Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Dez. 2017 - IV ZR 16/17
Gericht
Tenor
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Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 15. Dezember 2016 gemäß § 552a Satz 1 ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.
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Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen
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eines Monats
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Stellung zu nehmen.
Gründe
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I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in Anspruch und begehrt die Feststellung, dass der zwischen den Parteien bestehende Versicherungsvertrag nicht durch ein Vertragsanpassungsverlangen der Beklagten nach § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG geändert worden ist.
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Im Jahr 2009 schloss der Kläger bei der Beklagten eine Risikoversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab. Sein Antrag wurde von einem Versicherungsvertreter der Beklagten aufgenommen, der das auf seinem Laptop gespeicherte, fünfseitige Antragsformular ausfüllte. Anschließend wurde das Formular ausgedruckt und vom Kläger unterschrieben.
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Auf Seite 2 des Antragsformulars befindet sich vor den Gesundheitsfragen ein Abschnitt mit der Überschrift "Hinweis auf die Rechtsfolgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht". Die drucktechnische Gestaltung dieser Überschrift unterscheidet sich nicht von derjenigen der übrigen Abschnittsüberschriften. Der Hinweistext selbst ist drucktechnisch so gestaltet wie der Text der weiteren Abschnitte des Formulars; seine beiden letzten Zeilen ("Bevor Sie unterschreiben, kontrollieren Sie bitte nochmals, ob alle Fragen vollständig und korrekt beantwortet sind, insbesondere wenn Ihnen eine andere Person beim Ausfüllen des Antrags geholfen hat.") sind - ebenso wie einzelne Zeilen der übrigen Abschnitte des Antragsformulars - in Fettdruck verfasst. Die einzelnen Abschnitte sind optisch jeweils durch horizontale Linien voneinander getrennt.
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Der fünftletzte Abschnitt vor der Unterschriftenleiste auf Seite 4 des Formulars ist mit "Erklärung" überschrieben und besteht aus folgendem, durchgehend fettgedrucktem Text:
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"Ich bestätige, dass ich den Hinweis auf die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung gelesen und verstanden habe.
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Alles vollständig - es folgen keine weiteren Risikoangaben."
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Bis auf eine Ausnahme, die das Rauchen betrifft, sind die Gesundheitsfragen im Antragsformular verneint, darunter die Frage, ob der Kläger in den letzten fünf Jahren aus gesundheitlichen Gründen durch Ärzte beraten oder untersucht worden sei. Tatsächlich hatte er im Jahr 2005 einen Radiologen aufgesucht, nachdem er sieben Jahre zuvor eine Lungenembolie erlitten hatte.
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Der Kläger, ein Berufskraftfahrer, erlitt im Jahr 2013 erneut eine Lungenembolie und beantragte deswegen Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 7. August 2013 unter Hinweis auf unrichtig beantwortete Gesundheitsfragen ab. Sie erklärte, sie hätte dem Kläger bei Kenntnis von dessen gesundheitlichen Beeinträchtigungen keinen Versicherungsschutz in der gegebenen Form angeboten. Daher mache sie von ihrem Recht, den Vertrag rückwirkend anzupassen, mittels einer Ausschlussklausel Gebrauch, die unter anderem die vom Kläger zur Begründung seiner Berufsunfähigkeit angeführte Erkrankung erfasse.
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Der Kläger hat behauptet, den Versicherungsvertreter der Beklagten bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen über die im Jahr 1998 erlittene Lungenembolie informiert zu haben. An die radiologische Untersuchung im Jahr 2005 habe er bei der Antragsaufnahme nicht gedacht.
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Die Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
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II. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Versicherungsvertrag sei nicht aufgrund der Erklärung der Beklagten im Schreiben vom 7. August 2013 rückwirkend gemäß § 19 Abs. 4 Satz 2 VVG geändert worden.
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Dabei könne die vom Landgericht bejahte Frage, ob die drucktechnische Gestaltung des im Antragsformular enthaltenen Hinweises auf die Rechtsfolgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigeobliegenheit unzureichend sei, offen bleiben. Die Beklagte habe jedenfalls nicht vorgetragen bzw. bewiesen, dass dieser Hinweis dem Kläger in einer Weise zur Kenntnis gebracht worden sei, die den gesetzlichen Anforderungen genüge. § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG verlange eine gesonderte Mitteilung in Textform; es müsse gewährleistet sein, dass es einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer möglich sei, den Inhalt des Hinweises zu verstehen. Eine Vorlage des Antragsformulars lediglich zur Unterschrift genüge insofern nicht. Es sei dem Kläger auch nicht verwehrt, sich auf die Nichterfüllung der Hinweispflicht zu berufen. Die Beklagte habe nicht den Nachweis geführt, dass der Kläger bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen arglistig getäuscht habe.
