Bundesgerichtshof Urteil, 06. Nov. 2008 - III ZR 120/08

bei uns veröffentlicht am06.11.2008
vorgehend
Amtsgericht Wiesbaden, 92 C 1506/07, 26.07.2007
Landgericht Wiesbaden, 3 S 66/07, 29.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 120/08
Verkündet am:
6. November 2008
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Herrmann, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 29. Februar 2008 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 26. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger beteiligte sich im Jahre 2003 an einer sogenannten "Schenkbörse" , die ähnlich wie im Senatsurteil vom 13. März 2008 (III ZR 282/07 = NJW 2008, 1942) beschrieben organisiert war. Am 27. Juni 2003 übergab er - auf der Geberposition stehend - an den Beklagten, der in der "Chartliste" auf der Empfängerposition eingetragen war, einen Betrag von 5.000 €. Mit der vorliegenden Klage verlangt er die Rückerstattung dieser Zuwendung.
2
Der Beklagte hat sich darauf berufen, dass nicht er, sondern seine Mutter Empfängerin der Leistung gewesen sei. Seine Eintragung in die Chartliste sei ohne sein Wissen vorgenommen worden. Das Geld habe er auf Bitten seiner Mutter entgegengenommen, die wegen eines gegen sie geführten Insolvenzverfahrens nicht habe in Erscheinung treten wollen.
3
Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung an den Kläger verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.
5
Beklagte Der ist aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB - Leistungskondiktion) zur Rückgewähr der geleisteten "Schenkung" an den Kläger verpflichtet.
6
1. Der Beklagte selbst - und nicht etwa seine Mutter - war hier Empfänger der vom Kläger erbrachten Leistung gewesen.
7
a) Für die Ermittlung des Leistungsempfängers kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, also zunächst darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten. Es kommt darauf an, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte (Senatsurteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 38/04 = NJW 2005, 60 f m.w.N.).
8
b) Beide Vorinstanzen haben unter Beachtung dieser Grundsätze in revisionsrechtlich nicht angreifbarer tatrichterlicher Würdigung hier eine Empfängereigenschaft des Beklagten bejaht. Diesem war - wie er selbst einräumt - zumindest bekannt, dass seine Mutter bei der Veranstaltung vom 27. Juni 2003 nach außen nicht als Empfängerin in Erscheinung treten wollte. Die jeweiligen Geber, darunter auch der Kläger, haben den Beklagten als denjenigen angesehen , den sie "beschenken" wollten. Dies ergab sich objektiv auch aus der "Chartliste", unabhängig davon, ob diese dem Beklagten bekannt war. Bei objektiver Betrachtungsweise musste daher dem Beklagten nach den vorstehend wiedergegebenen Grundsätzen klar sein, dass die Geldbeträge nach ihrer Zweckbestimmung zunächst ihm selbst zufließen sollten, wobei unerheblich ist, wie er selbst sie später verwendete, insbesondere, dass er sie an seine Mutter weiterleitete.
9
c) Auf die von der Revisionserwiderung angesprochenen insolvenzrechtlichen Fragen kommt es angesichts dieser objektiven Sachlage nicht an. Die weiteren von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
10
2. Diese Zuwendung war wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig. Bei den Schenkkreisen handelt es sich um ein Schneeballsystem, welches darauf angelegt ist, dass die ersten Mitglieder einen (meist) sicheren Gewinn erzielen, während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in absehbarer Zeit keine neuen Mitglieder mehr geworben werden können. Dies verstößt - wie in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist - gegen die guten Sitten (vgl. insbesondere Senatsurteile vom 10. November 2005 - III ZR 72/05 = NJW 2006, 45, 46 Rn. 9, und vom 13. März 2008 - III ZR 282/07 = NJW 2008, 1942 Rn. 6; jeweils m.w.N.). Dieser Verstoß gegen die guten Sitten fällt sowohl dem Kläger als dem Leistenden als auch dem Beklagten als dem Empfänger zur Last.
11
3. Dies verkennt vom rechtlichen Ansatzpunkt her auch das Berufungsgericht nicht. Es meint jedoch, der hierauf gestützte Bereicherungsanspruch scheitere an § 817 Satz 2 BGB. Darin vermag der Senat ihm nicht zu folgen. Der Senat hat vielmehr - nach Erlass des hier in Rede stehenden Berufungsurteils - entschieden, dass die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB nicht nur bei Bereicherungsansprüchen entfällt, die sich gegen die Initiatoren eines "Schenkkreises" richten, sondern allgemein bei allen Zuwendungen im Rahmen derartiger Kreise, ohne dass es auf eine einzelfallbezogene Prüfung der Geschäftsgewandtheit und Erfahrenheit des betroffenen Gebers oder Empfängers ankommt (Senatsurteil vom 13. März 2008 aaO Rn. 10). An diesem Grundsatz ist - auch bei voller Würdigung der gegenteiligen Argumentation des Landgerichts und der Revisionserwiderung - festzuhalten. Die generelle Rückforderbarkeit der geleisteten Zuwendungen hat nach Einschätzung des Senats eine "generalpräventive" Funktion, die geeignet ist, diesem sozialschädlichen Treiben entgegenzuwirken.
12
4. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Bereicherung bei ihm weggefallen sei, weil er die empfangenen Zuwendungen an seine Mutter weitergeleitet habe. Vielmehr gilt insoweit § 819 Abs. 2 BGB, wonach der Empfänger bereits vom Empfang der Leistung an verschärft haftet, wenn er durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt. Die Haftungsverschärfung gemäß § 819 Abs. 2 BGB setzt das Bewusstsein des Empfängers von der Rechts- oder Sittenwidrigkeit voraus (MünchKommBGB/Lieb, 4. Aufl. 2004 § 819 Rn. 14 m.w.N. in Fn. 32). Dieses Bewusstsein haben beide Vorinstanzen bei dem Beklagten in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt. Dem Beklagten war entweder positiv bekannt , dass es sich bei dem "Schenkkreis" um ein sittenwidriges Schneeballsystem gehandelt hat, oder er hat sich dieser Erkenntnis in einer Weise verschlossen , die es ihm nach Treu und Glauben verwehrt, sich nunmehr auf ein fehlendes Bewusstsein zu berufen. Auch die in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen des Beklagten hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
13
5. Der Beklagte ist nach alledem mit Recht zur Rückzahlung an den Kläger verurteilt worden; das verurteilende Erkenntnis des Amtsgerichts war unter Aufhebung des klageabweisenden Berufungsurteils wiederherzustellen.
Schlick Wurm Herrmann
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 26.07.2007 - 92 C 1506/07-12- -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 29.02.2008 - 3 S 66/07 -

