BGH IV ZR 415/14

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:200416UIVZR415.14.0
erstmalig veröffentlicht: 20.04.2016, letzte Fassung: 11.03.2022
vorgehend
Landgericht Halle, 5 O 142/13, 10.01.2014
Oberlandesgericht Naumburg, 4 U 12/14, 02.10.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 2. Oktober 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger, der bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert hält, fordert nach dem Brand seines Hauses am 14. Dezember 2010, den die Beklagte mit einer Zeitwertentschädigung in Höhe von 134.501,59 € reguliert hat, eine Entschädigung in Höhe von 47.268,74 € für den Neuwertanteil.

2

Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung (VGB) der Beklagten in der Fassung des Jahres 2010 (im Folgenden VGB 2010) zugrunde. In deren § 28 heißt es auszugsweise:

"(7) Sie erwerben den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt (Neuwertanteil), nur, soweit und sobald Sie innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalls sicherstellen, dass Sie die Entschädigung verwenden werden, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen …"

3

Da die Wohnfläche des versicherten Hauses ausweislich eines nach dem Brand eingeholten Obmanngutachtens mit 171,29 m2 die im Versicherungsvertrag angegebene Wohnfläche von 116 m2 überstieg, kürzte die Beklagte den vom Sachverständigen ermittelten Zeitwertschaden von 198.610,16 € nach § 28 Abs. 2 VGB 2010 entsprechend dem Flächenunterschied auf 134.501,59 € und zahlte diesen Betrag an den Kläger aus.

4

Dieser hat noch innerhalb von drei Jahren nach dem Brand auf seinem Grundstück mit dem Neubau eines Wohnhauses begonnen, welches infolge einer vergrößerten Wohnfläche und einer angebauten Garage eine um circa 37% größere Grundrissfläche aufweist als das abgebrannte Haus. Eine Baugenehmigung ist inzwischen erteilt, der Kläger hat auch einen Bauvertrag nach VOB mit einem Bauunternehmen abgeschlossen, dem das Leistungsverzeichnis aus dem Obmanngutachten zugrunde liegt.

5

Der Kläger meint, die Voraussetzungen für die Entschädigung des Neuwertanteils zu erfüllen. Unter Zugrundelegung des im Obmanngutachten ausgewiesenen Neuwerts von 268.408,98 € und Berücksichtigung der von der Beklagten ermittelten Kürzungsquote (268.408,98 x 116 m2 ./. 171,29 m2) errechnet der Kläger eine Neuwertentschädigung von insgesamt 181.770,33 €, von der er die vorgerichtlich geleisteten 134.501,59 € in Abzug bringt und mithin eine restliche Klagforderung von 47.268,74 € erhebt.

6

Die Beklagte meint, der Kläger habe die Sicherstellungsvoraussetzungen nach § 28 (7) VBG 2010 nicht erfüllt und verweist insbesondere darauf, dass das neu errichtete Gebäude wegen der Grundflächenvergrößerung um 37% in Art und Größe wesentlich vom früheren Gebäude abweiche und deshalb nicht von gleicher Art und Zweckbestimmung im Sinne von § 28 (7) VGB 2010 sei.

7

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das vom Kläger angerufene Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

9

I. Dieses hat angenommen, die Anforderung an eine Sicherstellung der Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung eines Gebäudes in etwa derselben Größe sei im Streitfall bereits dadurch erfüllt, dass der Kläger den geforderten Neuwertanteil auf der Grundlage des Obmanngutachtens abrechne, welches für die Entschädigungsberechnung nicht auf den Neubau, sondern das vom Brand zerstörte Haus abstelle, so dass sich die Flächenvergrößerung auf den Entschädigungsbetrag von vornherein nicht auswirken könne. Auch eine sonstige Bereicherung des Klägers durch Auszahlung des Neuwertanteils sei wegen dessen Anpassung nach Maßgabe des § 28 (2) VGB 2010 nicht zu befürchten. Im Übrigen begründe die Gesamtheit der Umstände die hinreichend sichere Annahme einer bestimmungsgemäßen Verwendung der Entschädigung; ernsthafte Anhaltspunkte für eine nur vorgetäuschte Wiederherstellungsabsicht bestünden nicht.

10

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung durfte das Berufungsgericht der Klage nicht stattgeben.

