Bundesgerichtshof Urteil, 18. Okt. 2018 - 3 StR 292/18

bei uns veröffentlicht am18.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 292/18
vom
18. Oktober 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Geiselnahme u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:181018B3STR292.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Oktober 2018, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Gericke als Vorsitzender,
Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Spaniol, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tiemann, Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 19. Februar 2018 im Strafausspruch hinsichtlich des Falles II.1. der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geiselnahme in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung und wegen Führens einer Waffe ohne die dafür erforderliche Erlaubnis unter Einbeziehung der mit Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 16. März 2016 verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
2
Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge gestützten Revision, die aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO ist.
3
Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte und - wie die Auslegung der Begründung ergibt - wirksam auf den Strafausspruch im Fall II.1. der Urteilsgründe und den Gesamtstrafenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat hingegen mit der Sachrüge Erfolg.
4
I. Nach den vom Landgericht zu Fall II. 1. der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen führte der vielfach vorbestrafte Angeklagte mit der Nebenklägerin eine intime Beziehung, die von Streit, wiederholten Trennungen und anschließenden Versöhnungen geprägt war. Beleidigungen und Bedrohungen des Angeklagten gegenüber der Nebenklägerin waren "an der Tagesordnung". Nachdem sie sich von ihm getrennt hatte, lauerte der Angeklagte an einem nicht genau bestimmbaren Tag zwischen dem 16. und dem 31. März 2013 der Nebenklägerin auf, als sie aus einem Friseursalon heraustrat und zu ihrem Auto gehen wollte. Er näherte sich ihr unbemerkt von hinten, drückte ihr eine - möglicherweise funktionsunfähige, von ihr für echt gehaltene - Pistole in den Rücken und zwang sie mit der Drohung, er werde ihr anderenfalls in die Beine schießen, in sein Auto einzusteigen. Sodann nahm er ihr das Handy weg und fuhr sie auf einen einsamen Landwirtschaftsweg, um sie dort unter Ausnutzung der Situation zum Geschlechtsverkehr zu zwingen. Dort angekommen versuchte der Angeklagte zunächst, die Nebenklägerin zu küssen und "sie für sich zu gewinnen". Als sie ihn abwies und unter einiger Anstrengung mit den Händen von sich schob, drohte er ihr damit, sie zu töten, wenn sie sich weiter widersetze. Sodann fasste er ihr zwischen die Beine, schob den Beifahrersitz nach hinten und kurbelte die Rückenlehne zurück. Wiederholt äußerte die Nebenklägerin , dass er dies lassen solle; sie war indes aufgrund der Drohung so verängstigt , dass sie trotz entgegenstehenden Willens keinen weiteren Widerstand mehr leistete, als der Angeklagte ihre Hose und Unterhose herunterzog, sich auf sie legte und sodann den ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss durchführte. Danach fuhr der Angeklagte die Nebenklägerin zu ihrem Fahrzeug zurück. Das Handy gab er ihr zurück.
5
II. Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall II.1. der Urteilsgründe einer Geiselnahme in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung (§ 239b Abs. 1 StGB, § 177 Abs.1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 StGB aF, § 52 StGB) schuldig gesprochen und die Tat als einen minder schweren Fall im Sinne von § 239b Abs. 2 in Verbindung mit § 239a Abs. 2 StGB und im Sinne von § 177 Abs. 5 StGB aF gewertet; überdies hat es die Indizwirkung des Regelbeispiels des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF als widerlegt angesehen und deshalb die Sperrwirkung der Strafuntergrenze des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB aF verneint.
6
1. Die Gründe, mit denen das Landgericht einen minder schweren Fall bejaht und die Indizwirkung des Regelbeispiels verneint hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
a) Die Strafzumessung und die Wahl des Strafrahmens sind allerdings grundsätzlich Sache des Tatgerichts, dessen Aufgabe es ist, auf Grund der Hauptverhandlung die wesentlichen be- und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen.Das Revisionsgericht kann nach ständiger Rechtsprechung nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN).
8
Beim Zusammentreffen eines Regelbeispiels nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF mit einer Qualifikation gemäß § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB aF gilt für die Strafrahmenwahl Folgendes:
9
Auch in einer solchen Konstellation ist die Annahme eines minder schweren Falles nach § 177 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB aF grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Dies ist bereits für das Zusammentreffen des Regelbeispiels mit der Qualifikation nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF entschieden (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2000 - 3 StR 363/99, NStZ 2000, 254); nichts anderes kann für die Qualifikation nach § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB aF gelten.
10
