Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2008 - VIII ZR 205/05

bei uns veröffentlicht am29.10.2008
vorgehend
Landgericht Berlin, 101 O 1/02, 26.02.2003
Kammergericht, 23 U 61/03, 11.08.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 205/05 Verkündet am:
29. Oktober 2008
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Anspruch des Tankstellenhalters gegenüber dem Mineralölunternehmen auf Erteilung
eines Buchauszugs ist erfüllt, wenn die von ihm selbst erstellten Kassenjournale
chronologisch geordnet für jedes provisionspflichtige Geschäft in einem Abschnitt
zusammengefasst alle Angaben enthalten, die nach der mit dem Mineralölunternehmen
getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von
Bedeutung sind.
BGH, Urteil vom 29. Oktober 2008 - VIII ZR 205/05 - KG Berlin
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Wolst sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. August 2005 aufgehoben und das Teilurteil der Kammer für Handelssachen 101 des Landgerichts Berlin vom 26. Februar 2003 abgeändert, soweit hinsichtlich des Anspruchs auf Buchauszug zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Klage wird wegen des Anspruchs auf Buchauszug insgesamt abgewiesen. Die Entscheidung über die Kosten der ersten beiden Rechtszüge bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war aufgrund eines Tankstellenverwaltervertrages von 1996, in den er zu Beginn des Jahres 1997 anstelle seiner Ehefrau eingetreten war, bis zur fristlosen Kündigung durch die Beklagte zum 30. Juni 1999 Halter einer Selbstbedienungstankstelle der Beklagten in R. .
2
Nach dem Vertrag steht dem Kläger für den Verkauf von Kraftstoff eine mengenabhängige Provision zu (§ 6 Nr. 1 des Vertrags), die für die Auslieferung von Dieselkraftstoff an Direktkunden der Beklagten (unter anderem DKV, UTA, PAN) reduziert ist (§ 6 Nr. 2 des Vertrags). Für Schmierstoffverkäufe erhält er die Differenz zwischen Verbraucher- und Wiederverkäufer-Netto-Preisen nach jeweils gültigen Preislisten der Beklagten (§ 6 Nr. 3 des Vertrags). Nach einem Vertragsnachtrag (Waschanlagen- und SB-Boxen-Vereinbarung) vom 9. Juli 1998 werden seine Leistungen und alle aus dem Betrieb der Waschanlage entstehenden Kosten durch eine Provision in Höhe der Netto-Umsätze abzüglich eines Betrags von 2,50 DM netto pro Wäsche zuzüglich Mehrwertsteuer abgegolten (Nr. 7.1 des Vertragsnachtrags).
3
Der Kläger macht einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB in Höhe von 134.156,11 € geltend und verlangt im Wege der Stufenklage Abrechnung der von ihm im letzten Vertragsjahr vermittelten provisionspflichtigen Verkäufe, Erteilung eines Buchauszugs über die abzurechnenden Geschäfte sowie Zahlung rückständiger Provision und weiteren Ausgleichs in einer nach Erteilung der Abrechnung noch zu beziffernden Höhe.
4
Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 26. Februar 2003 die Beklagte zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt mit der Maßgabe, dass dieser mindestens folgende Angaben enthalten müsse: bei den Treibstoffverkäufen eine Auflistung der verkauften Treibstoffmengen unter Angabe des Tages und mit gesonderter Kennzeichnung, welche Geschäftsvorfälle über die Kreditkartensysteme UTA, PAN und DKV abgerechnet worden seien; bei den Schmierstoffverkäufen eine Auflistung der verkauften Schmierstoffe unter Angabe der Sorte, der Menge und des Tages; beim Waschgeschäft eine Auflistung der Anzahl der Geschäftsvorfälle unter Angabe des Tages oder Monats und der jeweiligen Netto -Umsätze. Hinsichtlich des Anspruchs auf Provisionsabrechnung und des weitergehenden Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs sowie hinsichtlich des bezifferten Ausgleichsanspruchs hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
5
Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Teilurteil des Landgerichts wegen des bezifferten Ausgleichsanspruchs aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Berufung der Beklagten, mit der diese die vollständige Abweisung der Klage wegen des Buchauszugs weiterverfolgt und im Wege der Hilfswiderklage begehrt hat, den Kläger zu verurteilen , die Kassenjournalausdrucke der von ihm an der Tankstelle verwendeten Kassen aus der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 an sie herauszugeben , hat es zurückgewiesen. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage, soweit sie die Erteilung eines Buchauszugs betrifft.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit dies für die Revisionsinstanz noch von Interesse ist, ausgeführt:
8
Die Beklagte wende sich vergeblich gegen ihre Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB. Ihr Einwand, der Unternehmer könne nicht zu Angaben verurteilt werden, die er nicht machen könne, gehe fehl, weil der Anspruch auf einen Buchauszug immer nur auf das gehe, was sich aus den Büchern des Unternehmers zum Zeitpunkt der Ausstellung des Buchauszuges über die Geschäfte, für die dem Handelsvertreter Provision zustehe , ergebe. Soweit das Landgericht die Aufnahme näher bestimmter Angaben in den Buchauszug gefordert habe, stehe die Verurteilung deshalb unter dem Vorbehalt, dass sich diese Angaben aus den Büchern der Beklagten ergäben.
9
Auch der Einwand der Beklagten, der Kläger habe mit den auf der Station angefallenen Belegen, aus denen sich alles für die Provisionsberechnung Nötige ergebe, einen Buchauszug bereits (gehabt), der Buchauszug sei damit in Form eines Urbelegs schon mit allen Detailangaben durch den Kläger selbst für die Beklagte erstellt worden, überzeuge nicht. Denn damit wisse der Kläger nicht, was sich aus den Büchern der Beklagten ergebe, insbesondere dann nicht, wenn er die Unterlagen nicht oder nicht vollständig aufbewahrt habe.
10
Die Hilfswiderklage der Beklagten sei unzulässig, da sie nicht auf Tatsachen gestützt werden könne, die der Senat der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nach § 529 ZPO zugrunde zu legen habe (§ 533 Nr. 2 ZPO).

