Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2008 - II ZR 210/06

bei uns veröffentlicht am02.06.2008
vorgehend
Landgericht Berlin, 19 O 349/01, 11.02.2003
Kammergericht, 16 U 35/03, 03.08.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 210/06 Verkündet am:
2. Juni 2008
Röder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 276 Fa, 311 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3; VerkProspG § 13 (Fassung vom
9. September 1998)
Treten organschaftliche Vertreter einer kapitalsuchenden Gesellschaft Anlageinteressenten
persönlich mit dem Anspruch gegenüber, sie über die für eine Anlageentscheidung
wesentlichen Umstände zu informieren, so haften sie für die Unrichtigkeit
oder Unvollständigkeit ihrer Angaben nach den Grundsätzen des Verschuldens bei
Vertragsschluss (c.i.c.).
BGH, Urteil vom 2. Juni 2008 - II ZR 210/06 - KG Berlin
LG Berlin
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette,
die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und Dr. Drescher

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts vom 3. August 2006 wird zurückgewiesen. 2. Auf die Revision der Klägerin zu 6 wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts vom 3. August 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die zweitinstanzlich erweiterte Klage der Klägerin zu 6 abgewiesen worden ist, und insoweit erkannt: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 6 weitere 398.870,81 € zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juni 2003, Zug um Zug gegen Übertragung von 88.636 Stammaktien der S. AG. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits in sämtlichen Rechtszügen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger verlangen von den Beklagten Schadensersatz u.a. aus Prospekthaftung.
2
Die beiden Beklagten waren die alleinigen Vorstände der S. AG (im Folgenden: S-AG) und an ihrem Aktienkapital mit je 1 % beteiligt. Die S-AG hatte am 19. Juli 2000 die Vollbanklizenz erhalten und betrieb - nach Aufnahme ihres operativen Geschäfts am 21. September 2000 - den Handel mit Wertpapieren über das Internet (Internet-Brokerage) gegen eine volumenunabhängige Festgebühr (flat-fee) von 9,95 € pro Transaktion, wobei sie einen Gewinn von knapp 3 € pro Transaktion kalkulierte. Am 16. August 2000 beschloss ihre Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung um 12 Mio. DM auf 70 Mio. DM durch Zeichnung der neuen Aktien bis zum 31. Oktober 2000. Zwecks Einwerbung des Kapitalerhöhungsbetrages hielten die Beklagten am 24. Oktober 2000 in den Räumen einer Anwaltskanzlei eine Präsentationsveranstaltung ab, zu der eine von ihnen eingeschaltete So. AG finanzkräftige, den Beklagten bis dahin unbekannte Investoren eingeladen hatte. Zu den geladenen Personen, die sich bei der Präsentation zum Teil untereinander oder durch Mitarbeiter vertreten ließen, gehörten u.a. die Kläger zu 1 bis 5 sowie der inzwischen verstorbene Ehemann der Klägerin zu 6. Bei der Präsentation lag zur Mitnahme für die Investoren eine von den Beklagten unterzeichnete "EquityStory der S-AG" mit Datum vom "Oktober 2000" bereit. Sie umfasste auf insgesamt 24 zum Teil mehrfarbigen Druckseiten eine knappe Unternehmensdarstellung , ergänzt durch etliche Schaubilder und Tabellen, und war von den Beklagten bereits bei einer anderen (erfolgreichen) Präsentation gegenüber einem Hamburger Bankhaus im August 2000 verwendet worden. Die darin enthaltenen Daten waren am 24. Oktober 2000 zum Teil überholt. So wies die sog. "Viability" -Studie noch Einnahmen von 14,95 € (statt 9,95 €) pro Transaktion aus.
Das prognostizierte "Cash-Flow-Development" basierte auf Zahlen vom Mai 2000. Nicht erwähnt waren darin Kosten für Werbung von 20 Mio. DM, deren Ausgabe bis Ende 2000 geplant war.
3
Bis zum Beginn der Präsentation hatten die geladenen Investoren wegen verspäteten Eintreffens des Beklagten zu 1 30 bis 40 Minuten Zeit, die "EquityStory" einzusehen. Bei der anschließenden Veranstaltung, die etwa drei Stunden dauerte, stellten die Beklagten die S-AG per Computerpräsentation vor und erläuterten einen mittels Beamer an die Wand projizierten Businessplan vom 23. Oktober 2000, der u.a. prognostizierte Einnahmen und Ausgaben sowie eine Liquiditätsvorausschau enthielt und den Veranstaltungsteilnehmern - nach Beklagtenvortrag aus Geheimhaltungsgründen - nicht ausgehändigt wurde. Unstreitig bezeichneten die Beklagten die S-AG im Verlauf der Präsentation wiederholt als "voll durchfinanziert" bis zum Erreichen der Gewinnzone ("breakeven" ). Sie bezifferten dabei das Eigenkapital der S-AG mit 58 Mio. DM zuzüglich des einzuwerbenden Kapitalerhöhungsbetrages von 12 Mio. DM und wiesen darauf hin, dass eine bis zum Jahresende 2000 durchzuführende Werbekampagne für 20 Mio. DM bereits in Auftrag gegeben sei. Weiter wurde die Möglichkeit erörtert, das gesamte Unternehmen noch im Jahr 2000 zu verkaufen ("trade sale"). Am Tag nach der Präsentation erwarben die Kläger zu 1 bis 4 je 42.614 Aktien zum Ausgabebetrag von je 191.763,00 €, der Kläger zu 5 250.000 Aktien zum Ausgabebetrag von 1.125.000,00 € und der Rechtsvorgänger der Klägerin zu 6 100.000 Aktien zum Ausgabebetrag von 450.000,00 €.
4
Unter dem 17. Januar 2001 lud die S-AG zu einer Hauptversammlung wegen angeblich "planmäßigen" weiteren Kapitalbedarfs. In der außerordentlichen Hauptversammlung vom 22. Februar 2001 wurde wegen dringenden Finanzierungsbedarfs eine Kapitalerhöhung um 5 Mio. € beschlossen, deren Durchführung jedoch unterblieb. Mit Schreiben vom 27. März 2001 zeigten die Beklagten den Verlust von mehr als der Hälfte des Grundkapitals an (§ 92 Abs. 1 AktG) und forderten die Aktionäre auf, durch den Erwerb weiterer Aktien im Wert von insgesamt 10 Mio. DM die Liquiditätslage der S-AG zu entspannen, um den Fortbestand der Bank zu sichern. Am 12. April 2001 zog die D. AG ihre Offerte zum Erwerb der S-AG für 21 Mio. € mit der Begründung zurück, dass die S-AG nur 4.102 aktive Kunden habe und sie illiquide sowie überschuldet sei. Am 20. April 2001 ordnete das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die Schließung der S-AG für den Kundenverkehr an und beantragte am 7. Mai 2001 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 46 b KWG), das am 22. Mai 2001 eröffnet wurde und zum Verkauf des Unternehmens der S-AG an eine Investmentbank führte.
5
Mit ihrer Klage verlangen die Kläger von den Beklagten Schadensersatz für die von ihnen investierten Kapitalbeträge, wobei die Klägerin zu 6 in erster Instanz nur einen Teilbetrag von 51.129,19 € (100.000,00 DM) geltend gemacht hat. Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Klagen der Kläger zu 1 bis 5 in voller Höhe und der Klage der Klägerin zu 6 in ursprünglicher Höhe entsprochen; die zweitinstanzlich um 398.870,81 € erhöhte Klage der Klägerin zu 6 hat es abgewiesen. Mit ihren - von dem Berufungsgericht unbeschränkt zugelassenen - Revisionen erstreben die Beklagten und die Klägerin zu 6 die Beseitigung ihrer jeweiligen Beschwer.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Revision der Klägerin zu 6 führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten in Höhe der erweiterten Klage.
7
I. Das Berufungsgericht hält Ansprüche der Kläger aus Prospekthaftung der Beklagten i.e.S. für gegeben, weil die Beklagten die zum Teil veralteten Angaben in der - als "Prospekt" anzusehenden - "Equity-Story" entgegen ihrer Prospektberichtigungspflicht (vgl. BGHZ 71, 284, 291; 123, 106, 110) bei der Präsentation vom 24. Oktober 2000 nicht richtig gestellt, sondern - im Gegenteil - den Klägern anhand des präsentierten "Bussinessplans" den unrichtigen Eindruck vermittelt hätten, die S-AG verfüge über ein sicheres "Polster" von 20 Mio. DM und sei mit einer Kapitaldecke von insgesamt 70 Mio. DM bis zur Erreichung der Rentabilitätsschwelle "voll durchfinanziert". Die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greife lediglich gegenüber den von der Klägerin zu 6 in zweiter Instanz klageerweiternd geltend gemachten Prospekthaftungsansprüchen durch.
8
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
9
II. Revision der Beklagten
10
1. Im Ergebnis ohne Erfolg meint die Revision, eine Haftung der Beklagten nach den von dem Berufungsgericht angewandten Grundsätzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung i.e.S. (vgl. dazu BGHZ 71, 284; 123, 106 u. st. Rspr.) habe schon deshalb auszuscheiden, weil die den Klägern bei der Präsentation vom 24. Oktober 2000 übergebene "Equity-Story" wegen ihres beschränkten Adressatenkreises und wegen ihres für eine Anlageentscheidung ersichtlich unzureichenden Inhalts nicht den Anforderungen genügt habe, welche an einen "Prospekt" im Sinne der genannten Haftungsgrundsätze zu stellen seien.
11
Entgegen der Ansicht der Revision kommt es auf die in Einzelheiten umstrittenen und in Rechtsprechung und Schrifttum noch nicht abschließend geklärten Kriterien des Prospektbegriffs (vgl. dazu Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 3. Aufl. § 6 Rdn. 66 ff.; Ehricke in Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung S. 195 ff.; Siol in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 45 Rdn. 47 ff.) hier nicht an. Die Beklagten trifft nicht nur eine "Prospekthaftung i.e.S." nach den Grundsätzen, welche an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen (vgl. dazu BGHZ 71, 284 u. st. Rspr.). Das hat auch das Berufungsgericht nicht richtig erfasst. Denn abgesehen davon, dass die von dem Berufungsgericht als haftungsbegründend unrichtig angesehenen Angaben der Beklagten anhand des bei der Präsentation gezeigten Bussinessplans gar nicht in der "Equity-Story" als etwaigem Prospekt enthalten waren und daher schwerlich eine "Prospekthaftung" auslösen konnten, haben die Beklagten im Rahmen der von ihnen als Vorständen der S-AG selbst geleiteten, dreistündigen Informationsveranstaltung nicht nur das durch einen Prospekt vermittelte und sie als etwaige Prospektverantwortliche treffende typisierte Vertrauen, sondern ein darüber hinausgehendes persönliches Vertrauen der potentiellen Anleger auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Informationen über das Anlageobjekt in Anspruch genommen. Die Beklagten haften deshalb jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.).
12
a) Die Verpflichtungen aus dem durch die Anbahnung von Vertragsverhandlungen eines Vertreters begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis treffen zwar grundsätzlich den Vertretenen. Anders ist es aber und war es auch schon vor Inkrafttreten des § 311 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BGB, wenn der Vertreter in besonderem Maße persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und der Verhandlungsgegner ihm das auch entgegengebracht hat. Dann muss der Vertreter selbst für die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten einstehen (vgl. BGHZ 56, 81, 83; 74, 103, 108). Der erkennende Senat hat diesen allgemeinen - normalerweise auf Erklärungen im Vorfeld einer Garantiezusage des Vertreters zugeschnittenen (vgl. BGHZ 126, 181, 189 m.Nachw.) - Grundsatz für den Bereich der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung i.e.S. dahin weiterentwickelt, dass Grundlage einer derartigen Vertrauenshaftung nicht nur das von einem bestimmten Menschen ausgehende persönliche, sondern auch ein typisiertes Vertrauen sein kann, das sich aus einer Garantenstellung der für die Geschicke der kapitalsuchenden Gesellschaft und damit ggf. auch für die Herausgabe eines Anlageprospekts verantwortlichen Personen herleitet. Zu diesen gehören insbesondere die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen (BGHZ 71, 284, 287 ff.; 72, 284, 287; 79, 337, 340 f.; 83, 222, 223 f.; 123, 106, 109 f.). Von ihnen darf ein Anlageinteressent erwarten, dass sie den Prospekt mit der erforderlichen Sorgfalt geprüft haben und ihn über alle Umstände informieren werden, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind (BGHZ 71, 284, 287 f.). Eine daran anknüpfende Haftung der genannten Garanten und Vertrauensadressaten setzt - abweichend von den sonst für die Vertrauenshaftung geltenden Regeln - nicht voraus, dass sie mit dem Anlageinteressenten bei der Vertragsanbahnung in sozialen Kontakt getreten oder ihm auch nur namentlich bekannt geworden sind; als Anknüpfungspunkt für die sie persönlich treffende Vertrauenshaftung genügt ihre Garantenstellung (vgl. BGHZ 79, 337, 342; 83, 222, 224). Entsprechende Grundsätze hat der Senat (BGHZ 123, 106) auch bei Verwendung von Prospekten angewandt, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben wird.
13
b) Vermag sonach schon ein durch einen Prospekt vermitteltes, typisiertes und anonymes Vertrauen des Anlageinteressenten eine persönliche Haftung der genannten Garanten bzw. Vertrauensadressaten für unrichtige oder unvollständige Informationen über das Anlageobjekt zu begründen, so muss das erst recht und in höherem Maße dann gelten, wenn solche Garanten - wie hier die Beklagten als Vorstände der S-AG - einem oder mehreren Anlegern bei Anbahnung des Vertrages persönlich gegenübertreten und etwa einen Prospekt oder sonstige Unterlagen mit der Autorität ihres Amtes und ihrer besonderen Sachkunde des Anlageobjekts erläutern oder dazu ergänzende Angaben machen (vgl. auch MünchKommBGB/Emmerich, 5. Aufl. § 311 Rdn. 210). Es wäre völlig ungereimt, wenn sie in solchem Fall nur für Prospektmängel, nicht aber für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit ihrer zusätzlichen Angaben nach vorvertraglichen Grundsätzen als Vertreter oder Sachwalter der Anlagegesellschaft haften müssten. So, wie ein Prospektverantwortlicher eine Haftung für Unrichtigkeiten eines Prospekts durch Prospektberichtigung oder auch durch entsprechende mündliche Hinweise gegenüber den Anlegern vor Abschluss des Vertrages vermeiden kann (vgl. zur Prospektberichtigungspflicht BGHZ 71, 284, 291; 123, 106, 110; Sen.Urt. v. 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, ZIP 2004, 312; v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 f. Tz. 7; Kiethe, ZIP 2000, 216, 218 zu II 1.3; vgl. auch § 11 VerkProspG a.F. sowie nunmehr § 16 WpPG für Wertpapieremissionen), so sind umgekehrt einem aufklärungspflichtigen Garanten unmittelbar gegenüber Anlegern erteilte mündliche Informationen unrichtigen oder unvollständigen Inhalts als ein Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) persönlich anzulasten. Dies rechtfertigt sich daraus, dass er in solchem Fall als aufklärungspflichtiger Garant nicht nur ein typisiertes und für eine persönliche Haftung bereits ausreichendes, sondern ein darüber hinausgehendes , im Vergleich dazu "besonderes", persönliches Vertrauen der Anleger in Anspruch genommen hat.
