vorgehend
Landgericht Hannover, 11 O 344/14, 28.10.2015
Oberlandesgericht Celle, 11 U 209/15, 15.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 498/16 Verkündet am:
7. Februar 2019
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
abgelehnte Prospektlektüre

a) Lehnt ein Anleger die Entgegennahme eines Emissionsprospekts mit der
Begründung ab, dieser sei "zu dick und zu schwer" und nur "Papierkram",
folgt daraus nicht ohne weitere Anhaltspunkte, dass er an einer Aufklärung
über die Risiken des Investments in anderer Form nicht interessiert ist und
auf ein persönliches Beratungsgespräch verzichtet.

b) Der Pflichtenumfang des Anlageberaters wird allein durch ein solches
Verhalten nicht reduziert; insbesondere wird er nicht davon entbunden,
den Anleger persönlich über die wesentlichen Risiken des Geschäfts zu
informieren oder zumindest darauf aufmerksam zu machen, dass der
Prospekt weitere wichtige, über das Gespräch hinausgehende Hinweise
enthalten kann.

c) Bei der Ermittlung der Vertriebskosten einer Anlage sind Abschläge, die
dem einzelnen Anleger auf das Agio gewährt worden sind, zu berücksichtigten
, weil sie die individuelle Vertriebskostenquote des betroffenen Anlegers
mindern.
BGH, Urteil vom 7. Februar 2019 - III ZR 498/16 - OLG Celle
LG Hannover
ECLI:DE:BGH:2019:070219UIIIZR498.16.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Tombrink und Dr. Remmert sowie die Richterinnen Dr. Arend und Dr. Böttcher
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 15. September 2016 im Kostenpunkt aufgehoben und hinsichtlich der folgenden Nummern des Urteilstenors: 1 bis 3, 5 und 6 insgesamt sowie Nummer 7, soweit diese nicht die Kommanditbeteiligung an der Alpha Patentfonds GmbH & Co. KG betrifft. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit verschiedenen Beteiligungen an geschlossenen Fonds in Anspruch.
2
In den Jahren 2006 und 2007 beteiligte sich der Kläger an verschiedenen Schiffsfonds, und zwar am 31. Oktober 2006 mit 40.000 € an der MT "K. Da. " Tankschifffahrts GmbH & Co. KG sowie am 6. Juli 2007 mit 20.000 € zum einen an der MT "K. Ed. " Tankschifffahrts GmbH & Co. KG und der MT "K. Er. " Tankschifffahrts GmbH & Co. KG ( ) und zum anderen mit 15.000 € an einem "Twinfonds", bestehend aus der MS "Ka. " GmbH & Co. KG und der MS "Ke. " GmbH & Co. KG. Eine weitere Beteiligung an einem Patentfonds ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Für alle drei vorstehend genannten Fonds war ein Agio von 5 % vorgesehen , von dem dem Kläger aber in Bezug auf die beiden im Juli 2007 gezeichneten Fonds die Hälfte erstattet wurde. Beraten wurde der Kläger jeweils auf der Grundlage einer Kurzinformation durch den damals für die Beklagte als selbständiger Handelsvertreter tätigen S. M. , der ihn schon früher als Angestellter einer Bank in Vermögensangelegenheiten betreut hatte. Die Anlagen entwickelten sich nicht erwartungsgemäß.
3
Der Kläger verlangt von der Beklagten u.a. Schadensersatz in Form der Rückabwicklung der Beteiligungen, "Freistellung" von weiteren finanziellen Nachteilen sowie Feststellung des Annahmeverzugs. Er behauptet verschiedene Beratungsfehler, unter anderem nicht über 15 % übersteigende Vertriebsprovisionen aufgeklärt worden zu sein. Emissionsprospekte seien nicht übergeben worden.
4
Die Beklagte behauptet demgegenüber, der Kläger habe an den - zutreffende Informationen über die Kosten der Anlage enthaltenden - Prospekten kein Interesse gehabt. Er habe sie als "zu dick und schwer" und als "Papierkram", mit dem er nichts zu tun haben wolle, zurückgewiesen. Von der Möglichkeit, den Berater M. zu den Prospektangaben zu befragen, habe der Kläger trotz der ihm ausdrücklich angebotenen Erläuterung des Prospekts keinen Gebrauch gemacht. Zudem hätten die Provisionen - zumindest bei dem "Twinfonds" - selbst unter Berücksichtigung des Agios die 15 %-Grenze nicht überschritten.
Im Übrigen hätte der Kläger die Beteiligungen auch gezeichnet, wenn er über die Vertriebsprovisionen unterrichtet worden wäre. Schließlich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.
5
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung mit gewissen Abstrichen von der Höhe der Forderungen und unter teilweiser Abänderung des Ausspruchs zu den Freistellungsansprüchen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die teils vom Berufungsgericht (hinsichtlich des "Twinfonds"), teils vom Senat (hinsichtlich der übrigen Schiffsfonds) zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg; sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt, der Kläger habe mangels Aufklärung über die Höhe der jeweils angefallenen Eigenkapitalbeschaffungskosten Anspruch auf Rückabwicklung der Kommanditbeteiligungen an den drei Schiffsfonds. Der Handelsvertreter M. habe nach eigenem Vortrag der Beklagten gerade nicht annehmen dürfen, dass der Kläger die Emissionsprospekte gelesen und verstanden habe. Er sei daher verpflichtet geblieben, die Beratung mündlich durchzuführen. Dass der Kläger auf eine Beratung durch M. habe verzichten wollen, habe die Beklagte schon nicht hinreichend dargelegt. Die bloße Weigerung, sich mit dem Inhalt der Emissionsprospekte zu befassen, weil sie ihm "zu dick und zu schwer" seien, bedeute nur, dass er sich die erforderlichen Kenntnisse nicht selbst im Wege der Lektüre habe verschaffen wollen, und habe die Pflicht zur mündlichen Beratung und Aufklärung nicht entfallen lassen. Der Annahme, ein solches Verhalten lasse auf ein Desinteresse an den Prospektinhalten schließen , fehle jedenfalls im Allgemeinen die Grundlage. Ein teilweiser oder vollständiger Verzicht komme deshalb erst in Betracht, wenn der Anleger trotz Hinweises auf die in dem Prospekt enthaltenen wichtigen Informationen diesen weder entgegennehme noch die mündliche Erläuterung seiner wesentlichen Inhalte wünsche. Das Angebot, den Berater zu den Prospektinhalten befragen zu können , ersetze einen solchen Hinweis nicht. Eine mündliche Aufklärung über die Eigenkapitalbeschaffungskosten sei unstreitig nicht erfolgt, obgleich sie - jeweils unter Berücksichtigung des Agios - bei den beiden Tankschiffsfonds bei 20,15 % beziehungsweise 20,2 % sowie bei dem "Twinfonds" bei 16,09 % gelegen und damit die maßgebliche 15 %-Grenze überschritten hätten, worüber ungefragt aufzuklären gewesen wäre. Die teilweise Rückerstattung des Agios habe sich auch bei dem "Twinfonds" im Verhältnis zu den Eigenkapitalbeschaffungskosten von gut 2,5 Millionen Euro nicht ausgewirkt. Es sei davon auszugehen , dass der Kläger bei ausreichender Aufklärung die Anlagen nicht gezeichnet hätte. Diese für den Kläger streitende widerlegliche Vermutung habe die Beklagte nicht erschüttert, weshalb es einer Beweisaufnahme nicht bedürfe. Die vorgetragenen Anhaltspunkte - Zurückweisung des Emissionsprospekts, Nichtausüben des Widerrufsrechts, spätere geringe Erhöhung der Kapitalanteile , das (streitige) Vermögen des Klägers in Millionenhöhe, seine Anlageziele und das (ebenfalls streitige) Wissen um das Risiko eines Kapitalverlusts - rechtfertigten weder für sich allein noch in der Gesamtschau den behaupteten Rück- schluss. Vielmehr handele es sich um eine bloße Spekulation der Beklagten. Ebenso wenig sei der Schadensersatzanspruch verjährt.

II.