II.

11
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision, die sich nur gegen die Zuerkennung eines Anspruchs aus § 87c Abs. 2 HGB richtet, nicht stand. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB nicht zu.
12
1. Dabei kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht – wie die Revision meint – im Erkenntnisverfahren Feststellungen zu dem Einwand der Beklagten hätte treffen müssen, es sei ihr nicht möglich, die nach dem landgerichtlichen Urteil geschuldeten Angaben zu machen (§ 275 Abs. 1 BGB), weil die Daten in ihrem Hause nicht mehr vorhanden, sondern bei einem anderen Unternehmen archiviert seien, von dem sie sich inzwischen getrennt habe, und weil zudem kein Programmierer mehr verfügbar sei, der die in einem Spezialformat archivierten Datensätze wieder reaktivieren könnte. Darauf kommt es nicht an.
13
2. Denn der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs ist bereits durch Erfüllung untergegangen (§ 362 Abs. 1 BGB).
14
Der Buchauszug dient dem Zweck, dem Handelsvertreter die Möglichkeit zu verschaffen, Klarheit über seine Provisionsansprüche zu gewinnen und die vom Unternehmer erteilte Abrechnung zu überprüfen. Aus diesem Grund muss der Buchauszug eine vollständige, geordnete und übersichtliche Darstellung aller – sich im Zeitpunkt seiner Aufstellung aus den Büchern des Unternehmers ergebenden – Angaben enthalten, die für die Provision von Bedeutung sind, die der Handelsvertreter mithin zur Überprüfung der Provisionsansprüche benötigt (Senatsurteile vom 21. März 2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333, unter II; vom 20. September 2006 – VIII ZR 100/05, WM 2007, 177 = NJW-RR 2007, 246, Tz. 17).
15
Welche Angaben über die Geschäfte für die Provision des Handelsvertreters im Einzelfall relevant sind, hängt von der zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer geltenden Provisionsregelung ab (Senatsurteil vom 21. März 2001, aaO). Diese ergibt sich in erster Linie aus der zwischen ihnen getroffenen Provisionsvereinbarung und aus den zwingenden gesetzlichen Regelungen (§ 87a Abs. 2 bis 4 HGB) sowie, soweit eine besondere Vereinbarung nicht getroffen wurde, aus den dispositiven gesetzlichen Vorschriften (§§ 87, 87a, 87b HGB).
16
Die Revision macht unter Hinweis auf entsprechenden Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz zu Recht geltend, dass der Kläger alle danach in einen Buchauszug aufzunehmenden Informationen mit den von ihm selbst erstellten Kassenjournalen in der gebotenen Form bereits erhalten hat.
17
a) In den Kassenjournalen, die die Beklagte als Anlage BB 1 zum Schriftsatz vom 28. Mai 2003 in der Berufungsinstanz beispielhaft vorgelegt hat, sind die Geschäftsvorfälle in chronologischer Reihenfolge aufgelistet. Dabei sind zu jedem Geschäftsvorfall alle Angaben enthalten, die der Kläger zur Berechnung seiner Provision benötigt bzw. die ihm nach der Auffassung des Berufungsgerichts im Wege eines Buchauszugs noch zur Verfügung gestellt werden sollen.
18
aa) Zu den Kraftstoffverkäufen sind angegeben: Datum und Uhrzeit des Geschäftsvorfalls, die Art des Kraftstoffs (Normal bleifrei, Super bleifrei, Super plus, Diesel), der Preis pro Liter Kraftstoff für den Kunden, die Tankmenge, der vom Kunden gezahlte Gesamtpreis und die Zahlungsart (bar, Stationskredit, EC mit Kontodaten und Verfalldatum, Kreditkarte einschließlich Namen des Kreditkartenunternehmens , Kartennummer, Verfalldatum und Namen des Kunden). In den als Beispiel zu den Akten gereichten Kassenjournalen findet sich zwar kein Geschäftsvorfall, bei dem DKV-, UTA- oder PAN-Karten zum Einsatz gekommen sind. Nach dem Vortrag der Beklagten werden aber alle, also auch diese Kartentypen als Zahlungsart in den Kassenjournalen ausgewiesen. Mit den genannten Angaben ist der Kläger ohne weiteres in der Lage, die Abrechnung der mengenabhängigen Provision für Kraftstoffverkäufe einschließlich der Provisionsminderung für Auslieferungen an DKV-, UTA- und PAN-Kartenkunden gemäß § 6 Nr. 1 und 2 des Tankstellenverwaltervertrags rechnerisch nachzuvollziehen und zu überprüfen.
19