14
c) Anders als das Berufungsgericht unter Hinweis auf das BGH-Urteil vom 3. Oktober 1989 (XI ZR 157/88, WM 1989, 1715 = NJW 1990, 389) meint, kann dem nicht entgegengehalten werden, dass das Verhandlungsvertrauen des künftigen Vertragspartners einer Gesellschaft grundsätzlich nur ihr, nicht aber ihrem Geschäftsleiter persönlich entgegengebracht werde. Das gilt für normale Verkehrsgeschäfte (unter Einschluss der Geschäftstätigkeit einer Gesellschaft als Anlagevermittlerin; dazu BGH aaO), bei denen nicht dem jeweiligen Geschäftsleiter persönlich die vorvertragliche Verpflichtung obliegt, potentielle Vertragspartner der Gesellschaft über die von ihr angebotenen Leistungen oder über ihre wirtschaftliche Lage richtig und vollständig zu informieren, mag er sich auch eines Prospektes über die angebotenen Produkte oder Leistungen bedienen. Im Gegensatz dazu trifft u.a. die Geschäftsleiter einer kapitalsuchenden Anlagegesellschaft, wie schon dargelegt, eine Informationspflicht gegenüber Anlageinteressenten, welche nicht eine Leistung der Gesellschaft in Anspruch nehmen, sondern ihr Kapital gewinnbringend investieren wollen (zu der Unterscheidung vgl. Sen.Urt. v. 4. Mai 1981 - II ZR 193/80, WM 1981, 1021). Da es sich um Risikokapital handelt, das nicht - wie bei Kreditgeschäften üblich - durch Sicherheiten vor einem Verlust geschützt werden kann, und die Anlageinteressenten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Anlagegesellschaft nicht kennen, sind sie insoweit auf wahrheitsgemäße Informationen von Gewährspersonen der Gesellschaft angewiesen (vgl. auch BGHZ 71, 284, 287).
15
Diese Besonderheit zeigt sich auch in den spezialgesetzlichen Haftungstatbeständen des § 13 VerkProspG i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BörsG. Diese Vorschrift bestimmt eine Prospekthaftung derjenigen, "von denen der Prospekt ausgeht" und trifft damit u.a. die Verwaltungsmitglieder der emittierenden Gesellschaft (vgl. BGHZ 79, 337, 342; Schwark in Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar BörsG § 45 Rdn. 9). Andererseits setzt § 13 VerkProspG - hier in seiner im Jahr 2000 geltenden Fassung vom 9. September 1998 (BGBl. I 2701) - eine persönliche Mitwirkung der genannten Haftungsadressaten bei den Vertragsverhandlungen mit dem Anleger nicht voraus und schließt eine Haftung aus c.i.c. nicht aus (vgl. § 47 Abs. 2 BörsG; Schwark aaO § 45 Rdn. 72 f.; Assmann in Assmann/Lenz/Ritz, VerkProspG [2001] § 13 Rdn. 70 m.w.Nachw.; ebenso zu § 13 VerkProspG n.F. Fleischer, BKR 2004, 339, 343 mit Fn. 67). Ohnehin erfasste § 13 VerkProspG a.F. nur Verkaufsprospekte, welche der zuständigen Stelle gemäß § 6 oder § 8 VerkProspG zur Prüfung vorgelegt worden waren (vgl. Heidelbach in Schwark aaO § 13 VerkProspG Rdn. 9 m.w.Nachw.). Das ist hier nicht ersichtlich.
16
2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren die Angaben der Beklagten bei der Präsentation vom 24. Oktober 2004 in entscheidenden Punkten haftungsbegründend unrichtig.
17
a) Wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, sind die erstinstanzlich vernommenen Zeugen, die an der Präsentation vom 24. Oktober 2000 teilgenommen haben, aufgrund der Erklärungen der Beklagten davon ausgegangen, dass die S-AG zum damaligen Zeitpunkt über 58 Mio. DM verfügen konnte. Die zusätzlich einzuwerbenden 12 Mio. DM wurden nicht als notwendig für das wirtschaftliche Überleben der S-AG, sondern als "zusätzliches Polster" dargestellt, um die Gesellschaft für den beabsichtigten Verkauf attraktiver zu machen. Insgesamt gingen die Anleger angesichts eines in dem Businessplan vom 23. Oktober 2000 dargestellten Kapitalverbrauchs von rund 46,23 Mio. DM bis September 2001 von einem "Polster" i.H.v. 20 Mio. DM aus und durften nach den Erklärungen der Beklagten hiervon auch ausgehen. Dementsprechend "durften und mussten die Kläger auf der Grundlage des präsentierten Businessplans und der Erläuterungen der Beklagten davon ausgehen", dass die bei der Präsentation genannten, bereits verplanten Werbeaufwendungen von 20 Mio. DM bis Ende 2000 in den insgesamt ausgewiesenen "Anlaufkosten" von 26,75 Mio. DM enthalten waren, wie das Berufungsgericht im Einzelnen ausführt. Tatsächlich verfügte die S-AG nach eigenen Angaben des Beklagten zu 1 am 31. Oktober 2000 unter Hinzurechnung der aufgrund der Präsentation eingeworbenen 12 Mio. DM nur noch über eine Liquidität von 40,4 Mio. DM, von denen 20 Mio. DM bereits für die Werbung bis Ende 2000 ausgegeben waren, so dass die S-AG zum Jahresende nur noch mit einer Liquidität von 20,4 Mio. DM rechnen konnte. Hingegen suggerierte der bei der Präsentation gezeigte Businessplan per Ende 2000 noch vorhandene Mittel von rund 40,5 Mio. DM.
18
b) Entgegen der Ansicht der Revision tragen schon diese - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen die Verurteilung der Beklagten, ohne dass es darauf ankommt, ob auch die von den Beklagten bei der Präsentation mehrfach wiederholte Behauptung, die S-AG sei "voll durchfinanziert", schuldhaft unrichtig war, wie von dem Berufungsgericht aufgrund des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens (zusätzlich) angenommen.
19
aa) Als Vertrauensadressaten der Kläger waren die Beklagten verpflichtet , die Kläger über alle Umstände, die für ihre Entschließung von wesentlicher Bedeutung sein konnten, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. BGHZ 79, 337, 344; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Tz. 7; st. Rspr.). Dieser Verpflichtung sind die Beklagten bei der Präsentation nicht nachgekommen, sondern haben bei den Klägern zumindest fahrlässig die unrichtige Vorstellung hervorgerufen, dass die S-AG nach ihrem Business- bzw. Finanzplan über ein "Polster" von ca. 20 Mio. DM verfüge, was im Übrigen geeignet ist, die rasche Entschlossenheit der Kläger zu erklären. Es liegt auf der Hand, dass es für einen Anleger einen Unterschied macht, ob die Anlagegesellschaft über ein solches Polster verfügt oder nicht, und dass für professionelle Anleger wie die Kläger harte Zahlen mehr bedeuteten als die interpretationsbedürftige Äußerung, die Gesellschaft sei "voll durchfinanziert". Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es im Übrigen der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; Sen.Urt. v. 3. Dezember 2007 aaO Tz. 16 m.w.Nachw.). Für unrichtige mündliche Informationen durch Personen, die für entsprechende Angaben in einem Prospekt verantwortlich wären, kann nichts anderes gelten.
20
bb) An sich zu Recht beanstandet die Revision zwar, dass das Berufungsgericht die gerichtlichen Sachverständigen, deren schriftliches Gutachten die Beklagten in vielerlei Hinsicht angegriffen hatten, zum Termin vom 27. April 2006 geladen hat, ohne die Parteien vor dem Termin hiervon zu benachrichtigen. Dies verstieß gegen § 273 Abs. 4 Satz 1 ZPO, was ausweislich des Sitzungsprotokolls von den "Parteivertretern" auch gemäß § 295 Abs. 1 ZPO gerügt wurde. Dass sämtliche Prozessparteien an der Anhörung der Sachverständigen teilgenommen und danach Sachanträge gestellt haben, rechtfertigt - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht die Annahme einer rügelosen Einlassung. Auch die übereinstimmenden Anträge der Parteien, Ihnen Gelegenheit zu geben, zum Ergebnis der Anhörung der Sachverständigen schriftsätzlich Stellung zu nehmen, lassen zumindest nicht eindeutig einen Rügeverzicht erkennen, zumal die Beklagten in ihrem nachgelassenen Schriftsatz das Verfahren der Sachverständigenanhörung erneut gerügt und Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) beantragt haben. Richtigerweise hätte das Berufungsgericht die Verhandlung bzw. die Sachverständigenanhörung vertagen müssen, wenn es deren Ergebnis berücksichtigen wollte (vgl. BVerwG NJW 1980, 900). Eine entsprechende Verwertung ohne vorherige Be- nachrichtigung gemäß § 273 Abs. 4 ZPO verstößt auch gegen Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG NJW 1994, 1210).
21
Im Ergebnis ist jedoch die Entscheidungserheblichkeit des von der Revision gerügten Verfahrensverstoßes nicht gegeben. Die o.g. Feststellungen des Berufungsgerichts zu dem von den Beklagten bei der Präsentation fälschlich erweckten Eindruck, es bestehe ein "Polster" von ca. 20 Mio. DM, beruhen nicht auf der mündlichen Sachverständigenanhörung, sondern einerseits auf den Zahlen des Businessplans und auf den übereinstimmenden Bekundungen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen, andererseits auf den eigenen Angaben des Beklagten zu 1 zur Liquiditätslage am 31. Oktober 2000. Zu den insoweit maßgeblichen, von dem Berufungsgericht festgestellten Zahlen schweigt die Revision sich aus.
22
Auf die von der Revision unter Bezugnahme auf ein von den Beklagten nach der vorinstanzlichen Sachverständigenanhörung eingeholtes Privatgutachten in den Vordergrund gestellte Streitfrage, ob die S-AG "voll durchfinanziert" war, kommt es, wie schon erwähnt, nicht entscheidend an. Ebenso unerheblich ist in diesem Zusammenhang die auf das Privatgutachten gestützte These der Revision, die gerichtlichen Sachverständigen hätten diese Frage nicht direkt beantwortet und bei ihrer Begutachtung die Alleinstellungsmerkmale der S-AG auf dem Internet-Broker-Markt außer Acht gelassen. Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht gerade mit diesem Einwand befasst und rechtsfehlerfrei darauf hingewiesen, dass die Beklagten im Oktober 2000 mit einer dauerhaften Konkurrenzlosigkeit der S-AG nicht rechnen konnten. Auch der Privatgutachter der Beklagten stellt fest, dass die in dem Businessplan der Beklagten unterstellte Marktentwicklung "aggressiv und ambitiös" war. Das haben die Beklagten den Klägern aber ersichtlich ebenfalls nicht mitgeteilt, sondern den Eindruck des Vorhandenseins eines sicheren "Polsters" erweckt, das mit den eigenen Zahlen nicht übereinstimmte. Unerheblich ist demgegenüber, ob sie die negative Marktentwicklung voraussehen und erkennen konnten, dass die prognostizierte Zahl von Transaktionen nicht erreicht werden könnte. Infolgedessen kommt es auch nicht auf die zu diesem Thema benannten Zeugen K. und N. an. Unerheblich ist schließlich der Hinweis der Revision darauf, dass die Beklagten ihre Erklärung, die S-AG sei bis zum Erreichen der Rentabilitätsschwelle voll durchfinanziert, ausdrücklich an den Vorbehalt geknüpft hätten, dass die dem Businessplan zugrunde liegenden Annahmen auch tatsächlich erreicht würden. Dies belegt nur die Plausibilität der - für das Revisionsgericht ohnehin bindenden und für das Prozessergebnis ausreichenden - Feststellung, dass die Kläger auf das ihnen suggerierte "Polster" von 20 Mio. DM vertraut haben. In diesem entscheidenden Punkt beruht das angefochtene Urteil nicht auf der verfahrensfehlerhaften Sachverständigenanhörung.
23
3. Die den Klägern zustehenden Schadensersatzansprüche - Zug um Zug gegen Übertragung ihrer Aktien auf die Beklagten - sind entgegen der Ansicht der Revision auch nicht verjährt, ohne dass es auf die von den Beklagten bestrittene Wahrung der Verjährungsfrist für Prospekthaftungsansprüche i.e.S. von sechs Monaten ab Kenntnis des Prospektmangels (BGHZ 83, 222) ankommt. Denn die Beklagten haften, wie bereits dargelegt, nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Anbahnung von Vertragsverhandlungen (c.i.c.) wegen Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens. Die Verjährungsfrist dafür betrug gemäß § 195 BGB a.F. bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des BGB (1. Januar 2002) 30 Jahre (vgl. BGHZ 83, 222, 227; st.Rspr.) und wurde spätestens durch die Klagezustellungen im September 2001 unterbrochen.
24
II. Revision der Klägerin zu 6
25
Die Revision richtet sich dagegen, dass das Berufungsgericht die mit der zweitinstanzlichen Klageerweiterung (Schriftsatz vom 19. Mai 2003) geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung weiterer 398.870,81 € wegen Verjährung abgewiesen hat.
26
Die Revision ist begründet. Für den Anspruchsgrund gilt das zu den Ansprüchen der Kläger 1 bis 5 Gesagte in gleicher Weise. Die ursprünglich 30jährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB a.F.; vgl. oben I 5), die durch § 195 BGB n.F. auf drei Jahre verkürzt wurde, beginnend ab 1. Januar 2002 (Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB), war im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Klageerweiterung (im Juni 2003) nicht abgelaufen. Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Drescher
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 11.02.2003 - 19 O 349/01 -
KG Berlin, Entscheidung vom 03.08.2006 - 16 U 35/03 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Gesetz über das Kreditwesen


