Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Okt. 2014 - IX ZA 20/14
Bundesgerichtshof
Tenor
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Der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 4a Abs. 2 Satz 1 InsO, hilfsweise auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 12. Mai 2014 (Nr. 2 bis 4) wird abgelehnt.
Gründe
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I.
- 1
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Die Schuldnerin befindet sich, nachdem das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen mit Beschluss vom 12. April 2012 aufgehoben wurde, in der Wohlverhaltensperiode. Am 30. Dezember 2013 ordnete das Insolvenzgericht die Nachtragsverteilung bezüglich des Anspruchs der Schuldnerin auf Rückzahlung einer Mietkaution in Höhe von 794,29 € an, die frei geworden war, weil das Mietverhältnis über die von der Schuldnerin während des Insolvenzverfahrens gemietete Wohnung geendet hatte. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht ihr die Kosten für das Beschwerdeverfahren gestundet, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren abgelehnt, die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Zur Durchführung der beabsichtigten Rechtsbeschwerde beantragt die Schuldnerin die Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts gemäß § 4a Abs. 2 Satz 1 InsO, hilfsweise die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beiordnung eines Rechtsanwalts.
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II.
- 2
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1. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 4a Abs. 2 InsO kommt nicht in Betracht. Die Vorschriften der §§ 4a ff InsO über die Stundung der Verfahrenskosten sind auf die besonderen, in Rechtsbehelfsverfahren anfallenden Kosten nicht anwendbar. Gemäß § 4 InsO kann insoweit nur Prozesskostenhilfe nach den Bestimmungen der Zivilprozessordnung (§§ 114 ff ZPO) gewährt und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 121 ZPO ein Rechtsanwalt beigeordnet werden (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - IX ZB 221/02, NZI 2002, 574, 575; MünchKomm-InsO/Ganter/Lohmann, 3. Aufl., § 4a Rn. 4; Jaeger/Eckardt, InsO, § 4a Rn. 75 ff; HK-InsO/Kirchhof, 7. Aufl., § 4a Rn. 15; Uhlenbruck/Mock, InsO, 13. Aufl., § 4a Rn. 5, 37; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 4a Rn. 14; aA LG Bochum, NZI 2003, 164, 166 f). Im Übrigen würde die Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 4a Abs. 2 Satz 1 InsO die Stundung der Verfahrenskosten für diesen Verfahrensabschnitt voraussetzen, welche die Schuldnerin aber nicht beantragt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2007 - IX ZB 94/06, NZI 2007, 418 Rn. 3 mwN).
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2. Die Voraussetzungen für die hilfsweise begehrte Prozesskostenhilfe mit Beiordnung eines Rechtsanwalts liegen nicht vor. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 4
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a) Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde wäre nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Sie könnte im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch in zulässiger Weise eingelegt werden, weil der Prozesskostenhilfeantrag am letzten Tag der Rechtsbeschwerdefrist per Telefax beim Bundesgerichtshof eingegangen ist und nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgreich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden könnte.
- 5
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b) In der Sache hat die beabsichtigte Rechtsbeschwerde jedoch keine Aussicht auf Erfolg.
- 6
-
aa) Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der Nachtragsverteilung mit Recht zurückgewiesen. Rechtsgrundlage der Anordnung ist § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Nach dieser Norm ist eine Nachtragsverteilung anzuordnen, wenn nach dem Schlusstermin Gegenstände der Masse ermittelt werden.
- 7
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(1) Bei dem während der Wohlverhaltensperiode fällig gewordenen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution handelt es sich um einen Gegenstand der (früheren) Insolvenzmasse. Der Anspruch entstand - aufschiebend bedingt durch das Ende des Mietverhältnisses und die Rückgabe der Mietsache -, als die Schuldnerin die Kaution stellte (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Juli 1982 - VIII ARZ 3/82, BGHZ 84, 345, 349). Dies geschah zu einem Zeitpunkt, bevor das Insolvenzverfahren aufgehoben wurde. Der Schuldnerin stand daher noch während des Insolvenzverfahrens ein Anwartschaftsrecht zu (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., Einf. v. § 158 Rn. 9), das zur Masse gehörte (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2005 - IX ZB 17/04, WM 2006, 147, 148; Flöther/Wehner in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 109 Rn. 19; Jaeger/Henkel, InsO, § 35 Rn. 90; HK-InsO/Ries, 7. Aufl., § 35 Rn. 9; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 35 Rn. 267; Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2014, § 35 Rn. 81; zu Steuererstattungsansprüchen vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 - IX ZB 239/04, ZIP 2006, 340 Rn. 11 ff; Jaeger/Henckel, aaO § 35 Rn. 109).