bb) Hinsichtlich der Schmierstoffverkäufe sind in den Kassenjournalen angegeben: Datum und Uhrzeit des Umsatzes, eine Kurzbezeichnung der verkauften Sorte (z. B. COM 10W-40, Getriebeöl), der Bruttopreis pro Liter, die Abgabemenge, der vom Kunden gezahlte Bruttoendpreis und – wie bei den Kraftstoffverkäufen – die Zahlungsart. Damit verfügt der Kläger über die Angaben , die er zur Kontrolle der Provisionsabrechnung anhand der Preislisten der Beklagten für Schmierstoffverkäufe entsprechend § 6 Nr. 3 des Tankstellenverwaltervertrags benötigt. Die Preislisten als solche hat der Kläger nach den – durch das Berufungsgericht in Bezug genommenen – tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts erhalten.
20
cc) Die Waschvorgänge sind in den Kassenjournalen mit Datum und Uhrzeit , Stückzahl und Bruttoendpreis pro Waschvorgang erfasst. Es fehlt zwar die unmittelbare Angabe des Netto-Umsatzes, der nach Nr. 7.1 des Vertragsnachtrags die Grundlage für die Provisionsberechnung im Waschgeschäft bildet. Dieser lässt sich jedoch aus dem Bruttoendpreis ohne weiteres errechnen, so dass der Kläger auch mit den Angaben zum Waschgeschäft in der Lage ist, die ihm zustehende Provision zu berechnen bzw. die Abrechnung durch die Beklagte zu überprüfen.
21
b) Angesichts dieser detaillierten Angaben geht der Einwand der Revisionserwiderung ins Leere, die Beklagte habe nicht dargetan, dass die vom Kläger angeblich erstellten Kassenjournale alle Angaben enthielten, die ein Buchauszug aufweisen müsse, und es fehle an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, aufgrund welcher tatsächlichen Gegebenheiten der Kläger bereits über den von ihm begehrten Buchauszug verfüge. Dass die Kassenjournale, die der Kläger mit dem von ihm verwendeten Kassensystem erstellt hat, einen anderen Inhalt oder einen anderen Aufbau hätten als die von der Beklagten als Beispiel vorgelegten Kassenjournale, macht die Revisionserwiderung nicht geltend. Sie zeigt auch keinen Tatsachenvortrag des Klägers auf, aus dem sich ergäbe, dass in den Kassenjournalen des Klägers für die Provisionsberechnung relevante Angaben fehlten, die nach dem Vortrag der Beklagten darin enthalten sein sollten.
22
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Kassenjournale als Buchauszug nicht deshalb ungenügend, weil der Kläger nicht weiß, was sich aus den Büchern der Beklagten ergibt. Welche weiteren für die Berechnung der Provision erforderlichen Informationen dies sein könnten, ist nicht ersichtlich (vgl. Seetzen, WM 1985, 213, 215). Die dafür maßgeblichen Geschäfte wurden allein von dem Kläger abgeschlossen und durchgeführt. Sämtliche Einzelheiten dazu, sowohl den Gegenstand der Geschäfte als auch die Zahlung der Kunden betreffend, können der Beklagten nur von dem Kläger selbst aufgrund der von ihm erhobenen Daten zugeleitet worden sein. Dass er dabei mehr oder andere Daten weitergegeben hätte, als für ihn selbst aus den Kassenjournalen erkennbar sind oder jedenfalls waren, macht die Revisionserwiderung nicht geltend.
23
c) Anders als die Revisionserwiderung meint, genügen die Kassenjournale auch den Anforderungen, die hinsichtlich der Ordnung und der Übersichtlichkeit an einen Buchauszug zu stellen sind. Die Kassenjournale zeichnen sich dadurch aus, dass darin alle für einen Geschäftsvorfall relevanten Angaben in unmittelbarem Zusammenhang aufgeführt sind und die einzelnen Geschäftsvorfälle chronologisch erfasst sind. Zu einer weitergehenden Auswertung und Zusammenstellung der Angaben nach der Art der Geschäfte (Kraftstoffverkäufe allgemein, Dieselkraftstoffverkäufe an Direktkunden der Beklagten, Schmierstoffverkäufe , Waschgeschäft), wie sie der Kläger anstrebt, ist die Beklagte nach § 87c Abs. 2 HGB im Rahmen der Erteilung eines Buchauszugs nicht verpflichtet.
24
Der Handelsvertreter braucht sich zwar nicht darauf verweisen zu lassen, ihm übersandte Unterlagen selbst chronologisch zu ordnen und aufzubewahren , um sich daraus die für die Nachprüfung der Provisionsabrechnungen erforderlichen Informationen zusammenzusuchen (Senatsurteil vom 20. September 2006, aaO, Tz. 19). Ebenso wenig kann ihm angesonnen werden, Daten, die für ihn in dem Computersystem des Unternehmers nur vorübergehend zugänglich sind, weil es nur den jeweils aktuellen Stand der fraglichen Daten wiedergibt, zu "fixieren" und zu sammeln, um einen Gesamtüberblick zu gewinnen (Senatsurteil vom 20. September 2006, aaO, Tz. 20).
25