Kreditwesengesetz - KWG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. (2) Ein Schuldverhä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Zivilprozessordnung - ZPO | § 295 Verfahrensrügen


(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 273 Vorbereitung des Termins


(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen. (2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere1.den Parteien die Ergänzung oder E

Aktiengesetz - AktG | § 92 Vorstandspflichten bei Verlust, Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit


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Wertpapierprospektgesetz - WpPG | § 16 Unwirksame Haftungsbeschränkung; sonstige Ansprüche


(1) Eine Vereinbarung, durch die Ansprüche nach den §§ 9, 10, 11, 14 oder 15 im Voraus ermäßigt oder erlassen werden, ist unwirksam. (2) Weitergehende Ansprüche, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder unerlaub

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2008 - II ZR 210/06 zitiert oder wird zitiert von 28 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2008 - II ZR 210/06 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2007 - II ZR 21/06

bei uns veröffentlicht am 03.12.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil- und Versäumnisurteil II ZR 21/06 Verkündet am: 3. Dezember 2007 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Dez. 2003 - II ZR 244/01

bei uns veröffentlicht am 15.12.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 244/01 Verkündet am: 15. Dezember 2003 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH
26 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juni 2008 - II ZR 210/06.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - II ZR 277/09

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 277/09 Verkündet am: 20. September 2011 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - II ZR 39/10

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 39/10 Verkündet am: 20. September 2011 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerich

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2011 - II ZR 11/10

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 11/10 Verkündet am: 20. September 2011 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerich

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Juli 2019 - V ZR 75/18

bei uns veröffentlicht am 19.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 75/18 Verkündet am: 19. Juli 2019 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Referenzen

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Ergibt sich bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz oder ist bei pflichtmäßigem Ermessen anzunehmen, daß ein Verlust in Höhe der Hälfte des Grundkapitals besteht, so hat der Vorstand unverzüglich die Hauptversammlung einzuberufen und ihr dies anzuzeigen.

(2) (weggefallen)

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 244/01 Verkündet am:
15. Dezember 2003
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ändern sich nach Herausgabe eines Anlageprospekts Umstände oder Bedingungen
, welche zu einer Verzögerung des Projekts oder zu einer Verminderung
der für einen Abschreibungszeitraum in Aussicht gestellten Verlustzuweisung
führen können, sind die Prospekthaftungsverantwortlichen verpflichtet, durch
eine Prospektergänzung oder einen Warnhinweis Beitrittswillige jedenfalls bis
zum Zeitpunkt der Annahme der Beitrittserklärung hierüber zu unterrichten.
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01 - Schleswig-Holsteinisches
OLG in Schleswig
LG Itzehoe
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 15. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und
Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 19. Juli 2001 aufgehoben und das Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 18. August 1999 abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 51.129,19 % Zinsen seit dem 18. Dezember 1998 Zug um Zug gegen Übertragung des Geschäftsanteils der Klägerin im Nominalbetrag von 100.000,00 DM an der P. GmbH & Co. Betriebs-KG, eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht I. (HRA), zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß sich die Beklagten mit der Annahme des vorstehend bezeichneten zu übertragenden Geschäftsanteils im Verzug befinden.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die sich an einem Windparkprojekt beteiligt hatte, verlangt von den Beklagten Schadensersatz aus typisierter Prospekthaftung in Höhe ihrer Kommanditeinlage Zug um Zug gegen Übertragung ihres Gesellschaftsanteils.
Die Beklagten zu 1 bis 3 gründeten mit dem Zweck der Errichtung eines Windparks in H./S. die P. GmbH & Co. Betriebs-KG (im folgenden: P. KG) und übernahmen eine Kommanditeinlage von jeweils 7.500,00 DM. Persönlich haftende Gesellschafterin war die P. Windpark H. GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls die Beklagten zu 1 bis 3 waren. Für das Projekt war zunächst ein Bauvorbescheid und am 30. September 1998 eine Baugenehmigung eingeholt worden. Zugleich war man über ein beauftragtes Ingenieurbüro wegen der zur Abnahme des erzeugten Stroms notwendigen Netzanbindung mit Schreiben vom 9. Juli 1998 an das örtliche Energieversorgungsunternehmen, die Sch. AG, herangetreten. Diese teilte mit Schreiben vom 30. Juli 1998 mit, daß die nur begrenzt zur Verfügung stehende Aufnahmekapazität für Windenergieleistung in der Reihenfolge der eingehenden Anträge vergeben werde, worauf das beauftragte Ingenieurbüro die für den Windpark H. gewünschte Anschlußleistung der Netzanbindung auf 12,86 MW bezifferte und als Termin für die Netzanbindung den 30. Dezember 1998 bezeichnete. Die Sch. AG teilte hierauf mit Schreiben vom 3. September 1998 und weiterem Schreiben vom 18. September 1998 sowie mit Faxschreiben vom 29. September 1998 mit, daß sie aus Kapazitätsgründen für das vorgesehene Umspannwerk St. nur eine Einspeiseleistung von 3,4 MW zur Verfügung stellen könne und im übrigen der Mitarbeiter K. der Sch. AG in Abrede stelle, zu einem
früheren Zeitpunkt Angaben über eine höhere Einspeisekapazität des Umspannwerks St. gemacht zu haben. Daraufhin erhob die mit der Planung und Realisierung des Windparks beauftragte P. Pr. und B. mbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls die Beklagten zu 1 bis 3 waren, am 16. Oktober 1998 beim Landgericht I. Klage auf Anschluß der acht Windkraftanlagen an das Netz der Sch. AG, für die zwischenzeitlich eine Baugenehmigung vorlag.
Zwischenzeitlich hatte die mit der Werbung von Kommanditisten für die P. KG beauftragte Beklagte zu 4, die P. C. Unternehmensbeteiligungs mbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer wiederum die Beklagten zu 1 bis 3 waren, einen Prospekt über das Beteiligungsangebot mit Stand Juni 1998 herstellen lassen und verbreitete diesen zur Werbung von zeichnungsinteressierten Kommanditisten. In dem Prospekt werden neben dem Windkraftprojekt selbst die P. Unternehmensgruppe , die beteiligten Gesellschaften, der Standort H. in S. sowie die zur Verwendung geplanten Windkraftenergieanlagen der Firma N. erläutert. U.a. wird folgendes ausgeführt:
"Das Beteiligungsangebot im Überblick
Windpark
8 Windenergieanlagen N. je 1.300 kW Nennleistung ...
Errichtung
5 Windenergieanlagen bis zum 31.12.1998, weitere 3 im März