8
Dies hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand. Soweit das Berufungsurteil angefochten ist, können auf der Grundlage des bisherigen Sachund Streitstands und der dazu getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung der Pflichten aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatungsvertrag (§ 280 Abs. 1 BGB) noch nicht als erfüllt angesehen werden.
9
1. Unstreitig ist zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Der Anlageberater ist - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - zur anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Er hat den Kunden rechtzeitig, richtig und sorgfältig sowie verständlich und vollständig zu beraten. In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater den Interessenten insbesondere über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (st. Rspr., zB Senat, Urteile vom 23. März 2017 - III ZR 93/16, WM 2017, 799 Rn. 11; vom 18. Februar 2016 - III ZR 16/15, WM 2016, 504 Rn. 15; vom 4. Dezember 2014 - III ZR 82/14, WM 2015, 68 Rn. 9 sowie vom 24. April 2014 - III ZR 389/12, NJW-RR 2014, 1075 Rn. 9; jeweils mwN).
10
Im Rahmen der objektgerechten Beratung ist der Anlageberater verpflichtet , unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten (Senat, Urteile vom 19. Oktober 2017 - III ZR 565/16, WM 2017, 2191 Rn. 12 für BGHZ 216, 245 vorgesehen; vom 23. Juni 2016 - III ZR 308/15, WM 2016, 1333 Rn. 15; vom 18. April 2013 - III ZR 225/12, BKR 2013, 288 Rn. 15; vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640, Rn. 16 und vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116 ff, 121). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum einen für die Anlageentscheidung derart bedeutsamen Umstand darstellt, dass der Anlageinteressent hierüber informiert werden muss (Senat, Urteile vom 3. März 2011 aaO und vom 12. Februar 2004 aaO, S. 118 ff, 121).
11
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der für die Beklagte tätige Handelsvertreter (§ 278 BGB) die entsprechende Aufklärungspflicht hinsichtlich des "Twinfonds" nicht verletzt. In Bezug auf die Tankerfonds liegt zwar eine solche Pflichtverletzung vor. Jedoch rechtfertigen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Würdigung, diese sei ursächlich für die Anlageentscheidung des Klägers geworden.
12
a) Eine ordnungsgemäße Aufklärung kann nicht nur mündlich, sondern auch durch die Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (zB Senatsurteile vom 18. Februar 2016 aaO Rn. 16; vom 24. April 2014 aaO und vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186,152 Rn. 32; jeweils mwN).
13
b) Über die Höhe der Vertriebsprovisionen hat der Handelsvertreter M. jedoch weder schriftlich durch die rechtzeitige Übergabe der Fondsprospekte, die der Kläger nicht entgegennehmen wollte und daher nicht zur Kenntnis genommen hat, noch mündlich bei dem persönlichen Beratungsgespräch aufgeklärt. Die sich hieran anschließende, auf der Grundlage tatrichterlicher Würdigung getroffene Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die (zugunsten der Beklagten als wahr unterstellte) Weigerung des Klägers, die Prospekte entgegenzunehmen , nicht dazu geführt hat, dass die Pflicht des Handelsvertreters, mündliche Aufklärung zu verschaffen, verringert wurde oder gar entfiel, ist rechtsfehlerfrei.
14
aa) Der Umfang der Belehrungspflicht richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls (vgl. Senatsurteile vom 21. März 2013 - III ZR 182/12, WM 2013, 836 Rn. 12 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 19; BGH, Urteile vom 20. Januar 2015 - XI ZR 316/13, WM 2015, 575 Rn. 16 und vom 25. November 2014 - XI ZR 480/13, juris Rn. 18) und hängt etwa vom Wissensstand und der Risikobereitschaft des Kunden sowie den allgemeinen und speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben, ab. Die Beratung hat sich dabei auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (zB Senatsurteil vom 21. März 2013 aaO).
15
Allein der Umstand, dass ein Anleger einen Prospekt nicht entgegen und die darin enthaltenen Informationen nicht zur Kenntnis nehmen will, befreit den Berater nicht ohne weiteres von der Pflicht, seinen Kunden über die wesentlichen Risiken des Investments aufzuklären. Denn die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfällt erst dann, wenn er davon ausgehen darf, dass der Kunde den - die notwendige Aufklärung enthaltenden - Prospekt gelesen und verstanden hat und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (zB Senatsurteile vom 17. September 2015 - III ZR 384/14, BeckRS 2015, 16600 Rn. 16; vom 11. Dezember 2014 - III ZR 365/13, WM 2015, 128 Rn. 18 und vom 20. Juni 2013 - III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561 Rn. 7). Gerade dann, wenn ein Anleger mit einem bestimmten Anlagemodell noch keine oder wenig Erfahrung hat und sich - wie hier - einem Beratungsgespräch auch nicht generell verschließt , darf der Berater ohne konkrete Anhaltspunkte, dass nicht nur keine schriftliche, sondern überhaupt keine Aufklärung gewollt ist, nicht davon ausgehen , es komme dem Anleger nicht auf eine zumindest die wesentlichen Risiken des Investments umfassende Aufklärung an. Im Gegenteil darf der Anleger grundsätzlich erwarten, dass der Berater die Aufklärung in dem gebotenen Umfang (auch) in einem persönlichen Gespräch leistet und dabei in der Lage ist, die wesentlichen Aspekte des Anlagemodells einschließlich der für den Anleger potentiell bedeutsamen Risiken zu erläutern. Eine einseitige Bestimmung des Pflichtenumfangs des Beraters liegt darin entgegen der Ansicht der Revision nicht.
16
Dabei ist zwar nicht zu verkennen, dass eine erschöpfende Wiedergabe aller in einem Prospekt enthaltenen Informationen vielfach weder möglich noch geboten sein und der Anleger dies regelmäßig auch nicht erwarten wird. Dies enthebt den Berater aber nicht davon, den Anleger von sich aus jedenfalls über die wesentlichen Risiken - wozu insbesondere ab einer bestimmten Größenordnung auch die Vertriebsprovisionen gehören (vgl. oben unter 1) - zu informieren. Allenfalls im Übrigen darf sich der Berater dem Anleger gegenüber, der den Prospekt nicht entgegennimmt oder sonst zu erkennen gibt, dass er die darin enthaltenen Informationen nicht zur Kenntnis nehmen kann oder will, auf den Hinweis beschränken, dass allein das Aufklärungsgespräch eine umfassende Aufklärung nicht gewährleistet, sondern weitere wichtige Informationen in dem Prospekt enthalten sind. Ist der Berater etwa mangels ausreichender eige- ner Kenntnisse zu einer persönlichen Aufklärung nicht oder nur teilweise in der Lage, muss er auch dies offenlegen.
17
bb) Allein die bloße Weigerung des Anlegers, das ihm überreichte schriftliche Informationsmaterial entgegenzunehmen, kann daher nicht von vornherein als fehlendes Interesse an einer Aufklärung oder als Verzicht darauf beziehungsweise als Gleichgültigkeit gegenüber den der Anlage innewohnenden Risiken verstanden werden. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es ebenso denkbar ist, dass der Anleger zwar auf die möglicherweise zeitraubende Lektüre eines unter Umständen als schwer verständlich empfundenen Prospekts und damit auf eine schriftliche Aufklärung, nicht aber auf eine zusammenfassende und gegebenenfalls eingängigere mündliche Erläuterung der wesentlichen Eigenschaften und Risiken der Kapitalanlage durch den Anlageberater, bei der unmittelbar Gelegenheit zur Nachfrage besteht, verzichten will. Anderes kommt erst in Betracht, wenn der Anlageberater ausdrücklich darauf hinweist, dass in dem Prospekt wichtige Informationen enthalten sind, die er nicht oder nicht vollumfänglich persönlich darstellen kann oder will, und der Kunde gleichwohl auf eine Lektüre verzichtet und die empfohlene Anlage vornimmt.
18
cc) Dies zugrunde gelegt, ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht in Würdigung der Umstände des Einzelfalls angenommen hat, die Begründung des Klägers, die Fondsprospekte nicht haben zu wollen, weil sie "zu dick und zu schwer" beziehungsweise nur "Papierkram" seien, belege als solches noch nicht sein Desinteresse an einer anderweitigen Aufklärung über die wesentlichen Risiken der Anlage oder einen Verzicht darauf und schränke folglich nicht den Pflichtenumfang des Beraters ein. Dass der Kläger mit einer persönlichen Beratung einverstanden war, sie jedenfalls nicht ablehnte, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei schon daraus gefolgert, dass er sich eigens für ein Beratungsgespräch in die Büroräume des Handelsvertreters M. begeben hat und dort auch tatsächlich ein Gespräch geführt worden ist. Ebenso vertretbar ist die tatrichterliche Würdigung, dem Kläger, der sich auch nach der beruflichen Veränderung des S. M. von einem Angestelltenverhältnis bei einer Bank zu einer freien Beratertätigkeit bei der Beklagten weiter durch diesen betreuen ließ, sei es gerade auf dessen Rat angekommen. Demgegenüber hat das Berufungsgericht das nach der Behauptung der Beklagten dem Kläger von dem Handelsvertreter M. unterbreitete Angebot, zu den Emissionsprospekten Fragen zu stellen, zu Recht als unbeachtlich angesehen. Denn ohne Kenntnis der Prospekte war der Kläger ersichtlich nicht in der Lage, sinnvolle Nachfragen zu stellen.
19
Gleichermaßen bedenkenfrei hat das Berufungsgericht ausreichende Anhaltspunkte für einen Verzicht des Klägers auf eine über den tatsächlichen Umfang hinausgehende Beratung nicht gesehen.
20
c) Allerdings hat der Berater M. nur in Bezug auf die Beteiligungen des Klägers an den beiden Tankschiffsfonds pflichtwidrig nicht über die 15 % übersteigenden Vertriebsprovisionen aufgeklärt. Demgegenüber war eine solche Aufklärung in Bezug auf den "Twinfonds" nicht geboten.
21
aa) Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Provisionen, die für den Erwerb der beiden Tankschiffsfonds angefallen seien, überstiegen die "15 %-Grenze", erhebt die Revision keine Rügen. Es sind insoweit auch keine Rechtsfehler ersichtlich.
22
bb) Für den Erwerb der Anteile an dem "Twinfonds" hat der Kläger hingegen keine 15 % übersteigenden Vertriebsprovisionen entrichten müssen. Dem Berufungsgericht kann nicht in der Annahme gefolgt werden, der Kläger habe Vertriebsprovisionen im Umfang von insgesamt 16,09 % aufgebracht.
23
(1) Allerdings geht das Oberlandesgericht zu Recht davon aus, dass - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils und Begründung der Revision durch die Beklagte entschieden hat (Urteil vom 19. Oktober 2017 - III ZR 565/16, WM 2017 2191 ff, für BGHZ 216, 245 vorgesehen) - in die Ermittlung der Eigenkapitalbeschaffungskosten das Agio mit einzubeziehen ist, damit der Anleger den Gesamtaufwand für den Erwerb der Anlage und damit deren Werthaltigkeit und Rentabilität als einen für seine Investitionsentscheidung bedeutsamen Umstand beurteilen kann (vgl. Senat aaO Rn. 15 ff). Das Agio ist - gemeinsam mit den aus dem Eigenkapital zu zahlenden Vertriebsprovisionen - für die Werthaltigkeit der Investition als Ausgangspunkt der Aufklärungspflicht des Anlageberaters von Bedeutung. Die Werthaltigkeit einer Kapitalanlage kann im Fall einer hohen Provision maßgeblich nachteilig beeinflusst sein, weil die für die Provision benötigten Beträge nicht für das eigentliche Anlageobjekt zur Verfügung stehen. Dabei stellt aus der - wert- und renditeorientierten - Sicht des Anlegers der insgesamt zu zahlende Betrag (einschließlich Agio) die "Kapitalanlage" dar. Er wird stets den Gesamtbetrag seiner Investition (einschließlich Agio) betrachten, um beurteilen zu können, ob sie sich hinsichtlich Werthaltigkeit und Rendite lohnt (vgl. zu allem Vorstehenden: Senat aaO Rn. 15). Steigen die Kosten der Vermittlung des Eigenkapitals im Verhältnis zu letzterem, wird ab einer bestimmten Größenordnung der Vermittlungskosten der Rückschluss auf eine geringere Werthaltigkeit der gesamten Kapitalanlage (einschließlich) Agio eröffnet. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Kosten für die Vermittlung des Eigenkapitals aus diesem selbst oder einem zusätzlich entrichteten Auf- schlag (Agio) entrichtet werden (Senat aaO Rn. 16). Denn sie fließen, obwohl Bestandteil des vom Anleger investierten Gesamtbetrags, in jedem Fall nicht in das eigentliche Anlageobjekt (Senat aaO). Erst das Verhältnis der gesamten Kosten der Eigenkapitalvermittlung zum einzubringenden Eigenkapital (ohne Agio) ermöglicht den Rückschluss auf eine etwaige geringere Werthaltigkeit der Anlage (vgl. Senat aaO Rn. 18).
24
(2) Aber auch bei Berücksichtigung des Ausgabeaufschlags hat der Kläger keine 15 % übersteigenden Vertriebsprovisionen für den Fondsanteil bezahlt.
25
(a) Soweit es die aus dem Eigenkapital zu entrichtenden Vertriebsprovisionen angeht, ergibt sich ihr prozentualer Anteil aus dem Verhältnis zwischen dem von den Anlegern für ihre Beteiligung an der Kommanditgesellschaft einzubringenden Eigenkapital (ohne Agio, siehe Senat aaO Rn. 17) und dem davon für die Vermittlung abfließenden Betrag (vgl. Senatsurteil vom 9. Februar 2006 aaO S. 669). Die Quote errechnet sich insoweit aus dem Verhältnis zwischen dem gesamten einzuwerbenden Eigenkapital und den daraus zu entrichtenden Vertriebskosten. Nach dem Emissionsprospekt sollte für den "Twinfonds" ein Kommanditkapital in Höhe von 14.650.000 € (ohne Agio) eingeworben werden; für Vertriebsleistungen waren 1.831.250 € vorgesehen. Es ergibt sich hieraus eine Provisionsquote von 12,5 %, die jeder Anleger aus der von ihm geleisteten Einlage (ohne Agio, das von vornherein nicht in das Anlageobjekt fließt) für Vertriebsprovisionen aufbringen musste.
26
(b) Hinzuzurechnen ist - wie ausgeführt - ferner das Agio, das der Anleger als weiteren Preis für den Erwerb des Fondsanteils zu zahlen hat.
27
Anstatt des im Prospekt und im Beitrittsformular vorgesehenen fünfprozentigen Agios musste der Kläger für die Anteile an dem "Twinfonds" unstreitig nur einen Ausgabeaufschlag von 375 € zahlen. Dies entspricht bezogen auf das vom Kläger einzubringende Kapital 2,5 %, wie sich auch der zeitgleich mit der Beitrittserklärung unterzeichneten gesonderten Bestätigung entnehmen lässt. Bei der Ermittlung der Vertriebskosten einer Anlage sind Abschläge, die dem einzelnen Anleger auf das vorgesehene (höhere) Agio gewährt werden, zu berücksichtigen , weil sie die für ihn maßgebliche Vertriebskostenquote mindern.
28
(c) Aus dem Einlagekapital aufzubringende Provisionen und das Agio ergeben insgesamt eine Quote von 15 % und übersteigen die nach der Rechtsprechung des Senats maßgebliche Schwelle gerade noch nicht.
29
(d) Die Annahme des Berufungsgerichts, die von dem einzelnen Anleger erlangte Reduzierung des Agios - hier 375 € - sei zu den gesamten Kosten der Eigenkapitalbeschaffung (rd. 2,5 Millionen Euro) ins Verhältnis zu setzen, ist schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil das Agio allein die Renditeerwartung des einzelnen Anlegers mindert. Für ihn spielt es keine Rolle, ob und wie viel Agio - das ohnehin nicht in die Kapitalanlage fließt - andere Anleger zu zahlen haben und ob und wann sie ihrerseits mit der Anlage einen Gewinn erwirtschaften. Anders als bei einer Ermäßigung der aus dem Eigenkapital zu zahlenden Provisionen kommt der Differenzbetrag auch nicht dem Anlageobjekt zugute, sondern bewirkt allein eine Verringerung der individuellen Kosten. Die Gewinnaussichten des einzelnen Anlegers werden von der - im Zeitpunkt der Zeichnung der Kapitalanlage regelmäßig ohnehin noch nicht feststehenden - Gesamtsumme des gezahlten Agios nicht beeinflusst. Erst recht besteht kein Grund, das vom Kläger bezogen auf seinen Anteil gezahlte (individuelle) Agio zu den gesamten prospektierten Eigenkapitalbeschaffungskosten einschließlich der von allen Anlegern aus dem Eigenkapital zu zahlenden Vertriebskosten ins Verhältnis zu setzen.
30
2. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung aber auch in Bezug auf die beiden Tankschiffsfonds nicht stand, weil sich auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung nicht feststellen lässt.
31
a) Im Ausgangspunkt zutreffend jedoch ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass für den Ursachenzusammenhang zwischen einer Aufklärungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung spricht (z.B. Senatsurteile vom 16. März 2017 - III ZR 489/16, WM 2017, 708 Rn. 32 mwN; vom 14. April 2011 - III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139, Rn. 13; vom 22. April 2010 - III ZR 318/08, WM 2010, 1017 Rn. 19 und vom 9. Februar 2006 aaO S. 671). Diese Vermutung beruht mit Blick auf die in Rede stehende Pflichtverletzung letztlich auf dem Umstand, dass es für den Vertrieb einer Kapitalanlage einen wesentlichen Unterschied ausmacht, welcher Anteil aus dem eingesetzten Kapital dafür aufgebracht werden muss (vgl. Senatsurteil vom 22. April 2010 aaO). Die Kausalitätsvermutung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (Senat aaO; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2009 - II ZR 15/08, WM 2010, 262 Rn. 24 mwN). Es ist grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers, die Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften (zB Senat, Urteile vom 16. März 2017; vom 14. April 2011 und vom 9. Februar 2006; jeweils aaO). Um die Vermutung zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (BGH aaO).
32
b) Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den von der Beklagten zur Entkräftung der Vermutung gehaltenen Tatsachenvortrag für unbeachtlich gehalten, den dazu angebotenen Beweis übergangen und damit ihr rechtliches Gehör im Sinne von Art. 103 Abs. 1 GG verletzt hat.
33
aa) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (zB BVerfGE 65, 293, 295 f; 70, 288, 293 f; 83, 24, 35). Dazu gehört es, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen (BVerfGE 60, 247, 249; 65, 305, 307; 69, 141, 143 f). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfGE 65 aaO; 69 aaO S. 144; Senat, Urteil vom 23. Juni 2016 aaO Rn. 18).
34
bb) Nach diesen Maßstäben ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
35
(1) Die Beklagte hat behauptet, der Kläger hätte die Anlagen auch in Kenntnis der Vertriebsprovisionen gezeichnet, und sich zum Beweis auf dessen Vernehmung als Partei gemäß § 445 Abs. 1 ZPO berufen. Dieses Beweisangebot ist auch erheblich. Die Beklagte hat die entscheidungserhebliche Tatsache zur Erschütterung der tatsächlichen Vermutung unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, hätte die Beklagte die gegen sie streitende Vermutung entkräftet. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen der behaupteten Tatsache sind zur Substantiierung des Beweisantrags auf Vernehmung des Gegners als Partei grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 39; Urteil vom 10. Januar 2017 - XI ZR 365/14, BKR 2017, 164 Rn. 16; dort jeweils für den Fall einer echten Beweislastumkehr ). Für die unmittelbare Beweisführung steht der Beklagten auch kein weiteres Beweismittel zur Verfügung, so dass der Grundsatz der Subsidiarität der Parteivernehmung nicht eingreift. Die Parteivernehmung nach § 445 Abs. 1 ZPO setzt schließlich auch nicht die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung voraus (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 aaO; Urteil vom 6. Juli 1960 - IV ZR 322/59, BGHZ 33, 63, 66). Die Ablehnung eines Beweises über eine erhebliche Tatsache ist nur zulässig, wenn der Antrag auf eine unzulässige Ausforschung hinaus läuft.
36
(2) Ein solcher unbeachtlicher, auf eine (unzulässige) Ausforschung zielender Beweisermittlungsantrag ist nicht gegeben.
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(a) Der Beweisführer ist grundsätzlich nicht gehindert, Tatsachen zu behaupten , über die er keine genauen Kenntnisse hat, die er aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt erst dann vor, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senat aaO; BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 aaO Rn. 40 m. zahlr. w.N). Bei der Annahme von Willkür ist jedoch Zurückhaltung geboten. In der Regel liegt sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vor (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 aaO mwN). Eine Ausforschung in diesem Sinne ist in der vorliegenden Fallgestaltung bereits dann zu verneinen, wenn die darlegungspflichtige Partei Anhaltspunkte vorträgt, die ihrer Auffassung nach jedenfalls in der Gesamtschau dafür sprechen, dass der Anleger auch in Kenntnis des verschwiegenen Umstands die Kapitalanlage gezeichnet hätte (vgl. BGH aaO Rn. 41).
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(b) Die Beklagte hat vorliegend auf Umstände hingewiesen, die allein oder gemeinsam dafür sprechen könnten, dass es dem Kläger auf eine Aufklärung über die konkrete Höhe der zu zahlenden Vertriebsprovisionen nicht entscheidend ankam. Ihre unter Beweis durch die Vernehmung des Klägers als Partei gestellte Behauptung, jener hätte die beiden Tankschiffsfonds auch in Kenntnis der Höhe der insgesamt zu zahlenden Provisionen gezeichnet, kann daher nicht als willkürlich angesehen werden. Dies hat das Berufungsgericht übersehen und stattdessen auf eine von ihm für richtig gehaltene Würdigung der vorgetragenen Umstände abgestellt, die es jedoch erst nach der gebotenen Klärung der vollständigen Tatsachengrundlage hätte vornehmen dürfen.
39
Ungeachtet dessen, dass die Weigerung, die Emissionsprospekte entgegen zu nehmen, weder die Beklagte von ihrer Aufklärungspflicht als solcher entband noch ohne weiteres als Verzicht auf eine Risikoaufklärung zu verstehen war, liegt darin jedoch ein Aspekt, der auf ein gewisses Desinteresse des Klägers an einer umfassenden Aufklärung über die das Investment betreffenden Umstände für seine Anlageentscheidung hindeuten kann. Dass dem Verhalten des Klägers ein solcher Aussagewert von vornherein nicht beigemessen werden kann, wovon das Berufungsgericht ausgeht, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Hinzu kommt, dass die in den Beraterbögen dokumentierten Anlageziele des Klägers - Ausschüttungen, Vermögensdiversifikation sowie teilweise auch Steuervergünstigung - ebenfalls zumindest einen gewissen Anhaltspunkt dafür darstellen können, dass es dem Kläger nicht maßgeblich auf die Höhe der Eigenkapitalbeschaffungskosten angekommen sein muss, wenngleich nicht zu verkennen ist, dass die nicht in die Kapitalanlage fließenden Kosten des Vertriebs die Werthaltigkeit des Investments und damit dessen Rentabilität beeinflussen können. Welche Bedeutung diesen Indizien im Ergebnis beizumessen sein wird, ist eine andere nach abschließender Aufklärung des Sachverhalts zu beantwortende Frage. Die tatsächlich hinter der Zurückweisung der Prospekte stehende Motivation des Klägers ist deshalb im Rahmen einer Beweisaufnahme zu klären.
40
Das Berufungsgericht wird mithin in dem neu eröffneten Berufungsverfahren dem Beweisantritt der Beklagten nachzugehen haben. Sodann wird es unter Einbeziehung der streitigen und unstreitigen Indizien zu würdigen haben, ob es der Beklagten gelungen ist, die gegen sie streitende Vermutung zu erschüttern.
41
3. In Bezug auf die vom Berufungsgericht für nicht durchgreifend erachtete Einrede der Verjährung macht die Revision keine Rechtsfehler geltend; solche sind auch nicht ersichtlich.
42
4. Nach alledem entfällt auch die Grundlage für die Verurteilung zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten (Nr. 6 des Tenors des Berufungsurteils ). Zwar schuldet die Beklagte jedenfalls den Ausgleich dieser Kosten, soweit sie den Schadensersatz wegen des Patentfonds betreffen. Allerdings wird der Freistellungsanspruch je nach dem Ergebnis der weiteren Feststellungen in Bezug auf die übrigen Fonds insgesamt neu zu berechnen sein. Ebenso entfällt die Grundlage für die Feststellung des Annahmeverzugs (Nr. 7 des Tenors des Berufungsurteils), soweit nicht der Patentfonds betroffen ist.