Dessen bedarf es jedoch aufgrund der Kassenjournale nicht. Damit verfügt der Tankstellenhalter vielmehr bereits chronologisch geordnet für jedes Geschäft über sämtliche Angaben zusammengefasst auf dem entsprechenden Abschnitt des Journals (OLG München, OLGR 2007, 387, 388; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 – VIII ZR 39/06), ohne dass es von seiner Seite einer weiteren Sortierung und/oder Zuordnung von Einzelinformationen zu den jeweiligen Geschäften bedarf. Insofern gilt für Kassenjournale nichts anderes als für Provisionsabrechnungen , die einen Buchauszug ersetzen können, wenn sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum – bzw. über den Zeitraum, für den der Buch- auszug begehrt wird – erstrecken und entweder alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Angaben enthalten oder der Unternehmer mit ihrer Überlassung alle Angaben macht, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich sind (Senatsurteil vom 21. März 2001, aaO, unter II 4 m.w.N.).
26
d) Die Kassenjournale unterscheiden sich nur insofern von dem Regelfall eines Buchauszugs, als der Tankstellenhalter sie nicht erst "bei der Abrechnung" (§ 87c Abs. 2 HGB) durch das Mineralölunternehmen (oder danach) erhält , sondern schon vorher darüber verfügt. Das ist jedoch Folge der Besonderheit im Tankstellenverwalterverhältnis, dass das Mineralölunternehmen eine Provisionsabrechnung nur aufgrund der von dem Tankstellenhalter erfassten und ihm übermittelten Geschäftsdaten erstellen kann. Die Vorschrift des § 87c Abs. 2 HGB geht dagegen erkennbar von der Situation aus, dass die Informationen über die für den Provisionsanspruch maßgeblichen Umstände infolge des eigenen Abschlusses und/oder der eigenen Durchführung des den Anspruch auslösenden Geschäfts durch den Unternehmer nur diesem bekannt sind und sich die Kenntnisse des Handelsvertreters darüber auf dasjenige beschränken, was ihm vom Unternehmer zu dem Geschäft mitgeteilt worden ist (Begründung zum Regierungsentwurf des HGB, in: Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, Halbbd. 1, 1987, S. 60; Senatsurteil vom 21. März 2001, aaO, unter II 2 a).
27
Nach dem Zweck der Vorschrift ist es deshalb nicht geboten, dass dem Tankstellenhalter die von ihm selbst erhobenen und an das Mineralölunternehmen weitergeleiteten Daten nach oder bei der Provisionsabrechnung von diesem erneut zur Verfügung gestellt werden, wenn sie ihm – wie hier – in einer Form, die den Ansprüchen an einen Buchauszug genügt, bereits vorliegen. Da über die Provisionen mangels anderweitiger Vereinbarungen monatlich, spätestens zum Ende des nächsten Monats, von dem Unternehmer abzurechnen ist (§ 87c Abs. 1 HGB) und die Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts , auf die das Berufungsgericht verwiesen hat, auch tatsächlich monatlich Abrechnungen erteilt hat, war dem Kläger – unabhängig von einer etwaigen gesetzlichen Aufbewahrungspflicht gemäß §§ 257 ff. HGB – vielmehr zuzumuten , die Kassenjournale jedenfalls bis zur jeweiligen Abrechnung durch die Beklagte aufzubewahren, um diese anhand der in den Kassenjournalen zusammengefassten Informationen über die einzelnen Geschäftsvorfälle überprüfen zu können.
28
e) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er über die Kassenjournale jetzt nicht mehr oder nicht mehr vollständig verfügt. Der Anspruch auf einen Buchauszug entsteht nicht erst bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses , sondern wird bei der Abrechnung fällig (§ 87c Abs. 2 HGB). Der Buchauszug kann daher ebenso wie die Abrechnung zeitabschnittsweise erteilt werden und braucht weder den gesamten Vertragszeitraum noch das letzte Vertragsjahr auf einmal zu umfassen. Damit ist der Anspruch auf einen Buchauszug für den entsprechenden Zeitabschnitt gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, ohne dass es noch darauf ankommt, ob oder wie lange der Handelsvertreter die von dem Unternehmer übermittelten Angaben zu den provisionsrelevanten Umständen aufbewahrt. Entsprechendes gilt für die Kassenjournale. Soweit der Anspruch auf einen Buchauszug damit erfüllt ist, kann der Tankstellenhalter nicht bei Beendigung des Vertrages erneut einen Buchauszug fordern, auch nicht zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs.
29
Hier haben dem Kläger mit den Kassenjournalen tageweise die in einen Buchauszug aufzunehmenden Informationen in der dafür erforderlichen Form zur Verfügung gestanden. Anhand dieser Informationen hätte er die Monatsabrechnungen der Beklagten kontrollieren können. Dass er die Journale ohne vorherige Überprüfung der Abrechnungen beseitigt hat oder sie ihm abhanden gekommen sind, begründet keinen – erneuten – Anspruch auf einen Buchauszug.

