Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2007 - X ZR 182/04

bei uns veröffentlicht am16.10.2007
vorgehend
Bundespatentgericht, 1 Ni 8/03, 20.07.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 182/04 Verkündet am:
16. Oktober 2007
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter
Prof. Dr. Meier-Beck und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 20. Juli 2004 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin und ihrer Streithelferin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 36 45 276 (Streitpatents), das aus einer Teilung des Patents 36 16 566 (Stammpatents) hervorgegangen ist, welches am 16. Mai 1986 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Schweizer Anmeldung vom 4. Juni 1985 an- gemeldet worden ist. Im Laufe des Berufungsverfahrens ist das Streitpatent durch Zeitablauf erloschen.
2
Das Streitpatent ist im Einspruchsbeschwerdeverfahren durch Beschluss des Bundespatentgerichts vom 25. Januar 2001 (BPatGE 44, 193) mit folgendem einzigen Patentanspruch beschränkt aufrechterhalten worden: "Sammelhefter mit einer Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage , auf die an in einem Maschinentakt angetriebenen Anlegestationen Druckbogen rittlings abgelegt werden, wobei die Sammelstrecke mit quer zu ihrer Beschickungsrichtung mit den Druckbogen längs der Auflage wirksamen Mitnehmern versehen ist, welche die vereinzelten Druckbogen zu einem Heftapparat transportieren , von dem die auf der Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden Heftkopf geheftet werden, d a d u r c h g e - k e n n z e i c h n e t , dass parallel zur erwähnten Sammelstrecke wenigstens eine ihr zum Beschicken nachfolgende weitere Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage (3) und mit Mitnehmern (6) vorhanden ist, dass mit jedem Maschinentakt die Anlegestationen (7, 8, 9) nacheinander jeweils eine der einander folgenden Sammelstrecken mit einem Druckbogen beschicken und die auf der weiteren Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden weiteren Heftkopf (12, 13, 33) des Heftapparates (9) geheftet werden , und dass die zusammengetragenen Druckbogen im Wirkbereich des Heftapparates (9) relativ zu den Sammelstrecken stillstehen und die Heftköpfe (12, 13, 33) beim Heftvorgang jeweils während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf folgen."
3
Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist durch Beschluss des Senats vom 30. September 2002 (BGHZ 152, 172 - Sammelhefter) zurückgewiesen worden.
4
Die Klägerin und ihre Streithelferin, die beide von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich in Anspruch genommen werden, machen geltend, der Gegenstand des Patentanspruchs gehe über den Inhalt der Anmeldung hinaus und der Schutzbereich dieses Patentanspruchs sei unzulässigerweise gegenüber dem Stammpatent erweitert. Ferner ergebe sich der Gegenstand des Streitpatents in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
5
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
6
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie den Antrag auf Abweisung der Nichtigkeitsklage weiterverfolgt.
7
Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent in sieben weiteren Fassungen des Patentanspruchs.
8
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Professor Dr.-Ing. B. K. , Fakultät Maschinenbau der Universität D. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat ein Gutachten vorgelegt, das Professor Dr.-Ing. K. D. F. , Universität W. , in ihrem Auftrag erstellt hat.

Entscheidungsgründe:


9
Die zulässige Berufung hat Erfolg und führt zur Abweisung der - auch nach Erlöschen des Streitpatents zulässigen (vgl. Sen.Urt. v. 15.11.2005 - X ZR 17/02, GRUR 2006, 316 - Koksofentür) - Nichtigkeitsklage.
10
I. Das Streitpatent betrifft einen Sammelhefter, mit dem bedruckte und gefaltete Bogen (Druckbogen) gesammelt und anschließend in derselben Maschine zur Herstellung von mehrseitigen Druckprodukten wie Zeitschriften, Broschüren oder dergleichen geheftet werden. Dabei werden die einzelnen Druckbogen von innen nach außen übereinandergelegt und dann im Falzbereich geheftet. Ein derartiger Sammelhefter besteht aus den Komponenten Anlegestation , Sammelstrecke und Heftapparat. Die Anzahl der Anlegestationen entspricht der Anzahl der Druckbogen des fertigen Druckproduktes. Jede Anlegestation liefert an die Sammelstrecke einen bestimmten Druckbogen, indem die erste Anlegestation den innersten Druckbogen des fertigen Druckproduktes liefert, die zweite Anlegestation den - von innen nach außen betrachtet - nächstfolgenden Druckbogen und so fort. Die Sammelstrecke nimmt die von den Anlegestationen auf ihrer sattelförmigen Auflage rittlings abgelegten Druckbogen auf. Mit Hilfe von Mitnehmern werden die Druckbogen längs ihrer Auflage von Anlegestation zu Anlegestation seitlich vorgeschoben und gelangen schließlich zum Heftapparat, in dem sie zu fertigen Druckprodukten zusammengefügt werden.
11
Ein Sammelhefter dieser Art ist, wie die Streitpatentschrift erläutert, aus der Schweizer Patentschrift 519 993 (E 9) bekannt. Sein Nachteil ist die geringe Arbeitsgeschwindigkeit.
12
Der Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, einen Sammelhefter bereitzustellen, welcher bei gleichermaßen präziser Verarbeitung der gefalteten Einzelbögen wie bei der bekannten Maschine ein Mehrfaches der Produktionsgeschwindigkeit zulässt (Sp. 3 Z. 53-57 der Streitpatentschrift [C2-Schrift; eine C3-Schrift liegt nicht vor]).
13
Dieses Problem wird nach Patentanspruch 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung durch folgende Merkmalskombination gelöst: (1) Der Sammelhefter weist Anlegestationen (7, 8, 19) auf, die im Maschinentakt angetrieben und an Sammelstrecken angeordnet sind. (2) Parallel zur ersten Sammelstrecke ist wenigstens eine ihr zum Beschicken nachfolgende weitere Sammelstrecke vorhanden. (3) Die Anlegestationen (7, 8, 19) beschicken mit jedem Maschinentakt nacheinander jeweils eine der einander folgenden Sammelstrecken mit einem Druckbogen. (4) Jede Sammelstrecke weist auf: (4.1) eine sattelförmige Auflage (3), auf die Druckbogen rittlings abgelegt werden, und (4.2) quer zu ihrer Beschickungsrichtung längs der Auflage wirksame Mitnehmer (6), welche die vereinzelten Druckbogen zu einem Heftapparat (9) transportieren. (5) Die auf einer Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen werden geheftet: (5.1) auf der ersten Sammelstrecke durch mindestens einen Heftkopf (12, 13, 33) des Heftapparates (9) und (5.2) auf der weiteren Sammelstrecke durch mindestens einen weiteren Heftkopf (12, 13, 33).
(6)
Im Wirkbereich des Heftapparates (9) (6.1) stehen die zusammengetragenen Druckbogen relativ zu den Sammelstrecken still und (6.2) folgen die Heftköpfe (12, 13, 33) beim Heftvorgang während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken (und den Druckbogen) im Gleichlauf.
14
Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Streitpatentschrift zeigt ein Ausführungsbeispiel.


