vorgehend
Amtsgericht Leipzig, 533 XVII 1980/11, 19.08.2013
Landgericht Leipzig, 1 T 705/13, 24.09.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 558/14
vom
25. März 2015
in der Betreuungssache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2015 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter,
Dr. Botur und Guhling

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 24. September 2014 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 2 zurückgewiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Wert: 59 €

Gründe:


1
Die Rechtsbeschwerde, mit der der Beteiligte zu 2 (ein Betreuungsverein ) die Festsetzung einer Vergütung für die von ihm mit der Wahrnehmung der Betreuung beauftragte Beteiligte zu 1 auf Grundlage eines Stundensatzes von 44 € statt der vom Beschwerdegericht zuerkannten 27 € erstrebt, ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
2
1. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, der von der Beteiligten zu 1 im Jahre 1977 an der Fachschule für Ökonomie mit Studienabschluss "Ökonom" in der Fachrichtung "Rechnungsführung und Statistik" erworbene Studienabschluss als "Diplom-Betriebswirt (FH)" rechtfertige gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG den höchsten Stundensatz von 44 €.
3
Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2013 - XII ZB 429/13 - FamRZ 2014, 116 Rn. 8 mwN).
4
Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts stand, wonach die abgeschlossene Hochschulausbildung der Beteiligten zu 1 keine besonderen, für die Führung der Betreuung nutzbaren Kenntnisse vermittelt hat. Nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG ist ein erhöhter Stundensatz nicht bereits gerechtfertigt, wenn die Ausbildung gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass sie in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist. Davon ist auszugehen, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet ist und dadurch das erworbene betreuungsrelevante Wissen über ein Grundwissen deutlich hinausgeht (Senatsbeschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 525/13 - FamRZ 2014, 471 Rn. 4 mwN).
5
Das Landgericht hat hierzu festgestellt, dass das von der Beteiligten zu 1 absolvierte Studium mathematisch ausgerichtet war und nach dem im Verfahren vorgelegten Abschlusszeugnis eine Ausbildung in den Fächern MarxismusLeninismus , Körpererziehung, Russisch, Deutsch, Kulturtheoretik/Ästhetik, Mathematik , Statistik, Verwaltungsorganisation/Informationsverarbeitung, Rechtsfragen und Leitung der sozialistischen Volkswirtschaft, technologisches Grundwissen , sozialistische Arbeitswissenschaften, sozialistische Volkswirtschaft sowie sozialistische Betriebswirtschaft zum Inhalt hatte. Aufgrund dieser Feststel- lungen, die von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen werden, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Beschwerdegericht, auch im Hinblick auf den im Beschwerdeverfahren zusätzlich vorgelegten Stundenplan des Studiengangs, die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse durch diese Ausbildung verneint hat.
6
2. Die von der Beteiligten zu 1 abgeschlossene Ausbildung mit Anerkennung als Industriekauffrau mit der Spezialisierung "Statistik" begründet ebenfalls keinen erhöhten Stundensatz für die Betreuervergütung. Auch insoweit hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass durch diese Ausbildung keine betreuungsrelevanten Kenntnisse vermittelt worden sind (vgl. auch Senatsbeschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 525/13 - FamRZ 2014, 471 Rn. 5 mwN).
7
3. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung , zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Klinkhammer Günter Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Leipzig, Entscheidung vom 19.08.2013 - 533 XVII 1980/11 -
LG Leipzig, Entscheidung vom 24.09.2014 - 1 T 705/13 -

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 4 Vergütung des Betreuers


(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind. (2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle

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(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.

(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung

1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.

8
a) Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschlüsse vom 22. August 2012 - XII ZB 319/11 - NJW-RR 2012, 1475 Rn. 9 und vom 4. April 2012 - XII ZB 447/11 - NJW-RR 2012, 774 Rn. 13).

(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.

(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung

1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.

4
Einer solchen Überprüfung hält die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts stand, wonach die abgeschlossene Hochschulausbildung der Betreuerin keine besonderen, für die Führung der Betreuung nutzbaren Kenntnisse vermittelt hat. Nach Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG ist ein erhöhter Stundensatz nicht bereits gerechtfertigt, wenn die Ausbildung gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass sie in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist. Davon ist auszugehen, wenn ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet ist und dadurch das erworbene betreuungsrelevante Wissen über ein Grundwissen deutlich hinausgeht. Dies hat das Landgericht mit Blick auf das Ausbildungsziel, die Betreuerin zur Agraringenieurin auszubilden, und die im Hochschulzeugnis unter "Abschlussprüfungen und Belege" aufgeführten Fächer, nämlich "Morphologie, Futterproduktion, Biochemie, Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz, Maschinentechnik, Tierernährung , Tiergesundheits- und Tierseuchenlehre, Haustiergenetik und Tierzüchtung , Rinderzucht, Schafzucht, Schweinezucht, Geflügel- und Kleintierzucht" verneint. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2013 - XII ZB 429/13 - FamRZ 2014, 116 Rn. 19 mwN) und wird in seiner Richtigkeit auch nicht durch die von der Rechtsbeschwerde angeführten Ausbildungsinhalte (45 Stunden "sozialistisches Recht"; Grundkenntnisse über Aufbau von Organen und Gewebe sowie deren Entwicklung und Funktionsweise; Grundlagen der elektronischen Datenverarbeitung; Leitungsfunktionen) erfolgreich in Frage gestellt.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.