Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - X ZR 68/15

bei uns veröffentlicht am25.10.2016
vorgehend
Bundespatentgericht, 5 Ni 91/12, 21.01.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 68/15 Verkündet am:
25. Oktober 2016
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
ECLI:DE:BGH:2016:251016UXZR68.15.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Grabinski, Hoffmann und die Richterin Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Auf die Anschlussberufung und unter Zurückweisung der Berufung wird das Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 21. Januar 2015 abgeändert. Das europäische Patent 1 206 881 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche die Fassung des angefochtenen Urteils erhalten , wobei Patentanspruch 17 nach den Wörtern "Auswählen eines der Anwärtersegmente entsprechend" weiter wie folgt lautet: "Auswahlinformation, die in den codierten Informationen, die das Segment des momentanen Rahmens der Videosequenz darstellen , empfangen wurde, wobei eine Anzahl empfangener Bits der Auswahlinformation verringert ist in Abhängigkeit von einer Verringerung der Anzahl der Anwärtersegmente, und Rekonstruieren des Segments des momentanen Rahmens der Videosequenz unter Verwendung eines zweiten Bewegungsfeldmodells auf der Grundlage eines Bewegungsfeldmodells, das für das ausgewählte Anwärtersegment bestimmt worden ist.", in den Patentansprüchen 19 und 46 die Wörter "das wenigstens eine Auswahlbit" durch "die Auswahlinformation" ersetzt werden, in Patentanspruch 44 die Wörter "wenigstens einem Auswahlbit auswählen, welches Auswahlbit" durch "Auswahlinformation auswählen, die" ersetzt werden und dieser Patentanspruch nach den Wörtern "empfangen wurde, wobei" weiter wie folgt lautet: "eine Anzahl empfangener Bits der Auswahlinformation verringert ist in Abhängigkeit von einer Verringerung der Anzahl der Anwärtersegmente, und die das Segment des momentanen Rahmens der Videosequenz unter Verwendung eines zweiten Bewegungsfeldmodells auf der Grundlage eines Bewegungsfeldmodells, das für das ausgewählte Anwärtersegment bestimmt worden ist, rekonstruieren, falls die identifizierte Codierungsbetriebsart die zweite Codierungsbetriebsart ist." Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits bleiben gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 206 881 (Streitpatents), das am 10. August 2000 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 11. August 1999 angemeldet wurde. Patentanspruch 17, dem die Patentansprüche 18 bis 28 nachgeordnet sind, lautet in der Verfahrenssprache wie folgt: "A method of decoding encoded information representative of a video sequence, which has been encoded according to the method of claim 1, said video sequence comprising a plurality of video frames, the decoding method being characterised by: receiving encoded information representative of a segment of a current frame of said video sequence; identifying a coding mode of the encoded information, the coding mode being one of at least a first coding mode and a second coding mode; if the identified coding mode is said first coding mode, reconstructing the segment of the current frame of said video sequence using a first motion field model derived using motion compensated prediction with respect to a previously-encoded frame of the video sequence; if the identified coding mode is said second coding mode, reconstructing the segment of the current frame of said video sequence using a second motion field model based on a motion field model determined for an adjacent previously-encoded segment of the current frame."
2
Patentanspruch 46, dem die Patentansprüche 47 bis 56 nachgeordnet sind, ist auf eine entsprechende Vorrichtung gerichtet. Die Klägerin hat erstinstanzlich das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 17 bis 28 sowie 46 bis 56 angegriffen und insoweit geltend gemacht, dem Gegenstand des Streitpatents fehle die Patentfähigkeit und das Streitpatent gehe über die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Weiterhin sei der Gegenstand des Patentanspruchs 46 nicht ausführbar. Das Patentgericht hat das Streitpatent unter - stillschweigender - Abwei3 sung der weitergehenden Klage dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es Patentanspruch 17 auf den ersten Hilfsantrag der Beklagten hin die nachfolgende beschränkte Fassung gegeben hat: "Verfahren zum Decodieren von codierten Informationen, die eine Videosequenz darstellen, die gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 codiert worden ist, wobei die Videosequenz mehrere Videorahmen enthält, wobei das Decodierungsverfahren gekennzeichnet ist durch: Empfangen codierter Informationen, die ein Segment eines momentanen Rahmens der Videosequenz darstellen; Identifizieren einer Codierungsbetriebsart der codierten Informationen , wobei die Codierungsbetriebsart eine Betriebsart aus wenigstens einer ersten bewegungskompensierten prädiktiven Codierungsbetriebsart und einer zweiten bewegungskompensierten prädiktiven Codierungsbetriebsart ist; falls die identifizierte Codierungsbetriebsart die erste Codierungsbetriebsart ist, Rekonstruieren des Segments des momentanen Rahmens der Videosequenz unter Verwendung eines ersten Bewegungsfeldmodells , das unter Verwendung einer bewegungskompensierten Prädiktion in Bezug auf einen vorher codierten Rahmen der Videosequenz abgeleitet wird; und falls die identifizierte Codierungsbetriebsart die zweite Codierungsbetriebsart ist, Berechnen von Anzahl und Ort von Anwärtersegmenten , wobei ein Anwärtersegment ein angrenzendes vorher codiertes Segment ist, dessen Bewegungsfeldmodell ungleich Null ist, Auswählen eines der Anwärtersegmente entsprechend wenigstens einem Auswahlbit, welches in den codierten Informationen , die das Segment des momentanen Rahmens der Videosequenz darstellen, empfangen wurde, wobei die Anzahl der empfangenen Auswahlbits verringert ist in Abhängigkeit von einer Verringerung der Anzahl der Anwärtersegmente, und Rekonstruieren des Segments des momentanen Rahmens der Videosequenz unter Verwendung eines zweiten Bewegungsfeldmodells auf der Grundlage eines Bewegungsfeldmodells, das für ein angrenzendes vorher codiertes Segment des momentanen Rahmens bestimmt wird, unter Verwendung des ausgewählten Anwärtersegments." Patentanspruch 46 ist (als Patentanspruch 44) in einer Patentan4 spruch 17 entsprechenden Weise beschränkt worden. Die Patentansprüche 19, 20, 48 und 49 sind weggefallen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstin5 stanzliches Begehren auf Nichtigerklärung des Streitpatents im Umfang der angegriffenen Patentansprüche weiterverfolgt. Die Beklagte hat sich der Berufung der Klägerin mit dem Ziel einer weitergehenden Klageabweisung angeschlossen und verteidigt hierzu das Streitpatent mit einem neuen Hauptantrag und zwei Hilfsanträgen.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Streitpatent betrifft Verfahren zur komprimierten Codierung und Decodierung einer Videosequenz und hierfür geeignete Vorrichtungen.
