Bundesgerichtshof Urteil, 27. Okt. 2010 - IV ZR 22/09

bei uns veröffentlicht am27.10.2010
vorgehend
Landgericht Berlin, 7 O 1/06, 12.02.2008
Kammergericht, 6 U 41/08, 12.12.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 22/09 Verkündetam:
27.Oktober2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
VVG a.F. § 166 (VVG n.F. § 159)
Tritt der Versicherungsnehmer seine Ansprüche aus einer Lebensversicherung zur
Sicherung der Schuld eines Dritten an dessen Gläubiger ab, so sprechen die Interessen
der Beteiligten regelmäßig dafür, dass der vereinbarte Sicherungszweck sich
nicht mit dem Tod des Versicherungsnehmers erledigt haben soll.
Eine vor der Sicherungsabtretung widerruflich getroffene Bezugsrechtsbestimmung
steht dann auch in der Zeit nach Eintritt des Versicherungsfalls - bis auf weiteres - im
Rang hinter den Rechten des Sicherungsnehmers zurück (Fortführung von BGHZ
109, 67).
BGH, Urteil vom 27. Oktober 2010 - IV ZR 22/09 - KG Berlin
LG Berlin
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski auf die mündliche
Verhandlung vom 27. Oktober 2010

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. Dezember 2008 wird auf Kosten der Klägerin, die auch die Kosten der Nebenintervention zu tragen hat, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt als widerruflich eingesetzte Bezugsberechtigte einer bei der Beklagten abgeschlossenen Risikolebensversicherung die Zahlung der Todesfallleistung.
2
verstorbene Der Versicherungsnehmer - der Lebensgefährte der Klägerin - hatte den Anspruch auf die Todesfallleistung unter Übergabe des Versicherungsscheins zur Sicherung an die Streithelferin der Beklagten , eine Sparkasse, abgetreten und dabei das Bezugsrecht der Klägerin widerrufen, "insoweit es den Rechten der Sparkasse entgegensteht". Hierbei wurde eine Formularerklärung der Streithelferin verwendet. Gesichert werden sollten deren Forderungen gegen eine GmbH & Co. KG aus einem Kontokorrentkredit. Nach dem Tod des Versicherungsnehmers im Oktober 1999 brachte die Beklagte im Juni 2000 auf Anweisung der Streithelferin die Todesfallleistung von 383.468,91 € dem Kontokorrentkonto gut. Sowohl im Zeitpunkt des Todes des Versicherungsnehmers als auch bei Anforderung und Leistung der Auszahlung stand das Kontokorrentkonto mit über 1,5 Mio. € im Soll. Den Kontokorrentkredit kündigte die Streithelferin Ende des Jahres 2001.
3
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei ihr als Bezugsberechtigter verpflichtet geblieben und durch die Zahlung an die Streithelferin nicht befreit worden. Diese habe kein erkennbares Interesse an einer Sicherung über den Tod des Versicherungsnehmers hinaus gehabt. Da die Streithelferin bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht von ihrem Verwertungsrecht Gebrauch gemacht habe, sei der ihr eingeräumte Vorrang weggefallen.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