Allerdings muss der Tatrichter bei Annahme eines minder schweren Falles nach § 177 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB aF die Strafuntergrenze des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB aF beachten, sofern dieser Strafrahmen auch ohne das Vorliegen der Qualifikation gegeben wäre; anderenfalls wäre ein Täter, der neben einem Regelbeispiel einen Qualifikationstatbestand erfüllt, günstiger gestellt als derjenige, der kein qualifizierendes Merkmal verwirklicht. Ein Absehen vom Regelstrafrahmen des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB aF kommt in derartigen Fällen, in denen der Täter durch die Erfüllung des Qualifikationstatbestandes zusätzliches gravierendes Unrecht auf sich geladen hat, nur bei Vorliegen ganz außergewöhnlich mildernder Umstände in Betracht. Dementsprechend sind an die gebotene Gesamtwürdigung besonders strenge Anforderungen zu stellen, wenn der Tatrichter die Untergrenze des Strafrahmens des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB aF unterschreiten will (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juni 2003 - 3 StR 60/03, NStZ 2004, 32, 33 und vom 12. Juni 2008 - 3 StR 154/08, NStZ-RR 2008, 338, 339). Dabei genügt die bloße Bezugnahme auf die Erwägungen, die zur Annahme des minder schweren Falles nach § 177 Abs. 5 Halbsatz 2 StGB aF geführt haben, nicht; vielmehr muss sich das Tatgericht mit dem systematischen Zusammenhang zwischen dem Qualifikationstatbestand , der nur eine sexuelle Nötigung im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB aF, nicht aber eine Vergewaltigung im Sinne des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF voraussetzt, und dem Regelbeispiel auseinandersetzen und zu erkennen geben, dass es bedacht hat, dass in solchen Fällen eine Entkräftung der Regelwirkung nur ausnahmsweise bei ganz außergewöhnlichen Milderungsgründen in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2011 - 5 StR 403/10, NStZ-RR 2011, 141, 142 für das Zusammentreffen des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF mit der Qualifikation des § 177 Abs. 4 StGB aF).
11
b) Den vorgenannten Maßstäben wird die Begründung des Landgerichts nicht gerecht: Das Urteil nimmt bei der Strafrahmenwahl jeweils Bezug auf die vorangestellten generell bedeutsamen Strafzumessungsgesichtspunkte, ohne auf die Besonderheiten der vorliegenden Konstellation einzugehen. Danach lassen die Urteilsgründe erkennen, dass das Landgericht die geringen Tatfolgen für das Tatopfer, die lange Verfahrensdauer und den Umstand, dass die Tat bereits vier Jahre zurückliegt, deren Begehung "im sozialen Nahraum" und die Entschuldigung des Angeklagten zu seinen Gunsten bedacht hat; demgegenüber hat es zu seinen Lasten die Verwirklichung von zwei Straftatbeständen und "zwei Varianten" des "Tatbestandes der schweren Vergewaltigung" (tatsächlich lassen die Feststellungen nur die Erfüllung von § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB aF erkennen), die Ejakulation in den Körper der Nebenklägerin ohne Kondom sowie "nur in geringem Umfang" die 17 Vorbelastungen zur Tatzeit gewürdigt.
12
Die gebotene Auseinandersetzung mit dem systematischen Zusammenhang des Regelbeispiels des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF und der Qualifikation des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB aF lässt das Urteil dabei jedoch vermissen. Mit dem Umstand, dass das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF bereits durch erniedrigende Handlungen, wie etwa dem Eindringen eines Fingers in den Körper verwirklicht sein kann, die konkrete Tat jedoch deutlich über die Mindestanforderungen hinausging, setzt sich das Landgericht nicht auseinander. Auch fehlt in diesem Zusammenhang eine Erörterung des Umstandes, dass das Tatunrecht durch die zugleich verwirklichte Geiselnahme gemäß § 239b Abs. 1 StGB geprägt wurde und der Angeklagte zwei Varianten des § 177 Abs. 1 StGB aF erfüllte.
13
Dazu, dass außergewöhnliche Milderungsgründe vorlägen, die gleichwohl die Annahme eines atypischen und die Regelwirkung entkräftenden Tatgeschehens tragen könnten, verhält sich das Urteil nicht; vielmehr begegnen die Erwägungen zu Strafzumessungsgesichtspunkten zugunsten des Angeklagten teilweise durchgreifenden Bedenken. So hat das Tatgericht bei der Strafrahmenwahl rechtsfehlerhaft zugunsten des Angeklagten gewertet, dass dieser der Nebenklägerin weder Verletzungen noch Schmerzen zugefügt und sie objektiv nicht in die Gefahr gebracht habe, erschossen zu werden. Damit hat es allein in der Nichterfüllung eines weiteren Straftatbestandes (§ 223 StGB) bzw.
dem Nichtvorliegen weiterer strafschärfender Qualifikationen (§ 177 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. b StGB aF) strafmildernde Umstände erblickt, obwohl diese weder notwendig noch typischerweise mit den durchschnittlich vorkommenden Fällen der Vergewaltigung oder der Geiselnahme einhergehen.
14
2. Das Urteil beruht auf den aufgezeigten Fehlern, da nicht auszuschließen ist, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung nicht auf einen minder schweren Fall erkannt und die Indizwirkung des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF nicht als entkräftet angesehen hätte.
15
Die Aufhebung des Strafausspruchs im Fall II.1. der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
16
III. Das nunmehr zuständige Tatgericht wird Gelegenheit haben, Feststellungen zum Vollstreckungsstand der Geldstrafe zu treffen, zu der das Amtsgericht Oldenburg den Angeklagten mit Strafbefehl vom 18. September 2015 verurteilt hat. Dieser Vorverurteilung käme, sollte sie noch nicht erledigt sein, Zäsurwirkung mit der Folge zu, dass aus der für die Tat II.1. der Urteilsgründe zu verhängenden Einzelstrafe, der Strafe aus dem Strafbefehl vom 18. September 2015 und den Einzelstrafen aus der Verurteilung vom 16. März 2016 eine Gesamtstrafe zu bilden wäre, während die Einzelstrafe aus der Tat II.2. der Urteilsgründe daneben bestehen bliebe.
Gericke Spaniol Tiemann
Berg Hoch

