehmen. In den Herstellungsbeispielen des Ausgangspatents (Ni4) würden vielmehr kristalline Verbindungen erhalten, die kein Wasser aufwiesen. Die Anwesenheit von Hydratkristallen sei auszuschließen , da zu Beginn des experimentellen Teils ausdrücklich auf den Einsatz getrockneter und damit praktisch wasserfreier Lösungsmittel im Zuge der Synthese und Produktaufarbeitung hingewiesen werde (Ni4, S. 12 Z. 50).
14
Ob die von der Klägerin geltend gemachte inhärente Bildung des Calcipotriol -Monohydrats bei der Zubereitung von Cremes und entsprechend der Lehre der Veröffentlichung der internationalen Anmeldung WO 91/12807 (Ni5) tatsächlich stattfinde und demnach eine implizite neuheitsschädliche Offenbarung darstelle, könne im Streitfall dahinstehen, da die Bereitstellung des beanspruchten Calcipotriol-Monohydrats jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
15
Die Lösung des Streitpatents sei ausgehend von den vorveröffentlichten Erkenntnissen zur Stabilitätsverbesserung bei anderen, bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents für die Behandlung unter anderem auch von Psoriasis in Betracht gezogenen Vitamin D(D3)-Analoga naheliegend.
16
Vitamin D3, auch als Cholecalciferol oder Calciol bezeichnet, sei die metabolische Vorstufe des 1,25-(OH)2-D3, dem auch als Calcitriol bezeichneten aktiven Vitamin D. Vitamin D3 wiederum werde durch UV-Licht in der Haut aus dem mit Cholesterin direkt im metabolischen Gleichgewicht stehenden Dehydrocholesterin gebildet. 1-OH-D3, 1, 24-(OH)2-D3, 1, 25-(OH)2-D3 sowie andere Vitamin D(D3)-Analoga übten Einfluss auf den Calciumstoffwechsel aus und seien deshalb als pharmazeutische Wirkstoffe zur Behandlung von Vitamin Dassoziierten und mit dem Calciumstoffwechsel in Zusammenhang stehenden Krankheitsbildern beschrieben. Daneben seien für diese und andere Vitamin D(D3)-Analoga, darunter auch für Calcipotriol, die Möglichkeit zur Behandlung von chronischen Hautkrankheiten, vor allem von Akne und von Psoriasis in zur topischen Anwendung geeigneten Zubereitungen beschrieben (Ausgangspatent Ni4, S. 1 Z. 55 bis 62, S. 2 Z. 2 bis 11; Ni5, S. 1 Z. 16, S. 2 Z. 25; Kragballe, Vitamin D Analogues in the Treatment of Psoriasis, J. Cell. Biochem. 49 (1992), 46 bis 52, Ni24).
17
Der mit der problematischen Stabilität von Calcipotriol konfrontierte Fachmann habe nicht umhin gekonnt, sich bei anderen Vitamin D(D3)-Analoga nach Anregungen zur Lösung des Stabilitätsproblems umzusehen. Dabei sei er zwangsläufig auf die US-Patentschrift 3 833 622 (Ni8, Upjohn), die USPatentschrift 4 435 325 (Ni9, Roussel-Uclaf) und die Veröffentlichung der japanischen Patentanmeldung Sho 59-104358 (Ni10, Teijin) gestoßen, in denen, neben der Herstellung und Verwendung, auch die Stabilisierung verschiedener Vitamin D(D3)-Analoga durch Bildung von Monohydraten beschrieben sei.
18
So betreffe die Ni8 kristalline Hydrate von 25-Hydroxycholecalciferol und strukturverwandter Verbindungen, insbesondere das Monohydrat des 25-Hydroxycholecalciferols (vgl. Ni8 Sp. 1 Z. 14 bis 17, Sp. 13 f., Beispiel 8, 11, 15, 23, 24, 30 sowie Sp. 2 Formel VI). Hierzu werde ausgeführt, dass man durch Kristallisierung, Reinigung und Stabilität der Hydrate dieser Vita- min D(D3)-Analoga, insbesondere des 25-Hydroxycholecalciferols, die auf einfache Weise durch bloße Zugabe von Wasser in kristalliner Form aus Lösungen in organischen Lösungsmitteln erhalte, die gegenüber den entsprechenden wasserfreien Verbindungen verbessert seien (vgl. Ni8 Sp. 3 Z. 35 bis 50 sowie Sp. 6 Z. 33 bis Sp. 7 Z. 5). Diese Lehre und deren Ergebnisse würden durch die Ni9 ergänzt, aus der die Herstellung des kristallinen Monohydrats eines nicht nur am C-25, sondern auch am C-1 hydroxylierten Cholecalciferolderivats sowie dessen besondere Stabilität hervorgehe (Ni9, Sp. 1 Z. 47 bis 57). Dabei werde auf die Eignung dieses Monohydrats für die Herstellung verschiedenster Formulierungen in Gegenwart üblicher Formulierungshilfsstoffe, darunter wässrige und nicht wässrige Systeme, hingewiesen (vgl. Ni9 Sp. 2 Z. 4 bis 15).
19
In der Ni10 seien die Herstellung, Eigenschaften und Verwendung eines weiteren strukturverwandten Monohydrats, desjenigen von 1α, 24-Dihydroxycholecalciferol, beschrieben. Dessen Bildung erfolge durch bloße Zugabe von Wasser zu einer Lösung des wasserfreien Dihydroxycholecalciferol in einem niedrigen Alkohol (vgl. Ni10 S. 2 letzter Abs.). Außerdem würden die Vorteile dieses Monohydrats hinsichtlich Löslichkeit, Stabilität, Verarbeitung und pharmazeutische Anwendung hervorgehoben (Ni10, S. 3 Abs. 2 iVm S. 4 letzter Abs.).
20
Bei der Suche nach einer für die Zubereitung pharmazeutischer Zusammensetzungen , insbesondere von Cremes und Lotionen, geeigneten stabilen Stoffform des Calcipotriols habe sich der Fachmann diesen Erkenntnissen nicht verschließen können. Vielmehr sei er nicht zuletzt wegen der Strukturnähe zu Calcipotriol angeregt gewesen, die durch die Ni8, Ni9 und Ni10 vermittelten Lehren aufzugreifen und bei Calcipotriol anzuwenden; auf diese Weise habe er ohne weiteres und unmittelbar zum kristallinen Monohydrat des Calcipotriols gelangen können. Gründe oder Umstände, die den Fachmann von der Anwendung dieser Lehren hätten abhalten können, seien nicht ersichtlich. Die in Ni8 bis Ni10 beschriebenen Arbeitsweisen führten, wie sich aus dem Vergleich mit den Arbeitsweisen des Streitpatents (Patentschrift S. 2 Z. 31 und 32 iVm Beispielen 1-3), ergebe, ohne wesentliche experimentelle Abänderungen auch bei Calcipotriol zur Bildung eines Monohydrats.
21
Das hiergegen gerichtete Vorbringen der Beklagten führt nach Auffassung des Patentgerichts nicht zum Erfolg.
22
Es treffe zwar zu, dass die wasserfreien Vitamin D-Analoga der Ni 8 bis Ni10, aus denen die Monohydrate hergestellt würden, nur in Form von amorphen oder schlecht kristallinen Feststoffen oder nur als Öle vorgelegen hätten, im Gegensatz zu Calcipotriol, das bereits in wasserfreier Kristallform vorbeschrieben sei. Jedoch sei daraus nicht abzuleiten, dass kein Anlass bestanden habe, nach einer stabilen Stoffform des Calcipotriols zu suchen. Die Untersuchung der Stabilität eines vorbeschriebenen und in der Entwicklung befindlichen pharmazeutischen Wirkstoffs, hier dem Calcipotriol, stelle eine wichtige Aufgabe aus dem typischen Aufgabenkreis zur Markteinführung eines Wirkstoffs dar. Spätestens seit der Veröffentlichung der Ergebnisse erfolgreicher pharmakologischer Studien in den Jahren 1989 bis 1991 - siehe die bei Kragballe (Ni24) zitierten Referenzen 37 bis 41 - und damit geraume Zeit vor dem Prioritätstag des Streitpatents habe ein großes Interesse und Bedürfnis bestanden, die Stabilität des Calcipotriols in Form seiner bis dahin bekannten wasserfreien Form zu untersuchen. Dass solche Stabilitätsprobleme tatsächlich bestünden und deshalb den damit befassten Fachmann veranlassten, nach Lösungen zu suchen , belegten die Ausführungen im Streitpatent, wonach die wasserfreie Form des Calcipotriols einen beträchtlichen Grad an Zersetzung zeige. Das Aus- gangspatent (Ni4) sei für die Fachwelt Ansatz und Ausgangspunkt für Verbesserungen und Weiterentwicklung und hindere deshalb auch potentielle Wettbewerber nicht daran, die Lehre der Ni4 nachzuarbeiten und die darin offenbarten Stoffe auf ihre stofflichen Eigenschaften, zu denen vor allem auch die Stabilität gehöre, zu untersuchen.
23
Das Argument der Beklagten, die dem Streitpatent tatsächlich zugrundeliegende Aufgabe seien die technischen Probleme beim Nachvermahlen gewesen , zu deren Lösung aus dem vorgebrachten Stand der Technik keine Anregung zu erhalten gewesen sei, ändere nichts an der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Wenn die zu dem typischen Aufgabenkreis des Fachmanns gehörende Bewältigung des Stabilitätsproblems die Herstellung eines Monohydrats des Calcipotriols nahegelegt habe, beruhe diese Lehre auch dann nicht auf erfinderischer Tätigkeit, wenn der Stand der Technik für die damit zugleich erreichte Verbesserung der Lösung einer weiteren Problemstellung keine hinreichende Anregung vermittelt habe.
24
Zu einer anderen Beurteilung könne auch nicht das Vorbringen der Beklagten führen, am Prioritätstag seien bereits mehr als 600 Vitamin D3-Derivate bekannt gewesen, von denen nur drei als kristalline Monohydrate registriert gewesen seien, und dem Fachmann könne deshalb eine umfassende Kenntnis der Stoffeigenschaften sämtlicher dieser Vitamin D-Derivate nicht zugebilligt werden, weswegen er das Auftreten bestimmter kristalliner Formen bei strukturell verschiedenen Vitamin D-Derivaten nicht von vornherein als Anregung für die Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe berücksichtigt hätte. Gegen diese Ansicht spreche, dass es sich bei dem in den Entgegenhaltungen Ni9 und Ni10 beschriebenen Monohydraten um kristalline Monohydrate solcher Vitamin DAnaloga handele, die bereits in der vorveröffentlichten und auf der Titelseite des Streitpatents zitierten Arbeit von Kragballe (Ni24) im Vergleich zu Calcipotriol auf ihre Eignung zur Behandlung von Psoriasis nicht nur bewertet, sondern Calcipotriol auch strukturell gegenübergestellt seien. Der bei der Entwicklung einer topischen Formulierung des Calcipotriols für die Behandlung von Psoriasis befasste Fachmann werde bei Stabilitätsproblemen gerade auf solche Erkenntnisse und Lösungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Stabilität zurückgreifen , die bereits bei anderen zur Behandlung von Psoriasis in Betracht gezogenen Vitamin D-Analoga erfolgreich gewesen seien und deshalb gerade bei den in der Arbeit von Kragballe (Ni24) abgehandelten Stoffen nach Ansatzpunkten zur Lösung des Stabilitätsproblems suchen.
25
Auch die gegenüber Calcipotriol unterschiedlichen Primärstrukturen der Vitamin D-Analoga der Entgegenhaltungen Ni8 bis Ni10 hätten den Fachmann von der Lehre dieser Entgegenhaltungen nicht Abstand nehmen lassen. Denn weder ein Positionswechsel einer der Hydroxylgruppen wie auch die Reduzierung auf lediglich zwei Hydroxylgruppen verhinderten die Monohydratbildung.
26
Der auf eine pharmazeutische Zusammensetzung enthaltend Calcipotriol -Monohydrat gerichtete Patentanspruch 2 sowie die darauf rückbezogenen Unteransprüche 3 bis 5 wiesen ebenso wie die Ansprüche nach den Hilfsanträgen keine über den Stand der Technik hinausgehenden gesonderten Merkmale auf und hätten deshalb mangels erfinderischer Tätigkeit keinen Bestand.
