Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2009 - IV ZR 84/08

bei uns veröffentlicht am04.11.2009
vorgehend
Landgericht Karlsruhe, 6 O 136/06, 23.02.2007
Oberlandesgericht Karlsruhe, 12 U 71/07, 04.03.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 84/08 Verkündetam:
4.November2009
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterinnen
Dr. Kessal-Wulf und Harsdorf-Gebhardt im schriftlichen Verfahren
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 19. Oktober 2009
eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. März 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Streitwert: 8.549 € (Hilfsantrag Nr. 8 auf Zahlung, nicht nur Feststellung) Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
beklagte Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003, im Folgenden: VBLS) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Al- tersversorgung vom 1. März 2002 vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
2
neue Die Satzung der Beklagten enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten der Versicherten übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in rentennahe und rentenferne Versicherte unterschieden. Rentennah ist nur, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem Umlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann. Die Anwartschaften der ca. 200.000 rentennahen Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen.
3
Der Kläger beanstandet die ihm von der Beklagten auf der Grundlage ihrer neuen Satzung mitgeteilte Startgutschrift und verlangt eine höhere Betriebsrente. Er ist am 17. Januar 1941 geboren und erst seit 1. Januar 1992 bei der Beklagten pflichtversichert. Die Beklagte hat ihm eine Startgutschrift für rentennahe Versicherte zum 31. Dezember 2001 in Höhe von 190,20 € erteilt und zahlt seit 1. Februar 2006 eine auf dieser Grundlage errechnete Betriebsrente in Höhe von anfangs 257,04 €. Außerdem erhält der Kläger eine gesetzliche Rente von 1.621,82 €. Aus einer Fiktivberechnung der Beklagten ergibt sich, dass dem Kläger auf der Grundlage der alten Satzung zum 1. Februar 2006 auch nur eine Zusatzrente in Höhe von circa 260 € zugestanden hätte.
4
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte müsse ihm eine höhere monatliche Rente zahlen. Die Ermittlung der Startgutschrift nach den Regeln für rentennahe Versicherte verletze seinen, unter Geltung der alten Satzung erdienten Besitzstand, ohne dass hierfür hinreichende Rechtfertigungsgründe dargetan und nachgewiesen seien. Darüber hinaus hält er sich für diskriminiert wegen seines Alters, weil die Beklagte gemäß § 41 Abs. 2 Satz 5, Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. einen Nettoversorgungssatz für jedes Jahr von nur 1,957% statt wie sonst 2,294% im Hinblick darauf angesetzt hat, dass der Kläger bei Eintritt des Versicherungsfalles das 50. Lebensjahr vollendet hatte und die nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. gesamtversorgungsfähige Zeit, d.h. die Zeit der Umlagemonate , kürzer war als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles. Ferner beanstandet der Kläger, dass bei der Berechnung der Startgutschrift auf der Grundlage des alten Satzungsrechts zur Ermittlung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts Krankenund Pflegeversicherungsbeiträge abgezogen worden sind. Des Weiteren hält er die jährliche Anpassung der Betriebsrente um 1% gemäß § 39 VBLS nicht für ausreichend und fordert, die Dynamisierung auf der Grundlage des § 56 VBLS a.F. weiterzuführen, also entsprechend der allgemeinen Entwicklung der Versorgungsbezüge der Versorgungsempfänger des Bundes.
5
Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht hält sowohl den Systemwechsel vom bisherigen Gesamtversorgungssystem zum neuen Betriebsrentensystem als auch die hier zur Anwendung gelangte Übergangsregelung für rentennahe Versicherte (§ 79 Abs. 2 VBLS) für rechtmäßig. Zwar werde in die erdiente Aussicht der Versicherten auf künftige Rentenzuwächse eingegriffen. Diese Eingriffe beruhten aber auch hinsichtlich der ihnen zugrunde liegenden Annahme tatsächlicher Umstände auf den der neuen Satzung vorausgegangenen tarifvertraglichen Vereinbarungen; sie seien von der Einschätzungsprärogative und dem Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Tarifvertragsparteien gedeckt (Art. 9 Abs. 3 GG) und verstießen nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) und auch nicht gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Höhe der dem Kläger gezahlten Zusatzrente führe hier nicht zu einer besonderen Härte im Einzelfall, die einer Korrektur gemäß § 242 BGB bedürfte. Der geringere Nettoversorgungssatz für Versicherte, die - wie der Kläger - bei Beginn der Pflichtversicherung das 50. Lebensjahr bereits vollendet hatten, sei nicht unangemessen gegenüber Versicherten , die bereits in früherem Lebensalter in die Pflichtversicherung eingetreten sind, und verstoße weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen europäisches Recht. Der Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bei der Ermittlung des Nettoarbeitseinkommens stehe in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurteil vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 217/02 - VersR 2004, 319 unter II). Jeden- falls derzeit verstoße auch die Beschränkung der Rentendynamisierung auf 1% pro Jahr (§ 39 VBLS) nicht gegen höherrangiges Recht.
8
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
9
1. Die Übergangsregelungen für rentennahe Versicherte sind wirksam. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 14. November 2007 (BGHZ 174, 127 Tz. 25 ff.) entschieden, dass die Satzung der Beklagten auch ohne Zustimmung der Versicherten und im Wege einer umfassenden Systemumstellung geändert werden konnte. Dies hat der Senat mit Urteil vom 24. September 2008 (BGHZ 178, 101 Tz. 23 ff.) bestätigt und die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Systemumstellung von den rentennahen Versicherten erworbenen Rentenanwartschaften sowie deren Übertragung in das neu geschaffene Betriebsrentensystem gebilligt. Dass bei der Ermittlung der Startgutschriften eine fiktive Versorgungsrente zu Grunde zu legen ist, die sich zum Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahres ergeben würde, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (aaO Tz. 39 ff.). Hinzunehmen ist ferner, dass gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 VBLS für die Berechnung der Anwartschaften der 31. Dezember 2001 als Stichtag maßgebend ist und es deshalb für die Ermittlung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts auf die letzten Jahre vor diesem Stichtag und nicht - wie nach § 43 VBLS a.F. - auf die entsprechenden Jahre vor Eintritt des Versicherungsfalls ankommt (aaO Tz. 46 ff.). Darüber hinaus ist nicht zu beanstanden, dass für die Startgutschriften der rentennahen Versicherten die Vordienstzeiten weiterhin nur zur Hälfte auf die gesamtversorgungsfähige Zeit angerechnet werden (aaO Tz. 54 ff.). Im Übrigen wird auf genannte Entscheidung verwiesen.
10
2. Die Revision greift die in den Vorinstanzen geltend gemachten Bedenken des Klägers gegen den bei Ermittlung der Startgutschrift gemäß § 41 Abs. 2 Satz 5, Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. von der Beklagten zugrunde gelegten geringeren Nettoversorgungssatz für Versicherte, die - wie der Kläger - bei Beginn der Pflichtversicherung das 50. Lebensjahr bereits vollendet hatten, nicht wieder auf. Der Senat hat diese Bedenken im Übrigen mit Urteil vom heutigen Tage (IV ZR 57/07 unter II 2), auf das verwiesen wird, als unbegründet zurückgewiesen. Die Leistungspflicht der Beklagten konnte im Hinblick darauf eingeschränkt werden, dass bei Versicherten, die - wie der Kläger - nicht die volle Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versorgungsfalles einer beitragspflichtigen Tätigkeit im öffentlichen Dienst nachgegangen sind, der Beklagten nur für eine verhältnismäßig kurze Zeit Beiträge für ein durch das Alter der Versicherten erhöhtes Risiko zufließen; die nach dem sonst üblichen Nettoversorgungssatz berechnete Rente würde zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Beklagten führen. Diese versicherungsmathematisch erheblichen Gesichtspunkte rechtfertigen die angegriffene Regelung auch vor den Anforderungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie des europäischen Rechts (Richtlinie 2000/78/EG, ABlEG Nr. L303, S. 16 ff.; Art. 141 EG/119 EGV; allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rs C-144/04 [Mangold] Slg. 2005, I-9981-10042 Rdn. 75 f.).
11
3. Auch den Abzug von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bei der Ermittlung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts gemäß § 41 Abs. 2c VBLS a.F. beanstandet die Revision nicht mehr. Wie der Senat im Urteil vom 10. Dezember 2003 (IV ZR 217/02 - VersR 2004, 319 unter II) ausgeführt hat, wird mit Hilfe solcher Rechengrößen im Ergebnis der von den Tarifvertragsparteien als richtig angesehene Abstand der Gesamtversorgung zum letzten Nettoentgelt des Versicherten und zum durchschnittlichen Arbeitseinkommen der aktiven Beschäftigten gewahrt. Mit Blick darauf werden die Versorgungsrentner nicht unverhältnismäßig belastet.
12
4. Hinsichtlich der gemäß § 39 VBLS auf 1% pro Jahr beschränkten Rentenanpassung hat der Senat im Urteil vom 17. September 2008 (IV ZR 191/05 - VersR 2008, 1524) der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugestimmt, wonach die Änderung des Anpassungsmaßstabs gegenüber der früheren Anknüpfung an die Erhöhung oder Verminderung der Versorgungsbezüge der Versorgungsempfänger des Bundes jedenfalls derzeit den Zweck der Existenzsicherung des Versicherten im Alter nicht beeinträchtigt. Es ist Sache der Tarifvertragsparteien, im Rahmen ihres Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums auf eine eventuelle Änderung der Verhältnisse angemessen zu reagieren.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.02.2007 - 6 O 136/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.03.2008 - 12 U 71/07 -