15
Der mit Merkmal 6.2 beanspruchte Gleichlauf zwischen den Heftköpfen des Heftapparats und den Sammelstrecken (mit den darauf abgelegten, relativ zur Sammelstrecke stillstehenden Druckbogen) wird dadurch erzielt, dass der Heftkopf, der die Druckbogen auf der zugeordneten Sammelstrecke heftet, seinerseits bewegt wird und während eines Bewegungsweges (im Ausführungsbeispiel während des Weges, den der pendelnde Heftapparat in Drehrichtung des Sammelhefters zurücklegt) der Sammelstrecke in gleicher Richtung und in gleichem (Radial-)Abstand folgt. Hierdurch wird erreicht, dass für die Heftung mehr Zeit zur Verfügung steht (Sp. 4 Z. 4-9), nämlich derjenige Zeitraum, in dem sich die Sammelstrecken um den Abstand zwischen zwei Sammelstrecken weiterbewegen.
16
II. Zutreffend hat das Bundespatentgericht angenommen, dass der Patentanspruch des Streitpatents gegenüber dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen nicht unzulässig erweitert ist. Eine unzulässige Erweiterung liegt insbesondere nicht darin, dass Merkmal 6.2 lediglich vorschreibt, dass die Heftköpfe beim Heftvorgang während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf folgen, hingegen nicht vorgibt, dass der Heftapparat hierzu eine Pendelbewegung ausführen muss und die Heftköpfe gleichzeitig eine Heftoperation durchführen.
17
Merkmal 6.2 ist als solches, wie auch die Klägerin nicht bezweifelt, ursprungsoffenbart. Denn die Patentanmeldung beschreibt ein durch die mit der oben wiedergegebenen Zeichnung identischen Figur 1 illustriertes Ausführungsbeispiel , bei dem der Heftapparat (9) einen um die Achse (1) schwenkbar gelagerten Bügel (11) aufweist, an dem zwei Heftkopfpaare (12, 13) angeordnet sind. Der Bügel (11) führt eine Hin- und Her-Schwenkbewegung aus und folgt dabei während einem Bewegungsweg den Auflagen (3) mit gleicher Geschwindigkeit. Die sich mitbewegenden Heftkopfpaare (12, 13) führen jeweils während des Gleichlaufs mit den Auflagen (3) simultan eine Heftoperation aus, mit der die aufeinanderliegenden Druckbogen von zwei Sammelstrecken zusammengeheftet werden (S. 9, letzter Abs. - S. 10, 2. Abs. der Offenlegungsschrift 36 16 566 = Sp. 5 Z. 5-27 der Streitpatentschrift). Im Wirkbereich des Heftapparates folgen somit die Heftköpfe (12, 13, 33) beim Heftvorgang während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf.
18
Die Patentinhaberin war auch nicht gehindert, dieses Merkmal in den Patentanspruch aufzunehmen, ohne gleichzeitig weitere Einzelheiten des Ausführungsbeispiels mit zu übernehmen.
19
Änderungen der Patentansprüche dürfen freilich weder zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung noch dazu führen, dass an die Stelle der angemeldeten Erfindung eine andere gesetzt wird (BGHZ 66, 17, 29 - Alkylendiamine I; BGHZ 110, 123, 125 - Spleißkammer). Der Patentanspruch darf mithin nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, von dem aus fachmännischer Sicht aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht zu erkennen ist, dass er von vornherein von dem Schutzbegehren umfasst sein sollte (Sen.Urt. v. 21.9.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn; Sen.Beschl. v. 20.6.2000 - X ZB 5/99, GRUR 2000, 1015, 1016 - Verglasungsdichtung ; v. 5.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm ; Sen.Urt. v. 5.7.2005, GRUR 2005, 1023, 1024 - Einkaufswagen II). Der Anmelder oder Patentinhaber, der nur noch für eine bestimmte Ausführungsform der angemeldeten Erfindung Schutz begehrt, ist dabei nicht genötigt, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Anspruch aufzunehmen (Sen.Urt. v. 15.11.2005 - X ZR 17/02, GRUR 2006, 316, 319 - Koksofentür). Die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch ist zulässig, wenn dadurch die zunächst weiter gefasste Lehre auf eine engere Lehre eingeschränkt wird und wenn das weitere Merkmal in der Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen war (BGHZ 111, 21, 25 - Crackkatalysator I; Sen.Beschl. v. 30.10.1990 - X ZB 18/88, GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze; Sen.Urt. v. 7.12.1999 - X ZR 40/95, GRUR 2000, 591, 592 - Inkrustierungsinhibitoren). Dienen mehrere in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, die je für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, hat es der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränkt; in dieser Hinsicht können dem Patentinhaber keine Vorschriften gemacht werden (BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer ; Sen.Beschl. v. 14.9.2004 - X ZB 25/02 - Fußbodenbelag).
Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Patentinhaber nach Belieben
20
einzelne Elemente eines Ausführungsbeispiels im Patentanspruch kombinieren dürfte. Die Kombination muss vielmehr in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die aus der Sicht des Fachmanns den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung zu entnehmen ist; andernfalls wird etwas beansprucht, von dem aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennbar ist, dass es von vornherein von dem Schutzbegehren umfasst sein soll, und das daher gegenüber der angemeldeten Erfindung ein aliud darstellt (Sen.Beschl. v. 23.1.1990 - X ZB 9/89, GRUR 1990, 432, 434 - Spleißkammer [insoweit nicht in BGHZ]; Sen.Beschl. v. 11.9.2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung).
21
Diesen Anforderungen genügt die Kombination des Merkmals 6.2 mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs 1. Denn in Patentanspruch 2 der Anmeldung war ganz allgemein ein Sammelhefter mit parallelen Sammelstrecken angegeben, bei dem der Heftapparat wenigstens zwei benachbarten Sammelstrecken zugeordnet ist und je Sammelstrecke mindestens einen Heftkopf aufweist. Aus der Sicht des Fachmanns, als den der Senat - auf der Grundlage der durch die Angaben des gerichtlichen Sachverständigen bestätigten Feststellungen des Bundespatentgerichts zum üblichen Ausbildungs- und Kenntnisstand der mit der Entwicklung von Sammelheftern befassten Fachleute - einen Maschinenbauingenieur mit praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet der Konstruktion papierverarbeitender Maschinen ansieht, war erkennbar, dass der beschriebene Gleichlauf der Heftköpfe eines wenigstens zwei benachbarten Sammelstrecken in deren Wirkbereich zugeordneten Heftapparats mit den Sammelstrecken beim Heftvorgang geeignet ist, dem in der Patentanmeldung beschriebenen Nachteil des Standes der Technik, dass für den Heftvorgang nur ein Bruchteil eines Maschinentaktes zur Verfügung stand, entgegenzuwirken und damit das Ziel zu fördern, eine Vorrichtung zu schaffen, die bei gleich prä- ziser Verarbeitung wie bei einer konventionellen Maschine ein Mehrfaches der Produktionsgeschwindigkeit erlaubt.
22
Dem gegenüber ist unerheblich, dass die ursprünglichen Unterlagen mit dem konzentrisch gelagerten, pendelnden Bügel des Heftapparats nur eine Möglichkeit beschreiben, wie ein solcher Gleichlauf während eines Bewegungsweges erreicht werden kann. Denn ein solches Ausführungsbeispiel, mit dem der Anmelder der Anforderung genügt, die Erfindung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 34 Abs. 4 PatG), nötigt nicht dazu, den Gegenstand des Patentanspruchs hierauf zu beschränken.
23
III. Zutreffend hat das Bundespatentgericht ferner angenommen, dass die Klägerin nicht damit gehört werden kann, der Schutzbereich des Streitpatents sei gegenüber dem Schutzbereich des Stammpatents erweitert. Der Schutzbereich des Stammpatents ist für den möglichen Schutzbereich des Streitpatents ohne Bedeutung. Mit den dagegen von der Klägerin erhobenen Einwänden hat sich der Senat bereits im Einspruchsrechtsbeschwerdeverfahren auseinandergesetzt (BGHZ 152, 172, 180 ff. - Sammelhefter); hieran hält er fest.
24
IV. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs ist auch patentfähig. Dieser Gegenstand ist, wie auch von der Klägerin und ihrer Streithelferin nicht in Zweifel gezogen wird, neu. Verhandlung und Beweisaufnahme haben ebenso wenig tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Stand der Technik dem Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs nahegelegt hat.
25
a) Aus der in der Streitpatentschrift und vom Bundespatentgericht im Einspruchsbeschwerdeverfahren erörterten Schweizer Patentschrift 645 074 (E 11), die im Wesentlichen inhaltsgleich mit der deutschen Offenlegungsschrift 31 08 551 (E 5) ist, die das angefochtene Urteil zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht hat, sind ein Verfahren und eine Vorrichtung bekannt, mit denen mehrlagige Druckprodukte dadurch gebildet werden können, dass eine Anzahl von zickzackförmig gefalteten Bahnen aufeinander ausgerichtet übereinandergelegt wird. Jede Bahn wird durch einzelne Blätter gebildet, die an den quer zur Bahnlängsrichtung verlaufenden Faltstellen miteinander verbunden sind. Zum Abstützen der aufeinander zu legenden Bahnen dient eine Trommel, welche an ihrem Umfang radial abstehende Stützstege (47) aufweist, auf denen zunächst die erste Bahn aufgelegt wird. Die spiralförmig auf der Trommel geführte erste Bahn gelangt sodann zum Eingabeabschnitt der nachfolgenden Bahn, in welchem diese über die erste Bahn gelegt wird. Die beiden Bahnen werden schraubenlinienförmig gegebenenfalls zu weiteren Eingabeabschnitten und sodann zu einem Endbereich der Trommel geführt, in dem ein Heftapparat (62) vorgesehen ist, in dessen Wirkbereich sich die Blätter(bahnen) auf einer Kreisbahn bewegen.
26
Diese Vorrichtung setzt voraus, dass die Blätter der am Ende des Bearbeitungsvorgangs stehenden Druckprodukte als zickzackförmig gefaltete Bahnen zugeführt werden, was die Schweizer Patentschrift als besonders vorteilhaft ansieht, weil die gegenseitige Lage der Blätter einer Bahn immer definiert sei und beim Bilden von mehrblättrigen Druckprodukten die Blätter beim Aufeinanderlegen nicht einzeln gehandhabt werden müssten, sondern sich gemeinsam in ihrer Verbundformation übereinanderlegen ließen (S. 2 r. Sp. Z. 4450 ). Hierdurch soll der apparative und steuerungstechnische Aufwand der Handhabung einzelner Druckbogen vermieden werden (S. 2 r. Sp. Z. 34-36). Die Annahme des Bundespatentgerichts, dies stelle eine Zweckangabe dar, durch die eine Vorrichtung nicht auf den genannten Zweck beschränkt werde, geht fehl. Zum einen geht es im vorliegenden Zusammenhang nicht um die Er- mittlung des durch die Entgegenhaltung geschützten Gegenstandes, sondern allein um deren Offenbarungsgehalt. Zum anderen offenbart die Entgegenhaltung , ihrer Zielsetzung entsprechend, keine Mittel, mit denen sich einzelne Druckbogen rittlings auf den Stützstegen ablegen ließen (Merkmal 4.1). Wie in den Figuren 6 und 7 gezeigt, wird vielmehr die gefaltete Bahn von Greifern an jeder zweiten Faltstelle erfasst und, wie in der Schweizer Patentschrift 645 073 (E 12, S. 4 l. Sp. Z. 51-55) für die insoweit identisch ausgestaltete Vorrichtung beschrieben, "handharmonikaartig" zum Eingabeabschnitt transportiert.
27
Es ist nach dem Ergebnis der Verhandlung und Beweisaufnahme nicht erkennbar, was aus der Sicht des Fachmanns Veranlassung dazu geben sollte, die beschriebene Vorrichtung in eine solche zur Handhabung einzelner Druckbogen umzuwandeln und damit gerade den in der Entgegenhaltung besonders hervorgehobenen Vorteil der Handhabung von Bahnen mit Leporellofaltung wieder aufzugeben.
28
Auch der Hinweis der Berufung darauf, dass in Anspruch 5 der E 11 ein Verfahren beansprucht sei, bei dem die übereinander liegenden Bahnen an allen oder einzelnen Faltstellen durchgetrennt werden, führt nicht weiter. Zwar ist in jenem Anspruch nicht angegeben, in welcher Verfahrensphase die Bahnen durch Trennung zu Blättern oder Druckbogen vereinzelt werden sollen. Für die Frage, welche Anregungen eine Schrift dem Fachmann bot, kommt es indessen nicht darauf an, wie weit ihr Gegenstand oder Schutzbereich reicht. Maßgeblich ist allein, welche technischen Erkenntnisse und Möglichkeiten dem Fachmann offenbart werden. Insoweit beschreibt die Offenlegungsschrift jedoch - ihrer Zielrichtung entsprechend - ausschließlich die Sammlung übereinander liegender Bahnen, nicht vereinzelter Druckbogen. Erst das am Entnahmeabschnitt (51) der Trommel - gegebenenfalls nach Heften (S. 4 r. Sp. Z. 4-7) - von einem Transporteur (59) übernommene, aus den übereinander liegenden Bahnen be- stehende "Gebilde (61)" wird einer Stapelbildevorrichtung (63) zugeführt und sodann von einer Trennvorrichtung (68) durchtrennt (S. 4 l. Sp. Z. 59 - r. Sp. Z. 32). Auch die - ohnehin nicht näher ausgeführte - Bemerkung auf S. 4 r. Sp. Z. 43-46, es "wäre unter Umständen jedoch auch denkbar", die fertigen Druckprodukte vor dem Stapeln einzeln voneinander zu trennen, bezieht sich auf "die einzelnen zusammenhängenden, das Gebilde (61) bildenden fertigen Druckprodukte" und ändert daher nichts daran, dass nach dem Gesamtinhalt der Schrift eine Vereinzelung erst nach dem Sammeln in Betracht gezogen wird.
29
Zudem müsste der Fachmann, um zum Gegenstand des Streitpatents zu gelangen, eine solche Vorrichtung nicht nur, was für sich genommen keine Schwierigkeiten bereiten und zur Führung der Druckbogen(bahnen) erkennbar sinnvoll sein mag, mit längs der Stützstege wirksamen Mitnehmern versehen (Merkmal 4.2). Er müsste auch erkennen, dass es sinnvoll ist, zwei parallelen Sammelstrecken jeweils einen Heftkopf zuzuweisen (Merkmal 5), welcher beim Heftvorgang während eines Bewegungsweges der Sammelstrecke im Gleichlauf folgt (Merkmal 6.2). Die E 11 offenbart insoweit lediglich die Möglichkeit eines Heftens (S. 4 l. Sp. Z. 68 - r. Sp. Z. 6) und zeigt in Figur 7 schematisch einen Heftapparat (62), der für den Fachmann als Rotationshefter erkennbar ist. Da übliche Rotationsheftapparate, wie das Bundespatentgericht von der Berufung unbeanstandet festgestellt hat, mehrere an ihrem Umfang verteilte Heftköpfe aufweisen, die nacheinander an einer definierten Heftposition vorbeigeführt werden, mag dem Bundespatentgericht darin gefolgt werden, dass es für den Fachmann "platt selbstverständlich" ist, die Drehgeschwindigkeiten des Rotationsheftapparates und der Sammeltrommel bzw. die Fördergeschwindigkeit der endlos umlaufenden Sammelstrecken so einzustellen, dass an der Heftposition einem jeden Stützelement (47) einer der Heftköpfe des Rotationsheftapparates (62) gegenübersteht. Indessen ist gerade auf der Grundlage dieser Ausgangsüberlegung nicht ersichtlich, inwiefern es für den Fachmann auch naheliegend gewesen sein sollte, die Rotationsheftköpfe beim Heftvorgang den Sammelstrecken mit den zu heftenden Druckbogen im Gleichlauf folgen zu lassen.
30
Denn für eine solche "Nachführung" eines Rotationsheftkopfes bietet der Stand der Technik weder Vorbild noch Anregung. Arbeitet der Rotationshefter, wie bei der Vorrichtung nach der Schweizer Patentschrift 645 074, mit einer Transportvorrichtung zusammen, die die zu heftenden Druckbogen ihrerseits auf einer Kreisbahn transportiert, wälzen sich die Heftköpfe auf den Druckbogen ab, was nur einen linienförmigen Kontakt ermöglicht. Heftvorrichtungen, die sich geradlinig mit ihrerseits auf gerader Linie geförderten Druckbogen mitbewegen , wie sie etwa die deutsche Auslegeschrift 1 114 779 (E 1) oder die deutsche Patentschrift 33 43 466 (E 2) beschreiben, vermögen daher keine Anregung dazu zu geben, einen Rotationshefter "gleichlaufend" auszubilden. Auch die Drahtheftmaschine nach der deutschen Auslegeschrift 1 055 499 (E 10) ermöglicht derartiges - abgesehen von dem Bedenken, ob der Fachmann zur Weiterbildung eines herkömmlichen Rotationshefters auf diese 1956 angemeldete , sehr kompliziert aufgebaute Vorrichtung zurückgegriffen hätte - nicht. Dort werden Bogen geheftet, die auf einem ebenen Führungsblech (27) zugeführt werden. Zudem ist zwar der auf einem rotierenden Heftkopf (10) angeordnete Heftrahmen (43) seinerseits drehbar gelagert, so dass er während der Eintreibphase der Klammer stets auf den Amboss der Gegenwalze ausgerichtet bleibt. Ein Gleichlauf im dargestellten Sinne eines ohne Relativbewegung in Transportrichtung der Druckbogen mitlaufenden Heftkopfes wird damit jedoch nicht erzielt.
31
Rechtsfehlerhaft hat das Bundespatentgericht es für unerheblich gehalten , ob die konstruktive Umsetzung des Bestrebens, den für eine Steigerung der Produktionsleistung als vorteilhaft erkennbaren Gleichlauf der Heftvorrich- tung nach der E 1 auf einen Rotationshefter nach der E 11 zu übertragen, im Bereich fachüblichen Handelns gelegen habe oder ob hierbei technische Schwierigkeiten zu überwinden gewesen seien, da der Wortlaut des Patentanspruchs des Streitpatents entsprechende Merkmale nicht aufweise. Auf den Patentanspruch kommt es insoweit nicht an. Es genügt, dass das Streitpatent wenigstens eine Möglichkeit aufzeigt, wie der Gleichlauf erreicht werden kann (vgl. BGHZ 147, 306, 317 f. - Taxol). Die Annahme, dass es für den Fachmann nahegelegen habe, den Rotationshefter nach der E 11 "gleichlaufend" auszugestalten , setzt entsprechend voraus, dass dem Fachmann zumindest ein Weg offenstand, wie er einen solchen Gleichlauf bei der Vorrichtung erreichen konnte , deren Verbesserung er anstrebte.
32
b) Die Schweizer Patentschrift 645 073 (E 12), die der gerichtliche Sachverständige für den nächstliegenden Stand der Technik gehalten hat, konnte dem Fachmann die Erfindung gleichfalls nicht nahelegen. Denn bei der dort beschriebenen, prinzipiell wie die Vorrichtung nach der Schweizer Patentschrift 645 074 (E 11) aufgebauten und arbeitenden Vorrichtung ist gegenüber dem Eingabeabschnitt für jede Bahn eine Trenneinrichtung angeordnet, die die Bahn an jeder auf einem Stützelement (47) aufliegenden Faltstelle durchtrennt. Dadurch entstehen an dieser Stelle aus den leporelloartig gefalteten Bahnen einzelne Druckbogen, die jeweils in ein aus zwei benachbarten Stützelementen gebildetes Abteil gelegt werden. Gesammelt wird also nicht wie beim Streitpatent und der E 11 von innen nach außen, sondern von außen nach innen. Infolgedessen kann der in der E 11 gezeigte Rotationshefter nicht eingesetzt werden ; er ist demgemäß in der E 12 auch nicht gezeigt und nicht erwähnt. Die Schrift liegt damit noch weiter vom Gegenstand der Erfindung entfernt als die E 11.

c) Die deutsche Auslegeschrift 1 114 779 (E 1) beschreibt eine Ma33 schine zum Heften von Bogenlagen, bei der die Druckbogen auf sattelförmigen Auflagen (2) gesammelt werden, die an umlaufenden Zugorganen angeordnet sind. Mittels Verteil- und Anlegevorrichtungen (104) werden die Druckbogen auf den Auflagen abgelegt und zu einer Heftvorrichtung (105) weitertransportiert. Die Heftköpfe werden von auf einer Welle aufgekeilten Nocken gesteuert, die das Anbringen der Heftklammern während des Verschiebens der auf den Auflagen ruhenden Broschüren gestatten. Das entspricht den Merkmalen 1 bis 4.1, 5, 6.1 und 6.2. Hingegen fehlen längs der Auflage wirksame Mitnehmer (Merkmal 4.2) ebenso wie mindestens zwei parallelen Sammelstrecken zugeordnete Heftköpfe (Merkmale 5.1 und 5.2). Für eine dem Fachmann nahegelegte Umgestaltung im Sinne der Erfindung fehlt schon deshalb jeder Anhalt, weil die Vorrichtung konstruktiv für einen Transport der vereinzelten Druckbogen längs der Auflage keinen Raum lässt.
34
d) Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften kommen dem Gegenstand des Streitpatents nicht näher. Die tatsächlichen Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG können hiernach - in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Bundespatentgerichts im Einspruchsverfahren - nicht festgestellt werden, so dass das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen ist.
35
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 101 Abs. 2, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Streithelferin gilt als Streitgenossin der Klägerin. Nachdem der Senat für die Nebenintervention im Patentnichtigkeitsverfahren das Erfordernis aufgegeben hat, dass zwischen dem Nichtigkeitskläger oder dem Patentinhaber eine Rechtsbeziehung bestehen muss, die durch die im Nichtigkeitsverfahren ergehende Entscheidung beeinflusst werden kann, und es genügen lässt, dass der Nebenintervenient durch das Streitpatent in seiner geschäft- lichen Tätigkeit als Wettbewerber beeinträchtigt werden kann (BGHZ 166, 18 - Carvedilol I), besteht kein Grund mehr, die Rechtskraftwirkung eines klageabweisenden Urteils gegenüber dem Streithelfer anders zu beurteilen als gegenüber dem Nichtigkeitskläger. Auch erscheint die Kostenfolge des § 101 Abs. 2 ZPO für diesen Fall sachgerechter als diejenige des § 101 Abs. 1 ZPO. Entsprechend § 69 ZPO gilt der Streithelfer daher als Streitgenosse des Nichtigkeitsklägers (offengelassen im Senatsurteil vom 22.12.1964 - Ia ZR 237/63, GRUR 1965, 297 - Nebenintervention). An der im Urteil vom 30. September 1997 (X ZR 85/94, GRUR 1998, 382, 387 - Schere) vertretenen gegenteiligen Auffassung hält der Senat nicht fest.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 20.07.2004 - 1 Ni 8/03 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2007 - X ZR 182/04

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2007 - X ZR 182/04

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2007 - X ZR 182/04 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Zivilprozessordnung - ZPO | § 101 Kosten einer Nebenintervention


(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebeninte

Zivilprozessordnung - ZPO | § 69 Streitgenössische Nebenintervention


Insofern nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Rechtskraft der in dem Hauptprozess erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirksamkeit ist, gilt der Nebenintervenient im Sinne des § 61 al

Patentgesetz - PatG | § 21


(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß 1. der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,3. der w

Patentgesetz - PatG | § 34


(1) Eine Erfindung ist zur Erteilung eines Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt anzumelden. (2) Die Anmeldung kann auch über ein Patentinformationszentrum eingereicht werden, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums d

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2007 - X ZR 182/04 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Okt. 2007 - X ZR 182/04 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2005 - X ZR 17/02

bei uns veröffentlicht am 15.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 17/02 Verkündet am: 15. November 2005 Groß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein

Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Sept. 2001 - X ZB 18/00

bei uns veröffentlicht am 11.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 18/00 vom 11. September 2001 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das deutsche Patent 34 47 925 Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Drehmomentenübertragungseinrichtung PatG 1981 §§ 21 Abs. 1 Nr. 4, 38 Werden i

