Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juli 2009 - VIII ZR 200/08

bei uns veröffentlicht am08.07.2009
vorgehend
Amtsgericht Düsseldorf, 30 C 15434/06, 09.03.2007
Landgericht Düsseldorf, 21 S 177/07, 26.06.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 200/08 Verkündet am:
(VIII ZR 266/08) 8. Juli 2009
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Klage auf Zahlung von Miete aus einem Wohnraummietvertrag ist auch dann im
Urkundenprozess statthaft, wenn der Mieter, der wegen behaupteter anfänglicher
Mängel der Mietsache Minderung geltend macht oder die Einrede des nicht erfüllten
Vertrages erhebt, die ihm vom Vermieter zum Gebrauch
überlassene Wohnung als Erfüllung angenommen hat, ohne die später behaupteten
Mängel zu rügen, sofern dies unstreitig ist oder vom Vermieter durch Urkunden bewiesen
werden kann (im Anschluss an Senatsurteile vom 1. Juni 2005 - VIII ZR
216/04, NJW 2005, 2701, und vom 20. Dezember 2006 - VIII ZR 112/06, NJW 2007,
1061).
BGH, Urteil vom 8. Juli 2009 - VIII ZR 200/08 - (VIII ZR 266/08) - LG Düsseldorf
AG Düsseldorf
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Hermanns und Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Klägerin werden die Urteile der 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2008 und vom 11. September 2008 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind seit Mai 2004 Mieter einer Wohnung der Klägerin in D. . Nach dem Mietvertrag beträgt die monatliche Nettomiete 453,24 € zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 100 €. Die Beklagten zahlten von April bis Juni 2006 monatlich jeweils 128,14 €, für die Monate Juli bis Oktober 2006 sowie für den Zeitraum April bis Dezember 2007 zahlten sie nichts.
2
Die Klägerin fordert im Urkundenprozess unter Vorlage des Mietvertrages für den Zeitraum von April bis Oktober 2006 3.488,26 € rückständige Miete nebst Zinsen und für den Zeitraum April bis Dezember 2007 85 % der Miete in Höhe von 4.323,25 € nebst Zinsen. Die Beklagten sind der Ansicht, die Klage sei im Urkundenprozess unstatthaft, weil der Anspruch der Klägerin auf Mietzahlung durch Minderung wegen verschiedener Mängel der Mietsache, die teilweise bereits bei Einzug der Beklagten vorgelegen hätten, erloschen sei. Außerdem erheben sie die Einrede des nicht erfüllten Vertrages.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagten unter Vorbehalt ihrer Rechte im Nachverfahren hinsichtlich der Klage auf Zahlung von 3.488,26 € antragsgemäß und hinsichtlich der Klage auf Zahlung von 4.323,25 € in Höhe von 3.615,16 € nebst Zinsen unter Klageabweisung im Übrigen verurteilt. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Landgericht die Vorbehaltsurteile abgeändert und die Klagen als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Urteile. Der Senat hat die beiden Revisionsverfahren zur gemeinsamen Entscheidung miteinander verbunden.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revisionen haben Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidungen im Wesentlichen ausgeführt:
6
Die Klage sei im Urkundenprozess gemäß § 592 ZPO nicht statthaft. Denn die Klägerin habe keinen im Urkundenverfahren zulässigen Beweis für die Mängelfreiheit der Mietsache bei Übergabe angetreten.
7
Zwar könnten grundsätzlich Ansprüche auf Miete auch dann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn der Mieter sich mit behaupteten Mängeln verteidige und die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB erhebe, sofern der Mieter die Wohnung unstreitig in vertragsgemäßem Zustand erhalten habe und der Mangel erst nachträglich eingetreten sei. Vorliegend hätten die Beklagten jedoch - neben nachträglich eingetretenen Mängeln - im Rahmen der Einrede des nicht erfüllten Vertrages geltend gemacht, die Elektroinstallation der Wohnung habe bei ihrem Einzug nicht den vertraglichen Absprachen und dem vertragsgemäßen Zustand entsprochen, weil die Strominstallation veraltet und damit mangelhaft gewesen sei. Insoweit treffe die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast, dass die Mietsache mangelfrei übergeben worden sei oder der behauptete Mangel im streitgegenständlichen Zeitraum bereits behoben worden sei.