III.

43
Das Berufungsurteil ist daher im Umfang seiner Anfechtung gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen - auch zu den sonstigen von dem Kläger ge- rügten Pflichtverletzungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Zeichnung des "Twinfonds" - zu treffen sind, kommt eine eigene Sachentscheidung des Senats nach § 563 Abs. 3 ZPO nicht in Betracht. Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Vermittlung der beiden Tankschiffsfonds Schadensersatz schuldet, bestehen entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten jedoch keine Bedenken gegen die von der Vorinstanz im Ergebnis vorgenommene Umdeutung des vom Kläger im ersten Rechtszug gestellten Freistellungsantrags in ein Feststellungsbegehren (vgl. BGH, Urteil vom 31. Januar 1984 - VI ZR 150/82, NJW 1984, 2295, 2296), wobei gegebenenfalls Gelegenheit bestehen wird, dies bei der Tenorierung klarzustellen.
Herrmann Tombrink Remmert
Arend Böttcher
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 28.10.2015 - 11 O 344/14 -
OLG Celle, Entscheidung vom 15.09.2016 - 11 U 209/15 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

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(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 445 Vernehmung des Gegners; Beweisantritt


(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 22. Januar 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage im Hinblick auf den Vorwurf nicht anlegergerechter Beratung abgewiesen worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung von Genussrechtsbeteiligungen an der inzwischen insolventen I.                                                     mbH (zuletzt H.               GmbH) vom 19. August, 17. September und 6. Dezember 2007 geltend.

2

Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme im Wesentlichen stattgegeben. Hierbei ist der Einzelrichter, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, davon ausgegangen, dass die Beratung der Klägerin nicht anlegergerecht gewesen sei. Denn diese habe eine sichere Anlage für ihre Altersvorsorge gewollt. Die für die Beklagte tätige Beraterin K.     habe die Beteiligungen als sicher und risikolos empfohlen, obwohl es sich um ein spekulatives Anlageprodukt mit bestehendem und sich vorliegend auch realisiertem Totalverlustrisiko gehandelt habe. Der Anspruch auf Schadensersatz sei nicht verjährt. Soweit sich im kleingedruckten Text der Zeichnungsscheine auch Risikohinweise befänden, stehe fest, dass die Klägerin den Text bei der Unterzeichnung nicht gelesen und deshalb die Diskrepanz zur erfolgten Beratung nicht erkannt habe. Das Verhalten der Klägerin sei insoweit allenfalls als normal fahrlässig einzustufen, sodass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vorlägen.

3

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Unterschreiben der Zeichnungsscheine ohne vorherige Lektüre des Inhalts sei grob fahrlässig. Hiergegen richtet sich die vom Senat beschränkt auf den Vorwurf der nicht anlegergerechten Beratung zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Hierbei war über das Rechtsmittel antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 10. November 2016 - III ZR 235/15, WM 2017, 280 Rn. 18 mwN).

I.

5

Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die erstinstanzlichen Feststellungen zu Grund und Höhe des Anspruchs könnten dahinstehen, da die Klageforderung jedenfalls verjährt sei. Das Landgericht habe eine grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin von den anspruchsbegründenden Tatsachen im Jahre 2007 verneint, da keine Veranlassung oder Verpflichtung bestanden habe, die Zeichnungsscheine zu lesen. Diese Auffassung teile das Berufungsgericht nicht. In den Scheinen fänden sich Hinweise auf die Risiken der Anlage als Unternehmensbeteiligung. Es sei mit Rechtssicherheitsgesichtspunkten unvereinbar, wiederholt Verträge zu unterzeichnen und später dann deren Verbindlichkeit mit dem Hinweis zu leugnen, die Erklärungen nicht gelesen und mithin bewusst gegen eigene Interessen die Augen vor deren Inhalt verschlossen zu haben. Die Klägerin hätte die Scheine als Minimalanforderung der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten lesen müssen. Dann wäre sofort der Widerspruch zum Inhalt der Beratung aufgefallen. Der Klägerin sei bewusst gewesen, dass sie sich zur Hingabe von Geld gegen Empfang eines Anlageprodukts verpflichtet habe. Die Scheine enthielten insoweit eine rechtsgeschäftliche Erklärung. Es gebe keinen Grund, die Unterschrift als unverbindlich und rechtsfolgenlos anzusehen. Ihre Willenserklärung müsse sich die Klägerin vielmehr ähnlich wie bei einer Blankounterschrift zurechnen lassen.

II.

7

Das angefochtene Urteil hält im Umfang der beschränkten Revisionszulassung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

8

1. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schwerwiegenden und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben. Dem Gläubiger muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst" vorgeworfen werden können. Sein Verhalten muss schlechthin "unverständlich" beziehungsweise "unentschuldbar" sein. Hierbei unterliegt die Feststellung, ob die Unkenntnis des Gläubigers von verjährungsauslösenden Umständen auf grober Fahrlässigkeit beruht, als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung einer Überprüfung durch das Revisionsgericht dahingehend, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften gewürdigt worden ist, und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grads des Verschuldens wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 27 f und vom 17. März 2016 - III ZR 47/15, WM 2016, 732 Rn. 10 f; jeweils mwN).

9

2. Die Würdigung des Oberlandesgerichts ist insoweit nicht frei von Rechtsfehlern.

10

Zwar handelt es sich bei der Zeichnung der Beteiligungen um rechtsverbindliche Willenserklärungen. Dies reicht aber für sich allein nicht aus, um zum Nachteil des Anlegers automatisch den Vorwurf grober Fahrlässigkeit bei unterlassener Lektüre des kleingedruckten Inhalts der Zeichnungsscheine zu rechtfertigen. Vielmehr darf insoweit der Kontext, in dem es zu den Zeichnungen gekommen ist, nicht ausgeblendet werden.

11

Im Rahmen der von einem Anlageberater geschuldeten anlegergerechten Beratung müssen die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden berücksichtigt und insbesondere das Anlageziel, die Risikobereitschaft und der Wissensstand des Anlageinteressenten abgeklärt werden. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung des Anlageziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein (vgl. nur Senat, Urteil vom 11. Dezember 2014 - III ZR 365/13, WM 2015, 128 Rn. 13 mwN). In Bezug auf das Anlageobjekt ist der Berater verpflichtet, den Kunden rechtzeitig, richtig und sorgfältig sowie verständlich und vollständig zu beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. nur Senat, Urteil vom 18. Februar 2016 - III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rn. 15 mwN). Insoweit besteht bei einem Anleger, der die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Beraters in Anspruch nimmt, die berechtigte Erwartung, dass er die für seine Entscheidung notwendigen Informationen in dem Gespräch mit dem Berater erhält. Der Anleger darf grundsätzlich auf die Ratschläge, Auskünfte und Mitteilungen, die der Berater ihm in der persönlichen Besprechung unterbreitet, vertrauen. Er muss regelmäßig nicht damit rechnen, dass er aus dem Text eines Zeichnungsscheins, der ihm nach Abschluss der Beratung zum (formalen) Vollzug der bereits getroffenen Anlageentscheidung vorgelegt wird, substantielle Hinweise auf Eigenschaften und Risiken der Kapitalanlage erhält. Erst recht muss er nicht davon ausgehen, dass von ihm zur Vermeidung des Vorwurfs grober Fahrlässigkeit erwartet wird, den Text durchzulesen, um die erfolgte Beratung auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Die unterlassene Lektüre ist daher in einer solchen Situation für sich allein genommen nicht schlechthin "unverständlich" oder "unentschuldbar" und begründet deshalb im Allgemeinen kein in subjektiver und objektiver Hinsicht "grobes Verschulden gegen sich selbst". Eine andere Beurteilung kann etwa dann in Betracht kommen, wenn der Berater den Anleger ausdrücklich darauf hinweist, er solle den Text vor Unterzeichnung durchlesen, und er dem Kunden die hierzu erforderliche Zeit lässt oder wenn in deutlich hervorgehobenen, ins Auge springenden Warnhinweisen auf etwaige Anlagerisiken hingewiesen wird oder wenn der Anleger auf dem Zeichnungsschein gesonderte Warnhinweise zusätzlich unterschreiben muss.

12

Der vom Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme festgestellte konkrete Ablauf der Beratung der Klägerin bietet insoweit keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme grober Fahrlässigkeit. Hierbei war das Oberlandesgericht im Rahmen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die von der 1. Instanz festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründeten und eine erneute Feststellung geboten. Soweit einzelne Formulierungen im angefochtenen Urteil nahelegen, dass der Einzelrichter die Beweiswürdigung für zweifelhaft erachtet hat, hätte er die Beweisaufnahme wiederholen müssen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 30. November 2011 - III ZR 165/11 Rn. 5 f, auch zu hier nicht einschlägigen Ausnahmen). Da dies nicht geschehen ist, musste er von dem Beweisergebnis ausgehen. Insoweit hat das Landgericht unter anderem festgestellt, dass die Zeugin K.    im Anschluss an das Beratungsgespräch und die bereits getroffene Anlageentscheidung jeweils den Zeichnungsschein ausgefüllt und ihn der Klägerin dann nur noch zur Unterschrift vorgelegt hat, wobei keine Hinweise mehr erfolgten und keine Erörterung inhaltlicher Art mehr stattfand. Ein solcher Ablauf leuchtet auch unmittelbar ein. Denn da die Zeugin selbst eingeräumt hat, die Klägerin unzutreffend beraten zu haben, hatte sie keinerlei Interesse daran, dass die Klägerin zeitlich ausreichend Gelegenheit erhielt, den kleingedruckten Text im Einzelnen zu lesen. Wird in einer solchen Situation der Schein nur kurz zur Unterschrift und nicht länger zur eingehenden Lektüre vorgelegt, kann im Kontext der Zeichnungen nicht von grober Fahrlässigkeit gesprochen werden.

13

3. Da die verjährungsrechtliche Begründung des Berufungsgerichts das angefochtene Urteil nicht trägt, ist die Entscheidung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn der Rechtsbehelf nur teilweise eingelegt werden soll, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.

Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

Seiters      

        

Reiter      

        

Liebert

        

Pohl      

        

Arend      

        

9
2. In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 24. April 2014 - III ZR 389/12, NJW-RR 2014, 1075 Rn. 8 mwN). In diesem Zusammenhang gehört es nach der Senatsrechtsprechung, die das Berufungsgericht teilt, insbesondere zu den Pflichten eines Anlageberaters, den Anleger über das Risiko der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufzuklären (Urteil vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623 Rn. 20, 23; vgl. auch - bezüglich etwaiger Prospekthaftungsansprüche - BGH, Urteil vom 8. Oktober 2013 - II ZR 335/12, Rn. 28).
9
1. In Bezug auf das Anlageobjekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können (vgl. z.B. Senatsurteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07, BeckRS 2008, 13080 Rn. 7 und vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 10, jew. mwN). Eine ordnungsgemäße Beratung kann dabei auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (vgl. z.B. Senatsurteile vom 14. April 2011 - III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139 Rn. 7; vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 120 Rn. 24 und vom 18. Januar 2007 aaO).
12
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Anlagevermittler oder -berater den Erwerber einer von ihm empfohlenen Anlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum einen für die Investitionsentscheidung derart bedeutsamen Umstand darstellt, dass der Anlageinteressent hierüber informiert werden muss (z.B. Senat, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116 ff, 121; dem folgend Senat, Urteile vom 23. Juni 2016 - III ZR 308/15, WM 2016, 1333 Rn. 11; vom 12. Dezember 2013 - III ZR 404/12, WM 2014, 118 Rn. 14; vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 16, 22 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 5; Beschluss vom 29. Januar 2015 - III ZR 547/13, BeckRS 2015, 04824 Rn. 8). Für die Bewertung einer Geldanlage kann allein schon der Umstand, in welchem Umfang dem vom Anleger zu zahlenden Preis Provisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals gegenüberstehen, von maßgeblicher Bedeutung sein (Senat, Urteil vom 9. Februar 2006 aaO).
15
Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Entscheidungen des Senats vom 12. Februar 2004 (III ZR 359/02, BGHZ 158, 110) und vom 28. Juli 2005 (III ZR 290/04, NJW 2005, 3208). Die Entscheidung vom 12. Februar 2004 (aaO) befasst sich mit der Frage, ob Innenprovisionen in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen. Der Senat hat dies bei Innenprovisionen von über 15 % auf Grund der Besonderheiten des Vertriebs mittels Prospekts bejaht. Er hat sich in dieser Entscheidung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der fehlenden Aufklärungspflicht des Verkäufers über Innenprovisionen auf Grund der fehlenden Pflicht des Verkäufers zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjekts befasst und hiervon die Pflicht zur Offenlegung der Innenprovisionen in einem Prospekt abgegrenzt. Der Entscheidung ist dagegen nicht zu entnehmen, dass auch der Anlagevermittler bzw. Anlageberater nur dann über Innenprovisionen von über 15 % aufzuklären hat, wenn die Anlage mittels eines Prospekts vertrieben wird. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird dementsprechend zwar bei der Inanspruchnahme des Verkäufers regelmäßig differenziert danach, ob dem Kaufinteressenten bei dem Verkauf einer Immobilie das Objekt mittels eines Prospekts vorgestellt wird mit der Folge einer bestehenden Aufklärungspflicht in dem Prospekt oder ob das Objekt durch mündliche Beratung anhand eines konkreten Berechnungsbeispiels vertrieben wird mit der Folge einer fehlenden Aufklärungspflicht des Verkäufers (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, NJW 2005, 820, 822; vom 13. Oktober 2006 - V ZR 66/06, NJW 2007, 1874 Rn. 7 und vom 10. November 2006 - V ZR 73/06, BeckRS 2007, 00583 Rn. 15). Bei der Inanspruchnahme des Anlagevermittlers oder Anlageberaters spielt diese Differenzierung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dagegen keine Rolle (z.B. Senat, Urteil vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913 Rn. 16, 22 und Beschluss vom 29. Januar 2015 - III ZR 547/13, BeckRS 2015, 04824 Rn. 8).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 225/12
Verkündet am:
18. April 2013
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2013 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Wöstmann
, Seiters, Tombrink und Dr. Remmert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Juni 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der F. & E. VIP M. 2 GmbH & Co. KG (im Folgenden: VIP 2-Fonds) und der F. & E. VIP M. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: VIP 3-Fonds) in Anspruch.
2
Die Klägerin war langjährige Kundin der Beklagten. Die Beklagte ist eine 100 %ige Tochter der Stadtsparkasse D. , deren Kundin die Klägerin - seit Jahrzehnten - ebenfalls war. Ab dem Jahr 2002 wurde die Klägerin von dem Mitarbeiter P. der Beklagten beraten. Dieser suchte die Klägerin, die damals noch als niedergelassene Ärztin berufstätig war, am 25. November 2002 in ihren Praxisräumen auf. Nach einem Beratungsgespräch unterzeichnete die Klägerin eine Beteiligungserklärung an dem VIP 2-Fonds in Höhe von 50.000 €. Dabei waren 55 % der Beteiligung als Bareinlage zu erbringen nebst einem 3 %igen Agio auf den Zeichnungsbetrag. Die restliche Einlage von 45 % sollte zunächst fremdfinanziert werden. Die Klägerin leistete die Bareinlage und das Agio in voller Höhe.
3
Am 12. November 2003 zeichnete die Klägerin - erneut nach Beratung durch den Mitarbeiter P. der Beklagten - eine Beteiligung an dem VIP 3- Fonds in Höhe von 80.000 € zuzüglich eines Agios von 5 %. Die Klägerin leiste- te die volle Zeichnungssumme zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 84.000 €.
4
Die Beklagte war hinsichtlich der beiden Fonds von der V. AG als Vertriebspartnerin für die Eigenkapitalvermittlung gewonnen worden. Sie erhielt von ihr für die Vermittlung der Fondsanteile auf der Grundlage einer Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung jeweils Provisionen in einer das Agio übersteigenden Höhe, ohne dass die genaue Provisionshöhe der Klägerin offen gelegt wurde.
5
Die Klägerin macht unter anderem geltend, dass sie nicht über die Provisionen und deren Höhe aufgeklärt worden sei und die Anlagen nicht gezeichnet hätte, wenn sie die Rückvergütungen, insbesondere deren Höhe, gekannt hätte. Die Beklagte habe - bezogen auf die Zeichnungssumme- Provisionen in Höhe von 21,6 % vereinnahmt. Die Klägerin hat im Wesentlichen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 29.000 € (VIP 2-Fonds) und 84.000 € (VIP 3-Fonds) nebst Zinsen begehrt, jeweils Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Übertragung der Beteiligungen sowie Abtretung aller aus ihnen folgenden Rechte.
6
Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat auf die Anschlussberufung der Klägerin das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, dass der Rechtsstreit betreffend den Schadensersatz wegen der Beteiligung an dem VIP 3-Fonds im Umfang von am 13. Januar 2012 gezahlten 68.000 € erledigt ist. Mit der vom Senat zugelassenen Revision ver- folgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihre Pflichten als Anlageberaterin verletzt, indem sie die Klägerin nicht über die Höhe der ihr für den Vertrieb der Fondsbeteiligungen zufließenden Rückvergütungen aufgeklärt hat.
9
Die Beklagte könne nicht einwenden, als selbständige Finanzberaterin treffe sie keine Verpflichtung gegenüber ihren Kunden, ungefragt über eine von ihr bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären. Denn bei der Beklagten handele es sich nicht um einen bankunabhängigen Anlageberater. Die gesellschaftsrechtliche Ausgliederung der Anlageberatung aus dem Tätigkeitsbereich der Sparkasse mache sie nicht automatisch zu einem freien Anlageberater. Vielmehr komme es darauf an, ob die Beratungsgesellschaft sich aus Sicht des Kunden nach außen nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch im Übrigen als von der Bank im Unternehmensverbund unabhängige Beraterin darstelle. Hiervon könne bei der Beklagten nicht ausgegangen werden. Diese demonstriere vielmehr - nicht zuletzt durch den Gebrauch von deren Firmenlogo - ihr besonderes Näheverhältnis zur Sparkasse. Dabei nutze sie sowohl die Erkenntnisse und die Kundendaten als auch das Vertrauen der langjährigen Kunden der Sparkasse. Der Klägerin sei in keiner Weise bewusst gemacht worden, dass sie den Geschäftsbereich "ihrer" Sparkasse verlassen und sich in die Hände eines selbständigen Unternehmens begeben würde. Eine klare Grenzziehung zwischen der Sparkasse einerseits und der Beklagten andererseits habe es nicht gegeben. Vielmehr sei Kunden wie der Klägerin der Eindruck vermittelt worden, dass ihnen als "Premiumkunden" mit der Betreuung durch die ausgegliederte Beratungsgesellschaft eine ganz individuelle und besonders qualifizierte Beratung seitens der Sparkasse zuteilwerden solle.
10
Die Klägerin habe ohne nähere Aufklärung nicht damit rechnen müssen, dass der Beklagten ein Entgelt für die Vermittlung der Fondsanlagen zufließe. Sie habe annehmen dürfen, die vertragliche Beziehung zur Beklagten sei gleichsam in ihre Geschäfts- und Vertrauensbeziehung zur Sparkasse "eingebettet". Damit habe sie davon ausgehen dürfen, die Beklagte partizipiere an den Entgelten wie den Kontoführungsgebühren, die die Sparkasse regelmäßig für ihre Dienstleistungen vom Kunden erhalte.
11
Bei den an die Beklagte geflossenen Zahlungen habe es sich um aufklärungspflichtige Rückvergütungen gehandelt. Sie seien aus den im jeweiligen Fondsprospekt offen ausgewiesenen Vertriebskosten gezahlt worden, wobei die Beklagte als Empfängerin ungenannt geblieben sei. Damit seien die seitens der Klägerin geleisteten Zahlungen "hinter deren Rücken" an die Beklagte zurückgeflossen , womit deren besonderes Interesse, gerade diese Beteiligungen zu empfehlen, für die Klägerin nicht erkennbar gewesen sei.
12
Über diese Rückvergütungen sei die Klägerin von der Beklagten nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Dabei könne offen bleiben, ob der Zeuge P. die Klägerin grundsätzlich darüber informiert habe, dass die Beklagte eine Provision erhalte. Denn jedenfalls sei die Klägerin nicht über die konkrete Höhe der Rückvergütungen aufgeklärt worden. Da mit der Provisionshöhe zwangsläufig auch das Vertriebsinteresse steige, könne der Kunde letzteres nur bei Kenntnis der genauen Höhe der Vergütung realistisch beurteilen. Die Höhe der Provisionszahlungen sei dem Anleger daher immer ungefragt zu offenbaren. Den Fondsprospekten sei weder zu entnehmen gewesen, dass die Beklagte in den Genuss der dort ausgewiesenen Vertriebsprovisionen oder des Agios kommen solle, noch in welcher tatsächlichen Höhe Rückzahlungen an sie geflossen seien. Auf die Frage, ob die Prospekte rechtzeitig an die Klägerin übergeben worden seien, komme es daher nicht an.

II.