III.

30
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben und ist aufzuheben , soweit hinsichtlich des Anspruchs auf Buchauszug zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf und die Sache deshalb zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung der Beklagten ist das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Buchauszug insgesamt abzuweisen. Ball Wiechers Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger
Vorinstanzen:
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(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 100/05 Verkündet am:
20. September 2006
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der die
Provisionsabrechnungen des Unternehmers als anerkannt gelten, wenn der Handelsvertreter
nicht innerhalb einer bestimmten Frist Widerspruch erhebt, ist wegen
Verstoßes gegen § 87c HGB unwirksam (Bestätigung von BGH, Urteil vom
20. Februar 1964 - VII ZR 147/62, LM Nr. 4a zu § 87c HGB).

b) Der Unternehmer genügt seiner Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszugs
nicht bereits dadurch, dass er dem Handelsvertreter während der Vertragslaufzeit
den Zugriff auf ein elektronisches Agenturinformationssystem ermöglicht, das jeweils
nur den aktuellen Stand der provisionsrelevanten Daten wiedergibt und aus
dem sich ein Gesamtüberblick über den Zeitraum, auf den sich der Buchauszug
zu erstrecken hat, allenfalls dadurch gewinnen ließe, dass der Handelsvertreter
die nur vorübergehend zugänglichen Daten "fixiert" und sammelt.
BGH, Urteil vom 20. September 2006 - VIII ZR 100/05 - OLG Köln
LG Köln
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Wolst, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 19. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Köln vom 23. März 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von dem beklagten Versicherungsunternehmen im Wege einer Stufenklage die Erteilung eines Buchauszugs, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit und Zahlung einer danach zu berechnenden Provision.
2
Er war für die Beklagte seit 1985 als selbständiger Versicherungsvertreter tätig, zuletzt aufgrund eines schriftlichen Vertretungsvertrages vom 3. September 1993/27. Oktober 1993. Die Beklagte erklärte unter dem 23. März 2003 die fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses.
3
In Ziffer 5.2. des Vertretungsvertrages ist bezüglich der Provisionsabrechnung folgendes vereinbart: "5.2. Provisions-Abrechnung/Kontensalden-Abstimmung Die gemäß den in Ziffer 5.1. erwähnten Provisionsbestimmungen gutgeschriebenen Provisionen werden monatlich an den Vertreter ausgezahlt bzw. überwiesen, soweit keine andere Vereinbarung getroffen wurde. Zum Nachweis der Gutschriften bzw. Belastungen erhält der Vertreter Kontoauszüge sowie Provisions- und Inkasso-Listen. (Sie dienen auch gegenüber dem Finanzamt als Einkommensnachweis.

)