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2000 - X ZB 5/99

bei uns veröffentlicht am 20.06.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 5/99 vom 20. Juni 2000 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren betreffend das deutsche Patent 37 19 728 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melu

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2005 - X ZB 25/02

bei uns veröffentlicht am 25.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 25/02 vom 25. Januar 2005 in der Rechtsbeschwerdesache betreffend das Gebrauchsmuster 297 10 175 Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Rich

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2000 - X ZR 184/98

bei uns veröffentlicht am 05.10.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZR 184/98 Verkündet am: 5. Oktober 2000 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein Zeittelegramm

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 5/99
vom
20. Juni 2000
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
betreffend das deutsche Patent 37 19 728
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen, und die Richterin
Mühlens
am 20. Juni 2000

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin gegen den am 3. Dezember 1998 verkündeten Beschluß des 11. Senats (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.
Die Patentinhaberin hat die Kosten der Rechtsbeschwerde mit Ausnahme der Kosten zu tragen, die der Einsprechenden III im Rechtsbeschwerdeverfahren entstanden sind.
Der Wert des Gegenstandes der Rechtsbeschwerde wird auf 200.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 37 19 728 (Streitpatents), das auf einer unter Inanspruchnahme einer Unionspriorität vom 22. Mai 1987 getätigten Anmeldung vom 12. Juni 1987 beruht und dessen Erteilung am 4. April 1996 veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent umfaßt 15 Ansprüche. Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet:
"Verglasungsdichtung aus insbesondere gummielastischem Material , wie Elastomeren, und Kunststoffen, mit einem Basisteil, einer an dem Basisteil angeformten, der Wetterseite zugewandten, wulstartigen Dichtungslippe, einem an der gleichen Seite des Basisteils abstehenden und elastisch verformbaren Schenkel sowie einem Ankerfuß an der der Dichtlippe und dem Schenkel abgewandten Seite des Basisteils, bei der die Dichtlippe eine wesentlich größere Querschnittsdicke als der Basisteil und als der Schenkel aufweist und der Schenkel (3) vom Basisteil (1) oder von der Dichtlippe (2) in Richtung zur Rauminnenseite, d.h. der Dichtlippe (2) abgewandt, absteht."
Die Einsprechenden haben Einspruch eingelegt. Die Patentinhaberin hat das Streitpatent mit geänderten Ansprüchen verteidigt. Durch Beschluß vom 28. Mai 1998 hat das Deutsche Patentamt das Streitpatent widerrufen, weil der geltend gemachte Anspruch 1 gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen unzulässig erweitert sei; weder das im erteilten Anspruch 1 enthaltene
Merkmal einer wulstartigen Dichtungslippe noch die im Einspruchsverfahren aufgenommene ergänzende Anweisung, hierfür nichtzelliges Material zu verwenden , seien aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen entnehmbar.
Gegen diesen Beschluß hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt und das Streitpatent mit einem erneut geänderten Anspruch 1 und hierauf rückbezogenen Ansprüchen 2 bis 13 sowie mit einem Hilfsantrag verteidigt. Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag der Patentinhaberin soll danach lauten :
"Verglasungsdichtung aus gummielastischem nichtzelligen Material einer Härte zwischen 30 und 70 IRHD, mit einem Basisteil, einer an den Basisteil angeformten, der Wetterseite zugewandten, im wesentlichen dreieckförmigen Dichtungslippe mit abgerundeten Ecken, einem an der gleichen Seite des Basisteils abstehenden und elastisch verformbaren Schenkel sowie einem Ankerfuß an der der Dichtlippe und dem Schenkel abgewandten Seite des Basisteils , bei der die Dichtlippe eine wesentlich größere Querschnittsdicke als der Basisteil und als der Schenkel sowie einen Hohlraum etwa in ihrem Zentrum aufweist und die Querschnittsdicke bzw. -höhe der Dichtlippe (2) etwa doppelt bis dreifach so groß ist wie beim Basisteil (1), und bei der der Schenkel (3) vom Basisteil (1) oder von der Dichtlippe (2) in Richtung zur Rauminnenseite, d.h. der Dichtlippe (2) abgewandt, absteht."
Nach dem Hilfsantrag der Patentinhaberin soll die vorgeschlagene Dichtungslippe "wulstartig, im Querschnitt im wesentlichen dreieckförmig" sein.

Wegen der geänderten Fassung der übrigen Patentansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Durch Beschluß vom 3. Dezember 1998 hat das Bundespatentgericht das Rechtsmittel der Patentinhaberin zurückgewiesen (abgedruckt in Mitt. 1999, 269 ff.).
Hiergegen wendet sich die Patentinhaberin mit ihrer - zugelassenen - Rechtsbeschwerde und beantragt,
den angefochtenen Beschluß des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Sache dorthin zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Einsprechenden I und IV sind dem durch Einreichung eines Schriftsatzes entgegengetreten. Die Einsprechende III hat ihren Einspruch zurückgenommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft; das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. a) Das Bundespatentgericht hat sowohl den mit dem Hauptantrag als auch den mit dem Hilfsantrag verteidigten Patentanspruch 1 für unzulässig erweitert angesehen (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Die Dichtungs- bzw. Dichtlippe der vorgeschlagenen Verglasungsdichtung sei in den zur Anmeldung des Streitpatents ursprünglich einge-
reichten Unterlagen durchgängig als parallelogrammförmig bezeichnet. Diese Kennzeichnung sei im ursprünglichen Patentanspruch 1 und in weiteren Patentansprüchen wie in der ursprünglichen Beschreibung enthalten, und zwar dort auch in bezug auf die der Beschreibung beigefügten Figuren. Für den Fachmann sei im Hinblick auf die vorgeschlagene Dichtlippe in den ursprünglichen Unterlagen mithin eine dreieckige Form nicht in einer Weise offenbart, daß die nunmehr mit dem Hauptantrag beanspruchte Lehre von vornherein von dem Schutzbegehren umfaßt sein solle. Auch von einer wulstartigen Ausbildung der Dichtlippe sei weder in der ursprünglichen Beschreibung noch in den ursprünglichen Patentansprüchen die Rede. Außerdem werde in der Technik unter Wulst keine bestimmte geometrische Form verstanden. Die Kennzeichnung "wulstartig" könne mithin den ohnehin eindeutigen Begriff "parallelogrammförmig" nicht klarstellend ersetzen. Auch der hilfsweise begehrte Patentanspruch 1 sei deshalb nicht beständig. Dieses Schicksal teilten ferner die jeweils geltend gemachten Unteransprüche 2 bis 13, weil ein selbständiger Schutz für sie nicht beansprucht sei.
Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.

b) Im Einspruchs- und im Einspruchsbeschwerdeverfahren steht es dem Patentinhaber grundsätzlich frei, ob er auf vollständige Aufrechterhaltung des erteilten Streitpatents anträgt oder sein Patent mit eingeschränkten Patentansprüchen verteidigt. Sollen an Stelle von Merkmalen, die nach einem erteilten Patentanspruch seinen Gegenstand bestimmen, andere oder zusätzliche Merkmale aufgenommen werden, darf die Einfügung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 4 und § 38 PatG jedoch nicht dazu führen, daß mit dem nunmehrigen Patentanspruch ein Gegenstand beansprucht wird, von dem der Durchschnittsfachmann
aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daß er von vornherein von dem Schutzbegehren umfaßt sein soll (Sen.Urt. v. 21.09.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204 - unzulässige Erweiterung).

c) Die Rechtsbeschwerde vertritt die Ansicht, daß eine unzulässige Erweiterung nicht gegeben sei, weil in der ursprünglichen Beschreibung alle zeichnerischen Darstellungen der Dichtlippe als Beispiele einer Gestaltung nach der angemeldeten Erfindung bezeichnet waren und weil die Rechtsbeschwerde glaubt, der Fig. 4 der ursprünglichen Unterlagen eine dreieckförmige Dichtlippe entnehmen zu können. Die Kennzeichnung der Dichtlippe als im Querschnitt im wesentlichen parallelogrammförmig sowohl im ursprünglichen Anspruchssatz als auch in der ursprünglichen Beschreibung sei deshalb unvollkommen ; mit der Kennzeichnung der Dichtlippe als im wesentlichen dreieckförmig habe die Patentinhaberin nur einen von mehreren durch unterschiedliche Ausführungsbeispiele ursprünglich offenbarten Gegenständen treffend kennzeichnen und beanspruchen wollen.

d) Dem kann nicht beigetreten werden. Die Rechtsbeschwerde verkennt, daß zum Bereich der dem Tatrichter vorbehaltenen Feststellungen auch die Frage gehört, wie der Durchschnittsfachmann die Darstellung des Gegenstandes der Erfindung in Beschreibung und Zeichnungen versteht. Diese vom Senat seiner Rechtsprechung bei Revisionen in Patentverletzungsprozessen zugrunde gelegte Erkenntnis (BGHZ 142, 7 - Räumschild, m.w.N.), gilt gleichermaßen für das Rechtsbeschwerdeverfahren. Da auch in diesem Verfahren nur eine Überprüfung der von der Vorinstanz getroffenen Entscheidung auf Rechtsfehler hin erfolgt (§ 101 Abs. 2 PatG), ist der Senat im vorliegenden Fall an die Feststellungen des Bundespatentgerichts gebunden, der die Figuren der
ursprünglichen Anmeldungsunterlagen betrachtende Fachmann stelle hinsichtlich der Form der Dichtlippe keinerlei weitere Überlegungen an, weil im ursprünglichen Patentanspruch 1, weiteren Patentansprüchen und in der ursprünglichen Beschreibung die Dichtlippe durchgängig als parallelogrammförmig bezeichnet sei; eine parallelogrammförmige Dichtlippe gehe außerdem aus den ursprünglichen Fig. 1 bis 3 ohne weiteres sowie in Anlehnung daran auch aus den ursprünglichen Fig. 4 bis 6 hervor; der Fachmann erkenne deshalb nicht, daß der mit dem Hauptantrag beanspruchte Gegenstand von dem ursprünglichen Schutzbegehren umfaßt sein solle. Denn die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, daß das Bundespatentgericht zu dieser Feststellung unter Verletzung des Gebots, sich mit dem Prozeßstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinanderzusetzen oder unter Verletzung von Denk-, Natur- oder Erfahrungssätzen gelangt ist. Das Bundespatentgericht hat die von der Rechtsbeschwerde in den Vordergrund ihrer Rechtsmittelbegründung gestellte ursprüngliche Fig. 4 nicht übersehen. Es ist auch durchaus nachvollziehbar, die in Fig. 4 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen gezeigte Dichtlippe als ebenfalls parallelogrammförmig anzusehen. Denn sie ist in den sich mit dieser Figur befassenden Teilen der ursprünglichen Beschreibung nicht nur ausdrücklich als parallelogrammförmig bezeichnet; es heißt dort außerdem, daß der Schenkel 3 als Fortsetzung der Dichtlippe an einer Ecke derselben ausgeformt sei. Dies spricht eher gegen die von der Rechtsbeschwerde für richtig gehaltene Deutung und für die vom Bundespatentgericht getroffene Feststellung. Denn nach dieser Textstelle der ursprünglichen Beschreibung kann entgegen der durch die farblich angelegte Skizze gemäß Anl. Jo 1 verdeutlichten Meinung der Rechtsbeschwerde das untere basisnahe Material der in Fig. 4 gezeigten Verglasungsdichtung durchaus der Dichtlippe selbst zugerechnet werden. Die Dichtlippe hat dann - wie auch in den übrigen Fig. 1 bis 3 und 5
der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen – eine einem Parallelogramm ähnliche Form. Die Feststellung des Bundespatentgerichts ist damit rechtlich möglich und der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen.
Daran ändert auch der Hinweis des Bundespatentgerichts auf die sich mit der Dichtleiste nach dem deutschen Gebrauchsmuster 19 12 214 befassende Textstelle der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nichts, wo einerseits angegeben ist, daß an dieser Leiste eine im Querschnitt etwa dreieckförmige Dichtungslippe angebracht sei, andererseits als nachteilig geschildert ist, diese Verglasungsdichtung könne schlecht ohne Faltenbildung um Ecken verlegt werden. Da in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen dabei nicht zugleich darauf verwiesen ist, daß - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - bei dem Gegenstand nach dem deutschen Gebrauchsmuster nicht die Form der Dichtlippe für den geschilderten Nachteil verantwortlich sei, ist nicht ausgeschlossen , sondern eher naheliegend, daß auch diese Darstellung einen Fachmann nicht daran denken läßt, die zum Patent angemeldete Neuerung schließe gerade auch die Verwendung einer dreieckförmigen Dichtlippe ein. Es bestehen deshalb keine rechtlichen Bedenken, daß das Bundespatentgericht diese Textstelle als Bestätigung seiner aus dem übrigen Inhalt der Ursprungsunterlagen ohnehin getroffenen Würdigung gewertet hat, eine Verglasungsdichtung mit einer im wesentlichen dreieckförmigen Dichtungslippe sei nicht als zu der Erfindung gehörend ursprungsoffenbart.

e) Sind mit der ursprünglichen Anmeldung beansprucht, durchgängig beschrieben und auch in den Figuren gezeigt ausschließlich solche Verglasungsdichtungen , die eine im wesentlichen parallelogrammförmige Dichtlippe haben, kann das erteilte Patent mit dem hauptsächlich verteidigten Patentan-
spruch 1 nicht aufrechterhalten werden. Ihm liegt ein anderer Gegenstand als der ursprünglichen Anmeldung zugrunde. Auch die Rechtsbeschwerde zieht nicht in Zweifel, daß eine Verglasungsdichtung mit einer im Querschnitt im wesentlichen parallelogrammförmig ausgebildeten Dichtlippe nicht als Verglasungsdichtung bezeichnet werden kann, die eine im wesentlichen dreieckförmige Dichtungslippe hat.

f) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für das mit dem Hilfsantrag verfolgte Begehren des Patentinhabers, weil auch in dem hilfsweise formulierten Patentanspruch 1 zur Kennzeichnung der Dichtlippe die nicht als zur ursprünglich angemeldeten Erfindung gehörend erkennbare, im wesentlichen dreieckige Form dienen soll. Auch dieser Patentanspruch 1 schützte mithin einen Gegenstand, der aus der Sicht des Fachmanns nicht von der ursprünglichen Anmeldung umfaßt ist. Auf die weiteren Erwägungen des Bundespatentgerichts zu der zusätzlichen Kennzeichnung der Dichtlippe als wulstartig kommt es deshalb nicht an.

g) Zu Recht hat das Bundespatentgericht seine im Ergebnis nicht zu beanstandenden Feststellungen zum Anlaß genommen, wegen der erörterten unzulässigen Erweiterung das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen. Besteht das Begehren des beschwerdeführenden Patentinhabers nur darin, das erteilte Patent mit geänderten Ansprüchen aufrechtzuerhalten, beschränkt sich unabhängig vom Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens als solchem die gerichtliche Entscheidungskompetenz auf dieses Begehren (§ 99 PatG i.V.m. §§ 308, 536, 559 Abs. 1 ZPO; Sen.Beschl. v. 10.01.1995 - X ZB 11/92, GRUR 1995, 333, 337 - Aluminium-Trihydroxid; Beschl. v. 26.09.1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, 122 - elektrisches Speicherheizgerät). Dies
muß zur Zurückweisung des Rechtsmittels führen, wenn nicht wenigstens ein seitens des Patentinhabers vor dem Bundespatentgericht gestellter Antrag zulässig und begründet ist. Da die Formulierung der Patentansprüche Sache des um das Patent Nachsuchenden ist, darf das erteilte Patent insbesondere nicht mit einem anderen Wortlaut als beantragt aufrechterhalten werden. Der vorliegende Fall bietet deshalb auch keinen Anlaß zu Ausführungen, ob und gegebenenfalls mit welchem Antrag die unzulässige Erweiterung hätte beseitigt werden können, die das Bundespatentgericht darin gesehen hat, daß in den erteilten Anspruch zur Beschreibung der Dichtlippe die Kennzeichnung "wulstartig" aufgenommen ist.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 109 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 PatG.
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Mühlens