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 9


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverstä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

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(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 217/02 Verkündet am:
10. Dezember 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VBLS § 41 Abs. 2 c; AGBG § 9 Bk, Cl
Die Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts unter Berücksichtigung fiktiver
Abzüge für Pflegeversicherung, Solidaritätszuschlag, Umlage und Steueranteil aus
Zukunftssicherung führt zu keiner unangemessenen Benachteiligung der Versicherten
im Sinne der §§ 9 AGBG, 307 BGB.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 217/02 - LG Karlsruhe
AG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und die Richterin
Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember
2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 7. Juni 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger bezieht seit dem 1. Juni 1990 eine Versorgungsrente von der beklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder.
Im März 2001 paßte die Beklagte die Versorgungsrente des Klägers mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 an. Dabei nahm sie zur Errechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts u.a. fiktive Abzüge des Solidaritätszuschlags , des Arbeitnehmeranteils am Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung , des Beitrags des Pflichtversicherten an der Umlage und des Steueranteils aus Zukunftssicherung gemäß § 41 Abs. 2c ihrer am 1. Januar 1967 in Kraft getretenen Satzung vom 27. Juli 1966 (im folgenden : VBLS) vor. Die Vorschrift ist mit der 19. Satzungsänderung vom 10. November 1983 (BAnz. Nr. 53 vom 15. März 1984) mit Wirkung ab

dem 1. Januar 1985 eingefügt worden und lautet in ihrer letzten Fassung der 37. Satzungsänderung vom 21. Juli 2000 (BAnz. Nr. 212 vom 11. November 2000) auszugsweise wie folgt:
"Das fiktive Nettoarbeitsentgelt ist dadurch zu errechnen, daß von dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt
a) bei einem am Tag des Beginns der Versorgungsrente (§ 62) nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Versorgungsrentenberechtigten... der Betrag, der an diesem Tag als Lohnsteuer nach Steuerklasse III/0 zu zahlen wäre,
b) bei allen übrigen Versorgungsrentenberechtigten der Betrag, der am Tag des Beginns der Versorgungsrente als Lohnsteuer nach Steuerklasse I/0 zu zahlen wäre, sowie
c) die Beträge, die als Arbeitnehmeranteile an den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung , zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch nach Maßgabe der am Tag des Beginns der Versorgungsrente geltende Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenzen zu zahlen wären,
d) der Betrag, der sich auf der Grundlage des gesamtversorgungsfähigen Entgelts nach § 8 Abs. 1 Satz 2 VersorgungsTV als Beitrag des Pflichtversicherten an der Umlage bei unterstellter Pflichtversicherung im Tarifgebiet West ergeben würde, und
e) 20 v.H. des um 89,48 Euro verminderten Betrages, der sich auf der Grundlage des gesamtversorgungsfähigen Entgeltes als vom Arbeitgeber getragene Umlage nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Versorgungs-TV ergeben würde, abgezogen werden.

Lohnsteuer im Sinne dieser Satzung ist die Lohnsteuer für Monatsbezüge (zuzüglich des Solidaritätszuschlags) ... Arbeitnehmeranteile im Sinne des Satzes 1 Buchst. c sind die Beträge , die als Arbeitnehmeranteile zu zahlen wären, wenn der Versorgungsrentenberechtigte in der Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch versicherungspflichtig und mit dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt beitragspflichtig wäre. ..." Der Kläger hat unter anderem beantragt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm eine Versorgungsrente zu gewähren, bei der bei Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts keine fiktiven Abzüge für Pflegeversicherung, Solidaritätszuschlag, Umlage und Steueranteil aus Zukunftssicherung vorgenommen werden. Insoweit verfolgt der in den Vorinstanzen erfolglose Kläger sein Klagebegehren mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts darf die Beklagte bei der Errechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts die durch die 27. Satzungsänderung vom 29. März 1995 (BAnz. Nr. 109 vom 13. Juni 1995 und Nr. 119 vom 29. Juni 1995) mit Wirkung ab dem 1. April 1995 eingeführten fiktiven Abzüge des Solidaritätszuschlags und des Arbeitnehmeranteils am Beitrag zur Pflegeversicherung sowie die durch die 37. Satzungsänderung mit Wirkung vom 1. Juli 2000 eingeführten Fiktivabzüge des Pflichtversichertenbeitrags an der Umlage und des Steuer-

anteils aus Zukunftssicherung vornehmen. Diese Satzungsänderungen seien gemäß § 14 VBLS zulässig und verstießen nicht gegen § 9 AGBG oder § 242 BGB. § 41 Abs. 2c VBLS diene dem anerkennenswerten Zweck, die Versorgungsbezüge in ein angemessenes Verhältnis zum letzten Arbeitseinkommen des Rentenberechtigten und zu dem der aktiv Beschäftigten zu setzen. Dabei werde das fiktive Nettoarbeitsentgelt an den durchschnittlichen Nettolohn der Arbeitnehmer angeglichen durch Berücksichtigung der Abzüge, die jeder Lohnempfänger hinzunehmen habe.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die vom Kläger beanstandete Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts gilt für seine Versorgungsrente auch nach Inkrafttreten der neuen Satzung der Beklagten, die von ihrem Verwaltungsrat am 19. September 2002 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 beschlossen worden ist (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) und das Gesamtversorgungssystem durch ein Betriebsrentensystem abgelöst hat. Nach der Übergangsregelung des § 75 Abs. 1 VBLS n.F. werden die Versorgungsrenten für Versicherte , die - wie der Kläger - am 31. Dezember 2001 bereits versorgungsrentenberechtigt waren, zu diesem Zeitpunkt nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzungsrecht festgestellt. Die so festgestellte Versorgungsrente des Klägers wird gemäß § 75 Abs. 2 S. 1 VBLS n.F. als Besitzstandsrente weitergezahlt und weiterhin nach § 41 Abs. 2c VBLS berechnet.

2. Die Bestimmungen des § 41 Abs. 2c Satz 1 lit. c-e, Satz 2 und 3 VBLS sind für das Versicherungsverhältnis des Klägers wirksam.

a) Die VBLS enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen, die als Allgemeine Versicherungsbedingungen anzusehen sind, weil sie Versicherungen regeln. Sie finden Anwendung auf die Gruppenversicherungsverträge , die die Beklagte als Versicherer mit den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten , der Arbeitnehmer, abschließt (st. Rspr., BGHZ 142, 103, 105 ff.; BVerfG, NJW 2000, 3341 f. unter II 2 a, c).
Die grundsätzliche Befugnis des Verwaltungsrats der Beklagten zu Änderungen ihrer Satzung ergibt sich aus § 14 Abs. 1 S. 1 VBLS. Nach § 14 Abs. 3 lit. b VBLS haben Satzungsänderungen u.a. des § 41 VBLS auch Wirksamkeit für bestehende Versicherungen. Dieser Änderungsvorbehalt ist wirksam. Die Zustimmung des Versicherten zu einer vorbehaltenen Satzungsänderung ist nicht erforderlich; ebensowenig kommt es darauf an, ob solche Änderungen für ihn erkennbar und vorhersehbar sind (BGHZ 103, 370, 381 f.).

b) Allerdings müssen sich auch wirksam vorbehaltene Satzungsänderungen in dem durch das AGBG bzw. die §§ 305 ff. BGB vorgegebenen Rahmen halten. Dem ist der Satzungsgeber bei der Einführung der fiktiven Abzüge des Solidaritätszuschlags, des Arbeitnehmeranteils am Beitrag zur Pflegeversicherung, des Pflichtversichertenbeitrags an der Umlage und des Steueranteils aus Zukunftssicherung bei der Berechnung des fiktiven Nettoentgelts gerecht geworden.

aa) Diese Änderungen des § 41 Abs. 2c VBLS gehören nicht zu dem nach §§ 8 AGBG, 307 Abs. 3 S. 1 BGB kontrollfreien Bereich der Leistungsbeschreibungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann, sondern zu den kontrollfähigen Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren (BGHZ 123, 83, 84; 142, 103, 109 f.). Es handelt sich auch - anders als die mit der Einführung der Netto-Gesamtversorgung angestrebte Abschmelzung der Überversorgung als solche - nicht um maßgebende Grundentscheidungen der beteiligten Sozialpartner, deren Konsens es vorbehalten bleibt, in welchem Maß die Versorgung der Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes und deren Hinterbliebenen an die Versorgung der Beamten angeglichen werden soll (vgl. BGHZ 103, 370, 384 f.).
Auf den Schutz der demnach anwendbaren §§ 9 AGBG, 307 Abs. 1 und 2 BGB darf sich der Kläger berufen, weil er Begünstigter des zwischen seinem früheren Arbeitgeber und der Beklagten abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrages und aus der Satzung unmittelbar berechtigt ist (vgl. BGHZ 142, 103, 107 f.).
bb) Die Bestimmungen des § 41 Abs. 2c Satz 1 lit. c-e, Satz 2 und 3 VBLS halten der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stand.
Sie benachteiligen die Versicherten, auf deren Interessen vorrangig abzustellen ist (BGHZ 103, 370, 383), nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