II.

8
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung kann die Statthaftigkeit einer Klage auf Zahlung rückständiger Miete im Urkundenprozess gemäß § 592 ZPO nicht verneint werden. Das Berufungsgericht geht zu Unrecht davon aus, die mangelfreie Übergabe der Mietsache sei als anspruchsbegründende Tatsache von der Klägerin durch Urkunden zu beweisen.
9
1. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, steht der Statthaftigkeit des Urkundenprozesses nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen, dass der beklagte Mieter wegen behaupteter Mängel der Mietsache Minderung geltend macht (Senatsurteil vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 216/04, NJW 2005, 2701, unter II 2 b; BGH, Beschluss vom 10. März 1999 - XII ZR 321/97, NJW 1999, 1408, unter II) oder dass der Mieter die Einrede des nicht erfüllten Vertrags gemäß § 320 BGB darauf stützt, ein Mangel sei nachträglich eingetreten, sofern der Mieter die Wohnung unstreitig in vertragsgemäßem Zustand erhalten hat (Senatsurteil vom 20. Dezember 2006 - VIII ZR 112/06, NJW 2007, 1061, Tz. 9 ff.). Offengelassen hat der Senat dabei, ob dies auch dann gelte, wenn der Mieter die Einrede des nicht erfüllten Vertrages dar- auf stützt, er habe die Sache überhaupt nicht erhalten oder - wie hier - sie sei von Anfang an mit Mängeln behaftet gewesen (Senat, aaO, Tz. 12).
10
2. Der Senat entscheidet diese Frage nunmehr dahin, dass die Klage auch dann gemäß § 592 ZPO im Urkundenprozess statthaft ist, wenn der Mieter , der wegen behaupteter anfänglicher Mängel der Mietsache Minderung geltend macht oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebt, die ihm vom Vermieter zum Gebrauch überlassene Wohnung als Erfüllung angenommen hat, ohne die später behaupteten Mängel zu rügen.
11
Zwar muss nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen der Vermieter beweisen , dass er seine vertragliche Pflicht, dem Mieter die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen, erfüllt hat. Demgegenüber trägt nach Überlassung der Mietsache gemäß § 363 BGB grundsätzlich der Mieter die Beweislast dafür, dass die Mietsache zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wenn er die ihm überlassene Sache als Erfüllung angenommen hat (BGH, Urteil vom 15. November 2006 - XII ZR 120/04, NJW 2007, 2394, Tz. 23 f. m.w.N.; Senatsurteil vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 154/84, NJW 1985, 2328, unter II 2 b). Die Vorschrift des § 363 BGB führt zu einer Beweislastumkehr (Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 363 Rdnr. 3). Ihr liegt zugrunde, dass demjenigen, der eine Leistung als Erfüllung annimmt, die Beweislast obliegt, wenn er die Leistung später nicht mehr als die geschuldete gelten lassen will (Flatow, DWW 2008, 88, 91).
12
Demzufolge ist die Klage des Vermieters im Urkundenprozess statthaft, wenn entweder unstreitig ist, dass der Mieter die Mietsache als Erfüllung angenommen hat, oder wenn der Vermieter ein solches Verhalten des Mieters durch Urkunden - etwa ein Übergabeprotokoll oder Kontoauszüge, aus denen sich ergibt, dass der Mieter zunächst die ungeminderte Miete gezahlt hat - beweisen kann. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

III.

13
Nach alldem können die Urteile des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; sie sind daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, weil es, wie vorstehend ausgeführt, weiterer Feststellungen bedarf. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Hermanns Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.03.2007 - 30 C 15434/06 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.06.2008 - 21 S 177/07 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 363 Beweislast bei Annahme als Erfüllung


Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie

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Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.

