Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2011 - IX ZR 177/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 16. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte, der seinen Wohnsitz in Monaco hat, nahm die in Hamburg ansässige Klägerin und eine von dieser beauftragte Werbeagentur auf Zahlung einer Lizenzgebühr von 60.000 € sowie auf Erstattung der Kosten für ein anwaltliches Abschlussschreiben in Höhe von 1.253,69 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Januar 2004, in Anspruch. Die Klägerin wurde in zwei Instanzen zur Zahlung der Lizenzgebühr nebst Zinsen seit dem 21. Januar 2004 verurteilt. Hinsichtlich der Kosten des Abschlussschreibens wurde nur die Werbeagentur verurteilt; die Klage gegen die Klägerin wurde hingegen abgewiesen. Nach Abschluss der Berufungsinstanz ließ die Klägerin den Beklagten fragen, ob sofort gezahlt oder der Ausgang des Revisionsverfahrens abgewartet werden solle. Der Beklagte ließ antworten, dass er umgehend Zahlung zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten wünsche. Die Klägerin zahlte einen Betrag von 74.875,27 € an den Beklagten. Mit Urteil vom 5. Juni 2008 (I ZR 96/07, GRUR 2008, 1124) hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden war, und wies die Klage ab. Der Beklagte weigerte sich, die Lizenzgebühr zurückzuzahlen, weil er Verfassungsbeschwerde gegen das genannte Urteil einlegen wollte.
- 2
- Daraufhin klagte die Klägerin gegen den Beklagten auf Rückzahlung der Lizenzgebühr sowie der Anwaltskosten nebst Zinsen. Sie beantragte, den Beklagten zu verurteilen, an sie 61.253,69 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Januar 2004 zu zahlen. Mit Urteil vom 3. April 2009 verurteilte das Landgericht Hamburg den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 60.000 € nebst Zinsen seit dem 14. Oktober 2008 (324 O 783/08). Nur der Beklagte legte Berufung gegen dieses Urteil ein. Auf die Berufung des Beklagten wurde die Klage als unzulässig abgewiesen. Der Senat hat das landgerichtliche Urteil mit Urteil vom heutigen Tage wieder hergestellt.
- 3
- Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt die Klägerin aus abgetretenem Recht der Werbeagentur Rückzahlung der 1.253,69 € sowie aus eigenem Recht Rückzahlung der weiteren von ihr gezahlten 13.621,58 €, jeweils nebst Rechtshängigkeitszinsen. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichts und zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat seine internationale Zuständigkeit verneint. Die Voraussetzungen des § 32 ZPO seien nicht erfüllt, da der geltend gemachte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO nicht deliktischer Natur sei. Überdies seien die Voraussetzungen dieses Anspruchs nicht erfüllt, weil die Klägerin nicht unter dem Druck einer drohenden Zwangsvollstreckung, sondern aus eigener Veranlassung gezahlt habe.
II.
- 6
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt, wie der Senat in dem den Parteien bekannten Urteil vom heutigen Tage in der Sache IX ZR 176/10 näher erläutert hat, aus Art. 4 Abs. 1 EuGVVO, § 32 ZPO. Die geltend gemachten Ansprüche aus § 717 Abs. 3 Satz 2 ZPO stellen Ansprüche aus unerlaubter Handlung im Sinne von § 32 ZPO dar. Die Klägerin hat sowohl den Anspruch aus abgetretenem Recht der Werbeagentur als auch den Anspruch aus eigenem Recht schlüssig dargelegt.
III.
- 8
- 1. Entgegen der in den Vorinstanzen geäußerten Ansicht des Klägers ist über die beiden Ansprüche, die Gegenstand dieses Rechtsstreits sind, nicht bereits rechtskräftig entschieden worden (§ 322 ZPO). Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 3. April 2009 betraf nur Ansprüche der Klägerin aus eigenem Recht sowie die Verzinsung des gesamten Hauptanspruchs, nicht aber die hier geltend gemachten Ansprüche aus abgetretenem Recht der Werbeagentur sowie auf Rückzahlung tatsächlich geleisteter Zinsen.
- 9
- 2. Der Sachverhalt, den die Klägerin zur Begründung der beiden jeweils auf § 717 Abs. 3 ZPO gestützten Ansprüche vorgetragen hat, ist unstreitig.
IV.
- 10
- Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zur Endent- scheidung reif ist, hat der Senat eine ersetzende Sachentscheidung zutreffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage hat Erfolg.
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.10.2009 - 324 O 323/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.09.2010 - 7 U 113/09 -
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Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.
(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.
Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.
(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.
Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.
Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.
(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.
(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.
(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.