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 819 Verschärfte Haftung bei Kenntnis und bei Gesetzes- oder Sittenverstoß


(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit recht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 817 Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten


War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, we

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6
1. Diese Zuwendungen waren wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig. Bei den Schenkkreisen handelt es sich um ein Schneeballsystem, welches darauf angelegt ist, dass die ersten Mitglieder einen (meist) sicheren Gewinn erzielen , während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in absehbarer Zeit keine neuen Mitglieder mehr geworben werden können. Dies verstößt - wie in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist - gegen die guten Sitten (vgl. insbesondere Senatsurteil vom 10. November 2005 - III ZR 72/05 = NJW 2006, 45, 46 Rn. 9; ferner OLG Köln NJW 2006, 3288, 3289; jeweils m.w.N.). Das wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 38/04
Verkündet am:
21. Oktober 2004
Freitag
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der frühere Regierungsobersekretär K. war im Be rufsförderungsdienst des Kreiswehrersatzamtes K. tätig. Aufgabe dieses Dienstes ist es, den aus der Bundeswehr ausscheidenden Zeitsoldaten nach Maßgabe der §§ 3 ff des Soldatenversorgungsgesetzes die Eingliederung in einen zivilen Beruf zu erleichtern. Das geschieht unter anderem durch die finanzielle Förderung von Fortbildungsmaßnahmen. K. hatte als sogenannter Kostenfestsetzer die von den Soldaten und den Bildungsträgern eingereichten Rechnungen auf rechnerische Richtigkeit zu prüfen und entsprechende Auszahlungsanordnungen an die Bundeswehrkasse, später an die Bundeskasse (im folgenden
einheitlich: Bundeskasse) vorzubereiten. Diese Stellung nutzte K. , um - ohne rechtliche Grundlage - Überweisungen der Bundeskasse in Höhe von insgesamt etwa 2,35 Mio. DM an Verwandte und Bekannte zu bewirken. Auf diese Weise erhielt auch die Beklagte in der Zeit von August 2001 bis Januar 2002 insgesamt 8.191,96 € aus der Bundeskasse; sie hatte K. sexuelle Dienste geleistet.
Die klagende Bundesrepublik Deutschland fordert von der Beklagten die empfangenen 8.191,96 € nebst Zinsen unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) zurück. Sie hat behauptet , die Beklagte habe gewußt, daß K. die Zahlungen der Bundeskasse in unrechtmäßiger Weise veranlaßt habe. Die Beklagte hat das bestritten und geltend gemacht, K. habe regelmäßig ihre Dienstleistungen in Anspruch genommen. Aufgrund seiner Angaben habe sie angenommen, bei den von der Bundeskasse überwiesenen Beträgen handele es sich um Teile von K. Gehalt; K. habe ihr die Überweisungen als Bezahlung für die gewährten sexuellen Handlungen angekündigt.
Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage bis a uf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Klage könne sich auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB stützen; die Überweisungen der Bundeskasse seien eine rechtsgrundlose Leistung der Klägerin an die Beklagte gewesen. Die Überweisungen seien nicht im Rahmen einer - vorrangigen - Leistungsbeziehung zwischen der Beklagten und K. erfolgt.