(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.

(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.

Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 112/06 Verkündet am:
20. Dezember 2006
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ansprüche auf Miete aus Wohnraummietverträgen können jedenfalls auch dann im
Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn der Mieter die Wohnung in vertragsgemäßem
Zustand erhalten hat und die Einrede des nicht erfüllten Vertrages
darauf stützt, ein Mangel sei nachträglich eingetreten (Fortführung von BGH, Urteil
vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 216/04, NJW 2005, 2701).
BGH, Urteil vom 20. Dezember 2006 - VIII ZR 112/06 - LG Berlin
AG Berlin-Neukölln
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 30. November 2006 durch den Richter Wiechers als Vorsitzenden
, den Richter Dr. Wolst, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger
sowie den Richter Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilammer 64 des Landgerichts Berlin vom 31. März 2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien schlossen am 30. Oktober 2002 einen Mietvertrag über eine Wohnung in B. , D. weg . Die monatliche Miete betrug ab 1. Januar 2004 683,23 €, ab 1. Januar 2005 694,61 € und ab 1. März 2005 698,97 €.
2
Die Beklagte zahlte die Miete für Dezember 2004 bis einschließlich April 2005 nicht; im Mai 2005 zahlte sie 559,18 € und im Juni 2005 629,07 €.
3
Die Klägerin fordert im Urkundenprozess unter Vorlage des Mietvertrages 3.680,08 € als rückständige Miete nebst Zinsen. Die Beklagte hat die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhoben. Sie ist der Ansicht, der Urkundenprozess sei nicht statthaft.
4
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und ihr die Ausführung ihrer Rechte vorbehalten. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6
Das Berufungsgericht hat, soweit hier noch von Interesse, ausgeführt:
7
Der Statthaftigkeit der Klage im Urkundenprozess stehe nicht entgegen, dass die Beklagte wegen behaupteter Mängel, die seit August 2004 bestünden, die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebe. Wenn ein in Anspruch genommener Mieter diese Einrede erhebe, werde der Urkundenprozess erst dann unstatthaft, wenn feststehe, dass dem Mieter, dem die Mietsache ursprünglich mangelfrei überlassen worden sei, für sein Zurückbehaltungsrecht ein Mangelbeseitigungsanspruch als Gegenforderung zugestanden habe, die Mangelbeseitigung durch den Vermieter jedoch streitig geblieben sei und auch nicht durch Urkunden bewiesen werden könne. Denn sofern die Mietsache unstreitig mangelfrei überlassen worden sei, treffe nicht den Vermieter, sondern den Mieter - hier die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nachträglich ein Mangel aufgetreten sei.

II.