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 184/98 Verkündet am:
5. Oktober 2000
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zeittelegramm

a) Wenn der durch den erteilten Patentanspruch festgelegte Gegenstand
lediglich enger als in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen definiert
ist, kommt eine Nichtigerklärung regelmäßig nicht in Betracht; eine
Streichung oder Ersetzung von Merkmalen im Patentanspruch scheidet
aus.

b) In einem solchen Fall dürfen zur positiven Beantwortung der Frage der
Patentfähigkeit des Anspruchs Erkenntnisse, die erst die nachträgliche
Ä nderung vermittelt, nicht herangezogen werden.
BGH, Beschluß vom 05. Oktober 2000 – X ZR 184/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 5. Oktober 2000
durch den Richter Dr. Jestaedt als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Melullis,
Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

beschlossen:
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:


I. Der Beklagte war eingetragener Inhaber des deutschen Patents 30 15 312 (Streitpatents), das auf einer am 22. Oktober 1981 offengelegten Anmeldung vom 21. April 1980 beruht und acht Patentansprüche umfaßt, wobei Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut hat:
"Verfahren zum Anzeigen der Empfangsverhältnisse bei Funkuhrempfängern für die binärkodierten Zeitsignale des Senders DCF 77 nach dem Einschalten, mit einer Anzeigevorrichtung für die Uhrzeit, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t, daß bei jedem Sekundenimpuls die durch Störungen verursachten Abweichungen der Zeitsignale von idealen Rechtecksignalen im Empfänger selbst automatisch ermittelt werden und davon Qualitätskennzahlen ab-
geleitet werden, die auf der Anzeigevorrichtung im Sekundentakt zur Anzeige gebracht werden und daß diese Anzeige abgeschaltet wird, sobald ein vollständiges Zeittelegramm empfangen wurde und zur Anzeige gebracht werden kann."
Mit seiner Nichtigkeitsklage hat der Kläger geltend gemacht, das Streitpatent gehe über die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus; außerdem fehle es an einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik. Seine weitere Behauptung, das Streitpatent offenbare die darin beschriebene Lehre nicht so deutlich und vollständig, daß ein Fachmann sie ausführen könne, hat der Kläger im Berufungsverfahren fallengelassen.
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen hat sich der Beklagte mit der Berufung und dem Begehren gewendet,
das angefochtene Urteil aufzuheben und das Streitpatent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten;
hilfsweise,
das Streitpatent mit einem acht Patentansprüche umfassenden Anspruchssatz aufrechtzuerhalten, wobei Anspruch 1 wie folgt lautet:
"Verfahren zum Anzeigen der Empfangsqualitätsverhältnisse bei Funkuhrempfängern für die binärkodierten Zeitsignale des für Funkuhren in Deutschland zuständigen Senders, nach dem Einschalten, mit einer Anzeigevorrichtung für die Uhrzeit,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß bei jedem Sekundenimpuls die Empfangsqualität mit den zugehörigen Qualitätskennzahlen aus den durch Störungen verursachten Verformungen des Sekundenimpulses automatisch ermittelt wird, daß die Qualitätskennzahlen auf der Anzeigevorrichtung im Sekundentakt zur Anzeige gebracht werden und daß diese Anzeige abgeschaltet wird, sobald eine vollständige Zeitinformation empfangen wurde und zur Anzeige gebracht werden kann."
Der Kläger ist diesem Begehren entgegengetreten.
Der Senat hat ein schriftliches Gutachten des Dipl.-Ing. U. A., Stuttgart, eingeholt.
In Anbetracht des mittlerweile erfolgten Zeitablaufs des Streitpatents haben die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Die Parteien beantragen wechselseitig ,
dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
II. Die übereinstimmende Erledigungserklärung hat zur Folge, daß die Parteien nicht mehr um die Frage der Nichtigerklärung des Streitpatents streiten und das hierzu ergangene Urteil des Bundespatentgerichts hinfällig ist; gemäß § 110 Abs. 3 PatG a.F. in Verbindung mit § 91 a ZPO ist nur noch über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden. Diese Entscheidung hat auf der Grundlage des bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung von den Par-
teien Vorgebrachten sowie der bis dahin erhobenen Beweise und ihrer Ergebnisse zu erfolgen. Das führt zur Aufhebung der Kosten gegeneinander. Denn der Senat vermag nach dem bisherigen Beweisergebnis nicht zuverlässig zu erkennen, welche Partei ohne die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache obsiegt hätte.
A. Die Nichtigkeitsklage war bis zu dem den Anlaß der übereinstimmenden Erledigungserklärung bildenden Zeitablauf des Streitpatents nicht wegen Unzulässigkeit abweisungsreif.
Die förmliche Nichtigerklärung eines Patents, dem Patentfähigkeit nicht zukommt oder dessen Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist, liegt für sich schon im öffentlichen Interesse und macht damit die Nichtigkeitsklage statthaft. Der vorliegende Fall ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht durch Umstände geprägt, die rechtfertigen könnten, diesen Grundsatz ausnahmsweise nicht anzuwenden (vgl. Sen.Urt. v. 13.01.1998 - X ZR 82/94, GRUR 1998, 904 - Bürstenstromabnehmer ). Da der Kläger der deutsche Repräsentant einer Firmengruppe in Hongkong ist, die nach Deutschland Uhren lieferte, bei deren Betrieb nach der Behauptung des Beklagten das patentgemäße Verfahren Anwendung findet, bestand bis zum Zeitablauf des Streitpatents ein Interesse des Klägers an der Nichtigerklärung, um einen ungestörten Vertrieb dieser Uhren sicherzustellen.
B. Der sachliche Ausgang des Rechtsstreits war zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien offen.
1. Das Streitpatent betrifft den Bereich der Funkuhrempfänger mit einer Anzeigeeinrichtung für die Uhrzeit. In Deutschland werden für solche Empfänger seit dem Jahre 1972 kodierte Zeitinformationen von dem Sender DCF 77 ausgestrahlt. Seine Trägerfrequenz wird dazu mit Sekundenimpulsen amplitudenmoduliert , indem eine Absenkung der Trägeramplitude (auf etwa 25 %) für die Dauer von genau 100 Millisekunden oder 200 Millisekunden erfolgt, wobei der Beginn der Absenkung den genauen Sekundenbeginn und ihre Dauer eine logische Null (100 Millisekunden) bzw. eine logische Eins (200 Millisekunden) kennzeichnen. 59 Sekundenimpulse kodieren auf diese Weise ein vollständiges Zeittelegramm. Es enthält die aktuellen Informationen über das Jahr, den Monat, das Datum, den Wochentag, die Stunde, die Minute, die Sommer- bzw. Winterzeit und läßt - im Wege des Abzählens vom Beginn der Minute an - auch die Sekunde erkennen.
Wird der Funkuhrempfänger eingeschaltet, kann die Anzeigevorrichtung Zeitdaten nur anzeigen, wenn mindestens einmal ein vollständiges Zeittelegramm erkannt worden ist. Wann dies der Fall ist, hängt von den Empfangsverhältnissen am Aufstellungsort des Funkuhrempfängers ab. Selbst bei besten Empfangsverhältnissen kann es wenigstens drei Minuten dauern, bis die aktuellen Zeitdaten angezeigt werden. Bei ungünstigen Empfangsverhältnissen kann diese Zeit weit überschritten werden; wird eine vorhandene Störquelle nicht beseitigt, der Empfänger nicht an einem anderen Ort aufgestellt oder seine Antenne nicht anders ausgerichtet, kann eine Anzeige sogar gänzlich mißlingen.
Während der Zeit, in welcher der Funkuhrempfänger keine Zeitdaten angeben kann, ist sein Benutzer im Unklaren, wie lange er voraussichtlich auf eine zuverlässige Funkuhrzeit wird warten müssen bzw. ob deren Anzeige am
gewählten Aufstellungsort unter den dort bestehenden Empfangsverhältnissen überhaupt gelingen wird. Die Qualität der dort zu empfangenden Sekundenimpulse ließe sich zwar mit einem Oszillographen sehr rasch beurteilen; es kann jedoch nicht vorausgesetzt werden, daß dem Benutzer einer Funkuhr ein solches Meßgerät zur Verfügung steht.
Eine gewisse Abhilfe war im Stand der Technik durch die Anbringung einer Leuchtdiode versucht worden, die sofort dann, wenn sich der Empfänger auf die Sekundenimpulse synchronisiert hat, im Sekundentakt aufleuchtet. Dies vermag zu vermitteln, daß der Funkuhrempfänger arbeitet; es handelt sich hierbei jedoch lediglich um eine sehr grobe Anzeige.
Die Erfindung soll demgegenüber ein Verfahren angeben, das eine brauchbare Anzeige der Empfangsverhältnisse bei Funkuhrempfängern ohne zusätzliche Anzeigemittel ermöglicht.
Anspruch 1 gibt hierzu ein Verfahren an, das
1. bei Funkuhrempfängern für die binärkodierten Zeitsignale des Senders DCF 77
2. mit einer Anzeigevorrichtung für die Uhrzeit
durchzuführen ist, indem
3. a) nach dem Einschalten

b) in dem Empfänger selbst


c) automatisch

d) bei jedem Sekundenimpuls

e) die durch Störungen verursachten Abweichungen der Zeitsignale von idealen Rechtecksignalen ermittelt werden,

f) davon Qualitätskennzahlen abgeleitet werden,
4. die Qualitätskennzahlen auf der Anzeigevorrichtung im Sekundentakt zur Anzeige gebracht werden und
5. diese Anzeige abgeschaltet wird, sobald ein vollständiges Zeittelegramm empfangen wurde und zur Anzeige gebracht werden kann.
2. Nach dem zu berücksichtigenden Sach- und Streitstand kann nicht festgestellt werden, ob der erteilte Anspruch 1 und die hierauf unmittelbar bzw. mittelbar rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 8 aus dem in §§ 22 Abs. 1 1. Altern., 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG genannten Grunde für nichtig zu erklären gewesen wären oder ob die Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht zu einer Ä nderung der genannten Patentansprüche geführt hätte.

a) Den Inhalt der nach §§ 22 Abs. 1 1. Altern., 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG maßgeblichen ursprünglichen Anmeldung bildet alles, was ihr der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik als zur angemeldeten Erfindung gehörend ent-
nehmen kann. Eine Lehre zum technischen Handeln geht deshalb über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, wenn die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht erkennen läßt, daß sie als Gegenstand von dem mit der Anmeldung verfolgten Schutzbegehren umfaßt sein soll (Sen.Urt. v. 21.09.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204 - unzulässige Erweiterung).

b) Daß ein solcher Fall gegeben ist, ist insbesondere dann zu erwägen, wenn der erteilte Anspruch aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns eine andere Erfindung zum Gegenstand hat als die ursprüngliche Anmeldung. Damit , daß etwas patentiert wird und bei der eigenen geschäftlichen Tätigkeit als geschützt zu beachten ist, das gegenüber dem der Fachwelt durch die ursprünglichen Unterlagen Offenbarten ein "Aliud" darstellt, braucht nicht gerechnet zu werden. Ein solcher Patentanspruch gefährdet die Rechtssicherheit für Dritte, die sich auf den Inhalt der Patentanmeldung in der eingereichten und veröffentlichten Fassung verlassen. Dies kann eine Nichtigerklärung des erteilten Patents erfordern, wenn der Nichtigkeitsgrund der §§ 22 Abs. 1 1. Altern., 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG geltend gemacht ist. Es ist nicht ausgeschlossen , daß auch hier ein solcher Fall gegeben ist.

c) Der Nichtigkeitsgrund der §§ 22 Abs. 1 1. Altern., 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG kommt hier zwar nicht bereits deshalb in Betracht, weil das patentgemäße Verfahren in der erteilten Fassung mit einem auf die Zeitsignale des Senders DCF 77 ausgerichteten Funkuhrempfänger durchzuführen ist, der für binärkodierte Zeitsignale bestimmt sein soll. Angesichts des Sendebeginns des Senders DCF 77 im Jahre 1972 kann ohne weiteres angenommen werden, daß Fachleute zur Zeit der Anmeldung des Streitpatents im Jahr 1980 wußten, daß nach gesetzlicher Bestimmung und tatsächlicher Beschaffenheit er derjenige Sender ist, von dem die Zeitsignale ausgestrahlt werden, die in Deutschland
ansässige Benutzer von Funkuhren benötigen, um sich die für sie aktuellen Zeitdaten anzeigen zu lassen. Diese Kenntnis veranlaßte, die im Hinblick auf einen Patentschutz für Deutschland eingereichten Anmeldeunterlagen jedenfalls auch mit bezug auf diesen Sender zu lesen und zu verstehen. Auch der gerichtliche Sachverständige hat es in seinem schriftlichen Gutachten als naheliegend bezeichnet, daß sich die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen auf den Sender DCF 77 bezögen. Da dieser auf der Basis binärkodierter Zeitsignale arbeitet, war damit zugleich auch dieses Teilmerkmal der fraglichen Anweisung des erteilten Patentanspruchs 1 als zur angemeldeten Lehre gehörend erkennbar.
Nach dem der Beurteilung zugrundezulegenden Sach- und Streitstand kann auch der weitere Vorwurf, die Anweisungen zu 3 c und d sowie 5 des erteilten Patentanspruchs 1 seien nicht ursprungsoffenbart, nicht als berechtigt angesehen werden. Die ursprüngliche Beschreibung erläuterte den gemachten Vorschlag dahin, daß ermittelt werde, mit welcher Qualität die Sekundenimpulse empfangen werden; die durch Zahlen darstellbare Qualität werde in Form derartiger Qualitätskennzahlen im Sekundentakt an die vorhandene Ziffernanzeigevorrichtung gegeben. Diese Darstellung betont das impulsgenaue Arbeiten. Dies führte zu der Erkenntnis, daß vorschlagsgemäß eingeschlossen ist, die erforderliche Ermittlung bei jedem Sekundenimpuls vorzunehmen. Daß außerdem die automatische Ermittlung von vornherein zu der angemeldeten Erfindung gehört, wurde dem Fachmann jedenfalls durch den sich an den bereits wiedergegebenen Beschreibungsteil der ursprünglichen Unterlagen anschließenden Hinweis deutlich, wonach ein automatisches Zeichenerkennungsverfahren verwendet werden könne, wodurch Qualitätskennzahlen ohnehin anfielen. Das Merkmal 5 schließlich war in den ursprünglichen Unterlagen im wesentlichen durch den Anspruch 4 des damaligen Anspruchssatzes offenbart.
Danach soll die Anzeige der Empfangsqualität nach dem Einschalten der Funkuhr bis zur ersten Darstellung der Uhrzeit erfolgen. Das ist gleichbedeutend mit der Anweisung die Anzeige abzuschalten, sobald ein vollständiges Zeittelegramm empfangen wurde und zur Anzeige gebracht werden kann.
Soweit das Bundespatentgericht eine nicht ursprungsoffenbarte Ausdrucksweise in dem angeblich von dem Beklagten geprägten Begriff des Zeittelegramms gesehen hat, hat das eingeholte Sachverständigengutachten die Unrichtigkeit dieser Bewertung ergeben. Die ursprüngliche Beschreibung nahm durch die bereits erwähnte Textstelle im ersten Absatz auf die Notwendigkeit des vollständigen Empfangs eines Intervalls mit kodierter Information Bezug. Damit ist ersichtlich der Empfang einer vollständigen Zeitinformation gemeint. Der Senat hat keine durchgreifenden Zweifel, daß das - wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat - aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns ohne Ä nderung der Bedeutung auch durch den Begriff des vollständigen Zeittelegramms ausgedrückt werden kann.