13
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
14
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen einer unterbliebenen Aufklärung über eine Provision oder Rückvergütung wegen der gezeichneten Fonds zu. Eine solche Pflicht bestand für die Beklagte nicht.
15
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist ein freier nicht bankmäßig gebundener Anlageberater nicht verpflichtet, den Anleger ungefragt über den Umstand und die Höhe einer Provision aufzuklären. Für den Anleger liegt es bei einer Beratung durch einen freien Anlageberater auf der Hand, dass dieser von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält , die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung als solcher sein Geld verdienen muss, kann berechtigterweise nicht angenommen werden, dass er diese Leistung insgesamt kostenlos erbringt. Sind ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen, so liegt für den Anleger klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen bezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Unter diesen Umständen besteht regelmäßig kein schützenswertes Vertrauen des Anlegers darauf, dass der Anlageberater keine Leistungen des Kapitalsuchenden erhält; vielmehr sind dem Anleger sowohl die Provisionsvergütung des Beraters durch den Kapitalsuchenden als auch der damit (möglicherweise) verbundene Interessenkonflikt bewusst. Soweit es um die genaue Höhe derdem Anlageberater zukommenden Provision geht, ist es bei gebotener Abwägung der gegenüberstehenden Interessen der Vertragsparteien Sache des Anlegers - dem generell das Provisionsinteresse des Beraters bekannt ist -, dieserhalb bei den Anlageberatern nachzufragen (vgl. nur Senatsurteil vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, NJW 2012, 2952 Rn. 12 mwN). Hiervon unberührt bleibt die generelle Pflicht des Anlageberaters, im Rahmen der objektgerechten Beratung unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung zu geben, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten (Senatsurteile vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913 Rn. 16, 22; vom 5. Mai 2011 - III ZR 84/10, BeckRS 2011, 13871 Rn. 10 und vom 10. November 2011 - III ZR 245/10, NJW-RR 2012, 372 Rn. 11).
16
b) Ein selbständiges Unternehmen der "Finanzgruppe" einer Sparkasse, das als 100 %ige Tochtergesellschaft (GmbH) der Sparkasse hauptsächlich auf dem Gebiet der Anlageberatung tätig ist, ist hinsichtlich der Verpflichtung, seine Kunden ungefragt über die von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wie ein freier Anlageberater zu behandeln (vgl. Senatsurteile vom 19. Juli 2012 aaO Rn. 14 und vom 6. Dezember 2012 - III ZR 307/11, WM 2013, 119 Rn. 15). Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise kann ein Anleger, der sich durch einen solchen Anlageberater über Anlagemöglichkeiten beraten lässt, nicht berechtigterweise annehmen, der Anlageberater würde diese Leistung kostenlos erbringen. Dabei ist in den Vordergrund zu stellen , dass es sich in diesen Fällen bei den Beratern um selbständige juristische Personen handelt, die selbst kein Kreditinstitut sind und keine "klassischen" Bankgeschäfte betreiben. Sie sind, ungeachtet des Umstands, dass sie zur "Finanzgruppe der Sparkasse" gehören - was durch die Verwendung des Firmenlogos betont wird - und ihre Kunden im Wesentlichen aus dem Kundenstamm der Sparkasse gewinnen, eigenständige Unternehmen, zu deren Haupttätigkeit - nicht anders als bei sogenannten "freien" Anlageberatern - die Beratung bei der Geldanlage gehört. Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise ist einem Anleger auch bei einer solchen Anlageberatung bewusst, dass der Berater Provision seitens der Kapitalsuchenden erhält, zumal er keine Vergütung für die Anlageberatung selbst, die Verwaltung von Konten oder sonstige Dienstleistungen seitens des Anlegers erhält. Ein Anleger hat damit auch bei der Beratung durch eine "Sparkassentochter" kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass diese kein Geld seitens des Kapitalsuchenden für die Vermittlung des jeweiligen Anlageprodukts erhält (Senatsurteile aaO).
17
c) Die Umstände im vorliegenden Fall geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Auch hier ist in den von der Klägerin gezeichneten Beteiligungserklärungen ein Agio offen ausgewiesen worden. Angesichts ihrer langjährigen Geschäftsbeziehung nicht nur zur Sparkasse, sondern gerade auch zur Beklagten war der Klägerin bekannt, dass die Beklagte eine selbständige juristische Person ist. Letzteres geht zudem aus der von der Klägerin unterzeichneten Widerrufsbelehrung zum VIP 2-Fonds und der von ihr gezeichneten Beteiligungserklärung zum VIP 3-Fonds hervor, auf denen jeweils ein die rechtliche Selbständigkeit der Beklagten ausweisender Stempelabdruck angebracht ist. Die Klägerin wusste des Weiteren, dass die Beklagte jedenfalls von ihr keine Zahlung für die Anlageberatung erhalten hat. Die Beklagte ist deshalb als "freier" Anlageberater anzusehen, der über die von ihm erhaltenen Rückvergütungen und Provisionszahlungen nicht aufzuklären brauchte. Insofern kann sich aus einer unterbliebenen Aufklärung deshalb kein Schadensersatzanspruch für die Klägerin ergeben.
18
d) Soweit die Klägerin unter Hinweis auf ihr zweitinstanzliches Vorbringen geltend gemacht hat, die Beklagte habe, bezogen auf die Zeichnungssumme , Provisionen über 21,6 % - und damit mehr als 15 % - vereinnahmt, kann eine solche Provisionshöhe der Entscheidung des Senats nicht zugrunde gelegt werden. Abgesehen davon, dass entsprechende Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen, ist der Vortrag der Klägerin hierzu auch widersprüchlich. Insbesondere erschließt sich aus ihrer in Bezug genommenen Berufungserwiderung und ihren Ausführungen in der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung nicht, wieso sich aus einer auf der Grundlage der Bareinlage ermittelten Rückvergütung von (angeblich) 11,9 % bezogen auf die (höhere) Zeichnungssumme eine solche von 21,6 % ergeben soll. Unklar ist auch, woraus sich eine - vorliegend ohnehin nicht gegebene - verborgene Innenprovision von mindestens 18,4 % errechnet. Schließlich ist eine "21,6 %-Schwelle des III. Senats", die die Beklagte "gerissen" haben soll, in der Senatsrechtsprechung nicht bekannt.
19
2. Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird sich mit den weiter geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen und den Einwendungen der Beklagten auseinanderzusetzen ha- ben, wozu Stellung zu nehmen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keinen Anlass hat.
Schlick Wöstmann Seiters
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 14.09.2011 - 2 O 465/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 05.06.2012 - I-34 U 147/11 -
16
(2) Ferner hat der Bundesgerichtshof dem Anlagevermittler (Senat, Urteile vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116 ff, 121; vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685, 686 Rn. 5; vom 22. März 2007 - III ZR 218/06, NJW-RR 2007, 925, 926 Rn. 9; vgl. auch - zu den Aufklärungspflichten eines Geschäftsbesorgers - Versäumnisurteil vom 28. Juli 2005 - III ZR 290/04, NJW 2005, 3208, 3210 sowie - zu den Aufklärungspflichten eines Treuhandkommanditisten - Urteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07, BKR 2008, 301, 304 Rn. 21) und dem Anlageberater (so BGH, Urteil vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BKR 2008, 199, 200 f Rn. 11 f, 14 ff zur anlageberatenden Bank) die Pflicht auferlegt, über Vertriebsprovisionen Aufklärung zu geben, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum einen für die Anlageentscheidung derart bedeutsamen Umstand darstellt, dass der Anlageinteressent hierüber informiert werden muss (s. dazu insbesondere Senat, Urteil vom 12. Februar 2004 aaO S. 118 ff, 122; Versäumnisurteil vom 28. Juli 2005 aaO und Urteil vom 9. Februar 2006 aaO). Unbeschadet dessen müssen unrichtige oder irreführende Angaben zu Vertriebsprovisionen generell unterbleiben oder rechtzeitig richtiggestellt werden (s. Senatsurteile vom 12. Februar 2004 aaO S. 118, 122; vom 22. März 2007 aaO Rn. 8 und vom 29. Mai 2008 aaO).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 359/02
Verkündet am:
12. Februar 2004
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zur Frage der Verpflichtung des Vermittlers einer prospektierten Kapitalanlage
zur Offenlegung von an ihn für den Vertrieb gezahlten "Innenprovisionen".
BGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dörr, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärungen vom 1. Dezember 1996 und vom 13. Juni 1997 Beteiligungen als Kommanditist mit Beträgen von jeweils 80.000 DM plus 5 % Agio an der D. , Grundstücks- und Verwaltungs GmbH & Co. P. -A. /W. -G. 1 KG ("Grundrenditefonds P. -A. und W. -G. 1"; im folgenden: W.
1) und an der D. Grundstücks-EntwicklungsGmbH & Co. W. -G. 2 KG ("Grundrenditefonds W. -G. 2/Galerie
R. Straße"; im folgenden: W. 2). Diese Kapitalanlagen waren dem Kläger durch die Beklagte unter Verwendung der von den Objektgesellschaften herausgegebenen Prospekte vermittelt worden.
Der Kläger behauptet, beide Immobilienfonds befänden sich in einer katastrophalen wirtschaftlichen Lage, da die tatsächlichen Mieteinnahmen für die Gewerbeeinheiten in erheblichem Umfang hinter den zugesagten Mieten zurückgeblieben seien. Er verlangt von der Beklagten Ersatz der ihm durch den Erwerb der Beteiligungen entstandenen Aufwendungen, Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen, wobei er sich auf den geltend gemachten Schaden Ausschüttungen von insgesamt 5.600 DM anrechnen läßt. Die Haftung der Beklagten leitet der Kläger aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung - mit der Behauptung, die Prospekte für die beiden Immobilienfonds seien in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft gewesen - und daraus her, daß die Beklagte ihm gegenüber (vor-)vertragliche Aufklärungspflichten verletzt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen und gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen, "soweit der Kläger seinen vermeintlichen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Beteiligung an W. 1 auf die nicht erfolgte Aufklärung über die an die Beklagte gezahlte weitere Provision stützt". Soweit sie nicht bereits durch das Berufungsgericht zugelassen worden ist, hat der Senat die Revision auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Die Revision rügt als Verfahrensfehler, das Berufungsgericht hätte nicht, wie geschehen, eine Entscheidung nach Lage der Akten (§§ 331a, 251a Abs. 2 ZPO) treffen dürfen. Darin liege ein Verstoß gegen § 285 Abs. 2 ZPO, weil das Berufungsgericht nach der Vernehmung von Zeugen durch die Berichterstatterin als beauftragte Richterin im darauf anberaumten Verhandlungstermin den Parteien keine Gelegenheit gegeben habe, "das Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der Beweisverhandlungen vorzutragen".
Diese Rüge ist unbegründet. Im Streitfall haben beide Parteien nach der Zeugenvernehmung durch die - aufgrund einer vorausgegangenen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - beauftragte Richterin des Berufungsgerichts zu dem Beweisergebnis schriftlich Stellung genommen. Im anschließenden Verhandlungstermin vor dem Senat des Oberlandesgerichts hat der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte des Klägers erklärt, er werde keinen Antrag stellen. Daraufhin hat das Berufungsgericht, wie von den Beklagten beantragt, nach Lage der Akten entschieden. Dazu war es entgegen der Auffassung der Revision berechtigt; § 285 Abs. 2 ZPO stand nicht entgegen. Wie der Bundesgerichtshof bereits ausgesprochen hat (BGHZ 63, 94, 95), erfordert diese Vorschrift nicht eine Wiederholung bereits gestellter Anträge (durch die auf schrift-
sätzliches Vorbringen zur Beweisaufnahme hätte Bezug genommen werden können, § 137 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Sie soll nur gewährleisten, daß den Parteien Gelegenheit gegeben wird, über das Ergebnis der Beweisaufnahme unter Darlegung des Streitverhältnisses zu verhandeln (BGHZ aaO). Hatten die Parteien diese Gelegenheit, so ist, wenn eine Partei sich freiwillig durch ihre Säumnis oder das Nichtverhandeln ihres Anwalts der Verhandlungsmöglichkeit begeben hat, auch ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan (Stein/ Jonas/Leipold ZPO 21. Aufl. § 285 Rn. 9).

II.


Das Berufungsgericht verneint eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im engeren Sinne, weil die Beklagte nur für den Vertrieb der Kommanditbeteiligungen zuständig gewesen sei und nicht zu dem von der Rechtsprechung in Betracht gezogenen Kreis der Prospektverantwortlichen gehört habe. Eine vom Kläger behauptete Mitwirkung der Beklagten an den Prospekten sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bewiesen , auch nicht, daß die Beklagte Einfluß auf die Konzeptionierung der Anlagefonds genommen habe. Auch ein Einfluß der Beklagten auf die Zusammensetzung des für die Fonds verantwortlichen Personenkreises, etwa die Benennung des Treuhänders, sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen. Schließlich ergebe sich eine maßgebliche Einflußnahme der Beklagten auf das gesamte Projekt nicht daraus, daß die Beklagte die einzige Vertriebsfirma gewesen wäre, die für einen Vertrieb der Objekte in Frage gekommen wäre.
Das Berufungsgericht lehnt auch eine Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinne wegen eines ihr zur Last fallenden Verschuldens als Anlageberater oder -vermittler ab. In diesem Zusammenhang würdigt das Berufungsgericht die Tätigkeit der Beklagten als die eines Anlagevermittlers, nicht eines Anlageberaters: Die Beklagte sei schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht als unabhängige Beraterin aufgetreten, sondern als Werberin für das zu vermittelnde Kommanditkapital der Fondsgesellschaften. Insbesondere die Tatsache, daß die Beklagte das unternehmerische Konzept der Gewerbezentren nicht selbständig bewertet, sondern auch nach dem Vortrag des Klägers insoweit allein auf den Prospekt verwiesen und nur zu den steuerlichen Fragen ein Votum abgegeben habe, zeige, daß sie nur die Rolle der Anlagevermittlerin habe übernehmen wollen und dies den Anlegern auch deutlich gemacht habe.
Ihren Verpflichtungen als Anlagevermittlerin, so das Berufungsgericht weiter, sei die Beklagte nachgekommen. Weder sei der Beklagten anzulasten, daß sie fehlerhafte und unklare Prospekte verwendet, noch daß sie eine Plausibilitätsprüfung der Prospekte unterlassen habe. Die Emissionsprospekte für W. 1 und W. 2 erfüllten die in der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen hinsichtlich Klarheit und Wahrheit. Auch die Verflechtung der Projektentwicklungsfirmen werde zutreffend offengelegt. Eine Verpflichtung, die Bonität der Mieter der Gewerbezentren zu prüfen, habe die Beklagte als Anlagevermittlerin nicht getroffen. Anhaltspunkte dafür, daß es zum damaligen Zeitpunkt Kenntnisse über betrügerisches Verhalten von Beteiligten gegeben habe, seien nicht ersichtlich. Darauf, ob die Mietgarantien im Zeitpunkt der Prospektherausgabe schon vertraglich eingeräumt worden waren und eine Bankbürgschaft in der prospektierten Höhe schon vorlag, komme es nicht an.
Die Beklagte habe sich die darauf bezogenen Verträge so lange nicht vorlegen zu lassen brauchen, als keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in den Prospekten aufgetreten seien.
Schließlich meint das Berufungsgericht, eine Haftung der Beklagten komme auch nicht deswegen in Betracht, weil sie den Kläger nicht über an sie gezahlte Innenprovisionen aufgeklärt habe. Eine Aufklärung über den Erhalt von Innenprovisionen sei nicht in jedem Fall geboten. Gegen eine grundsätzliche Aufklärungspflicht spreche, daß die Gefahr, verdeckte Kosten zu Lasten der Anleger dem eingezahlten Kapital zu entnehmen oder in anderen Posten zu verstecken, z.B. in überteuerten Grundstückspreisen, in erster Linie dann bestehe, wenn die Gesellschaften, zu deren Gunsten die Provisionen gezahlt würden, mit der Initiatorenseite wirtschaftlich, kapitalmäßig und persönlich verflochten seien und insoweit eine Interessenkollision zu Lasten der Anleger bestehe. Gebe es eine solche Verflechtung nicht, könne zwar nicht ausgeschlossen werden, daß die Provision zahlende Verkäuferin der Grundstücke diese Kosten bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigt habe. Da der Kaufpreis den potentiellen Anlegern jedoch durch den Prospekt bekannt werde, seien sie über die anfallenden Kosten aufgeklärt und es bestehe die Möglichkeit zu prüfen, ob diese Kosten überteuert seien oder nicht. Überdies sei im Prospekt für W. 2 darauf hingewiesen worden, daß die Beklagte von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren eine weitere Vergütung (Werbekostenzuschuß) erhalte; die Anleger seien also darüber aufgeklärt worden , daß eine Innenprovision gezahlt werde. Die Aufklärung über die Höhe sei schon deswegen nicht erforderlich gewesen, weil es jedem Anleger unbenommen gewesen wäre, wegen der Tatsache, daß eine Innenprovision gezahlt wird, von einer Beteiligung abzusehen. Bei W. 1 fehle ein solcher Hinweis
zum Punkt Eigenkapitalbeschaffung. Dies sei indessen insoweit zutreffend, als die Beklagte bei diesem Fonds nicht von der Beteiligungsgesellschaft mit dem Vertrieb beauftragt worden sei, sondern die Beteiligungsgesellschaft die Firma D. P. -, E. - und M. AG mit der Beschaffung des fehlenden Gesellschaftskapitals betraut habe, die ihrerseits die Beklagte mit dem Vertrieb beauftragt habe. Die D. P. -, E. - und M. AG habe jedoch keine Vergütung erhalten, die über die im Pro- spekt genannte Vergütung hinausgehe, "sondern die an die Beklagte über ihren Anteil hinausgehenden 5 % Provision" unbestritten "aus ihrer Gewinnmarge bei der Veräußerung der Grundstücke gezahlt". Auch im Hinblick darauf, daß deswegen eine Überteuerung der Grundstücke nicht ersichtlich sei, sei eine Aufklärung im Prospekt nicht geboten gewesen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn (vgl. Siol DRiZ 2003, 204), wie sie an sich auch für Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds der vorliegenden Art in Betracht zu ziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130), hier nicht als gegeben angesehen hat, weil die Beklagte nicht zu den Prospektverantwortlichen der Anlagemodelle W. 1 und W. 2 gehörte.

a) Für den Prospektinhalt müssen in erster Linie diejenigen einstehen, die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Das sind namentlich die Initiatoren, Gründer und
Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie beherrschen (BGHZ 71, 284, 287 ff; Siol aaO S. 207), einschließlich der sogenannten "Hintermänner" (BGHZ 72, 382, 387; 79, 337, 340; 83, 222, 224; 115, 213, 217 f; 145, 121, 127). Darüber hinaus haften auch diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Stellung oder aufgrund ihrer Fachkunde eine Art Garantenstellung einnehmen und durch ihre Mitwirkung an der Prospektgestaltung nach außen hin in Erscheinung getreten sind (BGHZ 77, 172, 176 f; 111, 314, 319 f; BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 883; Siol aaO S. 207).
Vorliegend erschöpfte sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Mitwirkung der Beklagten an W. 1 und W. 2 in der Übernahme des Vertriebs. Eine weitergehende verantwortliche Mitwirkung im Sinne einer Mitgestaltung der Anlagemodelle oder der (Mit-)Verantwortlichkeit für die Prospekte hat es aufgrund seiner Beweisaufnahme nicht festzustellen vermocht.

