Bundesgerichtshof Urteil, 17. Jan. 2002 - IX ZR 266/00

bei uns veröffentlicht am17.01.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 266/00 Verkündet am:
17. Januar 2002
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zum Ersatz eines Zinsschadens aufgrund einer unrichtigen notariellen Fälligkeitsbestätigung.
BGH, Urteil vom 17. Januar 2002 - IX ZR 266/00 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter
Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. Mai 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den verklagten Notar wegen Amtspflichtverletzung auf Ersatz eines Zinsschadens in Anspruch.
Mit von dem Beklagten beurkundetem Vertrag vom 20. Juli 1995 kaufte die Klägerin jeweils lastenfrei das hälftige ideelle Miteigentum an den Grundstücken F. und K. in F. für 1,3 Mio. DM (F.) und 0,8 Mio. DM (K.). Nach dem Vertrag war der Kaufpreis zwei Banktage nach dem Datum der Fälligkeitsmitteilung des Notars zu zahlen.

Unter dem Datum vom 25. September 1995 zeigte der Beklagte der Klägerin die Fälligkeit des Kaufpreises für das Objekt F. an. In dem Schreiben heißt es: "Die Löschung der in Abt. III eingetragenen Grundpfandrechte ist gewährleistet". Am 28. September 1995 überwies die Klägerin den Kaufpreis mit Wertstellung zum 10. Oktober 1995 auf das vom Beklagten angegebene Notaranderkonto. Der Beklagte leitete ihn anschließend an die Verkäuferin weiter.
Mit Schreiben vom 22. November 1995 teilte der Beklagte der Klägerin mit: "Es hat sich herausgestellt, daß der Grundschuldbrief bezüglich des Rechts III/1 (F.) nicht vorliegt." Der Brief war für eine Grundschuld über 50.000 DM nebst 15 % Jahreszinsen ausgestellt. Er wurde mit Ausschlußurteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26. November 1996 für kraftlos erklärt.
Die Klägerin macht geltend, sie habe aufgrund der verfrühten Fälligkeitsmitteilung des Beklagten einen Zinsschaden erlitten, weil sie den Kaufpreis mit Hilfe eines von ihrem Alleingesellschafter und Geschäftsführer, W. H., gewährten Kredits finanziert habe. Hierzu hat sie einen Darlehensvertrag vom 27. Juli 1995 über 2,1 Mio. DM vorgelegt. Den darin vereinbarten Zins - für die Zeit vom 10. Oktober 1995 bis zum 30. November 1996 errechnet die Klägerin einen Betrag in Höhe von 148.919,33 DM - hat sie nach ihrer Behauptung an H. bezahlt.
Das Landgericht hat der auf Ersatz dieses Betrages gerichteten Klage stattgegeben; das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Die Klage sei unschlüssig. Es könne zwar unterstellt werden, daû der Beklagte eine fahrlässige Amtspflichtverletzung begangen habe. Diese habe möglicherweise bei der Klägerin sogar zu einem Vermögensschaden geführt. Indes könne der vorliegend eingeklagte Zinsschaden nicht die Folge der Amtspflichtverletzung sein. Es fehle bereits an der schlüssigen Darlegung eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Darlehensvertrag vom 27. Juli 1995 und der Kaufpreiszahlung durch die Klägerin. Möglicherweise habe H. der Klägerin in Vollzug des Darlehensvertrags ein Darlehen über 2,1 Mio. DM gewährt. Die Klägerin habe den Kaufpreis jedoch nicht aus diesem Kredit bezahlt, sondern allenfalls mit Hilfe einer von H. auf sein "Gesellschafterverwendungskonto" bezahlten Einlage. Einlagezinsen mache die Klägerin jedoch nicht geltend, sondern Darlehenszinsen. Im übrigen seien Einlagen nur begrenzt verzinslich. Nach dem klägerischen Vortrag seien auch keine Zinsen aus dem Betrag von 1,3 Mio. DM an H. gezahlt worden.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Der Beklagte hat schuldhaft seine Amtspflichten verletzt (§ 19 Abs. 1 Satz 1, § 24 Abs. 1 BNotO).
Soll ein Notar im Rahmen der Vertragsabwicklung eine Fälligkeitsbestätigung erteilen, hat er die entsprechenden Tatsachen festzustellen und rechtlich zu prüfen, ob die vertraglichen Voraussetzungen für den Eintritt der Fälligkeit vorliegen (BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 220/95, WM 1997, 325, 326; vom 17. Juni 1999 - IX ZR 100/98, WM 1999, 1642, 1643). Gibt er die Bestätigung ab, obwohl noch nicht alle Voraussetzungen vorliegen, so haftet er demjenigen, der auf die Bestätigung hin zahlt, für dessen "Verfrühungsschaden" (BGHZ 96, 157, 165; BGH, Urteil vom 21. November 1996 aaO).
Im Zeitpunkt der Erteilung der Fälligkeitsbestätigung war die Löschung des unter III Nr. 1 eingetragenen Grundpfandrechts nicht gewährleistet. Zur Löschung einer Briefgrundschuld ist - neben der Löschungsbewilligung - die Vorlage des Grundschuldbriefs erforderlich (§ 1144 BGB; § 41 Abs. 1 Satz 1 GBO). Solange dieser nicht vorliegt oder durch Ausschluûurteil für kraftlos erklärt wird (§ 41 Abs. 2 Satz 2 GBO), kann die Löschung nicht erfolgen.
Der Beklagte muûte dies wissen und hätte deshalb erkennen können, daû seine Bestätigung vom 25. September 1995 falsch war.
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin schlüssig dargetan, daû ihr durch den Notarfehler ein Schaden entstanden ist.

a) Zur Schlüssigkeit einer Klage ist insoweit nicht mehr zu fordern, als daû sich die geltend gemachte Rechtsfolge aus dem als richtig zu unterstellenden Tatsachenvortrag des Klägers ableiten läût (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1984 - VII ZR 123/83, NJW 1984, 2888, 2889; v. 25. Februar 1988 - IX ZR 139/87, NJW-RR 1988, 1488). Dabei ist auch dem Kläger ungünstiges eigenes oder unstreitiges Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen (vgl. Zöller/Greger, ZPO 22. Aufl. vor § 128 Rn. 10 und vor § 253 Rn. 23).
Da sich die Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden danach beurteilt, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäûem Verhalten genommen hätten und wie die Vermögenslage des Betroffenen wäre, wenn der Notar die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäû gehandelt hätte (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 - IX ZR 88/98, WM 2000, 1808, 1809), ist im vorliegenden Fall der Klagevortrag schlüssig, wenn sich aus ihm entnehmen läût, daû sich die verfrühte Zahlung des Kaufpreises für das Objekt F. nachteilig auf das Vermögen der Klägerin ausgewirkt hat.

b) Das ist der Fall, weil die Klägerin behauptet, die verfrühte Zahlung habe Finanzierungskosten ausgelöst, die bei der vertragsgemäûen späteren Zahlung nicht angefallen wären.

Im einzelnen hat die Klägerin vorgetragen, sie habe am 27. Juli 1995 zur Finanzierung des Immobilienerwerbs mit ihrem Alleingesellschafter und Geschäftsführer H. einen Darlehensvertrag geschlossen. Darin habe H. sich verpflichtet , ihr den Kaufpreis von 2,1 Mio. DM darlehenshalber zur Verfügung zu stellen. Umgekehrt habe sie, die Klägerin, sich verpflichtet, dieses Darlehen zu verzinsen, und zwar in Höhe des Zinssatzes, den H. für von ihm selbst bei der L. (im folgenden: Bank) in Anspruch genommene Kredite zu zahlen habe, zuzüglich eines Aufschlages von 2 %. Den Darlehensvertrag vom 27. Juli 1995 hat die Klägerin vorgelegt.
Weiter hat die Klägerin dargelegt, H. habe am 6. Oktober 1995 mit Wertstellung zum 10. Oktober 1995 auf ihr Konto Nr. 17515 bei der besagten Bank den Betrag von 2,1 Mio. DM überwiesen, und hierzu den Überweisungsträger vorgelegt. Am 10. Oktober 1995 sei ein Betrag in gleicher Höhe, der sich aus Teilzahlungen von 1,3 Mio. DM und 0,8 Mio. DM zusammensetze, von diesem Konto abgeflossen, und zwar an den Beklagten zum Zwecke der Bezahlung des Kaufpreises. Die beiden Überweisungsträger und den Kontoauszug vom 10. Oktober 1995 hat die Klägerin ebenfalls zu den Akten gereicht.
Schlieûlich hat die Klägerin vorgetragen, die in der Zeit vom 10. Oktober 1995 bis 30. November 1996 entsprechend dem Vertrag vom 27. Juli 1995 angefallenen Zinsen seien von ihr bezahlt worden.

c) Die Schlüssigkeitsbedenken des Berufungsgerichts beruhen - wie die Revision zu Recht rügt - teils auf der Auûerachtlassung wesentlichen Prozeûstoffs (§ 286 ZPO), teils auf materiell-rechtlichen Fehlern.