7
1. Das Streitpatent beschreibt, dass Videosequenzen sich aus einer Folge von Bildern zusammensetzen, die in schneller Folge (15-30 Videoframes pro Sekunde) den Eindruck einer Bewegung hervorrufen. Gleichwohl besteht typischerweise zwischen den einzelnen Bildern häufig ein nur geringer Unterschied. Oft bleibt der Hintergrund statisch und unverändert, während nur einzelne Objekte des Bildes eine gewisse Bewegung vollziehen. Die im jeweils nächsten Bild für den Hintergrund übermittelte Information ist daher redundant, was für eine Reduktion der effektiv zu übermittelnden Daten genutzt werden kann, indem nur die Unterschiede codiert und übermittelt werden. Der Empfänger rekonstruiert das aktuelle Bild anhand der Daten für das zuvor übermittelte Bild (Referenzrahmen) und addiert dazu die übertragenen Unterschiede, was als zeitliche Prädiktion bekannt und im Streitpatent als INTER-Codierung bezeichnet wird.
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In Erweiterung zur zeitlichen Prädiktion ist die bewegungskompensierte Codierung bekannt. Hierfür werden der aktuelle Bildrahmen in Segmente unterteilt und diese mit einem Vergleich zum Referenzrahmen auf eine bestmögliche Ähnlichkeit zwischen den Pixeln im aktuellen Segment und Pixelgruppen an gegebenenfalls nicht der gleichen Stelle im Referenzrahmen untersucht. Sofern eine solche Gruppe gefunden ist, wird die Korrespondenz zwischen dem aktuellen Segment und dem Segment des Referenzrahmens mittels eines Bewegungsvektors beschrieben, der beispielsweise als Verschiebevektor die horizontale und die vertikale Distanz zwischen den beiden Segmenten angibt. Auf diese Weise wird für jedes Segment versucht, seinen Ursprung im Referenzrahmen zu finden. Die so erhaltene Menge an Bewegungsvektoren kann als Bewegungsvektorenfeld betrachtet werden.
9
Die Codierung eines gesamten Rahmens mit Hilfe von Bewegungsvektoren erzeugt eine sehr effiziente Beschreibung des aktuellen Bildes, für die im Vergleich zu einer vollständigen Übertragung der Information für jedes einzelne Pixel nur wenige Bits benötigt werden. Da der Bewegungsvektor jedoch nur auf ein ähnliches, nicht notwendig gleiches Segment im Referenzrahmen hinweist, sei, so erläutert die Patentschrift, das mit Hilfe eines Bewegungsvektorfeld rekonstruierte Bild fehlerbehaftet, weshalb zusätzlich ein Prädiktionsfehlerrahmen erstellt wird, der den Unterschied zwischen dem codierten und dem originalen aktuellen Rahmen wiedergibt.
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Gleichwohl war mit diesen im Stand der Technik bekannten Maßnahmen immer noch eine signifikante Menge an Daten zu übertragen, um eine Videosequenz zu übermitteln.
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Das Streitpatent stellt sich der Aufgabe, Videosequenzen mit einer noch weiter reduzierten Menge an Daten zu codieren und dabei gleichzeitig die Prädiktionsfehler gering zu halten.
