Bundesgerichtshof Urteil, 15. Sept. 2010 - VIII ZR 181/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung des Klägers in T. . Der Kläger nimmt die Beklagten auf Nachzahlung von Betriebskosten für die Jahre 2003 bis 2006 in Höhe von insgesamt 2.951,75 € in Anspruch. In den Nebenkostenabrechnungen sind die Positionen Kaltwasser, Abwasser und Müllabfuhr nach "Gesamteinheiten" von "20,39 Personen" für 2003, "17,22 Personen" für 2004, "16,06 Personen" für 2005 und "13,98 Personen" für 2006 aufgeschlüsselt , wobei auf die Beklagten jeweils "Einheiten" von "2,0" Personen entfallen.
- 2
- So heißt es beispielsweise in der Abrechnung vom 12. Mai 2004 für den Abrechnungszeitraum 2003 zu der Position Kaltwasser: Gesamtbetrag "1.753,15" : Gesamteinheiten "20,39 Personen" = Betrag/Einheit "85,980873" x Ihre Einheiten "2,00" = Ihre Kosten "171,96".
- 3
- Entsprechend wurde für die Positionen Abwasser und Müllabfuhr und ebenso in den Abrechnungen der Folgejahre verfahren.
- 4
- Das Amtsgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 2.253,98 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung und der Anschlussberufung des Klägers die Klage bis auf einen Betrag von 290,13 € nebst Zinsen abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, soweit die Klage in Höhe von 2.450,79 € nebst Zinsen wegen der Abrechnung der Positionen Kaltwasser, Abwasser und Müllabfuhr nach Personenbruchteilen abgewiesen worden ist. Im zugelassenen Umfang verfolgt der Kläger mit seiner Revision seine erstinstanzlichen Klageansprüche weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit revisionsrechtlich noch von Interesse - ausgeführt:
- 7
- Die Nebenkostenabrechnungen seien hinsichtlich der Positionen Kaltwasser , Abwasser und Müllabfuhr formell unwirksam, weil ihnen ein nicht ver- ständlicher Umlageschlüssel nach Personenbruchteilen zugrunde gelegt sei. Diesen Umlageschlüssel habe der Kläger innerhalb der jeweiligen Abrechnungsfrist nicht nachvollziehbar erläutert. Für den Durchschnittsmieter sei ohne weitere Erläuterung nicht verständlich, wie die in den Nebenkostenabrechnungen des Klägers als "Gesamteinheiten" aufgeführten Personenbruchteile von 20,39, 17,22, 16,06 und 13,98 zu verstehen seien. Auf die Belegeinsicht habe er die Beklagten zur Erläuterung des Umlageschlüssels nicht verweisen dürfen, weil die Nebenkostenabrechnungen aus sich heraus verständlich sein müssten. Damit sei die Klage in Höhe von insgesamt 2.450,79 € unbegründet.
II.
- 8
- Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Nebenkosten für Kaltwasser, Abwasser und Müllabfuhr in Höhe von 2.450,79 € nicht verneint werden. Die klagegegenständlichen Betriebskostenabrechnungen nach "Personenbruchteilen" sind entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht wegen formeller Mängel unwirksam.
- 9
- Formell ordnungsgemäß ist eine Betriebskostenabrechnung nach der Rechtsprechung des Senats, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten , die Angabe und - soweit zum Verständnis erforderlich - die Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der Vorauszahlungen des Mieters (Senatsurteile vom 11. August 2010 - VIII ZR 45/10, juris Rn. 10; vom 19. November 2008 - VIII ZR 295/07, NZM 2009, 78 Rn. 21; vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 261/07, NJW 2008, 2260 Rn. 10; vom 9. April 2008 - VIII ZR 84/07, NJW 2008, 2258 Rn. 15). Diesen Anforderungen werden die Abrechnungen des Klägers gerecht.
- 10
- Die Abrechnung nach Personen ermöglicht es dem Mieter, gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen, wie (in welchen Rechenschritten) die Umlage der Betriebskosten erfolgt ist (vgl. Senatsurteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 295/07, aaO Rn. 21 f.). Der in den Abrechnungen unter der Rubrik "Gesamteinheiten" aufgeführte Umlagemaßstab "Personen" ist als Verteilerschlüssel allgemein verständlich. Für den Mieter ist ohne weitere Erläuterungen ersichtlich, dass sich bei diesem Umlageschlüssel sein Anteil an den Betriebskosten nach dem Verhältnis der in seiner Wohnung lebenden Personen zu den in der Abrechnungseinheit insgesamt wohnenden Personen bestimmt.
- 11
- In den Abrechnungen des Klägers sind jeweils die Gesamtpersonenzahl sowie die für die Wohnung der Beklagten zugrunde gelegte Personenzahl angegeben. Anhand dieser Angaben konnten die Beklagten gedanklich und rechnerisch nachvollziehen, wie (in welchen Rechenschritten) die Umlage der Betriebskosten erfolgt ist.
- 12
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird die Nachvollziehbarkeit einer solchen Abrechnung nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich aus ihr nicht ergibt, wie der Vermieter die - hier mit einem Bruchteil angegebene - Gesamtpersonenzahl im Einzelnen ermittelt hat. Bei der Ermittlung der Personenzahl muss der Vermieter einen weiteren Schritt oder eine gewisse "Gewichtung" vornehmen, weil die Zahl der in einem Mietobjekt wohnenden Personen nur entweder "taggenau" oder zu einzelnen (gröberen) Stichtagen ermittelt werden kann. Der Angabe derartiger Details bedarf es auf der formellen Ebene nicht. Ohnehin könnte der Mieter die Ermittlung der Gesamtpersonenzahl nur dann im Einzelnen nachvollziehen, wenn ihm - wie es die Revisionserwiderung für erforderlich hält - überdies eine Belegungsliste für das Mietobjekt im Abrechnungsjahr zur Verfügung gestellt würde; damit würde die Betriebskostenabrechnung aber überfrachtet. Wie der Vermieter die Gesamtpersonenzahl errechnet hat, ist - nicht anders als etwa die Zusammensetzung der in der Betriebskostenabrechnung angesetzten Gesamtwohnfläche bei der Umlage von Betriebskosten nach der Wohnfläche - eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit, die der Mieter anhand einer Einsicht in die Berechnungsunterlagen (Belegungsliste ) im Einzelnen überprüfen kann.
III.
- 13
- Hiernach kann das Berufungsurteil, soweit es mit der Revision angegriffen worden ist, keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zur inhaltlichen Richtigkeit der Abrechnungen für die Jahre 2003 bis 2006 bezüglich der Positionen Kaltwasser, Abwasser und Müllgebühr getroffen hat. Die Sache ist daher insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
AG Siegburg, Entscheidung vom 18.12.2008 - 111 C 325/07 -
LG Bonn, Entscheidung vom 29.06.2009 - 6 S 16/09 -
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Annotations
(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
(2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei.
(3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.