5
DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
6
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte durch die Zahlung an die Streithelferin von ihrer Leistungsverpflichtung frei geworden sei und daher ein Anspruch der Klägerin nicht mehr bestehe.
7
Zwar sei die Klägerin ursprünglich widerruflich als Bezugsberechtigte bestimmt worden, was durch den im Zuge der Sicherungsabtretung erfolgten Widerruf nicht vollständig beseitigt worden sei. Vielmehr sei das Recht der Klägerin nur im Rang hinter das Recht der Streithelferin zurückgetreten, soweit der Sicherungszweck dies erfordert habe. Daher hätte der Klägerin ein eigener Anspruch gegen die Beklagte zugestanden , wenn und soweit die Todesfallleistung die zu sichernde Forderung überstiegen hätte, was nicht der Fall gewesen sei. Unschädlich sei, dass die Saldoforderung mangels Kündigung des Kontokorrentkredits noch nicht fällig gewesen sei. Eine Auslegung der Sicherungsabrede ergebe, dass auch künftig entstehende und fällig werdende Forderungen aus dem Kontokorrentkredit vom Sicherungszweck erfasst gewesen sein sollten.
8
Die Streithelferin sei auch nicht verpflichtet gewesen, nach Eintritt des Versicherungsfalles den Kontokorrentkredit zu kündigen, um die Saldoforderung fällig zu stellen und den Anspruch auf die Todesfallleistung zeitnah zu verwerten. Vielmehr sei sie nach dem Sicherungsvertrag berechtigt gewesen, die Versicherungsforderung schon vor Verwertungsreife einzuziehen. Daher habe die Beklagte mit befreiender Wirkung an die Streithelferin als materiell Berechtigte geleistet. Ob sich die befreiende Wirkung daneben auch aus der Legitimationswirkung des von der Streithelferin vorgelegten Originalversicherungsscheins ergebe, könne dahinstehen.
9
II. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
10
1. Das Berufungsgericht hat den anlässlich der Sicherungsabtretung erklärten Widerruf der Bezugsrechtsbestimmung zu Gunsten der Klägerin zutreffend so verstanden, dass ihr Recht in dem durch den Sicherungszweck bestimmten Umfang im Rang hinter das Recht der Streithelferin zurückgesetzt wurde. Dieser Vorrang der Streithelferin bestand sowohl bei Eintritt des Versicherungsfalles als auch bei der Auszahlung der Versicherungssumme fort, weil zu beiden Zeitpunkten die zu sichernde Forderung die Versicherungssumme überstieg. Die Streithelferin war daher bei der Auszahlung materiell berechtigte Inhaberin des gesamten Anspruchs auf die Todesfallleistung, weshalb die Beklagte von ihrer Leistungspflicht frei wurde (§ 362 Abs. 1 BGB).
11
a) Die Reichweite des Widerrufs einer Bezugsrechtsbestimmung ist ebenso wie der - in der Sicherungsabrede vereinbarte - Sicherungszweck einer Sicherungsabtretung für jeden Einzelfall durch Auslegung zu bestimmen. Da es sich hier sowohl bei der Widerrufserklärung als auch bei der Sicherungsabrede um formularmäßige Erklärungen handelt, die im Bundesgebiet allgemein verwendet werden, kann der Senat die Erklärungen selbst frei auslegen (vgl. nur Senatsurteil vom 18. Oktober 1989 - IVa ZR 218/88, BGHZ 109, 67, 70 m.w.N.).
12
b) Der Senat teilt die Auslegung des Berufungsgerichts, die insbesondere die bisherige Senatsrechtsprechung zur Kollision einer Sicherungsabtretung mit einer widerruflichen Bezugsrechtsbestimmung beachtet und zutreffend fortführt.
13
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 12. Dezember 2001 - IV ZR 124/00, VersR 2002, 218 unter 3; vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00, VersR 2001, 883 unter II 2 a; vom 8. Mai 1996 - IV ZR 112/95, VersR 1996, 877 unter 3 a; vom 3. März 1993 - IV ZR 267/91, VersR 1993, 553 unter 3 b; vom 31. Oktober 1990 - IV ZR 290/89, juris Rn. 19 f.; vom 18. Oktober 1989 aaO S. 69) liegt in der Sicherungsabtretung der Rechte aus einer Lebensversicherung im Allgemeinen nicht auch der konkludente Widerruf bestehender Bezugsrechtsbestimmungen. Ein anlässlich der Sicherungsabtretung erklärter Widerruf ist vielmehr regelmäßig dahin zu verstehen, dass etwaige Bezugsrechte im Rang hinter das vereinbarte Sicherungsrecht zurücktreten sollen.
14