27
II. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand. Das Auffinden und Bereitstellen des Calcipotriol-Monohydrats beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).
28
1. Nach dem Streitpatent hat - so auch der gerichtliche Sachverständige - Calcipotriol-Monohydrat dem wasserfreien Calcipotriol gegenüber überlegene technische Eigenschaften (verbesserte Nassmahlbarkeit) und überlegene Stabilitätseigenschaften (verringerte Zersetzungsrate). Zu dem technischen Hintergrund und der Bedeutung dieses Stoffes und des zum Prioritätszeitpunkt bereits bekannten wasserfreien Calcipotriols in der medizinischen und pharmazeutischen Praxis wird ergänzend auf die Darstellung in dem angegriffenen Urteil Bezug genommen.
29
2. Der Gegenstand des Streitpatents mag neu sein. Zu diesem Ergebnis sind jedenfalls J. F. im englischen Patentverletzungsverfahren, in dem Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents erhoben wurde, in seiner wenige Wochen nach dem angefochtenen Urteil ergangenen Entscheidung vom 15. Mai 2009 ([2009 EWHC 996 (Pat) - L. A/S et al. v. S. Ltd., Rn. 76 ff., B22a), das Amtsgericht Stockholm in dem Urteil vom 20. Mai 2011 betreffend das Streitpatent (T 9652-08, S. A/S und N. AB v. L. Ltd. A/S, B28, S. 95 bis 97) und ebenso die Rechtbank Den Haag in der Entscheidung vom 11. Februar 2009, betreffend u.a. die Widerklage wegen Nichtigkeit des Streitpatents (L. Ltd. A/S v. S. B.V., 306029 / HA ZA 08-733, Rn. 4.5 bis 4.9, Ni19) gelangt.
30
3. Die Frage der Neuheit kann jedoch dahinstehen, da das Auffinden und Bereitstellen der geschützten Substanz nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Art. 56 EPÜ).
31
Ansatzpunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist das Auffinden des technischen Problems, das aus dem zu entwickeln ist, was die Erfin- dung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet. Die Ermittlung des technischen Problems ist Teil der Auslegung des Patentanspruchs. Dabei können in der Beschreibung enthaltene Angaben zur Aufgabe der Erfindung einen Hinweis auf das richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten; sie sind ein Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems (st. Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger; Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 - Gelenkanordnung, Rn. 27; Urteil vom 15. April 2010 - Xa ZR 28/08, GRUR 2010, 607 - Fettsäurezusammensetzung; Urteil vom 1. März 2011 - X ZR 72/08, GRUR 2011, 607 - kosmetisches Sonnenschutzmittel III).
32
a) Im Streitfall richten sich die Patentansprüche auf die Substanz Calcipotriol-Monohydrat oder diese enthaltende pharmazeutische Mittel. Aus der Patentbeschreibung, deren Angaben heranzuziehen sind, ergeben sich zwei Aspekte eines technischen Problems, das durch das Streitpatent gelöst werden soll. Zunächst gibt die Beschreibung an, dass das aus der WO 87/00834 bekannte wasserfreie Calcipotriol (S. 2 Z. 5 bis 7) in bestimmten Lösungen eine geringe Stabilität aufweise. Wegen der geringen Stabilität von Calcipotriol würden in einigen Formulierungen, insbesondere in Cremes und Gelen, bevorzugt Kristallsuspensionen verwendet ("…Due to the poor stability of calcipotriol in certain solutions it is in some formulations, in particular in creams an gels, preferred to use crystal suspensions…"; S. 2 Z. 10, 11). Als weiteren Aspekt nennt die Patentbeschreibung es bei der Herstellung geeigneter Kristallsuspensionsformulierungen als zwingend erforderlich, die Kristallgröße kontrollieren zu können ("…it is mandatory to be able to control the crystal size…"; S. 2 Z. 12), da dieser Parameter im Hinblick auf eine reproduzierbare Freisetzung der aktiven Verbindung aus der Formulierung von Bedeutung sei. Die Durchführung des bei Calcipotriol angewendeten Kugelmühlenverfahrens habe sich als schwierig erwiesen, da diese Kristalle nur schwer zu befeuchten seien und während des Mahlprozesses einen stabilen Schaum entwickelten, was es wiederum erschwere, eine geeignete kleine und einheitliche Teilchengröße zu erzielen ("…these crystals are not easily wetted and during the milling process they develop a stable foam, which results in difficulties in obtaining a suitable small and uniform particle size…"; S. 2 Z. 17 bis 19).
33
b) Das von der Erfindung zu lösende technische Problem liegt danach in der Benetzung der Teilchen und der Beseitigung der Schaumentwicklung sowie der Kontrolle der Teilchengröße im Rahmen des Feuchtmahlverfahrens und auch in der geringen Stabilität des im Stand der Technik bekannten Calcipotriols in bestimmten Lösungen. Aus der Beschreibung des Streitpatents ergibt sich, dass das Stabilitätsproblem bei Calcipotriol auch tatsächlich bestanden hat. Dies spricht wiederum dafür - wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat -, dass zum Prioritätszeitpunkt Ergebnisse für Stabilitätsuntersuchungen in Lösung vorgelegen haben, wobei der Fachmann Anlass zur Untersuchung hatte, ob die geringe Stabilität auf physikalischen oder chemischen Gründen beruhte. Die Ausführungen in der Patentbeschreibung über den "considerable degree of decomposition at this temperature", d.h. bei 40°C (S. 2 Z. 25 bis 28) lassen darauf schließen, dass bereits im trocken gelagerten Pulver eine erhebliche chemische Zersetzung des Wirkstoffs stattfindet. In den Angaben der Patentbeschreibung zu der geringen Stabilität von Calcipotriol in bestimmten Lösungen ist nach alldem nicht schon ein Hinweis auf die Lösung nach dem Patent zu sehen, denn allein die Feststellung der geringen Stabilität eines Stoffes in der Patentbeschreibung enthält noch keine Aussage darüber, durch welches Erzeugnis dieses Problem zu überwinden ist und wie der Fachmann zu ihm gelangt.
34
c) Als Fachmann befasste sich zum Prioritätszeitpunkt mit der Lösung derartiger Probleme ein Galeniker, der im Bereich der Herstellung von Arzneimitteln arbeitet und - so der gerichtliche Sachverständige - spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet pharmazeutischer Formulierungen hat. Er ist z.B. ein in der Arzneimittelforschung tätiger promovierter Apotheker, der in einem Team von Fachleuten arbeitet und durch einen analytisch ausgerichteten promovierten Chemiker unterstützt wird. Dies haben auch J. F. (B22a, Rn. 21, 22) und das Amtsgericht Stockholm (B28, S. 94) so gesehen.
35
aa) Der so vorgebildete Fachmann hatte sich mit der Prüfung der Mahlbarkeit und der Benetzbarkeit von Stoffen zu befassen; dies sei, so der gerichtliche Sachverständige, ein pharmazeutisch-technologisches Problem und damit "tägliches Brot" des Galenikers. Dem Fachmann war bekannt, dass die Benetzbarkeit abhängig ist von der Zustandsform und der Oberflächenspannung des zu benetzenden Stoffes. Um den im Streitpatent beschriebenen, im Stand der Technik aufgetretenen Schwierigkeiten des Feuchtmahlverfahrens zu begegnen, hatte der Fachmann zwei Möglichkeiten. Er konnte entweder die Grenzflächenspannung des Benetzungsmittels verändern oder nach einer noch besser benetzbaren Stoffform suchen. Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Fachmann zunächst der ersten Möglichkeit, z.B. durch Zugabe von Tensiden, den Vorzug gegeben hätte, sodann jedoch hätte erkennen müssen, dass auf diese Weise das Problem der Schaumbildung nicht nur nicht gelöst, sondern die Schaumbildung unter Umständen sogar verstärkt wird. Somit verblieb als zweite Möglichkeit, nach einer besser benetzbaren Stoffform zu suchen. Der Fachmann konnte dabei von der wasserfreien Form des Calcipotriols ausgehen, die als Lösung - mit dem bekannten Stabilitätsproblem - oder Suspensionscreme (Ni5, Beispiel 4) formuliert worden war.
36
Vor diesem Hintergrund hatte der Fachmann Anlass, die Hydratbildung des wasserfreien Stoffs zu untersuchen. Bei einer fachgerechten pharmazeutischen Entwicklung von verschiedenen Darreichungsformen werden, so nachvollziehbar der gerichtliche Sachverständige, Untersuchungen zur chemischen und physikalischen Stabilität des Wirkstoffs durchgeführt. Bei der Entwicklung feststoffhaltiger und wasserhaltiger pharmazeutischer Cremesysteme ist die Prüfung auf eine potenzielle Hydratbildung eine zentrale Aufgabe. Denn in der Regel weisen Hydrate, so der Sachverständige, in Wasser eine schlechtere Löslichkeit als die zugrunde liegende wasserfreie Substanz auf, da das Kristallwasser zusätzliche Valenzen im Molekülverband absättigt und daher zu einem energetisch günstigeren Zustand mit geringerer freier Energie, mithin zu erhöhter Stabilität führt.
37
In den US-Patenten 3 833 622 (Ni8) und 4 435 325 (Ni9) und der Veröffentlichung der japanischen Patentanmeldung Sho 59-104358 (Ni10) hat der Fachmann ein einfaches Verfahren zur Herstellung eines Hydrats vorgefunden.
38
Das US-Patent 3 833 622 (Ni8) beschreibt die Hydratform des 25Hydroxycholecalciferols , das in seiner wasserfreien Form als Öl in amorpher Form anfällt. Dessen Reinigung müsse mit einer aufwendigen KieselsäureAdsorptionschromatographie erfolgen (Ni8, Sp. 3 Z. 30 bis 34). Demgegenüber sei das 25-Hydroxycholecalciferolhydrat nach Zusatz von Wasser zu mit Wasser mischbaren als auch nicht mischbaren Lösungsmitteln leicht erhältlich und besitze die gleichen biologischen Eigenschaften wie die wasserfreie Verbindung , sie sei leichter zu reinigen, stabiler und weniger empfindlich gegen Autooxidation als diese ("are more readily purified, and are more stable and less sensitive to autoxidation", Ni8 Sp. 3 Z. 48, 49).
39
Durch das US-Patent 4 435 325 (Ni9) wird das 1α,25- Dihydroxycholecalciferol-Monohydrat als vollständig kristallines und sehr stabiles Produkt vorgestellt. Die neue Vitaminzusammensetzung könne in verschiedenen Formulierungen, u.a. auch in wässrigen und nichtwässrigen Trägern vorliegen (Ni9, Sp. 2 Z. 4 bis 15). Die Monohydratform werde auf einfache Weise durch Lösen der Ausgangsverbindung in einem organischen Lösungsmittel unter Zugabe von Wasser gewonnen (Ni9, Sp. 1 Z. 58 bis 64).
40
Die Veröffentlichung der japanischen Patentanmeldung Sho 59-104358 (Ni10) betrifft das 1α,24-Dihydroxycholecalciferol-Monohydrat-Salz und Verfahren zu seiner Herstellung, die durch Zugabe von Wasser zu einer Lösung des wasserfreien 1α,24-Dihydroxycholecalciferols in einem niedrigen Alkohol erfolgt (Ni10, S. 2 letzter Absatz). Es wird auf die verbesserte Löslichkeit, Verarbeitung und pharmazeutische Anwendung hingewiesen, und nicht zuletzt - über den Hinweis auf die Instabilität des 1α,24-Dihydroxycholecalciferols - auf die verbesserte Stabilität.