8
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Der Urkundenprozess gemäß § 592 ZPO ist im vorliegenden Verfahren statthaft. Die Klägerin fordert die Leistung einer bestimmten Geldsumme und beweist sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden.
9
1. Der Senat hat bereits entschieden, dass Ansprüche auf Miete aus Wohnraummietverträgen im Urkundenprozess geltend gemacht werden können (Urteil vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 216/04, NJW 2005, 2701 unter II 2 b). Er hat diese Aussage für den Fall getroffen, dass der Mieter wegen behaupteter Mängel der Mietsache Minderung geltend macht. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, die Mangelfreiheit einer Mietsache gehöre nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen im Sinne des § 592 ZPO, die der Vermieter in einem solchen Fall durch Urkunden zu beweisen habe. Die infolge einer Mangelhaftigkeit der Mietsache eintretende Mietminderung begründe eine materiellrechtliche Einwendung des Mieters, die im Prozess vom Mieter darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen sei. Offengelassen hat der Senat dabei, ob dies auch dann gelte, wenn der Mieter - wie hier - sich nicht (nur) auf eine Mietminderung berufe, sondern im Hinblick auf das Vorliegen von Mängeln die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB erhebe.
10
2. Diese Frage entscheidet der Senat nunmehr dahin, dass die Klage in einem solchen Fall jedenfalls dann im Urkundenprozess statthaft ist, wenn der Mieter unstreitig die Wohnung in vertragsgemäßem Zustand erhalten hat und die Einrede des nicht erfüllten Vertrages darauf stützt, ein Mangel sei nachträglich eingetreten (so auch Sturhahn, NZM 2004, 441 ff., 443; a.M. Greiner, NJW 2000, 1314 f.).
11
Hat der Mieter die Mietsache unstreitig mangelfrei erhalten, trifft ihn grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast, wenn er später eingetretene Mängel geltend macht und darauf gestützt die Einrede des nicht erfüllten Vertrages erhebt. Allein diese Ansicht vermeidet einen ansonsten nicht lösbaren Widerspruch. Denn wenn sich ein Mieter auf während der Mietzeit eingetretene Mängel beruft und deshalb Minderung geltend macht, ist er grundsätzlich für deren Vorhandensein darlegungs- und beweispflichtig. Erhebt er darüber hinaus auch noch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, kann dies nicht dazu führen, nunmehr dem Vermieter die Darlegungs- und Beweislast aufzuerlegen. Denn auch wer die Einrede aus § 320 BGB geltend macht, muss beweisen, dass ihm eine unter das Gegenseitigkeitsverhältnis fallende Gegenforderung zusteht. Der das Zurückbehaltungsrecht des Mieters begründende, auf Mangelbeseitigung gerichtete Erfüllungsanspruch aus § 535 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB setzt bei einer mangelfrei übergebenen Mietsache das nachträgliche Eintreten eines Mangels voraus, für das der Mieter die Beweislast trägt.
12
Ob etwas anders angenommen werden kann, wenn der Mieter geltend macht, er habe die Sache überhaupt nicht erhalten oder sie sei von Anfang an mit Mängeln behaftet gewesen, bedarf keiner Entscheidung. Vorliegend ist nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig, dass die Klägerin der Beklagten die Mietwohnung jedenfalls zunächst frei von Mängeln überlassen hat. Deshalb trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein eines erheblichen Mangels. Zutreffend hat ihr daher das Amtsgericht die Ausführung ihrer Rechte nach § 599 Abs. 1 ZPO vorbehalten.
Wiechers Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger Dr. Koch
Vorinstanzen:
AG Berlin-Neukölln, Entscheidung vom 30.11.2005 - 9 C 302/05 -
LG Berlin, Entscheidung vom 31.03.2006 - 64 S 2/06 -

Ein Anspruch, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Menge anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, kann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn die sämtlichen zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen durch Urkunden bewiesen werden können. Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Rentenschuld oder einer Schiffshypothek.

Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 120/04 Verkündet am:
15. November 2006
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Rechtsnatur der Softwareüberlassung im Rahmen eines ASP-Vertrages.
BGH, Urteil vom 15. November 2006 - XII ZR 120/04 - LG Mühlhausen
AG Nordhausen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2006 durch die Richter Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt, die Richterin
Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 6. Mai 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Entgelt aus einem Vertrag über die Nutzung von Software und Zahlung restlicher Schulungskosten.
2
Die Klägerin, die ihren Kunden auf einem zentralen Server installierte Buchhaltungs- und Warenwirtschaftssoftware zur Nutzung über das Internet zur Verfügung stellt, schloss mit der Beklagten am 19. Dezember 2000 einen Vertrag über einen so genannten "ASP-Service". Dieser umfasste die "Miete der Software incl. Programmpflege, kostenlose Programmupdates, Nutzung bis zu 500 MB Datenvolumen/User, tägliche Datensicherung, Hotlineservice" zu einem monatlichen Nutzungsentgelt von ursprünglich 900 DM netto. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien die Einweisung durch die Klägerin zu einem Festpreis von 3.100 DM. Der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Vertrag war mit einer Frist von 14 Tagen jeweils zum Monatsende kündbar.
3
Ab Mitte März 2001 nutzte die Beklagte die Software, die nach ihrer Behauptung schon bei Übergabe mangelhaft und unbrauchbar war. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 24. und 28. Juni 2001 verschiedene von der Klägerin bestrittene Mängel der Software gerügt hatte, kündigte sie mit Schreiben vom 12. September 2001, das der Klägerin am 14. September 2001 zugegangen ist, den Vertrag außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Gleichzeitig ließ sie die für die Zeit von März 2001 bis August 2001 von der Klägerin im Wege des Bankeinzuges von dem Konto der Beklagten abgebuchten Nutzungsentgelte in Höhe von insgesamt 7.563,21 DM zurückbuchen. Für die Einweisung hat die Beklagte an die Klägerin 2.250 DM bezahlt.
4
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 4.912,24 € gerichteten Klage in Höhe von 3.458,21 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen; die auf Zahlung weiterer 1.323,05 € gerichtete Anschlussberufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.
5
Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag in Höhe von 4.781,26 € weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
7
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
8
Der zwischen den Parteien abgeschlossene ASP-Vertrag sei ein Vertrag eigener Art, auf den im Wesentlichen Mietvertragsrecht anzuwenden sei. Bei ASP-Verträgen sei die Software auf dem Server des Anbieters gespeichert, so dass sie als Sache im Sinne von § 90 BGB anzusehen sei. Die Software werde vom Anbieter dem Kunden auch im Sinne von § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB überlassen , indem er sie ihm über das Internet zur Nutzung zur Verfügung stelle.
9
Im vorliegenden Fall habe die Klägerin nicht bewiesen, dass sie ihre vertragliche Pflicht, der Beklagten die Software in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen, erfüllt habe. Die Beweislast für den vertragsgemäßen Zustand der Software bei deren Überlassung trage die Klägerin als Vermieterin. Diesen Beweis könne sie nach ihrer eigenen Darstellung nicht führen, da bei ihr weder die streitgegenständliche Software noch die Dateneingaben der Beklagten vorhanden seien, obwohl die Klägerin nach dem Vertrag zur Datensicherung verpflichtet gewesen sei und noch in der Klageschrift vorgetragen habe, die Daten seien noch vorhanden. Die Klägerin habe somit keinen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentgelt. Schulungsgebühren könne sie schon deshalb nicht verlangen, weil die Einweisung in eine nicht vertragsgemäß funktionierende Software für die Beklagte ohne Nutzen sei.
10
