Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2003 - VII ZR 143/02
published on 22/05/2003 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2003 - VII ZR 143/02
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Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 143/02 Verkündet am:
22. Mai 2003
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 14 Nr. 2
Der Auftragnehmer hat jedenfalls dann einen Anspruch auf ein gemeinsames Aufmaß
, wenn er berechtigt ist, die Abnahme zu verlangen.
Bleibt der Auftraggeber dem Termin zum gemeinsamen Aufmaß fern und ist ein neues
Aufmaß oder eine Überprüfung des einseitig genommenen Aufmaßes nicht mehr
möglich, hat er im Prozeß des Auftragnehmers auf Zahlung des Werklohnes vorzutragen
und zu beweisen, welche Massen zutreffend oder daß die vom Auftragnehmer
angesetzten Massen unzutreffend sind.
BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - VII ZR 143/02 - OLG Bamberg
LG Würzburg
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Dr. Kuffer und Bauner
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 18. Februar 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt als Verwalterin im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der M.-GmbH nach gekündigtem Bauvertrag vom Beklagten zu 2 Restwerklohn sowie von der Beklagten zu 1 Zahlung aus einer Bürgschaft. Im Revisionsverfahren geht es nur noch um die Abrechnung der gegenseitigen Ansprüche. Die M.-GmbH wurde vom Beklagten zu 2 mit VOB-Vertrag mit der Erstellung eines Einfamilienhauses zu einem Pauschalpreis von 420.000 DM beauftragt. Die Beklagte zu 1 übernahm die selbstschuldnerische Bürgschaft fürdie Verpflichtungen des Beklagten zu 2 aus dem Vertrag. Nachdem ein Teil der Leistungen erbracht war, kündigte die M.-GmbH wegen behaupteter grundloser Zahlungsverweigerung des Beklagten zu 2 außerordentlich. Der Beklagte zu 2 verlangte Erfüllung und drohte seinerseits die Kündigung an. Die M.-GmbH rechnete ihre Leistungen zuletzt mit der Schlußrechnung vom 13. September 1999 ab. Sie verlangt hieraus Zahlung von noch 192.528 DM. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 109.237,64 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Nachdem der Senat der Beschwerde des Beklagten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben hat, verfolgt dieser sein Begehren auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das für das Schuldverhältnis maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).I.
Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Fälligkeit des vom Landgericht zu Recht in Höhe von 109.237,64 DM zuerkannten Betrages scheitere nicht ander mangelnden Prüfbarkeit der Schlußrechnung. Diese sei jedenfalls im Bereich des zugesprochenen Betrages vom Sachverständigen für prüfbar angesehen worden. Dieser habe sie nach dem am 18. November 1996 erstellten Aufmaß der M.-GmbH und der Firma P. überprüft. Das Bestreiten dieses Aufmaßes durch die Beklagten sei wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unbeachtlich. Die M.-GmbH habe unstreitig den Beklagten zu 2 zu einem Aufmaßtermin geladen. Der Termin sei auf Wunsch des Beklagten zu 2 auf den 18. November 1996 verschoben worden. Da der Beklagte zu 2 diesem Termin mit der Begründung ferngeblieben sei, er habe schon vorher den Bautenstand festgestellt, habe er seine Pflicht aus § 8 Nr. 6 VOB/B verletzt und könne nicht im Widerspruch dazu die Richtigkeit des Aufmaßes bestreiten. Zu weiteren nicht erbrachten Leistungen, über die bereits vom Landgericht in Höhe von 17.000 DM berücksichtigten hinaus hätten die Beklagten nicht substantiiert vorgetragen. Gleiches gelte für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung teilweise nicht stand. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, daß das Berufungsgericht die Schlußrechnung für prüfbar hält (1.). Sie rügt jedoch mit Recht, daß das Berufungsgericht das Bestreiten des Aufmaßes vom 18. November 1996 wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben für unbeachtlich hält (2.). 1. Die Schlußrechnung ist prüfbar, wenn der Auftraggeber in die Lage versetzt wird, die Berechtigung der Forderung, gemessen an den vertraglichenVereinbarungen, zu überprüfen. Der Auftraggeber muß die Möglichkeit bekommen , eventuelle Unrichtigkeiten der Abrechnung zu erkennen. Fehler der Abrechnung berühren hingegen die Prüfbarkeit nicht. Denn für die Prüfbarkeit ist nicht entscheidend, ob die Berechnung sachlich richtig oder falsch ist. Ist der Vertrag nach den Grundsätzen abzurechnen, die der Bundesgerichtshof für die Abrechnung von nicht erbrachten Leistungen bei Pauschalverträgen aufgestellt hat, muß der Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung und darüber hinaus darlegen, welche Kosten er erspart und gegebenenfalls welchen anderweitigen Erwerb er sich anrechnen zu lassen hat (BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 369). Nach diesen Grundsätzen ist die Schlußrechnung vom 13. September 1999 prüfbar. Sie weist die erbrachten und die nicht erbrachten Leistungen sowie den jeweiligen prozentualen Anteil aus. Entgegen der Ansicht der Revision steht der Prüfbarkeit nicht entgegen, daß der Sachverständige anhand dreier Standardwerke Prozentsätze für die Rohbauarbeiten ohne Aufrichten des Dachstuhls, ohne Dacheindeckung und ohne Klempnerarbeiten festgestellt und mit einem Mittelwert von 38,59 % gewertet hat; denn insofern geht es nicht um die Prüfbarkeit der Schlußrechnung, sondern um die Überprüfung der nachträglichen Kalkulation der Rohbauarbeiten, die von den Beklagten wegen einer erheblichen kalkulatorischen Verschiebung zu Lasten der nicht erbrachten Leistungen beanstandet wurde, auf ihre sachliche Richtigkeit. 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht das Bestreiten des Aufmaßes durch die Beklagten für unbeachtlich hält, weil der Beklagte zu 2 gegen seine Pflichten "entsprechend § 8 Nr. 6 VOB/B" verstoßen habe.