11

1. § 28 (7) VGB 2010 enthält eine so genannte strenge Wiederherstellungsklausel. Sie orientiert sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats an dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck der Neuwertversicherung, den Schaden auszugleichen, der dem Versicherungsnehmer dadurch entsteht, dass er einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden muss, wenn er das zerstörte Gebäude wiederherstellt. Auf diesen tatsächlichen Schaden ist der Umfang des Ersatzanspruchs allerdings beschränkt. Die Neuwertversicherung soll grundsätzlich nicht auch solche Aufwendungen abdecken, die durch wesentliche Verbesserungen des Gebäudes bei seiner Wiedererrichtung verursacht wurden. Eine derartige Bereicherung des Versicherungsnehmers aus Anlass des Schadenfalles ist zu vermeiden, auch um das Interesse am Abbrennen des versicherten Gebäudes nicht zu fördern. Zweck der Wiederherstellungsklausel ist es deshalb zum einen, die Bereicherung durch die Neuwertentschädigung auf den Teil zu beschränken, der das Bedürfnis für die Neuwertversicherung begründet, also auf die ungeplanten, dem Versicherungsnehmer erst durch den Versicherungsfall aufgezwungenen Ausgaben (Senatsurteile vom 20. Juli 2011 - IV ZR 148/10, r+s 2011, 433 Rn. 16; vom 21. Februar 1990 - IV ZR 298/88, VersR 1990, 488 unter 2 m.w.N. zu § 7 Abs. 3a VGB 62; vom 8. Juni 1988 - IVa ZR 100/87, VersR 1988, 925 unter II 1; jeweils m.w.N.).

12

Für den Versicherungsnehmer ersichtlich zielt die Bestimmung zum anderen aber auch auf die Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers, der davor geschützt werden soll, dass der Versicherungsnehmer - wie bei freier Verwendbarkeit der Versicherungsleistung - in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen (Senatsurteile vom 20. Juli 2011 - IV ZR 148/10, r+s 2011, 433 Rn. 16; vom 18. Februar 2004 - IV ZR 94/03, r+s 2004, 238 unter II 1 c [juris Rn. 15] m.w.N.). Solche unerwünschten Vermögensvorteile können auch darin bestehen, dass der Versicherungsnehmer zwar bereit ist, die durch eine Erweiterung oder wesentliche Veränderung des Neubaus gegenüber dem Vorgängergebäude entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen, im Übrigen aber auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Gebäude bei der Finanzierung des neuen Bauvorhabens zurückgreifen kann. Wollte man dem Versicherungsnehmer diesen Zugriff auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Haus ungeachtet der Art und Zweckbestimmung des neu errichteten Gebäudes zur freien Verwendung gestatten, wäre auch dadurch das subjektive Risiko erhöht, weil Versicherungsnehmer dann ebenfalls versucht sein könnten, zur Teilfinanzierung eines Neubauvorhabens den Versicherungsfall vorsätzlich herbeizuführen.

13

2. Mit seiner Erwägung, dem Erfordernis der Wiederherstellung des Gebäudes in etwa derselben Größe sei im Streitfall schon dadurch genügt, dass der Kläger nur die Neuwertspitze für das durch den Brand zerstörte Haus auf der Grundlage der Berechnungen des Obmanngutachtens und unter Berücksichtigung der festgestellten Unterversicherung verlange, konnte das Berufungsgericht allenfalls eine objektive Bereicherung des Klägers ausschließen. Darin erschöpft sich der Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel aber nicht, weshalb sich die vom Berufungsgericht vorgenommene teleologische Reduktion des Erfordernisses der Wiederherstellung einer versicherten Sache gleicher Art und Zweckbestimmung verbietet. Stünde einem Versicherungsnehmer ungeachtet der Art und Zweckbestimmung des neu errichteten Gebäudes die Neuwertentschädigung bis zur Höhe des Neuwerts des zerstörten Gebäudes in jedem Falle zu, würde dies das subjektive Risiko erhöhen, dem die Wiederherstellungsklausel entgegenwirken soll.

14

3. Die Sicherstellung im Sinne von § 28 (7) VGB 2010 nach den gegebenen Umständen festzustellen, ist Sache des Tatrichters (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2011 - IV ZR 148/10, r+s 2011, 433 Rn. 13). Insofern hat sich das Berufungsgericht bisher den Blick dafür verstellt, dass es anhand der gesamten baulichen Gegebenheiten auch feststellen muss, ob das im Bau befindliche neue Gebäude des Klägers von gleicher Art und Zweckbestimmung ist wie das durch den Brand zerstörte Haus. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung.