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Strafgesetzbuch - StGB | § 52 Tateinheit


(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 239a Erpresserischer Menschenraub


(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung ges

Strafgesetzbuch - StGB | § 239b Geiselnahme


(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu ein

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Nötigung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) § 239a Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um die Sorge des Opfers um sein Wohl oder die Sorge eines Dritten um das Wohl des Opfers zu einer Erpressung (§ 253) auszunutzen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Erpressung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod des Opfers, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wenn der Täter das Opfer unter Verzicht auf die erstrebte Leistung in dessen Lebenskreis zurückgelangen läßt. Tritt dieser Erfolg ohne Zutun des Täters ein, so genügt sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu erreichen.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 154/08
vom
12. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juni 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 16. Januar 2008
a) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte der besonders schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung" zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zum Nachteil des Angeklagten eingelegte, wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft beanstandet die Verletzung materiellen Rechts. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
2
I. Das Landgericht ist von der Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB ausgegangen. Es hat die Voraussetzungen des § 177 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB bejaht und die Tat als minder schweren Fall gemäß § 177 Abs. 5 2. Halbs. StGB gewertet. Den sich aus dieser Vorschrift unmittelbar ergebenden Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe hat es gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert und die konkrete Strafe einem Strafrahmen von drei Monaten bis zu sieben Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe entnommen.
3
Dies begegnet mehreren durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken:
4
1. Bereits die Bestimmung der Untergrenze des Strafrahmens an sich ist rechtsfehlerhaft.
5
Da der Angeklagte das Regelbeispiel des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB verwirklicht hat, wäre die Strafe, wenn die Tat nicht nach § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB qualifiziert wäre, grundsätzlich dem Strafrahmen dieser Vorschrift zu entnehmen gewesen. Dessen Untergrenze von zwei Jahren hat der Tatrichter bei der Annahme eines minder schweren Falles nach § 177 Abs. 5 2. Halbs. StGB zu beachten, wenn die Regelwirkung des § 177 Abs. 2 Satz 1 StGB nicht ausnahmsweise aufgrund ganz außergewöhnlich mildernder - im vorliegenden Fall indes vom Landgericht nicht erörterter und in der Sache fern liegender - Umstände entfällt (vgl. BGH NStZ 2004, 32, 33). Andernfalls entstünde ein Wertungswiderspruch , weil derjenige Täter, der neben einem Regelbeispiel einen Qualifikationstatbestand erfüllt, günstiger gestellt wäre als derjenige, der kein Qualifikationsmerkmal verwirklicht (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 5 Strafrahmenwahl 2, 3). Bei einer Milderung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB liegt die Untergrenze des Strafrahmens danach nicht wie vom Landgericht angenommen bei drei sondern bei sechs Monaten.
6
2. Die Ausführungen des Landgerichts zur erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten belegen die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht; sie lassen insbesondere besorgen, die Strafkammer habe die Aufgabenverteilung zwischen Gericht und Sachverständigem verkannt.
7