Soweit im maßgeblichen Zeitpunkt des Versicherungsfalles (Senatsurteil vom 25. April 2001 aaO unter III 2) dem Sicherungsnehmer gesicherte Forderungen gegen den Versicherungsnehmer zustehen, ist der Sicherungsnehmer - als Inhaber des Anspruchs, nicht etwa nur als Bezugsberechtigter (Senatsurteil vom 25. April 2001 aaO unter II 2 a) - allein befugt, Zahlung der Todesfallleistung an sich zu verlangen. Der Anspruch auf einen eventuell verbleibenden Überschuss steht dagegen - ohne dass eine weitere Rechtshandlung, etwa eine Rückabtretung, erforderlich wäre - dem Bezugsberechtigten zu (so genannte "dingliche Lösung" , vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 2001 aaO unter 3; vom 3. März 1993 aaO unter 3 b; ebenso Brömmelmeyer in Beckmann/Matusche -Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 42 Rn. 203; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 166 Rn. 17; kritisch dagegen Reiff/Schneider in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 13 ALB 86 Rn. 57 ff.; Harder, Anm. zu LM § 166 VVG Nr. 15).
15
bb) Die vom Senat bisher entschiedenen Fälle zeichnen sich allerdings dadurch aus, dass der Versicherungsnehmer jeweils auch persönlicher Schuldner der gesicherten Forderung war, er somit eine Eigensicherheit gestellt hatte. Daher konnte im Regelfall angenommen werden, dass mit dem Versicherungsfall gleichzeitig der in der Sicherungsabrede vereinbarte Sicherungsfall eintrat. Bei der unmittelbar nach Eintritt des Versicherungsfalls stattfindenden Verwertung konnte der Anspruch auf die Todesfallleistung zwischen dem Sicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten dinglich aufgeteilt werden.
16
Hingegen hat hier der Versicherungsnehmer den Anspruch auf die Todesfallleistung zur Sicherung der Schuld einer dritten Person, der GmbH & Co. KG, abgetreten und somit eine Fremdsicherheit gestellt. Bei einer solchen Konstellation tritt mit dem Versicherungsfall nicht regelmäßig auch der Sicherungsfall mit anschließender Verwertung der Sicherheiten ein. Auch wenn der Sicherungsnehmer - wie die Streithelferin - nach der Sicherungsabrede beim Tod des Sicherungsgebers zur Kündigung des Kontokorrentkredits gegenüber dem persönlichen Schuldner berechtigt sein kann, so sprechen regelmäßig die Interessen der Beteiligten - die der Versicherungsnehmer bei Erklärung des Widerrufs vor Augen gehabt hat - gegen eine sofortige Verwertung der Sicherheit durch Einziehung und Verrechnung des Anspruchs. Der persönliche Schuldner ist daran interessiert, bei einem Versterben des Fremdsicherungsgebers nicht mit einer außerordentlichen Kündigung des Kredits rechnen zu müssen. Auch das Interesse des Sicherungsnehmers ist darauf gerichtet, den Kredit planmäßig fortzuführen und dabei den Anspruch auf die Todesfallleistung auch über den Eintritt des Versicherungsfalls hinaus als Sicherheit zu behalten. Selbst das Interesse des Bezugsberechtigten, der bei einem Freiwerden der Sicherheit die gesamte Todesfallleistung erhielte, geht im Regelfall dahin, dass der Sicherungsnehmer von einer Verwertung des Anspruchs absieht und abwartet, bis der persönliche Schuldner seine Verbindlichkeiten zurückführt. So hätte auch hier die Klägerin bei einer unmittelbar nach dem Tod des Versicherungsnehmers vorgenommenen Verwertung nichts erhalten, sondern vielmehr ihr Bezugsrecht endgültig verloren. Nach der Auslegung des Berufungsgerichts bestand für die Klägerin zumindest die Hoffnung, dass die GmbH & Co. KG ihre Verbindlichkeiten selbst zurückführte und die Sicherheit dadurch frei würde, was nach der unstreitigen wirtschaftlichen Lage der GmbH & Co. KG auch nicht ausgeschlossen war.
17
Die im Fall der Gestellung einer Eigensicherheit regelmäßig anzunehmende Aufteilung des Anspruchs auf die Todesfallleistung unmittelbar mit Eintritt des Versicherungsfalls verbietet sich daher im Allgemeinen , wenn die Abtretung die Schuld eines Dritten sichern soll. Vielmehr soll der Sicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die Versicherungsleistung - oder, wenn der Sicherungsnehmer zur Einziehung berechtigt ist, die an dessen Stelle tretende Valuta - bis zum Eintritt des Sicherungsfalls als Sicherheit behalten dürfen. Die im Rang zurückgesetzte Bezugsrechtsbestimmung besteht nur im Rahmen der Sicherungsabrede, was dazu führt, dass dem Bezugsberechtigten ein Anspruch gegen den Sicherungsnehmer zusteht, wenn und soweit die Versicherungsleistung im Sicherungsfall die gesicherte Forderung übersteigt.