Die mit der 19. Satzungsänderung eingeführte Begrenzung der nach wie vor bruttobezogenen Gesamtversorgung auf einen nettobezogenen Betrag diente dem - vom Versicherten hinzunehmenden - Abbau sozialpolitisch unerwünschter Überversorgungen (BGHZ 103, 370, 371 ff., 383 ff.). Während bei Einführung des Gesamtversorgungssystems im Jahre 1967 die erreichbare Gesamtversorgung in aller Regel deutlich hinter dem Nettoarbeitseinkommen zurückblieb, verschob sich dieses Verhältnis in der Folgezeit zugunsten der Alterseinkommen. Die steigende Belastung der Bruttoarbeitseinkommen mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen führte dazu, daß das Renteneinkommen Anfang der achtziger Jahre im Falle der Höchstversorgung generell die vorher verfügbaren Bezüge teilweise erheblich überschritt (BGHZ 103, 370, 372 f.). Diese Entwicklung widersprach dem - an die Beamtenversorgung angelehnten und von der Revision anerkannten - Grundsatz, daß die im Ruhestand erreichbare Gesamtversorgung angemessen hinter dem letzten verfügbaren Arbeitseinkommen zurückbleiben soll (BGHZ 103, 370, 373 f.). Daher wurde in den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes 1983 die Beschränkung der Gesamtversorgung im Verhältnis zum Nettoarbeitseinkommen beschlossen. Durch den 15. Änderungstarifvertrag vom 21. Februar 1984 wurde in § 4 Abs. 1 lit. b Unterabs. 1 S. 2 des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) die Gesamtversorgung nach Maßgabe der gesamtversorgungsfähigen Zeit auf 45 v.H. bis 89,95 v.H. eines aus dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt errechneten fiktiven Nettoarbeitsentgelts begrenzt. Dieser Bestimmung entspricht § 41 Abs. 2a, b VBLS, der seit der 24. Satzungsänderung vom 24. April 1991 (BAnz. Nr. 141 vom

1. August 1991) einen Höchstsatz von 91,75 v.H. vorsieht. Zur Berech- nung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts hat der Satzungsgeber in § 41 Abs. 2c VBLS auf Abzüge abgestellt, die sich nach den Steuer- und Sozialabgabesätzen für die maßgebenden Bruttoarbeitseinkommen richten. Das hat den Vorteil, daß künftige (generelle) Änderungen in den Steuerund Soziallastquoten der Arbeitnehmer ohne weiteres auf die Rentenbemessung durchschlagen und erneute Fehlentwicklungen vermieden werden (BGHZ 103, 370, 386). Im Rahmen dieser generellen Berechnungsweise hat die Beklagte das fiktive Nettoarbeitsentgelt an den durchschnittlichen Nettolohn durch Berücksichtigung der von jedem Arbeitnehmer hinzunehmenden Abzüge angeglichen.
Zu diesen Abzügen gehört der Solidaritätszuschlag, der nach § 1 Abs. 1 Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 eine Ergänzungsabgabe zur Lohnsteuer ist und dieser in § 41 Abs. 2c Satz 2 VBLS zugerechnet wird. Der Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags bei der Ermittlung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts steht - ebenso wie dem Ansatz der fiktiven Lohnsteuer - nicht entgegen, daß die Versorgungsrentenberechtigten nach § 22 Nr. 1 S. 3 lit. a EStG aus dem Ertragsanteil ihrer Versorgungsrente selbst Einkommensteuer zahlen und dabei auch den Solidaritätszuschlag entrichten müssen. Dadurch wird das Nettorenteneinkommen nicht unverhältnismäßig gekürzt; insbesondere kommt es nicht zu einer Doppelbesteuerung. Der fiktive Solidaritätszuschlag bestimmt wie auch die anderen Abzugsposten des § 41 Abs. 2c VBLS die reine Rechengröße des fiktiven Nettoarbeitsentgelts (Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes August 2002 Teil B S. B 151a Anm. 12 zu § 41 VBLS; Langenbrinck in Berger/ Kiefer/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer

des öffentlichen Dienstes Band I Juni 2002 S. B 88.65 Rdn. 1b zu § 41 VBLS). Diese führt zusammen mit der weiteren Rechengröße des in § 41 Abs. 2b VBLS festgelegten Vomhundertsatzes zu dem von den Tarifparteien als richtig angesehenen Abstand der Gesamtversorgung zum letzten Nettoentgelt des Versicherten und zum durchschnittlichen Arbeitseinkommen der aktiven Beschäftigten (Langenbrinck, aaO). Mit diesem Berechnungsmodell verspricht die Beklagte keine Nettoversorgungsrente in bestimmter Höhe, sondern eine Bruttoversorgungsrente, die an die Nettolohnentwicklung angeglichen wird.
Mit Blick darauf werden die Versorgungsrentner auch nicht dadurch unangemessen belastet, daß zum einen der Arbeitnehmeranteil am Beitrag zur Pflegeversicherung vom gesamtversorgungsfähigen Entgelt abgezogen wird und zum anderen die Versorgungsrente mit dem vollen Beitragssatz für die Pflegeversicherung belastet wird. Das bedeutet aus den genannten Gründen nicht, daß der fiktive Abzug des halben Beitragssatzes bei der Ermittlung der Nettogesamtversorgung unverhältnismäßig ist. Der Versorgungsrentner wird nicht doppelt mit Pflegeversicherungsbeiträgen belastet. Auch der fiktive Arbeitnehmeranteil am Pflegeversicherungsbeitrag ist nur ein Posten im Rahmen der Rechengröße des fiktiven Nettoarbeitsentgelts und trägt dazu bei, den angemessenen Abstand des Renteneinkommens zum Nettoarbeitseinkommen zu wahren.
Diesem Ziel dient schließlich auch die Berücksichtigung des Beitragsanteils des Pflichtversicherten an der Umlage bei der Ermittlung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts. Da dieser - die Versorgungsrenten ohnehin nicht belastende - Abzugsposten das Nettoeinkommen der Arbeitnehmer

mitbestimmt, ist es konsequent, ihn auch in die Ermittlung des gesamt- versorgungsfähigen Entgelts einzubeziehen. Das gilt auch für den fiktiven Abzug des Steueranteils aus Zukunftssicherung, der auf die vom Arbeitgeber für die Arbeitnehmer an die Beklagte gezahlten Umlagen entfällt.
Die Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts hält sich mithin nach wie vor im Rahmen des schon mit der 19. Satzungsänderung verfolgten - und vom Senat ausdrücklich gebilligten (BGHZ 103, 370, 383 ff.) - Ziels, die Gesamtversorgung auf einen bestimmten Prozentsatz des Nettoarbeitsentgelts eines erwerbstätigen Arbeitnehmers zu begrenzen. Daß die damit einhergehende - an neue und zusätzliche Belastungen der aktiven Arbeitnehmer geknüpfte - Schmälerung der Versorgungsrente zu Benachteiligungen der Versorgungsrentner führt, die im

Sinne der §§ 9 AGBG, 307 BGB unangemessen sind, ist nicht zu erkennen. Gleiches gilt für die von der Revision gerügten Verfassungsverstöße.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 57/07 Verkündetam:
4.November2009
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VBL-Satzung § 41 Abs. 2b Satz 5 a.F.
Der geringere Nettoversorgungssatz für Versicherte, die bei Eintritt des Versicherungsfalls
das 50. Lebensjahr vollendet haben und bei denen die gesamtversorgungsfähige
Zeit nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. kürzer ist als die Zeit von
der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalls,
bewirkt keine unangemessene Benachteiligung und ist mit höherrangigem
Recht vereinbar.
BGH, Urteil vom 4. November 2009 - IV ZR 57/07 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterinnen
Dr. Kessal-Wulf und Harsdorf-Gebhardt im schriftlichen Verfahren
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 19. Oktober 2009
eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. März 2007 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung bezüglich des Hauptantrags sowie des Hilfsantrags wendet, ab 10. Mai 2000 eine Rente zu gewähren, bei der er mindestens so gestellt werde , als ob er nur im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig gearbeitet hätte, bzw. unter Anrechnung nur der aus diesen Zeiten erzielten gesetzlichen Rente.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Streitwert: 14.293 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
beklagte Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag ) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
2
Kläger Der meint, die Neuregelung greife unzulässig in seinen rechtlich geschützten Besitzstand ein. Er ist am 12. September 1943 geboren und bezieht bereits seit dem 10. Mai 2000 eine Versorgungsrente von der Beklagten, die sich nach altem Satzungsrecht richtet und aufgrund der Übergangsregelung des § 75 Abs. 2 Satz 1 der Satzung (VBLS) als Besitzstandsrente weitergezahlt wird. In der gesetzlichen Rentenversicherung kommt der Kläger einschließlich Vordienstzeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes auf eine versicherte Zeit von 504 Monaten. Er hat aber erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres eine bei der Beklagten zusatzversicherte Tätigkeit im öffentlichen Dienst aufgenommen. Die Beklagte hat insoweit nur für 63 Monate (5 Jahre und 3 Monate) Umlagen von dem ihr angeschlossenen Arbeitgeber erhalten.