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2. Das in Patentanspruch 17 in der Fassung des Hauptantrags der Beklagten angegebene Decodierungsverfahren lässt sich wie folgt gliedern: 1. Es werden Informationen decodiert, die eine nach dem Codierungsverfahren nach Patentanspruch 1 codierte Videosequenz mit mehreren Videorahmen darstellen. 2. Es werden codierte Informationen empfangen, die ein Segment eines (momentanen) Rahmens der Videosequenz darstellen. 3. Es wird die Codierungsbetriebsart der codierten Informationen identifiziert, die 3.1 eine von wenigstens einer ersten und einer zweiten Betriebsart ist und 3.2 auf einer Bewegung kompensierenden Vorhersage beruht ("bewegungskompensiert prädiktiv" ist [using motion compensated prediction]). 4. Bei der ersten Codierungsbetriebsart wird ein erstes Bewegungsfeldmodell 4.1 mittels einer Bewegung kompensierenden Vorhersage aus einem zuvor codierten Rahmen abgeleitet und 4.2 dazu verwendet, das Segment des momentanen Rahmens zu rekonstruieren. 5. Bei der zweiten Codierungsbetriebsart werden 5.1 Anzahl und Ort von Anwärtersegmenten [candidates] berechnet, 5.1.1 die angrenzende zuvor codierte Segmente sind und 5.1.2 deren Bewegungsfeldmodell ungleich Null ist; 5.2 ein Anwärtersegment entsprechend einer Auswahlinformation ausgewählt, 5.2.1 die mit den das Segment des momentanen Rahmens darstellenden codierten Informationen empfangen wurde und 5.2.2 bei der die Anzahl der empfangenen Bits bei einer geringeren Anzahl von Anwärtersegmenten verringert ist; 5.3 aus dem ausgewählten Anwärtersegment [winning candidate] das Segment des momentanen Rahmens unter Verwendung eines zweiten Bewegungsfeldmodells auf der Grundlage eines für das ausgewählte Anwärtersegment bestimmten Bewegungsfeldmodells rekonstruiert.
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3. Die erfindungsgemäße Lehre bedarf im Hinblick auf einige Merkmale näherer Erläuterung.
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a) Den Kern der Neuerung bildet die Bestimmung und Verwendung von "Anwärtersegmenten". Bei der zweiten Codierungsbetriebsart werden Anzahl und Ort von Segmenten ermittelt, die im aktuellen Rahmen vor dem zu rekonstruierenden Segment codiert wurden und typischerweise links neben oder über diesem liegen (Merkmal 5.1.1). Anstelle für jedes aktuelle Segment einen gesonderten Bewegungsvektor entsprechend dem Merkmal 4.1 zu bestimmen, wird der Bewegungsvektor von den bereits für die Anwärtersegmente übermittelten Bewegungsvektoren übernommen. Von diesen Anwärtersegmenten werden jedoch nur diejenigen als Anwärtersegmente berücksichtigt, deren Bewegungsfeldmodell ungleich Null ist (Merkmal 5.1.2). Hierdurch kann sich eine Verringerung der Anzahl der Anwärtersegmente ergeben.
15
b) Dies führt dazu, die Auswahlinformation, die angibt, welches Anwärtersegment bei der zweiten Codierungsbetriebsart zur Rekonstruktion der Sequenz (Merkmal 5.3) verwendet werden soll, mit einer geringeren Anzahl von Bits zu codieren (Merkmal 5.2.2). Es sollen nicht mehr Bits für die Auswahlinformation übertragen werden, als in Abhängigkeit von der Zahl der für eine solche Auswahl in Frage kommenden Anwärtersegmente erforderlich ist. Der Beschreibung und der nachfolgenden Figur 5 des Streitpatents ist hierzu für ein Ausführungsbeispiel zu entnehmen, dass, wenn nur ein Anwärtersegment unter den angrenzenden Segmenten für eine Rekonstruktion in Frage kommt ("Number of candidates from up" = 0 und "Number of candidates from left" = 1 oder umgekehrt), weil das Bewegungsfeldmodell aller weiteren, bereits codierten angrenzenden Segmente gleich Null ist, Auswahlbits nicht übertragen werden müssen (Streitpatent, S. 14 f. Abs. 100 f.).
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c) Damit die Decodierungsvorrichtung eine solche (reduzierte) Auswahlinformation richtig interpretieren kann, muss sie ihrerseits Anzahl und Ort der mit den Merkmalen 5.1.1 und 5.1.2 definierten Anwärtersegmente berechnen (Merkmal 5.1).
17
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung - wie folgt begründet:
18
Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents mit dem vom Patentgericht als rechtsbeständig erachteten Hilfsantrag sei zulässig, insbesondere gehe dessen Gegenstand nicht über den Inhalt der Ursprungsunterlagen - für die auf die Veröffentlichung der internationalen Anmeldung WO 01/11891 Bezug genommen werden kann - hinaus. Merkmal 3.1 sei in den in der Anmeldung formulierten Ansprüchen 48 und 49 offenbart, wonach das Decodierungsverfahren aufgrund einer entsprechenden Information aus einer von zwei Rekonstruktionsweisen ausgewählt werde. Indem die in der Anmeldung formulierten Ansprüche 48, 49 und 55 die Verwendung eines ersten oder zweiten Bewegungsfeldmodells zeigten, wobei der erste Rekonstruktionsmodus ein Bewegungsfeldmodell nutze, welches aus dem das erste Segment repräsentierenden Bewegungsfeldmodell abgeleitet werde, und der zweite Rekonstruktionsmodus die Koeffizienten eines Bewegungsvektors und damit ein anderes Bewegungsfeldmodell nutze, seien auch Mittel zur Durchführung dieser Rekonstruktionsmodi angegeben. Weiterhin sei in der Patentanmeldung offenbart, dass eine Auswahl des zu verwendenden Anwärtersegments anhand von Auswahlbits stattfinde. Es werde beschrieben, dass die Übersendung eines bestimmten Bits beim Decoder einen Betriebszustand auslöse, in dem sodann ein oder zwei Auswahlbits ausgewertet würden, um den geeigneten Kandidaten aus den Anwärtersegmenten zu bestimmen.