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(2) Die Forderung auf Rückzahlung der Mietkaution gilt auch als nach dem Schlusstermin ermittelt. Dem steht nicht entgegen, dass der aufschiebend bedingte Anspruch dem Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens bereits bekannt war. Denn unter die weit auszulegende Norm des § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO fallen auch Forderungen, die dem Verwalter bekannt waren, die aber von ihm noch nicht verwertet werden konnten (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2005, aaO; vom 6. Dezember 2007 - IX ZB 229/06, WM 2008, 305 Rn. 6; vom 26. Januar 2012 - IX ZB 111/10, WM 2012, 366 Rn. 22 f).
- 9
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(3) Rechtsfehler des Beschwerdegerichts bei der Beurteilung nach § 203 Abs. 3 Satz 1 InsO sind nicht erkennbar.
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bb) Die Ablehnung des Antrags der Schuldnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren ist ebenfalls nicht zu beanstanden, weil die sofortige Beschwerde der Schuldnerin - wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt - keine Aussicht auf Erfolg hatte (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO), und § 4a Abs. 2 InsO keine Anwendung findet.
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Vill Gehrlein Lohmann
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Fischer Grupp
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(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken. Die Stundung nach Satz 1 umfasst auch die Kosten des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan und des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 1 vorliegt. Liegt ein solcher Grund vor, ist eine Stundung ausgeschlossen.
(2) Werden dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet, so wird ihm auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. § 121 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Stundung bewirkt, dass
- 1.
die Bundes- oder Landeskasse - a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten, - b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen den Schuldner geltend machen kann; - 2.
der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen den Schuldner nicht geltend machen kann.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken. Die Stundung nach Satz 1 umfasst auch die Kosten des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan und des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 1 vorliegt. Liegt ein solcher Grund vor, ist eine Stundung ausgeschlossen.
(2) Werden dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet, so wird ihm auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. § 121 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Stundung bewirkt, dass
- 1.
die Bundes- oder Landeskasse - a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten, - b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen den Schuldner geltend machen kann; - 2.
der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen den Schuldner nicht geltend machen kann.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 22.357 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Die B. hatte gegen die Schuldnerin eine Insolvenzforderung , die sie in Höhe von insgesamt 417.812,02 € zur Tabelle anmeldete. Die Schuldnerin hatte der Bank als Sicherheit die Rechte aus einer Kapitallebensversicherung und eine Darlehensforderung abgetreten. Dies war dem weiteren Beteiligten, dem Treuhänder, in dem am 22. Dezember 2000 eröffneten vereinfachten Insolvenzverfahren bekannt geworden und in seinem Schlussbericht vermerkt worden. Im Schlusstermin wurde festgestellt, dass sich eine Schlussverteilung erübrige, da keine Masse zu verteilen sei. Sodann wurde die Erteilung der Restschuldbefreiung angekündigt und - mit Beschluss vom 30. Januar 2002 - das Verfahren aufgehoben. Mit Schreiben vom 11. November 2003 teilte die B. mit, sie habe bei der Verwertung der ihr von der Schuldnerin gestellten Sicherheiten einen Übererlös in Höhe von 223.572,25 € erzielt.
- 2
- Auf Antrag des weiteren Beteiligten hat das Amtsgericht die Nachtragsverteilung angeordnet und den weiteren Beteiligten mit ihrer Durchführung beauftragt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstrebt sie weiterhin die Abweisung des Antrags auf Anordnung einer Nachtragsverteilung.
II.
- 3
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 6, 7, 204 Abs. 2 Satz 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist gemäß § 574 Abs. 2 ZPO auch zulässig , hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
- 4
- 1. Zu Recht beanstandet die Rechtsbeschwerde nicht die Auffassung des Landgerichts, die Vorschrift des § 203 InsO sei auch im Verbraucherinsolvenzverfahren anwendbar (ebenso FK-InsO/Kohte, 3. Aufl. § 314 Rn. 32; Braun/Kießner, InsO 2. Aufl. § 203 Rn. 4; Uhlenbruck/Vallender, 12. Aufl. § 312 Rn. 70; a.A. MünchKomm-InsO/Hintzen, § 203 Rn. 2). Die für das Regelinsolvenzverfahren gegebenen Vorschriften finden auch auf das Verbraucherinsolvenzverfahren Anwendung, sofern in den §§ 311 ff InsO nicht ein Anderes bestimmt ist (MünchKomm-InsO/Ott, § 311 Rn. 17; Wenzel in Kübler/Prütting, InsO § 311 Rn. 2; Braun/Buck, aaO § 311 Rn. 3). Der Hinweis (MünchKommInsO /Hintzen, aaO), über die Restschuldbefreiung könne erst entschieden wer- den, wenn das gesamte Vermögen des Schuldners verwertet sei, steht dem nicht entgegen. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - auch im vereinfachten Insolvenzverfahren ein der Vorschrift des § 197 InsO entsprechender Schlusstermin stattfindet. Damit entsteht die Zäsur, an die § 203 InsO anknüpft und welche die Anordnung einer Nachtragsverteilung erforderlich macht, wenn einer der in der Vorschrift genannten Tatbestände eintritt.
- 5
- 2. Das Landgericht hat gemeint, hier liege ein Fall des § 203 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor; mit einer Zahlung aus der Masse und einem Rückfluss in die Masse sei die vorliegende Fallkonstellation vergleichbar. Ob dem zu folgen ist, kann dahinstehen. Denn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO sind erfüllt.
- 6
- a) Diese Bestimmung betrifft den Fall, dass nach dem Schlusstermin Gegenstände der Masse ermittelt werden. Hierbei geht es nicht nur um Gegenstände , deren Existenz oder Aufenthaltsort dem Verwalter (Treuhänder) unbekannt geblieben sind, etwa weil sie ihm verheimlicht wurden. Die Vorschrift erfasst vielmehr auch Gegenstände, die der Verwalter zunächst nicht für verwertbar hielt und deswegen nicht zur Masse gezogen hat (MünchKommInsO /Hintzen, aaO § 203 Rn. 15; FK-InsO/Kießner, aaO § 203 Rn. 13). So hat bereits das Reichsgericht zu der dem § 203 InsO entsprechenden Vorschrift des § 166 KO entschieden, dass Außenstände, die der Konkursverwalter wegen einer Aufrechnung mit einer vermeintlich höheren Gegenforderung zunächst nicht eingezogen hat, für die Nachtragsverteilung zur Verfügung stehen (RGZ 36, 20, 23). Das Gleiche gilt, wenn der Verwalter irrig der Meinung war, ein vom Konkursbeschlag erfasster Vermögensgegenstand sei bereits zusammen mit anderen Gegenständen veräußert worden (RGZ 25, 7, 9 f). Ebenso verhält es sich mit bereits ausgebuchten Forderungen, die sich nachträglich als werthaltig erweisen (Holzer in Kübler/Prütting, InsO § 203 Rn. 13). In diesen Fällen steht der Umstand, dass der Verwalter schon vor dem Schlusstermin Kenntnis von der Existenz des Vermögenswertes hatte, einer Nachtragsverteilung nicht entgegen; auf die Frage, ob seine Bewertung auf einer vorwerfbaren Fehleinschätzung beruht, kommt es nicht an (vgl. etwa FK-InsO/Kießner, aaO § 203 Rn. 13; Westphal in Nerlich/Römermann, InsO §§ 203, 204 Rn. 8; MünchKomm-InsO/Hintzen, aaO § 203 Rn. 18)
- 7
- b) Danach ist die Anordnung der Nachtragsverteilung hier rechtlich nicht zu beanstanden: Zwar stand der Schuldnerin schon mit Abschluss der Sicherungsabrede ein - durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingter - Anspruch gegen die B. auf Auskehrung eines von dieser erzielten Übererlöses aus der Verwertung der gestellten Sicherheiten zu (vgl. BGHZ 98, 256, 261; BGH, Urt. v. 18. Februar 1992 - XI ZR 134/91, NJW 1992, 1620; Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung 8. Aufl. Rn. 284). Diesen vom Insolvenzbeschlag erfassten Anspruch hat der weitere Beteiligte jedoch nicht zugunsten der Masse verwertet; denn er ging nach den Feststellungen des Landgerichts davon aus, dass die zur Sicherheit abgetretenen Rechte nicht ausreichen würden, um die Forderung der absonderungsberechtigten Bank vollständig zu befriedigen. Es ist aber - wie gezeigt - anerkannt, dass von § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch Gegenstände erfasst werden, die der Verwalter (Treuhänder) zunächst nicht für verwertbar hielt und deswegen auch nicht zur Masse gezogen hat.