Die auf den dem Vertreter übermittelten Kontoauszügen ausgewiesenen Belastungen und die dort ausgewiesenen Salden gelten als vom Vertreter ausdrücklich anerkannt, falls er nicht innerhalb von 4 Wochen ab Erhalt des Kontoauszuges hiergegen Widerspruch erhebt. Der Vertreter ist verpflichtet, sich um den Erhalt eines Kontoauszuges selbst zu bemühen, falls er feststellen muss, dass ihm ein bestimmter Kontoauszug nicht zugegangen ist. Der Vertreter ist darüber hinaus verpflichtet, am Ende eines Kalenderhalbjahres ein ausdrückliches Saldo-Anerkenntnis dadurch abzugeben, dass er den letzten Kontoauszug und den darin ausgewiesenen Saldo durch namentliche Unterschrift ausdrücklich gegenzeichnet. Unterlässt er dies ohne Angabe von Gründen, so gilt der Saldo als stillschweigend anerkannt."
4
Die Beklagte stellte dem Kläger zur Abrechnung der Provisionsansprüche 14-tägig Kontoauszüge zur Verfügung, denen die Provisionsbewegungen zu entnehmen waren, ferner alle drei Wochen Mahnlisten mit einer Auflistung sämtlicher von Prämienrückständen betroffenen Verträge. Außerdem hatte der Kläger während der Vertragslaufzeit von der EDV-Anlage seiner Agentur aus Zugang zum EDV-Agenturinformationssystem der Beklagten.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert, die Beklagte zur Erteilung eines Buchauszugs für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 25. März 2003 verurteilt und den Rechtsstreit hinsichtlich der weitergehenden Anträge an das Landgericht zurückverwiesen.
6
Mit der vom Senat zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
9
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs für den ausgeurteilten Zeitraum aufgrund §§ 87c Abs. 2, 92 Abs. 2 HGB zu.
10
Eine Erfüllung dieses Anspruchs sei weder durch die Übersendung von Kontoauszügen und Mahnlisten noch dadurch eingetreten, dass dem Kläger während der Vertragslaufzeit der Zugang zu dem Agenturinformationssystem ("C. -System") der Beklagten gewährt worden sei.
11
Die dem Kläger schriftlich übersandten Unterlagen würden dem Erfordernis einer geordneten, klaren und übersichtlichen Darstellung nicht gerecht. Überdies könne auch nicht festgestellt werden, dass die übersandten Informationen vollständig seien, insbesondere was Angaben zu Stornogründen und zur jeweiligen Art der ergriffenen Erhaltungsmaßnahmen sowie schwebende Geschäfte betreffe.
12
Der Zugriff auf das C. -System sei einem herkömmlichen Buchauszug schon deshalb nicht vergleichbar, weil er - jedenfalls für die Zeit bis September 2002 - es allenfalls ermöglicht habe, sich die jeweiligen Daten aus diversen Dateien "zusammenzusuchen", statt eine übersichtliche Darstellung zu verschaffen. Zudem habe der Kläger nach dem Ende des Vertragsverhältnisses auf das System keinen Zugriff mehr, während ihm ein herkömmlicher Buchauszug auch nach Vertragsende zur Überprüfung seiner Provisionsansprüche verbliebe.
13
Ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs sei auch nicht dadurch entfallen, dass der Kläger über viele Jahre keine Einwendungen gegen die Provisionsabrechnungen erhoben habe. Mangels eindeutigen Erklärungsinhaltes sei hierin weder ein stillschweigendes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf etwaige weitere Provisionen zu sehen. Ebenso wenig könne sich die Beklagte auf die in Ziffer 5.2. des Vertretungsvertrages enthaltene Anerkennungsklausel berufen. Diese Vertragsbestimmung sei wegen Verstoßes gegen §§ 87c Abs. 5, 92 HGB unwirksam.
14
Schließlich greife der von der Beklagten erhobene Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht durch. Dafür, dass der Kläger nur eine "formale Rechtsposition" einsetze, um von der Beklagten möglichst hohe Ausgleichsansprüche zu "erpressen", bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte. Ebenso wenig könne die Beklagte dem Begehren des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs entgegenhalten, dass dessen Erstellung für sie einen unverhältnismäßig hohen Aufwand verursache. Die Beklagte hätte sich bei der Organisation ihrer Buchführung vielmehr von vornherein darauf einstellen müssen, dass ein Buchauszug mit möglichst geringem eigenen Aufwand erstellt werden könne. Soweit durch organisatorische Versäumnisse in dieser Hinsicht ein erheblicher Arbeitsaufwand entstehen sollte, gehe das zu Lasten der Beklagten.

II.