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Der Gegenstand des Hilfsantrags sei für den Fachmann - einen Diplomingenieur der Nachrichtentechnik mit Hochschulausbildung, der schwerpunktmäßig mit der Übertragungstechnik in der Video- und Fernsehtechnik befasst sei - ausführbar. Insbesondere könne der Fachmann die Begriffe Bewegungsfeldmodell , Bewegungsmodell, Bewegungsvektorfeld und Bewegungsfeld sowie Codierungsbetriebsart zwanglos mit technischen Inhalten belegen.
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Der Gegenstand des Hilfsantrags sei neu. Er werde nicht in dem Aufsatz von Zhang, Bober und Kittler "Image sequence coding using multiple-level segmentation and affine motion estimation" in IEEE Journal on selected areas in communications, Dezember 1997 (D7), vollständig offenbart, denn dieses Dokument zeige jedenfalls nicht den Ausschluss von angrenzenden Segmenten , deren Bewegungsfeldmodell ungleich Null ist, aus dem Kreis der zu berechnenden Anwärtersegmente (Merkmal 5.1.2).
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Die D7 gehe davon aus, dass Codecs mit fester Blockgröße sowie auch Codecs mit variabler Blockgröße zur Codierung von Videosequenzen mit einer reduzierten Bitrate bekannt und weiterentwickelt worden seien. Es seien jedoch bislang nur translatorische Bewegungsmodelle verwendet worden, was bei komplexeren Bewegungen eines großen Blocks zu größeren Vorhersagefehlern führe. Hierfür schlage die D7 einen verbesserten Algorithmus für eine Bewegungseinschätzung und eine mehrstufige Struktur der Blocksegmentierung vor.
Hierbei würden Vorder- und Hintergrundobjekte getrennt, indem bewegte Objekte vom Hintergrund separiert würden. Die Hintergrundobjekte würden mit ihrer Lauflänge codiert, während für die Vordergrundobjekte eine Interblockvorhersage und eine Differenzcodierung zur Codierung der Bewegungsparameter genutzt werde. Nach der D7 sei es sehr wahrscheinlich, dass zwei benachbarte Blöcke denselben Bewegungsvektor hätten. Es reiche dann aus, dem Empfänger mitzuteilen, welcher der bereits codierten Nachbarblöcke sich mit derselben Geschwindigkeit bewege. Der D7 sei jedoch nicht zu entnehmen, dass dabei für die Auswahl der in Frage kommenden Nachbarblöcke danach unterschieden würde, ob sie dem Vorder- oder dem Hintergrund zugehörten oder ob ihr Bewegungsvektor gleich Null sei.
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Der Gegenstand des Streitpatents gemäß dem der Entscheidung des Patentgerichts zugrunde liegenden Hilfsantrag beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Keine der vorgelegten Entgegenhaltungen offenbare das Merkmal 5.1.2. Die darin liegende Weiterentwicklung sei auch nicht eine reine fachmännische Routine. Auch wenn es dem allgemeinen Fachwissen entsprochen haben dürfte, unbewegte Segmente anders zu codieren als bewegte, bedeute dies nicht, unbewegte Segmente als Anwärtersegmente auszuschließen. Im Stand der Technik sei es nicht angelegt gewesen, die Zahl der Anwärtersegmente dynamisch zu bestimmen, indem Segmente mit einem Bewegungsvektor Null von vorneherein ausgeschieden würden. Dieses Teilmerkmal trage auch zur Lösung eines technischen Problems bei, nämlich zur Reduzierung der zu übertragenden Bitrate.
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Der Gegenstand des Patentanspruchs 46 sei in der Sache nichts anderes als die Formulierung der im Verfahrensanspruch 17 niedergelegten Lehre in Form eines Vorrichtungsanspruchs. Die Gesichtspunkte, die die Schutzfähigkeit des Patentanspruchs 17 trügen, gälten daher ebenso für den Patentanspruch 44.
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III. Der mit der Anschlussberufung verfolgte Hauptantrag ist zulässig. Er ist im Berufungsverfahren als sachdienlich zuzulassen (nachfolgend zu 1) und genügt auch allen weiteren Zulässigkeitsanforderungen; insbesondere ist er weder unklar (zu 2) noch enthält er eine unzulässige Erweiterung (zu 3).
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1. Der neue Hauptantrag entspricht sachlich im Wesentlichen der Fassung, die das Patentgericht dem Streitpatent gegeben hat, mit der Maßgabe , dass der Bezug auf "Auswahlbits", den die Klägerin im Zusammenhang dieser Anspruchsfassung als nicht ursprungsoffenbart beanstandet, durch den Bezug auf "Auswahlinformation" ersetzt worden ist, um dieser Beanstandung Rechnung zu tragen. Dies ist sachgerecht und war in erster Instanz noch nicht geboten, da das Patentgericht die Beanstandung der Klägerin nicht geteilt hat (§ 116 Abs. 2 PatG).
