Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Jan. 2011 - XII ZB 496/10

bei uns veröffentlicht am19.01.2011
vorgehend
Amtsgericht Hof, 4 F 837/09, 30.08.2010
Oberlandesgericht Bamberg, 7 WF 290/10, 23.09.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 496/10
vom
19. Januar 2011
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2011 durch den
Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Klinkhammer,
Schilling sowie Dr. Günter

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 23. September 2010 aufgehoben. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 30. August 2010 dahin abgeändert, dass für die Tätigkeit des Beteiligten zu 1 als Verfahrensbeistand eine Vergütung von insgesamt 2.200 € festgesetzt wird (pro Kind 550 €). Gerichtsgebühren werden nicht erhoben (§ 2 FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Beteiligten zu 2 auferlegt (§ 81 FamFG). Geschäftswert: 1.650 €

Gründe:

I.

1
Die Rechtsbeschwerde betrifft die - vom Senat bereits bejahte - Frage, ob der Verfahrensbeistand, der für mehrere Kinder bestellt wurde, für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG erhält.
2
Das Amtsgericht hat den Beteiligten zu 1 in einem Sorgerechtsverfahren zum Verfahrensbeistand für die betroffenen vier minderjährigen Kinder bestellt. Es hat ihm weitere Aufgaben im Sinne des § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen und festgestellt, dass die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird.
3
Auf Antrag des Beteiligten zu 1, ihm für jedes der von ihm betreuten Kinder eine Vergütung in Höhe von jeweils 550 € zu gewähren, hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 30. August 2010 lediglich eine einmalige Pauschalgebühr in Höhe von 550 € zugesprochen. Seine Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch sonst zulässig. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
5
1. Der Senat hat bereits in seinen grundlegenden Beschlüssen vom 15. September 2010 entschieden, dass der Verfahrensbeistand in einem Kindschaftsverfahren , in dem er für mehrere Kinder bestellt ist, für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG erhält (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 209/10 - FamRZ 2010, 1893; - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896; - XII ZB 260/10 - und - XII ZB 289/10 - jeweils juris).
6
2. Dem wird der - vor Veröffentlichung der Senatsentscheidung ergangene - Beschluss des Beschwerdegerichts, der dem Beteiligten zu 1 nur eine einmalige Pauschalgebühr in Höhe von 550 € zuerkannt hat, nicht gerecht. Inso- weit nimmt der Senat auf die Begründung in den Beschlüssen vom 15. September 2010 Bezug. Da die Verfahrensbeistandschaft vorliegend berufsmäßig geführt, der Beteiligte zu 1 jeweils mit weiteren Aufgaben im Sinne von § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG betraut und schließlich für vier Kinder bestellt worden ist, war ihm insgesamt eine Vergütung in Höhe von 2.200 € (4 x 550 €) zuzusprechen.
7
Der Senat konnte vorliegend gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG in der Sache selbst entscheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist. Die dem Beteiligten zu 1 zu gewährenden Pauschalgebühren ergeben sich aus dem Gesetz (§ 158 Abs. 7 FamFG). Weiterer Feststellungen bedarf es hierzu nicht.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Hof, Entscheidung vom 30.08.2010 - 4 F 837/09 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 23.09.2010 - 7 WF 290/10 -

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 81 Grundsatz der Kostenpflicht


(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 158 Bestellung des Verfahrensbeistands


(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfah

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 2 Kostenfreiheit


(1) Der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen sind von der Zahlung der Kosten befreit. (2) Sonstige bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften, durch di

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(1) Der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen sind von der Zahlung der Kosten befreit.

(2) Sonstige bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften, durch die eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt.

(3) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit ein von der Zahlung der Kosten befreiter Beteiligter Kosten des Verfahrens übernimmt.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 209/10
vom
15. September 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ist der Verfahrensbeistand in einem Kindschaftsverfahren für mehrere Kinder
bestellt, so erhält er für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr
nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG.

b) Zu den Aufwendungen, die nach § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG mit der Vergütung
des Verfahrensbeistands abgegolten sind, zählen auch die Fahrtkosten.
BGH, Beschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 209/10 - OLG Rostock
AG Schwerin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2010 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde und die Anschlussrechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Familiensenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 19. März 2010 werden zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 81 FamFG). Verfahrenswert: bis zu 600 €.

Gründe:


A.

1
In der seit November 2009 anhängigen Umgangsrechtssache hat das Familiengericht den beiden minderjährigen Kindern die Rechtsbeschwerdegegnerin und Anschlussrechtsbeschwerdeführerin (im Folgenden: Anschlussrechtsbeschwerdeführerin ) als berufsmäßigen Verfahrensbeistand bestellt. Ferner hat es ihr die in § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG genannten Aufgaben übertragen.
2
Auf Antrag der Anschlussrechtsbeschwerdeführerin, für ihre Tätigkeit als Verfahrensbeistand für die beiden Kinder eine Vergütung von 1.100 € zuzüglich Fahrtkosten in Höhe von 34,20 € festzusetzen, hat das Familiengericht ihr eine Vergütung von insgesamt 550 € zugesprochen. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2010, 1181 veröffentlicht ist, hat den Erstattungsanspruch der Anschlussrechtsbeschwerdeführerin demgegenüber auf insgesamt 1.100 € festgesetzt und ihre Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Die Fallpauschale sei für jedes Kind zu zahlen, für dessen Vertretung der Verfahrensbeistand bestellt worden sei. Allerdings seien Aufwendungen, zu denen auch Fahrtkosten gehörten, gemäß § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG in der Fallpauschale enthalten.
3
Die hiergegen von dem Land eingelegte Rechtsbeschwerde vertritt die Auffassung, § 158 Abs. 7 FamFG enthalte eine einmalige pauschale Vergütung, also unabhängig von der Anzahl der Kinder, für die ein Verfahrensbeistand bestellt worden sei. Demgegenüber meint die Anschlussrechtsbeschwerdeführerin , über die Pauschalvergütung für jedes Kind hinaus stehe ihr als Verfahrensbeistand auch die Erstattung ihrer Fahrtkosten zu.

B.

4
Rechtsbeschwerde und Anschlussrechtsbeschwerde sind zulässig, aber unbegründet.

I.

5
1. Die vom Beschwerdegericht zugelassene und damit gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
6
a) Das Land ist als Rechtsbeschwerdeführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert (vgl. zum Erfordernis der Beschwer Prütting/ Helms/Abramenko FamFG § 70 Rdn. 6). Denn gemäß § 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG ist die Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen.
7
b) Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde scheitert die Rechtsbeschwerde auch nicht an der gemäß § 114 Abs. 3 FamFG erforderlichen Postulationsfähigkeit.
8
Gemäß § 114 Abs. 3 Satz 1 FamFG können sich in Verfahren in Familiensachen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Gemäß § 114 Abs. 3 Satz 2 FamFG müssen die zur Vertretung berechtigten Personen vor dem Bundesgerichtshof die Befähigung zum Richteramt haben. Dies gilt gleichermaßen für den Vertreter der Staatskasse (Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2010 - XII ZB 149/10 und XII ZB 150/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).
9
Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerde gerecht. Aus dem Rubrum der Rechtsbeschwerdeschrift geht eindeutig hervor, dass Rechtsbeschwerdeführer das Land ist, vertreten durch den Bezirksrevisor bei dem Landgericht Schwerin. Als Verfahrensbevollmächtigte ist die Richterin angegeben, die die Rechtsbeschwerdeschrift auch unterzeichnet hat. Da die Vertretungsverhältnisse damit unmissverständlich bezeichnet werden, ist es entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde unschädlich, dass die Rechtsbeschwerdeschrift unter dem Briefkopf des Landgerichts Schwerin steht.
10
2. Die Statthaftigkeit der - innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe der Begründung der Rechtsbeschwerde eingegangenen - Anschlussrechtsbeschwerde ergibt sich aus § 73 FamFG.

II.