15
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
16
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers aus § 87c Abs. 2 HGB bejaht. Diesen Anspruch hat die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision nicht bereits dadurch erfüllt, dass sie dem Kläger regelmäßig Abrechnungen und Kontoauszüge übersandt und ihm während der Vertragsdauer Zugang zu ihrem elektronischen Agenturinformationssystem (C. -System) gewährt hat.
17
Der Buchauszug dient dem Zweck, dem Handelsvertreter die Möglichkeit zu verschaffen, Klarheit über seine Provisionansprüche zu gewinnen und die vom Unternehmer erteilte Abrechnung zu überprüfen. Aus diesem Grund muss der Buchauszug eine vollständige, geordnete und übersichtliche Darstellung aller Angaben enthalten, die für die Provision von Bedeutung sind, die der Handelsvertreter mithin zur Überprüfung der Provisionsansprüche benötigt (Senat, Urteil vom 21. März 2001 - VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333 unter II). Diesen Anforderungen werden, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, die von der Beklagten dem Kläger zur Verfügung gestellten Informationen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.
18
Die Beklagte hat schon nicht dargetan, dass sie in den dem Kläger übersandten Schriftstücken alle Angaben gemacht hat, die ein Buchauszug zu enthalten hat. Dazu gehören nach der Rechtsprechung des Senats unter anderem vollständige Angaben zu etwaigen Stornierungsgründen und zur Art der ergriffenen Erhaltungsmaßnahmen sowie die Aufnahme schwebender Geschäfte oder solcher, aus denen sich möglicherweise ein Provisionsanspruch ergeben kann (Urteil vom 21. März 2001 aaO unter II 2 c). Dass die Kontoauszüge und Mahnlisten, die dem Kläger regelmäßig übersandt worden sein sollen, und die im Einzelfall hinzukommenden Stornogefahrmitteilungen dazu alle erforderlichen Angaben enthielten, hat das Berufungsgericht anhand der von der Beklagten exemplarisch zu den Akten gereichten Schriftstücke nicht festzustellen vermocht. Diese tatrichterliche Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und ist daher der revisionsrechtlichen Nachprüfung zugrunde zu legen.
19
Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, dass die dem Kläger fortlaufend übersandten Unterlagen nicht geeignet sind, ihm eine einem ordnungsgemäßen Buchauszug vergleichbare geordnete und übersichtliche Darstellung aller provisionsrelevanten Daten zu verschaffen, und dass der Handelsvertreter sich nicht darauf verweisen lassen muss, die ihm übersandten Unterlagen selbst chronologisch zu ordnen und aufzubewahren, um sich daraus die für die Nachprüfung der Provisionsabrechnungen erforderlichen Informationen zusammenzusuchen.
20
Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , die Beklagte sei ihrer Verpflichtung, dem Kläger eine geordnete und übersichtliche Darstellung aller provisionsrelevanten Daten zu überlassen, auch nicht dadurch nachgekommen, dass sie dem Kläger während der Vertragslaufzeit den Zugriff auf ihr elektronisches Agenturinformationssystem C. ermöglicht habe. Dies folgt schon daraus, dass das C. -System der Beklagten nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nur den jeweils aktuellen Stand der fraglichen Daten wiedergibt. Ein Gesamtüberblick über den Zeitraum bis einschließlich August 2002 hätte sich daraus, wie auch die Revision nicht verkennt, allenfalls dadurch gewinnen lassen, dass der Kläger die nur vorübergehend zugänglichen Daten jeweils "fixiert" und gesammelt hätte. Darauf muss sich der Handelsvertreter indessen ebenso wenig verweisen lassen wie auf eine geordnete Aufbewahrung ihm übermittelter schriftlicher Unterlagen. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, für die Zeit seit September 2002 sei es mit Hilfe des C. -Systems möglich, einen Buchauszug "auf Knopfdruck" zu erstellen, steht dies dem Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs durch die Beklagte jedenfalls deswegen nicht entgegen, weil der Kläger nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts seit seinem Ausscheiden aus der Vertriebsorganisation der Beklagten keinen Zugriff mehr auf das System hat.
21
2. Frei von Rechtsfehlern ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nicht entgegenhalten , der Kläger habe die Provisionsabrechnungen - stillschweigend - anerkannt.
22
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Handelsvertreter zwar den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs aus § 87c Abs. 2 HGB als Grundlage für weitere Provisionsansprüche nicht mehr geltend machen , wenn er sich mit dem Unternehmer über die Abrechnung der Provisionen geeinigt hat (Senat, Urteil vom 29. November 1995 - VIII ZR 293/94, WM 1996, 309 = NJW 1996, 588 unter II 1 m.w.Nachw.). Ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit das Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, kann jedoch im Allgemeinen nicht aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters gefolgert werden; für eine Einigung über die Abrechnung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bedarf es vielmehr in der Regel einer eindeutigen Willenserklärung des Handelsvertreters (Senat aaO m.w.Nachw.). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesge- richtshofs, dass an die Annahme eines konkludent erklärten Verzichts grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind (z.B. Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 70/93 = WM 1994, 13 unter II 2 b; Urteil vom 22. Juni 1995 - VII ZR 118/94 = WM 1995, 1677 unter II 2 b bb). Deswegen ist allein in dem Umstand, dass der Kläger über mehrere Jahre hinweg die Abrechnungen der Beklagten widerspruchslos hingenommen hat, weder ein stillschweigend erklärtes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf weitere Provision für nicht durchgeführte Geschäfte zu sehen (vgl. Senat aaO).
23
Die jahrelange widerspruchslose Hinnahme der Provisionsabrechnungen der Beklagten durch den Kläger ist auch nicht deswegen als Anerkenntnis der Provisionsabrechnungen zu werten, weil dies in Ziffer 5.2. des Versicherungsvertretervertrages so vorgesehen ist. Denn diese Bestimmung ist wegen Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des § 87c HGB unwirksam. Der Annahme eines sich ständig wiederholenden negativen Schuldanerkenntnisses des Handelsvertreters durch Schweigen auf die Provisionsabrechnungen des Unternehmers stehen die dem Schutz des meist wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreters dienenden §§ 87a Abs. 5, 87c Abs. 5 HGB entgegen (Senat aaO unter II 2). Denn diese Annahme führt ebenfalls zu einer gegen die genannten Bestimmungen verstoßenden Beschränkung der Ansprüche des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs und Zahlung von Provision für die Zukunft. Sie nötigt ihn, Abrechnungen des Unternehmers künftig zu widersprechen , um insoweit ein (sich ständig wiederholendes) negatives Schuldanerkenntnis zu vermeiden. Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat und auch die Revision nicht verkennt, hat der Bundesgerichtshof deshalb eine Vereinbarung zwischen Handelsvertreter und Unternehmer, nach der dessen Abrechnung mangels Widerspruchs des Handelsvertreters innerhalb einer bestimmten Frist als genehmigt gelten soll, wegen Verstoßes gegen § 87c Abs. 5 HGB als unwirksam angesehen (Urteil vom 20. Februar 1964 - VII ZR 147/62, LM Nr. 4a zu § 87c HGB unter I 3 b bb; vgl. auch Urteil vom 19. November 1982 - I ZR 125/80 = LM Nr. 11 zu § 87a HGB unter I 2 c; Senatsurteil vom 29. November 1995 aaO unter II 2 b; ebenso OLG München VersR 2004, 470, 471; OLG Koblenz VersR 1980, 623; OLG Karlsruhe BB 1980, 226; OLG Hamm BB 1979, 442). An dieser Rechtsprechung, die auch im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden hat (Ebenroth/Boujong/Joost/Löwisch, HGB, § 87c Rdnr. 50, MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 87c Rdnr. 83, Heymann /Sonnenschein/Weitemeyer, HGB, 2. Aufl., § 87c Rdnr. 20; Hopt, Handelsvertreterrecht , 3. Aufl., § 87c Rdnr. 29), hält der Senat ungeachtet abweichender Auffassungen in Rechtsprechung (OLG Saarbrücken, DB 1985, 2399, OLG Naumburg VersR 1999, 578; LG Frankfurt/Oder VersR 1998, 1238) und Literatur (Müller-Stein, VersR 2001, 830, 831; Segger, VersR 2004, 781, 782; Scherer, BB 1996, 2205, 2209) fest.
24
3. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte das Verlangen des Klägers nach Erteilung eines Buchauszugs jedenfalls deswegen als rechtsmissbräuchlich beurteilen müssen, weil der Kläger, ohne konkrete Zweifel an der Abrechnung der Beklagten geltend machen zu können, nur eine formale Rechtsposition für sachfremde Zwecke ausnützen und einen Anspruch durchsetzen wolle, der bei der Beklagten außergewöhnlich hohe Kosten auslöse, die in einem offensichtlichen Missverhältnis zu dem realistischerweise allenfalls verbleibenden Provisionsanspruch des Klägers stünden. Das Berufungsgericht hat für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers keine hinreichenden Anhaltspunkte feststellen können. Vom Berufungsgericht übersehene Gesichtspunkte zeigt auch die Revision nicht auf. Die Belastung mit außergewöhnlich hohen Kosten, die mit der Erstellung des Buchauszugs verbunden sind, kann der Unternehmer, wie auch die Revision nicht verkennt, dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs nach der Rechtsprechung des Senats nicht mit Er- folg entgegenhalten (Urteil vom 21. März 2001 aaO unter II 5). Auch daran hält der Senat fest.
Ball Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Koch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 01.04.2004 - 2 O 287/03 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.03.2005 - 19 U 71/04 -