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2. Die Anspruchsformulierung des zweitinstanzlichen Hauptantrags ist hinreichend klar und genügt den Anforderungen aus Art. 84 Satz 2 EPÜ. Sie trägt in zulässiger Form den Bedenken Rechnung, die die Klägerin gegen eine Anspruchsfassung erhoben hat, bei der anstelle der Auswahlinformation (Merkmal 5.2) auf Auswahlbits Bezug genommen wird.
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Mit dem Begriff der "Auswahlinformation" wird deutlich, dass davon auch der Fall erfasst wird, bei dem nur eines der zu prüfenden Anwärtersegmente ein Bewegungsfeldmodell ungleich Null aufweist, somit nur dieses für eine Übernahme von dessen Bewegungsvektor verbleibt und deshalb - mangels Auswahlmöglichkeiten - die Übermittlung eines Auswahlbits nicht erforderlich ist. In diesem Fall ergibt sich die Auswahlinformation aus dem vom Decodierer selbst ermittelten Umstand, dass nur ein Anwärtersegment in Frage kommt und des- halb für dieses kein Auswahlbit übertragen wird. Die anhand der Figur 5 aufgezeigten Alternativen für dieses Verfahren lassen insoweit keinen Zweifel zu, weshalb es im Patentanspruch keiner weiteren Präzisierung in dieser Hinsicht bedarf.
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3. Aufgrund des insoweit übereinstimmenden Inhalts der Anmeldung (WO 01/11891, S. 32 Z. 20 bis 22, S. 32 Z. 29 bis S. 33 Z. 17 mit Figur 5) mit der Beschreibung des Streitpatents scheidet auch eine unzulässige Erweiterung aus.
29
Aus dem Umstand, dass in der Beschreibung des Streitpatents wie auch im Beschreibungsteil der Anmeldung die Übersendung eines Indikationsbits für die Unterscheidung der ersten Codierungsbetriebsart gemäß Merkmalsgruppe 4 von der zweiten Codierungsbetriebsart gemäß Merkmalsgruppe 5 unmittelbar vor dem Absatz erläutert wird, in dem die Übersendung von Auswahlbits zur Bestimmung des zu verwendenden Anwärtersegments im Falle der zweiten Codierungsbetriebsart beschrieben wird (Streitpatent, S. 14 Abs. 99 f.), folgt nicht die zwingende Verwendung eines Indikationsbits zur Unterscheidung beider Betriebsarten entsprechend Merkmalsgruppe 3. Hierbei handelt es sich um zwei unterschiedliche technische Aspekte, die unabhängig voneinander technisch gelöst werden können.
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IV. Der zu I erläuterte Gegenstand des Patentanspruchs 17 in der Fassung des zweitinstanzlichen Hauptantrags der Beklagten ist aus den vom Patentgericht (für den Gegenstand des Patentanspruchs 17 in der Fassung des angefochtenen Urteils) angegebenen Gründen patentfähig. Für den Gegenstand von Patentanspruch 46 gilt Entsprechendes. Damit erweist sich zugleich die Berufung der Klägerin als unbegründet.
31
1. Dieser Gegenstand wird nicht von der D7 vorweggenommen.
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a) Die Schrift offenbart zwar ein Verfahren mit den Merkmalen 1 bis 4.2.
33
b) Es fehlt aber, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, an der Offenbarung einer der Merkmalsgruppe 5 entsprechenden zweiten Codierungsbetriebsart.
34
Die D7 unterscheidet bei der Codierung der Segmente zwischen "Vordergrundsegmenten" , die sich bewegende Objekte darstellen, und "Hintergrundsegmenten" , die einen Hintergrund des Videobildes betreffen, dessen Bildinhalt typischerweise keiner Bewegung unterliegt. Hintergrundsegmente werden aufgrund ihrer Lauflänge codiert, während Vordergrundsegmente mittels einer Interblockprädiktion und einer Differenzcodierung zur Erfassung ihrer Bewegung codiert werden (D7, S. 1707 f.). Die D7 führt an, es sei sehr wahrscheinlich , dass zwei benachbarte Segmente denselben Bewegungsvektor aufweisen. In diesem Falle sei es ausreichend zu kennzeichnen, welches der benachbarten Segmente sich mit der gleichen Bewegung bewegt (D7, S. 1708 re. Sp. oben). Dies entspricht dem Merkmal 5.3.
35
Die D7 offenbart jedoch nicht das Konzept der Anwärtersegmente, deren Anzahl und Ort unter Ausschluss solcher Segmente, deren Bewegungsfeldmodell gleich Null ist, aus den angrenzenden zuvor codierten Segmenten errechnet werden (Merkmalsgruppe 5.1). Wie auch die Klägerin nicht bezweifelt, erwähnt die D7 ausdrücklich keinen Verfahrensschritt, nach dem beim Codieren oder beim Decodieren von Vordergrundsegmenten (oder anderen Segmenten) solche Nachbarsegmente für eine Rekonstruktion von vorneherein ausgeschieden würden, deren Bewegungsvektor gleich Null wäre, deren Prädiktion also auf der Grundlage des Segments des vorherigen Bildrahmens an gleicher Stelle vorgenommen wird.