18
cc)Unschädlich ist dabei, dass die zu sichernde Forderung aus dem Kontokorrentkredit bei Eintritt des Versicherungsfalls noch nicht fällig war und erst bei Kündigung des Kontokorrentkredits fällig wurde (dazu BGH, Urteil vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 360/99, NJW 2003, 360 unter III 1 m.w.N.). Im Urteil vom 18. Oktober 1989 (aaO S. 71 f.) hat der Senat seine Rechtsprechung zur dinglichen Teilung des Versicherungsanspruchs in einem Fall entwickelt, in welchem der Versicherungsnehmer den Versicherungsanspruch zur "Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen" aus einem Geschäftsverhältnis "in der jeweiligen Vertragshöhe" abgetreten hatte. Maßgeblich war, dass die zu sichernden Forderungen bei Eintritt des Versicherungsfalls hinreichend bestimmbar festlagen. Übertragen auf Fälle der Gestellung einer Fremdsicherheit, die auch über den Tod des Versicherungsnehmers hinaus bestehen bleiben soll, bedeutet dies, dass die zu sichernden Forderungen beim späteren Eintritt des Sicherungsfalls hinreichend bestimmbar sein müssen. Da im Streitfall die Forderungen aus einem bestimmten Kontokorrentkredit gesichert sein sollten, ist die hinreichende Bestimmbarkeit anzunehmen.
19
dd) Dabei übersieht der Senat nicht, dass der Bezugsberechtigte in Fällen der vorliegenden Art über längere Zeit im Ungewissen bleiben kann, ob und in welcher Höhe er im Ergebnis in den Genuss der Versicherungsleistung kommen wird. Dies ist jedoch die unmittelbare Folge der vom Versicherungsnehmer vorgenommenen Abtretung zur Sicherung einer fremden Schuld. Der Bezugsberechtigte steht hinsichtlich seines Anspruchs auf die Versicherungsleistung nicht schlechter, als der Versicherungsnehmer zu seinen Lebzeiten selbst hinsichtlich seiner Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag (vgl. zu dessen Rechtsstellung im Einzelnen das Senatsurteil vom 28. April 2010 - IV ZR 73/08, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen Rn. 34 ff.) gestanden hatte. Auch der Versicherungsnehmer wäre nur dann wieder Inhaber seiner Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geworden, wenn diese - etwa nach Ablösung durch eine andere Sicherheit, nach Ausgleich des Kontokorrentkontos oder nach einer teilweisen Verwertung - ganz oder teilweise frei geworden wären. Diese Rechtsstellung des Versicherungsnehmers setzt sich beim Bezugsberechtigten lediglich fort und ist von diesem daher hinzunehmen. Auch bei der Zuwendung mittels Bezugsrechts kann der Versicherungsnehmer dem Begünstigten grundsätzlich keine bessere Rechtsstellung verschaffen, als er selbst innehat.
20
c) Im Übrigen hat das Berufungsgericht sämtliche für die Auslegung maßgeblichen Umstände berücksichtigt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Oktober 1994 - V ZR 196/93, NJW 1995, 45 unter II 2, und vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967 unter II 3a) und insbesondere die von der Revision betonte Frage nach dem Fortbestand des Vorrangs des Sicherungsnehmers über den Eintritt des Versicherungsfalls hinaus geklärt. Entgegen der Auffassung der Revision musste das Berufungsgericht nicht berücksichtigen, dass der Versicherungsnehmer der Streithelferin nur die Todes-, nicht jedoch eine Erlebensfallleistung abgetreten habe, weil es sich unstreitig um eine Risikolebensversicherung handelte, die eine Erlebensfallleistung naturgemäß nicht vorsah.
21
2. Da die Streithelferin bereits materiell Inhaberin des Anspruchs auf die Todesfallleistung war, konnte es das Berufungsgericht dahinstehen lassen, ob die Beklagte auch wegen der Legitimationswirkung des Originalversicherungsscheins von ihrer Leistungspflicht frei wurde (vgl. dazu etwa das Senatsurteil vom 10. März 2010 - IV ZR 207/08, ZIP 2010, 890 Rn. 15).
Terno Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 12.02.2008 - 7 O 1/06 -
KG Berlin, Entscheidung vom 12.12.2008 - 6 U 41/08 -