Das Landgericht hat die Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil die Fragen, wie ein ASP-Vertrag rechtlich einzuordnen sei und wann ein Anbieter vertragsgemäß erfüllt habe, in der Rechtsprechung noch nicht geklärt seien.
11
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auf den zwischen den Parteien abgeschlossenen so genannten ASP-Vertrag, soweit er auf die entgeltliche Überlassung von Standardsoftware gerichtet ist, Mietvertragsrecht angewandt.
12
a) Bei dem ASP (Application Service Providing/Bereitstellung von Softwareanwendungen und damit verbundener Dienstleistungen)-Vertrag in der hier abgeschlossenen Variante stellt der Anbieter auf seinem Server Software bereit und gestattet dem Kunden, diese Software für eine begrenzte Zeit über das Internet oder andere elektronische Netze zu nutzen. Die Software verbleibt während der gesamten Nutzungsdauer auf dem Rechner des Anbieters. Dem Kunden werden die jeweils benötigten Funktionen der Anwendungen lediglich über Datenleitungen auf seinem Bildschirm zur Verfügung gestellt. Als zusätzliche Leistung übernimmt der Anbieter in der Regel - wie auch hier - die Softwarepflege , Updates und Datensicherung und stellt für die Nutzung Speicherplatz zur Verfügung.
13
Als typische Leistung steht beim ASP-Vertrag danach die Gewährung der Onlinenutzung von Software für eine begrenzte Zeit im Mittelpunkt der vertraglichen Pflichten. Es liegt deshalb nahe, mit der überwiegenden Meinung im Schrifttum, als Rechtsgrundlage für diese vertraglichen Ansprüche, einen Mietvertrag , der die entgeltliche Gebrauchsüberlassung einer beweglichen oder unbeweglichen Sache zum Gegenstand hat, anzunehmen (Koch ITRB 2001, 39, 40; Bettinger/Scheffelt CR 2001, 729, 731; Röhrborn/Sinhart CR 2001, 69, 70 f.; Sedlmeier/Kolk MMR 2002, 75, 78; von Westerholt/Berger CR 2002, 81, 84; Junker NJW 2003, 2792, 2797; Marly Softwareüberlassungsverträge 4. Aufl. Rdn. 563, 567).
14
b) Entgegen der Ansicht der Revision scheidet eine Anwendung des Mietrechts nicht deshalb aus, weil es sich bei der Software nicht um eine Sache im Sinne des § 90 BGB handele.
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Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass eine auf einem Datenträger verkörperte Standardsoftware als bewegliche Sache anzusehen ist, auf die je nach der vereinbarten Überlassungsform Miet- oder Kaufrecht anwendbar ist (BGHZ 143, 307, 309; 109, 97, 100 f.; 102, 135, 144; BGH Urteile vom 4. März 1997 - X ZR 141/95 - MDR 1997, 913; vom 14. Juli 1993 - VIII ZR 147/92 - NJW 1993, 2436, 2437 f.; vom 7. März 1990 - VIII ZR 56/89 - NJW 1990, 3011; vom 6. Juni 1984 - VIII ZR 83/83 - ZIP 1984, 962, 963; Beschluss vom 2. Mai 1985 - I ZB 8/84 - NJW-RR 1986, 219; vgl. auch Schweizerisches Bundesgericht BGE 124 III 456, 459). Diese Auffassung hat im Schrifttum weitgehend Zustimmung erfahren (Ermann/Michalski 11. Aufl. § 90 Rdn. 3; Soergel/Marly 13. Aufl. § 90 BGB Rdn. 3; Palandt/Heinrichs 65. Aufl. § 90 BGB Rdn. 2; König NJW 1993, 3121 ff.; Marly BB 1991, 432; Koch aaO 40 f.; Henssler MDR 1993, 489, 490; Sedlmeier/Kolk aaO 77; a.A. Müller-Hengstenberg CR 2004, 161, 164; Redeker NJW 1992, 1739; Diedrich CR 2002, 473, 475; zum Streitstand: Marly aaO Rdn. 69 ff.).
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Die beim ASP-Vertrag geschuldeten Softwareprogramme sind auch auf einem Datenträger verkörpert. Denn die der Steuerung des Computers dienenden Programme müssen, um ihre Funktion erfüllen zu können, d.h. um überhaupt nutzbar zu sein, in verkörperter Form vorhanden sein, sei es auf einem Wechselspeichermedium (z.B. auf Diskette, CD, USB-Stick), oder auf einer Festplatte oder auch nur auf einem flüchtigen (stromabhängigen) Speichermedium (vgl. hierzu Marly aaO Rdn. 102 m.w.N., 119). Gegenstand des ASP-Vertrages ist somit stets die verkörperte geistige Leistung. Dabei ist es ohne Bedeutung, auf welchem Informationsträger das Computerprogramm verkörpert ist. Entscheidend ist nur, dass es verkörpert und damit nutzbar ist. Vergleichbar mit dem elektronischen Datenträger ist das Buch. Auch das Buch, dessen Sachqualität nicht angezweifelt wird, ist Ergebnis einer schöpferischen Geistestätigkeit und wird ausschließlich wegen seines geistigen Inhalts und nicht wegen seines Informationsträgers, des Papiers, erworben. Dadurch verliert es jedoch nicht seine Sachqualität (Marly aaO Rdn. 98 m.w.N.).