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuß, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.

(2) Steht fest, daß der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren.

(3) Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, daß der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.

(4) Der Anspruch auf Provision wird am letzten Tag des Monats fällig, in dem nach § 87c Abs. 1 über den Anspruch abzurechnen ist.

(5) Von Absatz 2 erster Halbsatz, Absätzen 3 und 4 abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen sind unwirksam.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(2) Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirks oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Absatz 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht.

(3) Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn

1.
er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, daß der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder
2.
vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist.
Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht.

(4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

(1) Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuß, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat.

(2) Steht fest, daß der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren.

(3) Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, daß der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind.

(4) Der Anspruch auf Provision wird am letzten Tag des Monats fällig, in dem nach § 87c Abs. 1 über den Anspruch abzurechnen ist.

(5) Von Absatz 2 erster Halbsatz, Absätzen 3 und 4 abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen sind unwirksam.

(1) Ist die Höhe der Provision nicht bestimmt, so ist der übliche Satz als vereinbart anzusehen.

(2) Die Provision ist von dem Entgelt zu berechnen, das der Dritte oder der Unternehmer zu leisten hat. Nachlässe bei Barzahlung sind nicht abzuziehen; dasselbe gilt für Nebenkosten, namentlich für Fracht, Verpackung, Zoll, Steuern, es sei denn, daß die Nebenkosten dem Dritten besonders in Rechnung gestellt sind. Die Umsatzsteuer, die lediglich auf Grund der steuerrechtlichen Vorschriften in der Rechnung gesondert ausgewiesen ist, gilt nicht als besonders in Rechnung gestellt.

(3) Bei Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträgen von bestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt für die Vertragsdauer zu berechnen. Bei unbestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt bis zu dem Zeitpunkt zu berechnen, zu dem erstmals von dem Dritten gekündigt werden kann; der Handelsvertreter hat Anspruch auf weitere entsprechend berechnete Provisionen, wenn der Vertrag fortbesteht.

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.