41
Danach beschäftigen sich die drei genannten Entgegenhaltungen mit der Herstellung und der Stabilisierung von Vitamin D(D3)-Analoga durch die Bildung von Monohydraten. Der Fachmann hatte deshalb wegen der Strukturnähe der Stoffe aus den Entgegenhaltungen Ni9 und Ni10 zu Calcipotriol, die nicht zuletzt durch die Arbeit von Kragballe (Ni24), in der die orale und die topische Applikation verglichen wird, belegt ist, Anlass, die in den Ni9 und Ni10 beschriebene Art und Weise der Bildung von Monohydraten auch für Calcipotriol zu erwägen. Dieser Anregung ist die Lösung nach dem Streitpatent nachgekommen. Calcipotriol-Monohydrat wird nach dem Streitpatent ohne wesentliche experimentelle Änderungen wie die Monohydrate in den Entgegenhaltungen hergestellt , nämlich durch Auflösen von kristallinem oder nicht-kristallinem Calcipotriol in einem organischen Lösungsmittel unter anschließender Zugabe von Wasser und ggf. eines nichtpolaren Lösungsmittels (Beschr. S. 2 Z. 31, 32). Zu diesem Ergebnis kommt auch die Gutachterin F. in dem Verfahren vor dem Landgericht Turin (Gutachten Ni26/Ni27, Abs. 4.3.9). Dass in dem diskutierten Stand der Technik eine ausdrückliche Anregung für die durch das Streitpatent gefundene Lösung des weiteren Problembereichs - die Kontrolle der Kristallgröße - nicht zu finden ist, ändert nichts an der Beurteilung der erfinderischen Leistung (BGH, Urteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger; st. Rspr.).
42
bb) Den hiergegen vorgebrachten Gesichtspunkten kommt keine entscheidende Bedeutung zu.
43
(1) Der Umstand, dass in den Entgegenhaltungen Ni8, Ni9 und Ni10 die wasserfreien Vitamin D-Analoga nicht wie das Calcipotriol in wasserfreier kristalliner Form, sondern in Form von amorphen oder schlecht kristallinen Feststoffen oder nur als Öl vorgelegen haben, hätte den Fachmann nicht davon abgehalten, nach einer weiteren stabilen kristallinen Stoffform für Calcipotriol zu suchen. Bereits zum Prioritätszeitpunkt war es - wie in der Stellungnahme des für die Beklagte tätigen Dr. R. ausgeführt (B25, Rn. 22 ff.) - erstrebenswert , einen Wirkstoff im Zuge der pharmazeutischen Entwicklung in kristalliner Form zur Verfügung zu stellen. In dieser Form kann ein Wirkstoff leichter aus einem Reaktionsgemisch abgetrennt werden, in der Regel weist er eine höhere Reinheit und eine höhere Stabilität als die amorphe Form auf. Die Wirkstoffmoleküle sind bei der kristallinen Form in regelmäßigen Gittern angeordnet, so dass sie eine geringere Neigung als die ungeordneten Moleküle der amorphen Form aufweisen, mit anderen Molekülen zu reagieren. Nach Auffassung von Dr. R. habe jedoch diese Grunderwartung des Fachmanns gera- de bei Vitamin D-Analoga nicht bestanden; bei diesen sei wegen ihrer Fragilität und wegen ihres dynamischen Gleichgewichts die Auswahl an experimentellen Bedingungen bei dem Versuch zu kristallisieren stark eingeschränkt gewesen. Da eine erste kristalline Form des Calcipotriols zur Verfügung gestanden habe, habe der Fachmann keinen Anlass gehabt, nach einer weiteren Form eines Vitamin D-Analogons zu suchen (Rn. 31).
44
Dieser Ansicht, die auch das Amtsgericht Stockholm im Rahmen seiner Beurteilung der Entgegenhaltungen Ni8, Ni9 und Ni10 (Urteil B28, S. 100, 101) teilt - im Verfahren in England lagen diese Entgegenhaltungen nicht vor -, kann nicht beigetreten werden. Bei einer fachgerechten Entwicklung von verschiedenen Darreichungsformen werden routinemäßig Untersuchungen zur chemischen und physikalischen Stabilität des Wirkstoffs durchgeführt. Bei der Entwicklung feststoffhaltiger wasserhaltiger pharmazeutischer Cremesysteme ist die Prüfung auf eine potentielle Hydratbildung durch polymorphe Umwandlung des Wirkstoffs ein zentrales Anliegen. Dies hat der gerichtliche Sachverständige - wie bereits ausgeführt - unter Bezugnahme auf die Veröffentlichung von Essig et al., Stabilisierungstechnologie - Wege zur haltbaren Arzneiform, Bd. 15, S. 19, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 1986, nachvollziehbar bestätigt. Dort (zitiert aus dem gerichtlichen Gutachten) wird angegeben, dass etwa ein Drittel aller neuen Substanzen zur Hydratbildung befähigt seien und es deshalb unerlässlich sei, den Bodenkörper einer wässrigen Suspension auf Kristallumwandlungen infolge Bildung eines Hydrats zu untersuchen. Diese Einschätzung teilen auch die Privatgutachter der Klägerin Dr. L. (Gutachten Ni33, S. 14, 15) und Prof. F. (Gutachten Ni30, S. 24), die darauf abstellen, dass polymorphe Phasenumwandlungen die Eigenschaften von Cremes beeinflussen können. Am besten werde deshalb das Polymorph ausgewählt , das am wenigsten empfindlich im Hinblick auf Phasenumwandlungen und Kristallwachstum sei. Es sei deshalb zum Prioritätszeitpunkt selbstverständlich gewesen zu untersuchen, ob die wasserfreie Kristallform des Calcipotriols tatsächlich die stabilste Kristallform dieses Wirkstoffs darstellte. Dafür spricht auch, dass Calcipotriol, das Anfang der 1990er Jahre eine Zulassung zur Behandlung von Psoriasis (Kragballe aaO, Ni24 S. 1) erhalten hat, in der Fachwelt auf großes Interesse bis hin zu Nachahmungen gestoßen ist (vgl. Gutachten Dr. L. S. 4). Es lag demnach nahe, einen medizinisch sehr wirksamen kristallinen Stoff, der in einer bestimmten pharmazeutischen Formulierung keine ausreichende Stabilität bietet, auf stabilere kristalline Formen hin zu untersuchen.
45
(2) Auch das weitere Argument der Beklagten, es gebe mehr als 1400 Vitamin D-Derivate, von denen nur 6 Monohydrate in der amerikanischen CASRegistry -Datenbank eingetragen seien, weshalb die Hydratbildung eher eine Ausnahme als die Regel sei, greift nicht durch. In der Abhandlung von Kragballe (Ni24) sind neben Calcipotriol vier weitere Vitamin D-Analoga vorgestellt, deren zwei den Gegenstand der Entgegenhaltungen Ni9 und Ni10 bilden. Sie sind in dem Artikel von Kragballe dem Calcipotriol strukturell gegenübergestellt und auch auf ihre Eignung zur Behandlung von Psoriasis bewertet (Ni24, S. 48 re. Sp. Abs. 2, S. 49 li. Sp. Abs. 3, S. 50 re. Sp. Abs. 1, 2). Die an anderen als Calcipotriol zur Behandlung von Psoriasis in Betracht gezogenen Vitamin DAnaloga erfolgreich durchgeführte Hydratbildung gab dem Fachmann Anlass, entsprechende Maßnahmen auch bei Calcipotriol durchzuführen.
46
(3) Es mag zutreffen, dass man - wie der Privatgutachter der Beklagten Prof. B. ausführt (Gutachten B12 Rn. 9, 11) - weder im Jahr 1993 noch heute die Bildung kristalliner Formen und damit auch die Bildung von Hydraten vorhersehen konnte und kann. Auf die Vorhersehbarkeit bestimmter Er- gebnisse kommt es jedoch für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht notwendigerweise an. Maßgeblich ist, ob der Fachmann aus dem Stand der Technik eine Anregung erhalten hat, dort beschriebene Maßnahmen aufzugreifen und sie auf einen bekannten Stoff anzuwenden. Dabei kann die Überlegung Bedeutung gewinnen, ob sich aus diesen Maßnahmen eine angemessenen Erfolgserwartung für die Lösung des sich stellenden technischen Problems ergab (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2012 - X ZR 50/09, juris, Rn. 27; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. September 2009 - Xa ZR 130/07, GRUR 2010, 123 - Escitalopram Rn. 38 ff.; schweiz. Bundesgericht SMI 1995, 358, 369 f. = GRUR Int. 1996, 1059, 1063 - Manzana II; EPA T60/89, ABl. EPA 1992, 268 = GRUR Int. 1992, 771, 775 - Fusionsproteine).
47
Diese Anforderungen sind im Streitfall erfüllt. Aus den besprochenen Entgegenhaltungen Ni8, Ni9 und Ni10 hat der Fachmann die Anregung erhalten , die dort beschriebenen Maßnahmen - Lösung des Feststoffes in organischem Lösungsmittel unter Zugabe von Wasser - zu ergreifen und auf Calcipotriol anzuwenden; als Ergebnis hätte er Calcipotriol-Monohydrat erhalten. Die Durchführung dieser Maßnahmen wäre mit Blick auf die strukturverwandten Vitamin D-Analoga im Stand der Technik und eine mögliche vergleichbare Reaktion des Calcipotriol auch mit einer angemessenen Erfolgserwartung verbunden gewesen; auch stellt sich der einzubringende Aufwand - Einsatz von organischem Lösungsmittel und Wasser - in Beziehung zu einem zu erwartenden Ergebnis als verhältnismäßig dar.
48
4. Der Gegenstand der Patentansprüche nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 beruht ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
49
In Hilfsantrag 1 wird die Beschreibung der Substanz Calcipotriol mit der näheren Charakterisierung durch die Spektralresonanzen (CPMAS-NMR spekt- roskopische Daten) ergänzt. In Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist die Beschreibung des Stoffs Calcipotriol und seine Verwendung in pharmazeutischen Mitteln zusammengefasst und durch die Angabe näher charakterisiert, dass es sich um eine Kristallsuspension handelt. Patentanspruch 1 in Hilfsantrag 3, fasst die zusätzlichen Charakteristika der Hilfsanträge 1 und 2 zusammen.
50
Die Angabe bestimmter Messergebnisse und die Verschiebung einzelner Merkmale zwischen den Patentansprüchen fügt den Patentansprüchen in der erteilten Fassung nichts Erfinderisches hinzu. Der Umstand, dass in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 - wie die Beklagte vorträgt - physikalische Eigenschaften klargestellt sind, lässt nichts eigenständig Erfinderisches erkennen. Dies gilt auch für den mit Hilfsantrag 2 beanspruchten Einsatz als Kristallsuspension. Eine Kristallsuspensionscreme war bereits aus dem Beispiel 4 der WO 91/12807 (Ni5) bekannt. Dass durch den Einsatz der Kristallsuspension - wie die Beklagte anführt - das Schaumproblem gelöst wurde, ist eine Wirkung des gefundenen Stoffs und nicht Gegenstand des Patentanspruchs.
51
5. Hinsichtlich der Gegenstände der Unteransprüche ist eine eigene erfinderische Leistung weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich (BGH, Urteil vom 29. September 2011 - X ZR 109/08, GRUR 2012, 149 - Sensoranordnung ).
52
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Keukenschrijver Mühlens Gröning
Grabinski Schuster
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 17.03.2009 - 3 Ni 6/08 (EU) -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2012 - X ZR 98/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2012 - X ZR 98/09