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Eine entsprechende Anweisung lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht mitlesen. Aus dem Umstand, dass nach der D7 Vordergrund - und Hintergrundsegmente unterschiedlich codiert werden, folgt nicht, dass Hintergrundsegmente - unterstellt, diese hätten einen Bewegungsvektor Null - als potentiell für die Codierung eines Vordergrundsegments geeignete Nachbarsegmente ausgeschlossen werden. Dazu müssten sie auch bei der Errechnung der Anzahl der "Anwärtersegmente" beim Decodieren als solche erfasst werden. Aus der D7 ergibt sich hierfür aber kein Anhalt. Unabhängig von der Frage, ob es für die Komprimierung eines Videobildes nach logischen Gesichtpunkten einen Sinn ergeben kann, für die Rekonstruktion den Bewegungsvektor eines Nachbarsegments zu nutzen, wenn dieser gleich Null ist, kann es in technischer Hinsicht bereits deshalb sinnvoll erscheinen, einen solchen Verfahrensschritt nicht zu vollziehen, um die Rechenleistung der Codierungs- und Decodierungseinrichtungen hierfür nicht zu beanspruchen. Auch wenn es in der Praxis praktisch niemals vorkäme, dass ein Vordergrundsegment entsprechend einem benachbarten Hintergrundsegment oder sonstigem Segment mit einem Bewegungsvektor Null rekonstruiert würde, bedeutete dies nicht, dass dies dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt ohne weiteres bewusst gewesen wäre und er quasi selbstverständlich den Decoder zum Herausrechnen solcher Segmente aus der Zahl der Anwärtersegmente eingerichtet hätte.
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2. Die erfindungsgemäße Lehre war dem Fachmann, den das Patentgericht zutreffend definiert hat, auch nicht nahegelegt.
38
a) Merkmal 5.1.2 ist bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen, auch wenn es mit der Programmierung des Decoders realisiert wird und dieser dabei als Datenverarbeitungsanlage fungiert. Der Patentierungsausschluss gemäß Art. 52 Abs. 2 Buchst. c EPÜ gebietet nicht das Gegenteil. Denn mit dem in Merkmal 5.1.2 liegenden Verfahrensschritt wird ein technisches Problem mit technischen Mitteln gelöst.
39
Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, erlaubt der Ausschluss von benachbarten Anwärtersegmenten, deren Bewegungsfeldmodell gleich Null ist, die Menge der zu übertragenden Bits insgesamt zu reduzieren und damit den Detailreichtum der Videosequenz insgesamt zu erhöhen, weil bei gleichbleibender Bitrate mehr Videodaten zum Inhalt der Videosequenz übertragen werden können. Damit betrifft die Programmierung eines Verfahrensschritts entsprechend dem Merkmal 5.1 nicht nur den Programmablauf in der Datenverarbeitungsanlage (Decoder) als solchen, sondern vor allem auch die Effizienz der Datenübertragung zwischen Codierungs- und Decodierungseinrichtung sowie die Decodierungsleistung des nur mit einer begrenzten Empfangsbitrate arbeitenden Decoders in Bezug auf die Qualität der darzustellenden Videosequenz. Hierauf ist die Frage einer erfinderischen Tätigkeit gemäß Art. 56 EPÜ uneingeschränkt zu prüfen (vgl. statt vieler BGH, Urteil vom 25. August 2015 - X ZR 110/13, GRUR 2015, 1184 Rn. 18 mwN - Entsperrbild; Urteil vom 24. Februar 2011 - X ZR 121/09, GRUR 2011, 610 Rn. 20 - Webseitenanzeige).
40
b) Anhaltspunkte dafür, dass die erfindungsgemäße Errechnung von Anzahl und Ort von Anwärtersegmenten dem Fachmann nahegelegt wäre, um die Anwärtersegmente mit einem Bewegungsfeldmodell gleich Null vorab auszuscheiden (Merkmal 5.1.2), sind weder dargetan noch erkennbar.
41
aa) Das Patentgericht hat dies insbesondere ausgehend von der D7 mit überzeugender Begründung verneint.
42
bb) Gleiches gilt im Ergebnis auch, wenn der Fachmann den Aufsatz von Kim und Ra "A new motion vector coding technique using minimum bitrate prediction" im ITG-Fachbericht 143, PCS 97 S. 73 (D8) für eine Weiterentwicklung berücksichtigt.
43
Dabei kann offen bleiben, aufgrund welcher der von der Klägerin eingeführten Entgegenhaltungen dem Fachmann ein Verfahren mit den Merkmalen 1 bis 4.2 und 5.3 im Stand der Technik bekannt war. Die D8 gab ihm jedenfalls keine Anregung und keine Veranlassung, einen solchen Gegenstand mit dem Merkmal 5.1.2 zu kombinieren.
44
Die D8 zeigt eine Weiterentwicklung für eine Videosequenzcodierung und -decodierung, die entsprechend dem Merkmal 5.3 einen Bewegungsvektor für das aktuelle Segment anhand zuvor für den aktuellen Bildrahmen übertragener Nachsegmente ermittelt. Hierfür übernimmt die Entgegenhaltung jedoch den Wert für den Bewegungsvektor eines der Nachbarsegmente nicht zwingend unverändert, sondern übermittelt - ähnlich einer weiteren Ausführungsform der Lehre des Streitpatents (S. 7 Abs. 45) - zwei weitere Werte (MVDx_min_rate und MVDy_min_rate), die eine horizontale und die vertikale Abweichung von diesem Wert angeben, um damit den am besten passenden Bewegungsvektor für ein Segment aus dem vorherigen Bildrahmen bestimmen zu können (D8, S. 73 re. Sp. bis S. 74 li. Sp.).