1999


Verlustzuweisung
193,1 % kumuliert in den ersten vier Jahren, davon 99,8 % in 1998 und 57,6 % in 1999, jeweils bezogen auf die geleistete Pflichteinlage."
Darüber hinaus steht unter der Überschrift "Chancen und Risiken" (S. 33 f.) u.a. das Folgende:
"Zeitpunkt der Inbetriebnahme
In diesem Prospekt wird entsprechend dem gegenwärtigen Planungsstand davon ausgegangen, daß eine Teilinbetriebnahme des Windparks von 5 Anlagen bis zum 31. Dezember 1998 erfolgt. Weitere 3 Energiewindanlagen werden im März 1999 errichtet. Sollte es zu einer zeitlichen Verzögerung der geplanten Teilerrichtungen kommen , würde sich die prognostizierte Rendite vermindern. ...
Darüber hinaus können die mit dem regionalen Energieversorgungsunternehmen (SCH. AG) noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen ebenfalls zu einer Verzögerung der Inbetriebnahme führen. Der Windpark soll an das Umspannwerk St. angeschlossen werden, das nach unserem derzeitigen Kenntnisstand über ausreichende Kapazitäten zur Aufnahme des erzeugten Stroms verfügt. ..."
Unter dem Stichwort "Die beteiligten Gesellschaften - weitere Vertragspartner" (S. 52 f.) ist neben den verschiedenen Firmen der P.-Gruppe unter dem Stichwort "Stromabnahme" die Sch. AG, R., aufgeführt.
Mit Beitrittserklärung vom 25. September 1998, angenommen durch die P. KG am 30. September 1998, erklärte die Klägerin ihre Beteiligung als Kommanditistin an der P. KG mit einer Bareinlage von 100.000,00 DM.
In der Folge kam es zu Lieferschwierigkeiten hinsichtlich der ersten fünf Windkraftanlagen, welche im Zeitraum vom 30. November 1998 bis 10. Dezember 1998 errichtet werden sollten. Nachdem die Herstellerin zunächst am 27. November 1998 mitgeteilt hatte, daß im Jahr 1998 überhaupt keine Windenergieanlage mehr geliefert werden könnte, erfolgte auf Drängen der P. KG eine Auslieferung von zwei Windkraftanlagen in der 51. KW 1998, am 7. Mai 1999 wurde die dritte Anlage geliefert und im Juli 1999 wurden die restlichen fünf Anlagen errichtet.
Nachdem die P. KG die Klägerin mit Schreiben vom 4. Dezember 1998 über die Schwierigkeiten mit der Netzanbindung und die nicht fristgerechte Lieferung der Windenergieanlagen informiert hatte, verlangte diese mit Anwaltsschreiben vom 16. Dezember 1998 die Rückzahlung der geleisteten Kommanditeinlage.
Am 9. Februar 1999 schloß die P. KG mit der Sch. AG einen Prozeßvergleich, wonach sich die Sch. AG zur Abnahme des erzeugten Stromes in Höhe von 11,44 MW, in einem für den Betrieb der Gesamtanlage ausreichenden Umfang, verpflichtete.
Aufgrund der eingetretenen Verzögerung mit der Errichtung der Windkraftanlagen und der nicht rechtzeitig erfolgten Netzanbindung verminderte sich die in Aussicht gestellte Verlustzuweisung für das Jahr 1998 auf etwa 65 % anstelle der im Prospekt genannten 99,8 %.
Die Klägerin ist der Ansicht, daß der Beteiligungsprospekt in verschiedenen Punkten unrichtige, irreführende und unvollständige Angaben enthalte, was den Beklagten bekannt gewesen sei. Unter anderem werde im Prospekt mit der Bezeichnung der Sch. AG als Vertragspartner der falsche Eindruck erweckt , daß die uneingeschränkte Netzanbindung der geplanten Windkraftanlagen bereits vertraglich vereinbart sei. Tatsächlich seien die Probleme mit der Einspeisekapazität des Umspannwerks St. bekannt gewesen, bevor die Klägerin ihren Beitritt beantragt habe; deshalb seien die Beklagten verpflichtet gewesen, den Prospekt zu korrigieren. Außerdem seien die in dem Prospekt angegebenen Erträge und Verlustzuweisungen nicht zu erreichen gewesen.
Die Beklagten sind demgegenüber der Auffassung, daß die Verweigerung einer uneingeschränkten Netzanbindung durch die Sch. AG rechtswidrig gewesen und sie mit einem solchen Verhalten nicht hätten rechnen müssen. Zudem habe zwischen der P. KG und der Sch. AG ein vertragsähnliches Rechtsverhältnis bestanden. Von den Lieferschwierigkeiten des Windkraftanlagenherstellers hätten sie erst im November 1998 erfahren.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da es keine schuldhaft oder vorwerfbar unrichtigen oder unvollständigen Angaben im Beteiligungsprospekt feststellen konnte, welche für den Beitragsentschluß der Klägerin erheblich gewesen seien. Die Berufung der Klägerin wurde durch das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils und zur Verurteilung der Beklagten.
I. Mit Recht hat das Berufungsgericht eine Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1 bis 3 als Initiatoren und Gründungskommanditisten der P. KG für den Inhalt des Beteiligungsprospekts angenommen (st. Rspr., vgl. BGHZ 83, 222, 223 f.; 115, 214, 218). Ebenso gilt dies für die von den Beklagten zu 1 bis 3 geführte Beklagte zu 4, welche entsprechend ihrem Aufgabenbereich in der P.-Unternehmensgruppe den Prospekt erstellt und verbreitet hat.
II. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts waren die Beklagten verpflichtet, den Prospektinhalt zu ändern oder zumindest um einen deutlichen Warnhinweis zu ergänzen, als sich die Sch. AG erstmals weigerte, den geplanten Windpark in vollem Umfang an das Stromnetz anzubinden und damit die Realisierung des Projekts in Frage stand.
1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen hat der Prospekt über das Beteiligungsangebot, welcher im allgemeinen die wesentliche Unterrichtungsmöglichkeit für einen Beitrittsinteressenten darstellt, ein zutreffendes und vollständiges Bild über sämtliche Umstände zu vermitteln, welche für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind (BGHZ 79, 337, 344 f.; 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296, 1297). Ändern sich diese Umstände nach Herausgabe des Pro-
spekts, so haben die Verantwortlichen davon durch Prospektberichtigung oder durch entsprechende Hinweise bei Abschluß des Vertrags Mitteilung zu machen (BGHZ 71, 284, 291; 123, 106, 110).
Nach diesen Grundsätzen waren die Beklagten verpflichtet, nach der ersten schriftlichen Weigerung der im Prospekt als Vertragspartnerin bezeichneten Sch. AG, den vom Windpark erzeugten Strom nur zu einem Teil des geplanten Umfangs abzunehmen, Beitrittswillige hiervon zu unterrichten. Unabhängig davon, ob die Weigerung der Sch. AG, den Windpark vollumfänglich an das Stromnetz anzubinden, gerechtfertigt war oder nicht, und selbst wenn sie hierbei gegen Vorschriften des Stromeinspeisungsgesetzes verstoßen haben sollte, drohte dadurch eine zumindest nicht unerhebliche Verzögerung des Projekts und der Aufnahme der Stromerzeugung, wenn nicht sogar das Scheitern des Gesamtprojekts als solches.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagten seien deswegen nicht zu einem Hinweis an Anlageinteressenten verpflichtet gewesen, weil die Auffassung der Sch. AG erkennbar fehlerhaft gewesen sei und darüber hinaus der Prospekt einen Hinweis enthalten habe, daß noch kein verbindliches Angebot des örtlichen Energieversorgungsunternehmens vorliege.

a) Maßgeblich ist zunächst, daß auch eine rechtswidrige Weigerung eines Energieversorgungsunternehmens schon deswegen einen mitteilungspflichtigen Umstand darstellt, weil sich daraus ein möglicherweise langer Rechtsstreit entwickeln kann, wodurch, wie hier, der Projektbeginn zumindest verschoben wird und als Folge auch die von den Anlegern erstrebten Abschreibungssätze nicht erreicht werden.

b) Auch der abstrakte Prospekthinweis, daß die Verhandlungen mit der Sch. AG noch nicht abgeschlossen seien, reichte zum Beitrittszeitpunkt der Klägerin nicht mehr zu einer vollständigen Aufklärung eines Anlegers aus, nachdem das Energieversorgungsunternehmen ausdrücklich eine umfassende Stromabnahme abgelehnt hatte und damit die Verhandlungen praktisch gescheitert waren. Daß danach auch die Beklagten nicht mehr mit einer planmäßigen Umsetzung des Projekts rechneten, ergibt sich deutlich aus einem Telefaxschreiben des Beklagten zu 2 als Geschäftsführer der P. KG vom 9. Dezember 1998, wonach mit einer Netzanbindung erst ab Mitte 1999 kalkuliert wurde. Dem entsprach auch die nur zögerliche Errichtung der restlichen sechs Windkraftanlagen ab Mai 1999.
III. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung, daß ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; BGHZ 84, 141, 148; Sen.Urt. v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1653). Entscheidend ist insoweit, daß durch unzutreffende oder unvollständige Information des Prospekts in das Recht des Anlegers eingegriffen worden ist, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht (Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 aaO, ZIP 2000, 1296, 1297; Sen.Urt. v. 14. Juli 2003 aaO, ZIP 2003, 1651, 1653). Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin bei vollständiger Aufklärung sich dennoch für die Anlage entschieden hätte, sind von den Beklagten nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich, so daß
die weiteren Einwendungen der Klägerin gegen den Prospektinhalt dahinstehen können.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil- und Versäumnisurteil
II ZR 21/06 Verkündet am:
3. Dezember 2007
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 276 Cc, 280

a) Über die Nachteile und Risiken eines angebotenen Kapitalanlagemodells muss
der Anlageinteressent in dem Emissionsprospekt zutreffend und vollständig aufgeklärt
werden. Dazu gehört auch, dass er auf Risiken hingewiesen wird, die ausschließlich
Altverträge betreffen, aber dazu führen können, dass die Anlagegesellschaft
in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Ebenso ist das Bestehen eines
Verlustübernahmevertrages mitzuteilen, weil dieser nicht nur die Gefahr des Verlustes
der Anlage heraufbeschwört, sondern zusätzliche Zahlungspflichten auslösen
kann.

b) Ein Prospektfehler ist auch dann ursächlich für die Anlageentscheidung, wenn der
Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der Anlagegesellschaft von den
Anlagevermittlern als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche benutzt
wird. Es kommt bei dieser Sachlage nicht darauf an, ob der Prospekt dem
Anlageinteressenten übergeben worden ist.
BGH, Urteil u. Versäumnisurteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06 -
Saarländisches OLG
LG Saarbrücken
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 15. Dezember 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger unterzeichnete nach August 1999 einen auf den 2. Mai 1999 rückdatierten Zeichnungsschein der S. AG (im Folgenden: S. AG), wonach er sich als stiller Gesellschafter an deren Unternehmenssegment VII beteiligte. Vorstand der S. AG waren zum damaligen Zeitpunkt die Beklagten. Die Gesellschaft, über deren Vermögen mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, befasste sich u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Als Einlage hatte der Kläger 6.000,00 DM sofort und 96.000,00 DM in monatlichen Raten zu je 200,00 DM zu zahlen, jeweils zuzüglich eines 5 %-igen Agios. Dabei sollten Zahlungen, die er schon zuvor für eine Beteiligung an dem dann nicht aufgelegten Unternehmenssegment VIII geleistet hatte, angerechnet werden. Nach der 40-jährigen Laufzeit des Gesellschaftsvertrages sollte das Auseinandersetzungsguthaben in einer Summe ausgezahlt werden. Das Vertragsangebot des Klägers wurde von der S. AG am 22. Dezember 1999 angenommen.
2
In dem rückdatierten Zeichnungsschein bestätigte der Kläger inhaltlich unzutreffend, den Emissionsprospekt Nr. 13.3 der S. AG vom 1. August 1999 erhalten zu haben. Darin wird eine Beteiligung einzelner Unternehmenssegmente der S. AG an der Bankhaus P. & Co. KGaA (im Folgenden : Bankhaus P. ) und ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin P. Beteiligungs GmbH sowie an der S. Bank AG erwähnt. Nicht erwähnt wird, dass einzelne Vorstandsmitglieder der S. AG zugleich Aktionäre des Bankhauses P. waren, dass die S. Bank AG gemäß Handelsregistereinträgen vom 31. August/2. September 1999 auf das Bankhaus P. verschmolzen worden ist und dass die S. AG am 22. September 1999 mit dem Bankhaus P. einen Verlustübernahmevertrag geschlossen hat. Ebenso wenig wird erwähnt, dass sich die S. AG in früheren Verträgen mit stillen Gesellschaftern verpflichtet hatte, das jeweilige Auseinandersetzungsguthaben in Form einer Rente auszuzahlen, und dass ihr diese Rentenzahlung mit Bescheid des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 22. Oktober 1999 untersagt worden ist. Tatsächlich hatte der Kläger zwei bis drei Wochen, nachdem er den ersten Zeichnungsschein bezüglich des Unter- nehmenssegments VIII am 2. Mai 1999 unterschrieben hatte, einen Emissionsprospekt erhalten, der aber nicht identisch ist mit dem Prospekt Nr. 13.3 und von dem Kläger auch nicht vorgelegt worden ist. Den Prospekt Nr. 13.3 hat der Kläger nicht erhalten.
3
Nachdem der Kläger den Gesellschaftsvertrag fristlos gekündigt hat, verlangt er von den Beklagten Schadensersatz in Höhe der von ihm an die S. AG gezahlten 7.730,73 € Zug um Zug gegen Übertragung seines Geschäftsanteils - hilfsweise des Auseinandersetzungsguthabens - und Freistellung von weiteren Zahlungsansprüchen der S. AG. Zur Begründung macht er geltend, über die personellen Verflechtungen mit dem Bankhaus P. , den Verlustübernahmevertrag und den Wegfall der ratierlichen Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben mit der möglichen Folge späterer Liquiditätsengpässe nicht informiert worden zu sein. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Zahlungsanspruchs stattgegeben und sie im Übrigen wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt : Der Kläger hätte nach den Grundsätzen der Prospekthaftung keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten. Zwar seien die Beklagten als die für den Emissionsprospekt der S. AG Verantwortlichen verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass in dem Prospekt oder auf anderem Wege auf den Verlustübernahmevertrag mit dem Bankhaus P. und die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen hingewiesen werde. Die sich daran anknüpfende Prospekthaftung komme aber hier nicht zur Anwendung, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag den Prospekt bei den Vertragsanbahnungsgesprächen gar nicht zur Kenntnis genommen habe. Auch sei nichts für eine durch den Prospekt geschaffene positive Anlagestimmung vorgetragen. Ob der Kläger von dem Anlagevermittler falsch beraten worden sei, könne offen bleiben, denn dafür würden die Beklagten als die Vorstandsmitglieder der S. AG nicht persönlich haften. Eine Haftung aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB, § 264 a StGB schließlich scheide ebenfalls aus, weil der Kläger den Prospekt nicht zur Kenntnis genommen habe.
6
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
7
1. a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Voraussetzungen einer Prospekthaftung im Grundsatz angenommen. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs der gesetzlich geregelten Prospekthaftung, etwa nach § 44 BörsG i.V.m. §§ 13, 8 f, g VerkProspG n.F., muss ein im sog. grauen Kapitalmarkt herausgegebener Emissionsprospekt nach den von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung entwickelten Grundsätzen der Prospekthaftung dem Anlageinteressenten ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, richtig und vollständig dargestellt werden. Ändern sich diese Umstände nach der Herausgabe des Prospekts, haben die Verantwortlichen davon durch Prospektberichtigung oder durch entsprechende Hinweise bei Abschluss des Vertrages Mitteilung zu machen. Werden der Prospekt und die ggf. ergänzend zu erteilenden Hinweise diesen Anforderungen nicht gerecht, hat der auf dieser Grundlage geworbene Anleger, wenn er sich bei Kenntnis der ihm verschwiegenen Umstände nicht beteiligt hätte, gegen den schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Beteiligung (Senat, BGHZ 71, 284, 286 ff.; 79, 337, 340 ff.; 123, 106, 109 f.; Urt. v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813; v. 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, WM 2004, 379, 381; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 929 f.; ebenso VII. Zivilsenat BGHZ 115, 214, 217 f.; im Grundsatz ebenso für die gesetzliche Prospekthaftung nach §§ 44 f. BörsG; Sen.Urt. v. 13. Juli 1982 - II ZR 175/81, WM 1982, 862, und nach § 20 KAGG; BGH, Urt. v. 22. Februar 2005 - XI ZR 359/03, WM 2005, 782, 784).
8
b) Nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger jedenfalls auf die bankrechtlichen Bedenken gegen die in zahlreichen Anlageverträgen der S. AG vereinbarte ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben ("Securente") hingewiesen werden müssen.
9
Dass den für das Anlageprojekt Verantwortlichen - also auch den Beklagten - diese mit der Neufassung des § 1 KWG durch die 6. KWG-Novelle mit Wirkung ab dem 1. Januar 1998 entstandenen Bedenken bewusst gewesen sein müssen und dass sie darauf jedenfalls diejenigen Anleger haben hinweisen müssen, in deren Verträgen dennoch eine ratierliche Auszahlung vorgesehen worden ist, hat der Senat bereits mit Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03 - entschieden (ZIP 2005, 763, 765). Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Bedenken objektiv begründet waren - was aufgrund des Einlen- kens der S. AG in dem gegen die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 22. Oktober 1999 eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren dort nicht geklärt werden konnte. Es reicht vielmehr aus, dass an der Rechtmäßigkeit ernsthafte Zweifel bestanden, da schon diese Zweifel für eine Anlageentscheidung von Bedeutung sein konnten.
10
Diese Hinweispflicht bestand auch gegenüber den Anlegern, die - wie der Kläger - eine Auszahlung in einer Summe wünschten. Denn das aufgrund der Gesetzesänderung entstandene Risiko wirkte sich auch auf die Verträge aus, die von dieser Gesetzesänderung nicht unmittelbar betroffen waren. Wie dem Senat aus zahlreichen Prozessen bekannt ist, hat die S. AG in den Jahren 1998 und 1999 viele Verträge abgeschlossen, in denen eine ratierliche Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens vorgesehen war, ohne dabei auf die bankrechtlichen Bedenken hinzuweisen. Dadurch entstand die nahe liegende Möglichkeit, dass sich zahlreiche Anleger - unter Hinweis auf den Aufklärungsmangel - von ihrem Vertrag lösen und Rückzahlung der schon geleisteten Einlagen verlangen würden. Damit bestand die Gefahr, dass die S. AG in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geraten würde, was durch die mittlerweile erfolgte Insolvenzeröffnung bestätigt wird. Für einen Anleger war es von erheblichem Interesse zu erfahren, ob die Gesellschaft derartige "Altlasten" zu gewärtigen hatte. Denn davon hing die Sicherheit seiner Kapitalanlage ab.
11
c) Weiter hätten unter der Voraussetzung, dass der Kläger den rückdatierten Zeichnungsschein erst nach dem 22. September 1999 unterzeichnet hat, die Beklagten - etwa in Form einer Prospektberichtigung - auf den an diesem Tage geschlossenen Verlustübernahmevertrag der S. AG mit dem Bankhaus P. hinweisen müssen.