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2012 - X ZR 98/09 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 4


Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinne des § 3 Abs. 2, so werden diese

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2012 - X ZR 98/09 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2012 - X ZR 98/09 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2011 - X ZR 72/08

bei uns veröffentlicht am 01.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 72/08 Verkündet am: 1. März 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Feb. 2003 - X ZR 200/99

bei uns veröffentlicht am 12.02.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 200/99 Verkündet am: 12. Februar 2003 Potsch Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Hoc

Bundesgerichtshof Urteil, 06. März 2012 - X ZR 50/09

bei uns veröffentlicht am 06.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 50/09 Verkündet am: 6. März 2012 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtsho
9 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 15. Mai 2012 - X ZR 98/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Jan. 2016 - X ZR 38/14

bei uns veröffentlicht am 12.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 38/14 Verkündet am: 12. Januar 2016 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2016:120116UXZR38.14.0

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2013 - X ZR 52/12

bei uns veröffentlicht am 25.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 52/12 Verkündet am: 25. Juni 2013 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgerich

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2019 - X ZR 115/17

bei uns veröffentlicht am 17.12.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 115/17 Verkündet am: 17. Dezember 2019 Zöller Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2016 - X ZR 50/14

bei uns veröffentlicht am 28.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 50/14 Verkündet am: 28. Juni 2016 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2016:280616UXZR50.14.0 D

Referenzen

Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinne des § 3 Abs. 2, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 72/08 Verkündet am:
1. März 2011
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
kosmetisches Sonnenschutzmittel III
EPÜ Art. 54, Art. 84, Art. 105a, Art. 105b

a) Als Ausgangspunkt für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit ist nicht
ausschließlich auf die der Beschreibung des Streitpatents zu entnehmende
"Aufgabe" abzustellen; es ist vielmehr auch zu erwägen, ob die
Bewältigung eines zum Aufgabenkreis des Fachmanns gehörenden
(anderen) Problems dessen Lösung nahegelegt hat (Fortführung von
BGH, Urteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693
- Hochdruckreiniger).

b) Der Patentanspruch, auf den das Europäische Patentamt im europäischen
Beschränkungsverfahren (Art. 105a, Art. 105b EPÜ) das Patent
beschränkt hat, kann im Nichtigkeitsverfahren mangels eines einschlägigen
Nichtigkeitsgrunds ebenso wenig auf das Erfordernis der Klarheit
(Art. 84 EPÜ) geprüft werden wie die Patentansprüche des erteilten Patents.
BGH, Urteil vom 1. März 2011 - X ZR 72/08 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche
Verhandlung vom 1. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Meier-Beck, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens
und die Richter Dr. Grabinski und Dr. Bacher

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 4. März 2008 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des am 12. Juni 1997 unter Inanspruchnahme der Priorität der französischen Patentanmeldung 96 08 172 vom 1. Juli 1996 angemeldeten und mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in der Verfahrenssprache Französisch erteilten europäischen Patents 815 835 (Streitpatents), das Zusammensetzungen , enthaltend 4-tert-Butyl-4'-Methoxydibenzoylmethan, ein 1,3,5-Triazinderivat und einen (α-Cyano)-β,β'-Diphenylacrylsäure-Alkylester, sowie deren Verwendung betrifft. Der während des Nichtigkeitsverfahrens in einem Beschränkungsverfahren durch das Europäische Patentamt beschränkte Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache für die Bundesrepublik Deutschland: Composition cosmétique et/ou dermatologique comprenant, dans un support cosmétiquement et/ou dermatologiquement acceptable, i) du 4-tert-butyl-4'-méthoxydibenzoylméthane, ii) au moins un dérivé de 1,3.5-triazine répondant à la formule (I) suivante: dans laquelle: - X2 et X3, identiques ou différents, représentent l'oxygène ou le radical -NH-; - R1, R2 et R3, identiques ou différents, sont choisis parmi: l'hydrogène; un métal alcalin; un radical ammonium éventuellement substitué par un ou plusieurs radicaux alkyles ou hydroxyalkyles, un radical alkyle linéaire ou ramilié en C1-C18; un radical cycloalkyle en C5-C12 éventuellement substitué par un ou plusieurs radicaux alkyles en C1-C4; un radical polyoxéthyléne comprenant de 1 à 6 unités d'oxyde d'éthylène et dont le groupe OH terminal est méthylé; un radical de formule (II), (III) ou (IV) suivantes: dans lesquelles: - R4 est l'hydrogène ou un radical méthyle; - R5 est un radical alkyle en C1-C9; - n est un nombre entier allant de 0 à 3; - m est un nombre entier allant de 1 à 10; - A est un radical alkyle en C4-C8 ou un radical cycloalkyle en C5-C8; - B est choisi parmi: un radical alkyle linéaire ou ramifié en C1-C8; un radical cycloalkyle en C5-C8; un radical aryle éventuellement substitué par un ou plusieurs radicaux alcyles en C1-C4; - R6 est l'hydrogène ou un radical méthyle, et iii) au moins un β,β'-diphénylacrylate d'alkyle ou α-cyano- β,β'-diphénylacrylate d'alkyle de formule (V) suivante: dans laquelle: - R7 et R'7, identiques ou différents, sont en position méta ou para et sont choisis parmi: l'hydrogène; un radical alcoxy en C1-C8 à chaîne droite ou ramifiée; un radical alkyle en C1-C4 à chaîne droite ou ramifiée; - R8 représente un radical alkyle en C1-C12 à chaîne droite ou ramifiée; - R9 représente un atome d'hydrogène ou un radical -CN, ladite composition étant exempte de p-méthaxycinnamate de 2-éthylhexyle et sous réserve que la composition soit différente des formulations suivantes dans lesquelles les quantités des différents ingrédients sont indiquées en pourcentage en poids par rapport au poids total de la composition Composition 1 Ingrédients Ingrédients Composant I, filtres UV 4-Methylbenzylidene Camphor (Eusolex 6300) - 3,0 Filtre UV-B 2,4,6-tris[p-(2'éthylhexyl-1'-oxycarbonyl)anilino]- 1,5 1,3,5-triazine (Uvinul T150) Filtre UV-B 2-Ethylhexyl Salicylate (Neo Heliopan OS) Filtre UV- 4,0

B

α-cyano-β,β'-diphénylacrylate de 2-éthylhexyle (Neo 4,0 Heliopan 303) Filtre UV-B 4-tert-butyl-4'-méthoxydibenzoylméthane (Parsol 2,0 1789) Filtre UV-A Composant II, composant gras C -C Alkyl Benzoate (Finsolv TN) 12,0 12 15 Composant III Huile parfum 0,4 Conservateur q.s. Composant IV Carbomer 0,8 Glycérine 3,0 EDTA qsp 0,1 Eau 100,0 Composant V Eau 20,0 Acide novantisolique (filtre UVB hydrosoluble) 2,0 Agent neutralisant (notamment NaOH, q.s. Triethanoloamine)
Composition 2 Ingrédients Ingrédients Composant I, filtres UV 4-Methylbenzylidene Camphor (Eusolex 6300) - 4,0 Filtre UV-B 2,4,6-tris[p-(2'éthylhexyl-1'-oxycarbonyl)anilino]- 2,0 1,3,5-triazine (Uvinul T150) Filtre UV-B 2-Ethylhexyl Salicylate (Neo Heliopan OS) Filtre UV- 3,0