Felsch                                 Dr. Karczewski                                Lehmann

              Dr. Brockmöller                                 Dr. Bußmann

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 94/03 Verkündet am:
18. Februar 2004
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 97; VGB 88 § 15 Nr. 4 Satz 1
Der Anspruch auf den Neuwertanteil entsteht bis zum Eigentumsübergang
in der Person des Grundstücksveräußerers,
wenn bis dahin die Wiederherstellung sichergestellt ist.
BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 94/03 - Kammergericht
LG Berlin
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts vom 31. Januar 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin begehrt aus einer Wohngebäudeversicherung den den Zeitwertschaden übersteigenden Teil der Entschädigung, den sogenannten Neuwertanteil.
Vom 1. Januar 1994 bis zum 1. Juli 1997 unterhielt die Klägerin bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert unter Einbeziehung der Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen (VGB 88). In bezug auf die Neuwertspanne ist in § 15 Nr. 4 Satz 1 VGB 88 folgendes bestimmt: "Der Versicherungsnehmer erwirbt den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt , nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, daß er

die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen." Am 4. Oktober 1996 wurde das versicherte Gebäude durch einen Brand erheblich beschädigt. Die Beklagte ersetzte der Klägerin den in einem Gutachten ermittelten Zeitwertschaden in Höhe von 267.542,24 DM, nicht aber die darin festgestellte Neuwertspanne in Höhe von 214.103,33 DM.
Am 23. November 1998 verkaufte die Klägerin das Grundstück. In dem Kaufvertrag verpflichteten sich die Erwerber, das beschädigte Gebäude mit einem nachgewiesenen Kostenaufwand von mindestens 270.000 DM unverzüglich wieder aufzubauen. Wegen der deswegen von der Klägerin beanspruchten Neuwertspanne vereinbarten die Kaufvertragsparteien einen in dieser Höhe verminderten Kaufpreis. Am 26. August 1999 wurden die Erwerber als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Der nach Abschluß des Kaufvertrages begonnene Wiederaufbau wurde erst nach Ablauf von drei Jahren seit dem Brand fertiggestellt.
Die Parteien streiten darüber, ob die Verwendung der Entschädigung gemäß § 15 Nr. 4 Satz 1 VGB 88 rechtzeitig sichergestellt war. Das Landgericht hat dies verneint und die Klage auf Auszahlung des gutachterlich festgestellten Neuwertanteils abgewiesen. Die Berufung hatte Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hält die Klägerin für aktivlegitimiert. Die Erwerber hätten ihr den Anspruch auf die Neuwertspanne jedenfalls im Juli 1999 wirksam abgetreten. Auf die Frage, wem er im Falle einer Grundstücksveräußerung nach dem Versicherungsfall zusteht, komme es daher nicht an.
Das Berufungsgericht sieht die Verwendung der Mittel zur Wiederherstellung bereits aufgrund der im Kaufvertrag vom 23. November 1998 übernommenen Verpflichtung der Erwerber, das beschädigte Gebäude wieder aufzubauen, als hinreichend sichergestellt an. Es ist darüber hinaus der Ansicht, daß auch der Abschluß eines Bauvertrages, dessen Rückgängigmachung ausgeschlossen sei oder zumindest fernliege, eine hinreichende Sicherstellung darstelle. Das sei hier der Fall. Aus einem Architektenschreiben vom 21. September 1999 ergebe sich, daß damals seitens der Erwerber bereits Bauarbeiten mit einem Gesamtvolumen von 255.002,16 DM in Auftrag gegeben gewesen seien. So existierten u.a. ein Vertrag mit einem Bauunternehmer über 122.817,56 DM vom 10. August 1999 und ein Vertrag mit einer Zimmerei über Dachstuhlarbeiten in Höhe von 75.632 DM vom 16. August 1999. Soweit das Begleitschreiben des Bauunternehmers vom 10. August 1999 Vorbehalte enthalte , könnten diese als hinfällig betrachtet werden, da die Erwerber das neu errichtete Gebäude am 1. September 2000 bezogen hätten. Bis zum

Ablauf der Dreijahresfrist am 4. Oktober 1999 seien zwar nicht alle zum Wiederaufbau notwendigen Bauverträge abgeschlossen gewesen, eine Abstandnahme von den bereits begonnenen, nicht unerheblichen Bauarbeiten habe jedoch erkennbar ferngelegen.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. a) Bei der hier genommenen Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert unter Einbeziehung der VGB 88 wird der durch § 15 Nr. 1 b VGB 88 gewährte Anspruch auf Ersatz der notwendigen Reparaturkosten durch die in § 15 Nr. 4 VGB 88 getroffene Regelung eingeschränkt (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2000 - IV ZR 280/99 - VersR 2001, 326 unter I 2 a zu § 15 VGB 94 m.w.N.). Nach § 15 Nr. 4 Satz 1 VGB 88 erwirbt der Versicherungsnehmer den Anspruch auf Zahlung des Teils der Entschädigung, der den Zeitwertschaden (§ 14 Nr. 1 b VGB 88) übersteigt, nur, soweit und sobald er innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles sichergestellt hat, daß er die Entschädigung verwenden wird, um versicherte Sachen in gleicher Art und Zweckbestimmung an der bisherigen Stelle wiederherzustellen oder wiederzubeschaffen. Es handelt sich hierbei um eine sog. strenge Wiederherstellungsklausel , nach der die Sicherstellung der Verwendung der Entschädigung zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Ersatz des Schadens ist, der über den Zeitwertschaden hinausgeht. Ohne diese Verwendungssicherstellung (im folgenden: Sicherstellung) oder die Wiederherstellung