3
Beklagte Die hat gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa ihrer bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung (im Folgenden : VBLS a.F.) für den Faktor der gesamtversorgungsfähigen Zeit, von dem die Höhe ihrer Zusatzrente abhängt, die der gesetzlichen Rente zugrunde liegenden Monate, soweit sie über die Umlagemonate hinausgehen , nur zur Hälfte berücksichtigt (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). Außerdem hat die Beklagte als Vomhundertsatz des gesamtversorgungsfähigen Entgelts für jedes Jahr der gesamtversorgungsfähigen Zeit nicht die allgemein vorgesehenen 2,294% zugrunde gelegt, sondern nur 1,957%. Diesen geringeren Nettoversorgungssatz schreibt § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. für die Fälle des § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. vor, nämlich wenn der Pflichtversicherte - wie hier - bei Eintritt des Versicherungsfalles das 50. Lebensjahr vollendet hat und die nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. gesamtversorgungsfähige Zeit, d.h. die Zeit der Umlagemonate , kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles.
4
Der Kläger hat in den Vorinstanzen mit dem Hauptantrag die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm eine Versorgungsrente auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 476 Monaten zu gewähren habe. Hilfsweise hat er beantragt, so gestellt zu werden, als ob er nur im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig gearbeitet hätte, unter Anrechnung nur der aus diesen Zeiten erzielten gesetzlichen Rente und unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit.
5
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit die Berufung des Klägers gegen den Hilfsantrag zurückgewiesen wurde, eine Rente ab 10. Mai 2000 unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit zu gewähren. Mit der Revision beantragt der Kläger, nach seinen Schlussanträgen in der Berufungsinstanz zu erkennen.

Entscheidungsgründe:


6
DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
7
I. Soweit der Kläger abweichend von § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS a.F. die volle Anrechnung seiner Vordienstzeiten oder die ausschließliche Berücksichtigung seiner Zeiten im öffentlichen Dienst ohne Halbanrechnung von Vordienstzeiten und ohne Berücksichtigung der darauf beruhenden Rentenanteile verlangt, stützt er sich vor allem auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2000 (VersR 2000, 835). Danach ist die Anwendung des Halbanrechnungsgrundsatzes bei voller Anrechnung der gesetzlichen Rente im Rahmen der Gesamtversorgung allerdings noch bis zum Ende des Jahres 2000 hinzunehmen (dazu vgl. Senatsurteile vom 26. November 2003 - IV ZR 186/02 - VersR 2004, 183 unter 2 c; vom 10. November 2004 - IV ZR 391/02 - VersR 2005, 210 unter 2 a). Da der Kläger die Zusatzrente der Beklagten hier schon seit 10. Mai 2000 bezieht, hält das Berufungsgericht die gegen den Halbanrechnungsgrundsatz vorgebrachten Einwendungen des Klägers für unbegründet.
8
In dem geringeren Nettoversorgungssatz für Pflichtversicherte, bei denen die Zeit der Umlagemonate kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles, sieht das Berufungsgericht keine Diskriminierung wegen des Alters. Die Regelung hebe im Wortlaut nicht darauf ab, dass der Versicherte bei Beginn der Pflichtversicherung älter als 50 Jahre sei. Sie greife vielmehr auch ein, wenn die Versicherung bereits vorher begonnen habe, die Zahl der Umlagemonate aber gleichwohl hinter der Zahl der Kalendermonate von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles zurückbleibe. Jedenfalls sei die Regelung sachlich gerechtfertigt im Hinblick auf die verhältnismäßig kurze Zeit der Tätigkeit im öffentlichen Dienst und die dementsprechend geringeren Beitragsleistungen , die die Beklagte vom Arbeitgeber erhält. Außerdem steige mit zunehmendem Lebensalter das versicherte Risiko, das außer dem Erreichen der Altersgrenze auch Erwerbsunfähigkeit und Schwerbehinderung einschließe. Die Anknüpfung der Satzung an die Zeit ab Vollendung des 50. Lebensjahres als des maßgeblichen Stichtags sei sachlich vertretbar. Die Regelung für den Nettoversorgungssatz in § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. verstoße daher nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (AGG) oder gegen europäisches Recht.
9
Das Berufungsgericht hat deshalb auch das Begehren des Klägers in seinem Hilfsantrag zurückgewiesen, eine Rente ab 10. Mai 2000 unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit zu gewähren.
10
II. Soweit die Revisionsanträge darüber hinausgehen, ist die Revision unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet.
11
1. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen, soweit der Kläger mit seinen Anträgen begehrt, ihm eine Versorgungsrente auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 476 Monaten zu gewähren oder ihn hilfsweise mindestens so zu stellen, als ob er nur im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig gearbeitet hätte bzw. unter Anrechnung nur der aus diesen Zeiten erzielten gesetzlichen Rente. Insoweit hat das Berufungsgericht die Rechtsfragen als höchstrichterlich geklärt angesehen. Zugelassen hat es die Revision dagegen nur, soweit es um die Anwendung des geringeren Nettoversorgungssatzes gemäß § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. geht.
12
Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Es handelt sich um tatsächlich und rechtlich selbständige, abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs, die unabhängig voneinander Gegenstand von Teilurteilen sein könnten (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05 - VersR 2008, 1524 Tz. 7 m.w.N.). Zwar geht es beim Halbanrechnungsgrundsatz ebenso wie beim Nettoversorgungssatz um Faktoren innerhalb der Rentenberechnung. Sie beeinflussen deren Ergebnis, also die zu beanspruchende Rentenhöhe, jedoch unabhängig voneinander jeweils zu einem rechnerisch abgrenzbaren Teilbetrag. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Klage auch bezüglich der Anträge, für die es die Revision nicht zugelassen hat, mit Recht abgewiesen (vgl. BGHZ 178, 101 Tz. 54 ff.).
13
2. § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. benachteiligt den über 50 Jahre alten Versicherungsnehmer nicht unangemessen und ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
14
a) Die Satzungsnormen sind Allgemeine Versicherungsbedingungen , die auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung finden, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmer mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen worden sind (st. Rspr. vgl. BGHZ 142, 103, 105 ff.; BVerfG VersR 2000, 835, 836). Die Satzungen der Beklagten bauen auf Tarifverträgen der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen auf. Ob und wieweit sie im Hinblick darauf überhaupt einer richterlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB unterliegen, kann offen bleiben, solange keine unangemessene Benachteiligung festzustellen ist (vgl. BGHZ 174, 127 Tz. 30 ff.). Bei der gebotenen umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen sind insbesondere die auch tarifrechtlich bedeutsamen Wertentscheidungen des Grundgesetzes, die Grundrechte sowie die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft zu beachten (Artt. 3 Abs. 1, 9 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG).
15
b) Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, bewirkt der geringere Nettoversorgungssatz von 1,957% pro Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit eine Benachteiligung derjenigen Versorgungsempfänger, die - wie der Kläger - bei Eintritt des Versicherungsfalls das 50. Lebensjahr vollendet haben und bei denen die gesamtversorgungsfähige Zeit nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalls. Die Leistungspflicht der Beklagten ist für solche Fälle eingeschränkt worden, weil der Beklagten im Vergleich zu Pflichtversicherten, die schon wesentlich jünger bei der Beklagten pflichtversichert waren, nur für eine verhältnismäßig kurze Zeit Umlagen zufließen und die sonst übliche Höhe der Rente daher zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Beklagten führen würde. Die Tarifvertragsparteien hatten deshalb erwogen, Arbeitnehmer, die erst nach dem 50. Lebensjahr in den öffentlichen Dienst eintreten, generell von der Versicherungspflicht auszunehmen. Um daraus entstehende Härtefälle zu vermeiden, entschloss man sich zu der in der Satzung vorgesehenen Beschränkung der Zusatzrente auf einen geringeren Prozentsatz (Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst § 41 Anm. 6).
16
c) Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind Entgelte für die vom Arbeitnehmer geleistete Betriebstreue (BGHZ 169, 122 Tz. 17). Unter diesem Gesichtspunkt ist es sachlich gerechtfertigt, bei der Bemessung der Höhe der zu leistenden Rente danach zu differenzieren, ob der Arbeitnehmer eine umlagepflichtige Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Wesentlichen über die gesamte Dauer seines Erwerbslebens ausgeübt hat oder aber nur eine verhältnismäßig kurze Zeit von weniger als 15 Jahren. Hinzu kommt, dass nicht nur die Beendigung der Erwerbstätigkeit infolge des Erreichens der Altersgrenze versichert ist, sondern ohne Zuschlag auch das Risiko, schon vor Erreichen der Altersgrenze wegen Erwerbsunfähigkeit oder Schwerbehinderung auf eine Versorgung angewiesen zu sein. Dieses Risiko wird nach der Lebenserfahrung größer , wenn es wie hier um die Zeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres geht. Die Anknüpfung an die Vollendung des 50. Lebensjahres und die Bewertung des Ausgleichs für zusätzliche Lasten, die die Beklagte bei einem Beginn der Pflichtversicherung erst nach dem 50. Lebensjahr zu tragen hat, mit einem Abschlag von dem sonst üblichen Nettoversorgungssatz von 2,294% um etwa 15% auf 1,957% erscheint nicht unan- gemessen. Diese Ansätze beruhen auf der für tatsächliche Gegebenheiten und betroffene Interessen maßgebenden Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien, auf deren Tarifverträgen die Satzungen der Beklagten aufbauen (vgl. BGHZ 174, 127 Tz. 34 ff.). Die der Regelung des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. zugrunde liegenden Gesichtspunkte tragen versicherungsmathematischen Erfordernissen Rechnung. Dass die Höhe der Zusatzrente aus anderen Gründen weiteren Einschränkungen unterliegen kann, wie sie sich etwa aus dem Halbanrechnungsgrundsatz ergeben, und der Arbeitnehmer deshalb letzten Endes nur die Mindestversorgungsrente nach §§ 44, 44a VBLS a.F. erhält wie der Kläger des vorliegenden Falles, macht die Vorschrift des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. auch nicht teilweise unwirksam. Vielmehr hält sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand und verstößt weder gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG).
17
Soweit d) aus § 7 AGG, aus Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG (ABlEG Nr. L303, S. 16 ff.), aus Art. 141 EG/119 EGV sowie aus allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rs C-144/04 [Mangold] Slg. 2005, I-9981-10042 Rdn. 75 f.) ein Verbot der Diskriminierung wegen Alters zu entnehmen ist, ist eine Ungleichbehandlung jedenfalls gerechtfertigt, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie einem legitimen Ziel dient, solange dies nicht zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts führt (§ 10 AGG, Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG).
18
aa) Dass § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. faktisch auf eine Diskriminierung wegen des Geschlechts hinauslaufen könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich. Vielmehr kommen ein Eintritt in eine pflichtversi- cherte Tätigkeit im öffentlichen Dienst erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres oder andere, unter die Voraussetzungen des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. fallende Konstellationen nach der Lebenserfahrung für Frauen im Allgemeinen nicht signifikant häufiger in Betracht als für Männer. Zwar wird die Erwerbsbiographie von Frauen herkömmlich durch Kindererziehungszeiten unterbrochen und ihre berufliche Entwicklung dadurch verzögert; für die hier in Betracht kommende Altersgruppe von Frauen spielen diese Gründe aber keine ins Gewicht fallende Rolle mehr.
19
bb) Vielmehr sind hier die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG, Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG erfüllt: Die Beklagte betreibt ein betriebliches System der sozialen Sicherheit (vgl. BGHZ 169, 122 Tz. 18; Senatsurteil vom 1. Juni 2005 - IV ZR 100/02 - VersR 2005, 1228 unter II 4). Wie oben unter II 2 c bereits dargelegt, dient die Festsetzung von Altersgrenzen in § 41 Abs. 2b Satz 5 i.V. mit § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. dem Zweck, unter versicherungsmathematischen Gesichtspunkten unterschiedliche Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten anhand von Altersgrenzen zu bilden. Dadurch soll eine im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit von Spätversicherten unangemessen hohe Versorgungslast der Beklagten vermieden werden (Berger/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes § 41 Anm. 2; MünchKomm-BGB/Thüsing, 5. Aufl. § 10 AGG Rdn. 54).
20
Darüber cc) hinaus ist die in § 41 Abs. 2b Satz 5 i.V. mit § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. getroffene Regelung auch nach § 10 Satz 1 und 2 AGG, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt. Wie oben unter II 2 c aufgezeigt, erscheint diese Regelung objektiv und angemes- sen. Dass sie kein Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung verfolgt, wie die Revision geltend macht, ist nicht entscheidend. Es kommen auch andere legitime Ziele in Betracht, nämlich hier die Berücksichtigung versicherungsmathematisch erheblicher Gesichtspunkte wie der zeitlich auf weniger als 15 Jahre beschränkten Dauer der Pflichtversicherung und die Erhöhung des von der Beklagten zu tragenden Risikos bei über 50-jährigen Versicherten. Die dafür in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Mittel erscheinen erforderlich und auch angemessen insbesondere im Hinblick darauf, dass eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung von Arbeitnehmern, die erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres in den öffentlichen Dienst eintreten, ohne Reduzierung des Nettoversorgungssatzes im hier vorgesehenen Umfang von den Tarifvertragsparteien überhaupt nicht für möglich gehalten wurde (Gilbert/Hesse aaO).
21
Zweifel dd) bei der Auslegung und Anwendung europäischen Rechts, die eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nahe legen könnten, ergeben sich danach nicht.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 10.03.2006 - 6 O 389/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.03.2007 - 12 U 115/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 217/02 Verkündet am:
10. Dezember 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VBLS § 41 Abs. 2 c; AGBG § 9 Bk, Cl
Die Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts unter Berücksichtigung fiktiver
Abzüge für Pflegeversicherung, Solidaritätszuschlag, Umlage und Steueranteil aus
Zukunftssicherung führt zu keiner unangemessenen Benachteiligung der Versicherten
im Sinne der §§ 9 AGBG, 307 BGB.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2003 - IV ZR 217/02 - LG Karlsruhe
AG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und die Richterin
Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember
2003