12
Nach der Senatsentscheidung vom 6. Oktober 1980 (BGHZ 79, 337, 345) ist aufzuklären über kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen dem Unternehmen, an dem sich der Anlageinteressent beteiligen soll, und einem Unternehmen, in dessen Hand das durchzuführende Vorhaben ganz oder teilweise gelegt wird. Das gleiche gilt bei einer - hier vorliegenden - Verflechtung des Anlageunternehmens mit einem Kreditinstitut, das an der Finanzierung von Beteiligungen mitwirkt. Dieser Aufklärungspflicht ist die S. AG insoweit nachgekommen, als sie in dem Prospekt auf ihre Beteiligung an der S. Bank AG und dem Bankhaus P. sowie dessen persönlich haftender Gesellschafterin hingewiesen hat. Weiter hat sie darin eine Bürgschaft i.H.v. 14 Mio. DM, eine Verpfändung von Kapitalbriefen im Wert von 8,942 Mio. DM und Grundschulden i.H.v. 33,5 Mio. DM, jeweils zugunsten der S. Bank AG, erwähnt. Die Verpflichtung aus dem Verlustübernahmevertrag , auf die nicht hingewiesen wird, geht aber darüber deutlich hinaus. Das damit verbundene Risiko war nicht schon durch die - z.T. durch andere Beteiligungen vermittelte - Mehrheitsbeteiligung der S. AG an dem Bankhaus P. und die übrigen Sicherungsmittel weitgehend abgedeckt. Auch wenn bei dem Bankhaus P. für das Jahr 1999 - wie die Beklagten behaupten - nach der Verschmelzung mit der S. Bank AG nur ein Verlust i.H.v. rund 12 Mio. DM und für die Folgejahre jeweils steigende Gewinne hätten erwartet werden können, ist das mit einer Verlustübernahme verbundene, der Höhe nach unbegrenzte Risiko gefährlicher als das Risiko, lediglich das investierte Beteiligungskapital zu verlieren und aus den der Höhe nach begrenzten Sicherheiten in Anspruch genommen zu werden. Wenn es kein darüber hinausgehendes Risiko gegeben hätte, dann hätte auch kein Anlass bestanden, überhaupt einen Verlustübernahmevertrag abzuschließen. Ob mit einer Inanspruchnahme der S. AG aus dem Verlustübernahmevertrag konkret zu rechnen war, ist unerheblich. Schon die abstrakte Gefahr, bei einem Niedergang des Bankhauses P. in eine unkalkulierbare Haftung zu geraten, stellt einen erheblichen Risikofaktor dar, der sich qualitativ auch von dem Risiko hochspekulativer Beteiligungen, auf die in dem Prospekt hingewiesen wird, unterscheidet. Anders als bei den erwähnten Sicherheiten drohte aufgrund des Verlustübernahmevertrages nicht nur der Verlust des zur Sicherheit eingesetzten Vermögens, sondern eine darüber hinausgehende unbegrenzte Zahlungspflicht.
13
Das mit der Verlustübernahme verbundene Risiko für die Beteiligung der Kläger ist auch nicht etwa deshalb unbeachtlich gewesen, weil die Verlustübernahme dem Unternehmenssegment II der S. AG zugeordnet war und nicht dem für die Beteiligung des Klägers maßgebenden Segment VII. Zwar waren die ggf. anfallenden Verluste zunächst dem Segment II zu belasten. Reichte aber das dort ausgewiesene Vermögen zur Deckung dieser Verluste nicht aus, musste das den anderen Segmenten zugewiesene Vermögen in Anspruch genommen werden, da die S. AG im Außenverhältnis einen einheitlichen Haftungsverbund darstellt. Dementsprechend haben die Verluste des Bankhauses P. auch mit dazu geführt, dass die S. AG in dem Unternehmenssegment VII die vertragsgemäßen Ausschüttungen einstellen musste.
14
d) Ob auch auf die Beteiligung einzelner Vorstandsmitglieder der S. AG an dem Bankhaus P. und die Fusion des Bankhauses P. mit der S. Bank AG hätte hingewiesen werden müssen, bedarf hier keiner Entscheidung.
15
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die aus den Prospektfehlern abzuleitenden Haftungsregeln auch im vorliegenden Fall an- wendbar. Jedenfalls das Verschweigen der bankrechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer ratierlichen Auszahlung von Auseinandersetzungsguthaben war nämlich ursächlich für den Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrages mit dem Kläger, auch wenn der Kläger den Inhalt des Prospekts vor der Vertragsunterzeichnung nicht zur Kenntnis genommen hat und mangels Aushändigung auch nicht zur Kenntnis nehmen konnte.
16
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung , dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; Urt. v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, WM 2003, 1818, 1819 f.; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, WM 2004, 1823; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765; für die gesetzliche Prospekthaftung nach § 44 BörsG i.V.m. §§ 13, 8 f, g VerkProspG n.F. gilt eine Beweislastumkehr nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG). Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Davon ist - wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig angenommen hat - grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat.
17
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Prospekt hier bei dem Vertragsschluss mit dem Kläger Verwendung gefunden. Mit der Anwerbung von stillen Gesellschaftern hatte die S. AG Vermittlungsgesellschaften beauftragt. Die Mitarbeiter dieser Gesellschaften wurden auf der Grundlage des jeweils gültigen Emissionsprospekts der S. AG geschult. Sie waren daher von vornherein darauf festgelegt, die Anlage nur mit den Informationen aus dem Emissionsprospekt zu vertreiben. Auf Risiken, die in dem Prospekt nicht erwähnt waren, konnten sie die Anleger nicht hinweisen. Die Maßgeblichkeit des Prospekts für die Anwerbung der Anleger kommt auch in dem Zeichnungsschein der S. AG zum Ausdruck. Dort heißt es, der Vermittler sei allein befugt, die Beteiligung auf der Grundlage des Zeichnungsscheins , des Gesellschaftsvertrages und des Emissionsprospekts zu vermitteln. Bei dieser Sachlage ergibt sich aus einem Prospektfehler, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht nur eine Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (jetzt §§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB n.F.) i.V.m. § 278 BGB, die für die Beklagten als nicht an dem Vertrag Beteiligte nur unter eingeschränkten Voraussetzungen in Betracht käme (§ 311 Abs. 3 Satz 2 BGB n.F.). Vielmehr wird dieser Fall auch von dem Anwendungsbereich der Prospekthaftung im engeren Sinne erfasst. Dafür reicht aus, dass der Prospekt - wie hier - entsprechend dem Vertriebskonzept der Fondsgesellschaft von den Anlagevermittlern als Arbeitsgrundlage verwendet wird (BGH, Urt. v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1653).
18
Das ist hier geschehen, auch wenn das Berufungsgericht festgestellt hat, der Prospektinhalt sei dem Kläger nicht "mitgeteilt" worden. Dies darf entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1 nicht dahin verstanden werden, der Prospekt habe überhaupt keine Rolle bei der Anwerbung gespielt. Sollen die Anleger bestimmungsgemäß auf der Grundlage des herausgegebenen Prospekts geworben werden, fließt notwendigerweise der Prospektinhalt in das einzelne Werbegespräch ein. Dementsprechend ist der Kläger, dem im Übrigen nicht irgendeine Anlage, sondern eine Beteiligung an dem Unternehmenssegment VII der S. AG vermittelt worden ist, über die in dem Prospekt verschwiegenen Risiken unstreitig nicht unterrichtet worden. Auch wenn der Vermittler dem Kläger nicht alle in dem Prospekt aufgenommenen Einzelheiten "mitgeteilt" hat, war doch dieser Prospekt dem Vertriebskonzept entsprechend die Grundlage des Beratungsgesprächs. Der Prospektmangel setzte sich damit in das Beratungsgespräch hinein fort und wirkte genauso, wie wenn dem Kläger der Pros- pekt rechtzeitig übergeben worden wäre und er kein Gespräch mit dem Anlagevermittler geführt, sondern sich allein aus dem Prospekt informiert hätte.
19
Dem steht die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Haftung eines Wirtschaftsprüfers für Fehler bei der Prüfung eines Emissionsprospekts (Urt. v. 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, ZIP 2007, 1993, Tz. 28 f.; v. 31. Oktober 2007 - III ZR 298/05, z.V.b.) nicht entgegen. Danach setzt die Haftung des Wirtschaftsprüfers voraus, dass der Anlageinteressent den in dem Prospekt erwähnten Prüfbericht auch tatsächlich angefordert hat. Dies ist auf die hier maßgebliche Prospekthaftung schon deswegen nicht übertragbar , weil die Haftung des Wirtschaftsprüfers für unrichtige, in dem Prospekt selbst aber nicht veröffentlichte Testate nicht auf den Grundsätzen der Prospekthaftung , sondern auf einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte beruht (BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 aaO, Tz. 26). Im Übrigen spielt der Prüfbericht in den S. -Fällen keine Rolle als Arbeitsgrundlage der Anlagevermittler, weil ein solcher nicht erstellt ist.
20
3. Alle vier Beklagten sind Prospektverantwortliche i.S. der Senatsrechtsprechung (BGHZ 71, 284, 286 ff.; 79, 337, 340).
21
4. Auf die Beschränkung der Prospekthaftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz gemäß Seite 120 f. des Prospekts können sich die Beklagten schon deshalb nicht berufen, weil der Prospekt dem Kläger nicht ausgehändigt worden ist. Im Übrigen ist diese Beschränkung gemäß § 9 AGBG unwirksam (vgl. Sen.Urt. v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813, 815). Im Anwendungsbereich der §§ 44, 45 Abs. 1 BörsG i.V.m. §§ 8 f, g, 13 VerkProspG n.F. haften die Prospektverantwortlichen zwar nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das ist aber kein Anlass, für die Altfälle von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.
22
5. Die Beklagten trifft ein Verschulden.
23
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Beklagten von Rechtsanwälten oder anderen Gutachtern haben beraten lassen und dabei die Auskunft erhalten haben, die bankrechtlichen Zweifel an der ratierlichen Auszahlung und der Verlustübernahmevertrag begründeten keine Prospektergänzungspflicht. Diese Auskunft wäre vielmehr ein fahrlässiger Beratungsfehler gewesen, der den Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen wäre.
24
Nach der Senatsrechtsprechung ist bei einem Prospektmangel im Regelfall von einem Verschulden der dafür verantwortlichen Personen auszugehen. Eine nähere Prüfung des Verschuldens ist nur dann geboten, wenn Umstände vorgetragen werden, die das Verschulden ausschließen können. Das kann anzunehmen sein, wenn die für die Gesellschaft handelnden Personen irrig davon ausgegangen sind, es bedürfe keines klarstellenden Hinweises an die Anlageinteressenten. Entschuldigend kann ein solcher Rechtsirrtum aber nur dann wirken, wenn die von der Rechtsprechung aufgestellten strengen Voraussetzungen erfüllt sind. Danach muss sich der Verpflichtete mit Sorgfalt um die Klärung der zweifelhaften Frage bemüht haben (Sen.Urt. v. 28. September 1992 - II ZR 224/91, WM 1992, 1892; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765).
25
Diese Anforderungen haben die Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag nicht erfüllt. Es reicht nicht aus, lediglich auf die Einschaltung von Rechtsanwälten und Gutachtern zu verweisen. In dem der Senatsentscheidung vom 28. September 1992 (aaO) zugrunde liegenden Fall hatten die Initiatoren eines Immobilienfonds verschwiegen, dass ein bestimmtes Grundstück noch nicht der KG gehörte. Dem lag die - behauptete - unzutreffende Auskunft des beurkundenden Notars zugrunde, bei der Umwandlung einer GbR in eine KG bedürfe es für die Übertragung des Eigentums an dem bislang der GbR gehörenden Grundstück keiner gesonderten Auflassung. Davon unterscheidet sich der Fall eines - wie hier - bekannten Risikos, bei dem lediglich zu prüfen ist, ob es eine Hinweispflicht auslöst. Bei dieser Prüfung ist der Anwalt Erfüllungsgehilfe der Prospektverantwortlichen.
26
6. Der Schaden des Klägers besteht in seiner gezahlten Einlage abzüglich der Entnahmen (vgl. dazu Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, WM 2004, 1823 f. sowie BGHZ 145, 121, 130 f. und BGH, Urt. v. 8. März 2005 - XI ZR 170/04, ZIP 2005, 802, 803), das sind die von dem Landgericht ausgeurteilten 7.730,73 €.
27
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind auf diesen Schaden im Wege des Vorteilsausgleichs die aufgrund der Anlage erzielten, dauerhaften Steuervorteile anzurechnen, sofern die Ersatzleistung nicht ihrerseits zu versteuern ist (BGHZ 159, 280, 294; Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400; v. 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 257 - "Securenta AG/Göttinger Gruppe II"; ebenso BGH, Urt. v. 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 und v. 24. April 2007 - XI ZR 17/06, BGHZ 172, 147 = ZIP 1200, 1202). Das erscheint auch im vorliegenden Fall bei einer wertenden Betrachtung nicht unbillig. Wie der Kläger nämlich bei seiner mündlichen Anhörung selbst eingeräumt hat, ist ihm von dem Anlagevermittler gesagt worden, der Staat finanziere die Anlage zu 30-40 % mit. Danach ist davon auszugehen, dass der Wunsch nach einer Steuerersparnis zumindest mitur- sächlich für die Anlageentscheidung war. Nach dem Vortrag der Beklagten sind auch Steuervorteile entstanden. Die dem Kläger zugewiesenen Verluste sollen 100 % seiner Einlage ausgemacht haben. Der Einwand des Klägers, die Darlegungs - und Beweislast für die anzurechnenden Steuervorteile treffe die Beklagten , ist zwar grundsätzlich richtig, verkennt aber, dass ihn selbst eine sekundäre Darlegungslast trifft (vgl. Senat, BGHZ 140, 156, 158; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. Vor § 284 Rdn. 34). Nur er verfügt über die insoweit erforderlichen Kenntnisse. Deshalb ist er gehalten, die für die Berechnung der etwaigen Steuervorteile nötigen Daten mitzuteilen. Dazu hat er im Rahmen der wiedereröffneten Berufungsverhandlung Gelegenheit.
28
7. Der Zahlungsanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung ist durch die Einreichung der Klage am 23. Dezember 2002 mit Zustellung am 28./29. Januar 2003 gem. §§ 193, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO gehemmt worden.
29
Ansprüche aus allgemeiner Prospekthaftung verjähren nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages (BGHZ 83, 222; Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 84/99, ZIP 2001, 369). Ob die Sechsmonatsfrist nach der Neufassung des § 46 BörsenG durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010), wonach ab dem 1. Januar 2002 statt der Sechsmonats- eine Einjahresfrist gilt, an das neue Recht anzupassen ist (so Assmann/Wagner, NJW 2005, 3169, 3173), kann offen bleiben. Auch nach der strengeren bisherigen Rechtsprechung ist keine Verjährung eingetreten.
30
Die dreijährige Frist beginnt mit dem Wirksamwerden des Vertrages, also mit Zugang der Vertragsannahmeerklärung. Das rückdatierte Vertragsangebot des Klägers wurde von der S. AG am 22. Dezember 1999 angenommen. Damit war die dreijährige Verjährungsfrist bei Klageeinreichung am Montag , dem 23. Dezember 2002, noch nicht abgelaufen. Dass der Kläger in der Klageschrift eine falsche Vertragsnummer angegeben hat, ist unerheblich. Für die Beklagten war klar, welcher Vertrag nur gemeint sein konnte. Die Klage ist auch demnächst zugestellt worden i.S. des § 167 ZPO. Auf die am 30. Dezember 2002 unterzeichnete Kostenanforderung hat der Kläger am 15. Januar 2003 den Kostenvorschuss überwiesen. Weitere Verzögerungen sind nicht von ihm veranlasst worden.
31
Damit könnte der Anspruch nur verjährt sein, wenn die sechsmonatige - ggf. einjährige - Frist gelten würde. Dem Vortrag der Beklagten, die die Voraussetzungen der Verjährung darzulegen haben, lässt sich indes nicht entnehmen , dass der Kläger früher als sechs Monate vor Klageeinreichung von den Prospektfehlern Kenntnis erhalten hat. Insbesondere reichte dafür der "Newsletter 3/2001" vom 7. August 2001 nicht aus. Darin ist zwar von umfangreichen Sanierungsmaßnahmen der S. AG zugunsten des Bankhauses P. mit der Folge einer Aussetzung der Ausschüttungen an die stillen Gesellschafter die Rede, nicht aber auch davon, dass ein Verlustübernahmevertrag abgeschlossen worden war.
32
III. Der Anspruch des Klägers, ihn von weiteren Zahlungspflichten gegenüber der S. AG freizustellen, ist dagegen verjährt, soweit er auf die Grundsätze der Prospekthaftung gestützt ist.
33
Die Klageerhebung hat die dreijährige Verjährung nicht unterbrochen, weil der Freistellungsanspruch nicht sogleich geltend gemacht worden ist. Zwar unterbricht die Zahlungsklage grundsätzlich auch die Verjährung eines Freistellungsanspruchs (BGH, Urt. v. 27. November 1984 - VI ZR 38/83, NJW 1985, 1152, 1154). Das gilt aber dann nicht, wenn der Freistellungsanspruch zusätzlich zu dem Zahlungsanspruch geltend gemacht wird. Dann handelt es sich zunächst nur um eine Teilklage, durch die die Verjährung des restlichen Anspruchs nicht unterbrochen wird (BGHZ 66, 142, 147; BGH, Urt. v. 2. Mai 2002 - III ZR 135/01, NJW 2002, 2167).
34
Damit kommt es darauf an, ob sich der Freistellungsanspruch auch auf § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264 a StGB stützen lässt. Für den Beginn der auch dabei dreijährigen Verjährungsfrist kommt es auf die Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers von den den Anspruch begründenden Umständen an. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Haftung nach § 826 BGB scheide schon deshalb aus, weil der fehlerhafte Emissionsprospekt nicht Grundlage der Anlageentscheidung des Klägers geworden sei, ist - wie vorstehend ausgeführt - unzutreffend. Das Berufungsgericht hat Gelegenheit, im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung auch insoweit die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 19.05.2004 - 1 O 435/02 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 15.12.2005 - 8 U 330/04-72- -

