Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2018 - 3 StR 330/18

bei uns veröffentlicht am18.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 330/18
vom
18. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:181018U3STR330.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Oktober 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Gericke als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tiemann, Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Richter am Landgericht - in der Verhandlung -, Staatsanwältin - bei der Verkündung - als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 20. März 2018 im Rechtsfolgenausspruch dahin ergänzt, dass 30 Kilogramm Amphetamin, die im Verfahren gegen den Angeklagten am 15. Juli 2017 sichergestellt worden sind, eingezogen werden.
Die Kosten des Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und den Wert der Taterträge in Höhe von 1.350 € eingezogen. Eine Einziehung der tatgegenständlichen Betäubungsmittel hat das Landgericht - ausweislich der Urteilsgründe versehentlich - nicht angeordnet. Hiergegen wendet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die auf die unterbliebene Einziehung der Betäubungsmittel beschränkt ist.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beförderte der Angeklagte als Beifahrer des von seiner Freundin gesteuerten Fahrzeugs 30 Kilogramm Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 4,1 Kilogramm Amphetaminbase über die Grenze nach Deutschland. Die Einfuhr nahm er im Auftrag eines Dritten vor, der das eingeführte Rauschmittel gewinnbringend weiterverkaufen wollte.
3
2. Die Staatsanwaltschaft hat die Revision wirksam auf die Nichtanordnung der Einziehung beschränkt. Zwar ist eine Beschränkung des Rechtsmittels auf die Einziehung nicht wirksam, wenn diese als Nebenstrafe Teil der Strafzumessung ist und deshalb eine Entscheidung über die Einziehung nicht möglich ist, ohne zugleich die Höhe der Strafe zu erörtern (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 1992 - 1 StR 618/92, NStZ 1993, 400). Doch hat die Einziehung der Betäubungsmittel nach § 33 Satz 1 BtMG, die Gegenstand der Tat selbst waren (sogenannte Beziehungsgegenstände [jetzt: Tatobjekte] - vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 1991 - 1 StR 731/90, NStZ 1991, 496; vom 17. März 2010 - 2 StR 67/10, NStZ 2011, 100), keinen Straf-, sondern lediglich Sicherungscharakter. Betäubungsmittel sind gefährliche Gegenstände , deren Verwendung sich in dem Gebrauch erschöpft, auf deren Verhinderung die Straftatbestände des Betäubungsmittelgesetzes abzielen (vgl. MüKoStGB/Oğlakcıoğlu, 3. Aufl., § 33 BtMG Rn. 147; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 423). Ihre Einziehung berührt mithin die Bemessung der Strafhöhe nicht. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die Sicherstellung der Betäubungsmittel, die damit dem Verkehr entzogen werden, einen bestimmenden Strafzumessungsgrund darstellt. Denn diese liegt zeitlich vor der endgültigen Einziehung und ist vorliegend vom Landgericht auch bei der Strafzumessung berücksichtigt worden.
4
3. Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Die versehentlich unterbliebene Entscheidung über die Einziehung des sichergestellten Rauschgiftes stellt einen Verstoß gegen § 33 Satz 1 BtMG dar. Die Rückgabe der sichergestellten großen Menge Betäubungsmittel an den Angeklagten würde eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten (vgl. § 74 Abs. 3 Sätze 1 und 2, § 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB).
5
Der Senat kann in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Urteilsspruch um die Anordnung der Einziehung ergänzen. Zwar steht die Einziehung der tatbetroffenen Betäubungsmittel im Ermessen des Tatrichters. Doch kann das Revisionsgericht auch in solchen Fällen ausnahmsweise selbst entscheiden, wenn nach den Umständen des Falles eine Ausübung des Ermessens dahin, dass die beschlagnahmten Sachen wieder freigegeben werden, nicht ohne Rechtsfehler möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1975 - 3 StR 4/71 I, BGHSt 26, 258, 266 mwN). Das ist vorliegend angesichts der Gefährlichkeit der großen Menge des Rauschmittels Amphetamin der Fall (vgl. auch BGH, Urteil vom 30. September 1986 - 1 StR 497/86, NStE Nr. 1 zu § 33 BtMG; MüKoStGB/Oğlakcıoğlu, 3. Aufl., § 33 BtMG Rn. 161).
Gericke Spaniol Tiemann Berg Hoch

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Referenzen - Gesetze

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Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 33 Einziehung


Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 74b Sicherungseinziehung


(1) Gefährden Gegenstände nach ihrer Art und nach den Umständen die Allgemeinheit oder besteht die Gefahr, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, können sie auch dann eingezogen werden, wenn 1. der Täter oder Teilnehmer ohne Schuld

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Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Gefährden Gegenstände nach ihrer Art und nach den Umständen die Allgemeinheit oder besteht die Gefahr, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden, können sie auch dann eingezogen werden, wenn

1.
der Täter oder Teilnehmer ohne Schuld gehandelt hat oder
2.
die Gegenstände einem anderen als dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 wird der andere aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes des eingezogenen Gegenstandes angemessen in Geld entschädigt. Das Gleiche gilt, wenn der eingezogene Gegenstand mit dem Recht eines anderen belastet ist, das durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtigt ist.

(3) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn

1.
der nach Absatz 2 Entschädigungsberechtigte
a)
mindestens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass der Gegenstand als Tatmittel verwendet worden oder Tatobjekt gewesen ist, oder
b)
den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder
2.
es nach den Umständen, welche die Einziehung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, dem Entschädigungsberechtigten den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand ohne Entschädigung dauerhaft zu entziehen.
Abweichend von Satz 1 kann eine Entschädigung jedoch gewährt werden, wenn es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 32 bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.