B

α-cyano-β,β'-diphénylacrylate de 2-éthylhexyle (Neo 3,0 Heliopan 303) Filtre UV-B 4-tert-butyl-4'-méthoxydibenzoylméthane (Parsol 3,0 1789) Filtre UV-A Composant II, composant gras C -C Alkyl Benzoate (Finsolv TN) 12,0 12 15 Caprylic/Capric Triglycerides (Migloyol 812) 2,0 Octyl Stearate (Cetiol 868) 3,0 Composant III Huile parfum 0,4 Conservateur q.s.
Composant IV Carbomer 0,4 Glycérine 3,0 EDTA 0,1 Eau qsp 100,0 Composant V Agent neutralisant (notamment NaOH, q.s. Triethanoloamine)
2
In der deutschen Übersetzung der Patentschrift lautet Patentanspruch 1: Kosmetische und/oder dermatologische Zusammensetzungen, die in einem kosmetisch und/oder dermatologisch akzeptablen Träger i) 4-tert-Butyl-4'-Methoxydibenzoylmethan, ii) mindestens ein 1,3,5-Triazinderivat der folgenden Formel (I): worin - X2 und X3, die identisch oder voneinander verschieden sind, Sauerstoff oder die Gruppe -NH- bedeuten und - R1, R2 und R3, die identisch oder voneinander verschieden sind, ausgewählt sind unter: Wasserstoff; einem Alkalimetall; einer Ammoniumgruppe, die gegebenenfalls mit einer oder mehreren Alkylgruppen oder Hydroxyalkylgruppen substituiert ist; einer linearen oder verzweigten C1-18-Alkylgruppe; einer C5-12-Cycloalkylgruppe, die gegebenenfalls mit einer oder mehreren C1-4-Alkylgruppen substituiert ist; einer polyethoxylierten Gruppe, die 1 bis 6 Ethylenoxideinheiten aufweist und deren endständige OH-Gruppe methyliert ist, und einer Gruppe der folgenden Formel (II), (III) oder (IV): worin bedeuten: - R4 Wasserstoff oder Methyl; - R5 C1-9-Alkyl; - n Null oder eine ganze Zahl von 1 bis 3; - m eine ganze Zahl von 1 bis 10; - A C4-8-Alkyl oder C5-8-Cycloalkyl und worin - B ausgewählt ist unter: einer linearen oder verzweigten C1-8Alkylgruppe ; einer C5-8-Cycloalkylgruppe und einer Arylgruppe, die gegebenenfalls mit einer oder mehreren C1-4Alkylgruppen substituiert ist, und - R6 Wasserstoff oder Methyl bedeutet, und iii) mindestens ein Alkyl-β,β'-diphenylacrylat oder Alkyl-αcyano -β,β'-diphenylacrylat der folgenden Formel (V) enthalten: worin - R7 und R'7, die identisch oder voneinander verschieden sind, in m-Stellung oder in p-Stellung vorliegen und ausgewählt sind unter: Wasserstoff, einer geradkettigen oder verzweigten C1-8-Alkoxygruppe und einer geradkettigen oder verzweigten C1-4-Alkylgruppe; - R8 eine geradkettige oder verzweigte C1-12-Alkylgruppe bedeutet und - R9 Wasserstoff oder eine Gruppe -CN darstellt, wobei diese Zusammensetzung kein 2-Ethylhexyl-p-methoxycinnamat enthält, und mit der Maßgabe, dass die Zusammensetzung von den folgenden Formulierungen verschieden ist, bei denen die Mengenanteile der verschiedenen Bestandteile in Gewichtsprozent, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zusammensetzung, angegeben sind: Zusammensetzung 1 Bestandteile Mengen Komponente I, UV-Filter 4-Methylbenzylidene Camphor (Eusolex 6300) - 3,0 UV-B-Filter 2,4,6-Tris[p-(2'ethylhexyl-1'-oxycarbonyl)anilino]- 1,5 1,3,5-triazin (Uvinul T 150) UV-B-Filter 2-Ethylhexyl Salicylate (Neo Heliopan OS) UV-B- 4,0 Filter 2-Ethylhexyl-α-cyano-β,β'-diphenylacrylat (Neo 4,0 Heliopan 303) UV-B-Filter 4-tert-Butyl-4'-Methoxydibenzoylmethan (Parsol 2,0 1789) UV-A-Filter Komponente II, Fettkomponenten C -C Alkyl Benzoate (Finsolv TN) 112,0 12 15 Komponente III Parfümöl 0,4 Konservierungsmittel q.s. Komponente IV Carbomer 0,8 Glycerin 3,0 EDTA 0,1 Wasser ad 100,0 Komponente V Wasser 20,0 Novantisolsäure (wasserlöslicher UV-B-Filter) 2,0 Neutralisationsmittel (insbesondere NaOH, Tri- q.s. ethanolamin) Zusammensetzung 2 Bestandteile Mengen Komponente I, UV-Filter 4-Methylbenzylidene Camphor (Eusolex 6300) UV- 4,0 B-Filter 2,4,6-Tris[p-(2'ethylhexyl-1'-oxycarbonyl)anilino]- 2,0 1,3,5-triazin (Uvinul T 150) UV-B-Filter 2-Ethylhexyl Salicylate (Neo Heliopan OS) UV-B- 3,0 Filter 2-Ethylhexyl-α-cyano-β,β'-diphenylacrylat (Neo 3,0 Heliopan 303) UV-B-Filter 4-tert-Butyl-4'-Methoxydibenzoylmethan (Parsol 3,0 1789) UV-A-Filter Komponente II, Fettkomponenten C -C Alkyl Benzoate (Finsolv TN) 12,0 12 15 Caprylic/Capric Triglycerides (Migloyol 812) 2,0 Octyl Stearate (Cetiol 868) 3,0 Komponente III Parfümöl 0,4 Konservierungsmittel q.s. Komponente IV Carbomer 0,4 Glycerin 3,0 EDTA 0,1 Wasser ad 100,0 Komponente V Neutralisationsmittel (insbesondere NaOH, Tri- q.s. ethanolamin)
3
Diesem Patentanspruch sind die Patentansprüche 2 bis 16 untergeordnet. Patentanspruch 17 und die ihm untergeordneten Patentansprüche 18 bis 26 betreffen die Verwendung eines Alkyl-β,β'-diphenylacrylats oder Alkyl-α-cyano-β,β'-diphenylacrylats in oder zur Herstellung von kosmetischen Zusammensetzungen, die 4-tert-Butyl-4'-Methoxydibenzoylmethan in Kombination mit mindestens einem 1,3,5-Triazinderivat nach Patentanspruch 1 enthalten. Patentanspruch 27 und die ihm untergeordneten Patentansprüche 28 bis 30 betreffen ein Verfahren zur Verbesserung der Stabilität kosmetischer Zusammensetzungen, die 4-tert-Butyl-4'- Methoxydibenzoylmethan und ein 1,3,5-Triazinderivat nach Patentanspruch 1 enthalten.
4
Die Klägerinnen haben mit ihren vom Patentgericht verbundenen Klagen geltend gemacht, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 685 221 (D3, L. ), der internationalen Patentanmeldung WO 91/11989 (D4, L. ), der deutschen Offenlegungsschrift 195 47 634 (NiK4, S. , früher angemeldet, aber nachveröffentlicht) und der auf dieselbe Anmeldung zurückgehenden Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 787 483 (NiK7), nicht patentfähig. Die vom Europäischen Patentamt durchgeführte Beschränkung stelle zudem eine unzulässige Erweiterung dar.
5
Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland antragsgemäß in vollem Umfang für nichtig erklärt.
6
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die das Streitpatent entsprechend der Fassung des europäischen Beschränkungsverfahrens (B3-Fassung) verteidigt, hilfsweise in sechzehn weiter beschränkten Fassungen, die weitere "Disclaimer" einfügen, von denen die Hilfsanträge I bis IV Zusammensetzungen mit emulgatorfreien Hydrodispersionsgelen ausnehmen und der weiteren Abgrenzung gegenüber der Entgegenhaltung NiK4/7 dienen, die Hilfsanträge V und VI zur Abgrenzung gegenüber der veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 800 813 (D1) bestimmt sind, Hilfsantrag VII die erfindungsgemäß zu verwendenden 1,3,5-Triazinderivate auf Verbindungen beschränkt, bei denen X 2 NH oder O und X3 NH bedeuten, und die Hilfsanträge VIII bis XVI die vorgenannten Hilfsanträge kombinieren.
7
Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen. Als gerichtlicher Sachverständiger hat Univ.-Prof. Dr. G. D.
8
, J. -Universität M. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerinnen haben Gutachten von Prof. Dr. W. S. , S. und Prof. , Dr. B. L. , Universität D. vorgelegt. , Die Beklagte hat ein Gutachten von Prof. Dr. H. M. , Universität W. , vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