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Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 166 Kündigung des Versicherers


(1) Kündigt der Versicherer das Versicherungsverhältnis, wandelt sich mit der Kündigung die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung um. Auf die Umwandlung ist § 165 anzuwenden. (2) Im Fall des § 38 Abs. 2 ist der Versicherer zu der Leistung v

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(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 124/00 Verkündet am:
12. Dezember 2001
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Ergibt die Auslegung des in einer Abtretungsanzeige enthaltenen Widerrufs der Bezugsberechtigung
, daß das Bezugsrecht nur insoweit widerrufen wird, als es den
Rechten des Sicherungsnehmers entgegensteht, tritt es nur in dem durch den Sicherungszweck
bestimmten Umfang hinter die Rechte des Sicherungsnehmers zurück
und bleibt im übrigen voll wirksam. Beim Tod des Versicherungsnehmers erwirbt der
Bezugsberechtigte den Anspruch auf die Versicherungsleistung, soweit er die gesicherte
Forderung übersteigt, unmittelbar ohne eine weitere Rechtshandlung des Sicherungsnehmers
(Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. März 1993 - IV ZR 267/91 -
VersR 1993, 553).
BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - IV ZR 124/00 - OLG Bamberg
LG Schweinfurt
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
12. Dezember 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 9. März 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Schweinfurt vom 31. August 1999 hinsichtlich der Beklagten zu 1) zurückgewiesen worden ist.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 65.674 DM nebst 4% Zinsen seit 14. Oktober 1998 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien wie folgt: Die Gerichtskosten tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) je zur Hälfte. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2). Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte zu 1) zur Hälfte. Im übrigen tragen der Kläger und die Beklagte zu 1) ihre auûergerichtlichen Kosten selbst.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger meint, er habe als Bezugsberechtigter aus der Lebensversicherung des verstorbenen Versicherungsnehmers P. B. Anspruch auf einen Teil der Versicherungsleistung in Höhe von 65.674 DM gegen die Beklagte zu 1) als Versicherer und gegen die Beklagte zu 2) als Empfängerin der Versicherungsleistung.
Im Versicherungsantrag vom 5. Juli 1987 ist der Kläger als widerruflich Bezugsberechtigter für den Todesfall benannt. Die Beklagte zu 1) nahm den Antrag mit Versicherungsbeginn zum 1. August 1987 an und bestätigte mit Schreiben vom 16. Juli 1987 an den Versicherungsnehmer das Bezugsrecht des Klägers. Ob der Versicherungsnehmer den am 16. Juli 1987 ausgefertigten Versicherungsschein, eine Prämienanforderung und zwei Mahnungen erhalten hat und ob das Lastschriftverfahren vereinbart war, ist streitig. Da keine Prämien eingingen, schrieb die Beklagte zu 1) dem Versicherungsnehmer am 1. Dezember 1987, sie habe den Vertrag aufgelöst. Am 1. Februar 1988 suchte ihr Agent B. den Versicherungsnehmer auf. Dieser unterzeichnete einen "Bestandserhaltungsbericht" , mit dem der Beginn der Versicherung und der Beitragszahlung auf den 1. Januar 1988 verlegt wurde. Die Beklagte zu 1) stellte