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Von der dem Anwender zur Nutzung des Computerprogramms überlassenen Werkverkörperung ist das urheberrechtlich geschützte Werk zu trennen (König aaO 3122). Letzteres spielt für die Rechtsnatur des Softwareüberlassungsvertrages keine Rolle. Denn der mit dem Softwareüberlassungsvertrag verfolgte Zweck geht dahin, dem Anwender die Nutzung eines Computerprogramms zu ermöglichen, sei es urheberrechtlich geschützt oder ungeschützt. Für ein geschütztes Programm bedarf es freilich zusätzlich der urheberrechtlich erforderlichen vertraglichen Vereinbarungen, wie der Erlaubnis zur Vervielfältigung , Übersetzung, Verbreitung gemäß § 69 c UrhG. Im Übrigen muss sich die Gewährleistung wegen Funktionsmängeln von Computersoftware bei urheberrechtlich geschützter und urheberrechtlich ungeschützter Software nach identischen Regeln richten, weil diese Frage mit dem Urheberrecht nicht im Zusammenhang steht (BGHZ 102, 135, 142).
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c) Der Anwendbarkeit von Mietrecht steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte keinen Besitz an den verkörperten Computerprogrammen erlangt, sondern diese ihr nur über das Internet zugänglich sind.
19
Der Mietvertrag setzt keine Besitzverschaffung, sondern lediglich eine Gebrauchsüberlassung voraus. Art und Umfang der Gebrauchsüberlassung richten sich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Nur wenn hiernach der Gebrauch der Mietsache notwendig deren Besitz voraussetzt, gehört zur Gebrauchsgewährung auch die Verschaffung des Besitzes (Senatsurteil vom 17. Juli 2002 - XII ZR 86/01 - NJW 2002, 3322, 3323; BGH, Urteil vom 1. Februar 1989 - VIII ZR 126/88 - NJW-RR 1989, 589). Ist daher eine Besitzverschaffung für den vertragsgemäßen Gebrauch nicht erforderlich, wie hier bei der Onlinenutzung von Software, so genügt es für die Gebrauchsgewährung, wenn dem Mieter der Zugang zur Mietsache verschafft wird, der auch online erfolgen kann (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 1992 - XII ZR 92/91 - NJW-RR 1993, 178 zur Qualifizierung der Nutzung eines Rechners, dessen Rechnerkapazität der Beklagten u. a. durch Fernzugang mittels DATEX-T eingeräumt wurde, als Mietvertrag).
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d) Ebenso wie die zeitlich begrenzte Softwareüberlassung durch Onlinezugriff auf den Server der Klägerin ist auch die hier weiter vereinbarte Zurverfügungstellung von Speicherkapazitäten auf dem Server der Klägerin zur Speicherung der von der Beklagten im Rahmen der Softwarenutzung eingegebenen Daten mietvertraglich zu qualifizieren (Senatsbeschluss vom 28. Oktober 1992 aaO).
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e) Der Anwendung von Mietvertragsrecht auf die Softwareüberlassung steht auch nicht entgegen, dass in dem ASP-Vertrag weitere Leistungen wie Programmpflege, Programmupdates, Datensicherung, Hotlineservice und Einweisung in die Software vereinbart worden sind, die anderen Vertragstypen (Dienst- oder Werkvertrag) zugeordnet werden können. Insoweit handelt es sich bei dem ASP-Vertrag um einen zusammengesetzten Vertrag, bei dem jeder Vertragsteil nach dem Recht des auf ihn zutreffenden Vertragstypus zu beurteilen ist (BGHZ 63, 306, 309 ff.), soweit dies nicht im Widerspruch zum Gesamtvertrag steht (Senatsurteil vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 233/99 - NJW 2002, 1336, 1337).
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3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei für den mangelfreien Zustand der Software bei deren Überlassung an die Beklagte beweisbelastet , wird jedoch von seinen Feststellungen nicht getragen.