9
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
10
I. Das Streitpatent betrifft nach seinem Patentanspruch 1 kosmetische und/oder dermatologische Zusammensetzungen, die zum Schutz der Haut gegen UV-Strahlung, insbesondere gegen Sonnenlicht, bestimmt sind. Bei der Herstellung derartiger Mittel werden, wie die Patentschrift erläutert, im Allgemeinen Kombinationen von im UV-A-Bereich (Wellenlänge 320 nm bis 400 nm) und im UV-B-Bereich (Wellenlänge 280 nm bis 320 nm) wirksamen Filtern verwendet. 4-tert-Butyl-4’-Methoxydibenzoylmethan , das unter der Handelsbezeichnung Parsol 1789 erhältlich sei, wird in diesem Zusammenhang als auf Grund seines guten intrinsischen Absorptionsvermögens besonders interessantes UV-A-Filter bezeichnet (S. 1 Z. 23 bis 25). Als UV-B-Filter mit gutem Absorptionsvermögen werden 1,3,5-Triazinderivate und insbesondere die unter der Handelsbezeichnung Uvinul T 150 erhältliche Verbindung 2,4,6-Tris[p-2’-ethylhexyl1 ’-oxycarbo-nyl)anilino]-1,3,5-triazin (Octyltriazon) genannt. Die Beschrei- bung gibt weiter an, dass solche Triazinderivate aus der Entgegenhaltung D3 bekannt seien. Sie bezeichnet es als "sehr interessant", 1,3,5-Triazinderivate zu11 sammen mit dem als Parsol 1789 bekannten Butylmethoxydibenzoylmethan (im Folgenden: BMDBM) verwenden zu können. Die Anmelderin habe jedoch festgestellt, dass sich 1,3,5-Triazinderivate in Gegenwart von BMDBM unter UV-Bestrahlung chemisch zersetzten. Nach umfangreichen Untersuchungen habe sie entdeckt, dass sich die Stabilität und damit die Wirksamkeit der Zusammensetzung durch Zugabe eines Alkyl-β,β’- diphenylacrylats oder eines Alkyl-α-cyano-β,β’-diphenylacrylats wesentlich verbessern lasse.
12
Eine "Aufgabe" (ein der Erfindung zugrunde liegendes technisches Problem) wird in der Beschreibung nicht ausdrücklich angegeben. Bei der Bestimmung des Problems stellt der Senat darauf ab, was die Erfindung gegenüber dem in der Beschreibung erwähnten Stand der Technik nach der Entgegenhaltung D3 tatsächlich leistet. Denn auch eine in der Patentschrift angegebene Aufgabe stellt lediglich ein Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems dar (vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693, 695 - Hochdruckreiniger ; vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 - Gelenkanordnung ; vom 15. April 2010 - Xa ZR 28/08, GRUR 2010, 607 - Fettsäurezusammensetzung ; vom 24. Februar 2011 - X ZR 121/09 - Wiederfinden einer Informationsseite; Senatsbeschluss vom 19. Oktober 2004 - X ZB 33/03, GRUR 2005, 141, 142 - Anbieten interaktiver Hilfe; st. Rspr.).
13
Patentanspruch 1 des Streitpatents stellt in seiner im Beschränkungsverfahren geänderten Fassung Zusammensetzungen unter Schutz, die (1) in einem kosmetisch und/oder dermatologisch akzeptablen Träger (2) folgende Substanzen enthalten: (2.1) 4-tert-Butyl-4’-Methoxydibenzoylmethan (BMDBM) als UV-A-Filter, (2.2) mindestens ein 1,3,5-Triazinderivat einer definierten Formel als UV-B-Filter, wobei verschiedene Seitenketten möglich sind (insbesondere: - 2,4,6-Tris[p-2’-ethylhexyl-1’-oxycarbonyl)anilino]- 1,3,5-triazin [Octyltriazon oder Ethylhexyltriazon - EHT, Handelsbezeichnung: Uvinul T 150]; - Diethylhexylbutylamidotriazon [Handelsbezeichnungen : Uvasorb HEB und RA 3643]), (2.3) mindestens ein Alkyl-β,β’-diphenylacrylat oder Alkyl- α-cyano-β,β’-diphenylacrylat einer definierten Formel als weiteres UV-B-Filter (insbesondere 2-Ethylhexyl- α-cyano-β,β’-diphenylacrylat [Octocrylen, Handelsbezeichnungen : Neo Heliopan 303, Uvinul N 539]), (3) wobei die Zusammensetzungen (3.1) kein 2-Ethylhexyl-p-methoxycinnamat (Handelsbezeichnung : Parsol MCX) enthalten und (3.2) sich von den am Ende des Patentanspruchs 1 angegebenen Zusammensetzungen 1 und 2 unterscheiden.
14
Die im Streitpatent erwähnte und jedenfalls deshalb bei der Bestimmung des Problems zu berücksichtigende Entgegenhaltung D3 beschreibt nicht nur, wie vom Streitpatent ausgeführt, das 1,3,5-Triazinderivat Octyltriazon (Merkmal 2.2), sondern auch Octocrylen (Merkmal 2.3) als weiteres UV-Filter. Die Kombination der beiden Filter erlaubt nach der D3 auf Grund einer synergistischen Wirkung die Bereitstellung von Sonnenschutzzusammensetzungen mit gegenüber der alleinigen Verwendung des einen oder des anderen Filters deutlich verbesserten Lichtschutzfaktoren (S. 2 Z. 30 bis 33). Indem das Streitpatent die UV-BFilter nach den Merkmalen 2.2 und 2.3 mit BMDBM als UV-A-Filter nach Merkmal 2.1 verbindet, löst es das technische Problem, eine breitbandig wirksame und stabile Sonnenschutzzusammensetzung bereitzustellen.
15
II. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, weil es dessen Gegenstand nicht als patentfähig angesehen hat. Als Fachmann hat es einen Diplom-Chemiker, Pharmazeuten oder Diplom-Biologen angesehen , der sich in das spezielle Fachgebiet der Kosmetik (Kosmetologie ) intensiv eingearbeitet hat. Es hat sich u.a. darauf gestützt, dass die vorveröffentlichte D3 Sonnenschutzmittel beschreibe, die in einem kosmetisch akzeptablen Träger (Merkmal 1) in Form einer Emulsion eine Kombination aus den UV-B-Filtern Uvinul T 150 (Merkmal 2.2) und Uvinul N 539 (Merkmal 2.3) enthielten, wobei die Beschreibung ausführe, dass neben der UV-B-Strahlung auch die UV-A-Strahlung eine Veränderung der Haut hervorrufen könne, weshalb es wünschenswert sei, auch die UV-AStrahlung auszufiltern. Der Fachmann sei deshalb vor die Aufgabe gestellt , in die Zusammensetzung der D3 zusätzlich ein UV-A-Filter einzuarbeiten. Dabei stoße er auf die neben Benzophenon-Derivaten genannten Dibenzoylmethanderivate (vgl. D3 S. 3 Z. 52). Die Anregung, das 4-tertButyl -4’-Methoxydibenzoylmethan einzusetzen, erhalte der Fachmann aus der Entgegenhaltung D4, die dieses als bevorzugtes Dibenzoylmethanderivat nenne und auch auf die ausreichende Photostabilität der dort genannten Kombination hinweise; ein bevorzugtes UV-B-Filter sei wie im Streitpatent Octocrylen, wodurch die Kombination der Merkmale 2.1 und 2.3 aus der D4 bekannt sei. In Kombination mit der D3 ergebe sich ein Naheliegen der drei Sonnenschutzfilter gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents. Der Fachmann werde auch, da sowohl die Mischungen nach D3 als auch die nach D4 lichtstabil seien, von der Lichtstabilität der Dreierkombination ausgehen. Ein weiteres UV-B-Filter wie ein Zimtsäurederivat werde der Fachmann nicht zusetzen, da die zwei vorhandenen UV-BFilter einen synergistisch verbesserten Lichtschutz aufwiesen und die D3 und die D4 es nicht vorschrieben. Auch im Streitpatent werde ein nachteiliger Effekt durch den Zusatz des Zimtsäurederivats im Übrigen nicht belegt. Der zusätzliche Effekt, dass durch Octocrylen die Lichtstabilität des Octyltriazon verbessert werde, wenn dieses in Kombination mit BMDBM vorliege, könne bei Naheliegen der Kombination die erfinderische Leistung nicht begründen. Auch die Gegenstände der Patentansprüche 17 und 27 beruhten deshalb nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
16
III. Dies hält im Ergebnis und in der Begründung der Überprüfung stand.
17
1. Dabei kann offen bleiben, ob der Gegenstand von Patentanspruch 1 vom Stand der Technik neuheitsschädlich getroffen wird. Die Anlehnung an die Ausführungsbeispiele in den der Entgegenhaltungen NiK4/NiK7 ist schwerlich geeignet, deren Offenbarungsgehalt vollständig zu berücksichtigen und diesen gegenüber Neuheit herzustellen. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann der Senat - anders als bei einer beschränkten Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. März 2010 - Xa ZR 54/06, GRUR 2010, 709 - Proxyserversystem ) - nicht prüfen, ob die vom Europäischen Patentamt gebilligte beschränkte Fassung dem Erfordernis der Klarheit (Art. 84 EPÜ) genügt. Der Patentanspruch, auf den das Europäische Patentamt im europäischen Beschränkungsverfahren (Art. 105a, Art. 105b EPÜ) das Patent beschränkt hat, stellt, ebenso wie ein im Einspruchsverfahren geändertes Patent, die geltende Fassung des europäischen Patents dar und kann im Nichtigkeitsverfahren mangels eines einschlägigen Nichtigkeitsgrunds ebenso wenig auf das Erfordernis der Klarheit geprüft werden wie die Patentansprüche des erteilten Patents.
18
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in seiner im europäischen Beschränkungsverfahren geänderten Fassung ergab sich für den Fachmann am Prioritätstag in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 54 EPÜ). Dies füllt den Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ aus. Auf die weiter geltend gemachten Nichtigkeitsgründe des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 IntPatÜbkG braucht daher nicht eingegangen zu werden.
19
Als Ausgangspunkt für die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht ausschließlich auf die der Beschreibung des Streitpatents zu entnehmende "Aufgabe" abzustellen. Sie gibt - wie zu I ausgeführt - das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem nicht zutreffend wieder. Im Übrigen bildet auch eine zutreffend formulierte Aufgabe nicht notwendigerweise den einzigen Ausgangspunkt für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit; es ist vielmehr auch zu erwägen, ob die Bewältigung eines (anderen) zum Aufgabenkreis des Fachmanns gehörenden technischen Problems dessen Lösung nahegelegt hat (vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 200/99, GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger). Dies ist hier zu bejahen. Darauf, ob sich diese Anregungen auch auf die Fotostabilität bezogen, ist dabei nicht entscheidend abzustellen (vgl. nur Senatsurteil vom 10. Dezember 2002 - X ZR 68/99, GRUR 2003, 317 - kosmetisches Sonnenschutzmittel I; st. Rspr.).
20
a) Für die Hinzufügung eines UV-A-Filters zu der aus der D3 bekannten Kombination der UV-B-Filter Octyltriazon und Octocrylen boten sowohl die D3 als auch die D4 unmittelbare Anregungen.
21
So erwähnt die Entgegenhaltung D3, dass entsprechende Zusammensetzungen aus zwei UV-B-Filtern auch ein oder mehrere Filter, die im UV-A-Bereich wirksam sind, enthalten können (S. 3 Z. 48 bis 54). Da die D3 (fast wortgleich mit dem Streitpatent) ausdrücklich darauf hinweist, dass die UV-A-Strahlung insbesondere die Elastizität der Haut beeinträchtige und Faltenbildung begünstige, was zu vorzeitiger Hautalterung führe, und sogar die Ursache für toxische oder allergische Reaktionen sein könne , bezeichnet sie es konsequenterweise als wünschenswert, auch die UV-A-Strahlung auszufiltern (S. 2 Z. 15 bis 19). Der Fachmann, der sich die in der D3 beschriebene vorteilhafte synergistische Wirkung der Octyltriazon -Octocrylen-Kombination zunutze machen will, wird daher dazu gedrängt, sich Gedanken über ein geeignetes UV-A-Filter zu machen.