b) Die Rügen, die die Revision gegen diese Würdigung, die weitgehend im tatrichterlichen Bereich liegt und daher als solche im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler überprüft werden kann, erhebt, sind unbegründet.
aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe den Hinweis des Klägers darauf übergangen, daß die Beklagte selbst "keinen Schöpfer der Prospekte" benennen könne, der mit eigenen gedanklichen Leistungen die Prospekte verfaßt habe. Indessen führt dieses Vorbringen - ebenso wie das weitere Vorbringen der Revision, bei den vorliegenden Anlagen habe "die Trennung von Initiatoren und Vertrieb nicht mehr der Praxis entsprochen" - mangels weiterer konkreter Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zu dem Schluß, die
Beklagte gehöre neben dem in den Prospekten genannten Prospektherausgeber und den weiteren nach dem Inhalt der Prospekte als Initiatoren in Betracht zu ziehenden Personen zu den Initiatoren oder den sonst Prospektverantwortlichen. Die Übernahme des Vertriebs begründet für sich nicht die Verantwortlichkeit für den dabei verwendeten Prospekt nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinn.
bb) Es ist entgegen der Revision auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht daraus, daß bestimmte Formulierungen im Prospekt (für W.
2) darauf abzielen, (auch) den Vertrieb "aus der Haftung zu nehmen", keine Schlüsse in Richtung darauf gezogen hat, hier sei die Vertreibergesellschaft selbst auch Mitherausgeberin des Prospekts gewesen.
2. Folgerichtig hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten, soweit sie die in Rede stehenden Vermögensanlagen (Fondsbeteiligungen) unter Verwendung von Prospekten vertrieben hat, nur nach den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinn (vgl. BGHZ 83, 222, 227; Siol aaO S. 204), also nur unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß bzw. wegen einer ihr zur Last fallenden Pflichtverletzung als Anlageberater oder Anlagevermittler in Betracht gezogen.

a) Hierbei hat das Berufungsgericht die von der Beklagten bei dem Vertrieb der Anlagen entwickelte Tätigkeit gegenüber dem Kläger rechtsfehlerfrei als Anlagevermittlung, nicht als Anlageberatung, eingeordnet.
aa) Das Berufungsgericht hat die für die Abgrenzung maßgeblichen Merkmale (vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993,
1114 f; fortgeführt mit Urteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998) zutreffend erkannt und tatrichterlich einwandfrei umgesetzt.
bb) Soweit die Revision rügt, diese Einordnung widerspreche der Lebenserfahrung , versucht sie nur in unzulässiger Weise, ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen. Einen Erfahrungssatz, wonach der Vertrieb von "Fondskonzepten" stets als "Beratung" erfolgt, wie die Revision meint, gibt es nicht. Es mag allerdings sein, daß die Vertriebsunternehmen ihren Außendienstmitarbeitern empfehlen, sich gegenüber ihrem Kundenkreis als Berater zu gerieren, um ihr Produkt besser "verkaufen" zu können. Das ändert aber grundsätzlich nichts daran, daß sich bei einer objektiven Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände der Werbung des Kunden der betreffende Vorgang in der Vermittlung der Vermögensanlage erschöpfen kann, auch wenn - je nach Sachlage - der Vermittler selbst im Rahmen des Vermittlungsvorgangs dem Kunden nähere Hinweise und Informationen, etwa über steuerliche Aspekte, gibt.

b) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß der Anlagevermittler im Rahmen des zwischen ihm und dem Anlageinteressenten stillschweigend zustande gekommenen Vertrags auf Auskunftserteilung zu richtiger und vollständiger Information über alle tatsächlichen Umstände verpflichtet ist, die für den Anlageinteressenten von besonderer Bedeutung sind. Vertreibt er die Anlage anhand eines Prospekts, so muß er, um seiner Auskunftspflicht nachzukommen , im Rahmen der geschuldeten "Plausibilitätsprüfung" (Senatsurteil vom 13. Januar 2000 aaO) den Prospekt jedenfalls darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die
darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich vollständig und richtig sind.

c) Soweit das Berufungsgericht meint, der Beklagten seien keine Verstöße gegen ihre (vor-)vertraglichen Aufklärungspflichten als Anlagevermittlerin vorzuwerfen, begegnet dies jedoch, wie die Revision mit Recht rügt, durchgreifenden rechtlichen Bedenken in bezug auf die von der Beklagten vereinnahmten Innenprovisionen, die in den Prospekten nicht hinreichend ausgewiesen waren.
aa) Es ist im Revisionsverfahren bezüglich der Innenprovisionen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
(1) Nach dem Investitionsplan für W. 1 sollte der Gesamtaufwand für diese Anlage 62.845.301 DM betragen. Hiervon waren 27 Mio. DM zuzüglich 5 % Agio als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern zu beschaffen.
Der Prospekt für W. 1 enthielt einen Hinweis darauf, daß die Objektgesellschaft ("Beteiligungsfirma") die D. P. -, E. - und M. AG, welche laut Prospekt als Generalübernehmer der Baumaßnahme fungierte, mit der Beschaffung des Eigenkapitals beauftragt hatte oder beauftragen werde. Ein Preis (Provisionshöhe) wurde hier nicht genannt. Das Berufungsgericht geht allerdings nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen im Anschluß an den Vortrag der Beklagten von einer "im Prospekt genannten" Vergütung von 20 % aus, wobei es ersichtlich die prospektierten Angaben (im Investitionsplan, Anlage I zum Gesellschaftsvertrag) über Kosten der Eigen-
kapitalbeschaffung (4,032 Mio. DM = ca. 15 % von 27 Mio. DM) und Agio (1,344 Mio. DM = ca. 5 % von 27 Mio DM) in den Blick genommen hat. Die Revision des Klägers bringt hiergegen für sich keine Rügen an.
Die Beklagte hat nach eigenem Vortrag jedoch insgesamt 25 % erhalten, und zwar weitere 5 % (= 1,35 Mio. DM) aufgrund des von der D. P. -, E. - und M. AG an sie weitergegebenen Auftrags aus deren "Gewinn"; letzteres war nach dem Sinn und Zweck dieser Zahlungen ebenfalls eine (weitere) Innenprovision.
Diese weitere Innenprovision wurde im Prospekt nicht ausgewiesen.
(2) Bezüglich W. 2, bei dem der prospektierte Gesamtaufwand 37.920.000 DM betragen sollte, wovon 19.200.000 DM (ohne Agio) als zusätzliches Eigenkapital (Kommanditkapital) für die Objektgesellschaft von den Anlegern aufzubringen waren, enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen über den Umfang der an die Beklagte als Vertriebsfirma insgesamt gezahlten (Innen-)Provisionen. Das waren zunächst einmal die im Prospekt als solche ausgewiesenen 11 % von 27 Mio. DM (5 % Agio und weitere 6 % des vermittelten Kommanditkapitals). Der Kläger hat im Berufungsverfahren weitere Zahlungen an die Beklagte, insbesondere seitens der Veräußerer der Galerie R. Straße (A. Immobilien- und Vermögensverwaltung AG) und der W. -Galerie 2 (D. P. -, E. - und M. AG), in Höhe von ca. 14 % behauptet; die Beklagte, die in den Tatsacheninstanzen diesem Vorbringen nicht entgegengetreten ist, legt in ihrer Revisionserwiderung denselben Betrag zugrunde. Revisionsrechtlich ist also davon auszugehen , daß die Beklagte weitere 14 %, insgesamt also 25 %, bezogen auf das
von ihr beschaffte Kommanditkapital von 19.200.000 DM, an Innenprovisionen erhalten hat.
Hiervon deckte der Prospekt über die bereits genannten 11 % hinaus nur auf, daß die Vermittlungsgesellschaft eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuß ) ... von den Verkäufern der Einkaufs- und Dienstleistungszentren ... erhält ...", ohne jedoch weitere Beträge zu nennen.
bb) Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Vergütungen, die der Veräußerer an eine von ihm beauftragte Vertriebsgesellschaft zahlt (sog. Innenprovision), in einem Prospekt ausgewiesen werden müssen, ist höchstrichterlich nicht geklärt und im Schrifttum sowie in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten (vgl. zum Meinungsstand die Hinweise in dem Urteil BGHZ 145, 121, 129; außerdem Gallandi WM 2000, 279; Kiethe NZG 2001, 107; Rohlfing MDR 2002, 738; Schirp/Mosgo BKR 2002, 354). In den Urteilen BGHZ 145, 121 und vom 13. November 2003 - VII ZR 26/03 - NJW 2004, 288), die Bauträgermodelle betreffen, hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs diese Frage ausdrücklich offengelassen, ebenso der V. Zivilsenat für den Fall des Verkaufs von Eigentumswohnungen (Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02 - NJW 2003, 1811, 1812).
Nach Auffassung des erkennenden Senats besteht eine Pflicht zur Ausweisung von Innenprovisionen bei dem Vertrieb von Anlagemodellen der Art, wie sie im Streitfall dem Publikum unter Verwendung von Prospekten angeboten wurden - also insbesondere auch von geschlossenen Immobilienfonds -, zwar nicht in jedem Fall, wohl aber ab einer gewissen Größenordnung derartiger Provisionen. Unabhängig von der Gesamthöhe der Innenprovisionen müs-
sen im Prospekt diesbezügliche Angaben zutreffend sein; eine Irreführungsgefahr darf nicht bestehen.
(1) Insbesondere bei einer aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage können sich aus der Existenz und der Höhe solcher Innenprovisionen - die als solche nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen - Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Anlage ergeben. Dies gilt für den Fall, daß, wie hier, Kapitalanleger sich an einer Immobiliengesellschaft beteiligen, nicht nur in bezug auf Provisionszahlungen der Objektgesellschaft an die Vertriebsfirma als Teil des "Gesamtaufwands" , sondern auch in bezug auf Provisionszahlungen eines in das Anlagemodell einbezogenen Unternehmens, das seinerseits das betreffende Objekt (Grundstück und Bauvorhaben) an die Objektgesellschaft veräußert hat, zumal bei diesem Veräußerungsvorgang eine eigentliche geldwerte "Vermittlung" überhaupt nicht stattfindet.
Wie der Bundesgerichtshof für den Fall des Verkaufs einer (dort "gebrauchten" ) Immobilie ausgesprochen hat, begründet allerdings der Umstand, daß bei dem Käufer eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts entstehen kann, für sich selbst dann noch keine Offenbarungspflicht , wenn die Höhe der Provision(en) tatsächlich zu einem Kaufpreis führt, der den objektiven Wert der Immobilie - erheblich - übersteigt (BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02 - NJW 2003, 1811 f). Der Käufer hat nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf einen Erwerb des Objekts zu dessen Verkehrswert. Bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers (zu diesem Fall vgl. BGHZ 146, 298, 301 ff) bleibt es vielmehr den Vertragsparteien überlassen, welchen Preis sie vereinbaren. Mithin besteht für den
Verkäufer grundsätzlich selbst dann keine Pflicht zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjektes, wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt. Im Regelfall muß der Verkäufer auch den Käufer nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, daß sich sein künftiger Vertragspartner selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft (Urteil vom 14. März 2003 aaO m.w.N.; vgl. auch - für den Erwerb finanzierende Kreditinstitute - BGH, Urteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01 - NJW 2003, 424); unberührt bleiben Schadensersatzansprüche des Käufers für den Fall, daß der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben zur Rendite gemacht hat, die sich als unzutreffend erweisen, oder Schadensersatzansprüche aus einem besonderen Beratungsvertrag (Urteil vom 14. März 2003 aaO). Nichts anderes dürfte in der Regel in den Fällen gelten, in denen ein wesentlicher Teil des Anlageobjekts aus einem von dem Veräußerer (neu) zu errichtenden Bauwerk besteht. Es ist im Grundsatz Sache des Unternehmers, wie er den Preis für sein Werk kalkuliert, insbesondere auch, was er darin für den "Vertrieb" ansetzt. Umgekehrt muß auch der Erwerber einer noch zu bebauenden Immobilie immer damit rechnen, daß der ihm genannte Erwerbspreis einen gewissen Vertriebskostenanteil enthält.
(2) Der Aufklärungsbedarf für den Anlageinteressenten (Verbraucher) ist jedoch - jedenfalls zu diesem erörterten Punkt - typischerweise größer, wenn und soweit ihm das Anlage-"Modell" vom Anbieter oder vom Vertreiber mittels eines Prospekts vorgestellt wird.
Anlagemodelle wie etwa auch geschlossene Immobilienfonds sind dadurch gekennzeichnet, daß die Initiatoren, sogenannte Hintermänner und Pro-
spektherausgeber maßgeblichen Einfluß auf die Vorbereitung und Durchführung haben und mit den Prospektinformationen, für die sie verantwortlich sind, Vertrauen der Erwerber in Anspruch nehmen. Die zur Akquisition verwendeten Prospekte dienen dazu, dem Erwerber die für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen zu liefern, damit er die Anlage beurteilen und die Risiken einschätzen kann (vgl. BGHZ 77, 172, 176; 145, 121, 125). Solche Prospekte sind naturgemäß allgemein dahin ausgerichtet, die angebotenen Anlagen als (besonders) werthaltig und rentabel herauszustellen. Sie erwecken regelmäßig den Anschein, daß der Preis der Anlage - abgesehen von in den "Gesamtaufwand" mit hineingenommenen einzelnen Dienstleistungen, die häufig im wesentlichen auf Steuerersparnisse abzielen - jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Veräußerer für sie erbrachten sachlichen Leistungen steht. Das schließt nach dem nächstliegenden Verständnis durchschnittlicher Verbraucher normalerweise zugleich die Vorstellung aus, in dem "Gesamtaufwand" (Preis) könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den Veräußerer oder Vergütungen für den Vertreiber (letztere in Form von Innenprovisionen ) stecken, daß die Werthaltigkeit und Rentabilität der Anlage von vornherein in Frage gestellt sein könnte.
Daraus ergibt sich unter Berücksichtigung des Umstandes, daß für den Anleger der Prospekt bei solchen Modellen oftmals die einzige oder jedenfalls die wichtigste Informationsquelle und damit die maßgebliche Grundlage für seine Anlageentscheidung ist (BGHZ 145, 121, 125) und daß dem Anleger eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei derart komplexen Vorhaben kaum möglich ist, eine besondere Schutzwürdigkeit des Anlegers. Mit der Schutzwürdigkeit des Anlegers korrespondiert die Verpflichtung der Prospektverantwortlichen und derjenigen, die sich des Prospekts zum Vertrieb bedienen, im
Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten Auskunftserteilung sämtliche für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände wahrheitsgemäß und vollständig darzustellen (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f).
(3) Zu den für die Anlageentscheidung des Anlegers "bedeutsamen" Umständen gehört es aber - im Hinblick auf die erörterte Verknüpfung mit der Werthaltigkeit des Objekts - auch, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Immobilienanlage , die im Prospekt als rentables Renditeobjekt dargestellt wird, erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen stecken. Dabei mag allerdings die übliche Provisionshöhe für normale Maklerleistungen (etwa 3 bzw. 6 %; vgl. BGHZ 125, 135, 129) nicht unbedingt den für eine Übertragung auf den geschäftsmäßigen Vertrieb solcher Anlagemodelle geeigneten Vergleichsmaßstab darstellen. Nach einzelnen Hinweisen im Schrifttum sollen in diesem Bereich Innenprovisionen um 15 % als üblich gelten (Kiethe aaO S. 110; vgl. auch Schirp/Mosgo aaO S. 359). Selbst wenn dies zutreffen sollte, braucht jedoch der Verbraucher nicht ohne weiteres mit (internen) Vertriebskosten , die der Kapitalanlage nicht zugute kommen, in dieser Größenordnung zu rechnen.
cc) Der Senat ist der Auffassung, daß der Anleger über einen "Abfluß" dieser Art, jedenfalls dann, wenn er 15 % überschreitet, generell unterrichtet werden muß.
Eine nähere Festlegung erübrigt sich im Streitfall. Denn hier liegt eine objektive Pflichtverletzung schon darin, daß die in den Prospekten gemachten Angaben, was die Innenprovisionen angeht, unvollständig (unrichtig) und irreführend waren.