am 26. Februar 1988 einen Nachtrag zum Versicherungsschein aus, in dem als Änderungszeitpunkt der 1. Januar 1988 vermerkt ist. Mit Schreiben vom selben Tage bat sie den Versicherungsnehmer um die vollständige und genaue Festlegung eines Bezugsrechts, was bei seinem Vertrag noch nicht der Fall sei, und fügte eine vorbereitete Erklärung über die sofortige Änderung des Bezugsrechts bei. Der Versicherungsnehmer reagierte darauf nicht.
Am 22. Januar 1990 trat der Versicherungsnehmer seine Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Sicherheit an die Beklagte zu 2) ab unter Widerruf einer etwa bestehenden Bezugsberechtigung für die Dauer der Abtretung. Die zweite Seite der Abtretungsurkunde enthält die Abtretungsanzeige an die Beklagte zu 1). Darin heiût es, für die Dauer dieser Abtretung werde ein Bezugsrecht insoweit widerrufen, als es den Rechten der Bank entgegenstehe. Die Beklagte zu 1) hat diese Urkunde am 31. Januar 1990 erhalten. Am 12. April 1990 schrieb sie dem Versicherungsnehmer , er habe noch nicht mitgeteilt, wer bezugsberechtigt sein solle, er könne trotz bestehender Abtretung ein Bezugsrecht festlegen. Eine Antwort blieb aus.
Nach dem Tod des Versicherungsnehmers am 18. April 1997 zahlte die Beklagte zu 1) die volle Versicherungsleistung in Höhe von 68.995 DM an die Beklagte zu 2) aus. Nach Abzug des Schuldsaldos leitete sie den von ihr nicht benötigten Betrag von 65.674 DM an den Nachlaûpfleger für die damals noch unbekannten Erben des Versicherungsnehmers weiter.

Der Kläger meint, in diesem Umfang habe der Anspruch auf die Versicherungsleistung ihm aufgrund eines wirksam eingeräumten und insoweit auch nicht widerrufenen Bezugsrechts zugestanden. Mit seiner Revision verfolgt er den in den Vorinstanzen abgewiesenen Anspruch gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers führt zur antragsgemäûen Verurteilung der Beklagten zu 1). Der Anspruch auf die Versicherungsleistung stand mit Eintritt des Versicherungsfalls dem Kläger als Bezugsberechtigten zu, soweit er den Schuldsaldo des Versicherungsnehmers bei der Beklagten zu 2) überstieg. Die Beklagte zu 1) hat nicht mit befreiender Wirkung an die Beklagte zu 2) gezahlt. Gegen diese hat der Kläger keinen Anspruch.
1. Dem Kläger ist mit Abschluû des Versicherungsvertrags ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden. Dabei kann offen bleiben, ob es bereits im Juli 1987 zum Abschluû eines Vertrages gekommen und ob er wegen Nichtzahlung der Erstprämie durch die Rücktrittsfiktion des § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG beendet worden ist. Jedenfalls ist, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, im Februar 1988 ein Vertrag nach Maûgabe des ursprünglichen Antrags bzw. Vertrags geschlossen worden. Änderungen gab es nur bei der Laufzeit und in geringem Umfang bei der Prämie. Anders war das Verhalten der Beklagten zu 1) erkennbar nicht gemeint und anders konnte es vom Versicherungsnehmer

auch nicht verstanden werden. Im Bestandserhaltungsbericht hat er lediglich gewünscht, den Beginn und die Beitragszahlung auf den 1. Januar 1988 zu verlegen. Ein neuer Versicherungsantrag wurde nicht ausgefüllt und unterschrieben. Die Beklagte zu 1) hat sodann einen Nachtrag zum Versicherungsschein unter der früheren Versicherungsnummer ausgestellt und darin unter anderem darauf hingewiesen, daû dem Versicherungsvertrag die abgegebenen schriftlichen Erklärungen zugrunde lägen. Diesen Versicherungsschein hat sie dem Versicherungsnehmer mit einem Formularschreiben übersandt, das mit "Änderungsmitteilung" überschrieben ist, das im weiteren Text von einer Änderung des Versicherungsvertrags spricht und in dem bei der vorgedruckten Liste über durchgeführte Änderungen "Beginn- und Ablaufverlegung" und "Wiederinkraftsetzung" angekreuzt sind. Demgemäû blieb das im Versicherungsantrag vom 5. Juli 1987 eingetragene Bezugsrecht des Klägers auch für den geänderten Vertrag bestehen.
2. Dem Berufungsgericht ist jedoch nicht darin zu folgen, der Versicherungsnehmer habe durch sein Schweigen auf die Bezugsrechtsanfragen der Beklagten zu 1) vom 26. Februar 1988 und vom 12. April 1990 das Bezugsrecht des Klägers widerrufen, weil die Beklagte eine Antwort darauf erwarten durfte. Das Berufungsgericht erkennt zwar, daû dem Schweigen nur ausnahmsweise ein Erklärungswert beigemessen werden kann. Es weist insoweit auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs hin (BGHZ 1, 353, 355 f.), in der das Schweigen auf ein mit der Abstandnahme vom ursprünglichen Vertrag gemachtes neues Angebot als Zustimmung gewertet wurde. Damit vergleichbar sei die Situation hier.

