Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2008 - 1 StR 183/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern (in Tateinheit) mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in zehn Fällen bei Einzelstrafen von jeweils einem Jahr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt (1.). Die Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge allein dagegen, dass von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen wurde. Das wirksam beschränkte (2.) Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg (3.).
- 2
- 1. a) Der zum Zeitpunkt des landgerichtlichen Urteils 42 Jahre alte Angeklagte ist mehrfach vorbestraft. Insbesondere wurde er im Jahr 1984 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen, sexueller Nötigung in zwei Fällen sowie exhibitionistischer Handlungen in sieben Fällen zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie im Jahr 1986 wegen sexueller Nötigung und versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
- 3
- b) Nach den der jetzigen Verurteilung zugrunde liegenden Feststellungen des Landgerichts brachte der Angeklagte im Zeitraum von Dezember 2005 bis Mai 2006 seine 13 Jahre alte Stieftochter in zehn Fällen dazu, ihn im gemeinsam bewohnten Haus jeweils in Abwesenheit seiner Ehefrau manuell sexuell zu befriedigen. Bei einigen Taten fasste er dem Mädchen an die Brust. Versuche, auch die Scheide zu berühren und seine Stieftochter zum Oralverkehr zu bewegen , scheiterten an deren Ablehnung. Wegen einer beim Angeklagten bestehenden multiplen Störung der Sexualpräferenz (mit exhibitionistischen Denkund Verhaltensweisen, einer Neigung zu postpubertierenden jungen Mädchen und einer gesteigerten sexuellen Appetenz) hat das insofern sachverständig beratene Landgericht eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit nicht ausschließen können und deshalb jeweils den Strafrahmen gemäß § 49 StGB gemildert.
- 4
- c) Das Landgericht hat von einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus abgesehen, weil es die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht sicher hat feststellen können. Es hat in diesem Zusammenhang jedoch ausgeführt , der Angeklagte benötige "dringend eine psychotherapeutische Behandlung zur Aufarbeitung der bei ihm vorliegenden multiplen Störung der Sexualpräferenz". Er solle "sich deshalb in der Haft so schnell wie möglich um die Aufnahme in eine sozialtherapeutische Abteilung" bemühen. Denn es bestehe auch unter Berücksichtigung der früheren Delinquenz des Angeklagten eine ungünstige Kriminalprognose, wobei die unter Berücksichtigung der früher begangenen Straftaten anzunehmende Entwicklung erneute sexuelle Gewaltdelikte einschließe und ein Wechsel in eine andere Deliktskategorie bzw. Opfergruppe wahrscheinlich sei.
- 5
- d) Zur Frage der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hat das Landgericht sich auf den Satz beschränkt, für eine allein nach § 66 Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Betracht kommende Anordnung sehe es "derzeit noch keine Veranlassung".
- 6
- 2. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Revision wirksam auf die Frage der Anordnung der Sicherungsverwahrung beschränkt. Denn zwischen Strafe und nicht angeordneter Maßregel nach § 66 StGB besteht - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen (vgl. BGH NStZ 1994, 280, 281; NJW 1997, 875) abgesehen - grundsätzlich keine der Rechtsmittelbeschränkung entgegenstehende Wechselwirkung (vgl. BGH NStZ 2007, 212, 213).
- 7
- 3. Das Urteil hat hinsichtlich der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung Bestand. Entgegen der Ansicht der Revision lassen die Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit erkennen, dass und aus welchen Gründen das Landgericht von einer Unterbringung des Angeklagten abgesehen hat. Es ist damit seiner sachlich-rechtlichen Begründungspflicht (vgl. BGH NStZ 1999, 473 m.w.N.) in für den Senat gerade noch hinnehmbarer Weise nachgekommen. Ob es auch prozessual zu Ausführungen verpflichtet gewesen wäre, vermag der Senat nicht zu prüfen, da die Voraussetzungen des § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO sich weder aus dem Urteil ergeben, noch von der Revision mittels einer Verfahrensrüge vorgetragen worden sind.
- 8
- a) Das Landgericht hat ersichtlich sämtliche Anordnungstatbestände des § 66 StGB geprüft und ist zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass eine Unterbringung des Angeklagten allein nach § 66 Abs. 2 StGB in Betracht kam. Aus der gewählten Formulierung, dass dies "in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB" der Fall wäre, entnimmt der Senat, dass das Landgericht neben den for- mellen Voraussetzungen auch einen beim Angeklagten bestehenden Hang bejaht hat.
- 9
- b) Die Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung lag damit im landgerichtlichen Ermessen, dessen Ausübung der Kontrolle durch das Revisionsgericht weitgehend entzogen ist. Auch insoweit müssen die Urteilsgründe jedoch erkennen lassen, dass und weswegen von der eingeräumten Entscheidungsbefugnis in einer bestimmten Weise Gebrauch gemacht worden ist (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung 2 und 4). Diesem Erfordernis hat das Landgericht ebenfalls noch entsprochen.
- 10
- aa) Die vorgenommene Abgrenzung zu den übrigen, teilweise als Mussbestimmung ausgestalteten Eingriffstatbeständen des § 66 StGB und die gewählte Formulierung, derzeit noch keine Veranlassung für eine Anordnung zu sehen, versteht der Senat so, dass das Landgericht sich des ihm eingeräumten Ermessens bewusst war (vgl. BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung
5).
- 11
- bb) Den Urteilsgründen lässt sich insgesamt entnehmen, dass dem Landgericht bei seiner Ermessensentscheidung die von ihm gestellte negative Kriminalprognose nicht aus dem Blick geraten ist. Es hat "derzeit noch keine Veranlassung" für eine Unterbringung des Angeklagten gesehen und mithin - bezogen auf den maßgeblichen Urteilszeitpunkt - die multiple Störung der Sexualpräferenz als noch nicht derart gravierend eingeschätzt, dass der daraus erwachsenden Gefährdung der Allgemeinheit mit der Sicherungsverwahrung begegnet werden müsste. Vielmehr hat das Landgericht eine psychotherapeutische Behandlung des Angeklagten in einer geeigneten Justizvollzugsanstalt zwar als "dringend" notwendig, diese aber wiederum im Verhältnis zu der unmit- telbar im Anschluss daran erwogenen Unterbringung nach § 66 Abs. 2 StGB offenbar als ausreichend angesehen. Es hat damit letztlich die für seine Ermessensentscheidung bestimmenden Gesichtspunkte noch hinreichend klar erkennen lassen. Nack Wahl Elf Graf Sander
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(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- 1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die - a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, - b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder - c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
- 2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, - 3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und - 4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.
(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.