a) Der Bundesgerichtshof hat sich bisher mit der in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage, welche Rechtsfolgen sich für die Vertragsparteien ergeben, wenn der Auftraggeber zu Unrecht dem Termin zum gemeinsamen Aufmaß fernbleibt, nicht befaßt (vgl. z. B. OLG Köln, BauR 1994, 115; OLG Celle, IBR 2003, 64; Heiermann/Riedl/Rusam, 9. Aufl., B § 14 Rdn. 34; Weick in Nicklisch/Weick, VOB/B, 3. Aufl., § 14 Rdn. 17; Ingenstau/Korbion-Wirth, 14. Aufl., B § 14 Rdn. 31). Gemäß § 14 Nr. 2 VOB/B sind die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen "möglichst" gemeinsam vorzunehmen. Im VOB/B-Vertrag kann der Auftragnehmer nach Kündigung gemäß § 8 Nr. 6 VOB/B in Verbindung mit § 12 Nr. 4 und Nr. 6 VOB/B Abnahme und Aufmaß verlangen, es sei denn, der Auftraggeber ist nach § 12 Nr. 3 VOB/B berechtigt, die Abnahme zu verweigern (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 – VII ZR 103/00, NZBau 2003, 265 = ZfBR 2003, 352). Die Verpflichtung zur Teilnahme am gemeinsamen Aufmaß ergibt sich aus der im Bauvertrag geltenden beiderseitigen Pflicht zur Kooperation (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1999 - VII ZR 293/98, BGHZ 143, 89,93).
b) Kommt es nicht zum gemeinsamen Aufmaß, weil der Auftraggeber unberechtigt fernbleibt, so kann das beim Streit über die Abrechnung prozessuale Bedeutung haben. (1) Das bloße Fernbleiben am Aufmaßtermin allein rechtfertigt allerdings noch keine prozessualen Konsequenzen zu Lasten des Auftraggebers. Es genügt , die Richtigkeit des einseitig genommen Aufmaßes zu bestreiten, solange unter zumutbaren Bedingungen ein neues Aufmaß noch erstellt oder das einseitig genommene Aufmaß noch überprüft werden kann. (2) Anderes gilt, wenn nach unberechtigtem Fernbleiben des Auftraggebers ein neues Aufmaß oder eine Überprüfung des einseitig genommenen
Aufmaßes nicht mehr möglich ist, etwa weil das Werk durch Drittunternehmer fertiggestellt worden oder durch nachfolgende Arbeiten verdeckt ist. Dann hat der Auftraggeber vorzutragen und zu beweisen, welche Massen zutreffend oder daß die vom Auftragnehmer angesetzten Massen unzutreffend sind.
III.
Danach hat das Berufungsurteil keinen Bestand. Das Berufungsgericht versagt dem Beklagten allein deswegen, weil der Beklagte zu 2 einem gemeinsamen Aufmaßtermin ferngeblieben ist, das vom Kläger einseitig genommene Aufmaß zu bestreiten. Dies ist nach diesen Grundsätzen nicht zulässig. Die weitere Verhandlung gibt dem Berufungsgericht zudem die Möglichkeit , sich mit der Aufrechnung der Beklagten mit einem behaupteten Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zu befassen. Dressler Thode Haß Kuffer Baunerra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
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published on 19/12/2002 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 103/00 Verkündet am: 19. Dezember 2002 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja V
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published on 24/07/2003 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 79/02 Verkündet am: 24. Juli 2003 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
published on 25/10/2013 00:00
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Vorsitzenden der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal vom 08. Januar 2013 unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel beider Parteien teilweise abgeändert und insgesam
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