Die richterliche Entscheidung, ob die Fähigkeit des Angeklagten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 StGB bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert ist, erfolgt in einem aus mehreren Schritten bestehenden Verfahren (vgl. im Einzelnen BGH NStZ-RR 2007, 74; Boetticher/Nedopil/Bosinski/Saß NStZ 2005, 57). Zunächst ist die Feststellung erforderlich, dass bei dem Angeklagten eine psychische Störung vorliegt, die unter eines der psychopathologischen Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist. Sodann sind der Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Angeklagten zu untersuchen; es ist festzustellen, ob, in welcher Weise und in welchem Umfang sie sich auf dessen Tatverhalten ausgewirkt hat. Hierzu wird der Richter häufig auf die Hilfe eines Sachverständigen angewiesen sein und von diesem Ausführungen zur Diagnose einer psychischen Störung, zu deren Schweregrad und deren innerer Beziehung zur Tat erwarten. Gleichwohl handelt es sich bei der Bejahung eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB und bei der Annahme eingeschränkter Schuldfähigkeit - insbesondere der auch normativ geprägten Beurteilung der Erheblichkeit der Einschränkung von Einsichts - oder Steuerungsfähigkeit - um Rechtsfragen. Der Tatrichter hat die Darlegungen des Sachverständigen daher zu überprüfen und rechtlich zu bewerten. Außerdem ist er verpflichtet, seine Entscheidung in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise zu begründen.
8
Daran mangelt es hier. Das angefochtene Urteil beschränkt sich im Wesentlichen darauf, das Ergebnis des Sachverständigengutachtens zu referieren und sich diesem pauschal anzuschließen. Die Urteilsgründe enthalten schon keine Ausführungen dazu, welches Eingangsmerkmal des § 20 StGB die Strafkammer als gegeben ansieht. Die psychiatrische Diagnose eines Störungsbildes ist jedoch nicht mit einem solchen Merkmal gleichzusetzen. Dies gilt insbesondere , wenn der Befund wie im vorliegenden Fall auf eine "emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus" lautet; denn dieses Krankheitsbild lässt für sich genommen eine Aussage über die Schuldfähigkeit des Täters nicht zu (vgl. etwa BGHSt 42, 385, 388; BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit 36; Fischer, StGB 55. Aufl. § 20 Rdn. 41 m. w. N.). Für die sich an die Subsumtion unter ein Eingangsmerkmal des § 20 StGB anschließende Frage, ob die Schuldfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB erheblich eingeschränkt ist, lassen sich den Urteilsgründen ebenfalls keine eigenen Erwägungen der Strafkammer entnehmen; auch solche wären erforderlich gewesen (vgl. BGHR StGB § 21 Seelische Abartigkeit 40).
9
Die Strafe muss daher neu zugemessen werden.
10
II. Der Senat hat den Tenor des landgerichtlichen Urteils den Urteilsgründen entsprechend dahin neu gefasst, dass der Angeklagte der besonders schweren Vergewaltigung schuldig ist (vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4). Dieser bloßen Berichtigung eines offensichtlichen Fassungsversehens steht die aufgrund der Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch eingetretene Rechtskraft des Schuldspruchs nicht entgegen (vgl. Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 354 Rdn. 47; Schoreit in KK 5. Aufl. § 260 Rdn. 14).
11
III. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
12
Zwar ist ein minder schwerer Fall nach § 177 Abs. 5 StGB auch dann nicht ausgeschlossen, wenn der Täter den Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 4 StGB und ein Regelbeispiel nach § 177 Abs. 2 Satz 2 StGB verwirklicht (vgl. BGH NStZ 2004, 32, 33). Jedoch ist bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung , ob das gesamte Tatbild vom Durchschnitt der gewöhnlich vorhandenen Fälle so sehr abweicht, dass die Anwendung des milderen Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint, im vorliegenden Fall über die vom Landgericht herangezogenen Umstände hinaus auch zu würdigen, dass der Angeklagte mit der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB einen weiteren Straftatbestand verwirklicht hat. Hierauf ist bei der Zumessung der konkreten Strafe ebenfalls Bedacht zu nehmen.
13
Stellt der Tatrichter zur Begründung eines minder schweren Falles und bei der konkreten Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten auf den "Beziehungshintergrund" der Tat und darauf ab, dass die bei dieser durchgeführten Sexualpraktiken in der Beziehung zu der Geschädigten üblich gewesen seien, ist dies jedenfalls dann bedenklich, wenn die Tat im Wesentlichen Ausdruck des Unwillens des Angeklagten war, nach der Beendigung der Beziehung durch die Geschädigte "alte Rechte" aufzugeben, oder einen bestrafenden Charakter hatte (vgl. BGHR StGB § 177 Abs. 2 Strafrahmenwahl 19; BGH NStZ 2000, 254; Fischer aaO § 177 Rdn. 91 m. w. N.). Beide Alternativen liegen nach den Feststellungen nicht fern. RiBGH von Lienen befindet sich im Urlaub und ist dahergehindert zu unterschreiben. Becker Miebach Becker RiBGH Hubert befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Schäfer

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Nötigung ausnutzt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) § 239a Abs. 2 bis 4 gilt entsprechend.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.