Bundesgerichtshof Urteil, 22. März 2002 - V ZR 107/01

published on 22/03/2002 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 22. März 2002 - V ZR 107/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 107/01 Verkündet am:
22. März 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren nach
Sachlage am 7. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgericht Koblenz vom 14. Februar 2001 aufgehoben , soweit es zum Nachteil der Beklagten ergangen ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 2. Dezember 1987 erwarb die Klägerin von der Beklagten zu 1 ein mit Verwaltungs- und Fabrikgebäuden bebautes Gelände zum Preis von 1.700.000 DM. Die Klägerin macht Schadensersatz in Höhe von 2.503.012,30 DM geltend mit der Behauptung, die Beklagte zu 1 habe die ihr nach dem Vertrag obliegende Verpflichtung zur Beseitigung von Altlasten nicht erfüllt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Abweisung in Höhe eines Teilbetrages von 612.457,11 DM bestätigt und im übrigen ein Grundurteil erlassen. Mit der Revision verfolgen die Be-
klagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt (§ 128 Abs. 2 ZPO).

Entscheidungsgründe:

I.

Die Revision hat Erfolg.
Das Urteil des Berufungsgerichts ist schon deshalb aufzuheben, weil es keinen Tatbestand enthält, der erkennen läßt, welchen Sachverhalt das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (§ 543 Abs. 2 ZPO a.F.). Außer einer groben Umschreibung des Streitstoffs besteht der Tatbestand lediglich aus der Wiedergabe der Anträge und aus Verweisungen auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils sowie einer pauschalen Bezugnahme auf die in zweiter Instanz eingereichten Schriftsätze. Auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht seine Aufgabe, die Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt nachzuprüfen, nicht nachkommen (vgl. BGHZ 73, 248, 252). Das Senatsurteil vom 9. Februar 1990 (NJW 1990, 2755) steht dem nicht entgegen. Es betrifft nicht die Frage der Zulässigkeit von pauschalen Bezugnahmen, sondern die Berücksichtigung erstinstanzlichen Vorbringens auf entsprechende Rüge. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (BGHZ 73, 248; BGH, Urt. v. 9. Juni 1986, IX ZR 141/85, BGHR ZPO § 543 Abs. 2 Tatbestand, fehlender 1; Urt. v. 12. Februar 1987, III ZR 148/85, BGHR ZPO § 543 Abs. 2 Tatbestand, fehlender 4).

Der Bundesgerichtshof sieht zwar von der Aufhebung ab, wenn das Ziel revisionsrechtlicher Überprüfung im Einzelfall dadurch erreicht werden kann, daû der Sach- und Streitstand sich aus den Entscheidungsgründen in dem zur Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfragen ausreichenden Umfang ergibt (Urt. v. 19. Juli 1986, IX ZR 141/85, BGHR ZPO § 543 Abs. 2 Tatbestand, fehlender 1 m.w.N.). Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben. Wesentlich für die Entscheidung ist nach den Ausführungen des Berufungsgerichts zum einen die Frage, ob eine Vertragsauflösung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu bejahen ist, und zum anderen, wie die in § 4 Abs. 1 bis Abs. 3 des notariellen Vertrages enthaltene Verpflichtung zur Altlastenbeseitigung auszulegen ist. Beide Fragen entziehen sich einer rechtlichen Nachprüfung , wenn die für die Beurteilung wesentlichen Umstände nicht mitgeteilt werden. Diese sind den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen. Es kann auch nicht angenommen werden, daû das Berufungsurteil allein auf dem erstinstanzlich festgestellten (und in Bezug genommenen) Sachverhalt beruht, zumal das Berufungsgericht eine ergänzende Beweisaufnahme durchgeführt hat.

II.


Das Berufungsgericht erhält nach Zurückverweisung u.a. Gelegenheit, sich mit den rechtlichen Bedenken auseinanderzusetzen, die die Revision gegen die Auslegung der Haftungsklausel in dem angefochtenen Urteil vorgebracht hat. Dabei ist insbesondere Bedacht zu nehmen auf das Gebot einer nach beiden Seiten hin interessegerechten Auslegung (s. nur BGH, Urt. v. 9. Oktober 2000, II ZR 345/98, NJW 2001, 143 m.w.N.). Dieses Gebot kann
verletzt sein, wenn das gefundene Auslegungsergebnis zu einem für die Beklagten nicht mehr kalkulierbaren Haftungsrisiko führen würde. Dies kommt in Betracht, wenn sich der Umfang der Altlastenbeseitigungspflicht nach den zum Zeitpunkt der Feststellung der Altlasten geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften beurteilen soll, und dies zudem ohne zeitliche Einschränkungen. Zu berücksichtigen ist ferner, daû die Parteien einer Vertragsklausel im Zweifel einen Inhalt beimessen wollen, der von rechtserheblicher Bedeutung ist (BGH, Urt. v. 18. Mai 1998, II ZR 19/97, NJW 1998, 2966; Senatsurt. v. 1. Oktober 1999, V ZR 168/98, NJW 1999, 3704, 3705, jew. m.w.N.). Das Berufungsgericht wird prüfen müssen, ob dieser Grundsatz einer Auslegung entgegensteht, die der im Vertrag vorgesehenen zeitlichen Haftungsbeschränkung nur für den Fall Bedeutung zuerkennt, daû die Beklagten ihrer Verpflichtung, das Gelände altlastenfrei zu übergeben, erfüllt haben.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier
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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V
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published on 09/10/2000 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 345/98 Verkündet am: 9. Oktober 2000 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
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published on 20/11/2014 00:00

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Landgerichts Deggendorf - 1. Zivilkammer - vom 11. Dezember 2013 aufgehoben.
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Annotations

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.