Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2014 - 2 StR 465/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen schweren Bandendiebstahls in 16 Fällen und versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Den Angeklagten Z. hat es wegen schweren Bandendiebstahls in 17 Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft mit einer Verfahrensrüge sowie der Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensbeanstandung Erfolg.
- 2
- 1. Der Rüge liegt Folgendes zugrunde:
- 3
- Nach Beginn der Hauptverhandlung wurde auf Anregung des Verteidigers des Angeklagten M. die Hauptverhandlung unterbrochen und es wurde ein „Rechtsgespräch“ geführt, das nicht zu einer „Einigung“ führte. Nach erneutem Aufruf der Sache gab der Vorsitzende bekannt, dass bei einer geständigen Einlassung des Angeklagten M. die Gesamtfreiheitsstrafe für die angeklagten Taten eine Obergrenze von sieben Jahren nicht überschreiten werde; bei einer geständigen Einlassung des Angeklagten Z. werde die Obergrenze der Gesamtfreiheitsstrafe fünf Jahre nicht übersteigen. Nach einer erneuten Unterbrechung der Hauptverhandlung erklärten die Verteidiger, dass ihre Mandanten am nächsten Verhandlungstag eine Äußerung zur Sache abgeben werden. Dies geschah, indem die Verteidiger Erklärungen für ihre Mandanten abgaben, diese die Richtigkeit bestätigten und ergänzende Fragen beantworteten.
- 4
- Im Urteil hat das Landgericht ausgeführt, dass den Geständnissen der Angeklagten „eine Verständigung nach § 257c StPO“ vorausgegangen sei.
- 5
- Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer - der Sache nach zuungunsten der Angeklagten eingelegten - Revision, es sei ein Verfahren betrieben worden, das „sämtliche Kriterien“ für eine gesetzeskonforme Verständigung nicht erfülle.
- 6
- 2. Eine wirksame Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch liegt angesichts des umfassenden Aufhebungsantrags und der Revisionsbegründung , die den Schuld- und Strafausspruch gleichermaßen betrifft, nicht vor.
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- 3. Die Rüge ist begründet; sie wirkt gemäß § 301 StPO auch zugunsten der Angeklagten.
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- a) Die Regelung des § 257c Abs. 1 Satz 1 StPO gestattet eine Verständigung nur nach dieser Vorschrift. Danach kommt eine Verständigung in der Hauptverhandlung zustande, wenn das Gericht ankündigt, wie die Verständigung aussehen könnte (§ 257c Abs. 3 Satz 1 StPO), und wenn der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft zustimmen (§ 257c Abs. 3 Satz 4 StPO). Ein solcher Ablauf hat nach dem durch das Protokoll der Hauptverhandlung belegten Vortrag der Beschwerdeführerin nicht stattgefunden. Insbesondere die für das Zustandekommen der Verständigung notwendigen Zustimmungserklärungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sind nicht erklärt worden.
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- b) Das Urteil beruht nicht nur im Strafausspruch, sondern auch im Schuldspruch auf dem fehlerhaften Verfahren; denn die Geständnisse der Angeklagten , die zunächst durch die Verteidiger formuliert und sodann von ihnen ergänzt wurden, können durch das rechtsfehlerhafte Verfahren beeinflusst sein. Fischer Schmitt Krehl Eschelbach Zeng
Annotations
Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.
(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.
(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.
(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.