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 7. Juni 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger bezieht seit dem 1. Juni 1990 eine Versorgungsrente von der beklagten Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder.
Im März 2001 paßte die Beklagte die Versorgungsrente des Klägers mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 an. Dabei nahm sie zur Errechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts u.a. fiktive Abzüge des Solidaritätszuschlags , des Arbeitnehmeranteils am Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung , des Beitrags des Pflichtversicherten an der Umlage und des Steueranteils aus Zukunftssicherung gemäß § 41 Abs. 2c ihrer am 1. Januar 1967 in Kraft getretenen Satzung vom 27. Juli 1966 (im folgenden : VBLS) vor. Die Vorschrift ist mit der 19. Satzungsänderung vom 10. November 1983 (BAnz. Nr. 53 vom 15. März 1984) mit Wirkung ab

dem 1. Januar 1985 eingefügt worden und lautet in ihrer letzten Fassung der 37. Satzungsänderung vom 21. Juli 2000 (BAnz. Nr. 212 vom 11. November 2000) auszugsweise wie folgt:
"Das fiktive Nettoarbeitsentgelt ist dadurch zu errechnen, daß von dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt
a) bei einem am Tag des Beginns der Versorgungsrente (§ 62) nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Versorgungsrentenberechtigten... der Betrag, der an diesem Tag als Lohnsteuer nach Steuerklasse III/0 zu zahlen wäre,
b) bei allen übrigen Versorgungsrentenberechtigten der Betrag, der am Tag des Beginns der Versorgungsrente als Lohnsteuer nach Steuerklasse I/0 zu zahlen wäre, sowie
c) die Beträge, die als Arbeitnehmeranteile an den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung , zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch nach Maßgabe der am Tag des Beginns der Versorgungsrente geltende Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenzen zu zahlen wären,
d) der Betrag, der sich auf der Grundlage des gesamtversorgungsfähigen Entgelts nach § 8 Abs. 1 Satz 2 VersorgungsTV als Beitrag des Pflichtversicherten an der Umlage bei unterstellter Pflichtversicherung im Tarifgebiet West ergeben würde, und
e) 20 v.H. des um 89,48 Euro verminderten Betrages, der sich auf der Grundlage des gesamtversorgungsfähigen Entgeltes als vom Arbeitgeber getragene Umlage nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Versorgungs-TV ergeben würde, abgezogen werden.

Lohnsteuer im Sinne dieser Satzung ist die Lohnsteuer für Monatsbezüge (zuzüglich des Solidaritätszuschlags) ... Arbeitnehmeranteile im Sinne des Satzes 1 Buchst. c sind die Beträge , die als Arbeitnehmeranteile zu zahlen wären, wenn der Versorgungsrentenberechtigte in der Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch versicherungspflichtig und mit dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt beitragspflichtig wäre. ..." Der Kläger hat unter anderem beantragt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm eine Versorgungsrente zu gewähren, bei der bei Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts keine fiktiven Abzüge für Pflegeversicherung, Solidaritätszuschlag, Umlage und Steueranteil aus Zukunftssicherung vorgenommen werden. Insoweit verfolgt der in den Vorinstanzen erfolglose Kläger sein Klagebegehren mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts darf die Beklagte bei der Errechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts die durch die 27. Satzungsänderung vom 29. März 1995 (BAnz. Nr. 109 vom 13. Juni 1995 und Nr. 119 vom 29. Juni 1995) mit Wirkung ab dem 1. April 1995 eingeführten fiktiven Abzüge des Solidaritätszuschlags und des Arbeitnehmeranteils am Beitrag zur Pflegeversicherung sowie die durch die 37. Satzungsänderung mit Wirkung vom 1. Juli 2000 eingeführten Fiktivabzüge des Pflichtversichertenbeitrags an der Umlage und des Steuer-

anteils aus Zukunftssicherung vornehmen. Diese Satzungsänderungen seien gemäß § 14 VBLS zulässig und verstießen nicht gegen § 9 AGBG oder § 242 BGB. § 41 Abs. 2c VBLS diene dem anerkennenswerten Zweck, die Versorgungsbezüge in ein angemessenes Verhältnis zum letzten Arbeitseinkommen des Rentenberechtigten und zu dem der aktiv Beschäftigten zu setzen. Dabei werde das fiktive Nettoarbeitsentgelt an den durchschnittlichen Nettolohn der Arbeitnehmer angeglichen durch Berücksichtigung der Abzüge, die jeder Lohnempfänger hinzunehmen habe.
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Die vom Kläger beanstandete Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts gilt für seine Versorgungsrente auch nach Inkrafttreten der neuen Satzung der Beklagten, die von ihrem Verwaltungsrat am 19. September 2002 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 beschlossen worden ist (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) und das Gesamtversorgungssystem durch ein Betriebsrentensystem abgelöst hat. Nach der Übergangsregelung des § 75 Abs. 1 VBLS n.F. werden die Versorgungsrenten für Versicherte , die - wie der Kläger - am 31. Dezember 2001 bereits versorgungsrentenberechtigt waren, zu diesem Zeitpunkt nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzungsrecht festgestellt. Die so festgestellte Versorgungsrente des Klägers wird gemäß § 75 Abs. 2 S. 1 VBLS n.F. als Besitzstandsrente weitergezahlt und weiterhin nach § 41 Abs. 2c VBLS berechnet.

2. Die Bestimmungen des § 41 Abs. 2c Satz 1 lit. c-e, Satz 2 und 3 VBLS sind für das Versicherungsverhältnis des Klägers wirksam.

a) Die VBLS enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen, die als Allgemeine Versicherungsbedingungen anzusehen sind, weil sie Versicherungen regeln. Sie finden Anwendung auf die Gruppenversicherungsverträge , die die Beklagte als Versicherer mit den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmern zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten , der Arbeitnehmer, abschließt (st. Rspr., BGHZ 142, 103, 105 ff.; BVerfG, NJW 2000, 3341 f. unter II 2 a, c).
Die grundsätzliche Befugnis des Verwaltungsrats der Beklagten zu Änderungen ihrer Satzung ergibt sich aus § 14 Abs. 1 S. 1 VBLS. Nach § 14 Abs. 3 lit. b VBLS haben Satzungsänderungen u.a. des § 41 VBLS auch Wirksamkeit für bestehende Versicherungen. Dieser Änderungsvorbehalt ist wirksam. Die Zustimmung des Versicherten zu einer vorbehaltenen Satzungsänderung ist nicht erforderlich; ebensowenig kommt es darauf an, ob solche Änderungen für ihn erkennbar und vorhersehbar sind (BGHZ 103, 370, 381 f.).

b) Allerdings müssen sich auch wirksam vorbehaltene Satzungsänderungen in dem durch das AGBG bzw. die §§ 305 ff. BGB vorgegebenen Rahmen halten. Dem ist der Satzungsgeber bei der Einführung der fiktiven Abzüge des Solidaritätszuschlags, des Arbeitnehmeranteils am Beitrag zur Pflegeversicherung, des Pflichtversichertenbeitrags an der Umlage und des Steueranteils aus Zukunftssicherung bei der Berechnung des fiktiven Nettoentgelts gerecht geworden.

aa) Diese Änderungen des § 41 Abs. 2c VBLS gehören nicht zu dem nach §§ 8 AGBG, 307 Abs. 3 S. 1 BGB kontrollfreien Bereich der Leistungsbeschreibungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann, sondern zu den kontrollfähigen Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren (BGHZ 123, 83, 84; 142, 103, 109 f.). Es handelt sich auch - anders als die mit der Einführung der Netto-Gesamtversorgung angestrebte Abschmelzung der Überversorgung als solche - nicht um maßgebende Grundentscheidungen der beteiligten Sozialpartner, deren Konsens es vorbehalten bleibt, in welchem Maß die Versorgung der Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes und deren Hinterbliebenen an die Versorgung der Beamten angeglichen werden soll (vgl. BGHZ 103, 370, 384 f.).
Auf den Schutz der demnach anwendbaren §§ 9 AGBG, 307 Abs. 1 und 2 BGB darf sich der Kläger berufen, weil er Begünstigter des zwischen seinem früheren Arbeitgeber und der Beklagten abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrages und aus der Satzung unmittelbar berechtigt ist (vgl. BGHZ 142, 103, 107 f.).
bb) Die Bestimmungen des § 41 Abs. 2c Satz 1 lit. c-e, Satz 2 und 3 VBLS halten der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB stand.
Sie benachteiligen die Versicherten, auf deren Interessen vorrangig abzustellen ist (BGHZ 103, 370, 383), nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

Die mit der 19. Satzungsänderung eingeführte Begrenzung der nach wie vor bruttobezogenen Gesamtversorgung auf einen nettobezogenen Betrag diente dem - vom Versicherten hinzunehmenden - Abbau sozialpolitisch unerwünschter Überversorgungen (BGHZ 103, 370, 371 ff., 383 ff.). Während bei Einführung des Gesamtversorgungssystems im Jahre 1967 die erreichbare Gesamtversorgung in aller Regel deutlich hinter dem Nettoarbeitseinkommen zurückblieb, verschob sich dieses Verhältnis in der Folgezeit zugunsten der Alterseinkommen. Die steigende Belastung der Bruttoarbeitseinkommen mit Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen führte dazu, daß das Renteneinkommen Anfang der achtziger Jahre im Falle der Höchstversorgung generell die vorher verfügbaren Bezüge teilweise erheblich überschritt (BGHZ 103, 370, 372 f.). Diese Entwicklung widersprach dem - an die Beamtenversorgung angelehnten und von der Revision anerkannten - Grundsatz, daß die im Ruhestand erreichbare Gesamtversorgung angemessen hinter dem letzten verfügbaren Arbeitseinkommen zurückbleiben soll (BGHZ 103, 370, 373 f.). Daher wurde in den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes 1983 die Beschränkung der Gesamtversorgung im Verhältnis zum Nettoarbeitseinkommen beschlossen. Durch den 15. Änderungstarifvertrag vom 21. Februar 1984 wurde in § 4 Abs. 1 lit. b Unterabs. 1 S. 2 des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe (Versorgungs-TV) die Gesamtversorgung nach Maßgabe der gesamtversorgungsfähigen Zeit auf 45 v.H. bis 89,95 v.H. eines aus dem gesamtversorgungsfähigen Entgelt errechneten fiktiven Nettoarbeitsentgelts begrenzt. Dieser Bestimmung entspricht § 41 Abs. 2a, b VBLS, der seit der 24. Satzungsänderung vom 24. April 1991 (BAnz. Nr. 141 vom

1. August 1991) einen Höchstsatz von 91,75 v.H. vorsieht. Zur Berech- nung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts hat der Satzungsgeber in § 41 Abs. 2c VBLS auf Abzüge abgestellt, die sich nach den Steuer- und Sozialabgabesätzen für die maßgebenden Bruttoarbeitseinkommen richten. Das hat den Vorteil, daß künftige (generelle) Änderungen in den Steuerund Soziallastquoten der Arbeitnehmer ohne weiteres auf die Rentenbemessung durchschlagen und erneute Fehlentwicklungen vermieden werden (BGHZ 103, 370, 386). Im Rahmen dieser generellen Berechnungsweise hat die Beklagte das fiktive Nettoarbeitsentgelt an den durchschnittlichen Nettolohn durch Berücksichtigung der von jedem Arbeitnehmer hinzunehmenden Abzüge angeglichen.
Zu diesen Abzügen gehört der Solidaritätszuschlag, der nach § 1 Abs. 1 Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 eine Ergänzungsabgabe zur Lohnsteuer ist und dieser in § 41 Abs. 2c Satz 2 VBLS zugerechnet wird. Der Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags bei der Ermittlung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts steht - ebenso wie dem Ansatz der fiktiven Lohnsteuer - nicht entgegen, daß die Versorgungsrentenberechtigten nach § 22 Nr. 1 S. 3 lit. a EStG aus dem Ertragsanteil ihrer Versorgungsrente selbst Einkommensteuer zahlen und dabei auch den Solidaritätszuschlag entrichten müssen. Dadurch wird das Nettorenteneinkommen nicht unverhältnismäßig gekürzt; insbesondere kommt es nicht zu einer Doppelbesteuerung. Der fiktive Solidaritätszuschlag bestimmt wie auch die anderen Abzugsposten des § 41 Abs. 2c VBLS die reine Rechengröße des fiktiven Nettoarbeitsentgelts (Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes August 2002 Teil B S. B 151a Anm. 12 zu § 41 VBLS; Langenbrinck in Berger/ Kiefer/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer

des öffentlichen Dienstes Band I Juni 2002 S. B 88.65 Rdn. 1b zu § 41 VBLS). Diese führt zusammen mit der weiteren Rechengröße des in § 41 Abs. 2b VBLS festgelegten Vomhundertsatzes zu dem von den Tarifparteien als richtig angesehenen Abstand der Gesamtversorgung zum letzten Nettoentgelt des Versicherten und zum durchschnittlichen Arbeitseinkommen der aktiven Beschäftigten (Langenbrinck, aaO). Mit diesem Berechnungsmodell verspricht die Beklagte keine Nettoversorgungsrente in bestimmter Höhe, sondern eine Bruttoversorgungsrente, die an die Nettolohnentwicklung angeglichen wird.
Mit Blick darauf werden die Versorgungsrentner auch nicht dadurch unangemessen belastet, daß zum einen der Arbeitnehmeranteil am Beitrag zur Pflegeversicherung vom gesamtversorgungsfähigen Entgelt abgezogen wird und zum anderen die Versorgungsrente mit dem vollen Beitragssatz für die Pflegeversicherung belastet wird. Das bedeutet aus den genannten Gründen nicht, daß der fiktive Abzug des halben Beitragssatzes bei der Ermittlung der Nettogesamtversorgung unverhältnismäßig ist. Der Versorgungsrentner wird nicht doppelt mit Pflegeversicherungsbeiträgen belastet. Auch der fiktive Arbeitnehmeranteil am Pflegeversicherungsbeitrag ist nur ein Posten im Rahmen der Rechengröße des fiktiven Nettoarbeitsentgelts und trägt dazu bei, den angemessenen Abstand des Renteneinkommens zum Nettoarbeitseinkommen zu wahren.
Diesem Ziel dient schließlich auch die Berücksichtigung des Beitragsanteils des Pflichtversicherten an der Umlage bei der Ermittlung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts. Da dieser - die Versorgungsrenten ohnehin nicht belastende - Abzugsposten das Nettoeinkommen der Arbeitnehmer

mitbestimmt, ist es konsequent, ihn auch in die Ermittlung des gesamt- versorgungsfähigen Entgelts einzubeziehen. Das gilt auch für den fiktiven Abzug des Steueranteils aus Zukunftssicherung, der auf die vom Arbeitgeber für die Arbeitnehmer an die Beklagte gezahlten Umlagen entfällt.
Die Berechnung des fiktiven Nettoarbeitsentgelts hält sich mithin nach wie vor im Rahmen des schon mit der 19. Satzungsänderung verfolgten - und vom Senat ausdrücklich gebilligten (BGHZ 103, 370, 383 ff.) - Ziels, die Gesamtversorgung auf einen bestimmten Prozentsatz des Nettoarbeitsentgelts eines erwerbstätigen Arbeitnehmers zu begrenzen. Daß die damit einhergehende - an neue und zusätzliche Belastungen der aktiven Arbeitnehmer geknüpfte - Schmälerung der Versorgungsrente zu Benachteiligungen der Versorgungsrentner führt, die im

Sinne der §§ 9 AGBG, 307 BGB unangemessen sind, ist nicht zu erkennen. Gleiches gilt für die von der Revision gerügten Verfassungsverstöße.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 191/05 Verkündetam:
17.September2008
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VBLS (n.F.) §§ 75, 39; BGB § 307 Bk
Die Umstellung der Dynamisierung von der Anpassung des gesamtversorgungsfähigen
Entgelts entsprechend der Entwicklung der Versorgungsbezüge der Versorgungsempfänger
des Bundes auf eine jährliche Anpassung um 1% ihres Betrages
jeweils zum 1. Juli ist wirksam (im Anschluss an BAG ZTR 2008, 34 und ZTR 2008,
377).
BGH, Urteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 22. August 2008
durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die
Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2005 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Berufungsantrags zu
1) richtet, und als unbegründet zurückgewiesen, soweit sie die Zurückweisung des Berufungsantrags zu 2) betrifft.
Streitwert: bis 8.000 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
beklagte Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) stellte sie ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 um. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
2
Bei der im Jahre 1948 geborenen Klägerin ist der Versorgungsfall bereits eingetreten. Sie bezieht seit dem 1. Dezember 2001 von der Beklagten eine Versorgungsrente wegen voller Erwerbsminderung. Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) enthält dazu Übergangsregelungen zum Erhalt der bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenansprüche. Als sog. Besitzstandsrentnerin fällt die Klägerin unter die Bestimmungen der §§ 75, 39 VBLS. Diese lauten in ihrem hier maßgeblichen Teil wie folgt: § 75 Am 31. Dezember 2001 Versorgungsrentenberechtigte (1) Die Versorgungsrenten, die sich ohne Berücksichtigung von Nichtzahlungs- und Ruhensregelungen ergeben , und die Ausgleichsbeträge nach dem bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Satzungsrecht werden für die am 31. Dezember 2001 Versorgungsrentenberechtigten und versorgungsrentenberechtigten Hinterbliebenen zum 31. Dezember 2001 festgestellt. (2) Die nach Absatz 1 festgestellten Versorgungsrenten werden vorbehaltlich des Absatzes 3 als Besitzstandsrenten weitergezahlt und entsprechend § 39 dynamisiert. … § 39 Anpassung Die Betriebsrente wird jeweils zum 1. Juli - erstmals ab dem Jahr 2002 - um 1 Prozent ihres Betrages erhöht.
3
Die Klägerin hat zum einen die volle Berücksichtigung ihrer Vordienstzeiten aus einer Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes bei der Berechnung ihrer Versorgungsrente verlangt und die Feststellung erstrebt , dass ihr eine Versorgungsrente auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 398 Monaten zu gewähren ist (Antrag zu 1). Zum anderen hat sie die Dynamisierung ihrer Rente gemäß § 39 VBLS beanstandet und begehrt, dass die Anpassung weiterhin auf der Grundlage des § 56 VBLS in der bisherigen Fassung zu erfolgen hat (Antrag zu 2). Diese Bestimmung sah eine Anpassung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts entsprechend der Entwicklung der Versorgungsbezüge der Versorgungsempfänger des Bundes vor.
4
Damit ist sie vor dem Landgericht und dem Berufungsgericht ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit der Antrag zu 2) abgewiesen worden ist, die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, eine jährliche Rentenanpassung entsprechend der bisherigen Regelung nach § 56 VBLS a.F. vorzunehmen, soweit der dadurch berechnete Betrag die Höhe von 1% übersteigt.
5
Dagegenwendetsich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie hält die Beschränkung der Revision für unwirksam, greift das Berufungsurteil in vollem Umfang an und begehrt hilfsweise die Feststellung, dass die von der Beklagten gemäß ihrer neuen Satzung erteilte Startgutschrift den Wert der von ihr erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlegt.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
7
I. Die Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Sie ist deshalb statthaft, weil die Klaganträge für sich betrachtet verschiedene Streitgegenstände und damit tatsächlich und rechtlich selbständige, abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs darstellen, die auch Gegenstand eines Teilurteils sein könnten (Senatsurteil vom 22. März 2006 - IV ZR 6/04 - NJW-RR 2006, 1091 unter II 1; BGHZ 161, 15, 17 f.; BGH, Urteile vom 28. Oktober 2004 - VII ZR 18/03 - BGH-Report 2005, 393 unter II 2; vom 5. November 2003 - VIII ZR 320/02 - BGH-Report 2004, 262 unter II). Es geht nicht um eine - dann unzulässige - Beschränkung auf bestimmte Rechtsfragen innerhalb eines Anspruchs, etwa um einzelne Positionen innerhalb der Rentenberechnung, sondern um die (künftige) Dynamisierung der zum Stichtag festgestellten Besitzstandsrente. Deren Berechnung ist allein vom insoweit selbständigen Antrag zu 1) erfasst, der auf die volle Berücksichtigung der Vordienstzeiten bei Ermittlung der gesamtversorgungsfähigen Zeit abzielt; sie bleibt vom Antrag zu 2) unberührt.
8
Dem Senat ist daher das Berufungsurteil nicht in vollem Umfang zur rechtlichen Nachprüfung angefallen. Die Revision der Klägerin ist unzulässig, soweit sie sich auf die Entscheidung des Berufungsgerichts bezieht, die zum Antrag zu 1) ergangen ist. Der hilfsweise Feststellungsantrag der Klägerin, der sich seinem Inhalt nach allenfalls auf den Antrag zu 1) beziehen und zu diesem in einem Eventualverhältnis stehen kann, geht schon deshalb ins Leere.
9
II. Soweit sich die Revision gegen die Zurückweisung des Berufungsantrags zu 2) richtet, ist sie unbegründet.
10
1. Das Berufungsgericht hat gemeint, dass die Bestimmungen der §§ 39, 75 Abs. 2 Satz 1 VBLS n.F. weder gegen höherrangiges Recht noch - bei unterstellter Anwendbarkeit dieser Vorschriften - gegen die §§ 307 ff. BGB verstoßen.
11
2. Es befindet sich damit im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dieses hat sich in seiner Entscheidung vom 27. März 2007 (ZTR 2008, 34 Tz. 64 ff.; bestätigt durch Urteil vom 29. Januar 2008 ZTR 2008, 377) mit den Bestimmungen der §§ 37, 69 des Statuts der Emder Zusatzversorgungskasse für Sparkassen (EZVKS) befasst. Diese Regelungen sind inhaltsgleich mit den hier entscheidungserheblichen §§ 39, 75 Abs. 2 Satz 1 VBLS n.F.
12
DasBundesarbeitsgeric ht hat in seinem Urteil vom 27. März 2007 aaO dazu ausgeführt:
13
"[e)] Die Umstellung der Dynamik von einer Anpassung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts entsprechend der Entwicklung der beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge (§ 47 EZVKS aF) auf eine jährliche Anpassung der Renten um 1 % jeweils zum 1. Juli (§ 37 EZVKS nF, der nach § 69 Abs. 2 Satz 1 EZVKS nF auch für Besitzstandsrenten gilt) ist rechtlich nicht zu beanstanden.
14
aa) Auch bei der Überprüfung der Neuregelung der Rentenanpassung durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des EZVKS kommt es nicht darauf an, ob eine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stattfindet oder nach § 307 Abs. 3 iVm. § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB ausgeschlossen ist. Die Änderung der Dynamisierungsvorschriften genügt den Anforderungen des § 307 BGB.
15
(1) Der Schutz des § 307 BGB kommt der Klägerin zugute, obwohl sie nicht Partnerin des Versicherungsvertrages mit dem Beklagten ist. § 307 BGB schützt auch die Interessen Dritter, die Rechte aus dem Vertrag herleiten können oder durch diesen unmittelbar berechtigt sind (BGH 11. Juni 2003 - IV ZR 158/02 - BGHZ 155, 132, zu II 2 a der Gründe). Dazu gehören die nach den EZVKS versicherten rentenberechtigten Arbeitnehmer.
16
(2) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dies ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt , dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Da der Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, sind bei der gebotenen umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen schon deshalb die objektiven Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die Grundrechte , insbesondere der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) zu berücksichtigen (vgl. BGH 29. September 1993 - IV ZR 275/92 - VersR 1993, 1505, zu 1 c der Gründe). Einer solchen Inhaltskontrolle hält § 37 EZVKS nF iVm. § 69 Abs. 2 Satz 1 EZVKS nF stand.
17
Die bisherige Regelung in § 47 Abs. 1 EZVKS a.F. knüpfte an die Erhöhung oder Verminderung der Versorgungsbezüge der Versorgungsempfänger des Bundes an und verlangte bei einer entsprechenden Veränderung eine Neuberechnung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts. Die Neuregelung sieht eine eigenständige Anpassung um 1 vH in jedem Jahr vor. Diese Regelung ist jedenfalls derzeit ungünstiger als die bisherige.
18
Gleichwohl ist die Änderung des Anpassungsmaßstabes zumindest derzeit gerechtfertigt. Der Zweck des Gruppenversicherungsvertrages , durch eine vom Beklagten zu zahlende Rente zur Existenzsicherung des Versicherten im Alter ergänzend beizutragen, wird durch die Änderung des Anpassungsmaßstabes nicht beeinträchtigt. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung kommt dem Beklagten eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu. Der Vertragszweck des Versicherungsvertrages wird nicht schon dadurch gefährdet, dass die Dynamisierung der Versorgungsrenten nicht mehr an die Erhöhungen oder Verminderungen bei den Versorgungsbezügen der Versorgungsempfänger des Bundes anknüpft. Da die vom Beklagten gewährte Zusatzversorgung der Existenzsicherung im Alter dient, bedarf es grundsätzlich einer wiederkehrenden Anpassung der Renten an die veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse. Nur so kann verhindert werden, dass auf Grund der Kaufkraftentwicklung ein fortlaufender Wertverlust der Renten eintritt und diese über kurz oder lang ihre existenzsichernde Funktion nicht mehr erfüllen können (BGH 11. Juni 2003 - IV ZR 158/02 - BGHZ 155, 132, zu II 2 e der Gründe).
19
Diesen Anforderungen genügen die Regelungen in § 11 Abs. 1 ATV-K und § 37 EZVKS nF. Die existenzsichernde Funktion der Zusatzversorgung ist derzeit in ausreichendem Umfang sichergestellt. Die Teuerungsrate wurde nahezu ausgeglichen. Die Neuregelung ist nicht deshalb unangemessen, weil die Beamtenpensionen stärker stiegen und über die Erhaltung der Kaufkraft hinausgingen (BGH 11. Juni 2003 - IV ZR 158/02 - aaO, zu II 2 e der Gründe). Angesichts ausgebliebener Erhöhungen der Beamtenpensionen ist es nicht ausgeschlossen, dass die Neuregelung in Zukunft für die Rentner sogar günstiger ist als § 47 EZVKS aF. Auch der Gesetzgeber hat die Anpassung in Höhe von 1 vH im öffentlichen Dienst für sachgerecht angesehen (§ 18 Abs. 4 BetrAVG). Vor allem ist zu berücksichtigen, dass die Regelung des EZVKS auf einer tariflichen Bestimmung der Tarifvertragsparteien beruht und mit dieser inhaltsgleich ist. Jedenfalls derzeit überschreiten sie bei der zu verzeichnenden Teuerung ihren Beurteilungs - und Gestaltungsspielraum nicht. Auf eine Änderung der Verhältnisse, insbesondere steigende Kaufkraftverluste, können die Tarifvertragsparteien angemessen reagieren. § 39 Abs. 2 Satz 2 ATV-K ermöglicht es ihnen, die Dynamisierungsregelung des § 11 Abs. 1 ATV-K "gesondert ohne Einhaltung einer Frist jederzeit schriftlich" zu kündigen.
20
bb) § 37 EZVKS nF iVm. § 69 Abs. 2 Satz 1 EZVKS verstößt nicht gegen den Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG und die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes.
21
(1) Der Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG erstreckt sich auf Renten aus der Sozialversicherung (vgl. ua. BVerfG 1. Juli 1981 - 1 BvR 874/77 - u.a. BVerfGE 58, 81, zu C I der Gründe). Eine Dynamisierung gehört zu den Wesensmerkmalen der gesetzlichen Rentenversicherung und schützt vor unverhältnismäßigen Verminderungen der Versorgungsleistungen (BVerfG 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 -, - 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1, zu C II 2 d der Gründe; 15. September 2006 - 1 BvR 799/98 - NJ 2006, 553, zu III 2 a cc der Gründe). Ohne die Einbeziehung der gesetzlich intendierten Wertsicherungsfunktion würde der dem Recht auf Rente zuerkannte Eigentumsschutz entwertet. Die zwangsweise Einbindung in die gesetzliche Rentenversicherung begründet einen erhöhten Schutzbedarf (vgl. BSG 31. Juli 2002 - B 4 RA 120/00 R - BSGE 90, 11, zu 3 c der Gründe).
22
Die gesetzliche Rentenversicherung und die in sie überführten Zusatz - und Sonderversorgungssysteme der DDR weisen erhebliche Unterschiede zu einer tarifvertraglichen Zusatzversorgung auf. Selbst wenn eine Dynamisierung tarifvertraglicher Zusatzversorgungsansprüche den gleichen Eigentumsschutz genießen würde wie die Dynamisierung der gesetzlichen Rentenversicherung, würde dies nicht bedeuten, dass eine bestimmte Dynamisierung verfassungsrechtlich geschützt ist. Lediglich eine unverhältnismäßige Verschlechterung des einmal erreichten Leistungsniveaus wird verhindert (vgl. BVerfG 28. April 1999 - 1 BvL 32/95 -, - 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1, zu C II 2 d der Gründe; 15. September 2006 - 1 BvR 799/98 - NJ 2006, 553, zu III 2 a cc der Gründe). Ein derartiger Eingriff liegt nicht vor.
23
Auf Grund des Änderungsvorbehalts in § 2 EZVKS und wegen des tarifvertraglichen Ablöseprinzips musste die Klägerin mit einer Änderung der Zusatzversorgung einschließlich des Anpassungssatzes auch nach Eintritt des Versicherungsfalles rechnen. Die Änderung der Dynamisierung ist jedenfalls derzeit nicht unverhältnismäßig. Die Tarifvertragsparteien durften für den gesamten öffentlichen Dienst einen einheitlichen Anpassungssatz festlegen, ohne auf die Verhältnisse des einzelnen Arbeitgebers oder der jeweiligen Zusatzversorgungskasse abzustellen. Dies entspricht der Funktion eines Flächentarifvertrages.
24
(2) Ein weitergehender Schutz lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht aus Art. 1 des Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten herleiten. Diese Bestimmung erfasst unter Umständen zwar auch den auf Beschäftigung beruhenden Pensionsanspruch, garantiert jedoch keine Rente in einer bestimmten Höhe. Zulässig sind Eingriffe im öffentlichen Interesse, wobei auch insoweit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist (EGMR 27. September 2001 - 40862/98 - NJW 2003, 2441; 2. Februar 2006 - 51466/99 -, - 70130/01 - NVwZ 2006, 1274). Diesen Anforderungen ist, wie ausgeführt, genügt."
25
3. Der Senat tritt diesen Erwägungen mit Blick auf die hier in Rede stehenden Regelungen der §§ 75 Abs. 2, 39 VBLS in vollem Umfang bei. Sie gründen sich nicht zuletzt auf die umfassend berücksichtigte Rechtsprechung des Senats, die im Einzelnen angeführt worden ist; ihnen ist deshalb nichts hinzuzufügen.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.01.2005 - 6 O 149/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.07.2005 - 12 U 67/05 -