11
Rechtsbeschwerde und Anschlussrechtsbeschwerde sind jedoch unbegründet.
12
Das Beschwerdegericht hat gemäß § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG zu Recht eine Gesamtvergütung von 1.100 € festgesetzt, also pro Kind jeweils 550 €. Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass es das Beschwerdegericht abgelehnt hat, zusätzlich zu dieser Pauschalvergütung Fahrtkosten festzusetzen.
13
1. Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach Abs. 4 dieser Norm hat der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Ausweislich § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Abs. 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 €, wenn die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 €. § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG regelt schließlich, dass die Vergütung auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Verfahrensbeistandschaft entstandener Aufwendungen sowie auf die Vergütung anfallender Umsatzsteuer abgilt.
14
a) Eine ausdrückliche Regelung, wie die Vergütung des Verfahrensbeistands zu bemessen ist, wenn dieser für mehrere Kinder bestellt ist, enthält § 158 FamFG nicht. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur, dass die Fallpauschale für jedes Kind, für das der Verfahrensbeistand bestellt ist, anfällt (OLG Rostock FamRZ 2010, 1181 f.; OLG Celle FamRZ 2010, 1182; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1003; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 666; OLG München Beschluss vom 20. Mai 2010 - 11 WF 570/10 - juris [Leitsatz]; OLG Oldenburg Beschluss vom 28. April 2010 - 11 WF 64/10 - juris Rdn. 6; OLG Saarbrücken Beschluss vom 13. April 2010 - 9 WF 28/10 - juris Rdn. 9; OLG Braunschweig Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.; Menne ZKJ 2009, 68, 74; Keidel/Engelhardt FamFG 16. Aufl. § 158 Rdn. 47; Johannsen/Henrich/Büte Familienrecht 5. Aufl. § 158 Rdn. 29; Prütting/Helms/Stößer FamFG § 158 Rdn. 32; Meysen/Stötzel FamFG § 158 Rdn. 34; Bahrenfuss/Schlemm FamFG § 158 Rdn. 17; Thesen der AK 10 und 11 des 18. DFGT, Brühler Schriften zum Familienrecht 2010, S. 116 und 119).
15
b) Der Senat folgt dieser Auffassung.
16
aa) Schon der Wortlaut des § 158 FamFG legt nahe, dass sich die in Absatz 7 Satz 2 und 3 FamFG geregelte Pauschalgebühr jeweils auf die Verfahrensbeistandschaft für ein Kind bezieht. In Abs. 1 dieser Vorschrift heißt es, dass das Gericht "dem minderjährigen Kind" einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen hat. Ausweislich § 158 Abs. 4 Satz 1 FamFG hat der Verfahrensbeistand "das Interesse des Kindes" festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Das bisweilen von den Bezirksrevisoren hiergegen vorgebrachte Argument, den zitierten Passagen lasse sich keine zahlenmäßige Einschränkung auf nur ein Kind entnehmen, vielmehr seien hier nur Regelungen in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Verfahrensbeistand und dem Kind als Verfahrensbeteiligter getroffen, ist nicht überzeugend.
17
bb) Dass der Gesetzgeber mit der Norm des § 158 Abs. 7 FamFG die Vergütung der Verfahrensbeistandschaft jeweils nur auf das Verfahren und nicht auf die betroffenen Kinder beziehen wollte, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.
18
Mit der konkreten Fragestellung hat sich der Gesetzgeber - soweit aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich - nicht befasst. Zwar hat er sich bei der Einführung der Fallpauschale durch das FamFG auch von fiskalischen Interessen leiten lassen. Andererseits war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, dem Verfahrensbeistand eine auskömmliche Vergütung zu gewährleisten. Dies zeigt nicht zuletzt die nachträglich erfolgte Ergänzung des § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG, wonach der Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit "in jedem Rechtszug" jeweils eine einmalige Gebühr erhält.
19
(1) Zutreffend weisen die Vertreter der Staatskasse zwar darauf hin, dass der Gesetzgeber die Fallpauschale für den Verfahrensbeistand deshalb einge- führt hat, um die Belastung der Länderhaushalte in kalkulierbaren Grenzen zu halten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
20
Richtig ist auch, dass sich die Vergütung des Verfahrensbeistands nach dem Willen des Gesetzgebers an den entsprechenden Gebührensätzen für einen in einer Kindschaftssache tätigen Rechtsanwalt orientieren, sie jedenfalls nicht übertreffen soll (s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 BT-Drucks. 16/9733 S. 294 unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 6. Juli 2007 BR-Drucks. 309/07 S. 62). Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Vertreter der Staatskasse aber nicht zwingend auf eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 RVG schließen , wonach ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal erhält, (auch) wenn er für mehrere Auftraggeber tätig wird. Vielmehr lässt sich die Gesetzesbegründung auch dahin verstehen, dass sich nur die Höhe der einzelnen Fallpauschale an den anwaltlichen Gebühren orientieren soll, nicht jedoch die mögliche Gesamtvergütung (so OLG Braunschweig Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.).
21
(2) Ausweislich der Gesetzesmaterialien war die Neuordnung der Vergütung aber auch von dem Gedanken getragen, dass eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands verfassungsrechtlich geboten sei. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Rechtsausschuss ausgeführt, der "Verfahrenspfleger" dürfe nicht durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werden, die für eine effektive, eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (BT-Drucks. 16/9733, S. 294). Den Vorschlag des Bundesrats, für die - ursprünglich unter Verweis auf § 277 FamFG erwogene - aufwandsbezogene Vergütung des Verfahrensbeistands eine Höchstgrenze vorzusehen, hat der Rechtsausschuss abgelehnt, weil ein solches Vergütungssystem dem Ver- fahrensbeistand keine Mischkalkulation aus einfach und komplex gelagerten Fällen eröffne und zu einer unzureichenden Vergütung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führen könnte. Zudem verbliebe bei dieser Vergütungsform weiterhin - wie nach geltendem Recht - ein hoher Abrechnungs - und Kontrollaufwand (BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
22
(3) Schließlich hat der Gesetzgeber das FamFG gegen den - ursprünglichen - Widerstand des Bundesrates durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) dahin ergänzt, dass die Pauschalvergütung des Verfahrensbeistands nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG nunmehr für jeden Rechtszug zu bewilligen ist (siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 22. April 2009 BT-Drucks. 16/12717 S. 50, 61). Dazu wurde in der Bundesratsitzung vom 15. Mai 2009 ausgeführt, nur eine angemessene Vergütung sichere eine engagierte Vertretung des Kindes, die gerade in hochstreitigen Fällen notwendig sei, um das Kind zu schützen (Bundesratsprotokoll Nr. 858 vom 15. Mai 2009 S. 229).
23
cc) Auch eine teleologische Auslegung des § 158 FamFG spricht für eine gesonderte Vergütung der jeweiligen Verfahrensbeistandschaft.
24
Es entspräche nicht dem Sinn und Zweck des § 158 FamFG, der dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen einen effektiven Verfahrensbeistand zur Seite stellen will, durch eine restriktive Kostenregelung dessen Aufgabenwahrnehmung zu erschweren oder gar zu verhindern. Hinzu kommt, dass bei der Beteiligung mehrerer Kinder nach § 158 FamFG für jedes Kind ohnehin ein gesonderter Verfahrensbeistand bestellt werden kann, mit der Folge, dass jeder Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit die entsprechende Vergütungspauschale abrechnen kann (OLG Celle FamRZ 2010, 1182).
25
Dasselbe muss dann aber auch gelten, wenn ein Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt wird. Dem steht § 43 a Abs. 4 BRAO nicht entgegen, wonach ein Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten darf. In § 3 Abs. 1 der Berufsordnung der Rechtsanwälte heißt es hierzu u. a., dass der Rechtsanwalt nicht tätig werden darf, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat. Soweit die Vertreter der Staatskasse hieraus herleiten, dass auch im Falle widerstreitender Interessen der Geschwisterkinder nicht ein und derselbe Verfahrensbeistand bestellt werden könne, verkennen sie, dass die vorgenannten Normen auf die Verfahrensbeistandschaft nicht, auch nicht sinngemäß anzuwenden sind. Im Kindschaftsverfahren wären "Partei" nicht die jeweiligen Geschwisterkinder , sondern regelmäßig die Eltern bzw. das Jugendamt; insoweit geht es um die Frage, welche Sorge- bzw. Umgangsregelung im Verhältnis der Eltern zueinander bzw. im Verhältnis der Eltern zum Jugendamt unter Kindeswohlgesichtspunkten die sinnvollste ist. Dagegen stehen sich die Geschwisterkinder in einem Kindschaftsverfahren regelmäßig nicht als Widerpart gegenüber. Zwar mögen die Kinder unterschiedliche Vorstellungen oder Interessen haben. Diese stehen aber nicht zwingend in einem Interessenwiderspruch zueinander. Gleichwohl mag es Fälle geben, in denen es aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls geboten ist, jedem Kind einen eigenen Verfahrensbeistand zu bestellen.
26
dd) Jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des § 158 FamFG führt zu dem Ergebnis, dass die Vergütung für jede Verfahrensbeistandschaft gesondert zuzusprechen ist. Wie oben bereits ausgeführt, kam es dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen darauf an, eine auskömmliche Ver- gütung des Verfahrensbeistands sicherzustellen, um zu verhindern, dass er durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werde, die für eine effektive , eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Würde man § 158 FamFG jedoch dahin auslegen, dass die Vergütung lediglich für das Verfahren als solches anfällt, unabhängig davon, wie vielen Kindern ein Verfahrensbeistand bestellt worden ist, wäre diesen vom Gesetzgeber aufgestellten, auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug nehmenden Kriterien nicht (mehr) hinreichend Rechnung getragen.
27
(1) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 9. März 2004 (FamRZ 2004, 1267, 1269) ausgeführt, Maßstab für den Umfang der Tätigkeit eines Verfahrenspflegers und damit auch den seines Vergütungsanspruchs sei die Erkundung und Wahrnehmung des kindlichen Interesses. Daraus folge, dass eine Vergütungspraxis mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar sei, die dem Verfahrenspfleger nicht ermögliche, die Interessen der von ihm vertretenen Kinder zu deren Grundrechtsverwirklichung im Verfahren wahrzunehmen. Es sei einem Verfahrenspfleger weder zumutbar, im Rahmen der ihm übertragenen Pflegschaft seine Tätigkeit so einzuschränken, dass sie mangels ausreichender Wahrnehmung der Interessen des Kindes das Recht verletze, noch sei es ihm zumutbar, Tätigkeiten unentgeltlich zu erbringen, um einen den Grundrechten des Kindes gerecht werdenden verfassungsrechtlich gebotenen Standard der Kindesvertretung zu gewährleisten (BVerfG FamRZ 2004, 1267, 1269). Zudem verpflichte das Persönlichkeitsrecht des von einem sorgerechtlichen Verfahren betroffenen Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dazu, auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Vorkehrungen zu treffen, um eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu ermöglichen. Würden dem Verfahrenspfleger die für eine solche Vertretung der "subjektiven Interessen" des Kindes erforderlichen Tätigkeiten nicht vergütet, würde sein Einsatz zur Wahrung der Kindesinteressen ineffektiv und entspräche nicht dem mit ihm bezweckten Schutz der Rechte der betroffenen Kinder (BVerfG FamRZ 2004, 1267, 1270).
28
(2) Eine restriktive Auslegung des § 158 FamFG trägt die Gefahr in sich, dass den vorstehend genannten Anforderungen auch unter Berücksichtigung einer Mischkalkulation nicht mehr hinreichend Rechnung getragen wird.
29
Dabei kann dahin stehen, ob die Pauschalvergütung ausreichend ist, wenn es sich um die Bestellung des Verfahrensbeistands für nur ein Kind handelt. Dies wird in Teilen der Literatur bestritten (Bode ZKJ 2009, 410, 412; Trenczek ZKJ 2009, 196, 200 unter Hinweis auf die Verlautbarung der "Arbeitsgemeinschaft Verfahrenspflegschaft", wonach im Rahmen der Verfahrenspflegschaft bislang durchschnittliche Kosten in Höhe von 800 € pro Fall angefallen seien; Coester FF 2009, 269, 279; Koritz FPR 2009, 331, 332; Knödler ZKJ 2010, 135, 139; vgl. auch Menne ZKJ 2009, 68, 73, der unter Hinweis auf die zum alten Recht ergangenen Entscheidungen aufzeigt, dass in den hochstreitigen Fällen Verfahrenspflegerentschädigungen von mehr als 1.000 € keine Seltenheit waren). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu erwogen, dass man unzulängliche Einnahmen durch ein mehrfaches Entstehen der Fallpauschale für Geschwisterkinder im Rahmen einer Mischkalkulation ausgleichen könnte (BVerfG FamRZ 2010, 185).
30
Jedenfalls dann, wenn der Verfahrensbeistand auch im Falle einer Mehrfachbestellung nur eine Pauschalgebühr erhielte, wäre eine auskömmliche Vergütung nicht mehr sichergestellt. Ist der Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt, hat er die Interessen jedes einzelnen Kindes festzustellen und zur Geltung zu bringen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Interessen unterschiedlich sind und sich möglicherweise sogar widersprechen. Der Verfahrensbeistand mag eine gewisse Zeitersparnis haben, wenn er die Kinder in einem Haushalt, in Einzelfällen auch gemeinsam anhören kann. Dies ist jedoch nicht immer gewährleistet; nicht selten leben die Kinder an unterschiedlichen Orten. Den wesentlichen Aufwand verwendet der Verfahrensbeistand jedoch ohnehin auf die Ermittlung der besonderen Bedürfnisse und des Willens des einzelnen Kindes, wobei es insbesondere bei Kindern deutlich unterschiedlichen Alters regelmäßig erhebliche Abweichungen gibt. Eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands wird daher auch nicht immer mittels einer Mischkalkulation aus einfachen und schwierigen Fällen sichergestellt werden können. Zum einen wird der Verfahrensbeistand häufig in einfach gelagerten Fällen erst gar nicht bestellt werden (Menne ZKJ 2009, 68, 73). Zum anderen würden bei der Gewährung lediglich einer Vergütungspauschale im Falle der Mehrfachbestellung den "leichten" Verfahren nicht lediglich die "schwierigen" gegenüberstehen, sondern auch die - jedenfalls quantitativ - aufwändigen Fälle, in denen mehrere Kinder zu beteiligen sind.
31
2. Die Anschlussrechtsbeschwerde, mit der der Verfahrensbeistand den Ersatz der Fahrtkosten begehrt, ist ebenfalls unbegründet.
32
Der Verfahrensbeistand hat neben der in § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG geregelten Vergütungspauschale keinen weiteren Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten. Dies ergibt sich aus § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG, wonach die Vergütung auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Verfahrensbeistandschaft entstandener Aufwendungen sowie die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer abgilt.
33
a) Entgegen der Auffassung der Anschlussrechtsbeschwerde umfasst das Tatbestandsmerkmal "Aufwendungen" auch Fahrtkosten (ebenso Prütting/ Helms/Stößer aaO § 158 Rdn. 32). Das ergibt ein Vergleich mit der Vorschrift des § 277 FamFG, der die Vergütung und den Aufwendungsersatz des Verfah- renspflegers (in Betreuungssachen) regelt. Dieser verweist für den Ersatz der Aufwendungen auf § 1835 Abs. 1 bis 2 BGB. In § 1835 Abs. 1 Satz 1 BGB sind unter anderem als Aufwendung auch die Fahrtkosten aufgeführt. Da der Gesetzgeber mit seinem ursprünglichen Entwurf auch für die Vergütung des Verfahrensbeistands auf § 277 FamFG verweisen wollte (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 75), sich dann aber ausdrücklich gegen eine aufwandsbezogene Vergütung entschieden hat, erscheint es widersinnig, die Intention des Gesetzgebers durch einen Verweis auf andere Kostenregelungen, die die Fahrtkosten als Auslagen verstünden, zu umgehen. Schließlich wollte der Gesetzgeber mit der Änderung der Abrechnungsmodalitäten sowohl dem Verfahrensbeistand wie auch der Justiz einen erheblichen Abrechnungs- und Kontrollaufwand ersparen (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
34
b) Der Senat verkennt nicht, dass die Regelung des § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG in Einzelfällen zu unbilligen Ergebnissen führen kann, nämlich dann, wenn - etwa im ländlichen Bereich - erhebliche Fahrtkosten für den Verfahrensbeistand anfallen (vgl. dazu auch Menne ZKJ 2009, 68, 73). In der vorliegenden Anschlussrechtsbeschwerde geht es indes lediglich um Fahrtkosten in Höhe von 34,20 €; dem Vortrag der Anschlussrechtsbeschwerdeführerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie bei Nichtzahlung dieses Betrags in ihrer angemessenen Berufsausübung beeinträchtigt wäre. Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 19.02.2010 - 22 F 339/09 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 19.03.2010 - 10 WF 44/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 268/10
vom
15. September 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist der Verfahrensbeistand in einem Kindschaftsverfahren für mehrere Kinder
bestellt, so erhält er für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr
nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG.