Es sei zwar nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, da ß sich der Zahlungsvorgang aus Sicht der Beklagten als Anweisungssituation, nämlich als Zahlung des Prostituiertenlohns im Wege der Anweisung von K. an die Bundeskasse, dargestellt habe. Die Beklagte habe offenbar gedacht, K. habe jeweils eine gerade Summe seines Gehalts sich und den ungeraden Restbetrag ihr zur Zahlung angewiesen oder anweisen lassen. Allein eine solche Vorstellung des Zuwendungsempfängers entscheide jedoch unter keinen Umständen über die Person des Leistenden und die Lage der Leistungsbeziehungen. Dementsprechend werde der gute Glaube der Beklagten, sie habe die Zahlungen kraft Anweisung von K. an die Bundeskasse erhalten, bereicherungsrechtlich nicht geschützt. Es hätten anweisungslose Zahlungsvorgänge der Bundeskasse vorgelegen, die sich fremder Zahlungsanweisung nicht unterwerfe. Der sogenannte Empfängerhorizont könne die fehlende Anweisung nicht ersetzen.
Die Überweisungen der Bundeskasse seien selbst dann als rech tsgrundlose Leistungen der Klägerin an die Beklagte zu qualifizieren, wenn es sich um eine sogenannte irrtümliche Eigenleistung handele. Das auf dem Empfängerhorizont beruhende bereicherungsrechtliche Zuordnungskonzept sei auch insoweit zu verabschieden. Es komme nicht auf das Sonderwissen der Beklagten an, daß K. ihr die Zahlungen avisiert und als eigene Leistungen hingestellt habe. Die Klägerin könne sich vielmehr auf den Verwendungszweck berufen , der auf den Überweisungsträgern vermerkt gewesen sei ("Geb" oder "Gebuehr" ), und geltend machen, sie habe zur Erfüllung von - vermeintlichen - Versorgungsansprüchen der Beklagten gezahlt.

II.


Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Prüfung im Er gebnis stand.
Die Klägerin kann aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) von der Beklagten Rückzahlung von 8.191,96 € nebst Zinsen verlangen.
1. Die Beklagte hat durch die Überweisungen der Bundeskasse auf Kosten der Klägerin Gutschriften in Höhe von insgesamt 8.191,96 € auf ihrem - zunächst auf den Namen ihres Bekannten O. -R. , später ihres Bekannten H. lautenden - Konto erlangt. Diesem Vermögensvorteil der Beklagten stand ein entsprechender Vermögensnachteil der Klägerin gegenüber. Für die Vermögensverschiebung gab es im Verhältnis zwischen den Par-
teien auch keinen rechtlichen Grund; die Beklagte hatte keinen Anspruch auf Leistungen des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr.
2. Der Beklagten steht nicht deshalb ein rechtlicher Grund für den Empfang der 8.191,96 € zur Seite, weil sie die entsprechenden Gutschriften durch eine Leistung von K. erhalten und sie hierauf wegen der mit ihm getroffenen Prostitutionsvereinbarung - jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) am 1. Januar 2002 - einen Anspruch gehabt hätte.
Allerdings kann der Empfänger einer Leistung mit eine r Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) allenfalls von seinem Vertragspartner belangt werden, und zwar nur dann, wenn nach den zwischen diesen beiden bestehenden Beziehungen die Leistung grundlos ist. Ein Anspruch wegen Bereicherung in sonstiger Weise (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) kann nur dann entstehen, wenn der Bereicherungsgegenstand dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemandem geleistet worden ist (Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion, vgl. BGHZ 40, 272, 278; 56, 228, 240; 69, 186, 189; Senatsurteil vom 4. Februar 1999 - III ZR 56/98 - NJW 1999, 1393, 1394).