selbst ist der Anspruch auf den Ersatz des Zeitwertschadens beschränkt (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2000 aaO unter a) und b)).

b) Die Sicherstellung im Streitfall nach den gegebenen Umständen festzustellen, ist weitgehend Sache des Tatrichters. Sie erfordert eine Prognose in dem Sinne, daß bei vorausschauend-wertender Betrachtungsweise eine bestimmungsgemäße Verwendung hinreichend sicher angenommen werden kann. Das ist im Bereich von Kaskoversicherungen etwa bei einem verbindlich geschlossenen Reparatur- oder Kaufvertrag anerkannt (vgl. BGHZ 103, 228, 235; BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - IVa ZR 197/84 - VersR 1986, 756 unter 2).
Diese Grundsätze lassen sich auf Wohngebäudeversicherungen, bei denen eine ähnliche Problematik besteht (BGH aaO), übertragen. Dementsprechend bedarf es diesbezüglich Vorkehrungen, die - auch wenn sie keine restlose Sicherheit garantieren - jedenfalls keine vernünftigen Zweifel an der Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung aufkommen lassen, um Manipulationen möglichst auszuschließen. Das wird beispielsweise anzunehmen sein nach verbindlichem Abschluß eines Bauvertrages oder eines Fertighauskaufvertrages mit einem leistungsfähigen Unternehmer, wenn die Möglichkeit der Rückgängigmachung des Vertrages nur eine fernliegende ist (vgl. OLG Hamm VersR 1984, 175 f.; Prölss/Martin/Kollhosser, VVG 26. Aufl. § 97 Rdn. 14), oder wenn von der Durchführung des Vertrages nicht ohne erhebliche wirtschaftliche Einbußen Abstand genommen werden kann (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. R IV 35).


c) Bis zur Eintragung der Grundstückserwerber im Grundbuch am 26. August 1999 - mithin innerhalb der Dreijahresfrist - war hier die Sicherstellung erfolgt. Sie wurde nach dem im Kaufvertrag festgeschriebenen Wiederaufbau durch die verbindliche Vergabe von Bauleistungen erreicht. Die im Begleitschreiben des Bauunternehmers erklärten Vorbehalte und Ergänzungen stehen dem nicht entgegen. Jedenfalls die Vergabe der Dachstuhlarbeiten mit einer Summe von 75.632 DM am 16. August 1999 war uneingeschränkt bindend. Bei einer Abstandnahme von dem Vertrag drohten den Bestellern erhebliche Ersatzforderungen des Bauunternehmers (§§ 649 BGB, 8 Nr. 1 VOB/B). Sie waren mit diesem Vertragsschluß auch unter Berücksichtigung des erhaltenen Kaufpreisnachlasses einem hinreichend hohen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt , den Wiederaufbau nach den Planungen des beauftragten Architekten auch wirklich umzusetzen. Darauf bezogen begegnet die tatrichterlich festgestellte bedingungsgemäße Sicherstellung keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
Damit ist dem erkennbaren Zweck der strengen Wiederherstellungsklausel genügt. Diese Klausel zielt auf die Begrenzung des subjektiven Risikos des Versicherers, der davor geschützt werden soll, daß der Versicherungsnehmer - wie bei freier Verwendbarkeit einer Versicherungssumme - in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalles Vermögensvorteile zu verschaffen (vgl. Prölss/Martin/Kollhosser, aaO § 97 Rdn. 8; BK/Dörner/Staudinger, § 97 VVG Rdn. 7).