Im Prospekt für W. 1 gab es, wie oben ausgeführt, Hinweise auf Innenprovisionen in einer Größenordnung von 20 % ("Kosten der Eigenkapitalbeschaffung" ; "Agio"). Mit weiteren Innenprovisionszahlungen (5 %) brauchte der Anlageinteressent nicht zu rechnen.
Im Prospekt für W. 2 verschleierte der bloße Hinweis, daß von seiten der Verkäufer der Einkaufs- und Dienstleistungszentren noch eine "weitere Vergütung (Werbungskostenzuschuß)" gezahlt werde, den Umstand, daß diese Zahlungen (weitere 14 %) betragsmäßig noch über die - ohnehin nicht unbeträchtlichen - Provisionszahlungen (insgesamt 11 %) hinausgingen, die die Beteiligungsgesellschaft selbst zu erbringen hatte.
Die insoweit unvollständigen Prospektangaben waren geeignet, beim Kläger (Anlageinteressent) Fehlvorstellungen über die geflossenen Innenprovisionen und damit über die Werthaltigkeit der Anlagen hervorzurufen.

III.


Die Beurteilung des Berufungsgerichts läßt sich danach, soweit das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der Beklagten als Vermittlerin der vorliegenden Anlagen verneint hat, nicht aufrechterhalten.
Da Entscheidungsreife im Revisionsrechtszug nicht gegeben ist (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO), muß die Sache zur tatrichterlichen Prüfung der weiteren Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Schlick Streck Dörr Galke Herrmann

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

32
Zwar kommt dem Anlageprospekt in aller Regel eine große Bedeutung für die Information des Anlageinteressenten über die ihm empfohlene Kapitalanlage zu. Sofern der Prospekt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und er dem Anleger rechtzeitig vor Vertragsschluss überlassen worden ist, kann die Aushändigung eines Prospekts im Einzelfall ausreichen, um den Beratungs- und Auskunftspflichten Genüge zu tun (s. etwa Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621, 622 Rn. 17 sowie Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJWRR 2007, 1692 Rn. 9; vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7; vom 5. März 2009 - III ZR 302/07 - NJW-RR 2009, 687, 688 Rn. 17; vom 5. März 2009 - III ZR 17/08 - WM 2009, 739, 740 Rn. 12 und vom 19. November 2009 aaO S. 120 Rn. 24 m.w.N.; s. auch BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784, 1787 f). Es liegt daher zweifellos im besonderen Interesse des Anlegers, diesen Prospekt eingehend durchzulesen.
12
a) Der Anlageberater ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet. Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarkts sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben könnten (Senatsurteil vom 1. Dezember 2011 - III ZR 56/11, NJW 2012, 380 Rn. 9 f; BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, NJW-RR 2012, 43 Rn. 23 jeweils mwN). Weitergehende Pflichten ergäben sich für die Beklagte zu 1 auch dann nicht, wenn zwischen ihr und der Klägerin nur ein Auskunftsvertrag zustande gekommen wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 169/08
Verkündet am:
19. November 2009
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. November 2009 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Hucke, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin macht gegen den Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einem Immobilienfonds geltend.
2
Der Beklagte empfahl der Klägerin und ihrem Ehegatten 1997, über einen Treuhandkommanditisten Kommanditanteile an der "D. Beteiligung Objekt - W. DLF 97/22 - W. F. - KG" zu erwerben. Er überließ ihnen zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt einen Emissionspros- pekt zu diesem Fonds. Am 27. Februar 1997 zeichneten die Klägerin und ihr Ehemann die vorgeschlagene Beteiligung mit einem Nennbetrag von 75.000 DM, die sie über zwei ebenfalls vom Beklagten vermittelte Darlehen finanzierten.
3
Ab dem vierten Quartal 1999 verringerten sich die bis dahin jährlich 7 % des Anlagekapitals betragenden Fondsausschüttungen deutlich. Die Klägerin wirft dem Beklagten vor, er habe nicht darüber aufgeklärt, dass die Anlage keine konstante Ausschüttung von 7 % des angelegten Kapitals erbringen werde und dass die Beteiligung weder risikoarm noch leicht veräußerlich sei.
4
Sie nahm zunächst den A. , A. W. Gesellschaft für W. und F. mbH, für den der Beklagte vermeintlich tätig war, klageweise auf Schadensersatz in Anspruch. In dem Rechtsstreit mit diesem Unternehmen verkündete sie dem Beklagten mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2004, der am selben Tag bei Gericht einging, den Streit. Der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich, der bis zum 2. Juni 2005 widerrufen werden konnte. Ein Widerruf erfolgte nicht.
5
Die Klägerin verlangt mit ihrer am 7. Februar 2007 beim Landgericht eingegangenen Klage von dem Beklagten Ersatz der von ihr und ihrem Ehemann erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen auf die zum Zweck des Erwerbs der Beteiligung aufgenommenen Kredite abzüglich der Ausschüttungen und Steuervorteile Zug um Zug gegen Übertragung der Fondsanteile, die Freistellung von den weiteren Verpflichtungen aus den Darlehen sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
6
Die Klage ist vor dem Land- und dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


8
Berufungsgericht Das hat eine etwaige Schadensersatzforderung der Klägerin aus einem mit dem Beklagten geschlossenen Anlagevermittlungsoder -beratungsvertrag für verjährt gehalten. Unter Berücksichtigung der für den Schadensersatzanspruch, der nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht einer dreißigjährigen Verjährungsfrist unterlegen habe, maßgeblichen Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB und der Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist infolge der Streitverkündung sei die Verjährung bei objektiver Berechnung mit Ablauf des 3. Dezember 2005 eingetreten. Am 1. Januar 2002 hätten auch die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns nach § 199 BGB n.F. vorgelegen. Der Klägerin sei bereits im Jahr 2000 bekannt gewesen, dass sie und ihr Ehemann im Kern falsch beraten worden seien, sofern man zu ihren Gunsten als richtig unterstelle, dass sie eine risikoarme und für die Zwecke der Altersvorsorge geeignete Anlage gesucht hätten, die eine sichere Ausschüttungsquote von 7 % erbringe. Über die verminderte Ausschüttungsquote habe die Klägerin bereits im dritten Quartal 1999 Kenntnis erhalten. Überdies sei ihr ausweislich eines von ihr verfassten Schreibens vom 15. Mai 2000 bekannt gewesen, dass einer der Hauptmieter der von der Kommanditgesellschaft gehaltenen Immobilien insolvent geworden sei. Sie habe seinerzeit alle Veranlassung und auch alle Möglichkeiten gehabt, den Beklagten wegen seiner Falschberatung für das misslungene Anlagemodell in Regress zu nehmen.
9
Ob die Klägerin zu diesem Zeitpunkt auch bereits Kenntnis davon gehabt habe oder habe müssen, dass die Verschaffung einer nicht ohne weiteres kündbaren Kommanditbeteiligung nicht ihrem Wunsch nach einer zeitlich überschaubaren Anlage entsprochen habe, die überdies allenfalls auf Sekundärmärkten weiter verkäuflich sei und die das Risiko des Totalverlustes mit sich bringe, könne dahingestellt bleiben. Die Klägerin habe jedenfalls im Jahr 2000 Kenntnis davon gehabt, dass die Beratung des Beklagten in ihrem wesentlichen Kern fehlerhaft gewesen sei. Der Umstand, dass eine fehlerhafte Beratung auf weitere Pflichtverletzungen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt würden , gestützt werde, könne nicht dazu führen, dass die Verjährungsfrist hierdurch erneut zu laufen beginne. Wäre dies der Fall, so könne die Entdeckung zusätzlicher Pflichtverletzungen zur Folge haben, dass ein einheitlicher Lebenssachverhalt verjährungsrechtlich sukzessive in neue Streitgegenstände aufgespalten werde, deren Existenz insgesamt zu faktisch weit gehend unverjährbaren Ansprüchen führe. Verschiedene Pflichtverletzungen begründeten nur dann verjährungsrechtlich einen unterschiedlichen Streitgegenstand, wenn ein Schaden im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität auf einen anderen Lebenssachverhalt gestützt werde. Dies sei hier nicht der Fall, da es sich um ein einheitliches Beratungsgespräch gehandelt habe, in dem über ein einheitliches Finanzierungskonzept gesprochen worden sei.

II.


10
Diese Begründung rechtfertigt die Klageabweisung nicht.
11
1. a) Dem Berufungsgericht ist allerdings im Ausgangspunkt darin beizupflichten , dass sich die Verjährung der (etwaigen) Schadensersatzansprüche der Klägerin und des Zedenten gegen den Beklagten gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nach den seit dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften richtet. Der Ersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung des 1997 zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrags unterlag ursprünglich der regelmäßigen dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F. Am 1. Januar 2002 war die Forderung noch nicht verjährt, so dass nach der eingangs genannten Bestimmung seither die ab diesem Datum geltenden Verjährungsvorschriften (§§ 195 ff BGB n.F.) anzuwenden sind. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch unterlag nunmehr der dreijährigen Verjährung gemäß § 195 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vom 1. Januar 2002 an zu berechnen war.
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Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 Satz 1 BGB i.V.m. § 167 ZPO (siehe hierzu z.B.: Bamberger/Roth/Henrich, BGB, 2. Aufl., § 204 Rn. 28; Palandt/ Heinrichs, BGB, 68. Aufl., § 204 Rn. 21) infolge der Streitverkündung gegenüber dem Beklagten in dem gegen den A. geführten Rechtsstreit berücksichtigt.
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Richtig ist ferner, dass der Beginn der Verjährungsfrist nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB unter Einbeziehung der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu berechnen ist (BGHZ 171, 1, 6 ff, Rn. 18 ff).