d) Eine vergleichbar eindeutige Festlegung läßt das schriftliche Sachverständigengutachten jedoch hinsichtlich des Merkmals 3 e nicht zu.
In der Ursprungsbeschreibung ist neben der wiederholt erwähnten Angabe , daß ermittelt werde, mit welcher Qualität die Sekundenimpulse empfangen werden, ein idealer Sekundenimpuls als vollkommen ungestört bezeichnet. Ergänzend ist ausgeführt, daß eine Abweichung des diesem Zustand annäherungsweise zugewiesenen Zahlenwerts die entsprechende Störung und Verformung der Impulse angebe. Dies kennzeichnete den angemeldeten Vorschlag in der Weise, wie es in dem Hilfsantrag des Beklagten seinen Niederschlag gefunden hat, dahin, daß die Empfangsqualität (mit den zugehörigen
Qualitätskennzahlen - Merkmal 3 f) aus den durch Störungen verursachten Verformungen des Sekundenimpulses ermittelt wird. Eine weitere Konkretisierung , auf welche Weise dies geschehen soll, war in den Ursprungsunterlagen dagegen nicht enthalten.
Der Sachverständige hat dies dahin ausgedrückt, in den Anmeldeunterlagen bleibe unklar, wie die Qualität der empfangenen Sekundenimpulse erkannt werde. Dies kann möglicherweise dahin verstanden werden, daß die Ursprungsunterlagen insoweit allenfalls aufgabenhaft formuliert waren und dem Fachmann eine Lösungsmöglichkeit nicht eröffneten. Dies wiederum kann aus der Sicht des die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und das erteilte Patent vergleichenden Fachmanns bedeuten, daß letzteres als auf eine anders geartete Lehre zum technischen Handeln gerichtet erscheint.

e) Mit seiner Aussage kann der gerichtliche Sachverständige freilich auch gemeint haben, daß der durch den erteilten Patentanspruch 1 festgelegte Gegenstand lediglich enger als in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen definiert ist, weil er eine zur Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems dienende, in den Anmeldungsunterlagen allgemein gehaltene Anweisung in einer Weise konkretisiert, die dem Durchschnittsfachmann durch die Ursprungsunterlagen nicht offenbart war. Die Patentierung eines "Aliud" durch den erteilten Patentanspruch 1 hätte dann nicht festgestellt werden können.
Infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien war der Senat gehindert, durch Befragung des gerichtlichen Sachverständigen insoweit eine weitere Sachaufklärung herbeizuführen, die notwendig gewesen wäre, weil der gerichtliche Sachverständige bei Abfassung seines schriftlichen Gutachtens ersichtlich nicht erkannt hat, daß hier eine für die rechtliche Beur-
teilung der Sache bedeutsame Abgrenzungsfrage besteht, deren Beantwortung sich nach dem Verständnis des Fachmanns richtet und deshalb sachverständiger Aufklärung bedurft hätte. Es kann danach nicht festgestellt werden, daß eine Nichtigerklärung des erteilten Patentanspruchs 1 und der hierauf rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 8 wegen Patentierung eines "Aliud" zu erfolgen gehabt hätte.

f) Andererseits kann nach dem zugrundezulegenden Sach- und Streitstand auch nicht festgestellt werden, daß der erteilte Patentanspruch 1 eine bloße Einschränkung des angemeldeten Gegenstandes beinhaltet, was im vorliegenden Fall zu seinem Fortbestand geführt hätte, weil dann eine Nichtigerklärung weder aus dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit noch aufgrund einer gesetzlichen Regelung des deutschen Patentrechts geboten gewesen wäre.
Durch die wortsinngemäße Benutzung der durch den erteilten Anspruch 1 patentierten Lehre wird ohne weiteres auch vom Gegenstand der ursprünglichen Anmeldung Gebrauch gemacht. Denn hierbei wird auch eine Ermittlung vorgenommen, wie sie im Merkmal 3 e des ursprünglich hilfsweise verteidigten Anspruchs 1 vorgeschlagen und - wie ausgeführt - ursprungsoffenbart ist. Dasselbe gilt für jedwede sich dem Fachmann aufgrund des Merkmals 3 e in seiner erteilten Fassung erschließende Abwandlung. Das Gebot der Rechtssicherheit ist damit im Falle des Bestandes der erteilten Patentansprüche gewahrt. Es verlangt, daß ein interessierter Dritter erkennen kann, ob eine existente oder geplante Ausführung in fremde Ausschließlichkeitsrechte eingreift, sowie daß die mögliche Erkenntnis sich nicht aufgrund nachträglicher Umstände als unrichtig erweist. Wie schon der früher anwendbare § 26 Abs. 5 Satz 2 PatG a.F. legt ferner auch der seither geltende § 38 Satz 2 PatG ledig-
lich fest, daß aus Ä nderungen, die den Gegenstand der Anmeldung erweitern, Rechte nicht hergeleitet werden können. Was das den Schutzbereich betreffende Interesse, also den Umfang eines entstandenen Patentrechts anbelangt, ist auch diesem Grundsatz bereits durch Beibehaltung der engeren Formulierung des erteilten Patentanspruchs Genüge getan. § 14 PatG, der gemäß Art. 11 § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 5 IntPatÜG den Schutz bestimmt, den ein deutsches Patent gewährt, das auf eine nach dem 1. Januar 1978 getätigte Anmeldung hin erteilt ist, verhindert, daß insoweit zum Nachteil interessierter Dritter auf weiteren Inhalt der Anmeldung zurückgegriffen werden kann. Es bleibt deshalb nur Sorge zu tragen, daß im übrigen, also was die Entstehung von Patentrechten anbelangt, aus der Ä nderung Rechte nicht hergeleitet werden können. Hierfür bedarf es der Nichtigerklärung erteilter Ansprüche des Streitfalls jedoch nicht. Es ist lediglich notwendig, die Erkenntnisse, die erst die nachträgliche Ä nderung vermittelt, nicht zur positiven Beantwortung der Frage ihrer Patentfähigkeit heranzuziehen.
Ob wegen dieser Notwendigkeit ein entsprechender erläuternder Hinweis im Patent erforderlich sein kann, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, weil sich der sachliche Streit der Parteien erledigt hat und nur noch über die Kosten des erledigten Rechtsstreits zu entscheiden ist. Eine Streichung des Merkmals 3 e im erteilten Patentanspruch 1 und/oder seine gleichzeitige Ersetzung durch die möglicherweise allgemeinere Anweisung, die durch die ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist, scheidet nach dem Vorgesagten allerdings aus; eine solche Ä nderung mißachtete § 22 Abs. 2 2. Alt. PatG.
3. Der danach mögliche Erfolg der Berufung des Patentinhabers war auch nicht wegen des ferner geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes des Feh-
lens der Patentfähigkeit (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) ausgeschlossen. Sein Bestehen wäre - wie zuvor ausgeführt - im Hinblick auf das Merkmal 3 e anhand der Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen zu prüfen gewesen. Das bisherige Beweisergebnis erlaubt jedoch nicht die Feststellung, daß die danach zu würdigende Lehre zum technischen Handeln, die - wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat und auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogen wird - nicht bekannt war, nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Diese Erkenntnis ist wesentlich beeinflußt einmal von dem Umstand, daß zum Anmeldezeitpunkt die Entwicklung bei Funkuhrempfängern sich noch im Anfangsstadium befand, zum anderen von der schriftlichen Ausführung des Sachverständigen , der der maßgeblichen Lehre Erfindungshöhe zugesprochen hat, weil sich aus anderen Bereichen der Funkübertragung Problemlösungen für den hier interessierenden Bereich kaum hätten übernehmen lassen. Unter diesen Umständen hatte der Senat davon auszugehen, daß überhaupt erst einmal zu erkennen war, daß bei Funkuhrempfängern eine wirkliche Übertragungsqualitätsanzeige sinnvoll sei; ferner mußte erkannt werden, daß sich auch bei Empfängern, die Informationen aufgrund der jeweiligen Länge von empfangenen Impulsen erhalten, die Empfangsqualität ermitteln lasse, daß dies bei Funkuhrempfängern aufgrund der bei ihnen eingesetzten Technik ebenfalls möglich sei, und schließlich, daß sich die Qualität durch entsprechende Kennzahlen darstellen lasse. Gefordert war danach die erstmalige Zurverfügungstellung einer tauglichen Empfangsqualitätsfeststellung nebst -anzeige auf dem Gebiet der Funkuhrempfängertechnik. Angesichts des geringen Entwicklungsstandes dieses Gebiets der Technik rechtfertigen sich hieraus durchgreifende Zweifel, daß die vermittels der Anmeldung vorgeschlagene Lösung einem Durchschnittsfachmann nahegelegen habe.
4. Eine dem Beklagten günstigere Kostenentscheidung rechtfertigt sich nicht in Anbetracht seines ursprünglichen Hilfsantrages. In der Fassung dieses Hilfsantrages hätte das Streitpatent nämlich nicht Bestand haben können, weil der Schutzbereich des Patentanspruchs 1 und damit auch derjenige der hierauf rückbezogenen Unteransprüche gegenüber den erteilten Ansprüchen erweitert wäre (§ 22 Abs. 1 2. Altern. PatG). Der erforderliche Tatbestand ergibt sich insoweit jedenfalls aus dem Fehlen des Merkmals 3 b im Anspruch 1 des ursprünglichen Hilfsantrages. Sein Gegenstand ist damit insoweit weiter als der des erteilten Patentanspruchs, was auch den Schutzbereich dieses Anspruchs erweitert.
Jestaedt Melullis Scharen
Keukenschrijver Mühlens

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 17/02 Verkündet am:
15. November 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Koksofentür
PatG (1981) §§ 81, 14, 21 Abs. 1 Nr. 4, 38

a) Das nach Erlöschen des Streitpatents erforderliche besondere eigene
Rechtsschutzbedürfnis des Nichtigkeitsklägers an der Nichtigerklärung des
Streitpatents ist nach rechtskräftiger Verurteilung des Nichtigkeitsklägers in
einem Verletzungsrechtsstreit jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Nichtigkeitskläger
für den Fall der Nichtigerklärung des Streitpatents eine Restitutionsklage
in Betracht zieht.

b) Bezugszeichen im Patentanspruch schränken den Schutz nicht auf ein Ausführungsbeispiel
ein.

c) Mit der Gestaltungsfreiheit des Anmelders im Patenterteilungsverfahren ist
es unvereinbar, nur eine Einschränkung als zulässig anzusehen, bei der alle
der Erfindung förderlichen Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch
aufgenommen werden.
BGH, Urt. v. 15. November 2005 - X ZR 17/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 8. November 2001 abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des am 23. Juni 1979 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung in den Vereinigten Staaten von Amerika angemeldeten deutschen Patents 29 25 730 (Streitpatents), das eine "Koksofentür" betrifft, drei Patentansprüche umfasste und inzwischen nach Ablauf der Schutzdauer erloschen ist. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "1. Koksofentür mit einem der Türleibung der Ofenkammer zugekehrten , vom Türrahmen kragarmartig vorspringenden Dich- tungselement, dessen zur Dichtungsfläche abgewinkelte äußere Kante als Dichtungsschneide ausgebildet ist[,] und mit einer bei Verriegelung der Tür über einen Spannrahmen belastenden Spannvorrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß der Spannrahmen aus einer am Türrahmen befestigten und von diesem kragarmartig vorspringenden Federmembran (20) besteht, die über ihre zur Dichtfläche hin abgewinkelte Außenkante (44) mit dem Dichtungselement (30) auf dessen in der Dichtungsschneide endenden, ebenfalls zur Dichtfläche hin abgewinkelten Abschnitt (52) verbunden ist."
2
Wegen der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Patentschrift verwiesen.
3
Die Klägerin ist von der Beklagten wegen Patentverletzung gerichtlich in Anspruch genommen und durch rechtskräftig gewordenes Grundurteil des Landgerichts Düsseldorf auf eine Schadensersatzklage hin verurteilt worden. Sie hat mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Gegenstand des Streitpatents sei eine Dichtung für eine Koksofentür, die aus zwei Teilen bestehe, nämlich einem um die Tür herumführenden kragenartig vorspringenden Dichtungselement und einer Vorrichtung zur Erzeugung einer elastischen Kraft. Dabei sei aus der ursprünglich offenbarten Dichtungsvorrichtung mit einem schneidkantenartigen Dichtungselement und einer Stützvorrichtung eine Dichtvorrichtung geworden, die lediglich noch das schneidkantenartige Dichtungselement sowie eine kragarmartig vorspringende Federmembran vorsehe, womit das Stützglied völlig entfallen sei.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der beklagten Patentinhaberin, die beantragt, un- ter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
5
Prof. W. im Auftrag des Se- hat nats ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Berufung führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Bundespatentgerichts zur Abweisung der Klage.
7
I. Allerdings ist die Nichtigkeitsklage im vorliegenden Fall auch nach Erlöschen des Streitpatents infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer weiterhin zulässig. In diesem Fall ist zwar ein besonderes, eigenes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der Nichtigerklärung des abgelaufenen Patents erforderlich (st. Rspr.; zuletzt Sen.Urt. v. 22.02.2005 - X ZR 148/00, Umdruck S. 6; Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 2. Aufl. 2005, Rdn. 120, je m.w.N.). Dieses kann aber bei einer rechtskräftigen Verurteilung des Nichtigkeitsklägers im Verletzungsstreit vorliegen, weil eine Nichtigerklärung des angegriffenen Patents der im Verletzungsprozess unterlegenen Partei die Möglichkeit eröffnen würde, im Wege der Restitutionsklage gegen ihre Verurteilung vorzugehen (vgl. BPatGE 33, 240 = GRUR 1993, 732; Keukenschrijver, aaO; Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, Rdn. 46 zu § 81; Mes, PatG GebrMG, 2. Aufl. 2005, Rdn. 42 zu § 81 PatG). Nachdem die Nichtigkeitsklägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie für den Fall der Nichtigerklärung die Durchführung eines Restitutionsverfahrens in Betracht ziehe, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage ohne weiteres zu bejahen.
8
II. Der Senat vermag aber der Auffassung des Bundespatentgerichts nicht beizutreten, der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund greife durch, dass der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (§ 22 Abs. 1 PatG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG; "unzulässige Erweiterung", sachlich übereinstimmend mit § 13 Abs. 1 Nr. 4 PatG 1978; Art. XI § 3 Abs. 5 IntPatÜG; vgl. zur Anwendbarkeit der §§ 21, 22 PatG 1981 BGHZ 110, 123, 125 - Spleißkammer).
9
1. Das Streitpatent schützt in seinem Patentanspruch 1 eine Koksofentür mit einem vorspringenden Dichtungselement und mit einer bei Verriegelung der Tür über einen Spannrahmen belastenden Spannvorrichtung, wobei der Spannrahmen aus einer Federmembran (20) besteht, in besonderer Ausgestaltung. Diese Abdichtung kommt im Wesentlichen allein mit mechanischen Mitteln aus. Damit soll eine Abdichtung geschaffen werden, die in ihrer Zuverlässigkeit und Einsatzfähigkeit mindestens das Ergebnis anderer, z.B. aus der deutschen Auslegeschrift 1 156 762 vorbekannter Einrichtungen erreicht (vgl. die Angaben zur "Aufgabe" in der Beschreibung des Streitpatents Sp. 3 Z. 46-52). In der deutschen Auslegeschrift 1 156 762 ist eine mit einer Sperrgasdichtung ausgestattete Koksofentür beschrieben, bei der ein Dichtungselement mit seiner äußeren, als Schneide ausgebildeten Kante gegen eine Dichtungsfläche der Türleibung mittels einer von Druckzylindern gebildeten Spannvorrichtung gedrückt wird. Diese Druckzylinder drücken dabei starre Schienen gegen die als Zackenkante ausgebildete Schneidkante.
10
2. Das Streitpatent stellt in seinem Patentanspruch 1 eine Koksofentür unter Schutz, bei der
(1)
das Dichtungselement (1.1) der Türleibung der Ofenkammer zugekehrt ist, (1.2) vom Türrahmen kragarmartig vorspringt und (1.3) seine zur Dichtungsfläche abgewinkelte äußere Kante als Dichtungsschneide ausgebildet ist,
(2)
miteiner Spannvorrichtung, (2.1) die bei Verriegelung der Tür die Dichtungsschneide belastet (2.2) über einen Spannrahmen, wobei
(3)
der Spannrahmen aus einer Federmembran besteht, die (3.1) am Türrahmen befestigt ist, (3.2) vom Türrahmen kragarmartig vorspringt und (3.3) eine zur Dichtfläche abgewinkelte Außenkante aufweist, wobei
(4)
diese Außenkante verbunden ist (4.1) mit dem Dichtungselement, (4.2) auf dessen in der Dichtungsschneide endenden Abschnitt, (4.2.1) der ebenfalls zur Dichtfläche hin abgewinkelt ist.
11
3. Dabei hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass die Formulierung in Patentanspruch 1, der Spannrahmen "bestehe" aus einer Federmembran, nicht in dem Sinn zu verstehen ist, dass die Federmembran notwendig das einzige Element des Spannrahmens sein solle. Das Wort "besteht" ist hier jedenfalls auch in dem Sinn verwendet, dass der Spannrahmen neben der Federmembran noch weitere Elemente aufweisen kann, wie dies etwa die ein Ausführungsbeispiel wiedergebende Figur 10 der Zeichnungen des Streitpatents zeigt, insbesondere die dort dargestellten Abschnitte 44 und 46. Im Übrigen schränken die Bezugszeichen im Patentanspruch den Schutz nicht auf ein Ausführungsbeispiel ein (vgl. EPA - techn. Beschwerdekammer - T 237/84 ABl. EPA 1987, 309; Ullmann in Benkard, PatG, 9. Aufl. 1993, Rdn. 14 zu § 14 PatG; Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, Rdn. 53 zu § 14; Schulte, aaO Rdn. 142 zu § 34; so schon zum früheren Recht BGH, Urt. v. 30.10.1962 - I ZR 46/61, GRUR 1963, 563, 564 - Aufhängevorrichtung). Die Nennung von Bezugszeichen im Patentanspruch 1 des Streitpatents führt daher nicht zu einer Beschränkung des Gegenstands des Patents auf Ausgestaltungen, die den Darstellungen entsprechen , in denen diese Bezugszeichen verwendet werden.
12
4. Eine erfindungsgemäße Ausgestaltung wird in den jeweils verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 (Darstellung einer Vorderansicht der Tür auf der Stoßrichtungsseite), 7 (Schnitt bei 7-7 in Fig. 1), 8 (Schnitt entlang 8-8 in Fig. 7) und 10 (Schnitt entlang 10-10 in Fig. 8) des Streitpatents gezeigt: Fig. 1
13
Hier bezeichnen die Bezugszeichen 14 die Koksofenwand mit den Türleibungen 12 und der mit Feuerfeststeinen ausgekleideten Koksofentür. Der Türkörper weist die Grundplatte 32, das Hauptrahmenschweißstück 34, die Seitenplatten 36 und 38 und die Bodenplatte 40 auf. Das Stützglied 42 ist im Ausführungsbeispiel in die drei Abschnitte 48, 50, 52 aufgeteilt. Die Spannvorrichtung übt Druck auf die Schneide 52 aus, die gegen die Leibung 12 gedrückt wird.


14
Die Federmembran ist mit dem Befestigungsabschnitt 46 am Türrahmen befestigt. Der weitere Abschnitt 44 ist in Richtung Leibung abgewinkelt und an seinem Ende mit der Dichtungskante 52 verbunden.
15
III. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass sich der in Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Gegenstand nicht den Anmeldeunterlagen entnehmen lasse, und dass Patentanspruch 1 des Streitpatents damit unzulässig erweitert sei. Der geschützte Gegenstand unterscheide sich von dem ursprünglich offenbarten durch die Merkmale der Merkmalsgruppen 3 und 4. Denn die Dichtungsvorrichtung 18 für die Koksofentür 10 bestehe nach der ursprünglichen Offenbarung aus einem dichtenden Schneideelement (schneidkantenartiges Dichtungselement oder Schneidkantenelement) 30 und einer Stütz- oder Trägervorrichtung (Stützglied, Dichtungskantenträgerelement ) 42. Dabei beständen das Schneideelement 30 aus den Teilabschnitten 48, 50 und 52 und die Stütz- oder Trägervorrichtung 42 aus den Abschnitten 44 und 46, wie sich aus der ursprünglichen Beschreibung Seiten 7/8, dem ursprünglichen Schutzanspruch 1, aus der Beschreibung Seite 8 Abs. 3, Seite 11 Abs. 2 bis Seite 12 und der Figur 10 der Zeichnungen ergebe. Die Funktion , die das Stützelement 42 haben solle, werde im Schutzanspruch 1 der Anmeldung damit beschrieben, dass auf das schneidkantenartige Dichtungselement 30 eine gleichmäßige Vorspannung ausgeübt werden solle. Das für die Stützvorrichtung zu verwendende Material sei nicht beschrieben. Die aus elastischem , federndem Material hergestellte Membran 20, die einen Teil der Stützvorrichtung 42 überdecke, könne zusätzlich zur Erhöhung der Vorspannung verwendet werden, wie sich aus den Schutzansprüchen 2 und 5 der Anmeldeunterlagen sowie aus Seite 8 Abs. 3 und Seite 17 Abs. 2 der ursprünglichen Beschreibung ergebe. Eine solche Dichtungsvorrichtung sei auch in Figur 10 dargestellt. Aus den Hervorhebungen der physikalischen Eigenschaften der Membran, die nach den Schutzansprüchen 4 und 5 sowie der Beschreibung Seite 17 2. Absatz der ursprünglichen Unterlagen eine Blattfeder oder Membran sein solle, die nach Seite 8 Abs. 3 der ursprünglichen Unterlagen aus elastischem , federndem Material hergestellt sei und unmittelbar einen Teil der Stützvorrichtung überdecke, leite der Fachmann, ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus, ab, dass das Stützelement 42 andere physikalische Werkstoff- eigenschaften aufweise als die fakultative, zusätzlich einsetzbare Membran. Der Fachmann werde deshalb auf eine relativ starre Konstruktion der aus dem Schneidelement 30 und der fest mit diesem verbundenen Stützvorrichtung 42 bestehenden, durch eine zusätzliche Federmembran zu verstärkenden Dichtvorrrichtung 18 schließen. Nach Patentanspruch 1 des erteilten Patents entfalle demgegenüber die ursprünglich zwingend notwendige, relativ starre Stütz- und Trägervorrichtung 42 mit den Abschnitten 44 und 46. Die ursprüngliche Stützvorrichtung 42 werde - was aus den ursprünglichen Unterlagen wegen der dort verwendeten unterschiedlichen Begriffe "Stützvorrichtung" und "Membran" nicht herleitbar sei - durch die Federmembran aus einem elastischen, federnden Material ersetzt.
16
IV. Diese Beurteilung erweist sich im Ergebnis als unzutreffend.
17
1. Nach der Rechtsprechung des Senats ist durch die Anmeldung offenbart , was sich aus der Sicht des Fachmanns des betreffenden Gebiets der Technik ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschließt. Zur Feststellung, ob der Nichtigkeitsgrund der "unzulässigen Erweiterung" vorliegt, ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Gegenstand des Patents ist dabei die durch die Patentansprüche definierte Lehre (vgl. Sen.Urt. v. 21.09.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn). Der Inhalt der Patentanmeldung ist hingegen der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen, ohne dass dabei den in der Anmeldung bezeichneten Patentansprüchen eine gleich hervorragende Bedeutung zukommt. Nicht maßgeblich ist demgegenüber, wie die Beklagte ihr Schutzbegehren später interpretiert hat, worauf die Klägerin nunmehr schriftsätzlich abgestellt hat. Entscheidend ist, ob die ursprüngliche Offenbarung aus der Sicht eines Fachmanns erkennen ließ, der von den ursprünglichen Unterlagen abweichende Lösungsvorschlag des Patents solle von vornherein vom Schutzbegehren umfasst werden (vgl. zuletzt Sen.Urt. v.
05.07.2005 - X ZR 30/02 - Einkaufswagen II, Umdruck S. 7 f., zur Veröffentlichung vorgesehen, m.w.N.), d.h. als zur Erfindung gehörend ("gehörig") offenbart sein (vgl. Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl. 2004, S. 562 f.).
18
2. Die in Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Lehre ist durch die ursprünglichen Unterlagen der Patentanmeldung ausreichend als zur Erfindung gehörend offenbart. Auch die Merkmalsgruppen 3 und 4 seines Patentanspruchs 1 stellen nämlich allenfalls Konkretisierungen und Einschränkungen dieser allgemeinen Lehre im Sinn des in den ursprünglichen Unterlagen beschriebenen und zeichnerisch dargestellten Ausführungsbeispiels und nicht zugleich auch eine Erstreckung auf einen nicht als zur Erfindung gehörend offenbarten Gegenstand dar.
19
a) Eine allgemeine Beschreibung dessen, was durch die Erfindung geleistet werden soll, findet sich zunächst auf Seite 7/8 der Anmeldungsunterlagen. Danach weist die Koksofentür einen Hauptrahmen und eine Dichtungsvorrichtung auf, die auf dem Hauptrahmen angeordnet ist und einen dichten, gleichmäßigen und nicht festhaftenden Sitz zwischen dem Hauptrahmen und der zugehörigen Ofentürleibung gewährleistet. Die Dichtungsvorrichtung enthält dabei ein dichtendes Schneidelement, das auf dem Hauptrahmen so angeordnet ist, dass es sich entlang der zugehörigen Türleibung erstreckt, und ferner eine Stütz- oder Trägervorrichtung, die am Hauptrahmen der Tür angeordnet ist und eine gleichmäßige Vorspannung entlang der gesamten Ausdehnung des dichtenden Kantenelements ausübt. Die Trägeranordnung (d.h. die Trägervorrichtung ) weist dabei ein Dichtungskantenträgerelement auf, das am Hauptrahmen befestigt ist und von diesem vorspringt und mit dem dichtenden Schneidelement in der Nähe seines freien Endes verbunden ist. Das dichtende Schneidelement ist so angeordnet, dass es mit der zugehörigen Türleibung unter einem Winkel in Verbindung tritt, den die Anmeldeunterlagen mit beispiels- weise etwa 25° beziffern. Bei Verriegelung der Tür am Ofen wird die Dichtungskante gegen die Türleibung gedrückt, um die gewünschte Dichtung zu erzielen.
20
b) Innerhalb dieser allgemeinen Lehre hält sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des erteilten Patents.
21
aa) Die vom Bundespatentgericht als nicht offenbart angesehene Elastizität der Federmembran (20) ist in der ursprünglichen Beschreibung Seite 7 f. nicht angesprochen. Daher stellt sie zunächst eine Einschränkung gegenüber der ursprünglich offenbarten Lehre dar. Die zusätzlich in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale der Merkmalsgruppen 3 und 4 sind jedoch in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart. Dies folgt insbesondere aus der ursprünglich eingereichten Figur 10 und der Beschreibung, namentlich Seite 11. Diese Figur zeigt die Federmembran (nach der ursprünglichen Beschreibung Seiten 11, 13, 16, 17 "Membran"; Seiten 17, 19, 20 "Feder", "Blattfeder") (20), die über den Abschnitt 46 und das Abstandsstück 26 am Türrahmen 16 (mit der Grundplatte 32; vgl. ursprüngliche Unterlagen S. 11) befestigt ist. Dass die Federmembran zusammen mit den weiteren Abschnitten 44 und 46 kragarmartig vom Türrahmen vorspringt und eine zur Dichtfläche abgewinkelte Außenfläche aufweist, ist unmittelbar der Figur 10 jedenfalls dann zu entnehmen, wenn man die Membran 20 und die Abschnitte 44 und 46 als Einheit ansieht, was sich aus der Figur 10 allerdings nicht unmittelbar ergibt. Für einen Fachmann, einen Diplomingenieur des Maschinenbaus, folgt die Möglichkeit , diese Teile als Einheit auszubilden, nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen jedoch aus der ursprünglichen Offenbarung , wo es heißt, dass das Schneidelement so auf dem Hauptrahmen angeordnet ist, dass eine gleichmäßige Vorspannung entlang der gesamten Ausdehnung des dichtenden Kantenelements ausgeübt wird (S. 7 3. Abs.). Darüber , dass sich die Merkmale der Merkmalsgruppe 4 unmittelbar der Figur 10 entnehmen lassen, besteht kein Streit; der Senat ist hiervon auch überzeugt.