2. Der mit der Sicherstellung entstandene Anspruch auf Auszahlung der Neuwertspanne steht dem in diesem Zeitpunkt im Grundbuch als Eigentümer ausgewiesenen Versicherungsnehmer zu.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht in den Fällen der Veräußerung des Grundstücks nach Eintritt des Versicherungsfalls der Anspruch auf den Neuwertanteil der Entschädigung in der Person des Grundstückserwerbers, wenn bei Versicherung des Grundstücks zum gleitenden Neuwert im Versicherungsvertrag eine Wiederherstellungsklausel vereinbart ist, der Erwerber nach dem Eigentumsübergang das versicherte Gebäude fristgerecht wiederherstellt oder die Verwendung der Entschädigung zu diesem Zweck, die vor dem Eigentumsübergang noch nicht sichergestellt war, fristgerecht sicherstellt (vgl. BGH, Urteile vom 8. Juni 1988 - IVa ZR 100/87 - VersR 1988, 925 f. und vom 8. Juli 1992 - IV ZR 229/91 - VersR 1992, 1221 f.; jeweils zu § 7 Nr. 3a VGB 62). Folgerichtig muß daher der Anspruch auf die Neuwertspanne in der Person des Veräußerers entstehen, wenn die Sicherstellung noch vor dem Zeitpunkt des Eigentumsübergangs erfolgt (vgl. Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 98 Rdn. 3). Die Sicherstellung hängt nicht davon ab, was Veräußerer und/oder Erwerber allein oder zusammen für die Wiederherstellung beigetragen haben. Der Veräußerer , der - vom Fall der vorzeitigen Beendigung des Versicherungsvertrages abgesehen - bis zur Grundbucheintragung des Erwerbers Versicherungsnehmer bleibt (Römer, ZNotP 1998, 213, 217), muß insbesondere nicht identisch mit demjenigen sein, der letztlich die Sicherstellung bewirkt.

§ 15 Nr. 4 Satz 1 VGB geht zwar seinem Wortlaut nach davon aus, daß der Versicherungsnehmer die Wiederherstellung sicherzustellen hat. Diese Formulierung hat aber nicht den Fall der Veräußerung im Blick. Entscheidend ist nach dem für den durchschnittlichen, versicherungsrechtlich nicht vorgebildeten, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck der Wiederherstellungsklausel, daß in gleicher Art und Zweckbestimmung wieder aufgebaut wird und als Vorstufe eine entsprechende Sicherstellung erfolgt. Dieser Versicherungsnehmer wird verstehen, daß dies für den Erhalt der Bausubstanz, die im Interesse des Versicherers, eventuell vorhandener Grundpfandgläubiger und der öffentlichen Hand zu schützen ist, ausreichend aber auch erforderlich ist. Wie diese Mittelverwendung im Einzelfall abgewikkelt wird, ist insoweit ohne Belang.

b) In der Person des Versicherungsnehmers einmal entstandene Ansprüche gehen nicht gemäß § 69 Abs. 1 VVG mit dem Eigentumsübergang auf den Erwerber über. Sie verbleiben vielmehr bei ihm als Veräußerer (RGZ 162, 269, 272; OLG Hamm VersR 1987, 661; Prölss/Martin/Kollhosser, aaO § 69 Rdn. 23 f., 26; Martin, aaO R IV 43; wohl auch Langheid, aaO § 69 Rdn. 15). Infolgedessen ist die Klägerin trotz des Eigentumsübergangs auf die Erwerber am 26. August 1999 Forderungsinhaberin geblieben.

c) Der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs, also regelmäßig der der Grundbucheintragung, bildet bezogen auf die Verwendungssicherstellung im Sinne der strengen Wiederherstellungsklausel die entscheidende Zäsur. Dies schafft die - insbesondere auch im Interesse des Ver-

sicherers - notwendige Klarheit, wem er die Neuwertspanne auszuzahlen hat, so denn im beschriebenen Sinne feststeht, daß die beschädigten Baulichkeiten über die Neuwertspanne wiederhergestellt werden und die Bausubstanz auf diese Weise in ihrem Wert erhalten wird.
3. Entgegen der Ansicht der Revision stehen dem weder § 55 VVG noch ein ungeschriebenes allgemeines Bereicherungsverbot entgegen. Diese Auffassung läßt außer acht, daß nach der Rechtsprechung des Senats § 55 VVG eine Regelung über Zulässigkeit und Grenzen der Neuwertversicherung nicht enthält und daß es auch ansonsten ein ungeschriebenes allgemeines Bereicherungsverbot im Sinne eines zwingenden , die Neuwertversicherung einschränkenden Rechtssatzes nicht gibt (BGHZ 137, 318, 323, 326; 147, 212, 215 f.). Der Versicherer muß viel

mehr halten, was er vertraglich versprochen hat, es sei denn, daß sich aus dem Gesetz ausdrücklich dem vorgehende Leistungseinschränkungen ergeben. Letzteres ist hier nicht der Fall.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch