Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2017 - NotZ (Brfg) 6/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:130317BNOTZ.BRFG.6.16.0
13.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Senats für Notarsachen des Kammergerichts vom 14. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 BNotO). Das Kammergericht hat zu Recht angenommen, dass die Bewertung der im Zulassungsverfahren alleine noch relevanten Aufsichtsarbeit F 20-45 gerichtlicher Nachprüfung standhält.

2

1. Im Ergebnis zutreffend ist das Kammergericht zunächst davon ausgegangen, dass die Kritik der Korrektoren an der vom Kläger in der Klausur vorgenommenen Zuordnung des Anteils des M an der M-Grundbesitz GbR zum Privatvermögen des M nicht zu beanstanden ist.

3

a) Im Streit um die Rechtmäßigkeit der Bewertung einer einzelnen Teilprüfungsleistung sind Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle die angefochtenen Ursprungsbewertungen in der Gestalt, die sie durch die Stellungnahmen der Prüfer im Überdenkungsverfahren erhalten haben (VGH Mannheim, Urteil vom 8. März 1994 - 9 S 484/82, Rn. 19, juris; Unger, Möglichkeit und Grenzen der Anfechtbarkeit juristischer (Staats-) Prüfungen, 2016, S. 563 mwN; vgl. auch BVerwGE 91, 262, 270 ff.). Im Streitfall ist mithin nicht (nur) darauf abzustellen, dass der Erstprüfer, dessen Ausführungen sich insoweit auch die Zweitprüferin angeschlossen hat, die Zuordnung des GbR-Anteils zum Privatvermögen des M als "Lapsus" bezeichnet hat, sondern (auch) darauf, dass er im Überdenkungsverfahren ergänzend ausgeführt hat, "die diesbezüglichen Ausführungen des Widerspruchsführers [seien] spekulativ", der Sachverhalt grenze den Bereich der Unternehmen des M und der diesen Unternehmen die Betriebsgrundstücke verpachtenden Grundbesitz-GbR bewusst von der privaten Vermögenslage des M ab. Auch wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die Annahme der Korrektoren, die Ausführungen des Klägers seien spekulativ, auch dessen für die Bewertung der Klausur nicht relevanten Begründungsansätze im Widerspruch mit in den Blick nimmt, wurde dem Kläger damit auch im Hinblick auf die Klausur selbst der Vorwurf gemacht, ohne vertretbare Begründung zu einem in der Sache fernliegenden Ergebnis gekommen zu sein, was als falsch zu bewerten sei. Diese Bewertung trifft zu.

4

b) Die Beurteilung eines Prüfers, der Prüfling sei ohne vertretbare Begründung zu einem in der Sache fernliegenden Ergebnis gekommen, weshalb die Lösung falsch sei, richtet sich nach fachwissenschaftlichen Kriterien und unterliegt damit im Grundsatz der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl., Rn. 879). Denn bei berufsbezogenen Prüfungen wie der notariellen Fachprüfung folgt schon aus Art. 12 Abs. 1 GG, dass der Prüfling davor geschützt ist, dass eine vertretbare und von ihm mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung als falsch gewertet wird (vgl. BVerfGE 84, 34, 55).