22
Darauf, ob sich Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung auch im Übrigen an das in den Figuren dargestellte Ausführungsbeispiel und an dessen Beschreibung auf Seite 10 ff. der Anmeldeunterlagen hält, kommt es für die Beurteilung der Erweiterung nicht an. Denn der Patentinhaber ist nicht gehalten, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufzunehmen , um eine zulässige Beschränkung herbeizuführen (Sen.Urt. v. 21.10.2003 - X ZR 220/99, Umdruck S. 21, unter Hinweis auf Sen.Beschl. v. 23.01.1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126= GRUR 1990, 432, 433 - Spleißkammer). Hierzu bestand vorliegend schon deshalb kein Anlass, weil die Offenbarung auf Seite 7 f. der ursprünglichen Unterlagen einen allgemeineren Gegenstand betraf. Mit der Gestaltungsfreiheit des Anmelders im Patenterteilungsverfahren wäre es unvereinbar, nur eine Einschränkung als zulässig anzusehen, bei der alle der Erfindung förderlichen Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufgenommen werden (vgl. Senat - Spleißkammer aaO).
23
bb) Eine Einschränkung des Inhalts, dass die ursprünglichen Unterlagen das Dichtelement als starres Element offenbarten, wie sie das Bundespatentgericht in den Mittelpunkt seiner Erörterungen gestellt hat, ist der ursprünglichen Offenbarung auf Seite 7 f. nicht zu entnehmen. Die Frage, ob das Ausführungsbeispiel ein starres Element betrifft, beschränkt den Offenbarungsgehalt der weiter gefassten ursprünglichen Unterlagen nicht. Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt und bei seiner Anhörung nachdrücklich bestätigt hat, geht eine Differenzierung zwischen einem aus den Teilen mit den Bezugszeichen 46, 44 und 48 gebildeten festen Rahmen und einem federelastischen Element an der technischen Wirklichkeit vorbei. Mit Blick auf den Zweck der Vorrichtung müsse sich auch der Rahmen auf Grund der aufgewendeten Kräfte verformen, um eine hinreichende Abdichtung zu gewährleisten und bei Wegnahme der Kräfte in seinen Ausgangszustand zurück- kehren; der Sachverständige hat dies überzeugend als einen Vorgang der Elastizität im Gegensatz zu einer zu dauerhaften Veränderungen führenden Verformung bezeichnet.
24
Diesen erkennbar von Sachkunde getragenen Folgerungen des gerichtlichen Sachverständigen tritt der Senat bei. Auch sie entziehen der allein die Annahme der Erweiterung tragenden Feststellung des Bundespatentgerichts die Grundlage, dass die Dichtungsvorrichtung 18 nach den ursprünglich eingereichten Unterlagen eine relativ starre Konstruktion darstelle, während nach Patentanspruch 1 des erteilten Streitpatents die Dichtungsvorrichtung nicht mehr starr sei.
25
cc) Die Frage, ob auch eine Ausführungsform, bei der die Federmembran (20) mit dem Abschnitt 46 in einem einzigen Teil zusammenfällt, eine Benutzung des Streitpatents darstellt, betrifft allein die Prüfung der Patentverletzung und ist im Nichtigkeitsverfahren nicht zu erörtern.
26
V. Weitere Gesichtspunkte, aus denen sich ergeben könnte, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehe, sind in der Berufungsverhandlung nicht mehr geltend gemacht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben.
27
Sie folgen insbesondere nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass der Begriff "Spannrahmen" in den ursprünglichen Unterlagen nicht enthalten sei. Die Aufnahme eines nicht ursprungsoffenbarten Begriffs stellt nämlich - anders als die Aufnahme eines nicht ursprünglich offenbarten technischen Merkmals - dann keine unzulässige Änderung dar, wenn die entsprechende technische Lehre selbst offenbart war.
28
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.11.2001 - 3 Ni 39/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 25/02
vom
25. Januar 2005
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das Gebrauchsmuster 297 10 175
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Der die Akteneinsicht betreffende Beschluß des Senats vom 11. Oktober 2004 wird wegen eines offensichtlichen Schreibversehens (§ 319 ZPO) dahingehend berichtigt, daß im letzten Satz nach der Klammer und vor dem Wort "dargetan", die Worte eingefügt werden "ein entgegenstehendes Interesse".
Melullis Keukenschrijver Mühlens Asendorf Kirchhoff

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 18/00
vom
11. September 2001
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend das deutsche Patent 34 47 925
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Drehmomentenübertragungseinrichtung
Werden in den Patentanspruch nur einzelne Merkmale eines Ausführungsbeispiels
der Erfindung aufgenommen, geht die sich daraus ergebende Merkmalskombination
dann über den Inhalt der Anmeldung hinaus, wenn sie in ihrer Gesamtheit
eine technische Lehre umschreibt, die der Fachmann den ursprünglichen
Unterlagen nicht als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen
kann.
BGH, Beschl. v. 11. September 2001 - X ZB 18/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2001
durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Dr. Melullis, Scharen und Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den am 13. Juli 2000 verkündeten Beschluß des 6. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 34 47 925 (Streitpatent), das eine Drehmomentübertragungseinrichtung betrifft. Das Streitpatent beruht auf der Anmeldung 34 40 927.0 vom 9. November 1984, zu der die Patentinhaberin mit Eingabe vom 17. Januar 1985 zwei Teilungserklärungen abgegeben hat. Auf eine der beiden Trennanmeldungen ist das Streitpatent am 26. Januar 1995 mit folgenden Ansprüchen 1, 3 und 12 veröffentlicht worden:
"1. Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer Vorkehrung zum Aufnehmen bzw. Ausgleichen von Drehstößen, insbesondere von Drehmomentschwankungen einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei, koaxial angeordneten, entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung zueinander verdrehbaren Schwungmassen, von denen die eine, erste, mit der Brennkraftmaschine und die andere, zweite, über eine Reibungskupplung mit dem Eingangsteil eines Getriebes verbindbar ist, wobei die Reibungskupplung über ein Ausrücksystem betätigbar ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die Schwungmassen (3, 4) durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind derart, daß die die Kupplung tragende Schwungmasse in einer Richtung belastet wird, die der beim Ausrücken der Kupplung wirksamen Kraftrichtung entgegengesetzt ist.
3. Drehmomentübertragungseinrichtung nach Anspruch 1 oder 2, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t daß die Schwungmassen in Abhängigkeit von der Betätigung der Reibungskupplung (7, 107) zueinander begrenzt axial verlagerbar sind.
12. Drehmomentübertragungseinrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 11, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,
daû die Schwungmassen (3, 4) über wenigstens zwei Reiboder Gleitflächen miteinander in Reib- oder Gleitverbindung stehen bzw. bringbar sind, wobei in Abhängigkeit der Betätigung der Reibungskupplung (7, 107) die Dämpfungswirkung dieser Verbindung veränderbar ist."
Gegen das Streitpatent ist Einspruch erhoben worden, der damit begründet worden ist, daû der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nicht patentfähig sei. Nach Rücknahme des Einspruchs hat die Patentinhaberin mit Erklärung vom 29. Oktober 1996 eine Teilung des Streitpatents erklärt, die zur Trennanmeldung 34 48 593.7 geführt hat. Nach einem Zwischenbescheid der Patentabteilung hat die Patentinhaberin den Widerruf der Teilungserklärung vom 29. Oktober 1996 erklärt und zugleich eine erneute Teilungserklärung abgegeben. Das Streitpatent hat die Patentinhaberin mit 24 Ansprüchen verteidigt , von denen Anspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 kursiv):
"Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer Vorkehrung zum Aufnehmen bzw. Ausgleichen von Drehstöûen, insbesondere von Drehmomentschwankungen einer Brennkraftmaschine mit mindestens zwei über eine Lagerung koaxial angeordneten, entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbaren Schwungmassen, von denen die eine, erste, mit der Brennkraftmaschine und die andere, zweite, über eine Reibungskupplung mit dem Eingangsteil eines Getriebes verbindbar ist, wobei die Reibungskupplung über ein Ausrücksystem betätigbar ist,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daû die Schwungmassen (3, 4) durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind derart, daû die die Kupplung tragende Schwungmasse in einer Richtung belastet wird, die der beim Ausrücken der Kupplung wirksamen Kraftrichtung entgegengesetzt ist."
Die Patentabteilung hat das Streitpatent widerrufen, weil die Einfügung der Worte "über eine Lagerung" eine unzulässige Erweiterung gegenüber dem Inhalt der Anmeldung darstelle.
Die Patentinhaberin hat gegen den Beschluû der Patentabteilung Beschwerde eingelegt und beantragt,
1. den angefochtenen Beschluû aufzuheben und das Streitpatent mit den verteidigten Patentansprüchen aufrechtzuerhalten.
2. die Rückzahlung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen.
Mit Beschluû vom 13. Juli 2000 hat das Bundespatentgericht die Beschwerde und den Antrag zurückgewiesen, die Rückzahlung der Gebühren für die Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen.
Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin , mit der diese beantragt,
den Beschluû des Bundespatentgerichts aufzuheben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist kraft Zulassung statthaft; das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg.
1. Das Bundespatentgericht hat die Teilungserklärung, die zu der dem Streitpatent zugrundeliegenden Trennanmeldung geführt hat, als wirksam angesehen , da zumindest der Gegenstand, der sich aus den mit der Teilungserklärung eingereichten Ansprüchen 1 und 6 oder 7, 10, 11 und 20 ergebe und den Ausführungen nach den ursprünglichen Figuren 4 und 5 entspreche, zum Zeitpunkt der Teilung Inhalt der Stammanmeldung 34 40 927.0 gewesen sei und in der Stammanmeldung jedenfalls die Ausführung nach der ursprünglichen Figur 1 verblieben sei. Das läût keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Das Bundespatentgericht hat sich für befugt gehalten, den Anspruch, mit dem die Patentinhaberin das Streitpatent verteidigt, umfassend daraufhin zu überprüfen, ob er gegenüber dem Inhalt der Patentanmeldung 34 40 927.0 unzulässig erweitert ist. Zwar sei das Bundespatentgericht nicht befugt, von Amts wegen erstmalig neue Widerrufsgründe in das Verfahren einzuführen, die nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt gewesen seien. Dies hindere das Bundespatentgericht aber grundsätzlich nicht daran, unter Wahrung des rechtlichen Gehörs innerhalb ein und desselben Widerrufsgrundes neue Tatsachen heranzuziehen und neue rechtliche Überlegungen anzustellen. Ebenso wie es bei der Prüfung der Patentfähigkeit den gesamten ihm bekannten Stand der Technik berücksichtigen könne
und nicht auf das den Beschluû der Patentabteilung tragende Material beschränkt sei, könne es im Einspruchsbeschwerdeverfahren im Rahmen des von der Patentabteilung festgestellten Widerrufsgrundes nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG weitere nicht ausdrücklich gerügte unzulässig erweiterte Merkmale zum Gegenstand seiner Entscheidung machen.
Die Rechtsbeschwerde meint demgegenüber, das Bundespatentgericht habe übersehen, daû die Patentabteilung nicht den gesetzlichen Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG angewendet habe, auch wenn diese Vorschrift unzutreffend als Grundlage der Entscheidung genannt sei. Die Patentabteilung habe gerade nicht festgestellt, daû der Gegenstand des erteilten Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Der Widerruf sei vielmehr darauf gestützt, daû das im Einspruchsverfahren neu eingefügte Merkmal "über eine Lagerung" in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart sei. Damit habe das Patentamt von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, bei einer Verteidigung des Patents in veränderter Fassung die Zulässigkeit der Änderungen zu überprüfen; der von ihm behandelte Widerrufsgrund habe sich daher auf eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents bezogen.
Diese Rüge hat keinen Erfolg.
Allerdings ist das Beschwerdegericht nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 128, 280, 292 f. - Aluminium-Trihydroxid; Beschl. v. 3.2.1998 - X ZB 6/97, GRUR 1998, 901, 902 - Polymermasse) im Einspruchsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht befugt, vom Einsprechenden innerhalb der Frist des § 59 Abs. 1 PatG nicht geltend gemachte und vom Patentamt nicht in
das Verfahren eingeführte Widerrufsgründe von Amts wegen aufzugreifen und den Widerruf des Patents hierauf zu stützen. Das stand der Entscheidung des Bundespatentgerichts jedoch nicht entgegen.
Die Beschränkung des Gegenstandes der gerichtlichen Prüfung auf die vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltend gemachten Widerrufsgründe ergibt sich aus der Funktion des Beschwerdegerichts im Rechtszug und seiner Bindung an den Streitgegenstand. Das Bundespatentgericht ist im Beschwerdeverfahren zur Nachprüfung und Änderung von Entscheidungen nur in dem Umfang befugt, in dem eine Nachprüfung beantragt wird (Sen.Beschl. v. 2.3.1993 - X ZB 14/92, GRUR 1993, 655, 656 - Rohrausformer). Im Streitfall hat die Patentabteilung das Patent widerrufen, da der "geltende Patentanspruch" , als den die Patentabteilung den von der Patentinhaberin verteidigten Anspruch angesehen hat, i.S.d. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG auf einen über den Inhalt der Anmeldung hinausgehenden Gegenstand gerichtet sei. Die Patentabteilung hat dies damit begründet, daû die Einfügung der Worte "über eine Lagerung" in den erteilten Anspruch über den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Unterlagen hinausgehe, denen der Fachmann nicht allgemein ein Lager, sondern ausschlieûlich ein Wälzlager zwischen den Schwungmassen entnehme. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Entscheidung der Patentabteilung hiernach nicht auf eine Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents durch den verteidigten Anspruch gestützt. Es kann dahinstehen , ob die Patentabteilung zunächst die Zulässigkeit der Änderung des Anspruchs hätte prüfen und in Anbetracht der - nach ihrem Standpunkt - unzulässigen Änderung die erteilte Fassung zum Gegenstand ihrer weiteren Untersuchung hätte machen müssen (in diesem Sinne Busse, Patentgesetz, 5. Aufl., § 21 Rdn. 107, § 83 Rdn. 42, 45; BPatGE 20, 133, 138; 29, 223, 226 für das
Gebrauchsmusterlöschungsverfahren; a.A. Hövelmann, GRUR 1997, 109, 110 f., und - für das Nichtigkeitsverfahren - wohl auch Schulte, PatG, 5. Aufl., § 81 Rdn. 62b). Nachdem die Patentabteilung so nicht verfahren ist, sondern den verteidigten Anspruch daraufhin untersucht hat, ob dieser Anspruch auf einen über den Inhalt der Anmeldung hinausgehenden Gegenstand gerichtet ist (der als erteilter Anspruch nach § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG zum Widerruf des Streitpatents führen müûte und mit dem das Patent daher nicht aufrechterhalten werden kann), hatte das Beschwerdegericht diese Entscheidung nachzuprüfen. Im Rahmen dieser Prüfung war das Bundespatentgericht nicht auf dasjenige Merkmal beschränkt, das die Patentabteilung als unzulässige Erweiterung angesehen hat, denn die Erweiterung bezieht sich stets auf den Anspruch als Ganzen.
3. Das Beschwerdegericht hat angenommen, der Durchschnittsfachmann habe den ursprünglichen Unterlagen die Lehre nach dem geltenden Patentanspruch 1 nicht entnehmen können. Denn in den ursprünglichen Unterlagen sei zum einen das Merkmal im Oberbegriff des Anspruchs 1, wonach die Relativverdrehung der Schwungmassen entgegen der Wirkung einer beliebigen Dämpfungseinrichtung erfolgen solle, sachlich nicht offenbart, zum anderen erlaubten sie nicht das Weglassen von zwingend zum Gegenstand der ursprünglichen Stammanmeldung gehörigen lösungswesentlichen Merkmalen im geltenden und auch schon erteilten Patentanspruch 1. Aus der Anmeldung ergebe sich für den Fachmann eine Drehmomentübertragungseinrichtung mit einer bestimmten baulichen Konzeption und einer speziellen Steuerung zur Veränderung bzw. Verringerung der Dämpfung, wenn die Reibungskupplung gelöst werde. Für diese Steuerung sei in den ursprünglichen Unterlagen ein Mechanismus offenbart, der nicht nur die Merkmale des kennzeichnenden Teils
des geltenden Patentanspruchs 1, sondern zugleich auch die axiale Verschiebbarkeit der die Reibungskupplung tragenden Schwungmasse (erteilter Anspruch 3) und die Reib- und Gleitverbindung (etwa erteilter Anspruch 12) in untrennbarer Weise umfasse.
Das beanstandet die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Das Bundespatentgericht hält das Merkmal, wonach die Schwungmassen entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbar sind, für in den ursprünglichen Unterlagen in dieser allgemeinen Weise nicht offenbart. Aus der ursprünglichen Beschreibung in Verbindung mit den Figuren gehe wie auch aus dem ursprünglichen Anspruch 31 hervor, daû die Dämpfungseinrichtung aus in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern bestehe und damit das Nominaldrehmoment übertragen werde. Die im ursprünglichen Anspruch 31 enthaltene Alternative, die statt der in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeicher Reib- oder Gleitmittel vorsehe, bilde nach dem Verständnis des Fachmanns zumindest beim abgetrennten Gegenstand keinen Ersatz für in Umfangsrichtung wirkende Kraftspeicher. Andere Ausführungsmöglichkeiten hinsichtlich der Übertragung des Nominaldrehmoments seien vom Fachmann nicht erkennbar.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Merkmal findet sich - abgesehen von der bereits von der Patentabteilung für unbedenklich angesehenen Einfügung des Wortes "relativ" - bereits in Anspruch 1 der zugrundeliegenden Anmeldung. Das Bundespatentgericht, das das nicht verkennt, meint, der ursprüngliche Patentanspruch 1 weise vorwiegend allgemeine dämpfungstechnische Wirkangaben auf und sei so weit gefaût, daû ein Bezug zu
der sich aus der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen ergebenden konkreten Lehre nicht ersichtlich sei und Anspruch 1 deshalb nicht als prinzipielle Verkörperung des Anmeldungsgegenstands verstanden werde. Dies gelte schon deswegen, weil im ursprünglichen Anspruch 1 die Reibungskupplung und das zugehörige Ausrücksystem nicht erwähnt würden, die aber für den im Streitpatent weiterzubildenden Gegenstand die entscheidende Grundlage bildeten.
Diese Erwägungen begründen die vom Bundespatentgericht angenommene unzulässige Erweiterung nicht. Das Bundespatentgericht zieht nicht in Zweifel, daû in den ursprünglichen Unterlagen eine Dämpfungseinrichtung aus in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern offenbart ist. Es zieht auch nicht in Zweifel, daû der Fachmann, als den das Bundespatentgericht rechtsfehlerfrei einen Hochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Dämpfungsvorrichtungen insbesondere in Verbindung mit Kraftfahrzeugkupplungen ansieht, hierin ein Mittel sieht, kraft dessen die Schwungmassen - in den Worten des verteidigten Anspruchs - entgegen der Wirkung einer Dämpfungseinrichtung relativ zueinander verdrehbar sind. Unter diesen - dem Rechtsbeschwerdeverfahren zugrundezulegenden - Voraussetzungen kann aber das sachlich unverändert aus Anspruch 1 der Anmeldung in Patentanspruch 1 übernommene Merkmal keine unzulässige Erweiterung darstellen, weil es nichts enthält, was nicht bereits Inhalt der Anmeldung gewesen wäre. Der Umstand, daû die Anmeldung nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts nur eine Ausführungsform "einer ganz bestimmten Baukonzeption" mit in Umfangsrichtung wirksamen Kraftspeichern (ausführbar) offenbart, steht dem nicht entgegen. Denn offenbart ist alles das, was in der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen schriftlich niedergelegt
ist und sich dem Fachmann ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschlieût (Sen., BGHZ 111, 21, 26 - Crackkatalysator I). Ein "breit" formulierter Anspruch ist unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung deshalb jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörig entnehmbar war.