(1) Eine Vereinbarung, durch die Ansprüche nach den §§ 9, 10, 11, 14 oder 15 im Voraus ermäßigt oder erlassen werden, ist unwirksam.

(2) Weitergehende Ansprüche, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts auf Grund von Verträgen oder unerlaubten Handlungen erhoben werden können, bleiben unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil- und Versäumnisurteil
II ZR 21/06 Verkündet am:
3. Dezember 2007
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 276 Cc, 280

a) Über die Nachteile und Risiken eines angebotenen Kapitalanlagemodells muss
der Anlageinteressent in dem Emissionsprospekt zutreffend und vollständig aufgeklärt
werden. Dazu gehört auch, dass er auf Risiken hingewiesen wird, die ausschließlich
Altverträge betreffen, aber dazu führen können, dass die Anlagegesellschaft
in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Ebenso ist das Bestehen eines
Verlustübernahmevertrages mitzuteilen, weil dieser nicht nur die Gefahr des Verlustes
der Anlage heraufbeschwört, sondern zusätzliche Zahlungspflichten auslösen
kann.

b) Ein Prospektfehler ist auch dann ursächlich für die Anlageentscheidung, wenn der
Prospekt entsprechend dem Vertriebskonzept der Anlagegesellschaft von den
Anlagevermittlern als alleinige Arbeitsgrundlage für ihre Beratungsgespräche benutzt
wird. Es kommt bei dieser Sachlage nicht darauf an, ob der Prospekt dem
Anlageinteressenten übergeben worden ist.
BGH, Urteil u. Versäumnisurteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06 -
Saarländisches OLG
LG Saarbrücken
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 15. Dezember 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger unterzeichnete nach August 1999 einen auf den 2. Mai 1999 rückdatierten Zeichnungsschein der S. AG (im Folgenden: S. AG), wonach er sich als stiller Gesellschafter an deren Unternehmenssegment VII beteiligte. Vorstand der S. AG waren zum damaligen Zeitpunkt die Beklagten. Die Gesellschaft, über deren Vermögen mittlerweile das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, befasste sich u.a. mit dem Erwerb, der Verwaltung und der Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Als Einlage hatte der Kläger 6.000,00 DM sofort und 96.000,00 DM in monatlichen Raten zu je 200,00 DM zu zahlen, jeweils zuzüglich eines 5 %-igen Agios. Dabei sollten Zahlungen, die er schon zuvor für eine Beteiligung an dem dann nicht aufgelegten Unternehmenssegment VIII geleistet hatte, angerechnet werden. Nach der 40-jährigen Laufzeit des Gesellschaftsvertrages sollte das Auseinandersetzungsguthaben in einer Summe ausgezahlt werden. Das Vertragsangebot des Klägers wurde von der S. AG am 22. Dezember 1999 angenommen.
2
In dem rückdatierten Zeichnungsschein bestätigte der Kläger inhaltlich unzutreffend, den Emissionsprospekt Nr. 13.3 der S. AG vom 1. August 1999 erhalten zu haben. Darin wird eine Beteiligung einzelner Unternehmenssegmente der S. AG an der Bankhaus P. & Co. KGaA (im Folgenden : Bankhaus P. ) und ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin P. Beteiligungs GmbH sowie an der S. Bank AG erwähnt. Nicht erwähnt wird, dass einzelne Vorstandsmitglieder der S. AG zugleich Aktionäre des Bankhauses P. waren, dass die S. Bank AG gemäß Handelsregistereinträgen vom 31. August/2. September 1999 auf das Bankhaus P. verschmolzen worden ist und dass die S. AG am 22. September 1999 mit dem Bankhaus P. einen Verlustübernahmevertrag geschlossen hat. Ebenso wenig wird erwähnt, dass sich die S. AG in früheren Verträgen mit stillen Gesellschaftern verpflichtet hatte, das jeweilige Auseinandersetzungsguthaben in Form einer Rente auszuzahlen, und dass ihr diese Rentenzahlung mit Bescheid des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 22. Oktober 1999 untersagt worden ist. Tatsächlich hatte der Kläger zwei bis drei Wochen, nachdem er den ersten Zeichnungsschein bezüglich des Unter- nehmenssegments VIII am 2. Mai 1999 unterschrieben hatte, einen Emissionsprospekt erhalten, der aber nicht identisch ist mit dem Prospekt Nr. 13.3 und von dem Kläger auch nicht vorgelegt worden ist. Den Prospekt Nr. 13.3 hat der Kläger nicht erhalten.
3
Nachdem der Kläger den Gesellschaftsvertrag fristlos gekündigt hat, verlangt er von den Beklagten Schadensersatz in Höhe der von ihm an die S. AG gezahlten 7.730,73 € Zug um Zug gegen Übertragung seines Geschäftsanteils - hilfsweise des Auseinandersetzungsguthabens - und Freistellung von weiteren Zahlungsansprüchen der S. AG. Zur Begründung macht er geltend, über die personellen Verflechtungen mit dem Bankhaus P. , den Verlustübernahmevertrag und den Wegfall der ratierlichen Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben mit der möglichen Folge späterer Liquiditätsengpässe nicht informiert worden zu sein. Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Zahlungsanspruchs stattgegeben und sie im Übrigen wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt : Der Kläger hätte nach den Grundsätzen der Prospekthaftung keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten. Zwar seien die Beklagten als die für den Emissionsprospekt der S. AG Verantwortlichen verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass in dem Prospekt oder auf anderem Wege auf den Verlustübernahmevertrag mit dem Bankhaus P. und die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen hingewiesen werde. Die sich daran anknüpfende Prospekthaftung komme aber hier nicht zur Anwendung, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag den Prospekt bei den Vertragsanbahnungsgesprächen gar nicht zur Kenntnis genommen habe. Auch sei nichts für eine durch den Prospekt geschaffene positive Anlagestimmung vorgetragen. Ob der Kläger von dem Anlagevermittler falsch beraten worden sei, könne offen bleiben, denn dafür würden die Beklagten als die Vorstandsmitglieder der S. AG nicht persönlich haften. Eine Haftung aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB, § 264 a StGB schließlich scheide ebenfalls aus, weil der Kläger den Prospekt nicht zur Kenntnis genommen habe.
6
II. Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
7
1. a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die Voraussetzungen einer Prospekthaftung im Grundsatz angenommen. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs der gesetzlich geregelten Prospekthaftung, etwa nach § 44 BörsG i.V.m. §§ 13, 8 f, g VerkProspG n.F., muss ein im sog. grauen Kapitalmarkt herausgegebener Emissionsprospekt nach den von der Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung entwickelten Grundsätzen der Prospekthaftung dem Anlageinteressenten ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind oder sein können, richtig und vollständig dargestellt werden. Ändern sich diese Umstände nach der Herausgabe des Prospekts, haben die Verantwortlichen davon durch Prospektberichtigung oder durch entsprechende Hinweise bei Abschluss des Vertrages Mitteilung zu machen. Werden der Prospekt und die ggf. ergänzend zu erteilenden Hinweise diesen Anforderungen nicht gerecht, hat der auf dieser Grundlage geworbene Anleger, wenn er sich bei Kenntnis der ihm verschwiegenen Umstände nicht beteiligt hätte, gegen den schuldhaft handelnden Prospektverantwortlichen einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen Zug um Zug gegen Abtretung seiner Beteiligung (Senat, BGHZ 71, 284, 286 ff.; 79, 337, 340 ff.; 123, 106, 109 f.; Urt. v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813; v. 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, WM 2004, 379, 381; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 929 f.; ebenso VII. Zivilsenat BGHZ 115, 214, 217 f.; im Grundsatz ebenso für die gesetzliche Prospekthaftung nach §§ 44 f. BörsG; Sen.Urt. v. 13. Juli 1982 - II ZR 175/81, WM 1982, 862, und nach § 20 KAGG; BGH, Urt. v. 22. Februar 2005 - XI ZR 359/03, WM 2005, 782, 784).
8
b) Nach diesen Grundsätzen hätte der Kläger jedenfalls auf die bankrechtlichen Bedenken gegen die in zahlreichen Anlageverträgen der S. AG vereinbarte ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben ("Securente") hingewiesen werden müssen.
9
Dass den für das Anlageprojekt Verantwortlichen - also auch den Beklagten - diese mit der Neufassung des § 1 KWG durch die 6. KWG-Novelle mit Wirkung ab dem 1. Januar 1998 entstandenen Bedenken bewusst gewesen sein müssen und dass sie darauf jedenfalls diejenigen Anleger haben hinweisen müssen, in deren Verträgen dennoch eine ratierliche Auszahlung vorgesehen worden ist, hat der Senat bereits mit Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03 - entschieden (ZIP 2005, 763, 765). Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Bedenken objektiv begründet waren - was aufgrund des Einlen- kens der S. AG in dem gegen die Untersagungsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen vom 22. Oktober 1999 eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren dort nicht geklärt werden konnte. Es reicht vielmehr aus, dass an der Rechtmäßigkeit ernsthafte Zweifel bestanden, da schon diese Zweifel für eine Anlageentscheidung von Bedeutung sein konnten.
10
Diese Hinweispflicht bestand auch gegenüber den Anlegern, die - wie der Kläger - eine Auszahlung in einer Summe wünschten. Denn das aufgrund der Gesetzesänderung entstandene Risiko wirkte sich auch auf die Verträge aus, die von dieser Gesetzesänderung nicht unmittelbar betroffen waren. Wie dem Senat aus zahlreichen Prozessen bekannt ist, hat die S. AG in den Jahren 1998 und 1999 viele Verträge abgeschlossen, in denen eine ratierliche Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens vorgesehen war, ohne dabei auf die bankrechtlichen Bedenken hinzuweisen. Dadurch entstand die nahe liegende Möglichkeit, dass sich zahlreiche Anleger - unter Hinweis auf den Aufklärungsmangel - von ihrem Vertrag lösen und Rückzahlung der schon geleisteten Einlagen verlangen würden. Damit bestand die Gefahr, dass die S. AG in ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten geraten würde, was durch die mittlerweile erfolgte Insolvenzeröffnung bestätigt wird. Für einen Anleger war es von erheblichem Interesse zu erfahren, ob die Gesellschaft derartige "Altlasten" zu gewärtigen hatte. Denn davon hing die Sicherheit seiner Kapitalanlage ab.
11
c) Weiter hätten unter der Voraussetzung, dass der Kläger den rückdatierten Zeichnungsschein erst nach dem 22. September 1999 unterzeichnet hat, die Beklagten - etwa in Form einer Prospektberichtigung - auf den an diesem Tage geschlossenen Verlustübernahmevertrag der S. AG mit dem Bankhaus P. hinweisen müssen.