aa) Das Berufungsgericht hat gemeint, es fehle "bereits an einem schlüssigen kausalen Zusammenhang" zwischen dem Abschluû des Darlehensvertrages und der Kaufpreiszahlung durch die Klägerin, weil ausweislich des vorgelegten Darlehensvertrages das Darlehen der Klägerin "zur freien Verfügung" habe gewährt werden sollen, der Zeitpunkt der Darlehensgewährung nicht genannt worden und keine Zurückzahlung des Darlehens nach der Weiterveräuûerung der angeschafften Immobilien vorgesehen gewesen sei.
Dabei hat das Berufungsgericht zum einen nicht berücksichtigt, daû die Klägerin im Zusammenhang mit dem Kauf der fraglichen Immobilien Kreditbedarf hatte, weil sie - auch nach dem Vortrag des Beklagten - den Kaufpreis nicht aus eigenen flüssigen Mitteln bezahlen konnte. Es lag also nahe, daû die Klägerin ein Darlehen aufnahm. Der Darlehensvertrag datiert vom 27. Juli 1995; er wurde somit gerade eine Woche nach der Beurkundung des Immobilienkaufvertrages abgeschlossen. In der Präambel des Darlehensvertrags ist - was das Berufungsgericht zwar erwähnt, aber nicht gewürdigt hat - ausdrücklich auf den vorausgegangenen Abschluû des Kaufvertrages Bezug genommen. Hinzu kommt, daû der Darlehensbetrag auf 2,1 Mio. DM lautete, also genau auf die Kaufpreissumme.
Zum anderen spricht der Umstand, daû es in Nr. 3 des Darlehensvertrages heiût: "Die Verzinsung des Darlehens erfolgt ab dem Tage, an dem die Darlehensnehmerin das Darlehen zur freien Verfügung hat", entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zwingend gegen die beabsichtigte Verwendung des Darlehens zur Finanzierung des Kaufpreises. Es handelt sich - wie die Revision mit Recht geltend macht - um eine Regelung zum Beginn der Ver-
zinsung und nicht um eine solche zum Verwendungszweck. Auûerdem hatte es der Darlehensgeber, weil er zugleich Geschäftsführer der Darlehensnehmerin war, selbst in der Hand, auf die Verwendung der Darlehensvaluta Einfluû zu nehmen. Letztlich kommt es auf die Frage, ob der Klägerin das Darlehen zur Begleichung der Kaufpreisforderung aus dem Vertrag vom 20. Juli 1995 oder zur freien Verfügung eingeräumt worden war, auch gar nicht an, falls die Klägerin die Darlehensvaluta tatsächlich zur Bezahlung der Kaufpreise verwendet hat (dazu Näheres unter bb).
Unerheblich ist ferner der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand , daû der Zeitpunkt, zu welchem die Darlehensvaluta ausgereicht werden sollte, in dem Darlehensvertrag nicht genannt war. Ersichtlich hing dies damit zusammen, daû der Zeitpunkt der Kaufpreisfälligkeit bei Abschluû des Darlehensvertrags noch nicht feststand.
Der vom Berufungsgericht vermiûten Regelung, daû die Weiterveräuû erung der Kaufobjekte durch die Klägerin die Pflicht zur Darlehensrückzahlung auslöse, bedurfte es nicht. Der Geschäftsführer der Klägerin konnte jederzeit mit sich selbst als Darlehensgeber vereinbaren (zu § 181 BGB vgl. unten bb), daû die Laufzeit des Darlehens entsprechend angepaût wird. Auf eine derart ige Möglichkeit ist in Nr. 5 des Darlehensvertrags eigens hingewiesen. Im übrigen ist die Regelung in Nr. 6, wonach die Darlehensnehmerin berechtigt war, das Darlehen vor Fälligkeit ganz oder teilweise zu tilgen, ersichtlich auf den Fall gemünzt, daû es der Klägerin gelang, vor Ablauf von drei Jahren die Kaufobjekte weiterzuveräuûern.
bb) Der - nicht weiter ausgeführten - Meinung des Berufungsgerichts, es fehle "an der schlüssigen Darlegung einer rechtlichen Verpflichtung" der Klägerin zur Entrichtung von Darlehenszinsen, kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat ihrer Darlegungslast durch Vorlage des Darlehensvertrages vom 27. Juli 1995 genügt.
Daû dem Abschluû des Darlehensvertrages das Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) entgegengestanden habe, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und der Beklagte nicht geltend gemacht. Er hat im Gegenteil vorgetragen, es sei der Klägerin unbenommen gewesen, bei ihrem Alleingesellschafter /Geschäftsführer ein Darlehen aufzunehmen, und in seinem Schriftsatz vom 12. April 1999 (Blatt 5) von dem Alleingesellschafter und Geschäftsführer gesprochen, der "von § 181 BGB befreit ist".
Allerdings ist dem Darlehensvertrag (in Nr. 2) eindeutig nur zu entnehmen , daû das Darlehen verzinslich sein sollte. Demgegenüber sollte sich der Zinssatz an der Höhe desjenigen ausrichten, "den Herr W. H. für von ihm bei der L. in Anspruch genommene Kredite zu zahlen hat, zuzüglich eines Aufschlages von 2 %". Die in dieser Hinsicht gegebene Unklarheit ist indessen unschädlich.
Die Klägerin hat der Behauptung des Beklagten, H. habe bei der Bank mehrere Kredite mit unterschiedlichen Zinssätzen aufgenommen, nicht widersprochen. Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich daraus aber weder die Zinslosigkeit des Darlehens noch gar die Nichtigkeit des Darlehensvertrages. Vielmehr ist dessen Nr. 2 gemäû §§ 157, 242 BGB dahin auszulegen, daû H. gemäû § 315 BGB unter seinen mit der Bank aktuell bestehenden Dar-
lehensverträgen denjenigen bestimmen durfte, dessen Zinssatz für den der Klägerin gewährten Kredit maûgeblich sein sollte. Daû ein Darlehensvertrag zwischen H. und der Bank über mindestens 1,5 Mio. DM mit den in Ansatz gebrachten Zinssätzen von 8,25 % und 7,98 % bestand, hat die Klägerin mit einem Schreiben der Bank vom 11. Juli 1996 belegt. Es ist nicht erkennbar, daû dies - wie der Beklagte meint - auf eine "unzulässige verdeckte Gewinnausschüttung" hinauslaufe; gegebenenfalls hätte dies auch nur steuerliche Auswirkungen.
Des weiteren ist der Darlehensvertrag nicht wegen widersprüchlicher Regelungen hinsichtlich seiner Laufzeit unwirksam. Gemäû Nr. 5 des Darlehensvertrages sollte dieser eine Laufzeit von zunächst drei Jahren - mit der Möglichkeit einer einverständlichen Verkürzung oder Verlängerung - haben. In Nr. 6 wurde der Darlehensnehmerin das Recht zugebilligt, das Darlehen vor Fälligkeit ganz oder teilweise zu tilgen. Das stellt - entgegen der Meinung des Beklagten - keinen Widerspruch dar, sondern ist sinnvoll aufeinander bezogen.
cc) Auch die Ansicht des Berufungsgerichts, es sei nicht schlüssig dargetan , daû der Überweisung vom 6./10. Oktober 1995 von H. an die Klägerin eine Darlehensgewährung zugrunde liege, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Das Berufungsgericht hat es selbst für möglich gehalten, daû H. der Klägerin "in Vollzug des Darlehensvertrages vom 27. Juli 1995 ein Darlehen über 2,1 Mio. DM gewährt hat". Dann bedurfte die Annahme, die Überweisung von 2,1 Mio. DM vom 6./10. Oktober 1995 von H. an die Klägerin habe mit der Darlehensgewährung nichts zu tun, triftiger Gründe. Das gilt um so mehr, als
sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht ergibt, sie habe in dem fraglichen Zeitraum von H. den Betrag von 2,1 Mio. DM zweimal erhalten.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Vermerk auf dem Überweisungsträger vom 6. Oktober 1995 "Einlage auf das Gesellschafterverwendungskonto W. H." kein triftiger Grund, um die Schlüssigkeit des Klagevorbringens in Frage zu stellen. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus dem ergänzenden Vortrag, wonach bei der Klägerin bis Ende 1996 zwei "Verrechnungskonten" geführt worden seien, nämlich die Konten Nr. 1990 ("Gesellschaftereinlagen" ) und Nr. 1900 ("Gesellschafterentnahmen"). Auf das Konto Nr. 1990 seien sämtliche Einzahlungen des Geschäftsführers H. gebucht worden und auf das Konto Nr. 1900 dessen sämtliche Entnahmen. Zum Jahresende seien die Konten saldiert worden. Die von H. durch Überweisung vom 6./10. Oktober 1995 gezahlten 2,1 Mio. DM seien auf dem Konto Nr. 1990, das zum Jahresanfang 1995 einen Bestand von 9.810.997,97 DM aufgewiesen habe , unter "Einlage WH" gebucht worden. Im Dezember 1995 sei die Verzinsung der Gesellschaftereinlagen in Höhe von 553.931,79 DM eingebucht worden. In diesem Betrag seien die Zinsen aus dem Darlehensvertrag vom 27. Juli 1995 für die Zeit vom 10. Oktober bis 31. Dezember 1995 enthalten gewesen. Unter Berücksichtigung weiterer Einlagen und Entnahmen - allein in der Zeit von Januar bis Juni 1995 habe H. einen Betrag von 5.502.627,27 DM entnommen - habe die Kontensaldierung per 31. Dezember 1995 einen Stand der Gesellschaftereinlagen in Höhe von 7.359.260,01 DM ergeben. Die im Jahr 1996 angefallenen Zinsen für die Gesellschaftereinlagen seien im Dezember 1996 in Höhe von 532.281,26 DM eingebucht worden. Darin seien wiederum die Zinsen aus dem Darlehensvertrag vom 27. Juli 1995 enthalten gewesen. Bis zum
September 1999 sei das - nunmehr als einheitliches Konto geführte - Gesellschafterverrechnungskonto auf 33.754, 37 DM zurückgeführt worden.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, aus diesem Vortrag ergebe sich, daû H. mit der Überweisung vom 6./10. Oktober 1995 kein Gesellschafterdarlehen gewährt, sondern eine Gesellschaftereinlage erbracht habe, ist unrichtig. Die - allerdings miûverständliche - Bezeichnung "Einlage" auf dem Überweisungsträger und die entsprechende Verbuchung auf einem "Gesellschaftereinlagenkonto" rechtfertigten keine derartige Schluûfolgerung. Wie das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt hat, dient eine Gesellschaftereinlage der Aufbringung bzw. Mehrung des haftenden Vermögens der Gesellschaft. Danach war es ausgeschlossen, die Überweisung vom 6./10. Oktober 1995 als Einlage anzusehen. Das Stammkapital der Klägerin betrug 51.000 DM. Daû es noch nicht voll einbezahlt gewesen wäre oder daû ein Kapitalerhöhungsbeschluû vorgelegen hätte, hat er nicht behauptet. Das Konto Nr. 1990 bei der Klägerin diente - ebenso wie das "Komplementär"-Konto Nr. 1900 - lediglich internen buchhalterischen Zwecken. Diese beiden Konten sollten ersichtlich die Geldbewegungen erfassen, die - in beiden Richtungen - zwischen der Klägerin und dem Alleingesellschafter H. stattfanden. Da auch "Entnahmen" vorkamen und jeweils zum Jahresende mit den "Einlagen" verrechnet wurden, kann es sich bei den auf dem Einlagenkonto verbuchten Geldflüssen nicht um Einlagen im Rechtssinne gehandelt haben. Diese hätten der Gesellschaft endgültig verbleiben müssen. Tatsächlich ist der Bestand an "Einlagen" nach dem Vortrag der Klägerin von fast 10 Mio. DM Anfang 1995 auf lediglich 33.754,37 DM im September 1999 zusammengeschmolzen.

III.