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b) Nicht frei von Rechtsfehlern ist jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts , die Ersatzansprüche seien - unabhängig davon, ob die Klägerin und ihr Ehemann Kenntnis von den maßgeblichen Umständen hatten - auch insoweit verjährt, als sie auf Beratungsfehler in Bezug auf die mangelnde Fungibilität des erworbenen Anteils und das Totalverlustrisiko gestützt würden, weil die Erwerber aus anderen Gründen bereits im Jahr 2000 gewusst hätten, dass die Beratung durch den Beklagten in ihrem wesentlichen Kern fehlerhaft gewesen sei. Die diesen Ausführungen zu Grunde liegende Rechtsansicht, die Verjährungsfrist für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Beratungsvertrags beginne ungeachtet dessen, ob später weitere Beratungsfehler entdeckt würden, sobald ein die Ersatzpflicht rechtfertigender Mangel bekannt werde, ist unrichtig.
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Vielmehr ist nach dem Urteil des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2007 (V ZR 25/07 - NJW 2008, 506, 507 Rn. 14 ff), dem der erkennende Senat zustimmt, die Frage, ob die Verjährung für jede Vertragsverletzung einzeln beginnt, auf der Grundlage der Rechtsprechung zu § 852 BGB a.F. zu beantworten. Danach werden mehrere Handlungen, auch wenn sie gleichartig oder Teilakte einer natürlichen Handlungseinheit sind und auf einem einheitlichen Vorsatz des Schädigers beruhen, nicht unter dem Gesichtspunkt eines zusammenhängenden Gesamtverhaltens als Einheit betrachtet. Vielmehr stellt jede Handlung, die eigene Schadensfolgen zeitigt und dadurch zum Gesamtschaden beiträgt, verjährungsrechtlich eine neue selbständige Schädigung dar und erzeugt daher einen neuen Ersatzanspruch mit eigenem Lauf der Verjährungsfrist (aaO Rn. 16 m.w.N.; vgl. insoweit auch Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05 - NVwZ 2007, 362, 367 Rn. 37). Nach diesen Grundsätzen bestimmt sich auch der Beginn der gemäß § 199 Abs. 1 BGB zu http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=BGB&p=195 - 8 - berechnenden Verjährung vertraglicher Schadensersatzansprüche, wenn einem Schuldner - wie hier geltend gemacht wird - mehrere, voneinander abgrenzbare Beratungsfehler vorzuwerfen sind. Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Aufklärungspflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrags erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren, ihm zunächst aber noch unbekannten Aufklärungspflichtverletzungen zu verjähren beginnen. Dem steht nicht entgegen, dass bereits ein Beratungsfehler ausreichen kann, um die Rückabwicklung des gesamten Vertrags zu erreichen. Denn jede Pflichtverletzung ist mit weiteren Nachteilen für das Vermögen des Gläubigers verbunden. Das rechtfertigt es, sie verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB berechnet sich daher für jeden Beratungsfehler gesondert; sie beginnt zu laufen, wenn der Gläubiger die Umstände , insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, Urteil vom 9. November 2007 aaO Rn. 17).
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Danach hätte das Berufungsgericht Feststellungen dazu treffen müssen, wann die Klägerin beziehungsweise der Zedent die notwendigen tatsächlichen Kenntnisse von der fehlenden Fungibilität der Beteiligung und dem Risiko des Totalverlustes erlangt hatten oder bei Anwendung des Maßstabs der groben Fahrlässigkeit hätten haben müssen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Dies ist, sofern die Haftung des Beklagten nicht aus anderen Gründen entfällt, nachzuholen.
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2. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist vielmehr nicht auszuschließen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht.
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a) Die Klägerin hat behauptet, zwischen ihr und ihrem Ehemann einerseits sowie dem Beklagten andererseits sei ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts ist hiervon im Revisionsverfahren auszugehen.
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b) aa) Von einem Anlageberater kann der Interessent nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung erwarten. Häufig wünscht er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung. In einem solchen Vertragsverhältnis hat der Berater regelmäßig weit gehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger. Als unabhängiger individueller Berater, dem weit reichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird, muss er besonders differenziert und fundiert beraten, wobei die konkrete Ausgestaltung der Pflicht entscheidend von den Umständen des Einzelfalls abhängt. In Bezug auf das Objekt muss der Anlageberater rechtzeitig, richtig und sorgfältig, dabei für den Kunden verständlich und vollständig beraten. Insbesondere muss er den Interessenten über die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Denn nur aufgrund von Informationen , die ein zutreffendes aktuelles Bild der empfohlenen Anlage bieten, kann der Interessent eine sachgerechte Anlageentscheidung treffen (siehe zum Ganzen z.B.: Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06 - NJW-RR 2007, 621 f, Rn. 10 m.w.N.).
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Zu den Umständen, auf die ein Anlageberater hiernach hinzuweisen hat, gehört insbesondere die in Ermangelung eines entsprechenden Markts fehlende oder sehr erschwerte Möglichkeit, eine Kommanditbeteiligung an einem Immobilienfonds zu veräußern. Die praktisch fehlende Aussicht, eine solche Beteiligung zu angemessenen Konditionen verkaufen zu können, ist ein Umstand, der für den durchschnittlichen Anleger für seine Anlageentscheidung von erheblicher Bedeutung ist. Die Bedingungen, zu denen ein Anleger auch auf langfristig festgelegtes Geld vorzeitig zurückgreifen kann, sind typischerweise ein wesentliches Element seiner Investitionsentscheidung. Dies gilt auch für Anlagen, die, wie die Klägerin hinsichtlich der hier streitigen Beteiligung geltend macht, der Alterssicherung dienen sollen. Auch in diesen Fällen kann ein vorzeitiges Bedürfnis entstehen, die festgelegten Vermögenswerte liquide zu machen, wie etwa bei Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, krankheitsbedingtem Verlust der Erwerbsfähigkeit oder auch nur bei einer Änderung der Anlageziele (Senatsurteile vom 18. Januar 2007 aaO, S. 622 Rn. 16 und vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - NJW-RR 2007, 1692 Rn. 11).
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Weiterhin muss der Anleger über ein etwaiges Risiko des Totalverlusts der Anlage aufgeklärt werden (vgl. z.B.: Senatsbeschluss vom 9. April 2009 - III ZR 89/08 - juris Rn. 6; Senatsurteile vom 6. März 2008 - III ZR 298/05 - NJW-RR 2008, 1365, 1368 Rn. 22 und vom 14. Juni 2007 - III ZR 300/05 - NJW-RR 2007, 1329, 1331 Rn. 14). Soll das beabsichtigte Geschäft einer sicheren Geldanlage dienen, wie die Klägerin im Streitfall behauptet, kann überdies bereits die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos fehlerhaft sein (Senatsurteil vom 19. Juni 2008 - III ZR 159/07 - juris Rn. 6).
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bb) Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist nicht auszuschließen , dass der Beklagte seine insoweit bestehenden Verpflichtungen schuldhaft verletzt hat. Das Berufungsgericht hat keine dem widersprechenden tatsächlichen Feststellungen getroffen. Vielmehr hat es bei seinen Ausführungen zur Verjährung unterstellt, dass dem Beklagten auch eine Verletzung seiner Aufklärungspflicht in Bezug auf die mangelnde Fungibilität der Anlage und das Totalverlustrisiko unterlaufen ist.
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Im Hinblick auf den der Klägerin und ihrem Ehemann überreichten Anlageprospekt ist für das weitere Verfahren auf folgendes hinzuweisen:
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Auf Seiten 72 und 73 des Prospekts wird ausgeführt, dass bei Totalausfall der Mieteinnahmen der vollständige Vermögensverfall nicht ausgeschlossen sei. Auf Seite 77 wird darüber hinaus auf die eingeschränkte Veräußerbarkeit der Anteile hingewiesen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt , dass es als Mittel der Aufklärung genügen kann, wenn dem Anlageinteressenten statt einer mündlichen Aufklärung im Rahmen des Vertragsanbahnungsgesprächs ein Prospekt über die Kapitalanlage überreicht wird, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, und dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (z.B.: Senatsurteile vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 7 und vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06 - aaO Rn. 9; BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03 - WM 2005, 833, 837 jeweils m.w.N.). Vermittelt der Prospekt hinreichende Aufklärung, ist dies allerdings selbstverständlich kein Freibrief für den Berater oder Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit seinen Erklärungen ein Bild zu zeichnen, das die Hinweise im Prospekt entwertet oder für die Entscheidung des Anlegers mindert (Senatsurteile http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dts/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE315472006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1dts/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE315472006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 12 - vom 19. Juni 2008 aaO und vom 12. Juli 2007 - III ZR 83/06 - NJW-RR 2007, 1690, 1691 Rn. 10).
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Berufungsgericht Das wird sich gegebenenfalls mit den vorstehenden Punkten auseinanderzusetzen haben. Sollte es für die Entscheidung auf den zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt der Übergabe des Prospekts ankommen , wird das Berufungsgericht hierüber Beweis zu erheben haben, da die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 2006 - III ZR 205/05 - NJW-RR 2006, 1345, 1346 Rn. 6 f) mit Schriftsatz vom 16. August 2007 vorgetragen hat, der Beklagte habe den Emissionsprospekt für den Fonds erst zum Zeitpunkt der Zeichnung der Beteiligung überreicht , und ihre Behauptung durch die Benennung ihres Ehemanns als Zeugen unter Beweis gestellt hat.
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c) Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer etwaigen Fehlberatung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung (vgl. z.B.: Senatsurteile vom 19. Juni 2008 aaO Rn. 8 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 687 f, Rn. 22 ff). Demnach ist davon auszugehen, dass die Klägerin und der Zedent von dem Beklagten verlangen können, so gestellt zu werden, als ob sie die Beteiligung nicht gezeichnet hätten, wenn sich der Vortrag der Klägerin zu den Beratungsmängeln als richtig erweist und die Forderung nicht verjährt ist.
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3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die noch erforderlichen Feststellungen getroffen werden können. Das Berufungsgericht hat hierbei auch Gelegenheit, sich gegebenenfalls mit den übrigen Rügen der Revision und dem Vorbringen der Revisionser- widerung zu befassen, auf die einzugehen der Senat im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.
Schlick Herrmann Hucke
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 29.08.2007 - 4 O 44/07 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 29.04.2008 - I-4 U 169/07 -
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2. Danach ist die Beklagte als beratendes Kreditinstitut zur anleger- und objektgerechten Beratung des Klägers verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand, die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben (Senatsurteile vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f., vom 7. Oktober 2008 - XI ZR 89/07, BGHZ 178, 149 Rn. 12 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 20 mwN). Während die Aufklärung des Kunden über die für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstände richtig und vollständig zu sein hat, muss die Bewertung und Empfehlung eines Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante betrachtet lediglich vertretbar sein. Das Risiko , dass sich eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (Senatsurteile vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851 Rn. 12, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 152/08, WM 2009, 1647 Rn. 49 und vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, BGHZ 189, 13 Rn. 20).
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a) Die beratende Bank ist zu einer anleger- und objektgerechten Beratung verpflichtet (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 f.). Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen dabei von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind einerseits der Wissensstand , die Risikobereitschaft und das Anlageziel des Kunden und andererseits die allgemeinen Risiken, wie etwa die Konjunkturlage und die Entwicklung des Kapitalmarktes, sowie die speziellen Risiken, die sich aus den Besonderheiten des Anlageobjekts ergeben. Die Beratung hat sich auf diejenigen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Während die Bank über diese Umstände richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten hat, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten lediglich ex ante betrachtet vertretbar sein. Das Risiko, dass sich eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger (vgl. Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rn. 22 und vom 29. April 2014 - XI ZR 130/13, WM 2014, 1221 Rn. 16, jeweils mwN).
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Die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfällt, wenn die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (Senat, Urteile vom 20. Juni 2013 aaO und vom 11. Dezember 2014 - III ZR 365/13, NJW-RR 2015, 732 Rn. 18). Für die in diesem Zusammenhang erforderliche Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von diesem zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (Senat, Urteile vom 20. Juni 2013 aaO Rn. 12 und vom 11. Dezember 2014 aaO; BGH, Urteil vom 5. März 2013 - II ZR 252/11, WM 2013, 734 Rn. 14; jeweils mwN).
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a) Ein Anlageberater ist grundsätzlich gehalten, den Anlageinteressenten , dem er zur Eingehung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist (s. etwa Senatsurteile vom 24. April 2014 aaO S. 1076 Rn. 14; vom 20. Juni 2013 - III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561 Rn. 7 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 120 Rn. 20). Die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfällt, wenn die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (Senatsurteil vom 20. Juni 2013 aaO mwN). Für die Beurteilung, ob ein Pros- pekt unrichtig oder unvollständig ist, ist auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von ihm zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt (Senatsurteil vom 20. Juni 2013 aaO Rn. 12 mwN).
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a) Ein Anlageberater ist grundsätzlich gehalten, den Anlageinteressenten , dem er zur Eingehung einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds rät, darauf hinzuweisen, dass die Veräußerung eines solchen Anteils in Ermangelung eines entsprechenden Markts nur eingeschränkt möglich ist (vgl. nur Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, WM 2007, 542 Rn. 16; Urteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, WM 2007, 1608 Rn. 11 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 20). Die persönliche Aufklärungspflicht des Beraters entfällt, wenn die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat sowie gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 18. Januar 2007 aaO Rn. 17).
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Anlagevermittler oder -berater den Erwerber einer von ihm empfohlenen Anlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Vertriebsprovisionen solchen Umfangs Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit und Rentabilität der Kapitalanlage eröffnen und dies wiederum einen für die Investitionsentscheidung derart bedeutsamen Umstand darstellt, dass der Anlageinteressent hierüber informiert werden muss (z.B. Senat, Urteil vom 12. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 116 ff, 121; dem folgend Senat, Urteile vom 23. Juni 2016 - III ZR 308/15, WM 2016, 1333 Rn. 11; vom 12. Dezember 2013 - III ZR 404/12, WM 2014, 118 Rn. 14; vom 3. März 2011 - III ZR 170/10, WM 2011, 640 Rn. 16, 22 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 5; Beschluss vom 29. Januar 2015 - III ZR 547/13, BeckRS 2015, 04824 Rn. 8). Für die Bewertung einer Geldanlage kann allein schon der Umstand, in welchem Umfang dem vom Anleger zu zahlenden Preis Provisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals gegenüberstehen, von maßgeblicher Bedeutung sein (Senat, Urteil vom 9. Februar 2006 aaO).
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a) Für den Ursachenzusammenhang zwischen einer Aufklärungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung spricht eine durch die Lebenserfahrung begründete tatsächliche Vermutung. Es ist grundsätzlich Sache des Aufklärungspflichtverletzers , die Vermutung, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte, durch konkreten Vortrag zu entkräften (z.B. Senatsurteile vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, NJW-RR 2006, 685 Rn. 22 ff; vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 20 und vom 14. April 2011 - III ZR 27/10, NJW-RR 2011, 1139 Rn. 13). Ein Prospektfehler ist auch dann ursächlich für die Anlageentscheidung, wenn der Prospekt - wie hier - entsprechend dem Vertriebskonzept der Anlagegesellschaft von den Anlagevermittlern/-beratern als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche benutzt wird. Es kommt dann - was das Berufungsgericht verkannt hat - nicht darauf an, ob der Prospekt dem Anlageinteressenten übergeben worden ist oder ob er den Prospekt in allen Einzelheiten zur Kenntnis genommen hat (Senatsurteil vom 23. Juli 2009 - III ZR 306/07, BeckRS 2009, 22376 Rn. 7). Da sich im Streitfall die Aufklärungspflicht für die Beklagte als Treuhandkommanditistin aus der Fehlerhaftigkeit des bei den Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekts ergibt, ist nicht von entscheidender Bedeutung , ob die Kläger den Prospekt insbesondere hinsichtlich der Risikohinweise überhaupt zur Kenntnis genommen haben. Vielmehr ist unter solchen Umständen die Frage zu stellen, wie sich die Kläger verhalten hätten, wenn sie die notwendige Aufklärung erhalten hätten. Auch hierbei kommt ihnen eine Kausalitätsvermutung zugute (Senatsurteil aaO Rn. 8). Dafür, dass die Kausalitätsvermutung entkräftet sein könnte, ist nichts ersichtlich. Denn die Kläger haben nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Sicherstellung ihrer Altersversorgung sowie die Finanzierung etwaiger Pflegefälle angestrebt und wollten deshalb eine sichere Anlage. Danach liegt es sogar ausgesprochen nahe, dass sie bei richtiger Aufklärung über den irreführenden Prospektinhalt von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätten.
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4. Letztlich verkennt das Berufungsgericht auch die Rechtsprechung des Senats, wonach für einen Ursachenzusammenhang zwischen einer Beratungspflichtverletzung und der Anlageentscheidung und dafür, dass der Anlageinteressent bei richtiger Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte , eine durch die Lebenserfahrung begründete (tatsächliche) Vermutung streitet , die von dem Aufklärungspflichtigen durch konkreten Vortrag zu entkräften ist (vgl. z.B. Senatsurteile vom 22. Juli 2010, aaO, Rn. 20; vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, NJW 2010, 3292 Rn. 20 mwN; vom 19. Juni 2008, aaO Rn. 8 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05, WM 2006, 668, 671). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist deshalb auch die Annahme im Berufungsurteil, die Angaben des Klägers in seiner mündlichen Anhörung ließen die Möglichkeit offen, dass er unabhängig von einer "Überredung" durch die Mitarbeiter der Beklagten aufgrund eigener Entscheidung und Prüfung bestehender Bedenken entschlossen gewesen sei, dem Fonds beizutreten, von Rechtsfehlern beeinflusst.
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aa) Die Klägerin hat vorgetragen, sie hätte sich nicht beteiligt, wenn sie Kenntnis von Provisionen in Höhe von 20 % an die IT GmbH gehabt hätte. Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Das ist - anders als das Berufungsgericht meint - zunächst einmal ein hinreichender Vortrag (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2009 - III ZR 31/08 - juris und BeckRS 2010, 01124 Rn. 13). Unterstellt man nämlich eine Pflichtverletzung der Beklagten, ist zu prüfen, wie sich die Klägerin bei pflichtgemäßem Vorgehen der Beklagten verhalten hätte.
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bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist die weitere Vermutung , dass der Kläger sich - über den unrichtig dargestellten Umstand zutreffend aufgeklärt - gegen die Anlage entschieden hätte, nicht widerlegt. Diese Vermutung sichert das Recht des Anlegers, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht (Senat, BGHZ 123, 106, 112 ff.), und gilt grundsätzlich bei allen Kapitalanlagen (Sen.Urt. v. 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Tz. 6; BGH, Urt. v. 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07, ZIP 2009, 1264 Tz. 22 zur Anlageberatung). Um sie zu widerlegen, muss der Aufklärungspflichtige jedenfalls darlegen, dass der einzelne Anleger den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte. Die Spekulation des Berufungsgerichts, ein investitionswilliger Anleger hätte seine Anlageentscheidung nicht von einer Aufklärung über den Vertriebsaufbau abhängig gemacht, weil ein Aufbau mit Einfachagenten wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen sei, genügt dazu nicht, weil sie nicht auf das Verhalten des Klägers abstellt, sondern die tatsächliche Vermutung in Frage stellt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu vernehmen.

(2) Der Antrag ist nicht zu berücksichtigen, wenn er Tatsachen betrifft, deren Gegenteil das Gericht für erwiesen erachtet.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.