a) Unter Leistung im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist die bewußte und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Dabei kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung , also zunächst darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , von der abzugehen kein Anlaß besteht, eine objektive Betrach-
tungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers geboten (BGHZ 105, 365, 369; 122, 46, 50 f; Senatsurteil vom 4. Februar 1999 aaO). Es kommt darauf an, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zuwendung nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen mußte und durfte.

b) Das Berufungsgericht hat diesen rechtlichen Ansatz nicht hinreichend beachtet. Es ist ferner - wie die Klägerin in der Revisionsverhandlung zu Recht gerügt hat - aufgrund einer fehlerhaften Beweiswürdigung zu der Feststellung gelangt, die Beklagte habe von ihrem Verständnishorizont aus annehmen dürfen , K. habe ihr gegenüber eine Leistung kraft Anweisung der Bundeskasse bewirkt. Sie habe sich offenbar vorgestellt, K. habe jeweils eine gerade Summe seines Gehaltes sich und den ungeraden Restbetrag ihr zur Zahlung angewiesen oder anweisen lassen.
Die angebliche Vorstellung der Beklagten, K. ha be ihr Teile seines Gehaltes angewiesen oder anweisen lassen, entbehrte jeder vernünftigen Grundlage. Ein Beamter kann sich - was allgemein bekannt ist - nicht sein Gehalt selbst auszahlen oder seine Dienststelle entsprechend "anweisen".
Die Beklagte hat, wie die Revisionserwiderung mit Recht rügt, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch keine plausible Erklärung dafür geliefert, daß ihr ungerade Beträge überwiesen wurden. Der Prostitutionslohn, der nach der Behauptung der Beklagten durch die von K. veranlaßten Überweisungen ausgeglichen werden sollte, betrug, wie die Beklagte in ihrer Anhörung vor dem Landgericht erklärt hat, 1.600 DM für eine ganze Nacht,
200 DM oder 300 DM für eine Stunde. Die überwiesenen ungeraden Beträge können bestimmten Prostitutionsleistungen demnach nicht zugeordnet werden.
Mit der Revisionserwiderung ist weiter zu beanstanden, d aß das Berufungsgericht den auf dem Überweisungsbeleg von der Bundeskasse angegebenen Zahlungsgrund "Gebuehr" nicht berücksichtigt hat. Die Überweisung betraf erkennbar keine Gehaltszahlung an K. , erst recht nicht den von der Beklagten verdienten Prostitutionslohn.

c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts können mithin keinen Bestand haben. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts ist vielmehr davon auszugehen, daß hier aus objektivierter Empfängersicht nur eine - rechtsgrundlose - Leistung der Bundeskasse an die Beklagte in Betracht kam. Zu dieser abschließenden Würdigung ist der Senat befugt, weil weitere Sachaufklärung nicht zu erwarten ist.
Schlick Streck Kapsa
Galke Herrmann

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

9
1. Anspruchsgrundlage ist § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Dem Kläger steht diese Leistungskondiktion zu, weil er 1.250 € ohne rechtlichen Grund an die Beklagte gezahlt hat. Die Vereinbarung des "Schenkkreises" war, da auf ein Schneeballsystem gerichtet, sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1997 - XI ZR 191/96 - NJW 1997, 2314, 2315). Das stellt auch die Revision nicht in Frage.
6
1. Diese Zuwendungen waren wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig. Bei den Schenkkreisen handelt es sich um ein Schneeballsystem, welches darauf angelegt ist, dass die ersten Mitglieder einen (meist) sicheren Gewinn erzielen , während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in absehbarer Zeit keine neuen Mitglieder mehr geworben werden können. Dies verstößt - wie in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist - gegen die guten Sitten (vgl. insbesondere Senatsurteil vom 10. November 2005 - III ZR 72/05 = NJW 2006, 45, 46 Rn. 9; ferner OLG Köln NJW 2006, 3288, 3289; jeweils m.w.N.). Das wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.

War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.