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a) Nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen muss der Vermieter beweisen , dass er seine vertragliche Pflicht, dem Mieter die Mietsache in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen, erfüllt hat (Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 8. Aufl. § 535 Rdn. 47; Palandt/Weidenkaff 65. Aufl. § 535 Rdn. 33).
24
Nach Überlassung der Mietsache obliegt demgegenüber dem Mieter die Beweislast dafür, dass die Mietsache zum Zeitpunkt der Übergabe mangelhaft war, wenn er die ihm überlassene Sache als Erfüllung angenommen hat (BGH Urteil vom 13. Februar 1985 - VIII ZR 154/84 - NJW 1985, 2328, 2329; Wolf/ Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. Rdn. 246; Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. III B Rdn. 1368; Marly aaO Rdn. 872; für Leasing und Kauf nach Entgegennahme der Sache: BGH Urteil vom 5. Juli 1989 - VIII ZR 334/88 - NJW 1989, 3222, 3224; BGHZ 159, 215, 217 f.). Dies ergibt sich aus § 363 BGB, der die Beweislast dem Gläubiger auferlegt, wenn er die Leistung des Schuldners als Erfüllung angenommen hat. Für die Frage, wer die Beweislast trägt, kommt es somit darauf an, ob die Mietsache überlassen und vom Mieter angenommen worden ist.
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Überlassen ist die Mietsache, wenn der Mieter in die Lage versetzt wird, die Mietsache vertragsgemäß zu nutzen. Wann das der Fall ist, beurteilt sich nach dem Umfang der vereinbarten Leistungen. Eine Annahme als Erfüllung, die anders als die Abnahme gemäß § 640 BGB kein Rechtsgeschäft, sondern eine tatsächliche Handlung ist (MünchKomm/Wenzel 4. Aufl. § 363 BGB Rdn. 3), liegt vor, wenn der Mieter durch sein Verhalten zum Ausdruck bringt, dass er die Mietsache als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung ansieht. Ein allgemeiner Vorbehalt, dass die Vertragsmäßigkeit der Leistung nicht anerkannt werde, schließt die Annahme als Erfüllung nicht aus (RGZ 71, 23).
26
b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte die Software ab Mitte März 2001 genutzt und mit Schreiben vom 24. Juni und 28. Juni 2001 verschiedene Mängel gerügt hat. Auf der Grundlage dieser Feststellungen durfte das Berufungsgericht nicht davon ausgehen, dass die Klägerin die Beweislast für die Mangelfreiheit der Software trägt. Denn durch die Nutzung der Soft- ware über mehrere Monate ohne Mängelrüge hat die Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass sie die Software als im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung ansieht. Dann trifft aber nach den oben dargestellten Grundsätzen die Beklagte die Beweislast für den von ihr behaupteten mangelhaften Zustand der Mietsache.
27
4. Eine vertragsgemäße Überlassung der Mietsache läge allerdings dann nicht vor, wenn die Klägerin durch die bloße Überlassung der Software die vertraglich geschuldete Leistung nicht vollständig erbracht hätte. Davon wäre auszugehen , wenn die Klägerin die zusätzlich vertraglich vereinbarte Einweisung nicht durchgeführt hätte (vgl. für den Kauf von Software: BGHZ 143, 307, 313). Denn erst nach erfolgter Einweisung wäre die Beklagte in der Lage gewesen, die Mietsache vertragsgemäß zu nutzen.
28
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin die von ihr vertraglich geschuldete Einweisung vorgenommen hat. Es hat die Einweisung in eine mangelhafte Software von vorneherein für wertlos angesehen und demgemäss die vom Amtsgericht hierzu erhobenen Beweise nicht gewürdigt.
29
Die Sache war an das Landgericht zurückzuverweisen, damit es diese Feststellungen nachholen kann.
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Vorinstanzen:
AG Nordhausen, Entscheidung vom 30.10.2003 - 26 C 1094/01 -
LG Mühlhausen, Entscheidung vom 06.05.2004 - 1 S 351/03 -

Hat der Gläubiger eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie unvollständig gewesen sei.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.