b) Für die Entstehung des Vergütungsanspruches des Verfahrensbeistands
nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 FamFG genügt es, wenn der Verfahrensbeistand
in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist.
BGH, Beschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 268/10 - OLG Frankfurt
am Main
AG Offenbach am Main
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2010 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 2 FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 81 FamFG). Verfahrenswert: 1.060 €.

Gründe:

A.

1
Das Familiengericht hat in einer Kindschaftssache den beiden minderjährigen Kindern am 28. Oktober 2009 jeweils die Rechtsbeschwerdegegnerin als berufsmäßigen Verfahrensbeistand mit dem erweiterten Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellt. Die Rechtsbeschwerdegegnerin hat dem Familiengericht am 31. Oktober 2009 berichtet, dass die Kinder nach den von ihr durchgeführten Ermittlungen (Telefonate mit dem Kindesvater und der Mit- arbeiterin des Jugendamtes) zwischenzeitlich ihren Aufenthalt in Griechenland haben sollen.
2
Auf den Vergütungsantrag der Rechtsbeschwerdegegnerin vom 2. November 2009 über insgesamt 1.100 € (550 € pro Kind) hat die zuständige Rechtspflegerin eine nach Zeit abgerechnete Aufwandsvergütung in Höhe von 39,87 € festgesetzt.
3
Auf die Beschwerde der Rechtsbeschwerdegegnerin hat das Beschwerdegericht die Vergütung antragsgemäß auf 1.100 € festgesetzt. Zum einen falle die Pauschale für jedes Kind an, für das der Verfahrensbeistand bestellt sei. Zum anderen sei die Gebühr in dem Moment als entstanden anzusehen, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben begonnen habe.
4
Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit der Rechtsbeschwerde.

B.

5
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

I.

6
Die vom Beschwerdegericht zugelassene und damit gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
7
Das Land ist als Rechtsbeschwerdeführer durch die angegriffene Entscheidung beschwert (vgl. zum Erfordernis der Beschwer Prütting/ Helms/Abramenko FamFG § 70 Rdn. 6). Denn gemäß § 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG ist die Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen.
8
Die Rechtsbeschwerde scheitert auch nicht an der gemäß § 114 Abs. 3 FamFG erforderlichen Postulationsfähigkeit. Der das Land vertretende Bezirksrevisor bei dem Landgericht Darmstadt hat sich vorliegend durch den Generalstaatsanwalt in Frankfurt am Main vertreten lassen. Dieser wiederum wird im Verfahren von dem die Rechtsbeschwerde unterzeichnenden Oberstaatsanwalt und damit durch einen Volljuristen vertreten (s. dazu Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2010 - XII ZB 149/10 und XII ZB 150/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

II.

9
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
10
Das Beschwerdegericht hat gemäß § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG zu Recht eine Gesamtvergütung von 1.100 € festgesetzt, also pro Kind jeweils 550 €.
11
1. Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach Abs. 4 dieser Norm hat der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Ausweislich § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Abs. 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 €, wenn die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 €. § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG regelt schließlich, dass die Vergütung auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Verfahrensbeistandschaft entstandener Aufwendungen sowie auf die Vergütung anfallender Umsatzsteuer abgilt.
12
a) Eine ausdrückliche Regelung, wie die Vergütung des Verfahrensbeistands zu bemessen ist, wenn dieser für mehrere Kinder bestellt ist, enthält § 158 FamFG nicht. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur, dass die Fallpauschale für jedes Kind, für das der Verfahrensbeistand bestellt ist, anfällt (OLG Rostock FamRZ 2010, 1181 f.; OLG Celle FamRZ 2010, 1182; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1003; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 666; OLG München Beschluss vom 20. Mai 2010 - 11 WF 570/10 - juris [Leitsatz]; OLG Oldenburg Beschluss vom 28. April 2010 - 11 WF 64/10 - juris Rdn. 6; OLG Saarbrücken Beschluss vom 13. April 2010 - 9 WF 28/10 - juris Rdn. 9; OLG Braunschweig Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.; Menne ZKJ 2009, 68, 74; Keidel/Engelhardt FamFG 16. Aufl. § 158 Rdn. 47; Johannsen/Henrich/Büte Familienrecht 5. Aufl. § 158 Rdn. 29; Prütting/Helms/Stößer FamFG § 158 Rdn. 32; Meysen/Stötzel FamFG § 158 Rdn. 34; Bahrenfuss/Schlemm FamFG § 158 Rdn. 17; Thesen der AK 10 und 11 des 18. DFGT, Brühler Schriften zum Familienrecht 2010, S. 116 und 119).
13
b) Der Senat folgt dieser Auffassung.
14
aa) Schon der Wortlaut des § 158 FamFG legt nahe, dass sich die in Absatz 7 Satz 2 und 3 FamFG geregelte Pauschalgebühr jeweils auf die Verfahrensbeistandschaft für ein Kind bezieht. In Abs. 1 dieser Vorschrift heißt es, dass das Gericht "dem minderjährigen Kind" einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen hat. Ausweislich § 158 Abs. 4 Satz 1 FamFG hat der Verfahrensbeistand "das Interesse des Kindes" festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Das bisweilen von den Bezirksrevisoren hiergegen vorgebrachte Argument, den zitierten Passagen lasse sich keine zahlenmäßige Einschränkung auf nur ein Kind entnehmen, vielmehr seien hier nur Regelungen in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Verfahrensbeistand und dem Kind als Verfahrensbeteiligter getroffen, ist nicht überzeugend.
15
bb) Dass der Gesetzgeber mit der Norm des § 158 Abs. 7 FamFG die Vergütung der Verfahrensbeistandschaft jeweils nur auf das Verfahren und nicht auf die betroffenen Kinder beziehen wollte, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.
16
Mit der konkreten Fragestellung hat sich der Gesetzgeber - soweit aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich - nicht befasst. Zwar hat er sich bei der Einführung der Fallpauschale durch das FamFG auch von fiskalischen Interessen leiten lassen. Andererseits war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, dem Verfahrensbeistand eine auskömmliche Vergütung zu gewährleisten. Dies zeigt nicht zuletzt die nachträglich erfolgte Ergänzung des § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG, wonach der Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit "in jedem Rechtszug" jeweils eine einmalige Gebühr erhält.
17
(1) Zutreffend weisen die Vertreter der Staatskasse zwar darauf hin, dass der Gesetzgeber die Fallpauschale für den Verfahrensbeistand deshalb einge- führt hat, um die Belastung der Länderhaushalte in kalkulierbaren Grenzen zu halten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
18
Richtig ist auch, dass sich die Vergütung des Verfahrensbeistands nach dem Willen des Gesetzgebers an den entsprechenden Gebührensätzen für einen in einer Kindschaftssache tätigen Rechtsanwalt orientieren, sie jedenfalls nicht übertreffen soll (s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 BT-Drucks. 16/9733 S. 294 unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 6. Juli 2007 BR-Drucks. 309/07 S. 62). Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Vertreter der Staatskasse aber nicht zwingend auf eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 RVG schließen , wonach ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal erhält, (auch) wenn er für mehrere Auftraggeber tätig wird. Vielmehr lässt sich die Gesetzesbegründung auch dahin verstehen, dass sich nur die Höhe der einzelnen Fallpauschale an den anwaltlichen Gebühren orientieren soll, nicht jedoch die mögliche Gesamtvergütung (so OLG Braunschweig Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.).
19
(2) Ausweislich der Gesetzesmaterialien war die Neuordnung der Vergütung aber auch von dem Gedanken getragen, dass eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands verfassungsrechtlich geboten sei. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Rechtsausschuss ausgeführt, der "Verfahrenspfleger" dürfe nicht durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werden, die für eine effektive, eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (BT-Drucks. 16/9733, S. 294). Den Vorschlag des Bundesrats, für die - ursprünglich unter Verweis auf § 277 FamFG erwogene - aufwandsbezogene Vergütung des Verfahrensbeistands eine Höchstgrenze vorzusehen, hat der Rechtsausschuss abgelehnt, weil ein solches Vergütungssystem dem Ver- fahrensbeistand keine Mischkalkulation aus einfach und komplex gelagerten Fällen eröffne und zu einer unzureichenden Vergütung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führen könnte. Zudem verbliebe bei dieser Vergütungsform weiterhin - wie nach geltendem Recht - ein hoher Abrechnungs - und Kontrollaufwand (BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
20
(3) Schließlich hat der Gesetzgeber das FamFG gegen den - ursprünglichen - Widerstand des Bundesrates durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) dahin ergänzt, dass die Pauschalvergütung des Verfahrensbeistands nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG nunmehr für jeden Rechtszug zu bewilligen ist (siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 22. April 2009 BT-Drucks. 16/12717 S. 50, 61). Dazu wurde in der Bundesratsitzung vom 15. Mai 2009 ausgeführt, nur eine angemessene Vergütung sichere eine engagierte Vertretung des Kindes, die gerade in hochstreitigen Fällen notwendig sei, um das Kind zu schützen (Bundesratsprotokoll Nr. 858 vom 15. Mai 2009 S. 229).
21
cc) Auch eine teleologische Auslegung des § 158 FamFG spricht für eine gesonderte Vergütung der jeweiligen Verfahrensbeistandschaft.
22
Es entspräche nicht dem Sinn und Zweck des § 158 FamFG, der dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen einen effektiven Verfahrensbeistand zur Seite stellen will, durch eine restriktive Kostenregelung dessen Aufgabenwahrnehmung zu erschweren oder gar zu verhindern. Hinzu kommt, dass bei der Beteiligung mehrerer Kinder nach § 158 FamFG für jedes Kind ohnehin ein gesonderter Verfahrensbeistand bestellt werden kann, mit der Folge, dass jeder Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit die entsprechende Vergütungspauschale abrechnen kann (OLG Celle FamRZ 2010, 1182).
23
Dasselbe muss dann aber auch gelten, wenn ein Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt wird. Dem steht § 43 a Abs. 4 BRAO nicht entgegen, wonach ein Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten darf. In § 3 Abs. 1 der Berufsordnung der Rechtsanwälte heißt es hierzu u. a., dass der Rechtsanwalt nicht tätig werden darf, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat. Soweit die Vertreter der Staatskasse hieraus herleiten, dass auch im Falle widerstreitender Interessen der Geschwisterkinder nicht ein und derselbe Verfahrensbeistand bestellt werden könne, verkennen sie, dass die vorgenannten Normen auf die Verfahrensbeistandschaft nicht, auch nicht sinngemäß anzuwenden sind. Im Kindschaftsverfahren wären "Partei" nicht die jeweiligen Geschwisterkinder , sondern regelmäßig die Eltern bzw. das Jugendamt; insoweit geht es um die Frage, welche Sorge- bzw. Umgangsregelung im Verhältnis der Eltern zueinander bzw. im Verhältnis der Eltern zum Jugendamt unter Kindeswohlgesichtspunkten die sinnvollste ist. Dagegen stehen sich die Geschwisterkinder in einem Kindschaftsverfahren regelmäßig nicht als Widerpart gegenüber. Zwar mögen die Kinder unterschiedliche Vorstellungen oder Interessen haben. Diese stehen aber nicht zwingend in einem Interessenwiderspruch zueinander. Gleichwohl mag es Fälle geben, in denen es aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls geboten ist, jedem Kind einen eigenen Verfahrensbeistand zu bestellen.
24
dd) Jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des § 158 FamFG führt zu dem Ergebnis, dass die Vergütung für jede Verfahrensbeistandschaft gesondert zuzusprechen ist. Wie oben bereits ausgeführt, kam es dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen darauf an, eine auskömmliche Ver- gütung des Verfahrensbeistands sicherzustellen, um zu verhindern, dass er durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werde, die für eine effektive , eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Würde man § 158 FamFG jedoch dahin auslegen, dass die Vergütung lediglich für das Verfahren als solches anfällt, unabhängig davon, wie vielen Kindern ein Verfahrensbeistand bestellt worden ist, wäre diesen vom Gesetzgeber aufgestellten, auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug nehmenden Kriterien nicht (mehr) hinreichend Rechnung getragen.
25
(1) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 9. März 2004 (FamRZ 2004, 1267, 1269) ausgeführt, Maßstab für den Umfang der Tätigkeit eines Verfahrenspflegers und damit auch den seines Vergütungsanspruchs sei die Erkundung und Wahrnehmung des kindlichen Interesses. Daraus folge, dass eine Vergütungspraxis mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar sei, die dem Verfahrenspfleger nicht ermögliche, die Interessen der von ihm vertretenen Kinder zu deren Grundrechtsverwirklichung im Verfahren wahrzunehmen. Es sei einem Verfahrenspfleger weder zumutbar, im Rahmen der ihm übertragenen Pflegschaft seine Tätigkeit so einzuschränken, dass sie mangels ausreichender Wahrnehmung der Interessen des Kindes das Recht verletze, noch sei es ihm zumutbar, Tätigkeiten unentgeltlich zu erbringen, um einen den Grundrechten des Kindes gerecht werdenden verfassungsrechtlich gebotenen Standard der Kindesvertretung zu gewährleisten (BVerfG FamRZ 2004, 1267, 1269). Zudem verpflichte das Persönlichkeitsrecht des von einem sorgerechtlichen Verfahren betroffenen Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dazu, auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Vorkehrungen zu treffen, um eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu ermöglichen. Würden dem Verfahrenspfleger die für eine solche Vertretung der "subjektiven Interessen" des Kindes erforderlichen Tätigkeiten nicht vergütet, würde sein Einsatz zur Wahrung der Kindesinteressen ineffektiv und entspräche nicht dem mit ihm bezweckten Schutz der Rechte der betroffenen Kinder (BVerfG FamRZ 2004, 1267, 1270).
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(2) Eine restriktive Auslegung des § 158 FamFG trägt die Gefahr in sich, dass den vorstehend genannten Anforderungen auch unter Berücksichtigung einer Mischkalkulation nicht mehr hinreichend Rechnung getragen wird.
27
Dabei kann dahin stehen, ob die Pauschalvergütung ausreichend ist, wenn es sich um die Bestellung des Verfahrensbeistands für nur ein Kind handelt. Dies wird in Teilen der Literatur bestritten (Bode ZKJ 2009, 410, 412; Trenczek ZKJ 2009, 196, 200 unter Hinweis auf die Verlautbarung der "Arbeitsgemeinschaft Verfahrenspflegschaft", wonach im Rahmen der Verfahrenspflegschaft bislang durchschnittliche Kosten in Höhe von 800 € pro Fall angefallen seien; Coester FF 2009, 269, 279; Koritz FPR 2009, 331, 332; Knödler ZKJ 2010, 135, 139; vgl. auch Menne ZKJ 2009, 68, 73, der unter Hinweis auf die zum alten Recht ergangenen Entscheidungen aufzeigt, dass in den hochstreitigen Fällen Verfahrenspflegerentschädigungen von mehr als 1.000 € keine Seltenheit waren). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu erwogen, dass man unzulängliche Einnahmen durch ein mehrfaches Entstehen der Fallpauschale für Geschwisterkinder im Rahmen einer Mischkalkulation ausgleichen könnte (BVerfG FamRZ 2010, 185).
28
Jedenfalls dann, wenn der Verfahrensbeistand auch im Falle einer Mehrfachbestellung nur eine Pauschalgebühr erhielte, wäre eine auskömmliche Vergütung nicht mehr sichergestellt. Ist der Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt, hat er die Interessen jedes einzelnen Kindes festzustellen und zur Geltung zu bringen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Interessen unterschiedlich sind und sich möglicherweise sogar widersprechen. Der Verfahrensbeistand mag eine gewisse Zeitersparnis haben, wenn er die Kinder in einem Haushalt, in Einzelfällen auch gemeinsam anhören kann. Dies ist jedoch nicht immer gewährleistet; nicht selten leben die Kinder an unterschiedlichen Orten. Den wesentlichen Aufwand verwendet der Verfahrensbeistand jedoch ohnehin auf die Ermittlung der besonderen Bedürfnisse und des Willens des einzelnen Kindes, wobei es insbesondere bei Kindern deutlich unterschiedlichen Alters regelmäßig erhebliche Abweichungen gibt. Eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands wird daher auch nicht immer mittels einer Mischkalkulation aus einfachen und schwierigen Fällen sichergestellt werden können. Zum einen wird der Verfahrensbeistand häufig in einfach gelagerten Fällen erst gar nicht bestellt werden (Menne ZKJ 2009, 68, 73). Zum anderen würden bei der Gewährung lediglich einer Vergütungspauschale im Falle der Mehrfachbestellung den "leichten" Verfahren nicht lediglich die "schwierigen" gegenüberstehen, sondern auch die - jedenfalls quantitativ - aufwändigen Fälle, in denen mehrere Kinder zu beteiligen sind.
29
2. Das Beschwerdegericht hat zudem zu Recht entschieden, dass der Umstand, dass die Rechtsbeschwerdegegnerin erst mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben begonnen hat, dem Vergütungsanspruch nicht entgegensteht.
30
a) Da sich der Gesetzgeber für eine pauschalierte Vergütung des Verfahrensbeistands und damit gegen eine aufwandsbezogene Entschädigung im Sinne von § 277 FamFG entschieden hat, ist es für das Entstehen der Vergütungspauschale unerheblich, in welchem Umfang der Verfahrensbeistand bereits tätig geworden ist. Folge der vom Gesetzgeber in den Blick genommenen Mischkalkulation ist, dass der Verfahrensbeistand in unkomplizierten Angelegenheiten genauso viel verdient wie in langwierigen und schwierigen Kindschaftssachen. Dies führt im Einzelfall zu Ergebnissen, in denen die Vergütung für sich gesehen nicht angemessen erscheinen mag (verfassungsrechtliche Bedenken äußert deshalb etwa Bode ZKJ 2009, 410, 411 ff.; s. auch Menne ZKJ 2009, 68, 72; Coester FF 2009, 269, 279). Zutreffend weist das Beschwerdegericht aber darauf hin, dass Voraussetzung für den Vergütungsantrag nicht der Abschluss des jeweiligen Rechtszuges ist. Der Anspruch entsteht vielmehr in dem Moment, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Absatz 4 (s. § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG) begonnen hat. Das bedeutet zwar, dass allein die Entgegennahme des Bestellungsbeschlusses für das Bestehen der Vergütungspauschale nicht ausreichend ist. Es genügt jedoch , dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist (OLG München Beschluss vom 20. Mai 2010 - 11 WF 570/10 - juris [Leitsatz]).
31
Anders verhält es sich im Übrigen auch nicht mit der Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts. Diese entsteht bereits dann, wenn er von einer Partei zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt worden ist und eine unter die Verfahrensgebühr fallende Tätigkeit ausgeübt hat, also im Regelfall mit der Entgegennahme der ersten Information (OLG Frankfurt Beschluss vom 19. Februar 2010 - 6 UF 29/10 - n.v.; s. auch Hartmann Kostengesetze 40. Aufl. VV 3100 Rdn. 13).
32
b) Vorliegend hat die Rechtsbeschwerdegegnerin nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts bereits mit ihren Ermittlungen begonnen. Dem vom Gericht in Bezug genommenen Bericht der Rechtsbeschwerdegegnerin ist im Einzelnen zu entnehmen, dass sie zunächst mit dem Kindesvater telefoniert hat. Nachdem er ihr mitgeteilt habe, dass die Familie nach Griechenland verzogen sei, habe sie die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes in Kenntnis gesetzt. Diesen Sachstand hat die Rechtsbeschwerdegegnerin wiederum dem Gericht mitgeteilt. Auch wenn sie danach (noch) keinen Kontakt zu den Kindern aufgenommen hat, hat sie jedoch mit der Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben begonnen.
33
Schließlich hat das Beschwerdegericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das Kindschaftsverfahren vorliegend noch nicht abgeschlossen ist, weshalb weitere Tätigkeiten des Verfahrenbeistands noch in Betracht kommen. Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Offenbach am Main, Entscheidung vom 24.02.2010 - 312 F 2091/09 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 19.05.2010 - 5 UF 139/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 260/10
vom
15. September 2010
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2010 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 12. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 2 FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden der Rechtsbeschwerdeführerin auferlegt (§ 81 FamFG). Verfahrenswert: 1.100 €.