b) Das Bundespatentgericht hat weiter festgestellt, der Fachmann entnehme den ursprünglichen Unterlagen eine Steuerung zur Veränderung bzw. Verringerung der Dämpfung, die nicht nur die Merkmale des kennzeichnenden Teils des geltenden Patentanspruchs 1, sondern zugleich auch die axiale Verschiebbarkeit der die Reibungskupplung tragenden Schwungmasse in untrennbarer Weise umfasse.
aa) Im einzelnen hat das Bundespatentgericht hierzu ausgeführt: In der Anmeldung werde die ferdernde Verspannung der Schwungmassen im Zusammenhang mit der Tellerfeder 34, dem Reibring 22 und der axialen Verlagerbarkeit der Schwungmasse 4 gegenüber der Schwungmasse 3 beschrieben. Im weiteren werde dort zur Funktionsweise ausgeführt, daû das durch den Reibring 22 erzeugte Reibmoment abnehme, wenn mit zunehmender Ausrückkraft die Vorspannung der Tellerfeder 34 allmählich kompensiert werde, und daû bei Überwindung der Vorspannung der Tellerfeder 34 diese verschwenkt und die Schwungmasse 4 um den Betrag X in Richtung der Schwungmasse 3 mit der
Folge verlagert werde, daû der Reibring 22 abhebe und keine Reibungsdämpfung mehr erzeugt werde. Die axial federnde Verspannung der Schwungmassen mit der entgegen der Betätigungskraft der Reibungskupplung wirkenden Vorspannkraft und die axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen sowie die Reib- und Gleitverbindung stellten eine Funktions- und Steuereinheit dar, die das allgemeine Lösungsprinzip verkörpere. In den ursprünglichen Unterlagen werde es bei der als Stand der Technik erörterten Drehmomentübertragungseinrichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift 28 26 274 als nachteilig angesehen, daû der radiale Flansch der Flanschhülse, die die drehbare Lagerung der Schwungmassen zueinander ermögliche, beim Betätigen der Reibungskupplung zwischen den Schwungmassen mit groûer Kraft verspannt werde, wodurch ein hohes Reibmoment zwischen den Schwungmassen auftrete und die Dämpfung beeinträchtige. Mit dem Patentgegenstand solle eine derart hohe Reib- und Dämpfungswirkung vermieden werden, wofür die axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen und die Reib- und Gleitverbindung unverzichtbare Bestandteile der offenbarten Steuerung seien.
bb) Das trägt die angefochtene Entscheidung.
Bis zum Beschluû über die Erteilung des Patents sind nach § 38 PatG Änderungen der in der Anmeldung enthaltenen Angaben zulässig, die den Gegenstand der Anmeldung nicht erweitern. Der Gegenstand der Anmeldung darf bei der Aufstellung des Patentanspruchs anders formuliert werden, und er darf beschränkt werden. Eine solche Änderung darf aber nicht zu einer Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung führen, und sie darf nicht dazu führen, daû an die Stelle der angemeldeten Erfindung eine andere gesetzt wird (Sen., BGHZ 66, 17, 29 - Alkylendiamine I; BGHZ 110, 123, 125 - Spleiûkammer). Der
Patentanspruch darf mithin nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, von dem der Durchschnittsfachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daû er von vornherein von dem Schutzbegehren umfaût sein soll (Sen.Urt. v. 21.9.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn; Sen.Beschl. v. 20.6.2000 - X ZB 5/99, GRUR 2000, 1015, 1016 - Verglasungsdichtung; v. 5.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm).
Das Bundespatentgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daû der Fachmann den in dem verteidigten - wie in dem erteilten - Patentanspruch bezeichneten Gegenstand den ursprünglichen Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörig entnehmen kann.
cc) Die Rechtsbeschwerde verweist allerdings zu Recht darauf, daû der Anmelder oder der Patentinhaber, wenn er nur noch für eine bestimmte Ausführungsform der angemeldeten Erfindung Schutz begehrt, nicht genötigt ist, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Anspruch aufzunehmen. Die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch ist zulässig, wenn dadurch die zunächst weiter gefaûte Lehre auf eine engere Lehre eingeschränkt wird und wenn das weitere Merkmal in der Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen war (Sen., BGHZ 111, 21, 25 - Crackkatalysator I; Beschl. v. 30.10.1990 - X ZB 18/88, GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze; Urt. v. 7.12.1999 - X ZR 40/95, GRUR 2000, 591, 592 - Inkrustierungsinhibitoren). Dienen mehrere in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, die je für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, hat es
der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränkt; in dieser Hinsicht können dem Patentinhaber keine Vorschriften gemacht werden (Sen., BGHZ 110, 123, 126 - Spleiûkammer).
Das bedeutet jedoch nicht, daû der Patentinhaber nach Belieben einzelne Elemente eines Ausführungsbeispiels im Patentanspruch kombinieren dürfte. Die Kombination muû vielmehr in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann; andernfalls wird etwas beansprucht , von dem der Durchschnittsfachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen kann, daû es von vornherein von dem Schutzbegehren umfaût sein soll, und das daher gegenüber der angemeldeten Erfindung ein aliud darstellt (Sen.Beschl. v. 23.1.1990 - X ZB 9/89, GRUR 1990, 432, 434 - Spleiûkammer [insoweit nicht in BGHZ]).
dd) Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Bundespatentgerichts umfaût die Angabe im verteidigten Patentanspruch , daû die Schwungmassen durch einen Kraftspeicher axial zueinander federnd verspannt sind, aus der Sicht des Fachmanns nicht notwendigerweise eine axiale Verlagerbarkeit der Schwungmassen als ungeschriebenen Bestandteil der technischen Lehre des Anspruchs. Vom Anspruch umfaût ist daher auch eine Ausführungsform, bei der die Schwungmassen axial federnd verspannt sind, ohne axial verlagerbar zu sein. Nach den weiteren Ausführungen des Beschwerdegerichts konnte der Fachmann der Anmeldung axial federnd verspannte Schwungmassen jedoch nur im Zusammenhang mit einer gleichzeitigen axialen Verschiebbarkeit dieser Schwungmassen entnehmen. Das
Bundespatentgericht hat insoweit auf die dem Fachmann in der Beschreibung erläuterte Funktion der axial federnde Verspannung der Schwungmassen für deren axiale Verlagerung und die Bedeutung dieser Verlagerung für die Lösung des der Anmeldung zugrundeliegenden Problems abgestellt. Diese Ausführungen , die das Bundespatentgericht noch zusätzlich darauf hätte stützen können, daû die axiale Verspannung der Schwungmassen auch im allgemeinen Teil der Beschreibung und in den in der Anmeldung formulierten Ansprüchen nur als Ausführungsform axial verlagerbarer Schwungmassen angesprochen ist, sind als tatrichterliche Feststellungen, gegen die durchgreifende Rechtsbeschwerdegründe nicht erhoben sind, für das Rechtsbeschwerdeverfahren bindend (§ 107 Abs. 2 PatG).
ee) Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, diesen Feststellungen lägen unzutreffende Maûstäbe zugrunde.
Zu Unrecht sieht sie solche in der Bemerkung des Bundespatentgerichts , für den Fachmann seien aus der Anmeldung auch keine anderen Ausführungsformen erkennbar, die die Offenbarung der im geltenden Anspruch 1 angegebenen Lösung rechtfertigen könnten. Damit hat das Bundespatentgericht nicht zum Ausdruck gebracht, nur bei einem solchen (weiteren) Ausführungsbeispiel könne die beanspruchte Lösung als offenbart gelten.
Unbegründet ist auch die Rüge, das Bundespatentgericht habe angenommen , Rechte aus dem Streitpatent könnten "(selbstverständlich) nur im Sinne des in der Beschreibung offenbarten Ausführungsbeispiels geltend gemacht werden". An der angegebenen Stelle hat das Bundespatentgericht vielmehr - zutreffend - ausgeführt, Mängel im geltenden Anspruch 1 hinsichtlich
der ursprünglichen Offenbarung könnten nicht, wie von der Patentinhaberin eingeworfen worden sei, dadurch kompensiert werden, daû das Streitpatent (selbstverständlich) nur im Sinne des in der Beschreibung offenbarten Ausführungsbeispiels gegenüber Dritten geltend gemacht werden könne; dafür biete das Patentrecht keine Handhabe.
Nicht unbedenklich sind hingegen zwar die Ausführungen des Beschwerdegerichts , die Abstraktion des konkreten Gegenstandes dürfe nicht zu einer unbestimmten und diffusen Aussage oder Anweisung führen, die eine klare Vorstellung vom Wesen des ursprünglich offenbarten Anmeldungsgegenstandes nicht mehr vermittele und über die ursprüngliche Offenbarung in unzulässiger Weise hinausgehe, was im Streitfall ersichtlich der Fall sei, da wesentliche Elemente der Steuerung nicht im Hauptanspruch angegeben würden und für das Lösungsprinzip die steuernden und zu steuernden Mittel oder Vorrichtungen unverzichtbar seien. Es ist jedoch weder von der Rechtsbeschwerde dargelegt noch sonst erkennbar, inwiefern die Feststellungen zum Verständnis des Fachmanns vom Inhalt der Anmeldung hierdurch beeinfluût sein könnten.
ff) Wenn das Bundespatentgericht aus den zu dd) genannten Feststellungen abgeleitet hat, ein Anspruch, der nur die axial federnde Verspannung der Schwungmassen und den der Ausrückkraft der Reibkupplung entgegenwirkenden Kraftspeicher zur Kennzeichnung der Lösung anführe, sei "aus Offenbarungsgründen nicht statthaft" und führe zu einer sich dem Fachmann aus den ursprünglichen Unterlagen nicht erschlieûenden und deshalb unzulässigen Teil- oder Unterkombination, hat es nach alledem entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht unzulässig Fragen zum Anspruch auf Erteilung des Patents mit solchen aus dem Recht der Patentverletzung vermengt. Es hat
vielmehr zutreffend darauf abgestellt, daû der verteidigte Anspruch auf eine Kombination von Merkmalen gerichtet sei, die dem Fachmann nach seinen Feststellungen in der dem Streitpatent zugrundeliegenden Anmeldung nicht als zur Erfindung gehörende Kombination offenbart wird.

c) Hiernach kommt es nicht mehr darauf an, ob das Bundespatentgericht auch rechtsfehlerfrei festgestellt hat, nach der Ursprungsoffenbarung gehöre ebenso die Reib- und Gleitverbindung, wie sie etwa im erteilten Anspruch 12 angegeben sei, zu dem erfindungsgemäûen Steuerungsmechanismus, wogegen sprechen könnte, daû eine solche Verbindung in der Beschreibung (S. 17) lediglich als vorteilhaft bezeichnet ist.
4. Das Bundespatentgericht hat den Antrag zurückgewiesen, die Rückzahlung der Gebühren für die abgetrennte Anmeldung 34 48 593.7 anzuordnen. Insoweit ist die Rechtsbeschwerde ohne Begründung geblieben und deswegen als unzulässig zu verwerfen (§§ 102, 104 PatG).
III. Eine mündliche Verhandlung hat der Senat nicht für erforderlich gehalten (§ 107 Abs. 1 PatG).
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Meier-Beck

(1) Eine Erfindung ist zur Erteilung eines Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt anzumelden.

(2) Die Anmeldung kann auch über ein Patentinformationszentrum eingereicht werden, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt dazu bestimmt ist, Patentanmeldungen entgegenzunehmen. Eine Anmeldung, die ein Staatsgeheimnis (§ 93 Strafgesetzbuch) enthalten kann, darf bei einem Patentinformationszentrum nicht eingereicht werden.

(3) Die Anmeldung muß enthalten:

1.
den Namen des Anmelders;
2.
einen Antrag auf Erteilung des Patents, in dem die Erfindung kurz und genau bezeichnet ist;
3.
einen oder mehrere Patentansprüche, in denen angegeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll;
4.
eine Beschreibung der Erfindung;
5.
die Zeichnungen, auf die sich die Patentansprüche oder die Beschreibung beziehen.

(4) Die Erfindung ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

(5) Die Anmeldung darf nur eine einzige Erfindung enthalten oder eine Gruppe von Erfindungen, die untereinander in der Weise verbunden sind, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Form und die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung zu erlassen. Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(7) Auf Verlangen des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Anmelder den Stand der Technik nach seinem besten Wissen vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben und in die Beschreibung (Absatz 3) aufzunehmen.

(8) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Hinterlegung von biologischem Material, den Zugang hierzu einschließlich des zum Zugang berechtigten Personenkreises und die erneute Hinterlegung von biologischem Material zu erlassen, sofern die Erfindung die Verwendung biologischen Materials beinhaltet oder sie solches Material betrifft, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und das in der Anmeldung nicht so beschrieben werden kann, daß ein Fachmann die Erfindung danach ausführen kann (Absatz 4). Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

Insofern nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Rechtskraft der in dem Hauptprozess erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirksamkeit ist, gilt der Nebenintervenient im Sinne des § 61 als Streitgenosse der Hauptpartei.