22
Zwar werden in der D3 selbst Dibenzoylmethanderivate nur unter einer Reihe weiterer Filter genannt (S. 3 Z. 48 bis 54). Bei BMDBM (Handelsbezeichnung Parsol 1789) handelte es sich aber um ein bekanntes UV-A-Filter dieser Klasse, das auch in der Streitpatentschrift als auf Grund seines guten intrinsischen Absorptionsvermögens besonders interessantes UV-A-Filter bezeichnet wird (S. 1 Z. 23 bis 25); auch die Beklagte trägt vor, sein hoher Extinktionsfaktor sei bekannt gewesen. Im Gutachten von Prof. S. wird unwidersprochen ausgeführt, BMDBM habe jedenfalls in Europa im Prioritätszeitpunkt als einziges zugelassenes Dibenzoylmethanderivat zur Verfügung gestanden. Die Entgegenhaltung D4, die wiederum fast wortgleich mit dem Streitpatent ebenfalls auf die Notwendigkeit hinweist, sowohl UV-A- als auch UV-B-Strahlung zu filtern (S. 1 Z. 12 bis S. 2 Z. 2), gibt an, dass bereits vorgeschlagen worden sei, Dibenzoylmethanderivate als UV-A-Filter mit verschiedenen UV-B-Filtern zu kombinieren, dass sich jedoch die Dibenzoylmethanderivate in Kombination mit diesen UV-B-Filtern als nicht ausreichend stabil erwiesen hätten (S. 2 Z. 9 bis 13: "Malheureusement, lorsqu’ils sont utilisés en association avec ces filtres UV-B, les dérivés de dibenzoylméthane ... ne possèdent pas toujours une stabilité photochimique suffisante pour garantir une protection constante durant une exposition solaire prolongée …"). Hierzu schlägt die D4 vor, ein Dibenzoylmethanderivat mit einem β,β’- Diphenylacrylsäurealkylester oder α-Cyano-β,β’-diphenylacrylsäurealkylester einer definierten Formel I als UV-B-Filter zu kombinieren. Daraus ergäben sich eine bemerkenswerte photochemische Stabilität der Dibenzoylmethanderivate , ein starker Lichtschutzfaktor und eine gute Remanenz (S. 2 Z. 16 bis 28). Unter den angeführten Dibenzoylmethanderivaten wird dabei - neben 4-Isopropyldibenzoylmethan - BMDBM besonders bevorzugt (S. 4 Z. 4 bis 6); Octocrylen wird als erstes der vier besonders bevorzugten Diphenylacrylate genannt (S. 3 Z. 20); die Kombination liegt auch dem Beispiel 1 (und Beispiel 8) zugrunde. Der Fachmann, der ausgehend von der Octyltriazon-Octocrylen23 Kombination der D3 nach einem geeigneten UV-A-Filter suchte, fand mithin in der D4 den Hinweis, dass die Komponente Octocrylen dieser Kombination auch geeignet war, die in der Literatur beschriebenen Stabilitätsprobleme der als UV-A-Filter in Betracht kommenden Dibenzoylmethande- rivate und namentlich des BMDBM zu lösen. Wenn dies auch keinen zwingenden Schluss auf die Wirkung des Octocrylen in der DreierKombination aus BMDBM, Octyltriazon und Octocrylen zuließ, musste es aber doch zumindest als lohnend erscheinen zu prüfen, ob Octocrylen auch in dieser Kombination sowohl im UV-B-Bereich synergistisch mit dem Triazinderivat zusammenwirkte als auch die Stabilität des UV-AFilters (und der Gesamtkombination) gewährleistete. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob sich beim Übergang von einer Zweierkombination auf eine Dreierkombination Stabilitätsprobleme einstellen konnten, die bei Zweierkombinationen nicht aufgetreten waren. Diese Möglichkeit musste der Fachmann zwar in Rechnung stellen, weil die Interaktion einer erhöhten Zahl von Komponenten nicht im Voraus sicher absehbar war, sie konnte ihn aber nicht von der Durchführung entsprechender Versuche abhalten , zumal es sich bei den Einzelkomponenten um gängige und nicht erst mit großem Aufwand zu synthetisierende Erzeugnisse handelte.
24
b) Auch die weitere Anweisung, kein 2-Ethylhexyl-p-methoxycinnamat zuzugeben (Merkmal 3.1), führt nicht zur Bejahung der erfinderischen Tätigkeit. Die D3 erwähnt zwar, dass sich unter den - fakultativen - weiteren Filtern auch Zimtsäurederivate befinden können, schreibt deren Verwendung aber nicht vor. Sie beschreibt damit Kombinationen mit und ohne Zimtsäurederivate. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Fachmann die Zugabe eines Zimtsäurederivats gleichwohl zwingend erschienen wäre. Er konnte vielmehr im Gegenteil der Veröffentlichung der britischen Patentanmeldung 2 198 944 (NiK23) entnehmen, dass auch 2-Ethylhexylp -methoxycinnamat zu denjenigen UV-B-Filtern gehört, bei deren Kombination mit BMDBM als UV-A-Filter das Dibenzoylmethanderivat keine ausreichende photochemische Stabilität besitzt (S. 2 zweiter vollständiger Absatz : "Unfortunately in a combination of these UV-A and UV-B screens, [Parsol 1789] does not have a sufficient photochemical stability to guarantee continuous protection during a prolonged exposure to the sun ..."). Damit war dem Fachmann aus dem Stand der Technik nicht nur bekannt, dass die Zugabe des Zimtsäurederivats nicht erforderlich war, sondern darüber hinaus auch, dass sie sich nachteilig auf die Photostabilität des BMDBM auswirken konnte. Dies führt ohne erfinderisches Zutun zu der Anweisung, das Zimtsäurederivat wegzulassen.
25
3. Die Gegenstände der Hilfsanträge I bis VI, die lediglich zur weiteren Abgrenzung zum Stand der Technik bei der Neuheitsprüfung bestimmt sind, sind nicht anders zu beurteilen, und Entsprechendes gilt für die Hilfsanträge VIII ff.
26
4. Nach Hilfsantrag VII werden die verwendbaren Triazinderivate derart beschränkt, dass das in der D3 genannte Octyltriazon nicht mehr unter Merkmal 2.2 fällt. Der dergestalt verteidigte Patentanspruch 1 sieht stattdessen den Einsatz einer Verbindungsklasse vor, zu der Diethylhexylbutylamidotriazon (Handelsnamen Uvasorb HEB und RA 3643) gehört. Dieser "analoge Ersatz" mag eine zulässige Einschränkung sein, ist aber nicht geeignet, erfinderische Tätigkeit zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 15. September 2009 - X ZR 115/05, GRUR 2010, 322 - Sektionaltor; EPA, Technische Beschwerdekammer - T 4/98, ABl. EPA 2002, 139 = GRUR Int. 2002, 438 - Liposomenzusammensetzungen). Bei Uvasorb HEB handelt es sich um eine in der veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 570 838 (vgl. die D9) und einem auf das Jahr 1995 datierten Prospekt des RA-3643-Herstellers 3V Sigma SpA (D27) beschriebene Substanz, die zwar auf Grund ihrer Substitution (zwei Estergruppen und eine Amidgruppe anstelle von drei Estergruppen) weniger lipophil als Octyltriazon sein mag, wie dies auch der gerichtliche Sachverständige ange- geben hat, aber sonst keine verbesserten Eigenschaften aufweist, die hier im Sinn der durchwegs älteren Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Senats (vgl. RG GRUR 1936, 610 - Reklameplakate; Senatsurteil vom 6. Februar 1973 - X ZR 40/69, bei Liedl, Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen - Nichtigkeitsklagen 1971/73, 248, 258) allenfalls die Bejahung erfinderischer Tätigkeit tragen könnten. Die stabilitätsfördernde geringere Lipophilie bei weitgehender struktureller Ähnlichkeit mit Octyltriazon musste den Fachmann im Gegenteil eher dazu veranlassen, als taugliches Triazinderivat in der nach den Ausführungen zu 2 nahegelegten Kombination von UV-A- und UV-B-Filtern auch Uvasorb HEB in Betracht zu ziehen.
27
5. Der Verwendungsanspruch 17 und der Verfahrensanspruch 27 teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1. Zwar ist die Formulierung des Patentanspruchs 17 (Verwendung eines Diphenylacrylats zur Herstellung von Zusammensetzungen, die BMDBM in Kombination mit mindestens einem Triazinderivat enthalten, um dessen Stabilität zu verbessern) auf die von der Beklagten geltend gemachte Aufgabenstellung abgestellt. Dies ändert aber nichts daran, dass die Zweckangabe keine eigenständige (beschränkende ) Bedeutung hat und mit der Beanspruchung der Verwendung eines Diphenylacrylats zur Herstellung von Zusammensetzungen nach Patentanspruch 1 dessen Gegenstand nur in eine andere Form gekleidet wird. Für die verfahrensmäßige Einkleidung in Patentanspruch 28 gilt nichts anderes. Patentanspruch 31 beansprucht schließlich ein Verfahren zur kosmetischen Behandlung, das durch den Auftrag einer wirksamen Menge der Zusammensetzung nach Patentanspruch 1 gekennzeichnet ist; auch dieser Anspruch teilt das Schicksal des Patentanspruchs 1.
28
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Keukenschrijver Mühlens
Grabinski Bacher
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 04.03.2008 - 3 Ni 18/06 (EU) -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 200/99 Verkündet am:
12. Februar 2003
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Hochdruckreiniger
PatG 1981 § 4
Hat die zu seinem typischen Aufgabenkreis gehörende Bewältigung eines konstruktiven
Problems wie die kostengünstigere Herstellung durch Vereinfachung
der Werkzeuge dem Fachmann eine der beanspruchten Lehre entsprechende
Ausgestaltung nahegelegt, beruht diese Lehre auch dann nicht auf einer erfinderischen
Tätigkeit, wenn der Stand der Technik für die damit zugleich erreichte
Verbesserung der Lösung einer weiteren Problemstellung keine hinreichende
Anregung vermittelt hat.
BGH, Urt. v. 12. Februar 2003 - X ZR 200/99 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 12. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 20. Juli 1999 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
Das deutsche Patent 41 38 451 wird für nichtig erklärt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Patents 41 38 451 (Streitpatents), das am 22. November 1991 angemeldet worden ist.
Es betrifft einen Hochdruckreiniger und umfaßt sechs Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Hochdruck-Reiniger (1) mit einer Hochdruck-Pumpe (7, 8), die von einem Gehäuse (2) zumindest teilweise umgeben ist,
- mit einer Waschpistole (10), die mit der Hochdruck-Pumpe (7, 8) über einen Schlauch (9) verbunden ist,
- mit an der Unterseite des Gehäuses (2) vorgesehenen Stützrädern (5) und mindestens einem Stützfuß (20), wobei der Hochdruck -Reiniger (1) zum Transport aus einer aufrechten Stellung kippbar ist, und
- mit wenigstens einer am Gehäuse (2) ausgebildeten Steckaufnahme (16, 17) für die Waschpistole (10) bzw. für eine Sprühlanze (18), wobei die Unterseite der Steckaufnahme (16, 17) den Stützfuß (20) bildet."
Wegen der Patentansprüche 2 bis 6 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Außerdem ist der Beklagte eingetragener Inhaber des unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 687 509, das auf einer Anmeldung vom 23. November 1992 beruht, mit der die Priorität des Streitpatents in Anspruch genommen worden ist. Dieses betrifft ebenfalls einen Hochdruckreiniger.