12
Nach der Senatsentscheidung vom 6. Oktober 1980 (BGHZ 79, 337, 345) ist aufzuklären über kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen dem Unternehmen, an dem sich der Anlageinteressent beteiligen soll, und einem Unternehmen, in dessen Hand das durchzuführende Vorhaben ganz oder teilweise gelegt wird. Das gleiche gilt bei einer - hier vorliegenden - Verflechtung des Anlageunternehmens mit einem Kreditinstitut, das an der Finanzierung von Beteiligungen mitwirkt. Dieser Aufklärungspflicht ist die S. AG insoweit nachgekommen, als sie in dem Prospekt auf ihre Beteiligung an der S. Bank AG und dem Bankhaus P. sowie dessen persönlich haftender Gesellschafterin hingewiesen hat. Weiter hat sie darin eine Bürgschaft i.H.v. 14 Mio. DM, eine Verpfändung von Kapitalbriefen im Wert von 8,942 Mio. DM und Grundschulden i.H.v. 33,5 Mio. DM, jeweils zugunsten der S. Bank AG, erwähnt. Die Verpflichtung aus dem Verlustübernahmevertrag , auf die nicht hingewiesen wird, geht aber darüber deutlich hinaus. Das damit verbundene Risiko war nicht schon durch die - z.T. durch andere Beteiligungen vermittelte - Mehrheitsbeteiligung der S. AG an dem Bankhaus P. und die übrigen Sicherungsmittel weitgehend abgedeckt. Auch wenn bei dem Bankhaus P. für das Jahr 1999 - wie die Beklagten behaupten - nach der Verschmelzung mit der S. Bank AG nur ein Verlust i.H.v. rund 12 Mio. DM und für die Folgejahre jeweils steigende Gewinne hätten erwartet werden können, ist das mit einer Verlustübernahme verbundene, der Höhe nach unbegrenzte Risiko gefährlicher als das Risiko, lediglich das investierte Beteiligungskapital zu verlieren und aus den der Höhe nach begrenzten Sicherheiten in Anspruch genommen zu werden. Wenn es kein darüber hinausgehendes Risiko gegeben hätte, dann hätte auch kein Anlass bestanden, überhaupt einen Verlustübernahmevertrag abzuschließen. Ob mit einer Inanspruchnahme der S. AG aus dem Verlustübernahmevertrag konkret zu rechnen war, ist unerheblich. Schon die abstrakte Gefahr, bei einem Niedergang des Bankhauses P. in eine unkalkulierbare Haftung zu geraten, stellt einen erheblichen Risikofaktor dar, der sich qualitativ auch von dem Risiko hochspekulativer Beteiligungen, auf die in dem Prospekt hingewiesen wird, unterscheidet. Anders als bei den erwähnten Sicherheiten drohte aufgrund des Verlustübernahmevertrages nicht nur der Verlust des zur Sicherheit eingesetzten Vermögens, sondern eine darüber hinausgehende unbegrenzte Zahlungspflicht.
13
Das mit der Verlustübernahme verbundene Risiko für die Beteiligung der Kläger ist auch nicht etwa deshalb unbeachtlich gewesen, weil die Verlustübernahme dem Unternehmenssegment II der S. AG zugeordnet war und nicht dem für die Beteiligung des Klägers maßgebenden Segment VII. Zwar waren die ggf. anfallenden Verluste zunächst dem Segment II zu belasten. Reichte aber das dort ausgewiesene Vermögen zur Deckung dieser Verluste nicht aus, musste das den anderen Segmenten zugewiesene Vermögen in Anspruch genommen werden, da die S. AG im Außenverhältnis einen einheitlichen Haftungsverbund darstellt. Dementsprechend haben die Verluste des Bankhauses P. auch mit dazu geführt, dass die S. AG in dem Unternehmenssegment VII die vertragsgemäßen Ausschüttungen einstellen musste.
14
d) Ob auch auf die Beteiligung einzelner Vorstandsmitglieder der S. AG an dem Bankhaus P. und die Fusion des Bankhauses P. mit der S. Bank AG hätte hingewiesen werden müssen, bedarf hier keiner Entscheidung.
15
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die aus den Prospektfehlern abzuleitenden Haftungsregeln auch im vorliegenden Fall an- wendbar. Jedenfalls das Verschweigen der bankrechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit einer ratierlichen Auszahlung von Auseinandersetzungsguthaben war nämlich ursächlich für den Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrages mit dem Kläger, auch wenn der Kläger den Inhalt des Prospekts vor der Vertragsunterzeichnung nicht zur Kenntnis genommen hat und mangels Aushändigung auch nicht zur Kenntnis nehmen konnte.
16
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats entspricht es der Lebenserfahrung , dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGHZ 79, 337, 346; Urt. v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, WM 2003, 1818, 1819 f.; v. 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930; v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, WM 2004, 1823; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765; für die gesetzliche Prospekthaftung nach § 44 BörsG i.V.m. §§ 13, 8 f, g VerkProspG n.F. gilt eine Beweislastumkehr nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG). Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Davon ist - wie das Berufungsgericht im Ansatz richtig angenommen hat - grundsätzlich dann auszugehen, wenn der Prospekt bei dem konkreten Vertragsschluss keine Verwendung gefunden hat.
17
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Prospekt hier bei dem Vertragsschluss mit dem Kläger Verwendung gefunden. Mit der Anwerbung von stillen Gesellschaftern hatte die S. AG Vermittlungsgesellschaften beauftragt. Die Mitarbeiter dieser Gesellschaften wurden auf der Grundlage des jeweils gültigen Emissionsprospekts der S. AG geschult. Sie waren daher von vornherein darauf festgelegt, die Anlage nur mit den Informationen aus dem Emissionsprospekt zu vertreiben. Auf Risiken, die in dem Prospekt nicht erwähnt waren, konnten sie die Anleger nicht hinweisen. Die Maßgeblichkeit des Prospekts für die Anwerbung der Anleger kommt auch in dem Zeichnungsschein der S. AG zum Ausdruck. Dort heißt es, der Vermittler sei allein befugt, die Beteiligung auf der Grundlage des Zeichnungsscheins , des Gesellschaftsvertrages und des Emissionsprospekts zu vermitteln. Bei dieser Sachlage ergibt sich aus einem Prospektfehler, anders als das Berufungsgericht gemeint hat, nicht nur eine Haftung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss (jetzt §§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB n.F.) i.V.m. § 278 BGB, die für die Beklagten als nicht an dem Vertrag Beteiligte nur unter eingeschränkten Voraussetzungen in Betracht käme (§ 311 Abs. 3 Satz 2 BGB n.F.). Vielmehr wird dieser Fall auch von dem Anwendungsbereich der Prospekthaftung im engeren Sinne erfasst. Dafür reicht aus, dass der Prospekt - wie hier - entsprechend dem Vertriebskonzept der Fondsgesellschaft von den Anlagevermittlern als Arbeitsgrundlage verwendet wird (BGH, Urt. v. 14. Juli 2003 - II ZR 202/02, ZIP 2003, 1651, 1653).
18
Das ist hier geschehen, auch wenn das Berufungsgericht festgestellt hat, der Prospektinhalt sei dem Kläger nicht "mitgeteilt" worden. Dies darf entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1 nicht dahin verstanden werden, der Prospekt habe überhaupt keine Rolle bei der Anwerbung gespielt. Sollen die Anleger bestimmungsgemäß auf der Grundlage des herausgegebenen Prospekts geworben werden, fließt notwendigerweise der Prospektinhalt in das einzelne Werbegespräch ein. Dementsprechend ist der Kläger, dem im Übrigen nicht irgendeine Anlage, sondern eine Beteiligung an dem Unternehmenssegment VII der S. AG vermittelt worden ist, über die in dem Prospekt verschwiegenen Risiken unstreitig nicht unterrichtet worden. Auch wenn der Vermittler dem Kläger nicht alle in dem Prospekt aufgenommenen Einzelheiten "mitgeteilt" hat, war doch dieser Prospekt dem Vertriebskonzept entsprechend die Grundlage des Beratungsgesprächs. Der Prospektmangel setzte sich damit in das Beratungsgespräch hinein fort und wirkte genauso, wie wenn dem Kläger der Pros- pekt rechtzeitig übergeben worden wäre und er kein Gespräch mit dem Anlagevermittler geführt, sondern sich allein aus dem Prospekt informiert hätte.
19
Dem steht die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Haftung eines Wirtschaftsprüfers für Fehler bei der Prüfung eines Emissionsprospekts (Urt. v. 14. Juni 2007 - III ZR 125/06, ZIP 2007, 1993, Tz. 28 f.; v. 31. Oktober 2007 - III ZR 298/05, z.V.b.) nicht entgegen. Danach setzt die Haftung des Wirtschaftsprüfers voraus, dass der Anlageinteressent den in dem Prospekt erwähnten Prüfbericht auch tatsächlich angefordert hat. Dies ist auf die hier maßgebliche Prospekthaftung schon deswegen nicht übertragbar , weil die Haftung des Wirtschaftsprüfers für unrichtige, in dem Prospekt selbst aber nicht veröffentlichte Testate nicht auf den Grundsätzen der Prospekthaftung , sondern auf einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte beruht (BGH, Urt. v. 14. Juni 2007 aaO, Tz. 26). Im Übrigen spielt der Prüfbericht in den S. -Fällen keine Rolle als Arbeitsgrundlage der Anlagevermittler, weil ein solcher nicht erstellt ist.
20
3. Alle vier Beklagten sind Prospektverantwortliche i.S. der Senatsrechtsprechung (BGHZ 71, 284, 286 ff.; 79, 337, 340).
21
4. Auf die Beschränkung der Prospekthaftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz gemäß Seite 120 f. des Prospekts können sich die Beklagten schon deshalb nicht berufen, weil der Prospekt dem Kläger nicht ausgehändigt worden ist. Im Übrigen ist diese Beschränkung gemäß § 9 AGBG unwirksam (vgl. Sen.Urt. v. 14. Januar 2002 - II ZR 40/00, WM 2002, 813, 815). Im Anwendungsbereich der §§ 44, 45 Abs. 1 BörsG i.V.m. §§ 8 f, g, 13 VerkProspG n.F. haften die Prospektverantwortlichen zwar nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das ist aber kein Anlass, für die Altfälle von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.
22
5. Die Beklagten trifft ein Verschulden.
23
Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich die Beklagten von Rechtsanwälten oder anderen Gutachtern haben beraten lassen und dabei die Auskunft erhalten haben, die bankrechtlichen Zweifel an der ratierlichen Auszahlung und der Verlustübernahmevertrag begründeten keine Prospektergänzungspflicht. Diese Auskunft wäre vielmehr ein fahrlässiger Beratungsfehler gewesen, der den Beklagten gemäß § 278 BGB zuzurechnen wäre.
24
Nach der Senatsrechtsprechung ist bei einem Prospektmangel im Regelfall von einem Verschulden der dafür verantwortlichen Personen auszugehen. Eine nähere Prüfung des Verschuldens ist nur dann geboten, wenn Umstände vorgetragen werden, die das Verschulden ausschließen können. Das kann anzunehmen sein, wenn die für die Gesellschaft handelnden Personen irrig davon ausgegangen sind, es bedürfe keines klarstellenden Hinweises an die Anlageinteressenten. Entschuldigend kann ein solcher Rechtsirrtum aber nur dann wirken, wenn die von der Rechtsprechung aufgestellten strengen Voraussetzungen erfüllt sind. Danach muss sich der Verpflichtete mit Sorgfalt um die Klärung der zweifelhaften Frage bemüht haben (Sen.Urt. v. 28. September 1992 - II ZR 224/91, WM 1992, 1892; v. 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765).
25
Diese Anforderungen haben die Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag nicht erfüllt. Es reicht nicht aus, lediglich auf die Einschaltung von Rechtsanwälten und Gutachtern zu verweisen. In dem der Senatsentscheidung vom 28. September 1992 (aaO) zugrunde liegenden Fall hatten die Initiatoren eines Immobilienfonds verschwiegen, dass ein bestimmtes Grundstück noch nicht der KG gehörte. Dem lag die - behauptete - unzutreffende Auskunft des beurkundenden Notars zugrunde, bei der Umwandlung einer GbR in eine KG bedürfe es für die Übertragung des Eigentums an dem bislang der GbR gehörenden Grundstück keiner gesonderten Auflassung. Davon unterscheidet sich der Fall eines - wie hier - bekannten Risikos, bei dem lediglich zu prüfen ist, ob es eine Hinweispflicht auslöst. Bei dieser Prüfung ist der Anwalt Erfüllungsgehilfe der Prospektverantwortlichen.
26
6. Der Schaden des Klägers besteht in seiner gezahlten Einlage abzüglich der Entnahmen (vgl. dazu Sen.Urt. v. 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, WM 2004, 1823 f. sowie BGHZ 145, 121, 130 f. und BGH, Urt. v. 8. März 2005 - XI ZR 170/04, ZIP 2005, 802, 803), das sind die von dem Landgericht ausgeurteilten 7.730,73 €.
27
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind auf diesen Schaden im Wege des Vorteilsausgleichs die aufgrund der Anlage erzielten, dauerhaften Steuervorteile anzurechnen, sofern die Ersatzleistung nicht ihrerseits zu versteuern ist (BGHZ 159, 280, 294; Sen.Urt. v. 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, ZIP 2004, 1394, 1400; v. 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 257 - "Securenta AG/Göttinger Gruppe II"; ebenso BGH, Urt. v. 17. November 2005 - III ZR 350/04, ZIP 2006, 573 und v. 24. April 2007 - XI ZR 17/06, BGHZ 172, 147 = ZIP 1200, 1202). Das erscheint auch im vorliegenden Fall bei einer wertenden Betrachtung nicht unbillig. Wie der Kläger nämlich bei seiner mündlichen Anhörung selbst eingeräumt hat, ist ihm von dem Anlagevermittler gesagt worden, der Staat finanziere die Anlage zu 30-40 % mit. Danach ist davon auszugehen, dass der Wunsch nach einer Steuerersparnis zumindest mitur- sächlich für die Anlageentscheidung war. Nach dem Vortrag der Beklagten sind auch Steuervorteile entstanden. Die dem Kläger zugewiesenen Verluste sollen 100 % seiner Einlage ausgemacht haben. Der Einwand des Klägers, die Darlegungs - und Beweislast für die anzurechnenden Steuervorteile treffe die Beklagten , ist zwar grundsätzlich richtig, verkennt aber, dass ihn selbst eine sekundäre Darlegungslast trifft (vgl. Senat, BGHZ 140, 156, 158; Zöller/Greger, ZPO 26. Aufl. Vor § 284 Rdn. 34). Nur er verfügt über die insoweit erforderlichen Kenntnisse. Deshalb ist er gehalten, die für die Berechnung der etwaigen Steuervorteile nötigen Daten mitzuteilen. Dazu hat er im Rahmen der wiedereröffneten Berufungsverhandlung Gelegenheit.
28
7. Der Zahlungsanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung ist durch die Einreichung der Klage am 23. Dezember 2002 mit Zustellung am 28./29. Januar 2003 gem. §§ 193, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO gehemmt worden.
29
Ansprüche aus allgemeiner Prospekthaftung verjähren nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem der Gesellschafter von dem Prospektfehler Kenntnis erlangt, spätestens drei Jahre nach dem Abschluss des Gesellschafts- oder Beitrittsvertrages (BGHZ 83, 222; Sen.Urt. v. 18. Dezember 2000 - II ZR 84/99, ZIP 2001, 369). Ob die Sechsmonatsfrist nach der Neufassung des § 46 BörsenG durch das 4. Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2010), wonach ab dem 1. Januar 2002 statt der Sechsmonats- eine Einjahresfrist gilt, an das neue Recht anzupassen ist (so Assmann/Wagner, NJW 2005, 3169, 3173), kann offen bleiben. Auch nach der strengeren bisherigen Rechtsprechung ist keine Verjährung eingetreten.
30
Die dreijährige Frist beginnt mit dem Wirksamwerden des Vertrages, also mit Zugang der Vertragsannahmeerklärung. Das rückdatierte Vertragsangebot des Klägers wurde von der S. AG am 22. Dezember 1999 angenommen. Damit war die dreijährige Verjährungsfrist bei Klageeinreichung am Montag , dem 23. Dezember 2002, noch nicht abgelaufen. Dass der Kläger in der Klageschrift eine falsche Vertragsnummer angegeben hat, ist unerheblich. Für die Beklagten war klar, welcher Vertrag nur gemeint sein konnte. Die Klage ist auch demnächst zugestellt worden i.S. des § 167 ZPO. Auf die am 30. Dezember 2002 unterzeichnete Kostenanforderung hat der Kläger am 15. Januar 2003 den Kostenvorschuss überwiesen. Weitere Verzögerungen sind nicht von ihm veranlasst worden.
31
Damit könnte der Anspruch nur verjährt sein, wenn die sechsmonatige - ggf. einjährige - Frist gelten würde. Dem Vortrag der Beklagten, die die Voraussetzungen der Verjährung darzulegen haben, lässt sich indes nicht entnehmen , dass der Kläger früher als sechs Monate vor Klageeinreichung von den Prospektfehlern Kenntnis erhalten hat. Insbesondere reichte dafür der "Newsletter 3/2001" vom 7. August 2001 nicht aus. Darin ist zwar von umfangreichen Sanierungsmaßnahmen der S. AG zugunsten des Bankhauses P. mit der Folge einer Aussetzung der Ausschüttungen an die stillen Gesellschafter die Rede, nicht aber auch davon, dass ein Verlustübernahmevertrag abgeschlossen worden war.
32
III. Der Anspruch des Klägers, ihn von weiteren Zahlungspflichten gegenüber der S. AG freizustellen, ist dagegen verjährt, soweit er auf die Grundsätze der Prospekthaftung gestützt ist.
33
Die Klageerhebung hat die dreijährige Verjährung nicht unterbrochen, weil der Freistellungsanspruch nicht sogleich geltend gemacht worden ist. Zwar unterbricht die Zahlungsklage grundsätzlich auch die Verjährung eines Freistellungsanspruchs (BGH, Urt. v. 27. November 1984 - VI ZR 38/83, NJW 1985, 1152, 1154). Das gilt aber dann nicht, wenn der Freistellungsanspruch zusätzlich zu dem Zahlungsanspruch geltend gemacht wird. Dann handelt es sich zunächst nur um eine Teilklage, durch die die Verjährung des restlichen Anspruchs nicht unterbrochen wird (BGHZ 66, 142, 147; BGH, Urt. v. 2. Mai 2002 - III ZR 135/01, NJW 2002, 2167).
34
Damit kommt es darauf an, ob sich der Freistellungsanspruch auch auf § 826 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264 a StGB stützen lässt. Für den Beginn der auch dabei dreijährigen Verjährungsfrist kommt es auf die Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis des Klägers von den den Anspruch begründenden Umständen an. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Haftung nach § 826 BGB scheide schon deshalb aus, weil der fehlerhafte Emissionsprospekt nicht Grundlage der Anlageentscheidung des Klägers geworden sei, ist - wie vorstehend ausgeführt - unzutreffend. Das Berufungsgericht hat Gelegenheit, im Rahmen der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung auch insoweit die noch erforderlichen Feststellungen zu treffen.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 19.05.2004 - 1 O 435/02 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 15.12.2005 - 8 U 330/04-72- -

(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.

(2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere

1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen;
3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen;
4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen;
5.
Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend.

(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Das Gericht hat erforderliche vorbereitende Maßnahmen rechtzeitig zu veranlassen.

(2) Zur Vorbereitung jedes Termins kann der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts insbesondere

1.
den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
2.
Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung amtlicher Auskünfte ersuchen;
3.
das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen;
4.
Zeugen, auf die sich eine Partei bezogen hat, und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden sowie eine Anordnung nach § 378 treffen;
5.
Anordnungen nach den §§ 142, 144 treffen.

(3) Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 und, soweit die Anordnungen nicht gegenüber einer Partei zu treffen sind, 5 sollen nur ergehen, wenn der Beklagte dem Klageanspruch bereits widersprochen hat. Für die Anordnungen nach Absatz 2 Nr. 4 gilt § 379 entsprechend.

(4) Die Parteien sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen. Wird das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet, so gelten die Vorschriften des § 141 Abs. 2, 3.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.