Gründe:

1
Das Familiengericht hat in einer Kindschaftssache den drei minderjährigen Kindern jeweils die Rechtsbeschwerdegegnerin als berufsmäßigen Verfahrensbeistand mit dem erweiterten Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellt.
2
Auf Antrag der Rechtsbeschwerdegegnerin hat das Familiengericht ihr eine Vergütung von insgesamt 1.650 € zugesprochen (3 x 550 €). Die hiergegen von der Rechtsbeschwerdeführerin eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Zur Begründung hat das Beschwerdegericht u. a. ausgeführt, die Fallpauschale sei für jedes Kind zu zahlen, für dessen Vertretung der Verfahrensbeistand bestellt worden sei.
3
Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit der Rechtsbeschwerde.

I.

4
Die vom Beschwerdegericht zugelassene und damit gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
5
Die Freie und Hansestadt Hamburg ist als Rechtsbeschwerdeführerin durch die angegriffene Entscheidung beschwert (vgl. zum Erfordernis der Beschwer Prütting/Helms/Abramenko FamFG § 70 Rdn. 6). Denn gemäß § 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG ist die Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen.
6
Die Rechtsbeschwerde scheitert auch nicht an der gemäß § 114 Abs. 3 FamFG erforderlichen Postulationsfähigkeit, da sich die die Rechtsbeschwerdeführerin vertretende Justizbehörde durch eine Richterin, damit durch eine Volljuristin vertreten lässt (s. dazu Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2010 - XII ZB 149/10 und XII ZB 150/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

II.

7
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
8
Das Beschwerdegericht hat gemäß § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG zu Recht eine Gesamtvergütung von 1.650 € festgesetzt, also pro Kind jeweils 550 €.
9
Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach Abs. 4 dieser Norm hat der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Ausweislich § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Abs. 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 €, wenn die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 €. § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG regelt schließlich, dass die Vergütung auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Verfahrensbeistandschaft entstandener Aufwendungen sowie auf die Vergütung anfallender Umsatzsteuer abgilt.
10
1. Eine ausdrückliche Regelung, wie die Vergütung des Verfahrensbeistands zu bemessen ist, wenn dieser für mehrere Kinder bestellt ist, enthält § 158 FamFG nicht. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur, dass die Fallpauschale für jedes Kind, für das der Verfahrensbeistand bestellt ist, anfällt (OLG Rostock FamRZ 2010, 1181 f.; OLG Celle FamRZ 2010, 1182; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1003; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 666; OLG München Beschluss vom 20. Mai 2010 - 11 WF 570/10 - juris [Leitsatz]; OLG Oldenburg Beschluss vom 28. April 2010 - 11 WF 64/10 - juris Rdn. 6; OLG Saarbrücken Beschluss vom 13. April 2010 - 9 WF 28/10 - juris Rdn. 9; OLG Braunschweig Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.; Menne ZKJ 2009, 68, 74; Keidel/Engelhardt FamFG 16. Aufl. § 158 Rdn. 47; Johannsen/Henrich/Büte Familienrecht 5. Aufl. § 158 Rdn. 29; Prütting/Helms/Stößer FamFG § 158 Rdn. 32; Meysen/Stötzel FamFG § 158 Rdn. 34; Bahrenfuss/Schlemm FamFG § 158 Rdn. 17; Thesen der AK 10 und 11 des 18. DFGT, Brühler Schriften zum Familienrecht 2010, S. 116 und 119).
11
2. Der Senat folgt dieser Auffassung.
12
a) Schon der Wortlaut des § 158 FamFG legt nahe, dass sich die in Absatz 7 Satz 2 und 3 FamFG geregelte Pauschalgebühr jeweils auf die Verfahrensbeistandschaft für ein Kind bezieht. In Abs. 1 dieser Vorschrift heißt es, dass das Gericht "dem minderjährigen Kind" einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen hat. Ausweislich § 158 Abs. 4 Satz 1 FamFG hat der Verfahrensbeistand "das Interesse des Kindes" festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Das bisweilen von den Bezirksrevisoren hiergegen vorgebrachte Argument, den zitierten Passagen lasse sich keine zahlenmäßige Einschränkung auf nur ein Kind entnehmen, vielmehr seien hier nur Regelungen in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Verfahrensbeistand und dem Kind als Verfahrensbeteiligter getroffen, ist nicht überzeugend.
13
b) Dass der Gesetzgeber mit der Norm des § 158 Abs. 7 FamFG die Vergütung der Verfahrensbeistandschaft jeweils nur auf das Verfahren und nicht auf die betroffenen Kinder beziehen wollte, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.
14
Mit der konkreten Fragestellung hat sich der Gesetzgeber - soweit aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich - nicht befasst. Zwar hat er sich bei der Einführung der Fallpauschale durch das FamFG auch von fiskalischen Interessen leiten lassen. Andererseits war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, dem Verfahrensbeistand eine auskömmliche Vergütung zu gewährleisten. Dies zeigt nicht zuletzt die nachträglich erfolgte Ergänzung des § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG, wonach der Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit "in jedem Rechtszug" jeweils eine einmalige Gebühr erhält.
15
aa) Zutreffend weisen die Vertreter der Staatskasse zwar darauf hin, dass der Gesetzgeber die Fallpauschale für den Verfahrensbeistand deshalb eingeführt hat, um die Belastung der Länderhaushalte in kalkulierbaren Grenzen zu halten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
16
Richtig ist auch, dass sich die Vergütung des Verfahrensbeistands nach dem Willen des Gesetzgebers an den entsprechenden Gebührensätzen für einen in einer Kindschaftssache tätigen Rechtsanwalt orientieren, sie jedenfalls nicht übertreffen soll (s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 BT-Drucks. 16/9733 S. 294 unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 6. Juli 2007 BR-Drucks. 309/07 S. 62). Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Vertreter der Staatskasse aber nicht zwingend auf eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 RVG schließen, wonach ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal erhält, (auch) wenn er für mehrere Auftraggeber tätig wird. Vielmehr lässt sich die Gesetzesbegründung auch dahin verstehen, dass sich nur die Höhe der einzelnen Fallpauschale an den anwaltlichen Gebühren orientieren soll, nicht jedoch die mögliche Gesamtvergütung (so OLG Braunschweig Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.).
17
bb) Ausweislich der Gesetzesmaterialien war die Neuordnung der Vergütung aber auch von dem Gedanken getragen, dass eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands verfassungsrechtlich geboten sei. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Rechtsausschuss ausgeführt, der "Verfahrenspfleger" dürfe nicht durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werden, die für eine effektive, eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (BT-Drucks. 16/9733, S. 294). Den Vorschlag des Bundesrats, für die - ursprünglich unter Verweis auf § 277 FamFG erwogene - aufwandsbezogene Vergütung des Verfahrensbeistands eine Höchstgrenze vorzusehen, hat der Rechtsausschuss abgelehnt, weil ein solches Vergütungssystem dem Verfahrensbeistand keine Mischkalkulation aus einfach und komplex gelagerten Fällen eröffne und zu einer unzureichenden Vergütung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führen könnte. Zudem verbliebe bei dieser Vergütungsform weiterhin - wie nach geltendem Recht - ein hoher Abrechnungs - und Kontrollaufwand (BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
18
cc) Schließlich hat der Gesetzgeber das FamFG gegen den - ursprünglichen - Widerstand des Bundesrates durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) dahin ergänzt, dass die Pauschalvergütung des Verfahrensbeistands nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG nunmehr für jeden Rechtszug zu bewilligen ist (siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 22. April 2009 BT-Drucks. 16/12717 S. 50, 61). Dazu wurde in der Bundesratsitzung vom 15. Mai 2009 ausgeführt, nur eine angemessene Vergütung sichere eine engagierte Vertretung des Kindes, die gerade in hochstreitigen Fällen notwendig sei, um das Kind zu schützen (Bundesratsprotokoll Nr. 858 vom 15. Mai 2009 S. 229).
19
c) Auch eine teleologische Auslegung des § 158 FamFG spricht für eine gesonderte Vergütung der jeweiligen Verfahrensbeistandschaft.
20
Es entspräche nicht dem Sinn und Zweck des § 158 FamFG, der dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen einen effektiven Verfahrensbeistand zur Seite stellen will, durch eine restriktive Kostenregelung dessen Aufgabenwahrnehmung zu erschweren oder gar zu verhindern. Hinzu kommt, dass bei der Beteiligung mehrerer Kinder nach § 158 FamFG für jedes Kind ohnehin ein gesonderter Verfahrensbeistand bestellt werden kann, mit der Folge, dass jeder Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit die entsprechende Vergütungspauschale abrechnen kann (OLG Celle FamRZ 2010, 1182).
21
Dasselbe muss dann aber auch gelten, wenn ein Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt wird. Dem steht § 43 a Abs. 4 BRAO nicht entgegen, wonach ein Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten darf. In § 3 Abs. 1 der Berufsordnung der Rechtsanwälte heißt es hierzu u. a., dass der Rechtsanwalt nicht tätig werden darf, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat. Soweit die Vertreter der Staatskasse hieraus herleiten, dass auch im Falle widerstreitender Interessen der Geschwisterkinder nicht ein und derselbe Verfahrensbeistand bestellt werden könne, verkennen sie, dass die vorgenannten Normen auf die Verfahrensbeistandschaft nicht, auch nicht sinngemäß anzuwenden sind. Im Kindschaftsverfahren wären "Partei" nicht die jeweiligen Geschwisterkinder , sondern regelmäßig die Eltern bzw. das Jugendamt; insoweit geht es um die Frage, welche Sorge- bzw. Umgangsregelung im Verhältnis der Eltern zueinander bzw. im Verhältnis der Eltern zum Jugendamt unter Kindeswohlgesichtspunkten die sinnvollste ist. Dagegen stehen sich die Geschwisterkinder in einem Kindschaftsverfahren regelmäßig nicht als Widerpart gegenüber. Zwar mögen die Kinder unterschiedliche Vorstellungen oder Interessen haben. Diese stehen aber nicht zwingend in einem Interessenwiderspruch zueinander. Gleichwohl mag es Fälle geben, in denen es aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls geboten ist, jedem Kind einen eigenen Verfahrensbeistand zu bestellen.
22
d) Jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des § 158 FamFG führt zu dem Ergebnis, dass die Vergütung für jede Verfahrensbeistandschaft gesondert zuzusprechen ist. Wie oben bereits ausgeführt, kam es dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen darauf an, eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands sicherzustellen, um zu verhindern, dass er durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werde, die für eine effektive , eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Würde man § 158 FamFG jedoch dahin auslegen, dass die Vergütung lediglich für das Verfahren als solches anfällt, unabhängig davon, wie vielen Kindern ein Verfahrensbeistand bestellt worden ist, wäre diesen vom Gesetzgeber aufgestellten, auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug nehmenden Kriterien nicht (mehr) hinreichend Rechnung getragen.
23
aa) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 9. März 2004 (FamRZ 2004, 1267, 1269) ausgeführt, Maßstab für den Umfang der Tätigkeit eines Verfahrenspflegers und damit auch den seines Vergütungsanspruchs sei die Erkundung und Wahrnehmung des kindlichen Interesses. Daraus folge, dass eine Vergütungspraxis mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar sei, die dem Verfahrenspfleger nicht ermögliche, die Interessen der von ihm vertretenen Kinder zu deren Grundrechtsverwirklichung im Verfahren wahrzunehmen. Es sei einem Verfahrenspfleger weder zumutbar, im Rahmen der ihm übertragenen Pflegschaft seine Tätigkeit so einzuschränken, dass sie mangels ausreichender Wahrnehmung der Interessen des Kindes das Recht verletze, noch sei es ihm zumutbar, Tätigkeiten unentgeltlich zu erbringen, um einen den Grundrechten des Kindes gerecht werdenden verfassungsrechtlich gebotenen Standard der Kindesvertretung zu gewährleisten (BVerfG FamRZ 2004, 1267, 1269). Zudem verpflichte das Persönlichkeitsrecht des von einem sorgerechtlichen Verfahren betroffenen Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dazu, auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Vorkehrungen zu treffen, um eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu ermöglichen. Würden dem Verfahrenspfleger die für eine solche Vertretung der "subjektiven Interessen" des Kindes erforderlichen Tätigkeiten nicht vergütet, würde sein Einsatz zur Wahrung der Kindesinteressen ineffektiv und entspräche nicht dem mit ihm bezweckten Schutz der Rechte der betroffenen Kinder (BVerfG FamRZ 2004, 1267, 1270).
24
bb) Eine restriktive Auslegung des § 158 FamFG trägt die Gefahr in sich, dass den vorstehend genannten Anforderungen auch unter Berücksichtigung einer Mischkalkulation nicht mehr hinreichend Rechnung getragen wird.
25
Dabei kann dahin stehen, ob die Pauschalvergütung ausreichend ist, wenn es sich um die Bestellung des Verfahrensbeistands für nur ein Kind handelt. Dies wird in Teilen der Literatur bestritten (Bode ZKJ 2009, 410, 412; Trenczek ZKJ 2009, 196, 200 unter Hinweis auf die Verlautbarung der "Arbeitsgemeinschaft Verfahrenspflegschaft", wonach im Rahmen der Verfahrenspflegschaft bislang durchschnittliche Kosten in Höhe von 800 € pro Fall angefallen seien; Coester FF 2009, 269, 279; Koritz FPR 2009, 331, 332; Knödler ZKJ 2010, 135, 139; vgl. auch Menne ZKJ 2009, 68, 73, der unter Hinweis auf die zum alten Recht ergangenen Entscheidungen aufzeigt, dass in den hochstreiti- gen Fällen Verfahrenspflegerentschädigungen von mehr als 1.000 € keine Seltenheit waren). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu erwogen, dass man unzulängliche Einnahmen durch ein mehrfaches Entstehen der Fallpauschale für Geschwisterkinder im Rahmen einer Mischkalkulation ausgleichen könnte (BVerfG FamRZ 2010, 185).
26
Jedenfalls dann, wenn der Verfahrensbeistand auch im Falle einer Mehrfachbestellung nur eine Pauschalgebühr erhielte, wäre eine auskömmliche Vergütung nicht mehr sichergestellt. Ist der Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt, hat er die Interessen jedes einzelnen Kindes festzustellen und zur Geltung zu bringen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Interessen unterschiedlich sind und sich möglicherweise sogar widersprechen. Der Verfahrensbeistand mag eine gewisse Zeitersparnis haben, wenn er die Kinder in einem Haushalt, in Einzelfällen auch gemeinsam anhören kann. Dies ist jedoch nicht immer gewährleistet; nicht selten leben die Kinder an unterschiedlichen Orten. Den wesentlichen Aufwand verwendet der Verfahrensbeistand jedoch ohnehin auf die Ermittlung der besonderen Bedürfnisse und des Willens des einzelnen Kindes, wobei es insbesondere bei Kindern deutlich unterschiedlichen Alters regelmäßig erhebliche Abweichungen gibt. Eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands wird daher auch nicht immer mittels einer Mischkalkulation aus einfachen und schwierigen Fällen sichergestellt werden können. Zum einen wird der Verfahrensbeistand häufig in einfach gelagerten Fällen erst gar nicht bestellt werden (Menne ZKJ 2009, 68, 73). Zum anderen würden bei der Gewährung lediglich einer Vergütungspauschale im Falle der Mehrfachbestellung den "leichten" Verfahren nicht lediglich die "schwierigen" gegenüberstehen, sondern auch die - jedenfalls quantitativ - aufwändigen Fälle, in denen mehrere Kinder zu beteiligen sind. Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 20.01.2010 - 634 F 353/09 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.05.2010 - 10 WF 19/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 289/10
vom
15. September 2010
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2010 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 9. Juni 2010 wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 2 FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden der Rechtsbeschwerdeführerin auferlegt (§ 81 FamFG). Verfahrenswert: 1.100 €.