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III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
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1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob für die Einhaltung der Textform und der Kenntnisnahme des Hinweises nach § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG nicht nur die Vorlage des Antragsformulars zur Unterschrift, sondern auch zur Durchsicht zu verlangen sei, höchstrichterlich noch nicht geklärt sei. Auf diese Frage kommt es im Streitfall indes nicht an; ein Revisionszulassungsgrund ist nicht gegeben (vgl. zum Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit BGH, Beschlüsse vom 19. Februar 2013 - VIII ZR 178/12, juris Rn. 2 ff.; vom 7. Januar 2003 - X ZR 82/02, BGHZ 153, 254 unter II 1 b [juris Rn. 5]). Unabhängig davon, ob dem Kläger das Antragsformular nur zur Unterschrift oder auch zur Durchsicht vorgelegt worden ist, ist dieser von der Beklagten nicht, wie es § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG verlangt, durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigeobliegenheitsverletzung hingewiesen worden.
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Wie der Senat bereits entschieden hat, sind die Anforderungen des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG in Fällen, in denen der Versicherer den Versicherungsnehmer - wie hier - nicht in einer von sonstigen Erklärungen getrennten Urkunde auf die Folgen einer Anzeigeobliegenheitsverletzung hingewiesen hat, nur gewahrt, wenn die Belehrung drucktechnisch so gestaltet ist, dass sie sich deutlich vom übrigen Text abhebt und vom Versicherungsnehmer nicht übersehen werden kann (Senatsurteil vom 27. April 2016 - IV ZR 372/15, BGHZ 210, 113 Rn. 13; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Januar 2013 - IV ZR 197/11, BGHZ 196, 67 Rn. 24 m.w.N.). Dem genügt die im Antragsformular der Beklagten enthaltene Belehrung nicht.
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Sie unterscheidet sich - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - drucktechnisch in keiner Weise von den übrigen Abschnitten des Formulars. Das trifft trotz der von der Revision angeführten Gestaltungsmerkmale zu. Dass die Abschnittsüberschrift in einer größeren Schrift als der Belehrungstext sowie in Fettdruck gehalten und der Abschnitt oberhalb der Überschrift und unterhalb des Belehrungstextes jeweils durch eine horizontale Linie eingerahmt ist, hebt den Belehrungstext nicht hinreichend hervor, weil auch die übrigen Abschnitte des Antragsformulars diese Merkmale aufweisen. Entgegen der Auffassung der Revision genügt das Formular auch nicht wegen des mit "Erklärung" überschriebenen Abschnitts auf Seite 4 den Anforderungen des § 19 Abs. 5 Satz 1 VVG. Denn dieser Abschnitt enthält weder eine gesonderte Belehrung über die Folgen einer Anzeigeobliegenheitsverletzung noch einen konkreten Verweis auf die zwei Seiten vorher abgedruckte Belehrung.
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2. Aus den vorstehenden Erwägungen hat das Rechtsmittel in der Sache keine Aussicht auf Erfolg. Soweit sich das Berufungsgericht nach der Beweisaufnahme nicht davon überzeugt hat, dass der Kläger die Gesundheitsfragen arglistig falsch beantwortet hat (vgl. hierzu Senatsurteil vom 12. März 2014 - IV ZR 306/13, BGHZ 200, 286 Rn. 9 ff.), wird dies von der Revision zu Recht nicht angegriffen.
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Mayen
Felsch
Harsdorf-Gebhardt
Lehmann
Dr. Bußmann
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Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
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Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1) Der Versicherungsnehmer hat bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat, dem Versicherer anzuzeigen. Stellt der Versicherer nach der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers, aber vor Vertragsannahme Fragen im Sinn des Satzes 1, ist der Versicherungsnehmer auch insoweit zur Anzeige verpflichtet.
(2) Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach Absatz 1, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten.
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.
(4) Das Rücktrittsrecht des Versicherers wegen grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht und sein Kündigungsrecht nach Absatz 3 Satz 2 sind ausgeschlossen, wenn er den Vertrag auch bei Kenntnis der nicht angezeigten Umstände, wenn auch zu anderen Bedingungen, geschlossen hätte. Die anderen Bedingungen werden auf Verlangen des Versicherers rückwirkend, bei einer vom Versicherungsnehmer nicht zu vertretenden Pflichtverletzung ab der laufenden Versicherungsperiode Vertragsbestandteil.
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.
(6) Erhöht sich im Fall des Absatzes 4 Satz 2 durch eine Vertragsänderung die Prämie um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Gefahrabsicherung für den nicht angezeigten Umstand aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.