- 8
- Die Rechtsbeschwerde meint, zum Zeitpunkt des Schlusstermins sei mit der Möglichkeit eines Überschusses zu rechnen und der weitere Beteiligte daher gehalten gewesen, nach § 313 Abs. 3 Satz 3, § 173 Abs. 2 InsO vorzugehen. Dessen Fehleinschätzung ist jedoch unerheblich. Zudem ist § 313 Abs. 3 Satz 3 InsO erst durch das Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I 2710) angefügt worden; auf vor dem 1. Dezember 2001, dem Tag des In-Kraft-Tretens eröffnete Insolvenzverfahren ist die Vorschrift daher nicht anzuwenden (Art. 103a EGInsO; vgl. Wenzel in Kübler/Prütting, aaO § 313 Rn. 3a).
- 9
- 3. Die Annahme des Landgerichts, der weitere Beteiligte habe den Anspruch der Schuldnerin gegen die absonderungsberechtigte Bank nicht freigegeben , wird von der Rechtsbeschwerde nicht beanstandet. Der Senat ist an die Feststellung in dem angefochtenen Beschluss gebunden (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO).
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Neuwied, Entscheidung vom 18.11.2003 - 21 IK 21/03 -
LG Koblenz, Entscheidung vom 13.01.2004 - 2 T 901/03 -
(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
(1) Auf Antrag des Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzgläubigers oder von Amts wegen ordnet das Insolvenzgericht eine Nachtragsverteilung an, wenn nach dem Schlußtermin
- 1.
zurückbehaltene Beträge für die Verteilung frei werden, - 2.
Beträge, die aus der Insolvenzmasse gezahlt sind, zurückfließen oder - 3.
Gegenstände der Masse ermittelt werden.
(2) Die Aufhebung des Verfahrens steht der Anordnung einer Nachtragsverteilung nicht entgegen.
(3) Das Gericht kann von der Anordnung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag oder den ermittelten Gegenstand dem Schuldner überlassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags oder den geringen Wert des Gegenstands und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint. Es kann die Anordnung davon abhängig machen, daß ein Geldbetrag vorgeschossen wird, der die Kosten der Nachtragsverteilung deckt.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken. Die Stundung nach Satz 1 umfasst auch die Kosten des Verfahrens über den Schuldenbereinigungsplan und des Verfahrens zur Restschuldbefreiung. Der Schuldner hat dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Versagungsgrund des § 290 Absatz 1 Nummer 1 vorliegt. Liegt ein solcher Grund vor, ist eine Stundung ausgeschlossen.
(2) Werden dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet, so wird ihm auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt trotz der dem Gericht obliegenden Fürsorge erforderlich erscheint. § 121 Abs. 3 bis 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
(3) Die Stundung bewirkt, dass
- 1.
die Bundes- oder Landeskasse - a)
die rückständigen und die entstehenden Gerichtskosten, - b)
die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts
nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen den Schuldner geltend machen kann; - 2.
der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen den Schuldner nicht geltend machen kann.