Dabei wird nicht genügend berücksichtigt, daû es sich bei der Einräumung und dem Widerruf eines Bezugsrechts nicht um den Abschluû eines Vertrages handelt, sondern um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Versicherungsnehmers. Der Versicherer, der beim Versicherungsnehmer wegen einer Bezugsrechtsbestimmung anfragt, befindet sich nicht in der Lage desjenigen, der ein Angebot auf Vertragsänderung gemacht hat und wegen seiner weiteren Dispositionen auf die baldige Antwort angewiesen ist. Eine das Bezugsrecht ändernde Erklärung muû wegen ihres Verfügungscharakters (BGH, Urteil vom 28. September 1988 - IVa ZR 126/87 - VersR 1988, 1236 unter 2) zudem hinreichend deutlich sein und klar erkennen lassen, in welcher Weise die Bezugsberechtigung geändert werden soll (Römer in Römer /Langheid, VVG § 166 Rdn. 13; BK/Schwintowski, § 166 VVG Rdn. 12). Daran fehlt es hier selbst aus der Sicht der Beklagten zu 1). Das Schweigen des Versicherungsnehmers konnte allenfalls als Bestätigung der ursprünglichen Bezugsberechtigung aufgefaût werden.
Ein wirksamer stillschweigender Widerruf des Bezugsrechts wäre im übrigen von vornherein nicht in Betracht gekommen, wenn, wie die Revision zutreffend bemerkt, für den Widerruf die Schriftform erforderlich gewesen wäre, wie dies in Allgemeinen Bedingungen für die Lebensversicherung üblich ist (vgl. § 13 Abs. 4 ALB 86). Zum Inhalt der hier vereinbarten Bedingungen hat das Berufungsgericht aber nichts festgestellt, dazu ist auch den Akten nichts zu entnehmen.

3. Der anläûlich der Sicherungsabtretung vorgenommene Widerruf hat das Bezugsrecht des Klägers nicht vollständig beseitigt. Es ist nur in dem durch den Sicherungszweck bestimmten Umfang hinter die Rechte der Beklagten zu 2) zurückgetreten und im übrigen voll wirksam geblieben (st. Rspr. des Senats, zuletzt Urteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - VersR 2001, 883 unter II 2 a m.w.N.). Das ergibt sich aus der für die Auslegung des Widerrufs maûgeblichen Erklärung in der Abtretungsanzeige an die Beklagte zu 1), mit der das Bezugsrecht nur insoweit widerrufen worden ist, als es den Rechten der Bank entgegensteht. Für eine inhaltsgleiche Widerrufserklärung hat der Senat entschieden, daû der Bezugsberechtigte beim Tod des Versicherungsnehmers den Anspruch auf die Versicherungsleistung, soweit er die gesicherte Forderung übersteigt, ohne eine weitere Rechtshandlung des Sicherungsnehmers unmittelbar erwirbt (Urteil vom 3. März 1993 - IV ZR 267/91 - VersR 1993, 553 unter 3 b = LM Nr. 12 zu § 166 VVG mit Anm. Hübner; vgl. auch Römer, aaO § 166 Rdn. 17).
Da der Widerruf des Bezugsrechts in der Abtretungsanzeige in dieser Weise beschränkt war, ist die Beklagte zu 1) auch nicht nach § 409 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht frei geworden.

4. Gegen die Beklagte zu 2) hat der Kläger keinen Anspruch. Da ihr das Bezugsrecht des Klägers nicht bekannt war, ist sie jedenfalls durch die Zahlung an die Erben als Rechtsnachfolger des Versicherungsnehmers frei geworden (§ 407 Abs. 1 BGB).

Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

(1) Kündigt der Versicherer das Versicherungsverhältnis, wandelt sich mit der Kündigung die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung um. Auf die Umwandlung ist § 165 anzuwenden.

(2) Im Fall des § 38 Abs. 2 ist der Versicherer zu der Leistung verpflichtet, die er erbringen müsste, wenn sich mit dem Eintritt des Versicherungsfalles die Versicherung in eine prämienfreie Versicherung umgewandelt hätte.

(3) Bei der Bestimmung einer Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 hat der Versicherer auf die eintretende Umwandlung der Versicherung hinzuweisen.

(4) Bei einer Lebensversicherung, die vom Arbeitgeber zugunsten seiner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgeschlossen worden ist, hat der Versicherer die versicherte Person über die Bestimmung der Zahlungsfrist nach § 38 Abs. 1 und die eintretende Umwandlung der Versicherung in Textform zu informieren und ihnen eine Zahlungsfrist von mindestens zwei Monaten einzuräumen.

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aa) Dem Erblasser steht zu Lebzeiten das Recht aus dem Versicherungsvertrag zu (Senatsurteil vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99 - VersR 2000, 709 unter II 3 c), das sich aus mehreren Ansprüchen zusammensetzt (Senatsurteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - VersR 2003, 1021 unter II 2 b). Die Ansprüche des Erblassers auf die vertraglich versprochene Leistung umfassen die Ansprüche auf Leistung der Versicherungssumme im jeweiligen Versicherungsfall und den Anspruch auf Leistung des Rückkaufswerts nach Kündigung des Vertrags.
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Die b) fehlgeschlagene Abtretung der Versicherungsansprüche steht indessen der Liberationswirkung der Versicherungsscheine nicht entgegen. Eine befreiende Leistung an den Inhaber des qualifizierten Legitimationspapiers ist auch dann möglich, wenn dieser die verbriefte Forderung nicht wirksam erworben hat. Gerade für den Ausnahmefall, in dem der Urkundeninhaber nicht zugleich Inhaber der Forderung ist, kommt der Erweiterung der Leistungsberechtigung Bedeutung zu. Nur für diesen Fall bezweckt und bewirkt die Ausgestaltung des Versicherungsscheins zu einem qualifizierten Legitimationspapier den Schutz des Schuldners, wenn er an den Urkundeninhaber leistet; denn ihm wird das Risiko der Doppelzahlung und der Uneinbringlichkeit seiner Kondiktion gegen den vermeintlichen Gläubiger abgenommen (Senatsurteil vom 22. März 2000 aaO unter 2 c). Für die Wirkung des § 808 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es daher nicht darauf an, ob der Inhaber materiell-rechtlich verfügungsbefugt oder berechtigt ist oder war. Vielmehr fingiert das qualifizierte Legitimationspapier zugunsten des Schuldners, dass der Inhaber einziehungsberechtigt ist, und verlangt keine Nachprüfung der tatsächlichen Berechtigung (vgl. Staudinger/Marburger, BGB [2009] § 808 Rdn. 23). Dies gilt auch dann, wenn der ursprüngliche Gläubiger - wie hier der Versicherungsnehmer - in seiner Verfügungsbefugnis durch ein insolvenzrechtliches Verfügungsverbot eingeschränkt war und daher die verbriefte Forderung nicht wirksam auf den Inhaber übertragen konnte. Der Rechtsschein der Einzugsberechtigung erwächst allein aus der Inhaberschaft des qualifizierten Legitimationspapiers. Wie es in den Besitz des Anspruchstellers gekommen ist und ob dieser materiell-rechtlich forderungsberechtigt , etwa selbst durch Abtretung Forderungsinhaber geworden ist, soll für den Schuldner keine Rolle spielen. Da der Aussteller der Urkunde grundsätzlich jeder weiteren Prüfung der Berechtigung des Inhabers enthoben sein soll, braucht er auch nicht zu prüfen, ob die Verfügungsberechtigung des ursprünglichen Forderungsinhabers noch fortbesteht. Vielmehr kann er an den Inhaber, wenn dieser das Papier vorlegt , leisten, ohne prüfen zu müssen, wer materiell-rechtlich verfügungsbefugt ist.