Das angefochtene Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig (§ 563 ZPO).
1. Der Beklagte hat zunächst geltend gemacht, der Darlehensvertrag vom 27. Juli 1995 sei ein "Scheingeschäft", später aber vorgetragen, H. habe einen "ohnedies ... aufgenommene(n) Kredit ... an die Klägerin 'durchgereicht'". Ein derartiges Geschäft ist kein Scheingeschäft.
2. Ferner hat der Beklagte gemeint, das der Klägerin von ihrem Alleingesellschafter H. gewährte Darlehen habe kapitalersetzenden Charakter gehabt. Deshalb hätte die Klägerin keine Zinsen bezahlen dürfen; diese seien ihr zurückzuerstatten.
Ob der Klägerin ein derartiger Rückerstattungsanspruch zusteht, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Die Klägerin hat einen Schaden, weil sie - veranlaût durch die unrichtige Fälligkeitsmitteilung des Beklagten - den Kredit vorzeitig abgerufen und dafür Zinsen bezahlt hat. Diese tatsächliche Vermögenseinbuûe wird durch einen etwaigen kapitalersatzrechtlichen Rückerstattungsanspruch nicht ausgeglichen. Ob dieser Anspruch besteht, mag der Beklagte selbst mit dem Darlehensgeber H. ausfechten. Er hat in entsprechender Anwendung des § 255 BGB einen Anspruch gegen die Klägerin auf Abtretung eines etwaigen Rückerstattungsanspruchs (vgl. BGH, Urt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, ZIP 2001, 1507, 1510 m.w.N.). Dieser Anspruch ist jedenfalls deswegen abtretbar, weil die Klägerin zur Abtretung nur Zug um Zug gegen die
Schadensersatzleistung des Beklagten verpflichtet ist und auf diese Weise dem Gesellschaftsvermögen ein vollwertiger Ausgleich zuflieût (vgl. BGHZ 69, 274, 282 ff; BGH, Urt. v. 27. November 2000 - II ZR 83/00, WM 2001, 204, 205, zVb in BGHZ 146, 105).
3. Der Beklagte hat einen Schaden mit der Erwägung bestritten, durch ihre frühe Zahlung sei die Klägerin auch vorzeitig Eigentümerin geworden und habe deshalb ihr mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils verfolgtes Ziel, die Teilungsversteigerung zu betreiben und als Meistbietende die andere Miteigentumshälfte zu erwerben, zeitiger in Angriff nehmen können. Da das Teilungsversteigerungsverfahren aber in jedem Falle gleich lang gedauert hätte, wäre der Finanzierungsaufwand bei einer späteren Zahlung des Kaufpreises der gleiche gewesen; er hätte sich lediglich zeitlich verschoben.
Dieser Einwand greift nicht durch. Zwar hat die Klägerin tatsächlich die andere Miteigentumshälfte im Wege der Teilungsversteigerung am 21. August 1997 erworben. Sie hat indes behauptet, die Teilungsversteigerung habe sie nur, um den vom Beklagten zu verantwortenden Schaden zu mindern, und erst beantragt, als ihr ursprüngliches Vorhaben, die Miteigentumshälfte zu veräuûern , wegen der fehlenden Lastenfreiheit des Kaufobjekts gescheitert sei. Diese Behauptung hat das Landgericht nach Beweisaufnahme für erwiesen gehalten. Die erstinstanzliche Beweiswürdigung hat der Beklagte nicht angegriffen.
Die Klägerin ist zwar vorzeitig Eigentümerin geworden, hat damit aber nicht - wie der Beklagte in der Revisionsverhandlung geltend gemacht hat - das mit dem Erwerb verfolgte wirtschaftliche Ziel erreicht. Wegen der eingetrage-
nen Belastung konnte sie tatsächlich das Objekt nicht veräuûern. Vermieten konnte sie es - wie der Beklagte in zweiter Instanz eingeräumt hat - auch nicht.
4. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Klägerin durch die Vereinbarung des Kreditvertrags vom 27. Juli 1995 - ungeachtet der Frage, ob sie seinerzeit einen günstigeren Kredit hätte erlangen können - nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) verstoûen. Denn am 27. Juli 1995 hatte der Beklagte die Amtspflichtverletzung noch gar nicht begangen und war die Klägerin in ihren geschäftlichen Dispositionen noch frei.

IV.


Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil sie weiterer Aufklärung bedarf.
Der Beklagte hat bestritten, daû die Klägerin tatsächlich die geltend gemachten Zinsen an ihren Geschäftsführer H. gezahlt hat. Zu den Zinszahlungen , die sich aus den von der Klägerin vorgelegten Auszügen für das Gesellschafterverrechnungskonto ergeben, hat die Klägerin eine Bescheinigung ihrer Steuerberaterin vom 17. April 1998 vorgelegt. Auûerdem hat der Bankangestellte U. bei seiner erstinstanzlichen Zeugenaussage bestätigt, daû H. bei seiner Bank über den gesamten Zeitraum vom 30. Juli 1995 bis 30. November 1996 Kredite in Höhe von mindestens 1,5 Mio. DM in Anspruch genommen und dafür die von der Klägerin zugrunde gelegten Zinsen entrichtet habe. Falls sich
das Berufungsgericht danach noch nicht von der Wahrheit der Behauptung der Klägerin überzeugen kann, wird es die noch ausstehenden Beweise erheben müssen.
Kreft Stodolkowitz Ganter
Raebel Kayser

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2000 - IX ZR 88/98

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 88/98 Verkündet am: 6. Juli 2000 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ------
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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2006 - III ZR 80/05

bei uns veröffentlicht am 06.07.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 80/05 Verkündet am: 6. Juli 2006 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BNotO § 19 Abs. 1 Sa

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2003 - IX ZR 159/01

bei uns veröffentlicht am 22.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IX ZR 159/01 Verkündet am: 22. Mai 2003 Preuß, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BNotO § 19 Abs. 1; BGB § 249

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Mai 2003 - IX ZR 201/01

bei uns veröffentlicht am 22.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 201/01 Verkündet am: 22. Mai 2003 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BNotO §§ 14, 19; EStG § 4 Abs

Referenzen

(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.

(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.

(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Verletzt der Notar vorsätzlich oder fahrlässig die ihm anderen gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesen den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Notar nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Verletzten nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen; das gilt jedoch nicht bei Amtsgeschäften der in §§ 23, 24 bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und seinen Auftraggebern. Im übrigen sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Schadensersatzpflicht im Fall einer von einem Beamten begangenen Amtspflichtverletzung entsprechend anwendbar. Eine Haftung des Staates an Stelle des Notars besteht nicht.

(2) Hat ein Notarassessor bei selbständiger Erledigung eines Geschäfts der in §§ 23, 24 bezeichneten Art eine Amtspflichtverletzung begangen, so haftet er in entsprechender Anwendung des Absatzes 1. Hatte ihm der Notar das Geschäft zur selbständigen Erledigung überlassen, so haftet er neben dem Assessor gesamtschuldnerisch; im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Assessor ist der Assessor allein verpflichtet. Durch das Dienstverhältnis des Assessors zum Staat (§ 7 Abs. 3) wird eine Haftung des Staates nicht begründet. Ist der Assessor als Notarvertretung des Notars tätig gewesen, so bestimmt sich die Haftung nach § 46.

(3) Für Schadensersatzansprüche nach Absatz 1 und 2 sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig.

(1) Zu dem Amt des Notars gehört auch die sonstige Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiete vorsorgender Rechtspflege, insbesondere die Anfertigung von Urkundenentwürfen und die Beratung der Beteiligten. Der Notar ist auch, soweit sich nicht aus anderen Vorschriften Beschränkungen ergeben, in diesem Umfange befugt, die Beteiligten vor Gerichten und Verwaltungsbehörden zu vertreten.

(2) Nimmt ein Anwaltsnotar Handlungen der in Absatz 1 bezeichneten Art vor, so ist anzunehmen, daß er als Notar tätig geworden ist, wenn die Handlung bestimmt ist, Amtsgeschäfte der in den §§ 20 bis 23 bezeichneten Art vorzubereiten oder auszuführen. Im übrigen ist im Zweifel anzunehmen, daß er als Rechtsanwalt tätig geworden ist.

(3) Soweit der Notar kraft Gesetzes ermächtigt ist, im Namen der Beteiligten bei dem Grundbuchamt oder bei den Registerbehörden Anträge zu stellen (insbesondere § 15 Abs. 2 der Grundbuchordnung, § 25 der Schiffsregisterordnung, § 378 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), ist er auch ermächtigt, die von ihm gestellten Anträge zurückzunehmen. Die Rücknahmeerklärung ist wirksam, wenn sie mit der Unterschrift und dem Amtssiegel des Notars versehen ist; eine Beglaubigung der Unterschrift ist nicht erforderlich.

Der Eigentümer kann gegen Befriedigung des Gläubigers die Aushändigung des Hypothekenbriefs und der sonstigen Urkunden verlangen, die zur Berichtigung des Grundbuchs oder zur Löschung der Hypothek erforderlich sind.

(1) Bei einer Hypothek, über die ein Brief erteilt ist, soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn der Brief vorgelegt wird. Für die Eintragung eines Widerspruchs bedarf es der Vorlegung nicht, wenn die Eintragung durch eine einstweilige Verfügung angeordnet ist und der Widerspruch sich darauf gründet, daß die Hypothek oder die Forderung, für welche sie bestellt ist, nicht bestehe oder einer Einrede unterliege oder daß die Hypothek unrichtig eingetragen sei. Der Vorlegung des Briefes bedarf es nicht für die Eintragung einer Löschungsvormerkung nach § 1179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Der Vorlegung des Hypothekenbriefs steht es gleich, wenn in den Fällen der §§ 1162, 1170, 1171 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Grund des Ausschließungsbeschlusses die Erteilung eines neuen Briefes beantragt wird. Soll die Erteilung des Briefes nachträglich ausgeschlossen oder die Hypothek gelöscht werden, so genügt die Vorlegung des Ausschlußurteils.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 88/98 Verkündet am:
6. Juli 2000
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
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Zur notariellen Betreuung der Vorwegnahme einer Erbfolge.
BGH, Urteil vom 6. Juli 2000 - IX ZR 88/98 - OLG Jena
LG Erfurt
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2000 durch die Richter Dr. Kreft, Stodolkowitz, Dr. Zugehör,
Dr. Ganter und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 10. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt vom beklagten Notar Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzungen.
Am 1. März 1992 kamen die Mutter des Klägers und deren sieben Kinder in Gegenwart des Beklagten überein, das Vermögen der Mutter, bestehend aus zwei bebauten Grundstücken, Ackerland und Bargeld, zur Vorwegnahme der Erbfolge den Kindern zu gleichen Teilen zu übertragen; zumindest die bei-
den Kinder, die die bebauten Grundstücke erwarben, sollten Ausgleichszahlungen erbringen.
Am 15. April 1992 beurkundete der Beklagte eine "Vollmacht" der Mutter des Klägers, die u.a. lautet:
"Ich erteile hiermit für mich und meine Erben meinem Sohn Christian Peter ... Vollmacht den nachstehenden Grundbesitz ... zu erwerben, zu verkaufen und aufzulassen sowie alle Erklärungen vor Notar, Gericht und Behörden abzugeben, die zur Umschreibung des Kaufgegenstandes auf den Erwerber erforderlich sind, insbesondere auch an Dritte, Geschwister und sonstige Personen zu übertragen. Der Bevollmächtigte ist berechtigt, Untervollmacht zu erteilen. Zur schenkungsweisen Veräußerung berechtigt die Vollmacht nicht. Der Bevollmächtigte wird von den einschränkenden Bestimmungen aus § 181 BGB befreit." Am 13. August 1992 beurkundete der Beklagte einen "Schenkungsvertrag" , in dem die Mutter des Klägers, vertreten durch dessen Bruder, aufgrund der Vollmacht vom 15. April 1992 dem Kläger - ebenfalls vertreten durch diesen Bruder - ihr Ackerland schenkweise zu Eigentum übertrug. In diesem Vertrag heißt es u.a.:
"Der Notar wird beauftragt, alle zu diesem Vertrag erforderlichen Genehmigungen einzuholen und diese Urkunde durchzuführen."
Der Kläger genehmigte diesen Vertrag am 19. Oktober 1992.
Die Mutter des Klägers (fortan auch: Erblasserin oder Witwe) verstarb am 23. Januar 1993. Sie wurde durch ihre sieben Kinder zu gleichen Teilen beerbt.
Die Genehmigung des Vertrages vom 13. August 1992 nach der Grundstücksverkehrsordnung wurde am 28. Juli 1994 erteilt. Im August 1994 teilte das Grundbuchamt dem Beklagten mit, der Grundbucheintragung des Klägers gemäß diesem Vertrage stehe entgegen, daß die von der Erblasserin erteilte Vollmacht nicht zur schenkweisen Veräußerung berechtige. Davon unterrichtete der Beklagte mit Schreiben vom 2. September 1994 den Bruder des Klägers , der diesen bei Vertragsschluß vertreten hatte. Zwei Miterben verweigerten die Genehmigung des Vertrages.
Die Klage auf Schadensersatz in Höhe von 67.510 DM nebst Zinsen hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§§ 564, 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO); von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO wird Gebrauch gemacht.

Der Amtshaftungsanspruch gegen den beklagten Notar ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gemäß § 839 BGB, sondern nach § 18 Abs. 1 VONot i.V.m. § 19 BNotO zu beurteilen (vgl. BGH, Urt. v. 15. Januar 1998 - IX ZR 4/97, WM 1998, 783, 784).

I.


1. Das Berufungsgericht hat eine Amtspflichtverletzung des beklagten Notars unterstellt, die sich nach dem Zusammenhang des Berufungsurteils auf - vom Kläger in den Vorinstanzen geltend gemachte - Fehler des Beklagten anläßlich der Beurkundung des Schenkungsvertrages vom 13. August 1992 bezieht. Nach dem Klagevortrag, von dem im Revisionsverfahren mangels tatrichterlicher Feststellungen auszugehen ist, hat der Beklagte eine ihm gegenüber dem Kläger obliegende Amtspflicht fahrlässig verletzt (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO). Der Beklagte hat die Vollmacht der Mutter des Klägers vom 15. April 1992 mit der Einschränkung beurkundet, daß sie nicht zur schenkweisen Veräußerung von Grundeigentum berechtigt, obwohl nach der Behauptung des Klägers am 1. März 1992 auf Anregung des Beklagten die unentgeltliche Übertragung des Ackerlandes an den Kläger vereinbart worden war (§ 17 BeurkG ). Außerdem hat der Beklagte den Schenkungsvertrag vom 13. August 1992 nicht durch die Mutter des Klägers genehmigen lassen, obwohl der Beklagte das nach dem - durch die Urkunde gestützten - Klagevortrag übernommen hatte.
2. Die Revision rügt mit Erfolg die Annahme des Berufungsgerichts, es fehle an der haftungsausfüllenden Kausalität, denn der Kläger habe "einen eventuellen Anspruch dem Grunde nach, auf jeden Fall der Höhe nach nicht schlüssig dargetan". Da der Kläger Miterbe zu 1/7-Anteil geworden sei, habe er für einen Schaden den Umfang des gesamten Nachlasses darlegen müssen; dies habe er versäumt. Eine Vereinbarung der Miterben über die Auseinandersetzung des Nachlasses habe den Kausalverlauf unterbrochen.
Für den haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen einer Amtspflichtverletzung des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden ist festzustellen, was geschehen wäre, wenn der Beklagte sich pflichtgerecht verhalten hätte, und wie die Vermögenslage des Klägers dann wäre; dies hat der Kläger für seinen Schadensersatzanspruch darzulegen und gemäß § 287 ZPO zu beweisen (vgl. BGH, Urt. v. 19. Oktober 1995 - IX ZR 104/94, WM 1996, 30, 31; v. 21. November 1996 - IX ZR 220/95, WM 1997, 325, 326).

a) Gemäß den Regeln des Beweises des ersten Anscheins (vgl. dazu BGH, Urt. v. 27. Mai 1993 - IX ZR 66/92, WM 1993, 1513, 1516) ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, daß - die Richtigkeit des Klagevortrags unterstellt - die Erblasserin zur Verwirklichung ihrer Absicht, im Einvernehmen mit ihren Kindern dem Kläger die beiden Grundstücke ohne Ausgleichszahlung zu übertragen, nach entsprechender Belehrung durch den Beklagten die Vollmachtsurkunde auch auf eine Schenkung erstreckt und den Schenkungsvertrag auf Anfrage des Beklagten genehmigt hätte. Dann wäre der Kläger als Eigentümer der Grundstücke im Grundbuch eingetragen worden, nachdem dieser dem Vertrag am 19. Oktober 1992 zugestimmt hatte und die Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsordnung erteilt worden war. Die Miterben hätten
den Vertrag nach dem Tode der Erblasserin erfüllen müssen (§§ 1967, 2058 BGB).

b) Der Kläger hat entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts schlüssig dargelegt, daß er infolge der geltend gemachten Amtspflichtverletzungen des Beklagten im Zusammenhang mit dem Schenkungsvertrag einen erstattungsfähigen Schaden erlitten hat.
Ein Geschädigter soll im Wege des Schadensersatzes nicht mehr erhalten als dasjenige, was er nach der materiellen Rechtslage hätte verlangen können; der Verlust einer tatsächlichen oder rechtlichen Position, auf die er keinen Anspruch hat, ist grundsätzlich kein ersatzfähiger Nachteil (BGHZ 124, 86, 95 m.w.N.).
aa) Der Wirksamkeit lebzeitiger Verfügungen der Erblasserin über ihr Vermögen stand das gemeinschaftliche Testament der Erblasserin und ihres - am 8. April 1980 verstorbenen - Ehemannes vom 28. November 1974 nicht entgegen.
Das Berufungsgericht hat das Testament ohne Begründung dahin gewertet , daß die Erblasserin Vorerbin und ihre Kinder Nacherben sein sollten. Die fehlende Auslegung kann der Senat nachholen. Das gemeinschaftliche Testament ist dahin auszulegen, daß der Überlebende Erbe des Verstorbenen und die gemeinsamen Kinder Schlußerben mit gleichen Anteilen werden sollten. Die Eheleute haben in ihrer letztwilligen Verfügung das beiderseitige Vermögen als Einheit angesehen; dieses sollte grundsätzlich mit dem Tode des
Längerlebenden als Gesamtnachlaß auf die Kinder übergehen (vgl. RGZ 113, 234, 240; BGHZ 22, 364, 366; BayObLGZ 66, 49, 61 u. 408, 417).
Die testamentarische Wiederverheiratungsklausel ist gegenstandslos geblieben und beeinträchtigte deswegen die Rechtsstellung der Witwe nicht (vgl. BGHZ 96, 198, 204). Je nachdem, ob das Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches oder das des am 1. Januar 1976 in Kraft getretenen Zivilgesetzbuches (ZGB) der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik anzuwenden ist (vgl. § 2 Abs. 2, § 8 EGZGB; Art. 235 §§ 1, 2 EGBGB; BGHZ 124, 270, 271 ff; 128, 302, 303; 131, 22, 26; Palandt/Edenhofer, BGB 59. Aufl. Einl. 5 vor § 1922; Art. 235 §§ 1, 2 EGBGB jeweils Rdnr. 1 ff; Leipold, in: MünchKommBGB , 3. Aufl. Bd. 9 Erbrecht Einleitung Rdnr. 227 ff; 262 ff; Bd. 11 Art. 235 Rdnr. 13 ff), war die Witwe in unterschiedlicher Weise an die wechselbezüglichen Verfügungen im Sinne des § 2270 Abs. 1, 2 BGB nach dem Tode ihres Ehemannes gebunden. Nach § 390 Abs. 2 ZGB konnte sie über den Nachlaß durch Rechtsgeschäft unter Lebenden frei verfügen. Bei Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuches stand ihr - wie einem durch Erbvertrag gebundenen Erblasser (§ 2286 BGB) - grundsätzlich ebenfalls ein freies Verfügungsrecht unter Lebenden zu, doch konnte bei einem Mißbrauch dieses Verfügungsrechts ein betroffener Schlußerbe einen Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 2287 BGB erlangen (BGHZ 82, 274, 276 ff.; vgl. BGH, Urt. v. 12. Oktober 1988 - IVa ZR 166/87, FamRZ 1989, 175; v. 21. Juni 1989 - IVa ZR 302/87, NJW 1989, 2389, 2390 f; Schubert JR 1982, 155; Kuchinke JuS 1988, 853; Musielak FamRZ 1989, 176). Da die Voraussetzungen eines solchen Mißbrauchs im Streitfall nicht dargetan sind, kann die Frage, welches Recht Anwendung findet, im gegenwärtigen Zeitpunkt auf sich beruhen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die sieben Kinder, die nicht gegen die
Pflichtteilsstrafklausel des Testaments verstoßen haben, nach beiden Rechtsordnungen als Schlußerben das von ihrer Mutter hinterlassene Vermögen zu gleichen Anteilen erwarben (§ 1922 BGB; § 363 Abs. 1 ZGB).
bb) Der Kläger ist nach seinem Vorbringen durch die behaupteten Beurkundungsfehler des Beklagten geschädigt worden. Die Grundstücke, die dem Kläger schenkweise übereignet werden sollten, hatten nach seiner Behauptung einen Wert von insgesamt 111.475 DM. Demgegenüber hat der Kläger nach seinem Vortrag bei der Auseinandersetzung des Nachlasses nur einen Anteil von 1/5 an diesen Grundstücken, der bei dem behaupteten Grundstückswert 22.295 DM entspricht, sowie 41.670 DM erhalten. Danach ergibt sich aus einem Beurkundungsfehler des Beklagten ein Vermögensverlust des Klägers in Höhe von 47.510 DM.
Daran ändert nichts, daß die Vereinbarung der Witwe und ihrer Kinder vom 1. März 1992 über eine Vorwegnahme der Erbfolge (vgl. dazu BGHZ 113, 310; BGH, Urt. v. 1. Februar 1995 - IV ZR 36/94, NJW 1995, 1349, 1350; Palandt /Edenhofer, aaO Einleitung 7 zu § 1922) bei ihrer Wirksamkeit möglicherweise eine Ausgleichungspflicht unter den Miterben zur Folge gehabt hätte (vgl. §§ 2050 Abs. 3, 2052 BGB; BGHZ 82, 274, 278). Denn die Vereinbarung war unwirksam; sie hätte der notariellen Beurkundung bedurft, weil sie eine Verpflichtung zur Übertragung und zum Erwerb von Grundstücken enthielt (§§ 125, 313 BGB).
Der dargelegte Schaden kann entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung des Beklagten nicht behoben werden, indem der Kläger die Miterben, die die Genehmigung des Schenkungsvertrages verweigert haben, auf Zu-
stimmung verklagt. Die Revisionserwiderung meint, dieser Vertrag sei wirksam gewesen, weil die Erblasserin entgegen der Vollmachtsurkunde den Vertreter der Vertragspartner zur schenkweisen Übertragung des Ackerlandes an den Kläger im Rahmen der Vereinbarung vom 1. März 1992 bevollmächtigt habe und diese Vollmacht nach § 167 Abs. 2 BGB formfrei wirksam gewesen sei. Aus der Absicht der Erblasserin, die Erbfolge vorwegzunehmen und dabei dem Kläger nach dessen Behauptung das Ackerland zu schenken, kann nicht zwingend auf eine solche Vollmacht geschlossen werden, weil die Erblasserin am 15. April 1992 eine Vollmacht beurkunden ließ, die nicht zu einer schenkweisen Übertragung berechtigte. Dementsprechend hat der Beklagte vorgetragen, die Erblasserin habe keine Vollmacht zur Schenkung von Grundstücken erteilen wollen (GA I 28, 119).
Der Schaden des Klägers entfällt nach seinem Vorbringen auch nicht wegen eines Ausgleichsanspruchs gegen Miterben aus §§ 2050 Abs. 3, 2052 BGB. Der Kläger hat nicht behauptet, die Erblasserin habe bei der Zuwendung der Hausgrundstücke an zwei Kinder eine rechtswirksame Ausgleichung angeordnet , die den Vermögensverlust wettmache (vgl. Dütz, in: MünchKomm-BGB, aaO § 2050 Rdn. 31).

c) Die Zustimmung des Klägers zu der Auseinandersetzung des Nachlasses hat nach dem Klagevortrag den Ursachenzusammenhang zwischen den behaupteten Amtspflichtverletzungen des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden des Klägers entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht unterbrochen.
Der Kläger hat behauptet, die Miterben hätten im Januar 1995 einen Vertrag zur Auseinandersetzung des Nachlasses geschlossen, um allen Miterben möglichst gleiche Anteile zu verschaffen. Danach sei der Nachlaß auf die Miterben mit Ausnahme der beiden Geschwister, die bebaute Grundstücke von der Erblasserin erworben haben, so verteilt worden, daß die bedachten fünf Miterben jeweils 1/5 der im Vertrag vom 13. August 1992 bezeichneten Grundstücke sowie bestimmte Geldbeträge erhalten hätten.
Da ein solcher Vertrag nichtig ist, weil er nicht gemäß § 313 Satz 1 BGB beurkundet worden ist (§ 125 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 14. Dezember 1965 - V ZR 116/64, MDR 1966, 227), hat der Kläger bei der Auseinandersetzung der Miterben kein Recht aus seiner Erbenstellung aufgegeben, so daß schon aus diesem Grunde der haftungsrechtliche Ursachenzusammenhang zwischen den behaupteten Amtspflichtverletzungen und dem geltend gemachten Schaden erhalten geblieben ist. Das ist jedoch auch dann der Fall, wenn der Vertrag nach § 313 Satz 2 BGB geheilt oder auf sonstige Weise unumkehrbar vollzogen worden ist. Der Kläger hat der einvernehmlichen Auseinandersetzung des Nachlasses zugestimmt, weil sie nach seiner Behauptung gemäß dem Testament der Eltern eine gleiche Beteiligung der Miterben an dem dargelegten Gesamtwert des Nachlasses angestrebt hat. Nach dem Vorbringen des Klägers gehörten zum Nachlaß seiner Mutter der Wert des Ackerlandes in Höhe von 111.475 DM sowie "Barvermögen" von insgesamt 195.000 DM einschließlich der Ausgleichszahlungen derjenigen Geschwister, die durch Verträge mit der Erblasserin Grundstücke erworben hatten. Das einer Schwester des Klägers zu Lebzeiten der Mutter übereignete Grundstück, das nach der Behauptung des Klägers einen Wert zwischen 350.000 bis 500.000 DM haben soll, gehörte nicht zum Nachlaß. Das Grundstück, das die Erblasserin an einen Bruder des
Klägers übertragen hat und das ebenfalls einen solchen Wert haben soll, fiel wirtschaftlich ebenfalls nicht mehr in den Nachlaß, weil die vertragliche Verpflichtung der Erblasserin durch die Miterben zu erfüllen war (§§ 1967, 2058 BGB).
Der Kläger durfte sich herausgefordert fühlen, zur Klärung einer verworrenen , nach seinem Vorbringen durch Amtspflichtverletzungen des Beklagten hervorgerufenen Rechtslage eine Auseinandersetzung des Nachlasses, die eine gleiche Beteiligung der Miterben am Nachlaß anstrebte, zuzustimmen. Außerdem bestand dafür ein rechtfertigender Anlaß, weil eine einvernehmliche Auseinandersetzung einem Erbteilungsrechtsstreit vorbeugte, so daß das Vorgehen des Klägers keine ungewöhnliche Reaktion auf die behaupteten Amtspflichtverletzungen des Beklagten war (vgl. BGH, Urt. v. 10. Mai 1990 - IX ZR 113/89, NJW 1990, 2882, 2883).

d) Der geltend gemachte Schaden ist - ausgehend vom Vorbringen des Klägers - dem Beklagten haftungsrechtlich zuzurechnen. Es liegt nicht außerhalb aller Lebenserfahrung, daß eine Schenkung von Grundstücken, die infolge eines Beurkundungsfehlers des Notars unwirksam ist, nach dem Tode des Schenkers von dessen Erben nicht genehmigt wird und deswegen dem Beschenkten die Zuwendung entgeht. Eine solche adäquate Schadensfolge fällt bei wertender Betrachtung in den Schutzbereich der verletzten Amtspflicht, weil diese auch auf die Durchführung des Schenkungsvertrages abzielte (vgl. BGH, Urt. v. 8. Juli 1993 - IX ZR 222/92, WM 1993, 1992, 1996, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 123, 178; v. 11. Juli 1996 - IX ZR 116/95, WM 1996, 2074, 2077).

II.


Das angefochtene Urteil ist nicht aus einem anderen Grund richtig (§ 563 ZPO). Vielmehr sind tatrichterliche Feststellungen erforderlich.
1. Der Kläger hat die bisher geltend gemachten - fahrlässigen - Amtspflichtverletzungen des Beklagten im Zusammenhang mit der Beurkundung der Vollmacht vom 15. April 1992 und des Schenkungsvertrages vom 13. August 1992 unter Beweisantritt schlüssig dargelegt, wie bereits ausgeführt worden ist.
Dem entsprechenden Klagevortrag ist der Beklagte in rechtserheblicher Weise entgegengetreten. Eine schadensursächliche Amtspflichtverletzung des Beklagten entfällt, wenn - gemäß seinem Vorbringen - die Erblasserin keine Vollmacht zur Schenkung von Grundstücken erteilen wollte und den Vertrag vom 13. August 1992 wegen inzwischen eingetretener Geschäftsunfähigkeit nicht mehr genehmigen konnte (vgl. § 104 Nr. 2, §§ 105, 177 Abs. 1 BGB).
Der Kläger hat die Amtspflichtverletzung gemäß § 286 ZPO zu beweisen (vgl. BGH, Urt. v. 11. März 1999 - IX ZR 260/97, WM 1999, 1324, 1326).

b) Sollte sich insoweit ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergeben, so hat der Kläger keine anderweitige Ersatzmöglichkeit, die demselben Tatsachenkreis entsprungen ist, aus dem sich die Schadenshaftung des Notars ergibt , und begründete Aussicht auf Erfolg bietet (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO; vgl.
BGH, Urt. v. 22. Juni 1995 - IX ZR 122/94, WM 1995, 1883, 1885; v. 19. Oktober 1995 - IX ZR 104/94, WM 1996, 30, 32).
Selbst wenn dem Kläger gegen seinen Bruder, der die Vertragspartner beim Abschluß des Schenkungsvertrages vertreten hat, ein Anspruch aus § 179 BGB zustehen sollte, so wäre dieser keine anderweitige Ersatzmöglichkeit im vorstehenden Sinne, weil der Vertreter in den Schutzbereich des § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO einbezogen war und bei einer Inanspruchnahme durch den Kläger seinerseits einen Rückgriffsanspruch gegen den Beklagten hätte (vgl. BGHZ 56, 26, 31 ff; Senatsbeschl. v. 10. Dezember 1998 - IX ZR 244/97, BGHR BNotO § 19 Abs. 1 Satz 2 - Subsidiarität 4).
Auch die Miterben haften dem Kläger nicht. Da die Vereinbarung vom 1. März 1992 unwirksam ist, waren die Miterben nicht verpflichtet, den Schenkungsvertrag zu genehmigen.

c) Ein solcher Amtshaftungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten wäre auch nicht verjährt (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO, § 852 BGB).
Die dreijährige Verjährungsfrist für einen solchen Anspruch beginnt erst dann, wenn der Geschädigte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt (vgl. dazu BGHZ 102, 246, 248 f; BGH, Urt. v. 24. Juni 1993 - IX ZR 84/92, NJW 1993, 2741, 2743 f; v. 2. Juli 1996 - IX ZR 299/95, WM 1996, 2071, 2074).
aa) Der Kläger hat durch die geltend gemachten Amtspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Schenkungsvertrag einen Schaden erlitten, als
seine Mutter am 23. Januar 1993 verstarb, so daß sie den vom Beklagten beurkundeten Schenkungsvertrag nicht mehr genehmigen konnte. Ein früherer Schadenseintritt ist insoweit nicht anzunehmen wegen der - vom Kläger bestrittenen - Behauptung des Beklagten, die Erblasserin sei nach dem 13. August 1992 geschäftsunfähig gewesen; der Beklagte, der die Voraussetzungen der Verjährung darzulegen und z u beweisen hat (vgl. BGH, Urt. v. 30. Januar 1980 - VIII ZR 237/78, WM 1980, 532, 534), hat keinen Beweis für dieses Vorbringen angetreten.
An der Verschlechterung des Vermögens des Klägers infolge des Todes der Erblasserin ändert nichts die rechtliche Möglichkeit, daß die Miterben den Schenkungsvertrag hätten genehmigen können (§§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1, 1922, 2032, 2040 Abs. 1 BGB). Bis zur Verweigerung der Genehmigung durch zwei Miterben war nur unsicher, ob der bei wertender Betrachtung bereits eingetretene Schaden bestehenblieb und damit endgültig wurde (vgl. BGH, Urt. v. 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 650 f; v. 17. Juni 1999 - IX ZR 100/98, WM 1999, 1642, 1643).
bb) Der Kläger hat unter Beweisantritt behauptet, er habe von den Beurkundungsfehlern erst durch seinen Bruder erfahren, nachdem dieser das Schreiben des Beklagten vom 2. September 1994 erhalten gehabt habe. Davon ist auszugehen, da der Beklagte nicht schlüssig dargelegt hat, daß der Kläger zu einem früheren Zeitpunkt von dem Schaden und dessen Urheber erfahren hat. Selbst wenn sich der Kläger, wie der Beklagte geltend gemacht hat, den Kenntnisstand seines Bruders zurechnen lassen müßte, so hat auch dieser erst mit dem Schreiben des Beklagten vom 2. September 1994 eine entsprechende Kenntnis erlangt.

cc) Danach ist die Verjährung mit Zustellung der Amtshaftungsklage am 30. Oktober 1996 rechtzeitig unterbrochen worden (§§ 209 Abs. 1, 211, 217 BGB, 253 Abs. 1 ZPO).

d) Sollte sich ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen eines Beurkundungsfehlers dem Grunde nach ergeben, so wird das Berufungsgericht gemäß § 287 ZPO festzustellen haben, ob der Kläger durch die geltend gemachten Amtspflichtverletzungen den dargelegten Schaden erlitten hat; auch insoweit ist der Beklagte dem Klagevortrag entgegengetreten.
2. In erster Linie wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob nach dem bisher unberücksichtigten Vortrag des Klägers dessen gesamter Schadensersatzanspruch gerechtfertigt ist.

a) Der Kläger hat unter Beweisantritt vorgebracht, der beklagte Notar habe es übernommen, die von der Erblasserin und ihren Kindern am 1. März 1992 vereinbarte Vorwegnahme der Erbfolge in eine geeignete rechtliche Form zu bringen sowie entsprechende Verträge vorzubereiten und für deren Vollzug zu sorgen (GA I 44). Bei Richtigkeit dieses Vorbringens, dem der Beklagte bisher nicht widersprochen hat, hat dieser eine umfassende Rechtsbetreuung gemäß § 24 Abs. 1 BNotO übernommen. Seine Aufgabe hat dann darin bestanden , für eine auftragsgerechte und zuverlässige Rechtsgestaltung zu sorgen; § 17 BeurkG gilt sinngemäß (vgl. BGH, Urt. v. 5. November 1992 - IX ZR 260/91, WM 1993, 260, 261 f).
Die aus einer Betreuungstätigkeit folgenden Amtspflichten hat der Beklagte nach dem vorliegenden Sach- und Streitstand fahrlässig verletzt. Er hat die Beteiligten nicht darauf hingewiesen, daß ihre Vereinbarung vom 1. März 1992 der notariellen Beurkundung gemäß § 313 BGB bedurfte. Außerdem hat er die Beteiligten nicht über die erbrechtliche Tragweite ihres Vorhabens, insbesondere über Art und Umfang einer Ausgleichspflicht unter den Miterben, belehrt (§§ 2050 Abs. 3, 2052, 2056 BGB; vgl. BGHZ 82, 274, 278).
Da in den Vorinstanzen das Vorbringen des Klägers bisher nicht unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt erörtert worden ist, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, sich dazu zu äußern.

b) Sollte danach der Klagevortrag in diesem Sinne zu verstehen sein und sich als richtig herausstellen, so ist nach den Regeln des Anscheinsbeweises davon auszugehen, daß die Beteiligten nach pflichtgemäßer Belehrung durch den Beklagten ihre Vereinbarung vom 1. März 1992 hätten beurkunden lassen sowie Art und Höhe der Ausgleichsleistungen unter den Miterben sachgerecht festgelegt hätten. Allein ein solches Verhalten wäre dem Zweck und Inhalt ihrer Vereinbarung dienlich gewesen.

c) Der Kläger hat schlüssig dargelegt, daß ihm aus der Verletzung einer Betreuungspflicht des Beklagten ein Schaden in Höhe seines Klageanspruchs entstanden ist. Danach sollte er aufgrund der Vereinbarung vom 1. März 1992 das Ackerland im Wert von 111.475 DM und eine Zuzahlung von 20.000 DM erhalten. Tatsächlich sind ihm nach seiner Behauptung ein anteiliger Grundstückswert von 22.295 DM sowie Bargeld von 41.670 DM - einschließlich der
zugesagten Zahlung von 20.000 DM - zugeflossen. Der Unterschiedsbetrag entspricht der hauptsächlichen Klagesumme.
Der haftungsrechtliche Ursachenzusammenhang ist nicht durch die Zustimmung des Klägers zu der Auseinandersetzung des Nachlasses im Januar 1995 unterbrochen worden; insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

d) Bei Verletzung einer Betreuungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 BNotO haftet der Beklagte dem Kläger, der einer der Auftraggeber war, primär (§ 19 Abs. 1 Satz 2 BNotO).

e) Auch ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Betreuungspflicht ist nicht verjährt (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BNotO, § 852 BGB). Selbst wenn der daraus folgende Schaden schon mit der Nichtbeurkundung der Vereinbarung vom 1. März 1992 eingetreten sein sollte, so hat der Kläger Kenntnis von dem Schaden und dessen Urheber frühestens im September 1994 erlangt, so daß die Verjährung durch die Klageerhebung im Oktober 1996 unterbrochen wurde.
Kreft Stodolkowitz Zugehör Ganter Wagenitz

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Wer für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zustehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 62/00 Verkündet am:
19. Juli 2001
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KO § 82; BGB §§ 254, 255, 278, 421

a) Fälscht oder verfälscht der Angestellte eines Konkursverwalters einen
Überweisungsauftrag, so daß der überwiesene Betrag nicht einem Massegläubiger
, sondern ihm selbst zufließt, muß sich der Konkursverwalter
dieses Verhalten gemäß § 278 BGB jedenfalls dann zurechnen lassen,
wenn er den Angestellten beauftragt hatte, die Entscheidung über die Erfüllung
von Masseverbindlichkeiten vorzubereiten sowie die Überweisungsformulare
entsprechend auszufüllen, dem Konkursverwalter zur Unterschrift
vorzulegen und nach Unterzeichnung in den Geschäftsgang zu
geben.

b) Durch die Ausführung des betrügerisch ge- oder verfälschten Überweisungsauftrags
kann die Masse ungeachtet eines ihr möglicherweise gegen
das kontoführende Kreditinstitut zustehenden Anspruchs auf Berichtigung
des fehlerhaft ausgewiesenen Kontostandes geschädigt sein. Der Konkursverwalter
schuldet der Masse dann vollen Schadensersatz; jedoch
steht ihm in analoger Anwendung des § 255 BGB ein Anspruch auf Abtretung
des der Masse zustehenden Anspruchs auf das entsprechende Kontoguthaben
zu.
BGH, Urteil vom 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Stodolkowitz, Dr. Zugehör, Dr. Ganter und Raebel auf
die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2001

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Januar 2000 wird auf Kosten des Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß er die ausgeurteilten Beträge auf das Konto Nr. ... des Klägers bei der Bank zu zahlen hat.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter in den Konkursverfahren über die Vermögen der vier im Rubrum aufgeführten Unternehmen. Er nimmt den Beklagten, seinen Amtsvorgänger, wegen Masseverkürzungen auf Schadensersatz in Anspruch.
Ein bei dem Beklagten als Sachbearbeiter tätiger Angestellter, K., gestaltete von Anfang 1995 bis Ende 1997 in den vier Konkursverfahren insgesamt 21 Überweisungsaufträge an die Bank (im folgenden: Bank), so, daß die jeweiligen Beträge nicht Massegläubigern, sondern seinem eigenen Sparkonto zuflossen. Nach dem Vortrag des Klägers verwandte K. dabei ihm vom Be-
klagten überlassene, blanko gezeichnete Überweisungsträger, nach dem Vortrag des Beklagten wurde sein Namenszug von K. gefälscht. Dieser verschaffte sich aus den vier Konkursmassen (der Einfachheit halber ist im folgenden nur noch von "der Konkursmasse" die Rede) insgesamt 931.973,10 DM, die er verbrauchte.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger noch Zahlung von 904.861,75 DM. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat im wesentlichen keinen Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hat sein Urteil wie folgt begründet:
Schon unter Zugrundelegung des Vortrages des Beklagten könne der Kläger gemäß § 82 KO Ersatz des durch K. angerichteten Schadens beanspruchen. Einerseits müsse der Beklagte für das schuldhafte Verhalten K.'s gemäß § 278 BGB einstehen, weil dieses mit den ihm vom Beklagten zugewiesenen Aufgaben in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang gestanden habe.
Andererseits habe der Beklagte selbst bei der ihm obliegenden Masseverwaltung nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet, weil er durch eine zweckentsprechende Büroorganisation die betrügerischen Machenschaften K.'s hätte verhindern können und müssen. Zwar trage in erster Linie das angewiesene Bankinstitut das Risiko einer Fälschung des Überweisungsträgers. Dennoch habe der vom Beklagten verwalteten Vermögensmasse aufgrund der gefälschten Überweisungsaufträge ein Schaden entstehen können, so etwa bei fehlendem Nachweis der Fälschung oder aufgrund des berechtigten Mitverschuldenseinwands des Bankinstituts. Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine Zusage des Klägers berufen, er werde vorrangig die Bank in Anspruch nehmen.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Nicht zu beanstanden ist zunächst die Auffassung des Berufungsgerichts , daß der Beklagte seine Pflichten als Konkursverwalter schuldhaft verletzt hat (§ 82 KO).

a) Legt man das eigene Vorbringen des Beklagten zugrunde, wonach sein Namenszug auf den Überweisungsträgern von K. gefälscht worden ist, so hat er dessen Verschulden gemäß § 278 BGB zu vertreten, weil er sich K.'s als Gehilfen bei der Erfüllung konkursspezifischer Verwalterpflichten bedient hat.
Dieser hat die Fälschungen in Erfüllung der ihm übertragenen Pflichten - nicht nur bei Gelegenheit dieser Tätigkeit - vorgenommen.
Die Haftung des Konkursverwalters für seine Erfüllungsgehilfen ist jedenfalls im Rahmen der internen Verantwortlichkeit anerkannt (BGHZ 93, 278, 283f.; BGH, Urt. v. 21. März 1961 – VI ZR 149/60, LM KO § 82 Nr. 3; v. 26. März 1985 - VI ZR 245/83, NJW 1985, 2482, 2483). Voraussetzung für die Anwendung des § 278 Satz 1 BGB ist ein unmittelbarer sachlicher Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten der Hilfsperson und den Aufgaben, die ihr im Hinblick auf die Vertragserfüllung zugewiesen waren. In diesem Rahmen hat der Geschäftsherr auch für strafbares Verhalten seiner Hilfspersonen zu haften. Das gilt selbst dann, wenn diese seinen Weisungen oder Interessen vorsätzlich zuwiderhandeln, um eigene Vorteile zu erzielen (vgl. BGH, Urt. v. 11. Oktober 1994 – XI ZR 238/93, NJW 1994, 3344, 3345; ferner Urt. v. 29. Januar 1997 – VIII ZR 356/95, NJW 1997, 1233, 1234 f.; v. 4. Februar 1997 – XI ZR 31/96, NJW 1997, 1360, 1361; v. 13. Mai 1997 – XI ZR 84/96, NJW 1997, 2236, 2237).
Wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, gehörte es nach der eigenen Darstellung des Beklagten zu den K. als Sachbearbeiter übertragenen Aufgaben , die Entscheidungen über die Erfüllung von Gläubigerforderungen vorzubereiten , Überweisungsformulare entsprechend auszufüllen, diese dem Beklagten zur Unterschrift vorzulegen und nach Unterzeichnung in den Geschäftsgang zu geben. Bei der Erledigung dieser Aufgaben hatte K. auch die Verpflichtung des Beklagten zu beachten, die Konkursmasse nur zu konkursspezifischen und nicht zu privaten Zwecken zu verwenden. Dieser Verpflichtung hat K., indem er die Vordrucke mißbräuchlich verwendete, zuwidergehan-
delt. Zwischen der Zuwiderhandlung und den Aufgaben bestand damit ein unmittelbarer Zusammenhang. Da Berechtigte hinsichtlich der durch die Überweisungen geschmälerten Kontenguthaben aus wirtschaftlicher Sicht die Konkursmasse war, muß K. auch im Verhältnis des Beklagten zu dieser als Erfüllungsgehilfe angesehen werden.

b) Geht man von der Behauptung des Klägers aus, daß K. für seine Transaktionen Überweisungsformulare benutzt hat, die der Beklagte blanko gezeichnet hatte, folgt die schuldhafte Pflichtverletzung schon aus der Überlassung solcher Blankette an einen Angestellten. Selbst wenn der Beklagte seinem langjährigen Mitarbeiter berechtigterweise vertraut haben mag, durfte er diesem nicht blanko gezeichnete Überweisungsformulare überlassen und ihm damit faktisch die Verfügungsbefugnis über die Konkurskonten einräumen. Zumindest wäre er verpflichtet gewesen, lückenlos und zeitnah zu überprüfen, wie jener die Blankette verwendet hatte. Gegebenenfalls wäre schon der erste Mißbrauchsfall alsbald entdeckt worden; zu den späteren wäre es dann nicht mehr gekommen.
2. Die Revision hat lediglich insoweit Erfolg, als der Kläger nicht, wie beantragt, schlechthin Zahlung, sondern nur Beseitigung des in der "Buchbelastung" liegenden Schadens durch Zahlung an die Bank (mit der Zweckbestimmung , den Betrag dem belasteten Konto des Klägers gutzuschreiben) verlangen kann.

a) Der Revision ist darin zu folgen, daß auf der Grundlage des beiderseitigen Vorbringens nicht festgestellt werden kann, das Vermögen des Klägers sei infolge der Durchführung der Banküberweisungen um die zuletzt noch ver-
langten 904.861,75 DM vermindert worden. Da es insofern an einem Schaden fehlt, ist die Klage mit dem Anspruch auf Zahlung eines entsprechenden Schadensersatzbetrages an den Kläger selbst unbegründet (vgl. BGH, Urt. v. 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, NJW 1994, 2357, 2358; v. 19. Juni 2001 - VI ZR 232/00, zVb; v. 10. Juli 2001 - VI ZR 206/00, zVb).
Die auf dem Girokonto vorgenommenen Belastungsbuchungen haben keine materiellrechtlichen Veränderungen des Forderungsbestandes im Rahmen des bankvertraglichen Verhältnisses zwischen der Bank und dem Kontoinhaber bewirkt. Dabei ist gleichgültig, ob K. - wie der Kläger behauptet - für seine Machenschaften von dem Beklagten blanko gezeichnete Überweisungsformulare verwendet oder - wie der Beklagte vorträgt - die Überweisungen durch Fälschung seines Namenszugs auf den Überweisungsformularen bewirkt hat. In beiden Fällen fehlt es an einem wirksamen Überweisungsauftrag. Bei den angeblichen Blanketten handelte es sich, wie sich aus den vom Kläger selbst zu den Gerichtsakten gereichten Durchschriften der jeweiligen Überweisungsaufträge ergibt, stets um sogenannte "Oberschriften" des Beklagten. Eine blanko geleistete "Oberschrift" begründet nicht den Rechtsschein, daß die darunter stehende Erklärung vom Aussteller herrührt. Der Blankettgeber braucht deshalb ein abredewidrig ausgefülltes Blankett in einem solchen Falle nicht gegen sich gelten zu lassen (BGHZ 113, 48, 53 f.). Falls K. die betrügerischen Vermögensverschiebungen durch Fälschungen des Namenszugs des Beklagten auf den Überweisungsformularen bewirkt hat, hat die Bank das Fälschungsrisiko zu tragen (BGH, Urt. v. 3. November 1992 - XI ZR 56/92, NJW 1993, 534, 536; v. 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, aaO; v. 11. Oktober 1994 - XI ZR 238/93, NJW 1994, 3344, 3345; v. 13. Mai 1997 - XI ZR 84/96, NJW 1997, 2236, 2237; v. 19. Juni 2001 - VI ZR 232/00, zVb; Schimansky, in: Schi-
mansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch 2. Aufl. § 49 Rdnr. 10; Canaris, Bankvertragsrecht 4. Aufl. Rdnr. 368). Nach beiden Darstellungen hat der Kläger gegen die Bank gemäß § 675, 667 BGB einen Anspruch auf Wiedergutschrift (BGHZ 108, 386, 390), der seinem Inhalt nach jedoch lediglich auf Berichtigung des derzeit fehlerhaft ausgewiesenen Kontostandes gerichtet ist (BGH, Urt. v. 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, aaO S. 2358 f; v. 19. Juni 2001 - VI ZR 232/00, zVb).

b) Indessen ist der Kläger, solange die Belastungsbuchungen nicht rückgängig gemacht und dementsprechend auf seinem Girokonto ein entsprechend vermindertes Guthaben ausgewiesen ist, Beeinträchtigungen des von ihm verwalteten Vermögens ausgesetzt, die sich - auch wenn ihm die Guthabenforderung der Bank gegenüber materiellrechtlich weiterhin in voller Höhe zusteht - als ersatzfähiger Schaden im Sinne des § 249 BGB darstellen. Das "Buchgeld" ist - solange die Wiedergutschrift aussteht - für den Kläger nicht verfügbar (BGH, Urt. v. 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, aaO S. 2359; v. 19. Juni 2001 - VI ZR 232/00, zVb; v. 10. Juli 2001 - VI ZR 206/00, zVb). Im übrigen ist der Kläger auch - weitergehend - dadurch geschädigt, daß er mit einer Wiedergutschrift nicht rechnen kann, soweit der Beklagte und nicht die Bank die unrichtigen Kontobelastungen zu verantworten hat. Nach dem Vortrag des Beklagten kommt ein Verschulden der Bank in Betracht, weil sie Anzeichen, die auf eine Fälschung der Überweisungsträger hindeuteten, grob fahrlässig außer acht gelassen habe. Gegebenenfalls hat die Bank die Verpflichtung verletzt, ihren Kunden vor ihr erkennbaren Untreuehandlungen einer Hilfsperson des Kunden zu schützen. In dem Umfang, in dem die Manipulationen K.'s nicht durch ein eigenes Verschulden der Bank begünstigt worden sind, kann diese gegen den Auszahlungsanspruch des Klägers aus dem Konto mit einem Scha-
densersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung des Girovertrages aufrechnen (BGH, Urt. v. 13. Mai 1997 - XI ZR 84/96, aaO; teilweise hat die Rechtsprechung gegenüber dem Verlangen des Kontoinhabers auf Berichtigung des fehlerhaft ausgewiesenen Kontostandes auch direkt den Mitverschuldenseinwand zugelassen, vgl. BGHZ 87, 376, 380; 108, 386, 391; BGH, Urt. v. 8. Oktober 1991 - XI ZR 207/90, NJW 1991, 3208, 3209). Der Kläger muß sich im Verhältnis zur Bank das Verschulden seines Vorgängers, des Beklagten, und dieser muß sich seinerseits das Verschulden K.'s zurechnen lassen (vgl. insoweit BGH, Urt. v. 18. Oktober 1965 - VII ZR 203/63, WM 1966, 64, 65; v. 8. Oktober 1991 - XI ZR 207/90, aaO S. 3210). Zwar hat der Kläger nicht für die vorsätzlich begangenen Fälschungen durch K. einzustehen. Denn eine Pflichtverletzung durch Verfälschung von Überweisungsaufträgen kann der Kontoinhaber selbst nicht begehen (BGH, Urt. v. 25. Januar 1985 - III ZR 138/84, WM 1985, 511; v. 13. Mai 1997 - XI ZR 84/96, aaO). Der Kläger muß sich indes ein anderweitiges Fehlverhalten K.'s bei der Wahrnehmung girovertraglicher Pflichten zurechnen lassen. Dieser hatte bei der Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben (oben II 1 a) auch die girovertragliche Verpflichtung des Kontoinhabers zu beachten, eine mißbräuchliche Verwendung der Überweisungsvordrucke zu verhindern (vgl. BGH, Urt. v. 11. Oktober 1994 - XI ZR 238/93, aaO). Dieser Verpflichtung hat K., indem er selbst die Vordrucke mißbrauchte, zuwiedergehandelt. Zwischen der Zuwiderhandlung und den übertragenen Aufgaben bestand ein unmittelbarer Zusammenhang. Im Umfang der Aufrechnung erlischt der Auszahlungsanspruch und ist der Anspruch des Klägers auf Ausweisung eines anderen Kontostandes unbegründet.
Wegen beider Erscheinungsformen des Schadens kann der Kläger von dem Beklagten Schadloshaltung beanspruchen. Der Streit, in welchem Umfang
die unrichtigen Kontobelastungen von dem Beklagten und in welchem von der Bank zu verantworten sind, ist nicht im vorliegenden Verfahren auszutragen. Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz des Schadensersatzrechts, daß der Schädiger den Geschädigten nicht darauf verweisen kann, er habe gegen einen Dritten einen Anspruch, der zum Ausgleich seiner Vermögensbeeinträchtigung führen könne (BGHZ 120, 261; BGH, Urt. v. 17. Februar 1982 - IVa ZR 284/80, NJW 1982, 1806; v. 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, aaO S. 2359; v. 12. Dezember 1996 - IX ZR 214/95, WM 1997, 335, 340, insoweit in BGHZ 134, 212 nicht abgedr.). Nur solche durch das Schadensereignis begründeten Vorteile sind schadensmindernd zu berücksichtigen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt und den Schädiger nicht unangemessen entlastet (BGH, Urt. v. 2. Dezember 1993 - IX ZR 241/92, WM 1994, 219). Es wäre nicht angemessen, wenn der Beklagte den Kläger darauf verweisen dürfte, zunächst einen mit einem nicht unerheblichen Risiko behafteten Prozeß gegen die Bank zu führen und erst danach den etwaigen "Ausfall" gegen ihn geltend zu machen. Der Kläger wird durch das Recht, vollen Schadensersatz vom Beklagten zu verlangen, nicht besser gestellt, als er ohne die unrichtigen Belastungsbuchungen stünde. Wenn der Beklagte Schadensersatz an den Kläger leistet, bleibt zwar dessen Anspruch gegen die Bank auf Berichtigung des fehlerhaft ausgewiesenen Kontostandes unberührt. Das, was die Bank - nach der Aufrechnung - noch zu leisten hat, gebührt aber keinesfalls dem Kläger, sondern dem für die Bank in Vorlage tretenden Beklagten. Die Rechtsgrundlage dafür bietet, wenn kein gesetzlicher Forderungsübergang stattfindet, eine entsprechende Anwendung des § 255 BGB, wonach der Ersatzpflichtige Abtretung der Ansprüche aus dem beeinträchtigten Recht verlangen kann (vgl. BGH, Urt. v. 2. Juli 1996 - IX ZR 157/95, WM 1996, 1681, 1683; v. 12. Dezember 1996 - IX ZR 214/95, aaO).

Im vorliegenden Fall ist zwar der Anspruch auf Berichtigung des Kontostandes , der dem Anspruch auf Auszahlung des Kontoguthabens vorgeschaltet ist, nicht abtretbar. Er steht nur dem Kontoinhaber gegen die kontoführende Bank zu. Die Abtretung an einen außerhalb der Kontobeziehung stehenden Dritten würde den Inhalt des Anspruchs verändern (§ 399 1. Alt. BGB). Abtretbar ist indes der auf das Kontoguthaben bezogene Auszahlungsanspruch. Dieser kann auch ohne vorausgehende Kontoberichtigung geltend gemacht werden. Der Beklagte kann die Abtretung noch nachträglich fordern. Indem er es im vorliegenden Verfahren unterlassen hat, die Einrede des Zurückbehaltungsrechts geltend zu machen, hat er auf die Abtretung nicht verzichtet (vgl. BGHZ 52, 39, 42).

c) Der Schadensersatzanspruch ist auf Beseitigung der unrichtigen Kontobelastungen durch Herbeiführung einer entsprechenden Gutschrift der Bank gerichtet (BGH, Urt. v. 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, aaO S. 2359; v. 19. Juni 2001 - VI ZR 232/00, zVb; v. 10. Juli 2001 - VI ZR 206/00, zVb). Zu diesem Zweck hat der Beklagte einen entsprechenden Betrag auf das belastete Konto einzuzahlen oder zu überweisen. Dieser Anspruch ist in dem von dem Kläger gestellten Antrag als "minus" enthalten.
Kreft Richter am Bundesgerichtshof Stodolkowitz Zugehör ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen Kreft Ganter Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
II ZR 83/00 Verkündet am:
27. November 2000
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (zu 2 und 3 der Entscheidungsgründe)
Der Gesellschafter einer GmbH kann gegen eine Rückzahlungsforderung der Gesellschaft
aufrechnen.
BGH, Urteil vom 27. November 2000 - II ZR 83/00 - OLG Dresden
LG Dresden
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und
die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. Dezember 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der H. GmbH (im folgenden: Gemeinschuldnerin), die Beklagten waren - zusammen mit dem Ingenieur M. O. - deren Gesellschafter. Auf das Stammkapital der am 14. November 1994 gegründeten, am 26. April 1995 in das Handelsregister eingetragenen Gemeinschuldnerin, das 51.000,-- DM be-
trug, zahlten die Beklagten je 9.783,-- DM ein. Die weitergehenden Beträge von je 7.217,-- DM überwiesen sie unter Angabe des Verwendungszwecks "Einzahlung Geschäftsanteile" am 26. Februar 1997 auf ein Konto der Gemeinschuldnerin , nachdem ihnen die Gemeinschuldnerin Beträge in dieser Höhe an demselben Tage ausgezahlt hatte. Dem waren zwei Gesellschafterbeschlüsse vom 7. Oktober und 30. November 1996 vorausgegangen. Durch Beschluß vom 7. Oktober 1996 wurde der Jahresüberschuß für das vom 1. Dezember 1994 bis zum 30. November 1995 laufende Geschäftsjahr mit 27.682,06 DM festgestellt, von dem 6.031,06 DM in Rücklagen eingestellt und 21.651,-- DM an die Gesellschafter (an jeden Gesellschafter also 7.217,-- DM) ausgeschüttet werden sollten. Mit Beschluß vom 30. November 1996 machten die Gesellschafter "die Ausschüttung in Anbetracht der derzeitigen finanziellen Situation der Gesellschaft rückgängig". Der Betrag von 21.651,-- DM sollte thesauriert und der Steuerberater beauftragt werden, die erforderliche Ä nderung der Bilanz für das Wirtschaftsjahr 1994/1995 vorzunehmen. In der daraufhin erstellten Gewinn- und Verlustrechnung ist der Jahresüberschuß nur noch mit 22.694,06 DM ausgewiesen. In der zum 30. November 1996 erstellten Bilanz findet sich dieser Betrag unter Gewinnrücklagen (13.256,-- DM) und Gewinnvortrag (9.438,06 DM) wieder.
Der Kläger hat von beiden Beklagten die Zahlung von je 7.217,-- DM auf die Resteinlageverpflichtung unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Sacheinlage verlangt. Die Zahlung weiterer Beträge von jeweils 7.217,-- DM stützt er auf § 31 GmbHG mit der Begründung, für das vom 1. Dezember 1995 bis zum 30. November 1996 andauernde Geschäftsjahr habe die Gemeinschuldnerin einen Jahresfehlbetrag von 44.056,83 DM erwirtschaftet. Die für die Folgezeit vorgenommene Auswertung der Betriebsdaten habe weitere Ver-
luste offenbart, so daß bei der Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt der Auszahlung eine Unterbilanz vorgelegen habe.
Das Landgericht hat - unter Abweisung der Klage im übrigen - nur den Anspruch aus verdeckter Sacheinlage bejaht. Die Berufung des Klägers gegen den klagabweisenden Teil des Urteils blieb erfolglos. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt er den Anspruch auf Rückzahlung der den Beklagten ausgezahlten Beträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Da die Beklagten im Verhandlungstermin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten waren, ist über die Revision des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden (§§ 557, 331 ZPO). Das Urteil beruht inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79, 82).
II. Die Revision des Klägers führt zur Zurückverweisung. Die Abweisung der Klage über die noch im Streit befindlichen Beträge wird von den durch das Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht getragen.
1. Der Kläger kann den Rückzahlungsanspruch auf § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB stützen. Nach dem Beschluß der Gesellschaft vom 30. November 1996 war der Betrag zu thesaurieren, also in die Gewinnrücklagen einzustellen und/oder als Gewinn vorzutragen. Das ist in der zum 30. November 1996 erstellten Bilanz auch geschehen. Von dem in der Bilanz per 30. November 1995
ausgewiesenen Jahresüberschuß von 22.694,06 DM sind in der Bilanz zum 30. November 1996 ein Betrag von 13.256,-- DM als satzungsmäßige Rücklagen und der Restbetrag von 9.438,06 DM als Gewinnvortrag aufgeführt. Aus den auf der Grundlage des Parteivortrages getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nicht, daß die Gesellschafter zu einem späteren Zeitpunkt einen Beschluß gefaßt haben, diese Posten in Höhe von 21.651,-- DM aufzulösen und an die drei Gesellschafter - davon 7.217,-- DM an jeden der Beklagten - auszuschütten. Die Zahlung ist demnach ohne Rechtsgrund erfolgt.
2. Nach dem Vortrag des Klägers, von dem in der Revisionsinstanz auszugehen ist, besteht auch ein Rückzahlungsanspruch nach § 31 Abs. 1 GmbHG. Nach der zum 30. November 1996 für das Geschäftsjahr 1995/1996 erstellten Bilanz übersteigt der Jahresfehlbetrag von 44.056,83 DM den Betrag der Rücklagen und des Gewinnvortrages um 21.362,77 DM. Nach den vom Kläger für verschiedene Folgemonate vorgenommenen betriebswirtschaftlichen Auswertungen mußten die Fehlbeträge in erhöhtem Maße fortgeschrieben werden. Danach liegt eine Unterbilanz vor, die erheblich höher ist als die an die Beklagten und ihre Mitgesellschafter ausgeschütteten Beträge.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sich die an demselben Tage erfolgte Auszahlung und Wiedereinzahlung der vom Kläger geforderten Beträge wertmäßig entsprechen und damit ausgleichen. Das wäre nur dann der Fall, wenn mit der Zahlung die von dem Kläger für die Gemeinschuldnerin geltend gemachten Forderungen aus § 812 Abs. 1 BGB bzw. § 31 Abs. 1 GmbHG getilgt worden wären. Das ist jedoch nicht der Fall. Wie das Berufungsgericht festgestellt hat,
haben die Beklagten auf den Überweisungsträgern als Verwendungszweck "Einzahlung Geschäftsanteile" angegeben. Daraus folgt, daß sie die noch offenen Resteinlageverpflichtungen, nicht jedoch die Ansprüche der Gemeinschuldnerin auf Rückzahlung der gesetzwidrigen Auszahlungen erfüllen wollten.
3. Die Beklagten sind der Ansicht, gegen die Forderung des Klägers aus § 31 GmbHG mit ihrer Forderung auf Rückzahlung des Einlagebetrages aufrechnen zu können. Damit haben sie im Ergebnis keinen Erfolg. Allerdings ist nach der insoweit in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Landgerichts davon auszugehen, daß die Zahlung von je 7.217,-- DM, die die Beklagten auf die Resteinlage mit dem Vermerk "Einzahlung Geschäftsanteile" vorgenommen haben, als verdeckte Sacheinlage keine Erfüllungswirkung entfaltet hat. Den Beklagten steht danach gegen die Gemeinschuldnerin nur eine Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 BGB) auf Rückzahlung des Betrages aus der fehlgeschlagenen Einlageleistung zu (vgl. für das Sachübernahmegeschäft BGHZ 132, 141, 149 f.; ferner Urt. v. 16. März 1998 - II ZR 303/96, ZIP 1998, 780, 782).
Mit dieser Forderung können sie jedoch gegen eine Forderung aus § 31 GmbHG nicht aufrechnen. Die entsprechende Anwendbarkeit des in § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG enthaltenen Aufrechnungsverbotes auf den Anspruch aus § 31 GmbHG ist zwar im Schrifttum umstritten (die Zulässigkeit bejahend Baumbach/Hueck, GmbHG 16. Aufl. § 31 Rdn. 18; Hachenburg/Goerdeler/ Müller, GmbHG 8. Aufl. § 31 Rdn. 59; die Zulässigkeit verneinend Scholz/H.P. Westermann, GmbHG 9. Aufl. § 31 Rdn. 32; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 31 Rdn. 23 f.; Hommelhoff in: FS Kellermann 1991, 165,
175 ff.; Ulmer in: FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 363, 380 ff.). Der Ansicht, welche die Zulässigkeit einer Aufrechnung bejaht, ist zwar einzuräumen, daß sich das Aufrechnungsverbot des § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG nach der systematischen Stellung der Vorschrift unmittelbar nur auf die Einlageforderung bezieht. Die Gegenmeinung weist jedoch zu Recht darauf hin, daß die Regelung der §§ 30 f. GmbHG der Erhaltung des zur Gläubigerbefriedigung erforderlichen, durch die Stammkapitalziffer gebundenen Vermögens der Gesellschaft dienen soll, dessen Aufbringung durch das Verbot der Aufrechnung gegen Einlageforderungen gewährleistet werden soll. Angesichts des engen funktionalen Zusammenhangs zwischen Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung ist es daher geboten, die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG in erweiternder Auslegung auch auf den Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG zu erstrecken. Es gibt keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigen könnte, dem Gesetzgeber zu unterstellen, er habe die Aufrechnung nur für den Fall untersagen wollen, daß die Gesellschaft das im Gesellschaftsvertrag festgesetzte Stammkapital erstmalig von den Gesellschaftern einfordert, ihr den durch das Aufrechnungsverbot gewährten Schutz aber habe versagen wollen, wenn sie anschließend Beträge zurückfordert, die sie den Gesellschaftern unter Verletzung des Gesetzes aus dem durch die Stammkapitalziffer gebundenen Vermögen ausgezahlt hat. Auch die Gesetzesmaterialien zum GmbHG und zur GmbH-Novelle 1980 geben dafür keinen Anhaltspunkt. Wenn § 31 GmbHG gleichwohl kein ausdrückliches , der Regelung des § 19 Abs. 2 GmbHG entsprechendes Aufrechnungsverbot enthält, kann das letztlich nur mit einer mangelnden inhaltlichen Abstimmung der Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsgrundsätze erklärt werden. Daraus kann gefolgert werden, daß eine ungewollte Lücke im Kapitalschutzsystem des GmbH-Rechts gegeben ist (Hommelhoff, Ulmer jew. aaO).
Soweit sich aus einer früheren Entscheidung des Senats (BGHZ 69, 274) etwas anderes ergibt, wie im Schrifttum dargelegt (vgl. Scholz/ H.P. Westermann aaO, § 31 Rdn. 32; Hachenburg/Goerdeler/Müller aaO, § 31 Rdn. 59), hält der Senat daran nicht fest.
4. Das Berufungsurteil war somit aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es Gelegenheit erhält, die - gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag durch die Parteien - noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.

Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.