45
Für dieses Verfahren entwirft die D8 die Regel, dass von mehreren Nachbarsegmenten stets jenes zu wählen ist, bei dem die Bitrate der MVD_min_rate-Werte am geringsten ist, dieser Wert also am kleinsten ausfallen kann. Ausgehend davon wird sodann für jedes der in Frage kommenden Nachbarsegmente geprüft, ob der übermittelte MVD_min_rate-Wert angewendet auf das zu prüfende Nachbarsegment im Vergleich zu den übrigen Nach- barsegmenten den kleinsten Wert aufweist oder ob der danach bei dem jeweils zu prüfenden Nachbarsegment sich ergebende Bewegungsvektor mit Hilfe eines anderen Nachbarsegments und einem anderen kleineren MVD_min_rateWert hätte codiert werden können. Sofern Letzteres der Fall ist, stellt der Codierer wie auch im Falle des Empfangs der Decodierer fest, dass dieses Nachbarsegment nicht für die Codierung verwendet worden sein kann und für die Decodierung nicht zu verwenden ist. Soweit danach Nachbarsegmente für die Auswahl ausgeschieden sind, prüft der Codierer wie auch der Decodierer, wie viele Nachbarsegmente für eine Bestimmung des Bewegungsvektors übrig geblieben sind. Entsprechend dieser Anzahl sendet der Codierer nur noch so viele Auswahlbits , wie für eine Auswahl unter den verbliebenen Nachbarsegmenten erforderlich sind; sofern nur ein Nachbarsegment übrig geblieben ist, wird kein Auswahlbit gesendet (D8, S. 74 li. Sp.).
46
Damit nimmt die D8 ähnlich der Lehre des Streitpatents mit den Merkmalen 5.1, 5.1.1 und der Merkmalsgruppe 5.2 eine Selektion unter den in Frage kommenden Nachbarsegmenten vor, indem einzelne Nachbarsegmente nach logischen, vordefinierten Kriterien ausgeschieden und anhand der verbliebenen Nachbarsegmente die Bitzahl für die Auswahl dann auf das noch erforderliche Maß reduziert werden.
47
Die Methode der Selektion ist indessen grundverschieden von der Lehre des Streitpatents. Die D8 nutzt mit einem komplexen Berechnungsmodus die Information zur Abweichung von dem jeweils sich aus dem verwendeten Nachbarsegment ergebenden Bewegungsvektor (MVD_min_rate-Wert), um daraus eine logische Regel zu entwickeln, anhand der gegebenenfalls Nachbarsegmente ausgeschieden werden können. Diese Methode setzt nach ihrer Regel voraus, auch Nachbarsegmente für den Vergleich zu berücksichtigen, deren Bewegungsvektor gleich Null ist, wie dies auch das in der D8 dargestellte Bei- spiel zeigt (D8, S. 74 unten). Insbesondere kann auch mit Hilfe der Abweichungswerte MVD_min_rate ein Bewegungsvektor ausgehend von einem Nachbarsegment bestimmt werden, deren eigener Bewegungsvektor gleich Null ist. Nach der Lehre der D8 und den dafür gezeigten logischen Regeln zur Selektion der Nachbarsegmente war es deshalb kontraindiziert, Nachbarsegmente mit einem Bewegungsvektor bzw. Bewegungsfeldmodell gleich Null aus der Auswahl der in Frage kommenden Nachbarsegmente auszuscheiden und dadurch die erforderliche Zahl an Auswahlbits zu reduzieren. Die D8 offenbarte damit keine technische Überlegung, von der aus es naheliegend gewesen wäre , auch das Merkmal 5.1.2 in das Decodierungsverfahren zu implementieren.
48
cc) Auch den weiteren Entgegenhaltungen ist weder ein solcher Verfahrensschritt noch ein Hinweis oder eine Anregung hierzu zu entnehmen.
49
Es sind auch keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer ein solcher Verfahrensschritt als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel seiner Art nach zum Standardrepertoire des Fachmanns gerechnet werden könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. März 2014 - X ZR 139/10, GRUR 2014, 647 Rn. 26 - Farbversorgungssystem; Beschluss vom 25. Februar 2014 - X ZB 5/13, BGHZ 200, 229 Rn. 38 - Kollagenase I). Dies setzte zumindest voraus, dass allgemein in Programmen zur Komprimierung von Videosequenzen Segmente mit einem Codierungswert Null wiederholt herausgefiltert werden, um dadurch die zu übertragende Datenmenge insgesamt reduzieren zu können. Beispiele hierfür hat indessen weder das Patentgericht festgestellt noch sind sie von den Parteien vorgetragen worden oder allgemein bekannt.