Die Klägerin hat mit ihrer Nichtigkeitsklage in erster Linie beantragt, das Streitpatent für nichtig zu erklären, und geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, er beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Hilfsweise hat sie beantragt, das Streitpatent mit Wirkung vom 16. April 1999 insoweit für nichtig zu erklären, als es mit seinem Schutzumfang über das europäische Patent 0 687 509 hinausgehe.
Das Bundespatentgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen; den Hilfsantrag hat das Bundespatentgericht für unzulässig gehalten.
Mit ihrer Berufung erstrebt die Klägerin unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Nichtigerklärung des Streitpatents.
Der Beklagte ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Prof. Dr.-Ing. H. B. hat als gerichtlicher Sachverständiger ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Senat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Das Streitpatent war deshalb gemäß §§ 22, 21 Abs. 1 Nr. 1, 4 PatG für nichtig zu erklären.
1. Das Streitpatent betrifft einen Hochdruckreiniger. Dabei geht es, wie die weitere Beschreibung und die Ausführungsbeispiele erkennen lassen, von einem Gerät aus, das bei Benutzung senkrecht auf eine Unterseite gestellt wird. Derartige Hochdruckreiniger werden zunehmend nicht nur für den industriellen Einsatz, sondern auch für den Gebrauch in Privathaushalten hergestellt. Sie sind, wie beispielsweise der Hochdruckreiniger nach dem deutschen Gebrauchsmuster 91 04 335, vielfach zum Zwecke des leichteren Transports zu ihrem Einsatzort im Bereich der Unterseite des Gerätegehäuses mit Rollen versehen; ein bügelförmiger Transportgriff ermöglicht den Transport in gekippter Stellung. Bei Gebrauch ruht das Gerät einerseits auf diesen Rollen oder einer Kante des Gehäuses in ihrer Nähe; die für einen hinreichend sicheren Stand erforderliche weitere Unterstützung wird durch Standfüße in der Nähe der gegenüberliegenden Kante oder an dieser bewirkt. Für den Einsatz solcher Geräte wird Zubehör benötigt, nämlich eine Waschpistole, mit der der Sprühstrahl ausgelöst werden kann, eine oder mehrere Sprühlanzen, d.h. aufsetzbare Verlängerungen der Waschpistole, die mit unterschiedlichen Sprühköpfen für verschiedene Sprühstrahle ausgestaltet sein können, sowie ein Druckschlauch und ein Elektrokabel. Die Streitpatentschrift setzt bekannte Hoch-
druckreiniger voraus und befaßt sich im wesentlichen mit der Unterbringung des Zubehörs. Die Streitpatentschrift bezeichnet es (Sp. 1 Z. 35-39) als Aufgabe der Erfindung, für die zum Betrieb des Hochdruckreinigers benötigten Zubehörteile eine platzsparende und sichere Transport- und Lagerungsmöglichkeit zu schaffen, wobei zudem eine einfache Herstellung möglich ist.
Vorgeschlagen wird ein Hochdruckreiniger, der folgende Merkmale aufweist :
1 eine Hochdruckpumpe,
1.1 die von einem Gehäuse zumindest teilweise umgeben ist;
2 eine Waschpistole,
2.1 die mit einer Hochdruckpumpe über einen Schlauch verbunden ist,
3 Stützräder,
3.1 die an der Unterseite des Gehäuses vorgesehen sind;
4 mindestens einen Stützfuß;
5 der Hochdruckreiniger ist zum Transport aus seiner aufrechten Stellung kippbar;
6 wenigstens eine Steckaufnahme
6.1 für die Waschpistole
6.2 bzw. für eine Sprühlanze;
6.3 die Unterseite der Steckaufnahme bildet den Stützfuß.
Die Streitpatentschrift bezeichnet es als bei dem aus der deutschen Offenlegungsschrift 34 00 568 bekannten Hochdruckreiniger nachteilig, daß die Steckaufnahme zum Einstecken der Waschpistole aufwendig in der Herstellung sei, weil sie im Gehäuseinneren in Form eines schräg nach unten ragenden Rohres ausgebildet sei. Der mit Rollen versehene transportable Hochdruckreiniger nach dem deutschen Gebrauchsmuster 91 04 335 verfüge nicht über eine geeignete Aufnahme für das Zubehör. Außerdem müßten zum Aufstellen des Gerätes gesonderte Stützfüße aufgesteckt oder aufgeschraubt werden. Der Hochdruckreiniger nach dem deutschen Gebrauchsmuster 79 29 280 schließlich sei zwar an Transportrollen verfahrbar; zum Aufstellen seien aber Stützen vorgesehen, die gesondert am Rahmen über Ausleger auf relativ aufwendige Weise befestigt seien.
Demgegenüber hebt die Streitpatentschrift als Vorzug des Hochdruckreinigers nach Patentanspruch 1 hervor, daß die Steckaufnahme zum Einstekken der Waschpistole in das Gehäuse integriert und damit gewährleistet ist, daß die Waschpistole sowohl beim Transport gesichert als auch für den Einsatz griffbereit ist, wobei der Druckschlauch angeschlossen bleiben kann; als weiteren Vorteil bezeichnet es die Streitpatentschrift, daß gleichzeitig die Un-
terseite der Steckaufnahme als Stützfuß ausgebildet ist, so daß ohne gesondert zu befestigende oder zu montierende Stützfüße eine sichere Aufstellposition und eine einfache Herstellung erreicht werden können (Sp. 1 Z. 43-54).
2. Wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, ist der Hochdruckreiniger nach Patentanspruch 1 neu, weil in keiner der entgegengehaltenen Druckschriften ein Gerät gezeigt wird, bei dem die Unterseite der Steckaufnahme für die Waschpistole den Stützfuß bildet.
3. Der Senat ist aufgrund der mündlichen Verhandlung und der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten und der Erläuterung und Ergänzung des Gutachtens in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, daß der Durchschnittsfachmann den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents unter Einsatz seiner fachlichen Fähigkeiten in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik auffinden konnte.
Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, ist der Durchschnittsfachmann, der sich in der Praxis mit der Entwicklung von Neuerungen auf dem Gebiet von Hochdruckreinigern beschäftigt, ein Diplomingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Fachhochschulabschluß oder er hat eine handwerkliche Ausbildung mit einer Weiterqualifizierung zum Maschinenbautechniker. Er verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung in Konstruktion und Entwicklung. In der mündlichen Verhandlung hat der gerichtliche Sachverständige auf Befragen des Senats ausgeführt, daß allerdings bei der Entwicklung von Konsumgütern zunehmend Industriedesigner zugezogen werden , die typischerweise das Design, aber auch die Funktion eines Geräts mitbeeinflussen , wobei es scharfe Abgrenzungen ebensowenig gibt wie feste Re-
geln dafür, in welchem Entwicklungsstadium ein Industriedesigner zugezogen wird. Der Sachverständige hat aber weiter überzeugend dargelegt, daß es auch bei Zuziehung eines Industriedesigners Aufgabe des Technikers bleibt, einen Gehäuseentwurf zu erstellen, bei dem das Zubehör für den Transport sicher untergebracht und eine sichere stabile Halterung gewährleistet ist. Der maßgebliche Durchschnittsfachmann ist danach nicht der Designer, sondern der Techniker.
Bei der Weiterentwicklung der aus dem Stand der Technik bekannten Reiniger mußte es einem solchen Fachmann einerseits um eine bessere Benutzbarkeit , andererseits aber auch um eine vereinfachte und kostengünstigere Herstellung des Geräts gehen, wobei, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, die bessere Integration des Zubehörs eine der maßgeblichen Zielvorstellungen bildete. Bei der Verwirklichung dieser Zielvorstellung konnte der Fachmann auf das auf dem Markt befindliche Gerät K... zurückgreifen, bei dem die Integration der Einrichtungen zum Transport des Zubehörs in das Gerät vergleichsweise weit vorangeschritten ist. Auch wenn in der mündlichen Verhandlung nicht abschließend geklärt werden konnte, ob die vorgesehenen Aufnahmeöffnungen an der Rückwand des Geräts ein Einführen der Zubehörteile bis zu dem unteren Ende der Verkleidung zulassen, oder ob dem in halber Höhe ein Hindernis in Form der technischen Einrichtungen im Weg stand, war hier aber die Aufnahmevorrichtung als solche in das Gerät integriert und bot damit eine - wenn auch nicht in jeder Hinsicht gelungene - Möglichkeit der vereinfachten Mitführung dieser Teile.
Ausgehend von der Zielvorstellung einer Verbesserung dieser Lösung mußte es sich dem Fachmann nach den überzeugenden Ausführungen des
gerichtlichen Sachverständigen, denen der Senat folgt, zunächst aufdrängen, die bei dem bekannten Gerät aus dem Stand der Technik vorgesehenen Füße zu vermeiden. Diese machten, wie der gerichtliche Sachverständige anschaulich und überzeugend geschildert hat, ein aufwendiges, aus mehreren Teilen bestehendes Werkzeug erforderlich, das sich bei Wegfall der Standfüße deutlich vereinfachen läßt. Auch die Streitpatentschrift beschreibt diese Füße als störend und bezeichnet es als Vorzug der von ihr vorgeschlagenen Lösung, daß eine einfache Herstellung erreicht wird, da keine gesonderten Stützfüße befestigt oder montiert werden müssen. Dort wird ausgeführt, daß bei dem Hochdruckreiniger nach dem deutschen Gebrauchsmuster 79 29 280 zum Aufstellen des Geräts Stützen vorgesehen sind, die gesondert am Rahmen über Ausleger auf relativ aufwendige Weise befestigt sind.
Bei Verzicht auf die Standfüße war der erforderliche sichere Stand im Betrieb des Hochdruckreinigers aber nur dann gewährleistet, wenn die Aufgabe des neben den beiden Rädern oder der Gehäusekante in ihrer Nähe erforderlichen weiteren Ruhepunktes von anderen Teilen des Gerätes übernommen wurde. Dazu bot es sich an, die obere Verkleidung des Geräts, die bei der Ausführungsform nach dem Stand der Technik im Betriebszustand auf den Standfüßen auflag, bis zum Boden zu verlängern. Die dafür erforderlichen konstruktiven Maßnahmen hat der gerichtliche Sachverständige überzeugend als im Können des Durchschnittsfachmanns liegend bezeichnet; der Senat schließt sich dem an. Mit dem Sachverständigen ist er weiter der Überzeugung, daß der mit einem solchen Umbau verbundene Aufwand durch die Vorteile im Herstellungsprozeß aus der Sicht des Fachmanns aufgewogen wird.
Mit dieser konstruktiven Änderung war allerdings das Anliegen des Streitpatents, eine vereinfachte Mitnahmemöglichkeit für das Zubehör zu schaffen, nicht, jedenfalls aber nicht in optimaler Weise verwirklicht. Ausgehend von dem Gerät K... , das - worüber auch die Parteien einig sind - dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents am nächsten kommt, kann nicht festgestellt werden, daß der Durchschnittsfachmann dort eine Steckaufnahme für längere Zubehörteile vorfand. Wie das Bundespatentgericht in seiner Entscheidung im Einspruchsverfahren gegen das Streitpatent vom 24. November 1997 (11 W (pat) 33/96) dargelegt hat, sind bei dem K...-Gerät als Zubehörteile nur eine relativ kurze Handspritzpistole und mit dieser verbindbare Stahlrohre und Waschbürsten angegeben und dargestellt. Für die Aufnahme einer an den Druckschlauch angeschlossenen, die Höhe des gesamten Geräts übersteigenden Sprühlanze sind die bei dem K...-Gerät vorgesehenen Steckaufnahmen danach grundsätzlich nicht geeignet. Geht man von dieser Vorstellung aus, mußte sich dem Fachmann bereits aufgrund einfacher Überlegungen aufdrängen, daß einer wesentlich sicheren Aufnahme des Zubehörs durch ein weiteres Einführen in die vorhandenen Öffnungen allein der ausladende Motorbereich in der Mitte des Geräts im Wege stand. Dem um platzsparende und sichere Transport- und Lagerungsmöglichkeiten für alle Zubehörteile bemühten Durchschnittsfachmann boten sich zur Vermeidung dieser als nachteilig empfundenen Gestaltung mehrere handwerkliche Lösungsmöglichkeiten , die, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt hat, alle darin bestanden, den Aufnahmeraum durch eine Verlegung der hierfür bestimmten Öffnung in der Weise vorzusehen, daß die Zubehörteile über die volle Länge der Verkleidung eingesteckt werden können. Da er zugleich die Fußkonstruktion als nachteilig erkannt hatte, lag es dann für ihn nahe, die außenseitig am Gehäuse angebrachte Steckaufnahme so weit zu verlängern, daß
er nicht nur auf zusätzliche Spritzgußteile verzichten, sondern den Boden der Steckaufnahme als Aufstandsfläche des Geräts in gekipptem Zustand nutzen konnte. Da der Fachmann im Interesse eines sicheren Standes des Geräts bestrebt sein mußte, einen möglichst großen Abstand zwischen der Drehachse der Stützräder und dem Aufstandspunkt des Stützpunktes zu erzielen, bot sich der vordere Gehäusebereich, in dem die Steckaufnahme bereits im Stand der Technik angeordnet war, nämlich zugleich für die Anordnung des Stützfußes an. Wie das Ausführungsbeispiel des Streitpatents zeigt, verlangt die erfindungsgemäße Ausgestaltung nicht mehr, als das Gehäuse so auszubilden, daß die Steckaufnahme bis in den Gehäusebereich hinunterreicht, deren Unterseite zugleich den vorderen Stützpunkt (Stützfuß) bildet. Zu dieser Form der Kombination von Stützfuß und Steckaufnahme gelangte der Fachmann bereits durch die jeweils für sich nahegelegte Verlagerung der vorderen Abstützung in den unteren Bereich der zum zweiten Gehäuseteil umgestalteten Verkleidung und die Verlängerung der Steckaufnahme zur sicheren Aufnahme des Zubehörs.
Der damit verbundenen Verneinung einer erfinderischen Tätigkeit steht nicht entgegen, daß der Fachmann bei dieser Lösung nicht unmittelbar von der im Streitpatent angegebenen Aufgabenstellung, sondern von allgemeinen Überlegungen ausgehen mußte, die allerdings nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen von ihm zu erwarten waren und in der allgemeinen Problemstellung lagen. Auf die im Streitpatent bezeichnete subjektive Aufgabe kommt es für die Beurteilung einer erfinderischen Tätigkeit nicht an. Bei der Beurteilung, ob der beanspruchten Lösung eine erfinderische Bedeutung beizumessen ist, muß von dem ausgegangen werden, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet.
Maßgeblich ist nicht, was in der Streitpatentschrift als "Aufgabe" bezeichnet ist, sondern das durch die Erfindung für den Fachmann tatsächlich, d.h. objektiv gelöste technische Problem (Sen. BGHZ 98, 12, 20 - Formstein; Urt. v. 23.01.1990 - X ZR 75/87, GRUR 1991, 522, 523 - Feuerschutzabschluß). Hat die zu seinem typischen Aufgabenkreis gehörende Bewältigung eines konstruktiven Problems wie die kostengünstigere Herstellung durch Vereinfachung der Werkzeuge dem Fachmann eine der beanspruchten Lehre entsprechende Ausgestaltung nahegelegt, beruht diese Lehre auch dann nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, wenn der Stand der Technik für die damit zugleich erreichte Verbesserung der Lösung einer weiteren Problemstellung keine hinreichende Anregung vermittelt hat.
Die Unteransprüche haben, wie dies auch der Beklagte sieht, keinen eigenständigen erfinderischen Gehalt und sind deshalb ebenfalls für nichtig zu erklären.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck
27
6. Demnach kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht davon ausgegangen werden, dass der Fachmann annahm, die Mikronisierung werde nicht zu der gewünschten Verbesserung der Löslichkeit von Ebastin führen. Die ein Naheliegen jedenfalls begründende "angemessene Erfolgserwartung" im Sinn insbesondere der Praxis der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (vgl. nur EPA - T 60/89, ABl. EPA 1992, 268 = GRUR Int. 1992, 771, 775 - Fusionsproteine; schweiz. Bundesgericht, GRUR Int. 1996, 1059, 1063 - Manzana II) bei der Mikronisierung ist damit ungeachtet nicht von vornherein auszuschließender Schwierigkeiten im Einzelnen, die aber nicht spezifisch mit der Struktur von Ebastin zusammenhängen, nicht zu verneinen.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)