5

Im Streitfall erweist sich die dargestellte Bewertung aber als zutreffend. Nach der Aufgabenstellung berichtet M dem Notar bezüglich seiner unternehmerischen Tätigkeit von seinem einzelkaufmännischen Unternehmen "Getränke-Service M", seiner Mehrheitsbeteiligung an der "M Mineralbrunnen GmbH" und seiner Beteiligung an der "M-Grundbesitz GbR", die Grundbesitz, nämlich das Betriebsgelände, an den "Getränke-Service M" und die "Mineralbrunnen GmbH" verpachte. In Bezug auf sein Privatvermögen berichtet er dem Notar von seinem Kommanditanteil an der "ImmoInvest GmbH & Co. KG", seinem früheren Elternhaus sowie dem im gemeinsamen Eigentum von ihm und F stehenden Mehrfamilienhaus. F führt unter anderem aus, auch sie halte eine Teilhabe "z.B. an der Steigerung des Unternehmenswertes" im Falle der Scheidung für nicht gerechtfertigt. Bereits dies legt nahe, dass der Anteil an der GbR, als deren Vermögen nur das Grundstück bekannt ist, das als Betriebsgrundstück unmittelbar M's unternehmerischen Zwecken dient, nach dem Willen von M und F dem Teil des Vermögens von M zugeordnet werden soll, dessen Zuwachs im Falle der Scheidung nicht zugewinnausgleichserhöhend wirken soll. Gewichtige Gründe, warum die Zuordnung des GbR-Anteils zum ggf. zugewinnausgleichsrelevanten (Privat-)Vermögen dennoch den Interessen von M und F besser entsprechen soll, finden sich in der insoweit allein maßgeblichen Klausurlösung des Klägers nicht. Warum der Umstand, dass die GbR Pachteinnahmen erzielt, für die Frage relevant sein soll, ob M und F den GbR-Anteil dem zugewinnausgleichsrelevanten Vermögen entziehen wollen oder nicht, erschließt sich nicht. Warum der vom Kläger herangezogenen Tatsache, dass es sich bei der Grundeigentümergesellschaft um eine GbR handelt, insoweit Bedeutung zukommen soll, lässt sich den Ausführungen des Klägers in der Klausur nicht nachvollziehbar entnehmen, noch versteht es sich von selbst. Über die vom Kläger schließlich bemühte Verwendung der Pachteinnahmen sagt der Sachverhalt schon überhaupt nichts aus; die diesbezüglichen Annahmen sind - wie die Korrektoren zutreffend angenommen haben - damit spekulativ.

6

2. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Annahme der Korrektoren, es fehlten Ausführungen zum Ausschluss der Abänderbarkeit der gewünschten Unterhaltsvereinbarung.

7

a) Gegenstand des Vorwurfs der Korrektoren ist das (gänzliche) Fehlen von gutachterlichen Ausführungen zum Ausschluss der Abänderbarkeit der gewünschten Unterhaltsvereinbarung. Zwar haben sie das im Überdenkungsverfahren mit der vom Kläger für unzutreffend erachteten Erwägung begründet, bei Zugrundelegung von § 239 FamFG sei die Vereinbarung insbesondere dann abänderbar, wenn sich die Vermögensverhältnisse des M erheblich verschlechterten. Entgegen der Auffassung des Klägers änderte sich dadurch aber der Inhalt des an ihn gerichteten Vorwurfs nicht dahingehend, er habe § 239 FamFG nicht erwähnt; Inhalt der Rüge blieb auch im Überdenkungsverfahren, der Kläger habe sich im Gutachten mit der Frage nach der Erforderlichkeit einer Vereinbarung zum Ausschluss der Abänderbarkeit überhaupt nicht befasst. Dieser Vorwurf ist nicht zu beanstanden.

8

b) Nach der Aufgabenstellung war zu den für die Eheleute in Betracht kommenden vertraglichen Gestaltungen und - unter anderem - ihren Vor- und Nachteilen gutachterlich Stellung zu nehmen. Bestehen, was der Kläger nicht in Abrede stellt, hinsichtlich der Abänderbarkeit/Unabänderbarkeit der Unterhaltsvereinbarung unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten, so liegt es auf der Hand, dass sich die Kandidaten auch mit diesem Gesichtspunkt gutachterlich zu befassen hatten; denn die Frage, ob und wie die Abänderbarkeit/Unabänderbarkeit der Unterhaltsvereinbarung im konkreten Fall in sinnvoller Weise zu regeln ist, betrifft unmittelbar den Inhalt der zu entwerfenden Vereinbarung.

Galke      

        

von Pentz      

        

Offenloch

        

Strzyz      

        

Brose-Preuß      

        

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 239 Abänderung von Vergleichen und Urkunden


(1) Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig,

Bundesnotarordnung - BNotO | § 111d Berufung


Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Oberlandesgericht oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile, Grundurteile und Zwischenurteile über die Zulässigkeit steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Oberlandesgericht oder vom Bundesgerichtshof zugelassen wird. Für das Berufungsverfahren gilt der Zwölfte Abschnitt der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass das Oberlandesgericht an die Stelle des Verwaltungsgerichts und der Bundesgerichtshof an die Stelle des Oberverwaltungsgerichts tritt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen.

(2) Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.