Gründe:

1
Das Familiengericht hat in einer Kindschaftssache den drei minderjährigen Kindern jeweils die Rechtsbeschwerdegegnerin als berufsmäßigen Verfahrensbeistand mit dem erweiterten Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellt.
2
Auf Antrag der Rechtsbeschwerdegegnerin hat das Familiengericht ihr eine Vergütung von insgesamt 1.650 € zugesprochen (3 x 550 €). Die hiergegen von der Rechtsbeschwerdeführerin eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Zur Begründung hat das Beschwerdegericht u. a. ausgeführt, die Fallpauschale sei für jedes Kind zu zahlen, für dessen Vertretung der Verfahrensbeistand bestellt worden sei.
3
Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit der Rechtsbeschwerde.

I.

4
Die vom Beschwerdegericht zugelassene und damit gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
5
Die Freie und Hansestadt Hamburg ist als Rechtsbeschwerdeführerin durch die angegriffene Entscheidung beschwert (vgl. zum Erfordernis der Beschwer Prütting/Helms/Abramenko FamFG § 70 Rdn. 6). Denn gemäß § 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG ist die Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen.
6
Die Rechtsbeschwerde scheitert auch nicht an der gemäß § 114 Abs. 3 FamFG erforderlichen Postulationsfähigkeit, da sich die die Rechtsbeschwerdeführerin vertretende Justizbehörde durch eine Richterin, damit durch eine Volljuristin vertreten lässt (s. dazu Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2010 - XII ZB 149/10 und XII ZB 150/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

II.

7
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
8
Das Beschwerdegericht hat gemäß § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG zu Recht eine Gesamtvergütung von 1.650 € festgesetzt, also pro Kind jeweils 550 €.
9
Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach Abs. 4 dieser Norm hat der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Ausweislich § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Abs. 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 €, wenn die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 €. § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG regelt schließlich, dass die Vergütung auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Verfahrensbeistandschaft entstandener Aufwendungen sowie auf die Vergütung anfallender Umsatzsteuer abgilt.
10
1. Eine ausdrückliche Regelung, wie die Vergütung des Verfahrensbeistands zu bemessen ist, wenn dieser für mehrere Kinder bestellt ist, enthält § 158 FamFG nicht. Es entspricht jedoch einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur, dass die Fallpauschale für jedes Kind, für das der Verfahrensbeistand bestellt ist, anfällt (OLG Rostock FamRZ 2010, 1181 f.; OLG Celle FamRZ 2010, 1182; OLG Stuttgart FamRZ 2010, 1003; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 666; OLG München Beschluss vom 20. Mai 2010 - 11 WF 570/10 - juris [Leitsatz]; OLG Oldenburg Beschluss vom 28. April 2010 - 11 WF 64/10 - juris Rdn. 6; OLG Saarbrücken Beschluss vom 13. April 2010 - 9 WF 28/10 - juris Rdn. 9; OLG Braunschweig Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.; Menne ZKJ 2009, 68, 74; Keidel/Engelhardt FamFG 16. Aufl. § 158 Rdn. 47; Johannsen/Henrich/Büte Familienrecht 5. Aufl. § 158 Rdn. 29; Prütting/Helms/Stößer FamFG § 158 Rdn. 32; Meysen/Stötzel FamFG § 158 Rdn. 34; Bahrenfuss/Schlemm FamFG § 158 Rdn. 17; Thesen der AK 10 und 11 des 18. DFGT, Brühler Schriften zum Familienrecht 2010, S. 116 und 119).
11
2. Der Senat folgt dieser Auffassung.
12
a) Schon der Wortlaut des § 158 FamFG legt nahe, dass sich die in Absatz 7 Satz 2 und 3 FamFG geregelte Pauschalgebühr jeweils auf die Verfahrensbeistandschaft für ein Kind bezieht. In Abs. 1 dieser Vorschrift heißt es, dass das Gericht "dem minderjährigen Kind" einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen hat. Ausweislich § 158 Abs. 4 Satz 1 FamFG hat der Verfahrensbeistand "das Interesse des Kindes" festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Das bisweilen von den Bezirksrevisoren hiergegen vorgebrachte Argument, den zitierten Passagen lasse sich keine zahlenmäßige Einschränkung auf nur ein Kind entnehmen, vielmehr seien hier nur Regelungen in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Verfahrensbeistand und dem Kind als Verfahrensbeteiligter getroffen, ist nicht überzeugend.
13
b) Dass der Gesetzgeber mit der Norm des § 158 Abs. 7 FamFG die Vergütung der Verfahrensbeistandschaft jeweils nur auf das Verfahren und nicht auf die betroffenen Kinder beziehen wollte, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.
14
Mit der konkreten Fragestellung hat sich der Gesetzgeber - soweit aus den Gesetzesmaterialien ersichtlich - nicht befasst. Zwar hat er sich bei der Einführung der Fallpauschale durch das FamFG auch von fiskalischen Interessen leiten lassen. Andererseits war es dem Gesetzgeber ein Anliegen, dem Verfahrensbeistand eine auskömmliche Vergütung zu gewährleisten. Dies zeigt nicht zuletzt die nachträglich erfolgte Ergänzung des § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG, wonach der Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit "in jedem Rechtszug" jeweils eine einmalige Gebühr erhält.
15
aa) Zutreffend weisen die Vertreter der Staatskasse zwar darauf hin, dass der Gesetzgeber die Fallpauschale für den Verfahrensbeistand deshalb eingeführt hat, um die Belastung der Länderhaushalte in kalkulierbaren Grenzen zu halten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
16
Richtig ist auch, dass sich die Vergütung des Verfahrensbeistands nach dem Willen des Gesetzgebers an den entsprechenden Gebührensätzen für einen in einer Kindschaftssache tätigen Rechtsanwalt orientieren, sie jedenfalls nicht übertreffen soll (s. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 BT-Drucks. 16/9733 S. 294 unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 6. Juli 2007 BR-Drucks. 309/07 S. 62). Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Vertreter der Staatskasse aber nicht zwingend auf eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 RVG schließen, wonach ein Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit die Gebühren nur einmal erhält, (auch) wenn er für mehrere Auftraggeber tätig wird. Vielmehr lässt sich die Gesetzesbegründung auch dahin verstehen, dass sich nur die Höhe der einzelnen Fallpauschale an den anwaltlichen Gebühren orientieren soll, nicht jedoch die mögliche Gesamtvergütung (so OLG Braunschweig Beschluss vom 22. März 2010 - 2 WF 19/10 - n.v.).
17
bb) Ausweislich der Gesetzesmaterialien war die Neuordnung der Vergütung aber auch von dem Gedanken getragen, dass eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands verfassungsrechtlich geboten sei. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Rechtsausschuss ausgeführt, der "Verfahrenspfleger" dürfe nicht durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werden, die für eine effektive, eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (BT-Drucks. 16/9733, S. 294). Den Vorschlag des Bundesrats, für die - ursprünglich unter Verweis auf § 277 FamFG erwogene - aufwandsbezogene Vergütung des Verfahrensbeistands eine Höchstgrenze vorzusehen, hat der Rechtsausschuss abgelehnt, weil ein solches Vergütungssystem dem Verfahrensbeistand keine Mischkalkulation aus einfach und komplex gelagerten Fällen eröffne und zu einer unzureichenden Vergütung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führen könnte. Zudem verbliebe bei dieser Vergütungsform weiterhin - wie nach geltendem Recht - ein hoher Abrechnungs - und Kontrollaufwand (BT-Drucks. 16/9733 S. 294).
18
cc) Schließlich hat der Gesetzgeber das FamFG gegen den - ursprünglichen - Widerstand des Bundesrates durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) dahin ergänzt, dass die Pauschalvergütung des Verfahrensbeistands nach § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG nunmehr für jeden Rechtszug zu bewilligen ist (siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 22. April 2009 BT-Drucks. 16/12717 S. 50, 61). Dazu wurde in der Bundesratsitzung vom 15. Mai 2009 ausgeführt, nur eine angemessene Vergütung sichere eine engagierte Vertretung des Kindes, die gerade in hochstreitigen Fällen notwendig sei, um das Kind zu schützen (Bundesratsprotokoll Nr. 858 vom 15. Mai 2009 S. 229).
19
c) Auch eine teleologische Auslegung des § 158 FamFG spricht für eine gesonderte Vergütung der jeweiligen Verfahrensbeistandschaft.
20
Es entspräche nicht dem Sinn und Zweck des § 158 FamFG, der dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen einen effektiven Verfahrensbeistand zur Seite stellen will, durch eine restriktive Kostenregelung dessen Aufgabenwahrnehmung zu erschweren oder gar zu verhindern. Hinzu kommt, dass bei der Beteiligung mehrerer Kinder nach § 158 FamFG für jedes Kind ohnehin ein gesonderter Verfahrensbeistand bestellt werden kann, mit der Folge, dass jeder Verfahrensbeistand für seine Tätigkeit die entsprechende Vergütungspauschale abrechnen kann (OLG Celle FamRZ 2010, 1182).
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Dasselbe muss dann aber auch gelten, wenn ein Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt wird. Dem steht § 43 a Abs. 4 BRAO nicht entgegen, wonach ein Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten darf. In § 3 Abs. 1 der Berufsordnung der Rechtsanwälte heißt es hierzu u. a., dass der Rechtsanwalt nicht tätig werden darf, wenn er eine andere Partei in derselben Rechtssache im widerstreitenden Interesse bereits beraten oder vertreten hat. Soweit die Vertreter der Staatskasse hieraus herleiten, dass auch im Falle widerstreitender Interessen der Geschwisterkinder nicht ein und derselbe Verfahrensbeistand bestellt werden könne, verkennen sie, dass die vorgenannten Normen auf die Verfahrensbeistandschaft nicht, auch nicht sinngemäß anzuwenden sind. Im Kindschaftsverfahren wären "Partei" nicht die jeweiligen Geschwisterkinder , sondern regelmäßig die Eltern bzw. das Jugendamt; insoweit geht es um die Frage, welche Sorge- bzw. Umgangsregelung im Verhältnis der Eltern zueinander bzw. im Verhältnis der Eltern zum Jugendamt unter Kindeswohlgesichtspunkten die sinnvollste ist. Dagegen stehen sich die Geschwisterkinder in einem Kindschaftsverfahren regelmäßig nicht als Widerpart gegenüber. Zwar mögen die Kinder unterschiedliche Vorstellungen oder Interessen haben. Diese stehen aber nicht zwingend in einem Interessenwiderspruch zueinander. Gleichwohl mag es Fälle geben, in denen es aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls geboten ist, jedem Kind einen eigenen Verfahrensbeistand zu bestellen.
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d) Jedenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des § 158 FamFG führt zu dem Ergebnis, dass die Vergütung für jede Verfahrensbeistandschaft gesondert zuzusprechen ist. Wie oben bereits ausgeführt, kam es dem Gesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen darauf an, eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands sicherzustellen, um zu verhindern, dass er durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werde, die für eine effektive , eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Würde man § 158 FamFG jedoch dahin auslegen, dass die Vergütung lediglich für das Verfahren als solches anfällt, unabhängig davon, wie vielen Kindern ein Verfahrensbeistand bestellt worden ist, wäre diesen vom Gesetzgeber aufgestellten, auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug nehmenden Kriterien nicht (mehr) hinreichend Rechnung getragen.
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aa) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 9. März 2004 (FamRZ 2004, 1267, 1269) ausgeführt, Maßstab für den Umfang der Tätigkeit eines Verfahrenspflegers und damit auch den seines Vergütungsanspruchs sei die Erkundung und Wahrnehmung des kindlichen Interesses. Daraus folge, dass eine Vergütungspraxis mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar sei, die dem Verfahrenspfleger nicht ermögliche, die Interessen der von ihm vertretenen Kinder zu deren Grundrechtsverwirklichung im Verfahren wahrzunehmen. Es sei einem Verfahrenspfleger weder zumutbar, im Rahmen der ihm übertragenen Pflegschaft seine Tätigkeit so einzuschränken, dass sie mangels ausreichender Wahrnehmung der Interessen des Kindes das Recht verletze, noch sei es ihm zumutbar, Tätigkeiten unentgeltlich zu erbringen, um einen den Grundrechten des Kindes gerecht werdenden verfassungsrechtlich gebotenen Standard der Kindesvertretung zu gewährleisten (BVerfG FamRZ 2004, 1267, 1269). Zudem verpflichte das Persönlichkeitsrecht des von einem sorgerechtlichen Verfahren betroffenen Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dazu, auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht Vorkehrungen zu treffen, um eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu ermöglichen. Würden dem Verfahrenspfleger die für eine solche Vertretung der "subjektiven Interessen" des Kindes erforderlichen Tätigkeiten nicht vergütet, würde sein Einsatz zur Wahrung der Kindesinteressen ineffektiv und entspräche nicht dem mit ihm bezweckten Schutz der Rechte der betroffenen Kinder (BVerfG FamRZ 2004, 1267, 1270).
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bb) Eine restriktive Auslegung des § 158 FamFG trägt die Gefahr in sich, dass den vorstehend genannten Anforderungen auch unter Berücksichtigung einer Mischkalkulation nicht mehr hinreichend Rechnung getragen wird.
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Dabei kann dahin stehen, ob die Pauschalvergütung ausreichend ist, wenn es sich um die Bestellung des Verfahrensbeistands für nur ein Kind handelt. Dies wird in Teilen der Literatur bestritten (Bode ZKJ 2009, 410, 412; Trenczek ZKJ 2009, 196, 200 unter Hinweis auf die Verlautbarung der "Arbeitsgemeinschaft Verfahrenspflegschaft", wonach im Rahmen der Verfahrenspflegschaft bislang durchschnittliche Kosten in Höhe von 800 € pro Fall angefallen seien; Coester FF 2009, 269, 279; Koritz FPR 2009, 331, 332; Knödler ZKJ 2010, 135, 139; vgl. auch Menne ZKJ 2009, 68, 73, der unter Hinweis auf die zum alten Recht ergangenen Entscheidungen aufzeigt, dass in den hochstreiti- gen Fällen Verfahrenspflegerentschädigungen von mehr als 1.000 € keine Seltenheit waren). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu erwogen, dass man unzulängliche Einnahmen durch ein mehrfaches Entstehen der Fallpauschale für Geschwisterkinder im Rahmen einer Mischkalkulation ausgleichen könnte (BVerfG FamRZ 2010, 185).
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Jedenfalls dann, wenn der Verfahrensbeistand auch im Falle einer Mehrfachbestellung nur eine Pauschalgebühr erhielte, wäre eine auskömmliche Vergütung nicht mehr sichergestellt. Ist der Verfahrensbeistand für mehrere Kinder bestellt, hat er die Interessen jedes einzelnen Kindes festzustellen und zur Geltung zu bringen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Interessen unterschiedlich sind und sich möglicherweise sogar widersprechen. Der Verfahrensbeistand mag eine gewisse Zeitersparnis haben, wenn er die Kinder in einem Haushalt, in Einzelfällen auch gemeinsam anhören kann. Dies ist jedoch nicht immer gewährleistet; nicht selten leben die Kinder an unterschiedlichen Orten. Den wesentlichen Aufwand verwendet der Verfahrensbeistand jedoch ohnehin auf die Ermittlung der besonderen Bedürfnisse und des Willens des einzelnen Kindes, wobei es insbesondere bei Kindern deutlich unterschiedlichen Alters regelmäßig erhebliche Abweichungen gibt. Eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands wird daher auch nicht immer mittels einer Mischkalkulation aus einfachen und schwierigen Fällen sichergestellt werden können. Zum einen wird der Verfahrensbeistand häufig in einfach gelagerten Fällen erst gar nicht bestellt werden (Menne ZKJ 2009, 68, 73). Zum anderen würden bei der Gewährung lediglich einer Vergütungspauschale im Falle der Mehrfachbestellung den "leichten" Verfahren nicht lediglich die "schwierigen" gegenüberstehen, sondern auch die - jedenfalls quantitativ - aufwändigen Fälle, in denen mehrere Kinder zu beteiligen sind. Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Harburg, Entscheidung vom 18.03.2010 - 631 F 4/10 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 09.06.2010 - 7 WF 65/10 -

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.