50
V. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der ersten Instanz auf § 99 PatG, § 92 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich des Berufungsverfahrens auf § 121 Abs. 2 PatG, §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Gröning Grabinski
Hoffmann Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 21.01.2015 - 5 Ni 91/12 (EP) -

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 99


(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nic

Patentgesetz - PatG | § 116


(1) Der Prüfung des Bundesgerichtshofs unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. (2) Eine Klageänderung und in dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats eine Verteidigung mit e

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - X ZR 68/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2016 - X ZR 68/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. März 2014 - X ZR 139/10

bei uns veröffentlicht am 11.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 139/10 Verkündet am: 11. März 2014 Beširović Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Feb. 2011 - X ZR 121/09

bei uns veröffentlicht am 24.02.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 121/09 Verkündet am: 24. Februar 2011 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Feb. 2014 - X ZB 5/13

bei uns veröffentlicht am 25.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X Z B 5 / 1 3 vom 25. Februar 2014 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Kollagenase I PatG § 3 Abs. 4, § 2a Abs. 1 Nr. 2 a) Ein Patentanspruch, der eine neue Ver

Referenzen

(1) Der Prüfung des Bundesgerichtshofs unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.

(2) Eine Klageänderung und in dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats eine Verteidigung mit einer geänderten Fassung des Patents sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder der Bundesgerichtshof die Antragsänderung für sachdienlich hält und
2.
die geänderten Anträge auf Tatsachen gestützt werden können, die der Bundesgerichtshof seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nach § 117 zugrunde zu legen hat.

20
aa) Ob ein konkretes technisches Problem durch eine Erfindung mit technischen Mitteln gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet. Dies ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu entwickeln. Die in der Patentschrift angegebene Aufgabe fungiert lediglich als Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Xa ZR 36/08, GRUR 2010, 602 Rn. 27 - Gelenkanordnung ; BGH, GRUR 2005, 141 Rn. 28 - Anbieten interaktiver Hilfe; st. Rspr.). Für die Herausarbeitung des objektiven technischen Problems, für das die Erfindung eine Lösung anbietet, ist entgegen der Ansicht der Beklagten die Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht angezeigt. Aufgabe des gerichtlich gegebenenfalls zurate zu ziehenden Sachverständigen ist, wie der Bundesgerichtshof vielfach ausgesprochen hat, dem Gericht erforderlichenfalls die für das Verständnis der unter Schutz gestellten Lehre benötigte Kenntnis der technischen Zusammenhänge zu erläutern und den erforderlichen Einblick in die Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen der jeweils typischen, im Durchschnitt der beteiligten Kreise angesiedelten Vertreter der einschlägigen Fachwelt einschließlich ihrer methodischen Herangehensweise zu vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2009 - X ZR 56/08 BGHZ 184, 49 = GRUR 2010, 314 Rn. 21 mwN - Kettenradanordnung II). Die Beklagte zeigt nicht auf und es ist auch nicht ersichtlich, unter welchem dieser Gesichtspunkte die Beauftragung eines Sachverständigen im Streitfall erforderlich wäre. Die Beklagte mag sich von der Einschaltung eines Gutachters Unterstützung für ihre Auffassung versprechen , dass das, worin sie die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln gesehen wissen möchte, der patentrechlich zutreffenden Sichtweise entspricht und die Gewährung von Patentschutz rechtfertigt. Diese Fragen erfordern indes auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Senats keine Hinzuziehung eines Sachverständigen.
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Es steht daher der Annahme, der Fachmann habe Anlass gehabt, bei der Ausgestaltung einer Anlage zur Serienbeschichtung von Werkstücken in Übereinstimmung mit Merkmal 3 verfahren, nicht notwendigerweise entgegen, dass die Klägerin ein Vorbild hierfür auf dem Gebiet der Beschichtungsanlagen nicht hat aufzeigen können. Gehört eine maschinenbautechnische Lösung als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel ihrer Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs, kann Veranlassung zu ihrer Heranziehung vielmehr bereits dann bestehen, wenn sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (vgl.
38
aa) Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht verkennt, reicht es für die Bejahung der Patentfähigkeit nicht aus, wenn die Anweisung, einen bestimmten Stoff in einer bestimmten Art und Weise zu verabreichen, neu ist, also für diesen Stoff im Stand der Technik nicht eindeutig und unmittelbar offenbart ist. Bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit sind vielmehr auch Handlungsweisen zu berücksichtigen, die dem Fachmann deshalb nahegelegt waren, weil sie am Prioritätstag zum ärztlichen Standard-Repertoire gehörten. Insbesondere bei Maßnahmen, die nicht dazu dienen, eine für den in Rede stehenden Stoff spezifische Wirkung hervorzurufen, sondern dazu, unerwünschte Wirkungen allgemeiner Art zu verhindern oder die von dem Stoff ausgehenden Wirkungen in örtlicher oder zeitlicher Hinsicht einzugrenzen, wird es häufig vom Zufall abhängen , ob die Anwendung dieser Maßnahme auch und gerade für einen bestimmten Stoff schriftlich belegt werden kann. Ein solcher Beleg ist jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn feststeht, dass der Fachmann die in Rede stehende Maßnahme am Prioritätstag als generelles Mittel für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht gezogen hat und dass keine besonderen Umstände vorlagen , die eine Anwendung in der konkret zu beurteilenden Konstellation als nicht möglich oder untunlich erscheinen ließen.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 31 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Patentgericht. Die Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)